Alle Figuren und Ereignisse sind frei erfunden, auch wenn die Wirklichkeit bei ihnen Pate stand.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, November 2017
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ISBN 978-3-644-31581-5
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Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.
ISBN 978-3-644-31581-5
Alle Figuren und Ereignisse sind frei erfunden, auch wenn die Wirklichkeit bei ihnen Pate stand.
Für die Anderen
The hardest thing of all to see is what is really there.
J.A. Baker, The Peregrine
Am schwierigsten ist es, das zu sehen, was wirklich da ist.
J.A. Baker, Der Wanderfalke
Zwei Tage vor dem geplanten Besuch des amerikanischen Präsidenten kam es in einem Bankenhochhaus der Frankfurter Innenstadt am frühen Nachmittag zu einem der folgenschwersten Anschläge der letzten Jahrzehnte. Zwei mit Schnellfeuergewehren bewaffnete Männer stürmten gegen 14:30 Uhr in das Großrestaurant «Wintergarten» und eröffneten das Feuer auf die anwesenden Gäste, mit scheinbar wahllosem Ziel. Nach bisherigen Angaben sind acht Menschen getötet und mindestens zwölf, zum Teil schwer, verletzt worden. Augenzeugen berichten von dramatischen Szenen, die sich am Tatort ereignet haben. Es ist von zersplitternden Scheiben und zahlreichen Blutlachen die Rede.
Beim «Wintergarten» handelt es sich um einen großen, von Glas umgebenen, ebenerdigen Saal, der von den Angestellten der DZ-Bank als Kantine genutzt wird, aber auch öffentlich zugänglich ist. Das Haus befindet sich in der Westendstr. 1, nicht weit vom ehemaligen Polizeipräsidium entfernt. Unter den Opfern, von denen noch nicht alle identifiziert werden konnten, befinden sich auch der für die Sicherheit beim bevorstehenden Besuch des amerikanischen Präsidenten verantwortliche Einsatzleiter des Secret Service und einer seiner Kollegen. Die beiden hatten den Auftrag, zu prüfen, ob sich der «Wintergarten» als Empfangssaal für einen Auftritt von Barack Obama eignet. Der jüngere der getöteten Agenten wurde 36 Jahre alt. Es heißt, er habe seine Kindheit in Ramstein (Rheinland-Pfalz) verbracht, da sein Vater an der dortigen Airbase stationiert gewesen sei, und habe die deutsche Sprache perfekt beherrscht. Über den Einsatzleiter liegen bislang keine weiteren Informationen vor.
Zuvor war bekannt geworden, dass man wegen eines Sprengstofffundes vom ursprünglich vorgesehenen Auftrittsort, dem «Gesellschaftshaus Palmengarten», Abstand genommen hatte. Wohin man jetzt ausweichen wird, ist nach den Ereignissen des Nachmittags noch nicht entschieden. Ebenso wenig, ob der Besuch des Präsidenten aufgrund der Ereignisse womöglich verschoben wird.
Schon seit Tagen befindet sich die Stadt wegen umfangreicher Sicherheitsmaßnahmen im Ausnahmezustand. Zahlreiche Gullydeckel entlang der geplanten Route wurden verschweißt, Papierkörbe abgebaut, Gebäude durchsucht und der Zugang teils gesperrt. Auf den Dächern und in den oberen Stockwerken einiger Häuser werden während der Anwesenheit des amerikanischen Staatsoberhauptes Scharfschützen sowie Kameramänner des Secret Service postiert sein.
Die Täter des heutigen Anschlags konnten unerkannt fliehen. Zeugen zufolge benutzten die vermummten Männer für ihre Flucht zwei Motorräder, mit denen sie sich in westlicher Richtung aus der Innenstadt entfernten.
Das Motiv für den Anschlag ist noch vollkommen unklar. Ob es sich möglicherweise um ein islamistisches Attentat handelt, wollte man von Seiten der Ermittler nicht bestätigen. Ein Bekennerschreiben, so heißt es, gebe es bislang nicht.
Die Bundesanwaltschaft wird gemeinsam mit den amerikanischen Behörden die Ermittlungen leiten. Örtliche Kräfte werden bei Bedarf hinzugezogen.
Für den Abend oder den morgigen Vormittag wurde eine Pressekonferenz angekündigt.
City-Express online, 28. August 2013, letztes Update: 15:48 Uhr
Als Hauptkommissar Robert Marthaler an der Station Marseillan-Plage aus dem Regionalzug stieg und seine Reisetasche in den Staub stellte, hatte er sofort das Gefühl, einen Fehler begangen zu haben. Er stemmte die rechte Hand in die Hüfte, reckte sich, wischte mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und schaute sich um. Die Luft war heiß und trocken. Außer einer trächtigen Katze, die sich schwerfällig über die Straße schleppte, war kein Lebewesen zu sehen.
Ich hätte nie hierherkommen dürfen. Ich hätte zu Hause bleiben und mich den Problemen stellen müssen, die dort auf mich warten. Stattdessen bin ich geflohen. Ich bin vor Tereza geflohen. Ich wollte nicht hören, was sie mir zu sagen hat, und habe mich gedrückt vor den Entscheidungen, die ich so oder so werde treffen müssen. Der Anruf eines ehemaligen Kollegen hat genügt, dass ich alles stehen- und liegenlasse, ans Mittelmeer fahre und behaupte, hier würde ich dringender gebraucht als in Frankfurt. Ich bin ein Feigling, der so tut, als sei er hier, um seine Pflicht zu erfüllen.
Das Telefon hatte ihn mitten in der Nacht geweckt. Mit dem Hörer in der Hand stand Marthaler am Fenster und schaute in die Dunkelheit. Er wartete und sah den feinen Regen durch das Licht der Straßenlaterne fallen.
Obwohl sich niemand meldete, hatte er den Eindruck, dass der Anruf von einem Mobilgerät kam. Das ferne Rauschen wurde immer wieder durch völlige Stille unterbrochen.
«Tereza?», fragte er schließlich. Dann noch einmal: «Tereza, was …?»
«Marthaler, bist du es?»
Es war die brüchige Stimme eines Mannes.
«Wer spricht da?»
«Ferres … Hier ist der … der Rudi … Ferres. Kannst du mich hören? Die Verbindung ist schlecht. Ich … Warte! Ich geh nach draußen. Verstehst du mich jetzt?»
«Ja, Ferres, ich versteh dich gut. Was willst du? Wo bist du? Keiner weiß was. Alle fragen sich, was aus dir geworden ist.»
«Einen Scheiß fragt ihr euch. Ihr seid froh, dass ich weg bin. Ich bin … ich bin, wo ich immer bin. Der Himmel ist sternenklar. Du musst … das musst du dir anschauen.»
«Was ist mit dir?», fragte Marthaler. «Bist du betrunken?»
Ferres schnaufte. Plötzlich schwenkte er um. «Du … musst mir helfen, Robert!»
«Du hast Glück, dass ich nicht auflege», sagte Marthaler. «Ich hatte eine Woche Urlaub und hab fünf weitere Tage vor mir, also bin ich relativ entspannt. Aber wenn du mir nicht bald sagst, was …»
«Robert, bitte …»
«Wenn ich dir helfen soll, musst du endlich mit der Sprache rausrücken, Ferres! Wobei muss ich dir helfen? Was willst du mitten in der Nacht?»
Ferres schwieg einen Moment. «Ich … ich hatte gerade genügend Mut, mit dir zu sprechen.»
«Und den Mut hast du dir angetrunken? Dir geht’s nicht gut, oder?»
«Ich bin fertig, Robert. Du musst herkommen!»
Unwillkürlich stieß Marthaler einen Laut des Unmuts aus. «Ich muss mir deinen Himmel anschauen. Ich muss dir helfen. Ich muss zu dir kommen. Weißt du was, Ferres? Ich muss gar nichts. Du musst mir sagen, was du von mir willst. Vielleicht ist es besser, wenn wir morgen noch mal sprechen, wenn du wieder …»
«Nein, Robert, bitte …»
«Also …?»
«Du erinnerst dich an den Fall Tobias Brüning?»
Marthaler stutzte. Gab es irgendwen, der sich nicht daran erinnerte? «Sag nicht, dass du immer noch an der Sache dran bist … Hast du Neuigkeiten?»
«Das erzähle ich dir, wenn du hier bist», sagte Ferres.
Vor mehr als 15 Jahren, am Nachmittag des 24. April 1998, hatten spielende Kinder die Leiche des dreizehnjährigen Tobias Brüning in einem Fußgängertunnel entdeckt, unter den Gleisen der Güterbahn im Frankfurter Gallusviertel. Der Mörder hatte dem Jungen die Kehle durchgeschnitten, ein Stück Fleisch aus dem Oberschenkel entnommen und ihm die Hoden abgetrennt. Vor seinem Tod war das Kind geschlagen und gewürgt worden – vermutlich bis zur Bewusstlosigkeit.
Die Tat hatte nicht nur im ganzen Land für großes Entsetzen gesorgt, sondern auch eine der umfangreichsten Polizeiaktionen der Nachkriegsgeschichte ausgelöst. Nirgendwo in Deutschland, nirgendwo in der gesamten Welt war ein ähnlicher Fall bekannt. Bis heute war der Mörder von Tobias Brüning nicht gefasst worden.
«Gibt es eine neue Spur oder nicht?», fragte Marthaler noch einmal, und er spürte, wie seine Nerven reagierten, wie seine Neugier unwillkürlich wuchs.
«Ja, Robert, es gibt eine neue Spur. Komm einfach her! Ich bin in Südfrankreich, in Marseillan. Das Küstenstädtchen ist wirklich hübsch, du wirst sehen. Wir haben wunderbares Wetter. Du … du musst den Fall übernehmen.»
Marthaler lachte. «Habe ich dir nicht genau das kurz vor deiner Pensionierung angeboten? Weißt du noch, ich hatte gerade ein wenig Luft, aber du …»
«Ich weiß, ich … ich hab mich damals wie ein Arschloch benommen. Aber, Robert … wir … wir haben uns eine Zeitlang ziemlich gut verstanden.»
«Ja, das haben wir», sagte Marthaler, «bis du angefangen hast zu spinnen, bis du abgedreht bist. Warum kommst du nicht nach Frankfurt, wenn ich dir helfen soll?»
Es dauerte eine Weile, bis Ferres antwortete. «Weil … ich verdammt noch mal nicht mehr kann. Setz dich in deinen Wagen und fahr los!»
Marthaler wartete, ob noch etwas kam.
«Also …?», fragte Ferres.
«Also was?»
«Wirst du herkommen?»
«Ich muss nachdenken, Ferres. Ruf mich morgen früh wieder an! Aber erst, wenn ich ausgeschlafen habe.» Dann beendete Marthaler das Gespräch.
Er blieb noch einen Moment neben dem Telefon stehen und schüttelte den Kopf. Aber mit einem Mal merkte er, dass sich etwas in ihm löste. Und die Aussicht, für ein paar Tage diesem kühlen, verregneten Spätsommer zu entfliehen, unter welchem Vorwand auch immer, kam ihm gar nicht mehr so abwegig vor.
Am nächsten Morgen wählte er um halb sieben die Nummer seiner Chefin Charlotte von Wangenheim. Er bat sie, seinen Urlaub unterbrechen zu dürfen, ihm eine Dienstreise zu genehmigen.
«Du weißt schon, was passiert ist, Robert?»
«Du meinst den Anschlag? Ich lebe nicht auf dem Mond, Charlotte. Ich weiß aber auch, dass das BKA und die Amerikaner die Ermittlungen durchführen. Außer ein paar Laufburschen werden sie niemanden von uns zulassen.»
«Kann sein, kann nicht sein. Und wo willst du hin?»
«Nach Südfrankreich. Du erinnerst dich an Rudi Ferres?»
«Du lebst nicht auf dem Mond, und ich hab kein Loch im Kopf, Robert. Jeder erinnert sich an Ferres.»
«Er sagt, es gibt eine neue Spur im Fall Tobias Brüning.»
«Wieso weiß ein pensionierter Polizist etwas, das wir nicht wissen? Außerdem verfolgt das LKA inzwischen eine andere Theorie.»
«Ferres hat offensichtlich weiterermittelt», sagte Marthaler.
«Ferres ist …»
«Ich weiß, dass Ferres verrückt ist, Charlotte. Aber er ist auch ein verdammt guter Polizist. Lass es mich versuchen, bitte!»
«Mach, was du willst», sagte sie. «Das machst du ja sowieso. Sobald du angekommen bist, teilst du mir deine Adresse mit, damit ich dir wenigstens ein Telegramm schicken kann, falls du wie üblich dein Handy nicht eingeschaltet hast.»
Eine halbe Stunde später brachte ein Kollege aus dem Präsidium den alten moosgrünen Mercedes vorbei und stellte ihn am Straßenrand ab. Wie verabredet hupte er zweimal kurz und warf den Schlüssel in den Briefkasten.
Marthaler hatte bereits seine Reisetasche gepackt, den ziemlich zerfledderten Michelin-Atlas und sein Schulwörterbuch auf die Ablage im Flur gelegt. Er steckte seine Kreditkarte und den Personalausweis ins Portemonnaie, ging in die Küche, brühte sich einen doppelten Espresso und aß ein aufgebackenes Brötchen, das er dick mit Butter und Orangenmarmelade bestrich.
Schon um kurz nach sieben meldete sich Ferres. Seine Stimme klang fester als in der Nacht zuvor. Offensichtlich war er nüchtern. Allein, dass er von Marthaler nicht sofort eine Absage auf seine Bitte erhalten hatte, schien ihn ein wenig aufzurichten.
«Hast du ausgeschlafen?», fragte Ferres.
«Gib mir deine Adresse!», sagte Marthaler.
«Das heißt … das heißt, du kommst?» Ferres’ Ton verriet das Lächeln auf seinem Gesicht.
«Ich komme.»
«Es gibt keine Adresse.»
«Du wohnst also im Straßengraben?»
«Nicht im Straßengraben, aber auf einem Grundstück ohne Haus. Ich wohne da, wo der Canal du Midi in den Étang de Thau mündet. Frag einfach nach dem verrückten Deutschen, der am Kanal lebt. Es ist direkt neben der Pferdekoppel. Wann wirst du da sein?»
«Kommt drauf an, wie ich durchkomme, wann ich müde werde. Es sind über tausend Kilometer. Ich werde sicher irgendwo übernachten müssen …»
«Egal, lass dir Zeit. Wir machen es so: Wenn du hier bist, rufst du an, dann hol ich dich ab. Aber du kommst nicht mit dem Zug oder mit dem Flugzeug, oder? Lass dir ein Auto geben, du wirst ein paar Akten mit zurücknehmen müssen!»
«Der Wagen steht bereits vor der Tür.»
«Gut. Wann fährst du los?»
«Jetzt», sagte Marthaler.
«Robert?»
«Was?»
«Du rettest mir nicht das Leben, aber du gibst mir mehr, als ich noch zu bekommen erhofft hatte.»
Hauptkommissar Robert Marthaler weigerte sich, über diese Bemerkung seines ehemaligen Kollegen nachzudenken.
Als er vierzig Kilometer hinter Freiburg den Rhein überquerte und das blaue Schild mit dem Kreis aus gelben Sternen und der Aufschrift «France» hinter sich ließ, atmete Marthaler auf. Er hatte das Gefühl, entkommen zu sein. Es war, als habe er sich einen kurzen Urlaub vom Leben genommen.
Er genoss es, höchstens hundertdreißig Stundenkilometer auf der Autobahn fahren zu dürfen und nicht unentwegt von schnelleren Fahrzeugen bedrängt zu werden. Er mochte die fremden Namen der Orte, die er passierte, und es gefiel ihm, nicht sofort verstanden zu werden, wenn er sich an einer Raststätte einen starken Kaffee mit ein wenig Milchschaum bestellte. Er genoss alles, was anders war als zu Hause.
Bei Dole bog er ab Richtung Lyon. Es regnete noch immer, aber weil die Strecke nur wenig befahren war, hatte er Zeit, sich auf anderes als den Verkehr zu konzentrieren. Er wollte nachdenken über den Fall Tobias Brüning, über Rudi Ferres und was aus ihm geworden war.
Ferres war damals als einer der Ersten am Tatort gewesen, und er war es auch, der die Sonderkommission zusammengestellt und von Anfang an geleitet hatte. Kein anderer hätte es besser machen können. Es war ihm gelungen, Kollegen in ganz Deutschland und schließlich in ganz Europa für den Fall zu sensibilisieren. Es gab zahllose Polizisten, die im In- und Ausland recherchierten und Zehntausenden Hinweisen und Spuren nachgingen. Über Jahre hinweg hatte Ferres es verstanden, die Medien für sich einzuspannen. Immer wieder gab es Fernsehsendungen und Zeitungsreportagen über den Fall, wurden Zeugen gesucht und wurde die Öffentlichkeit um Mithilfe gebeten. Es hatten sich die üblichen Verrückten gemeldet, aber jedes Mal waren auch Hinweise eingegangen, die vielversprechend waren und denen man nachgehen musste. Das Material, das auf diese Weise zusammengekommen war, füllte am Ende mehr als 300 Aktenordner mit über 150000 Seiten Papier.
Mit jeder Spur keimte neue Hoffnung auf, die sich irgendwann in Ernüchterung verwandelte. Der Mörder von Tobias Brüning blieb unauffindbar.
Rund hundertvierzig Kollegen hatten anfangs in der «Sonderkommission Tunnel» des Frankfurter Polizeipräsidiums gearbeitet, die aber, wie es immer bei solchen Fällen ist, von Jahr zu Jahr schrumpfte. Ein Kollege nach dem anderen wurde abgezogen, zum Schluss blieb nur noch Ferres übrig. Die Hügel einzelner Enttäuschungen waren zu einem Gebirge angewachsen.
Aus Erzählungen wusste Marthaler, dass die Laufbahn seines Kollegen bei der Kriminalpolizei nicht ohne Irritationen begonnen hatte. Kurz nachdem Ferres Mitte der siebziger Jahre Mitglied der Zweiten Mordkommission geworden war, kursierten im Präsidium ein paar alte Fotos; niemand wusste, wo sie herkamen. Eines davon zeigte Ferres als Demonstranten auf einem Ostermarsch in den sechziger Jahren, wie er ein Transparent gegen die atomare Aufrüstung in die Höhe hielt. Auf einem anderen war er als immer noch junger, sehr schlanker Mann mit langen Haaren und nacktem Oberkörper zu sehen. Er hatte seinen Arm um die Schultern eines Mädchens gelegt, das nichts anhatte als einen kurzen Rock und Lackstiefel, die ihr bis fast zu den Knien reichten. Zwischen Ferres’ Lippen klemmte ein riesiger Joint. An der Wand hinter den beiden sah man ein Poster mit dem Porträt von Ernesto Che Guevara.
Ferres war stundenlang zu seiner Vergangenheit und zu seinen politischen Ansichten befragt worden, man hatte ihn kurzzeitig suspendiert, und für eine Weile sah es so aus, als wäre seine Karriere bei der Polizei beendet, bevor sie noch recht begonnen hatte. Sein Vorgesetzter hatte schließlich ein Machtwort gesprochen. «Schluss, Leute», hatte er gesagt. «Lasst den Mann in Ruhe. Ein bisschen frischer Wind kann uns nur guttun.»
Von diesem Moment an wusste Ferres, dass er Rückendeckung hatte und seine Qualitäten zur Geltung bringen konnte. Die männlichen Kollegen waren neugierig auf ihn, weil er aus einem anderen Stall kam, weil er frecher war, selbstbewusster, schlagfertiger und weil er anders roch. Die Frauen im Präsidium schätzten an ihm, dass er gut aussah, ihnen zuhörte und auf dumme Sprüche verzichtete.
Rudi Ferres konnte ein Betriebsfest den ganzen Abend mit seinen Geschichten unterhalten, ohne dass jemals eine peinliche darunter gewesen wäre. Er war schon bald in den Personalrat gewählt worden, wollte aber keinesfalls dessen Vorsitzender werden. Und als man in den folgenden Jahren mehrfach versuchte, ihn auf weitaus besser bezahlte Posten zu befördern, lehnte er immer mit der Begründung ab, dass er lieber Türen eintrete, als mit dem Innenminister mittagzuessen. Obwohl er noch immer ein wenig verwegen aussah, war er inzwischen zu einem Polizisten geworden, den man gerne auf jeder Pressekonferenz vorschickte, um der Öffentlichkeit zu zeigen, wie tolerant, souverän und sogar witzig man bei der Kripo sein konnte.
Ferres war längst glücklich verheiratet, hatte einen fast erwachsenen Sohn, eine halbwüchsige Tochter und ein Haus mit Garten, als an jenem warmen Apriltag im Jahr 1998 der Junge im Frankfurter Gallusviertel ermordet wurde und damit auch das bisherige Leben des Kriminalpolizisten Rudolf Ferres zu Ende ging.
Der Anblick der Leiche hatte ihn sichtlich erschüttert. Aber wie jedem guten Polizisten war es ihm gelungen, seine Bestürzung in Entschlossenheit zu verwandeln. Noch am selben Abend hatte er die engsten Vertrauten um seinen Schreibtisch versammelt. Alle hatten sich einen ersten Eindruck verschafft, jeder gab seine Einschätzung der Lage ab. Am Ende war man sich einig, dass keiner voraussagen konnte, was auf sie zukommen würde. Niemand von ihnen hatte je einen vergleichbaren Fall erlebt.
Seine Vorgesetzten gaben Ferres freie Hand. Er durfte entscheiden, wer in die «SoKo Tunnel» aufgenommen wurde, und er bekam jeden, den er haben wollte. Niemals zuvor waren einem Ermittler der Frankfurter Kriminalpolizei so viele Freiheiten gelassen und so viele Mittel zur Verfügung gestellt worden.
Fortan bestand Ferres darauf, dass man ihm alle Spuren zeigte, dass man ihm das Protokoll jedes Anrufs und das Ergebnis jeder Befragung vorlegte. Er wollte genauso viel wissen wie alle hundertfünfzig Polizisten zusammen, die inzwischen an dem Fall arbeiteten.
Von da an konnte man ihn Tag und Nacht in seinem Büro antreffen, bald verließ er es auch am Wochenende kaum mehr. Das ging so über Wochen, über Monate, über Jahre. Bis seine Ehe zerbrach und seine Kinder sich von ihm lossagten. Er musste sein Haus verkaufen und zog in ein winziges Zimmer mit Kochnische im Frankfurter Bahnhofsviertel, das er nur betrat, um ab und zu ein paar Stunden zu schlafen, seine Wäsche zu waschen, zu duschen und ein paar Ravioli aus der Dose zu essen.
Im Präsidium bewunderte man ihn anfangs für seinen Fleiß und seine Hartnäckigkeit. Man klopfte ihm in der Kantine anerkennend auf die Schulter, dem Nachwuchs auf den Polizeiakademien wurde er als Vorbild präsentiert, und zweimal in Folge wählte ihn das Mitgliedermagazin der Gewerkschaft der Polizei zum Polizisten des Jahres.
Es hieß: Ferres knackt den Fall.
Ein paar Jahre später: Wenn einer den Fall noch knackt, dann Ferres.
Bis schließlich die ersten Stimmen laut wurden, die sagten: Der Fall ist nicht zu knacken. Er ist ausermittelt.
«Ausermittelt» hieß, man hatte alle Zeugen befragt, jeden Verdächtigen gegrillt, alle Zusammenhänge, die zu rekonstruieren waren, rekonstruiert. Man hatte alle Spuren verfolgt, jede Hypothese bedacht und jede Möglichkeit ausgeschöpft. Ein geklärter Fall konnte ebenso ausermittelt sein wie ein ungeklärter. Ausermittelt hieß, es gab nichts mehr zu tun für die Kriminalisten.
Bald darauf machte das Wort von Ferres’ Besessenheit die Runde. Seine Arbeitswut, so tuschelte man, übersteige jedes gesunde Maß. Es wurde gewitzelt, die Leitung der «SoKo Tunnel» habe aus ihm einen Mann mit Tunnelblick gemacht. Er habe sich verrannt und damit die goldene Regel aller guten Polizisten verletzt: Lass niemals einen Fall zu nah an dich herankommen!
Inzwischen war man überzeugt, dass der Mörder von Tobias Brüning nicht mehr zu überführen sei; und die Verbissenheit von Ferres zeige, dass der sich nicht mehr wie ein Profi verhalte, sondern wie jemand, der sich, aus welchen Motiven auch immer, verrannt habe in eine aussichtslose Sache. Ein Nerd, ein Maniac, den man nur wegen seiner zahlreichen Verdienste in der Vergangenheit gewähren lasse und weil er inzwischen zu alt sei, als dass man ihn noch rauswerfen oder auf einen Posten im Archiv abschieben könne.
Marthaler war nur in der Hochphase der Ermittlungen mit dem Fall befasst gewesen, hatte die Akten studiert und Zuarbeit geleistet wie alle anderen auch. Er hatte den älteren Kollegen geschätzt wegen seiner Schnelligkeit, seiner Weltläufigkeit, seines Witzes. Vor allem aber dafür, dass Ferres es verstand, die Kollegen zu motivieren, die Fähigkeiten eines jeden zu erkennen und für die Ermittlungen nutzbar zu machen. Seine Augen blitzten, wenn man mit ihm sprach, seine Zuversicht übertrug sich. Er mobilisierte Kräfte selbst bei jenen, die nichts von ihren Kräften wussten.
Doch Jahre später, als Ferres begann, wunderlich zu werden, als seine Familie sich von ihm abwandte, als keine neuen Erkenntnisse mehr zu erwarten waren, neigte auch Marthaler zur selben Auffassung wie die meisten seiner Kollegen – der Fall war ausermittelt.
Dann aber, vier Jahre vor seiner Pensionierung, hatte es Ferres den Skeptikern noch mal gezeigt. Ein weiteres Mal war er die gesamte Akte Seite für Seite durchgegangen. Und tatsächlich hatte er etwas bemerkt, das alle im Wust der Informationen und der Tausende Vernehmungsprotokolle übersehen hatten: Von mehreren Zeugen, die nichts miteinander zu tun hatten, war ein Mann beschrieben worden, der durch eine große Narbe an der Oberlippe auffiel, einen Pferdeschwanz trug und sich um den Zeitpunkt des Mordes herum im Gallusviertel oder in der unmittelbaren Umgebung aufgehalten hatte.
Ferres trommelte die Zeugen zusammen und ließ ein Phantombild erstellen, mit dem am Ende jeder zufrieden war. Das Bild wurde in mehreren Fernsehbeiträgen und in fast allen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. Es gab zahllose Hinweise von Leuten, die glaubten, den Porträtierten zu kennen.
Noch einmal keimte Hoffnung im Präsidium auf. Erneut wurde eine kleine Sonderkommission gebildet, die Spuren in halb Europa nachging.
Aber am Ende blieb alles vergeblich. Der kurzen Euphorie folgte ein gehöriger Katzenjammer. Allein Rudi Ferres hielt an seiner irren Gewissheit fest, dass man kurz vor dem Durchbruch stand.
Mehr aus Mitleid denn aus Überzeugung hatte Marthaler seinem Kollegen damals Hilfe angeboten. «Ich bin zuständig für alte, unaufgeklärte Fälle. Du gehst bald in den Ruhestand; wenn du willst, nehme ich mir die Geschichte noch mal vor.»
Ferres hatte mit einer Beschimpfung geantwortet: «Du willst abkassieren, ja? Du glaubst, du kannst die Ernte einfahren, nachdem ich all die Jahre die ganze Arbeit geleistet habe. Ich sage dir was: Verpiss dich! Verpisst euch alle!»
Zum letzten Mal hatte er seinen Kollegen vor zwei Jahren gesehen, bei dessen Verabschiedung aus dem Polizeidienst. Marthaler hatte sich gewundert, zu der Feier überhaupt eingeladen worden zu sein. Es wurde eine traurige Veranstaltung. Ferres hatte in die Gaststätte «Zur Stalburg» gebeten, aber sofort betont, dass er nicht mehr als Apfelwein, Bier und Brezeln bezahlen werde, schließlich müsse er künftig sorgsam haushalten. Stimmung hatte nicht aufkommen wollen, die Schultern blieben steif, jedes Lächeln auf den Lippen bemüht. Die meisten verabschiedeten sich früh. Man war froh, die Nervensäge endlich los zu sein. Nur Ferres selbst wirkte seltsam gelöst, so als habe er einen Trumpf in der Hinterhand, den er in Kürze ausspielen werde.
Ein paar Tage später war Rudolf Ferres verschwunden, und niemand hatte je wieder von ihm gehört. Fast niemand.
Kurz vor Montélimar beschloss Marthaler, auf die Landstraße abzubiegen. Gegen Mittag hatte es aufgehört zu regnen, und als er nun über die sanften Hügel der Provence zwischen dem allmählich verblühenden wilden Lavendel Richtung Süden fuhr, merkte er, dass sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breitmachte. Mit jedem Kilometer wurde es wärmer. Hier verdiente der Sommer noch seinen Namen. Der Himmel war wolkenlos, und fast glaubte Marthaler, bereits das Meer zu sehen.
Er fuhr kurz an den Straßenrand, um seine Jacke auszuziehen und für einen Moment die Aussicht zu genießen. Er fühlte sich um viele Jahre zurückversetzt. Als junger Mann hatte er diese Landschaften immer wieder durchstreift, hatte in Flüssen gebadet und sich hinterher auf den glatten Felsen am Ufer gewärmt. Mal hatte er in Scheunen übernachtet, mal sein kleines Zelt auf der Wiese eines Bauern aufstellen dürfen. In Saintes-Maries-de-la-Mer hatte er ein paar Nächte am Strand geschlafen.
Ihre wenigen gemeinsamen Ferien hatten Tereza und Marthaler ausnahmslos in Tschechien verbracht. Terezas Sehnsucht nach ihrer alten Heimat war so groß, dass sie nirgendwo anders hinwollte. So waren Marthalers Jugendträume vom Leben im französischen Süden mit den Jahren verblasst.
Doch mit einem Mal war das alles wieder da: die langen, von Platanen gesäumten Alleen, die zerfallenen Häuser aus Naturstein mitten in den Feldern. Die flammenden Zypressen, der Duft der Pinien und das Geschrei der Zikaden unter der heißen Sonne.
Als er an Saint-Rémy vorbeikam, fiel ihm die Kollegin ein, von der er wusste, dass sie jeden Sommer dort Urlaub machte. Ihre Liebe zu dieser Gegend war spät erwacht, aber nun zählte sie die Tage bis zur Pensionierung, um endlich den Großteil des Jahres in der Provence verbringen zu können. Marthaler ließ die Scheibe herunter und entsandte ihr einen stummen Gruß.
Und dann, bereits in der Abenddämmerung, sah er wieder die weißen Pferde und Flamingos der Petite Camargue. Noch einmal machte er halt. Er trank einen Schluck von dem warm gewordenen Mineralwasser und wusch sich mit dem Rest die Hände. Er merkte, dass er müde wurde und Hunger bekam. Bis nach Marseillan würde er noch anderthalb Stunden brauchen.
Als er weiterfahren wollte, gelang es ihm nur mit Mühe, den Motor zu starten. Er schaltete die Scheinwerfer ein und sah, dass das Warnlicht der Ladekontrolle in unregelmäßigen Abständen aufleuchtete. Also beschloss er, sich ein Hotel zu suchen und am nächsten Morgen einen Mechaniker nach dem Wagen sehen zu lassen.
Kurz hinter Saint-Gilles sah er das Schild «Hôtel-Restaurant La Belle Corse». Er bog von der Landstraße ab und folgte dem schmalen Landwirtschaftsweg, der zwischen Feldern und Weiden leicht bergan führte. Nach anderthalb Kilometern hatte er ein großes Landhaus samt Stall und Scheune erreicht, das von Bäumen umgeben war. Das Ganze glich eher einem Bauernhof als einem Hotel. Er holte seine Reisetasche aus dem Kofferraum und stieg die breite Eingangstreppe hinauf. Eine Klingel gab es nicht, und auf sein wiederholtes Klopfen meldete sich niemand. Schließlich umrundete er das Gebäude und gelangte auf eine große Wiese mit Obstbäumen, unter denen ein paar Tische und Bänke standen. Am Eingang eines Holzschuppens sah er eine Frau im Blaumann mit zwei Eimern hantieren.
«Madame», rief Marthaler. Dann noch einmal etwas lauter: «Madame!»
Die Frau schien ihn nicht zu bemerken. Erst als er zwei Meter hinter ihr stand, fuhr sie erschrocken herum.
Marthaler lächelte: «Sind Sie die schöne Korsin?», fragte er und setzte seine Tasche auf dem Boden ab. «Ich hätte gerne ein Zimmer für eine Nacht und eine Kleinigkeit zu essen.»
Die Frau sah ihn unverwandt an. Marthaler schätzte sie auf Anfang vierzig. Sie war klein, kräftig und trug ihr dunkles Haar kurz geschnitten. «Haben Sie nicht gelesen? Wir haben geschlossen.»
Er war verwirrt. «Nein, ich … Mein Wagen macht Schwierigkeiten. Sie haben im August geschlossen?»
Ihr Blick war sehr direkt und zeigte keinerlei Entgegenkommen. Sie kam ein Stück näher. Ihre Brauen zogen sich zusammen, und ihre Nasenflügel weiteten sich. Sie wirkte ein wenig erstaunt. Dann schüttelte sie den Kopf.
«Mein Mann ist vor acht Wochen gestorben. Sie sehen ihm ähnlich, und Sie riechen wie er», sagte sie, bevor sie sich abwandte. «Wir sind noch nicht wieder so weit.»
«Das tut mir leid. Ich …»
Er nahm seine Tasche und wollte sich bereits verabschieden, um woanders sein Glück zu versuchen, als sie ihn zurückhielt. «Wenn Sie essen, was wir haben, können Sie bleiben. Aber Sie müssen mit einem Armeleutemahl zufrieden sein.» Marthaler nickte. Als die Frau seine Erleichterung sah, zeichnete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ab, das in derselben Sekunde wieder erstarb. Sie streckte ihm die Hand entgegen: «Marie», sagte sie. «Ich werde Nicolas rufen. Mein Neffe wird Sie auf Ihr Zimmer bringen. In einer halben Stunde können Sie runterkommen. Wollen Sie draußen essen?»
Der junge Mann hatte es sich nicht nehmen lassen, Marthalers Tasche zu tragen. Er stellte sie auf das alte Doppelbett, das neben dem Schrank, einem Stuhl und den beiden Nachttischen das einzige Mobiliar des geräumigen Zimmers war. Ein Badezimmer und eine Toilette gab es auf dem Flur.
«Meine Tante ist verrückt vor Trauer», sagte Nicolas, als müsse er etwas erklären. «Erst hat sie zwei Wochen geweint, dann hat sie zwei Wochen Tag und Nacht gearbeitet. Jetzt weint und arbeitet sie gleichzeitig. Sie war so eine schöne, fröhliche Frau …»
Marthaler wusste nicht, was er sagen sollte. Er wartete ein paar Sekunden, dann fragte er den Neffen nach einem Mechaniker.
Nicolas lächelte: «Ein schönes Auto. Erst muss ich etwas essen und mich um die Tiere kümmern. Danach kann ich mir den Wagen anschauen, wenn Sie wollen.»
«Das wäre nett», sagte Marthaler.
Er nahm seine Waschtasche und ging ins Badezimmer. Im warmen Wasser der Wanne hatte er Mühe, nicht einzuschlafen.
Man hatte ihm einen Tisch nahe dem Haus gedeckt. Als er sich setzte, merkte er, dass dies der einzige Platz war, auf den die letzten Strahlen der Abendsonne fielen. Vor ihm standen eine Flasche mit rotem Landwein und eine Karaffe Leitungswasser. Marie brachte ihm einen Teller mit Pastete und Schinken, einen Korb frisches Landbrot und ein Schälchen Butter. Die Witwe trug jetzt ein schlichtes schwarzes Kleid. Sie ging so wortlos, wie sie gekommen war.
Als Marthaler hinter sich leise Stimmen hörte, schaute er sich kurz um. Durch die offene Flügeltür konnte er die Tante und ihren Neffen in der Küche sehen. Sie saßen einander gegenüber und nahmen ebenfalls ihre Mahlzeit ein.
Kaum hatte Marthaler aufgegessen, stand Marie wieder neben ihm. «Bon garçon», sagte sie, als sie seinen leeren Teller sah. Sie stellte eine Pfanne mit einem riesigen Omelett auf den Tisch. Es schwamm in Öl und bestand aus Kartoffeln, Zwiebeln, Eiern, den Scheiben einer Paprikawurst, Oliven und frischen Kräutern.
Wenn das ein Armeleuteessen ist, würde es mir nichts ausmachen, arm zu sein, dachte Marthaler. Er schaffte etwas mehr als die Hälfte, dann gab er auf. «Böser Junge», sagte Marie diesmal, wieder ohne zu lächeln. «Möchten Sie später ein Dessert, einen Kaffee?»
Marthaler verneinte. Stattdessen erhielt er eine Platte mit Käse, von dem er eigentlich nur noch kosten wollte, der ihm dann aber so gut schmeckte, dass er sich fast schämte für die wenigen Reste, die er übrig ließ. Er trank seinen Wein aus. Dann ging er ins Haus auf sein Zimmer. Dort schlief er augenblicklich ein.
Mitten in der Nacht wachte er auf. Er hatte ein Geräusch gehört. Einen Moment lang blieb er reglos liegen, um sich zu orientieren. Er öffnete die Augen einen Spaltbreit und sah die Silhouette der Wirtin im schwachen Licht der Flurlampe in seiner Zimmertür stehen. Sie stand dort, reglos. Sie war barfuß und trug noch immer ihr schwarzes Kleid. Dann trat sie auf sein Bett zu. Er schloss die Augen ganz und wartete.
Schließlich setzte sie sich auf die Bettkante und streichelte seine Hand. Er hörte ihr unterdrücktes Schluchzen. Nach einiger Zeit stand sie auf, verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Marthaler brauchte eine Weile, um wieder einzuschlafen.
Am Morgen sah er sie nicht. Es war schon nach elf, als er in die Küche kam. Nicolas brachte ihm Kaffee, Baguette, Croissant, Butter und Marmelade.
«Schlechte Nachrichten», sagte er. «Die Lichtmaschine ist kaputt.»
«Verdammt», erwiderte Marthaler, «ich muss nach Marseillan.»
Der junge Mann hob beide Hände. «Es wird eine Weile dauern, bis wir eine neue besorgt haben.»
«Können Sie mir ein Taxi rufen?», fragte Marthaler.
«Wenn Sie bis Mittag warten, nehme ich Sie mit nach Montpellier. Von dort fährt ein Regionalzug. Das ist billiger.»
Auch egal, dachte Marthaler und nickte. «Gerne», sagte er, «das ist sehr freundlich. Dann lassen Sie mich schon mal die Übernachtung und das Essen bezahlen!»
«Oder ich kümmere mich um Ihren Wagen», sagte Nicolas, «und Sie geben mir Ihre Handynummer. Dann melde ich mich bei Ihnen, und Sie zahlen am Ende alles zusammen. Was meinen Sie? Kein Problem, oder?»
Marthaler zögerte. Der deutsche Polizist witterte für einen kurzen Moment eine Falle. Dann lächelte er: «So machen wir’s», sagte er.
Auf der Fahrt nach Montpellier erzählte ihm Nicolas, dass er Maschinenbau studiere. «Meine Freundin ist übrigens eine Deutsche», sagte er. «Sie ist die Tochter eines Malers. Ihre Eltern sitzen gerade im Gefängnis. Sie heißen Maldicci – vielleicht sagt Ihnen der Name etwas?»
Marthaler überlegte. «Ja», sagte er, «das ist diese Geschichte mit den falsch signierten Bildern, auf die alle reingefallen sind, weil sie darauf reinfallen wollten, nicht wahr? Es ging um viele Millionen Euro.»
Nicolas drehte sich kurz zu ihm rüber und schenkte ihm ein verschwörerisches Lächeln. Als sie am Bahnhof von Montpellier angekommen waren, ließ er Marthaler aussteigen und wünschte ihm einen schönen Tag.
Zweieinhalb Stunden später stand der Hauptkommissar auf der menschenleeren Straße vor dem winzigen Bahnhof von Marseillan-Plage. Er tippte die Nummer von Ferres in sein Telefon und wartete. Es meldete sich niemand. Er schaute sich um. Als er das Splittern von Glas hörte, drehte er sich um. Ein paar Häuser weiter sah er eine alte Frau, die leere Flaschen in einen Container warf. Er ging zu ihr und fragte, ob sie Monsieur Ferres kenne, den Verrückten vom Kanal.
«Le boche, mais oui!» Sie nickte und schickte Marthaler zurück zum Bahnhof. Er solle die Gleise überqueren und weiterlaufen: «Einmal rechts, einmal links, dann sind Sie schon fast am Kanal. Dann weiter Richtung Stadt, Sie können ihn nicht verfehlen.»
Obwohl er sich die Gegend auf der Karte angeschaut hatte, begriff Marthaler erst jetzt, als er auf der kleinen Brücke stand und in die Ferne blickte, was Ferres gemeint hatte, als er gesagt hatte: «Hier gibt es nicht nur das Meer.»
Die gesamte Küste schien von großen und kleinen Gewässern übersät zu sein. Der Canal du Midi, von schmalen Dämmen eingefasst, mündete zwei Kilometer weiter in die riesige Lagune des Étang de Thau, die dem Meer vorgelagert war. Überall gab es flache Tümpel und ausgedehnte, sumpfartige Gebiete, die sich bis zu den Weinfeldern erstreckten.
Eine Frau, die an Deck eines Hausboots in ihrem Liegestuhl lag, lächelte Marthaler zu. Er nickte. Dann schulterte er seine Tasche und setzte seinen Weg auf dem alten Treidelpfad entlang des Kanals fort. Ein Geräusch begleitete ihn, das sich anhörte wie das unregelmäßige Läuten von Kuhglocken. Es kam von den kleinen Segelbooten, die am Rande des Kanals lagen und deren Leinen vom Wind gegen die Masten geschlagen wurden. Nicht wenige der Boote sahen aus, als seien sie für immer von ihren Besitzern verlassen worden.
Es roch nach brackigem Wasser und salziger Luft. Dann aber, als der Geruch von Stall und Pferden hinzukam, wandte Marthaler seinen Blick nach links. Er sah die beiden Braunen, die sich im Schatten eines Olivenbaums drängten, und wusste, dass er angekommen war.
Rechts neben der Koppel lag eine staubige Brache, umgeben von einer niedrigen Mauer. Dahinter ein aufgebocktes Motorboot, das den Namen Fidel trug, neben ihm ein alter Kleintransporter – ein ehemals weißer, jetzt bunt bemalter Fiat Ducato, dessen Windschutzscheibe von innen mit einem Sonnenschutz verkleidet war. Nicht weit davon, zwischen den Disteln, lag ein Motorroller, dem das Hinterrad fehlte, und etwas abseits stand eine Art fahrbarer Imbissstand, wie er auf Wochenmärkten eingesetzt wurde. Das alles wirkte verwahrlost und glich eher dem Lagerplatz eines Schrotthändlers als einem bewohnten Grundstück.
Vorsichtig schob Marthaler das mit Stacheldraht umwickelte Gatter auf, umrundete einen Stapel leerer Wein- und Pastisflaschen, die zu einer Pyramide aufgestapelt waren, und klopfte mit der Faust gegen die Fahrertür des Ducato.
«Ferres, was ist? Du wolltest mich abholen.»
Niemand antwortete. Auf dem Radweg hielt eine Familie an, um Fotos zu machen. Als Marthaler sich zu ihnen umdrehte, schauten sie weg.
Hinter dem Transporter standen unter einem verblichenen Sonnensegel ein kleiner Generator, eine Gasflasche und ein zweiflammiger Campingkocher. Daneben zwei Plastikstühle, ein Klapptisch und ein kleiner, halb verrosteter Blechschrank. Marthaler ging zu dem Imbisswagen und klopfte auch dort. Ohne Erfolg. Also beschloss er, weiter in die Stadt zu laufen, um sich eine Unterkunft zu suchen.
Er trottete durch die Sonne. Er schwitzte. Nicht weit vom Hafen, neben dem ehemaligen Theater, entdeckte er ein kleines Hotel. In der Rezeption war es kühl und dunkel. Er stellte seine Tasche ab und atmete durch.
«Ein Zimmer», sagte er. «Mit Frühstück und Abendessen. Ich weiß nicht, für wie lange.»
Doch er wurde enttäuscht. Die wenigen Hotels seien wegen eines Musikfestivals überfüllt. Er solle es in der Altstadt versuchen, in der Rue Ledru-Rollin, da habe gerade eine neue Pension eröffnet.
Aber auch dort gab es kein freies Bett. Die junge Frau sah ihn an und schüttelte ihre Locken. «Tut mir leid. Wir sind belegt, die ganze Stadt ist belegt.»
Als sie Marthalers Ratlosigkeit bemerkte, hob sie die Brauen. «Lassen Sie mich etwas versuchen. Ich muss kurz telefonieren.»
Sie verschwand im Nebenraum. Er hörte ihre Stimme. Als sie zurückkam, lächelte sie. «Wir haben Glück. Es gibt ein altes Hinterhaus, nur ein paar Schritte von hier. Einfach, aber sehr hübsch. Meine Großeltern haben darin gewohnt. Jetzt gehört es meinem Bruder, der es an Touristen vermietet. Eine Familie aus Belgien hat gestern absagen müssen. Soll ich es Ihnen zeigen?»
Marthaler fürchtete, dass ein ganzes Haus zu groß für ihn sein könne und zu teuer. Trotzdem nickte er erleichtert. Die junge Frau streckte ihm die Hand entgegen: «Odette.»
«Robert», erwiderte er und freute sich daran, seinen Namen wie ein Franzose auszusprechen.
«Wir müssen uns ein wenig beeilen», sagte sie, «gleich kommen vier neue Gäste an.»
Schon nach hundert Metern schloss Odette das blau gestrichene Holztor auf, das in einen kleinen Innenhof führte. Sie öffnete auch die Haustür, machte einen Schritt zur Seite, um Marthaler eintreten zu lassen, und drückte ihm die Schlüssel in die Hand.
«Schauen Sie sich einfach um, und wenn Sie sich entschieden haben, sagen Sie mir Bescheid. Falls Sie mögen, können Sie morgens zum Frühstück in die Pension kommen. Dafür ist immer Platz. Es gibt sogar Schinken und Rührei, nicht nur Baguette und Butter.»
«Auch Espresso?»
Die junge Frau nickte. «So viel Sie wollen. Sogar richtigen, wie man ihn in Italien trinkt. Nicht diese französische schwarze Suppe.»
Marthaler nickte zufrieden. «Kann man hier irgendwo ein Fahrrad leihen?»
Sie zeigte in eine Ecke des Innenhofs, wo hinter dem gemauerten Grill zwei alte Mountainbikes standen. «Suchen Sie sich eins aus! Schlüssel und Schloss liegen drinnen auf dem Tisch. Bis später.» Im Weggehen drehte sie sich noch einmal um und winkte ihm zu.
Tatsächlich war das Haus winzig. Von der Wohnküche im Erdgeschoss aus führte eine steile Treppe in den ersten und zweiten Stock, wo es jeweils einen kleinen Schlafraum mit angrenzendem Badezimmer gab, im mittleren Geschoss mit einer Badewanne, im obersten mit Dusche. Nachdem er sich im zweiten Stock den Kopf an einem Deckenbalken gestoßen hatte, beschloss er, das untere Zimmer zu beziehen. Er räumte seine Kleidung aus, nahm ein rasches Bad und setzte sich, als er die Ausstattung der Küche inspiziert und Charlotte von Wangenheim eine Mail mit seiner Adresse geschickt hatte, mit einem Glas Leitungswasser in den Innenhof. Zwischen den alten Mauern aus dunklem Naturstein öffnete sich ihm ein schmaler Blick in den blauen Himmel, wo die Mauersegler dicht über den Dächern kreisten und weiter oben ein paar Möwen schrien.
«Bon, da bin ich», sagte er zu sich. Dann nahm er das größere der beiden Räder und schob es rüber zur Pension «Odette et Paulette».
«Und wer ist Paulette?», fragte er.
Odette blickte ihn mit einem kleinen Lauern in den Augen an. «Meine Frau … sozusagen», erwiderte sie schließlich. «Gefällt Ihnen das Haus?»
Marthaler nickte. Im Frühstückssaal sah er die neu angekommenen Gäste vor ihren Getränken sitzen. Vater, Mutter und die beiden halbwüchsigen Kinder. Alle vier waren groß, schlank, blass und rothaarig. Die beiden Kinder, ein Junge und ein Mädchen, schienen Zwillinge zu sein. Alle schwiegen.
«Engländer?», fragte Marthaler leise.
Odette lachte. «Nein, Italiener!»
Aber sie sehen aus wie die Beanpoles aus meinem Englischbuch, dachte Marthaler, vier Bohnenstangen mit Sommersprossen.
«Und, werden Sie zum Frühstück kommen?», fragte Odette. «Nur, damit ich mich darauf einrichten kann.»
«Ja», sagte Marthaler, «gerne. Kennen Sie den Verrückten vom Kanal?»
«Rudi? Bien sûr, jeder kennt ihn. Sind Sie deshalb hier?»
«Ja», sagte Marthaler. «Haben Sie eine Ahnung, wo er stecken könnte?»
Odette sah ihr Gegenüber fragend an. «Waren Sie am Kanal, wo er seine Wagenburg hat?»
Marthaler nickte. «Ja, aber auf dem Grundstück hab ich ihn nicht angetroffen.»
«Er ist bestimmt da», sagte Odette, «er ist immer da. Er schläft sogar in seiner Camionette.»
«Ich habe versucht, ihn telefonisch zu erreichen. Ich habe gerufen und geklopft, aber es meldet sich niemand. Dabei wusste er, dass ich komme.»
«Sie waren verabredet?» Zwischen Odettes Brauen bildete sich eine senkrechte Falte.
«Was erstaunt Sie daran?»
Odette presste kurz die Lippen zusammen. «Das ist kein gutes Zeichen.»
«Was meinen Sie?»
«Rudi ist vielleicht ein wenig sonderbar, aber auf sein Wort ist Verlass. Ich habe nie erlebt, dass er eine Verabredung nicht eingehalten hätte.»
«Sie scheinen ihn ganz gut zu kennen.»
Odette nickte. «Wir haben uns eine Zeitlang zwei-, dreimal im Monat zum Dominospielen in der Marine Bar getroffen …»
Marthaler lächelte. «Ich wusste nicht, dass es noch jemanden gibt, der Domino spielt.»
«Er hat uns geholfen, als wir das Haus renoviert haben, ist für uns in den Baumarkt gefahren, hat Steine geschleppt und Mörtel angerührt. Aber in letzter Zeit hat er sich immer seltener blickenlassen. Er hat merkwürdige Andeutungen gemacht … dass er sich am Strand betrinken will, um dort zu sterben. Ich glaube, es geht ihm nicht sehr gut.»
«Sie scheinen ernsthaft besorgt zu sein.»
Odette sah ihn an, dann nickte sie. «Ja», sagte sie. «Ich glaube, es wäre gut, Sie würden die Polizei benachrichtigen.»
«Ich bin die Polizei», sagte Marthaler.
«Umso besser», sagte die junge Frau. «Dann kümmern Sie sich um ihn, wenn es dafür nicht zu spät ist.»
«Sie meinen, er könnte wirklich …?»
«Jetzt sind Sie dran», sagte Odette. «Ich muss zurück zu den Gästen. Aber Sie werden mir Bescheid geben, ja?»
Marthaler nickte. «Spätestens morgen beim Frühstück.»
Die Beunruhigung der Pensionswirtin hatte sich auf ihn übertragen. Marthaler stieg auf sein Fahrrad und fuhr los. Er reagierte mit Ungeduld, als er merkte, dass er sich schon nach wenigen Metern in den engen Gassen der verwinkelten Altstadt verirrt hatte. Sobald er Zeit hatte, würde er sich daranmachen, die kleine Stadt zu erkunden. Schließlich wies ihm der Kirchturm die richtige Richtung. Er fand den Hafen und von dort zurück auf jenen Weg entlang der Lagune, der ihn wieder an den Kanal führte.
Auf einem Rad hatte er seit Ewigkeiten nicht mehr gesessen, sodass er zwar rasch außer Atem geriet, aber zugleich froh war, sich endlich einmal wieder auf diese Weise zu bewegen, die Muskulatur seiner Beine zu spüren, die Wärme der Sonne auf der Haut und den Fahrtwind im Gesicht.
An Ferres’ Grundstück angekommen, fand er alles unverändert. Er lehnte das Mountainbike an die Mauer und rief erneut den Namen seines ehemaligen Kollegen. Wieder wählte er die Nummer, wieder trommelte er gegen das Blech des Ducato. Vergeblich – Marthaler erhielt keine Antwort.
Dann muss ich andere Maßnahmen ergreifen, dachte er, dann muss ich rabiat werden. Er suchte nach einem Gegenstand, mit dem er versuchen wollte, das Schloss der Wagentür aufzubrechen. Bevor er noch etwas Geeignetes gefunden hatte, hieb er ein letztes Mal mit aller Kraft gegen die Außenwand: «Ferres, was ist mit dir? Bist du in Ordnung?»
Er legte sein Ohr an das Blech und lauschte. Plötzlich meinte er, ein Geräusch wahrzunehmen. Zuerst ein leises Wimmern, dann ein Poltern, gefolgt von der tiefen Stimme eines Mannes, der einen Fluch ausstieß.
Marthaler wartete. Schließlich hörte er, dass sich jemand von innen an der Schiebetür zu schaffen machte, die sich kurz darauf öffnete.
Vor ihm, auf dem Boden des Kleintransporters, kniete ein bärtiger Mann mit weißen Haaren. Sein mächtiger Oberkörper war nackt und gebräunt, die Augen in dem breiten Gesicht verquollen, die Pupillen gerötet. Der Gestank, der Marthaler aus dem Wageninneren entgegenschlug, nahm ihm den Atem. Es roch nach Schweiß, nach Alkohol und nach Erbrochenem.
Erstaunt und angewidert war Marthaler einen Schritt zurückgewichen. «Entschuldigen Sie bitte, ich … ich suche eigentlich Monsieur Ferres.»
Das Wesen grunzte und schüttelte das zottelige Haupt. Es sah aus wie ein schottisches Hochlandrind. Dann versuchte es zu sprechen: «Schon … gut, Alter, du … du bist angekomm’.»
Jetzt erkannte Marthaler die Stimme von Rudi Ferres, sah sein Gegenüber aber noch immer ungläubig an.
«Rudi, was zum Teufel ist mit dir los? Du bist mitten am Tag betrunken. Du lässt mich tausend Kilometer fahren und besäufst dich bis zur Bewusstlosigkeit. Du siehst aus wie ein wildes Tier, und du riechst auch so.»