Inhaltsverzeichnis
Impressum
Überlebensgeister
PROLOG
Einsicht
In vino veritas
Affentheater
Als das Fundament zu bröckeln begann und ich weiter schuftete
Morgenistheuteschongestern
Gibt es zur Gesundheit überhaupt eine Straße?!?
Penthouse des Wandels
Gedankentherapie – Die Reise
Das Hainzelmännchen
Gedankentherapie – Ein Fantasietrip
Der Therapieplan
Meine Begegnung mit Smiley
Gedankentherapie – GLAUBE AN DICH
Gedanken zur Gruppentherapie
Die erste Gruppentherapie
Gedankentherapie – Die Maskerade
Hallo, wir sind die Burnies
Gedankentherapie – Was uns verbindet
Engel oder Wirklichkeit!?!
Atemlos in Ottenschlag
LEBENSCODE Nr. 1
Gedankentherapie – Spieglein, Spieglein an der Wand
O wie Ostern
Gedankentherapie – Gastronomie
Von Pingpong über Yin-Yang zum persönlichen Sieg
Gedankentherapie – Über das gute Geld und die bessere Freiheit
Nordic Walking
Gedankentherapie – Das verkorkste Arbeitssystem
Hainzelmännchen – Strategie und Therapie
Der Rückfall
Gedankentherapie – Es gibt keine Schuld, nur Gefühle
LEBENSCODE Nr. 2
Schritt für Schritt
Auf dem Weg zur Mitte mehr oder weniger verbunden
Gedankentherapie – lass los und sei frei
LEBENSCODE NR. 3
Château le Clos du Merle
Gedanken über Banken
Fluch oder Segen?!?
Am Ende angekommen
EPILOG
Aussicht
Was die Leute alles wollen
Anhang
Warum ich dieses Buch schrieb
Was ich vom Leben gelernt habe
Was nach der Reha passierte
Danksagung
Urheberrecht
Die Gruppe Überlebensgeister
Raum für Notizen
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
© 2017 novum Verlag
ISBN Printausgabe: 978-3-99048-814-0
ISBN e-book: 978-3-99048-815-7
Lektorat: K. Kulin
Umschlagfotos: Greg Geiger, Kiosea39 | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
Innenabbildung: Greg Geiger
www.novumverlag.com
Überlebensgeister
Diese Story, die „Überlebensgeister“, habe nicht ich, sondern mein altes abgedrehtes Leben hat sie geschrieben!
ACHTUNG:
Das Buch kann vermehrt die Tränensäcke zum Überlaufen bringen, die Lachmuskeln in die Breite ziehen und zu ungewollten Verbesserungen der Lebenssituation führen. Am Ende angekommen, wird jedoch ein neuer Anfang stehen, wenn man sich den Inhalt richtig zu Gemüte führt!
Der Himmel hat sich nach einer langen, sehr langen vernebelten Gewitterfront und einem darauf folgenden heftigen Tornado wieder geöffnet und all diese wunderbaren Geschenke, Erkenntnisse, Veränderungen und Betrachtungsweisen auf mich herabgeworfen.
Die Liebe, die Freude, das Lachen, der Mut, der Glaube und das Urvertrauen sind wichtige Eigenschaften, wenn nicht sogar die wichtigsten.
Es sind wahre Machtzentralen, vor denen sich die Größen des Universums stets beugen müssen!
Es sind Triebfedern, Keime, Dünger, Wurzeln, aus denen immer wieder neues Leben, Glückseligkeit, Freiheit, Unabhängigkeit, körperliche sowie geistige Gesundheit und vor allem Zufriedenheit entstehen wird.
Wer ausgebrannt ist, muss auch mal ganz oben entflammt gewesen sein, und wer ganz unten angekommen ist, für den, ja, für den kann es mit einer einleuchtenden Geisteshaltung nur mehr nach oben gehen …
„Dein Wille und deine innere Einstellung werden immer wieder entscheiden, in welche Richtung deine Reise geht!“
GREG G.
PROLOG
Dieses Wort steht meist am Anfang vieler totgeschriebener Geschichten, es steht für Vorwort und kommt von den Griechen. Ich komme aber aus Österreich, und ein paar meiner Herkunftsquellen stammen aus Norditalien.
Ich war stets ein rastloser, aufstrebender, von Erfolg und Glück gekrönter Mensch, bis mir dann mein Schicksal einen gewaltigen Tritt in den Allerwertesten gab. Heute bin ich zwar weiterhin ein Querdenker, aber zusätzlich ein Typ, der viele Dinge „anders“ sieht. Ich bin von den Totgesagten wieder zum Freigeist auferstanden, ließ mir abermals Flügel wachsen, erschuf mir erneut mein eigenes Universum, indem ich alteingesessene Vorgehensweisen, teils verkrustete Systeme und Strukturen hinterfragte. Mein Galgenhumor und ich machten sich nach langer Abwesenheit auf die Suche nach Gesundheit, frischer Lebenskraft, neuen Erkenntnissen, wahren Werten und verbesserten Betrachtungsweisen.
Ich begab mich dazu in ein abgelegenes Lebensresort, in eine Heilanstalt, machte mich dort in der Natur auf die Socken, graste meine vernachlässigten Sinne ab, spürte sie erneut auf und entschlüsselte so wieder, nach und nach, meine Innenwelt!
Gerade in Zeiten wie diesen, wo mit WORK-LIFE-BALANCE in Zusammenhang stehende Krankheiten, seelische und psychische Belastungen ständig zunehmen, Menschen dadurch immer öfter aus dem GLeiChGEwiChT geraten, werden ein generelles, ein vor allem menschliches Umdenken und ein stabiler Wandel zum Ursprung auf Dauer unumgänglich.
Ende oder Wende?
Ich entschied mich für die Wende, und darum nehme ich mir auch die Freiheit, die Einleitung anders als „Prolog“ zu nennen.
Ich nenne sie …
Einsicht
Über mich und meinen bisherigen Weg.
An dieser Stelle werde ich nicht, wie manch anderer Schriftführer, ein riesengroßes Fass aufmachen.
Ich werde bewusst nicht vorpredigen, wo ich schon überall gearbeitet, was ich geschaffen oder gar erreicht habe. Deshalb nicht, weil ich erfahren durfte, dass das alles nicht wirklich wichtig ist und zählt, wenn die Jahre so schnell verduften wie ein brennendes Räucherstäbchen und noch dazu die Vitalität, die Power und die Lebensenergie dabei verloren gehen.
„Nicht alles, was zählt, ist zählbar und nicht alles, was zählbar ist, zählt!“
(Albert Einstein)
Viel wichtiger soll der Mensch an sich wieder werden, sein und bleiben! Ein jeder sollte den Harmoniegesetzen ausgewogen, gelassen und vor allem zufrieden gegenüberstehen.
Wer aber tut das noch?!?
Tut das überhaupt noch wer?!?
Wenn sich das wahre Leben mit dir treffen will, gehst du dann auch hin?!?
Ich spielte im täglichen Theater des Lebens auch schon länger nicht mehr die Hauptrolle, meinen persönlichen Akt. Die beinharte Gastronomie-, Vertriebs- und Dienstleistungsbranche, in der ich tätig war, wurde für mich immer mehr zum Schuss in den Ofen, bis dieser dann komplett erlosch und samt mir ausbrannte. Ich hatte es meiner damaligen Frau, all meinen Liebsten, meinen echten Freunden, meiner Therapeutin und meinem unbändigen Lebenswillen zu verdanken, dass ich zumindest noch die zweite Geige im Trauerorchester spielen durfte, mein Vorhang noch nicht frühzeitig fiel und meine Vorstellung, abseits des Scheinwerferlichtes, mehr schlecht als recht weiterging. Auch andere Darsteller, andere Menschen, geraten immer mehr in die Statistenrolle, in den Hintergrund der eigenen Bühnenshow, in den Schatten der Bäume, der eigenen Bedürfnisse und des Geschehens, nur merken sie es immer weniger oder wollen dies nicht wahrhaben. Die meisten haben die Regie doch schon längst abgegeben und warten, so wie ich damals, auf einen Filmriss.
„Wenn man nicht das Innenleben führt, das man gerne hätte, hat das auch viel mit einem selbst und nur selten etwas mit anderen zu tun!“
Ich habe zwei Mütter und zwei Väter!
Das ist deshalb so, weil meine Eltern sich am Ende eines schönen Tages glücklich getrennt haben und nun noch glücklicher mit neuen Partnern aufwachen und harmonieren.
Somit kam ich in den Genuss von Bonus-Eltern!
Meine Eltern und meine noch größeren Eltern, also meine Großeltern, haben ihre Sache gut gemacht, sie gaben mir viel Gutes und Lehrreiches mit auf diese Lebensreise. Sie vermittelten mir von Anfang an viel Liebe und dass es hier auf dem Planet Erde das Wichtigste ist, Glück und Freude zu empfinden, Mensch zu bleiben und vor allem für jeden Augenblick, für jeden Tag dankbar zu sein. So machte ich mich völlig unbekümmert, frei Schnauze, zu 98 % einzig, zu 2 % artig, voller versteckter Gaben und Talente auf meinen eigenen Weg.
Die unvermeidliche, allgemeine Dressur zum nützlichen und funktionierenden Mitglied der Gesellschaft, zum gesteuerten Konsumtrottel durch die immer größer werdende Reizüberflutung und zum leistungsorientierten Sklaven kam auf mich zu. Erfolg, Glück und Wertigkeiten wurden nur auf dem ungeduldigen, billigen Papier, an Zeugnissen, sportlichen, schulischen oder sonstigen erbrachten Verdiensten und bestandenen Prüfungen beurteilt, später an der Ausbildung, am Job, an der schleimigen Karriereleiter, am oberflächlichen herablassenden Ansehen und an materiellen Dingen, an Hab und Gut, gemessen und verglichen.
„Vergleichen und sich mit anderen messen sind unwillkürlich die ersten Schritte weg von der eigenen Persönlichkeit und hin zur Anpassung!“
Immer mehr Menschen lassen sich von ihrem Umfeld so prägen, beeinflussen, ködern und manipulieren, dass sie erst dann als erfolgreich und glücklich gelten, wenn sie auch von „außen“, von „den anderen“ so angesehen werden, oder nur dann etwas wert sind, wenn sie dies, das oder jenes besitzen.
Ich habe mich lange Strecken über Wasser halten können und mich diesem Schleudergang, dieser Gehirnwäsche meist erfolgreich entzogen. Meine Gedanken blieben weiter frei und schmutzig, ich war lebensfroh und verbrachte meine wertvolle Zeit meist so, wie ich es wollte, und nicht wie andere es gerne gehabt hätten. Ich verließ regelmäßig die ausgetretenen Bahnen und bewegte mich oft in Richtungen, wo mir Menschen kreischend entgegenkamen. Manchmal schwebte ich sogar alleine auf Wolke acht, weil komischerweise nur die siebte ein jeder belagern wollte. Die meisten stürzten dabei aber ab.
Als dann die Jahre ins Land zogen und ich älter wurde, begann sich die Welt, samt Besatzung, immer schneller, ungemütlicher, unrunder zu drehen und ich begann mich mit zu verändern. Im Beruf machten die Auftraggeber und Kunden zunehmend schon mehr Freude beim Gehen als beim Kommen. Die Chefs wurden immer profitgeiler und engstirniger, die Kollegen um den Hals vermehrt brauner und dazwischen wurde die Luft für mich ständig dünner. Unbewusst wurde ich im Laufe der Jahre mit hineingezogen, mein innerliches Wesen und Verhalten formte sich drastisch um. Mein berufliches Umfeld und meine Aufgaben machten mich kontinuierlich unzufriedener, und plötzlich war aus mir ein Suchender geworden. Ich wollte ständig neue Herausforderungen, ließ mich dabei von den immer stressiger werdenden, teils unmenschlichen, falschen, nur auf Leistung ausgerichteten Vorgängen und von den Bakterien des ständig um mich kehrenden Mobbingbesens anstecken.
Mein Sinn für Ehrgeiz, Produktivität, Gerechtigkeit und Menschlichkeit wurde immer öfter ausgenutzt und ich hatte daher umso mehr den unbändigen Drang, „mehr“ als der jämmerliche Rest erreichen zu wollen. Dabei wollte ich einfach früher in der Sonne liegen, früher aus dieser Dreckschleuder, die immer mehr zu stinken begann und in der man immer mehr Gegenwinde voller Ungerechtigkeiten ertragen musste, aussteigen. Daher nahm ich den ständigen Wettbewerbskampf nicht nur an, sondern wollte ganz vorne mit dabei sein. Ich wollte es wissen! Die selbst gesteckten finanziellen Vorlagen erreichte ich nicht nur meist, sondern ununterbrochen. Da ich das Spar- und Anlagesystem in Staatsprodukten schon seit längerer Zeit hinterfragt, durchschaut und verlassen habe, deponierte ich anderweitig sehr gut und kam meinem Ziel, der Ungebundenheit, Monat für Monat immer näher. Aber doch lag es noch weit entfernt. Zu weit!
Der Preis der Freiheit wurde dafür zu hoch, und in Wahrheit reizte und erfüllte mich der Weg, dieser Weg, dorthin immer weniger.
„Wenn Bilanzen und Gelingen zur Routine werden, ist dann das Beste schon vorbei?!?“
Ich sah darin einfach keinen Sinn, keine Aufgabe, keinen Reiz und keine Freude mehr, weil es mir dabei nicht um das bescheuerte Geld, sondern vielmehr um das Erlangen der inneren und äußeren Unabhängigkeit ging. Diese hatte ich aber auf dem stressigen Schaffenspfad dorthin kaum bis nie.
Ich vernachlässigte meine privaten Interessen immer mehr, widmete mich vermehrt den unwichtigen Dingen und den toten Materien. Ich vergaß zunehmend mein eigenes Leben zu leben, ich verlor die wirklich wichtigen Prinzipien wie Gesundheit, Liebe, Freunde, Familie, Glück und den wahren Zweck der Existenz, vor allem aber verlor ich meine innere Stimme aus den Ohren und meine Seele aus den Augen.
„Nicht alles, was auf den ersten Blick nach Erfolg aussieht, ist auf den zweiten Blick tatsächlich ein Erfolg!“
Ich stellte mir in dieser Phase meines Daseins zunehmend Fragen wie:
„Was muss mein nächster finanzieller Schritt sein, um auf Kurs zu bleiben?!?“
„Was muss ich mir noch beweisen?!?“
„Wie stark muss ich bleiben, um den ansteigenden beruflichen Dauerstress zu bewältigen und die ständigen Menschenmassen in der Dienstleistung zu ertragen?!?“
Der BURNIE, der getriebene, emotional, geistig und körperlich erschöpfte, ausgebrannte Mensch in mir wurde geboren!
Es war eine langwierige, über Jahre andauernde, qualvolle Geburt, nach mehr Schein als Schwangerschaft. Zunehmend erweckte dieser unerträgliche Symptome zum Leben, bis er zur Gänze die Kontrolle übernahm und ich nur mehr als Marionette in meiner eigenen Rocky Horror Picture Show fungierte.
Erst als ich absolut nicht mehr arbeitsfähig und immer mehr Gefangener meiner Selbst war, zeigte ich Einsicht!
Ich zog mich aufgrund meiner Diagnose vom Arbeitsleben, von der Außenwelt und vom stressigen Geschehen komplett zurück! Die Sterne standen um mein Wohlbefinden aber leider nicht lange gut, sie verglühten und meine Wünsche blieben unerfüllt. Trotz vieler Therapeutentermine und guter Vorsätze erlitt ich, hauptsächlich in Verbindung mit der Öffentlichkeit, weitere starke Rückfälle, die wie Blitze und Meteoriten bei mir einschlugen. Sie machten mich platter und orientierungsloser denn je. Mein Kopf fuhr ständig mit mir Karussell.
Bis ich in eine Heilanstalt fuhr!
Ich begann mich intensiver mit mir und meiner Innenwelt zu beschäftigen, vertraute weiter und tastete mich so wieder langsam an meine innere Stimme, an meine Seele heran. Aber es schien alles keine Wirkung mehr zu zeigen. Es ging, unverständlicherweise, weiter mit mir bergab.
Tief begab.
Tiefer.
Tiefer.
NOCH TIEFER
Stopp!
Am Tiefpunkt angelangt, zog mein Leben an mir vorbei und ich kam auf einer Krankenbahre wieder zu mir.
Auf dieser geschah dann aber etwas. Etwas für mich Übersinnliches! Nicht neben mir, nicht vor mir, auch nicht hinter mir. Nein!
Es ereignete sich etwas IN mir …
In vino veritas
KAMERA AN!
Freitagabend
20 Uhr 32!
Ich hänge völlig ausgebrannt zu Hause herum! Mein körperlicher und spiritueller Selbstschutz haben sich in NICHTS aufgelöst, sind einfach, ohne mich zu fragen, abgehauen! Am sichersten und wohlsten fühle ich mich daher hier, hier in meiner Straße, am Fuße eines Berges, über den Dächern der Stadt.
Seit Monaten schon muss ich die Business- und Partyszene mit den dazugehörigen Menschenansammlungen meiden. Aus diesem Grund habe ich auch meine ehemalige Tätigkeit in der Gastronomie-, Vertriebs- und Dienstleistungsbranche gekündigt, abserviert und an das Reißbrett genagelt.
Meine momentane Perspektive ist lediglich der baldige Auftritt in einer Heilanstalt. Dieser bevorstehende Trip in das Ungewisse steht für mich im Vordergrund und die Hoffnung stirbt, wie man ja bekanntlich weiß, zuletzt. Aber sie wird, zumindest wie es aktuell für mich aussieht, sterben. Fakt ist, die Burn-out-Spirale hat mich ohne Rücksicht auf Verluste bis zum Umfallen eingedreht.
Mein Zwang, mein Drang und der damit verbundene verstärkte Einsatz, früher aus diesen immer heuchlerischer werdenden, zunehmend ungerechten Firmenpolitiken, verkorksten Systemen und teils bescheuerten Vorgehensweisen auszusteigen, haben den Kreisel des Grauens in Bewegung gebracht. Vernachlässigung meiner eigenen Bedürfnisse und anwachsender Rückzug waren die Folge. Mein gesamtes Verhaltensdasein hat sich, unverständlicherweise und unterbewusst, für mich schockierend verändert. Ich habe das Gefühl für meine eigene Persönlichkeit und meine soziale Kontaktfreudigkeit total verloren. Die innere Leere, die totale Erschöpfung mit schweren Phobien aller Art und die dazukommenden schrecklichen Panikattacken sind kaum zu ertragen und noch weniger zu ergründen, geschweige denn zu raffen. Mein Körper und meine Seele sind mehr als nur angeschlagen, gehen sich gegenseitig auf den Geist. Sie sind in Wahrheit nicht im Reinen, bilden schon länger kein Team und keine Einheit mehr, sondern bloß einen zusammengewürfelten Haufen Sperrmüll, der nur mehr auf die ausstehende Entsorgung wartet.
Mein Verstand sucht daher, auf irgendeine Weise auch nachvollziehbar, gerade das Weite. Er verreist! Die Unvernunft hat gewonnen und hiermit offiziell sturmfrei! Der pure Frust und gemischte, sprich verschiedene verlockende Versuchungen aus dem Inhalt reifer, ausgepresster Trauben von den Rebstöcken der VILLA BUONA SERA, aus der Toskana, sind geblieben. Eine sehr gefährliche Kombination!
Aber mir hat mal eine weise, reife Diva, die Hunger, aber kein Snickers hatte, geraten, dass ein Mann Versuchungen stets nachgeben sollte, denn wer weiß, wann sie wiederkommen.
„Der Verstand ist futsch, die Seele sitzt im Loch, aber was zu trinken habe ich noch!“
Ich bin daher fest entschlossen, dieser alten, aber durchaus guten Weisheit Folge zu leisten und in der kommenden Nacht die bezaubernde Weingeist-Jeannie von der einen oder anderen Flasche zu befreien. Diese Unternehmung soll meinen miesen Status kurzfristig von meiner Festplatte löschen und zumindest vorübergehend ein besseres Programm einspielen. Eine selbst zusammengestellte Compakt-Disk aus Jamaica Sunshine-Reggae und Italo-Mucke rockt nicht nur gerade lautstark den Raum des Geschehens, sondern vibriert weit darüber hinaus ins Freie. Der Tisch vor mir ist mit frischem Parmesan, feinstem San Daniele Schinken und Antipasti-Variationen reichlich gedeckt und ich schiebe mir davon öfter einen Happen zwischen meine Mundwinkel, um nicht ganz vom Stengl, vom Gerippe, zu fallen. Es müsste nun, laut meinem Zungenschlag, bereits „etla zwipschen eiiins und dreeeiiii Uhhhr“ sein, und nun kommt auch noch der Grappa Nonino aus dem Barrique-Eichenfass auf mich zugekrochen. Der edle, ölige Tropfen, die Delikatessen, der (w)einsame Spitzenwein, die Songs, sie alle zusammen bescheren mir einen kaum zu überbietenden Gaumen- und Genuss-Ohrgasmus namens IN VINO VERITAS, der mich gerade auf eine kulinarische, realitätsferne Reise der ersten Klasse zu einem Ort, wohin die Augen niemals sehen können, mitnimmt.
Mir ist aber auch bewusst und durch das Riedel-Glas klar, dass meine momentane gute Verfassung, meine Sinnestäuschung, bald wieder weitergezogen sein wird und nur in diesen Stunden bei mir eincheckt.
„Scheiß Halbpension!“
Die Beschwerden meines heftigen Burn-outs werden mich leider bald wieder einholen, weil ich einfach zu langsam und zu schwach auf meinen Beinen bin, um ihnen zu entfliehen. Mein Körper ist höchstens für die Tapferkeitsmedaille bei den Paralympics gut genug. Aber das versuche ich jetzt nicht in Erwägung zu ziehen und lasse diesen entspannten Augenblick einfach auf mich wirken, solange er mir vergönnt ist. Meine Gedanken, die bereits gut in Alkohol getränkt sind, sind unbeschwerter, grenzenloser, beflügelter und viel freier als sonst. Ich mache meinem derzeit ausgebrannten Dasein Feuer unterm Hintern, zünde ein paar Kerzenlichter an, erfreue mich an ihnen, glaube weiter an das Gute, an Besserung und an Heilung.
Ich glaube, ich werde mir für das Erste noch einen allerletzten Drink genehmigen!
Oder?!?
Na klar!!!
Eine „Schluckimpfung“ stelle ich mir noch rein, vorausgesetzt ich schaffe es aufzustehen.
Yepp! Geschafft!!!
Ab morgen ist dann aber wieder Schluss mit dem Feuerwasser, obwohl ich derzeit alle möglichen Konservierungsstoffe und Weinbrände brauchen könnte, die ich nur kriegen kann. Aber so viele Spirituosen kann die gesamte Firma Wein & Co und mein italienischer Grappa-Dealer aus Ascoli Piceno gar nicht liefern, dass sich meine massiv schräge Lage langfristig verbessert.
„Ich will nicht nur kurzfristig von außen nach innen, sondern wieder langfristig von innen nach außen Glückseligkeit, pure Freude, Gesundheit und vor allem Zufriedenheit empfinden!“
Mein Galgenhumor wird mich bis dahin hoffentlich begleiten und unterstützen. So lange, bis alle Stricke um mich reißen und ich wieder, irgendwann, Grund zur wahren Lebensfreude habe. Denn Humor alleine, so meine ich, ist nur was für Menschen, die nichts oder nicht mehr viel zu lachen haben. Davon gibt es ohnehin schon genug. Ich möchte und ich werde nicht dazugehören.
4 Uhr 14
Im Wein steckt die Wahrheit!
Der Wein liegt jetzt in und die Heilanstalt noch vor mir, irgendwo im Nirgendwo. Ich liege in Wahrheit nicht betrunken in Unken, sondern steif wie ein Brett auf dem Hundebett.
Aber auch nur deshalb, weil meine Therapeutin mal in einer Sitzung gesagt hat, dass ich nicht volltrunken in meine Kiste steigen soll.
IN VINO VERITAS!
Der Morgen danach
Irgendwann habe ich dann doch gegen die Vorschriften meiner Seelenklempnerin verstoßen. Ich wache in meiner Falle, zwischen Leintuch und Baumwolldecke, auf.
Dieser Morgen, der Morgen danach, ist schlicht und einfach eine einzige Quälerei. Mein Schädel brummt, er ist schwer wie Blei, alles tut mir weh, Schwindelgefühle begleiten meinen irrsinnigen Durst und meine trockenen Lippen. Warum kann es nicht noch mal gestern sein und ich den langsam wiederkehrenden Verstand von heute besitzen?!?
Ich wünsche mir in diesem Moment, wie neu geboren aufzustehen. Aber da bin ich, wie es nun mal aussieht, über dreißig Jahre zu spät dran. Da ist definitiv nichts mehr zu machen. Das Leben ist kein Wunschkonzert, indem es ständig heißt „Wünsch dir was“, sondern „Mach was draus!“
Es gibt eben stets nur eine Zeit, in der es wesentlich ist, auf die Barrikaden zu steigen.
Nämlich JETZT!
„Wo bist du?!? HIER!!!
Welche Zeit haben wir?!? JETZT!!!
Was bist du?!? DIESER EINE MOMENT!!!“
Nach mehreren abgebrochenen Versuchen bemühe ich mich daher erneut, im HIER und JETZT, in diesem Moment, meinen Kadaver aus den Federn zu heben.
„ABRA KADABRA“
Endlich!!!
Es ist mir gelungen!!!
Ich stehe nun mit beiden Füßen, etwas schwankend und unsicher, auf festem Untergrund. Strecke nun meine Hände nach oben, öffne besser mal zum Durchlüften alle vorhandenen Fenster. Alles, was mein Reich hergibt, wird zugänglich und aufgemacht.
Bis auf das Fenster meiner Seele, das klemmt leider nach wie vor und hat den Oscar in der Kategorie „Bester Schmutzfilm der vergangenen Jahre“ nicht nur verdient, sondern auch mit Abstand gewonnen.
Es ist Mitte März und wenigstens sieht der Himmel die Dinge wolkenloser und klarer als ich. Eine massive Kältewelle zieht derzeit über Europa. Auf der Insel Mallorca haben Urlauber sogar tiefste Sorge, dass eines Nachts ihr Kopf im Sangria-Kübel einfrieren könnte. Ich lehne mich beim Schlafzimmerfenster hinaus, um mir auch einen kühlen Kopf zu verschaffen, und begutachte die vor mir liegende Natur, die durch die eisigen Temperaturen nur sehr schwer vom langen Winterschlaf erwacht. Es gibt neben mir nichts, was nur annähernd wächst, sprießt, gedeiht oder zu neuem Leben erwacht.
Gerade sehe ich den frühen Vogel. Er hat sich zittrig auf den Baum vor mir verirrt und somit immer noch keinen Wurm gefangen. Er pfeift mir was!
Da ist die zweite Maus, die sich den leckeren Käse von der zugeklappten Falle im wärmeren Keller abholt, schon klüger.
„Sei nur nicht so schüchtern, lieber Lenz, traue dich ruhig hervor und näher, damit der Winter endlich in das Gras beißt!“
Ich denke, Frühlingsgefühle kommen bei den Menschen immer gut an. Auch wenn sie mal früher kommen. Keine zwei Wochen mehr, nur mehr ein paar zerquetschte Tage, dann kommen auch meine dringend nötigen Heilverfahrenstage auf mich zu. Es kann mir nicht mehr schnell genug gehen, endlich Rundumversorgung und professionelle Hilfe anzunehmen und diesem Elend, diesen Symptomen, den Kampf anzusagen. Bis es aber so weit ist, werde ich mich vorerst mal auf eine außergewöhnliche Morgenrunde begeben.
Ich tappe zuerst, noch halbdicht, in das Dunkel meines Bades. Bis es nun doch ein paar von meinen schon wachen und übrig gebliebenen Gehirnzellen einfällt, dass ja die Elektrizität bereits erfunden wurde. Es werde Licht!
Wenn ich mich im verschwommenen Spiegelbild etwas genauer unter die Lupe nehme, sehe ich mitgenommen, sehr mitgenommen, aus. Dementsprechend geknickt schleiche ich mich nun mit den leider nicht anerkannten olympischen Ringen unter den Augen, die aber durchaus das Ergebnis großer und mächtiger Taten sind, in die Küche zum Kühlschrank. Der Inhalt bietet mir ein reichhaltiges Frühstücksangebot und einen Anblick zum Anbeißen. Nur habe ich nach so einer durchzechten Nacht wenig bis gar kein Verlangen nach Nahrung. Ich vermisse lediglich mein Leben, aber bedauerlicherweise ist es auch hier nicht auffindbar.
Obwohl ich mehr als geschwächt davorstehe und meine Füße wie die von Pinocchio klappern, zeige ich fast dem gesamten Sortiment die lange Nase. Ich nehme mir nicht mehr als eine rohe, geschälte Karotte aus dem Kellerfach, an der ich nun lustlos herumknabbere.
„Kaffee, jetzt musst du zumindest stark sein!“, sage ich laut zu meinem Ristretto Crema d’oro, der sich soeben schwarz, aber schon bezahlt, von der Maschine in die Tasse abseilt, und gebe dabei den schmalzigen George Clooney Grinser zu meinem Besten. „Bugatti Diva Espresso, what else?!?!?”
Ich hänge mich bei dem kleinen Schwarzen ein und schleppe mich mit ihm auf die bequeme Wohnzimmercouch, um mein immer weniger werdendes Sitzfleisch zu prüfen. Bei der Stiftung Warentest wäre ich soeben durchgefallen und als zähes Gammelfleisch in die ewige Geschichte der Fleischbeschau eingegangen.
Der Jogginganzug, den ich trage, hat für meine Couch-Potato-Zwecke auch einen sehr ungewöhnlichen Namen, aber alles, was Fitness betrifft, läuft momentan nicht mit mir, sondern an mir vorbei. Schon wieder zwei Jogger, die meine Nerven strapazieren, indem sie sich alles andere als spurlos an meinen ermatteten Augen vorbei bewegen. Ich schaue ihnen nach, so als wäre dies die ungewöhnlichste Art sich fortzubewegen. Ach, wie gerne würde ich auch wieder so fit wie ein Turnschuh durch die Gegend flitzen. Mein Kämpferherz ist mehr als vorhanden, nur der Weg will sich einfach nicht, noch nicht, auftun. Aber ich werde nicht aufstecken und ihn wiederfinden, denn:
„Wo ein Wille ist, wird sich auch wieder ein gesunder und sportlicher Weg finden lassen!“
Bis es so weit ist, lasse ich einfach den Euro-Sport im Fernsehen laufen und hochleben! Dieser macht mich zwar nicht wieder fit und gesund, aber es hat sich auch noch niemand nur vom Zusehen ernsthaft verletzt, und ich hoffe, dass dies auch so bleibt.
„Wenn nichts mehr läuft, läuft zumindest der Fernseher!“
Mein Nachbar, Bob der Möchtegern Baumeister, quält mich aber gerade mit seiner gesamten Werkzeugkiste so dermaßen, dass ich mich nicht mal passiv zu den Athleten zählen kann. Die irrsinnig lauten Geräusche seiner ewigen Umbau- und Bohrarbeiten fressen nicht nur weiter Löcher in seine Emmentaler Mauern, sondern brennen sich heute auch besonders schmerzhaft durch Mark und Bein in meinen erholungsbedürftigen Kopf hinein.
Er steht regelrecht vor einer Zerreißprobe, droht wie eine Seifenblase zu platzen und ich bin daher, noch leicht breit von gestern, gezwungen den Flachbildschirm wieder auszuknipsen, um zumindest einen Ton weniger ertragen zu müssen. Was wäre es nur für ein Zauber, wenn ich jetzt meine beiden Ohren so leicht auf und zu klappen könnte wie meine Augenlider. Aber mein Schöpfer konnte ja nicht an alles denken, und wer weiß, wie lange der Typ überhaupt im Amt war.
Ich verziehe mich von der „Bohrinsel“ und flüchte in den etwas besser isolierten Wintergarten. Dieser wird gleichzeitig auch die Endstation meines schlaftrunkenen Morgentrips durch mein Eigenterritorium sein, weil der Uhrzeiger in der Kurve liegt und bereits zielstrebig Richtung Punkt zwölf tickt. Er tickt unermüdlich und richtig. Ich bin, wie mein Hund Rocco, hundemüde, ticke nicht, starre nur in die Luft, weil mir der Tag jetzt schon wieder auf den Zeiger geht, und bin daher strikt stehen geblieben. Aber:
„Auch eine kaputte Uhr, die stehen geblieben ist, geht zweimal am Tag richtig!“
Ich stehe und lasse zumindest nicht, so wie die Blumen, den Kopf hängen. Mein Blick streift in die Ferne, aber es ist nach wie vor keine Besserung und vor allem kein Leben in Sicht.
Immerhin kehrt plötzlich Stille ein. Was für eine Wohltat für meine beiden Lauschlappen. Endlich ist mein Umfeld, das ich schon bald räumen wollte, frei von schmerzhaften Geräuschen, und meine schon immer matschiger werdende Birne hat ihre Fassung und Stabilität gerade noch mal behalten.
12 Uhr 15
Weil es durchaus von Vorteil ist, zu Mittag etwas munterer zu werden, schiebe ich auch hier im Wintergarten die vorhandenen Glasfronten zur Seite, um die kalte und frische Luft hereinzubitten. Ich erbarme mich und gieße die Blumen ein wenig, damit sie nicht zu knusprig werden, und schraube mich nun, mit einer Fleecedecke umwickelt, in meinen Relaxsessel aus Rattan. Leider rattern und rütteln mich die Gedanken rund um meine Lebenssituation auch schon wieder durcheinander. Aber ich schaffe es, diese nochmals irgendwie stillzulegen, abzuschütteln und aufzuschieben.
Ein altbekanntes, mit anderen Worten ein altes und leider bekanntes Ehepaar stört meine gerade wieder eingetretene, derzeit ohnehin seltene Großhirnfreiheit und die angenehme sibirische Lautlosigkeit. Die zwei Auslaufmodelle zanken sich heftig vor dem Nebenhaus, haben ihre Fassung nicht behalten können und ihre Nerven schon lange vor ihrer frühzeitigen Rente weggeworfen.
Die eiskalte Auseinandersetzung, an der ich leider, wie so oft, nicht vorbeihören kann, handelt diesmal von einer kostspieligen Anschaffung der Frau und einer beidseitigen Fremdgehaktion. Es wird eben mal alles teurer, nur viele Menschen werden immer billiger, und das einzig Wahre an manchen Heuchlern ist ihre Falschheit. Der alte Herr sieht das, mit seinem auf das Auge gedrückten grauen Star, natürlich nicht ganz so klar.
Während er im Haupteingang verschwindet, beschimpft er weiter seine wieder mal angetrunkene Hausfrau, die vorerst im Haus nichts mehr zu suchen hat. Außer ihrer Koffer, nehme ich an!
„Wir leben immer mehr in einer Überflussgesellschaft, in der es leider ehrliche, gerechte, freundliche, zufriedene und liebende Menschen, Menschen mit Herz, immer weniger in Massenproduktion gibt!“
Gerade kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es bescheidene, aufrichtige und offenherzige Menschen nur mehr in Unterzahl gibt. Ich blättere die Tageszeitung durch, um zu lesen, was in der Welt, ohne mich, so vor sich geht. Viele Seiten sind mit reiner Idiotie, dummem Zeug sowie mit viel Politik voll gedruckt und bestätigen meine Impressionen nur. Reine systematische Volksverblödung! Früher nannte man sie Märchenerzähler, heute kann man auch Politiker oder Medienvertreter dazu sagen. Mir vergeht abrupt das Interesse an den weiteren Meldungen, ich schlage die Zeitung samt meinen Händen zusammen und sehne mich nach meinem persönlichen Rettungsschirm. Aber ich habe die Befürchtung, dass dieser noch auf sich warten lässt, und gebe mich einstweilen mit der Fleecedecke zufrieden. Schließlich soll man ja nicht immer verlangen, was gerade fehlt.
„Das Menschentum ist gefangen und bewegt sich zunehmend auf einem Globus werdender Charakterdeppen, von denen ein jeder glaubt, nicht darauf gefangen zu sein!“