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Zum Buch

Mit »20 Liebesgedichte und ein Lied der Verzweiflung« eroberte Pablo Neruda die Herzen der Leser weit über die Grenzen Südamerikas hinaus. Vierzig Jahre nach seinem Tod wurden nun 21 Gedichte im Nachlass des Nobelpreisträgers entdeckt – darunter auch sechs neue Liebesgedichte.

In »Dich suchte ich« besingt Neruda die Liebe und den Schmerz der Trennung, er erzählt von Chile, von der Natur seines Heimatlandes, vom Reisen. Verse, spontan zu Papier gebracht auf Zetteln, Menükarten, Konzertprogrammen, wie die beigefügten Faksimiles zeigen. In diesen erst vor wenigen Jahren entdeckten Gedichten begegnen wir einem der wichtigsten lateinamerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts auf dem Höhepunkt seines Schaffens.

»Der größte Dichter des 20. Jahrhunderts.« Gabriel García Márquez

»Ein sensationeller Fund. Ein Schatz.« Der Spiegel

»Ein literarisches Ereignis von weltweiter Bedeutung.« The Guardian

Zum Autor

PABLO NERUDA (1904–1973) zählt zu den großen Autoren Lateinamerikas. Er war Botschafter Chiles in verschiedenen Ländern, bewarb sich um die Präsidentschaft in seinem Land und musste lange Jahre im Exil verbringen. 1971 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Sein Werk erscheint seit vielen Jahren bei Luchterhand, zuletzt der Gedichtband »In deinen Träumen reist dein Herz«.

Zur Übersetzung

SUSANNE LANGE übertrug u. a. Octavio Paz, Federico García Lorca und Miguel de Cervantes ins Deutsche und wurde mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet.

Pablo Neruda

Dich suchte ich

Nachgelassene Gedichte

Aus dem Spanischen
von Susanne Lange

Luchterhand

Unterschrift_Neruda.tif

Einführung

Seit 1986 widmet sich die Fundación Pablo Neruda der Aufgabe, den Nachlass des Dichters zu bewahren und zu schützen. Dazu gehört eine reichhaltige Sammlung von Originalmanuskripten und Typoskripten. Diese Dokumente werden in besonderen Kassetten aufbewahrt, die das Papier konservieren. Sie befinden sich in einer Stahlkammer, in der Feuchtigkeit und Temperatur streng reguliert und alle Sicherheitsmaßnahmen befolgt werden, die man für derlei Schriftstücke empfiehlt.

Die in diesem Band erstmals veröffentlichten Gedichte sind der Witwe des Dichters, Matilde Urrutia, bei ihrer Durchsicht entgangen. Sie hatte die Sammlung als Erste geordnet und sich auch als Erste auf die Suche nach weiteren Texten begeben, die noch unveröffentlicht oder in schwer auffindbaren Zeitungen erschienen waren. Trotz Matilde Urrutias sorgfältiger Arbeit warteten einige Gedichte weiterhin auf ihre Veröffentlichung.

Im Juni 2011 begann die Fundación Pablo Neruda damit, die Originalmanuskripte und Typoskripte vollständig zu katalogisieren, mit einer detaillierten Beschreibung der einzelnen Dokumente und der Angabe, in welchem Band sie zuerst erschienen waren. Ebenso wurde überprüft, ob die Texte vollständig waren oder lediglich Fragmente, und man verglich sie mit den veröffentlichten Versionen. Jedes einzelne Stück Papier wurde begutachtet, und dabei kam es zu überraschenden Funden.

Es war eine außergewöhnliche Reise ins Innere von Nerudas Dichtung, zurück zu ihrem Ursprungsmaterial. Durch die Arbeit mit den Originalen war man ganz nah am Puls des Dichters. Man konnte zurückgehen bis zum Entstehungsmoment der dichterischen Schöpfung. In seinem Buch Beben des Meeres beschreibt Neruda die Organismen und Überreste, die das Meer an den Strand spült. Beim Eintauchen in seine Manuskripte hatten wir manchmal das Gefühl, als glitten Verswellen über das Papier, die bei ihrem Rückzug die verworfenen, korrigierten Wörter mitnahmen und eine immer vollendetere Version des Gedichts zurückließen.

Besonders interessant war der Einblick in die handschriftlichen Entwürfe, die wahrscheinlich erste Gedichtversionen darstellten. Die Verszeilen weisen dabei mal schräg nach oben, mal schräg nach unten, sind hier und da von Streichungen oder Korrekturen unterbrochen.

Wir konnten uns auch ein Bild von weiteren Details machen, etwa von den Schreibutensilien, mit denen der Dichter arbeitete: Schulhefte der fünfziger und sechziger Jahre, Blöcke in verschiedenen Größen, manche im Ausland hergestellt, lose Blätter, verschiedenfarbige Tinten. Manchmal schrieb er auch auf den Speisekarten und Konzertprogrammen der Schiffe, auf denen er reiste. Seine Verse zwängen sich zwischen die Auswahl der Vorspeisen, der Hauptgänge, des Nachtischs und der Weine.

Auf einigen Typoskripten finden sich zahlreiche handschriftliche Korrekturen des Dichters. Manche Gedichte sind dagegen unberührt oder zeigen nur minimale Eingriffe. Der Weg zur gedruckten Fassung führte über Handschrift und Tinte, über das Farbband und über das Tippen auf Durchschlagpapier.

Einige wenige Gedichte schienen sich zu weigern, diesen Weg bis zum Ende zu gehen. Ihr Ausnahmecharakter macht sie besonders interessant. Nichts deutete auf ihren besonderen Status hin, bislang unveröffentlicht geblieben zu sein. Wir suchten wieder und wieder, erwarteten, sie in einem von Nerudas zahlreichen Lyrikbänden zu finden oder in den Sammelbänden seiner verstreuten Veröffentlichungen, ohne Ergebnis. Als hätten sie sich im Urwald der Originale versteckt, sich unter abertausend Blättern, abertausend Wörtern getarnt, um siegreich unentdeckt zu bleiben.