Die schönsten Märchen und Fabeln aus dem geheimnisvollen Land der Pagoden.
»Ich habe Burma seit 1995 mehrere Dutzend Male bereist, und bei den Recherchen für meine Romane Das Herzenhören und Herzenstimmen wurden mir immer wieder Märchen und Fabeln erzählt. Zum einen waren das bewegende Geschichten, die von dem mythologischen Reichtum der verschiedenen Völker Burmas erzählten, von der Spiritualität der Menschen und wie tief buddhistisches Denken die Gesellschaft über Jahrhunderte geprägt hat. Andere waren so fremd und skurril und kamen ohne eine sich mir erschließende Moral aus, sodass ich sie gar nicht einordnen konnte. Wieder andere erinnerten mich an die Märchen meiner Kindheit, nur dass hier Affen, Tiger, Elefanten und Krokodile die Fantasiewelt bevölkerten statt Igeln, Eseln oder Gänsen. Die Lehren, die sie vermitteln wollten, ähneln denen der Brüder Grimm oder Hans Christian Andersens und ich verstand, wie sehr sich alle Kulturen in ihren Mythen aus dem universellen Fundus menschlicher Weisheit bedienen.«
Jan-Philipp Sendker
Geschichten, die das Herz berühren – gesammelt und erzählt vom großen Burmakenner Jan-Philipp Sendker gemeinsam mit Lorie Karnath und Jonathan Sendker.
JAN-PHILIPP
SENDKER
gemeinsam mit Lorie Karnath
und Jonathan Sendker
DAS GEHEIMNIS
DES ALTEN
MÖNCHES
Märchen und Fabeln
aus Burma
BLESSING
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e-ISBN: 978-3-641-20210-1
V001
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Für unsere Eltern
VORWORT
Als die amerikanische Autorin Lorie Karnath an mich herantrat und fragte, ob wir nicht gemeinsam ein Buch über burmesische Märchen, Fabeln und Parabeln schreiben sollten, war ich sofort interessiert.
Ich hatte die ehemalige britische Kolonie seit 1995 mehrere Dutzend Male bereist, zunächst als Journalist, aber schon bald als Schriftsteller, und bei den Recherchen für meine Romane Das Herzenhören und Herzenstimmen waren mir immer wieder Geschichten aus dem Reich der Märchen und Legenden zugetragen worden. Sie weckten meine Neugierde, weil es oft bewegende Erzählungen waren, die von dem mythologischen Reichtum der verschiedenen Völker Burmas berichteten, von der Spiritualität der Menschen und davon, wie tief das buddhistische Denken die Gesellschaft über Jahrtausende geprägt hat. Mönche und das Klosterleben spielen in vielen dieser Geschichten eine wichtige Rolle, ebenso der fest verwurzelte Glaube an die Wiedergeburt. Immer wieder wunderte ich mich, wie oft darin Menschen starben und dann in einer neuen Reinkarnation zurückkehrten, um Gutes zu tun oder Unheil anzurichten.
Andere Erzählungen waren so fremd, so skurril und kamen ohne eine sich mir erschließende Moral aus, sodass ich sie gar nicht einordnen konnte. Wieder andere erinnerten mich an die Märchen meiner Kindheit, nur dass hier Affen, Tiger, Elefanten und Krokodile die Fantasiewelt bevölkern anstelle von Igeln, Eseln oder Gänsen. Die Lehren, die sie vermitteln wollen, ähneln denen der Gebrüder Grimm oder Hans Christian Andersens, und ich verstand, wie sehr sich alle Kulturen der Welt in ihren Mythen aus dem universellen Fundus menschlicher Weisheit bedienen.
Lorie Karnath ist mit dem Land und seinen Menschen nicht weniger vertraut als ich. Sie ist in den frühen Neunzigerjahren zum ersten Mal dort gewesen, einer Zeit, in der die Militärregierung jeden Fremden misstrauisch beäugte, das Reisen viel beschwerlicher war als heute und sie sich oft noch auf Ochsenkarren oder Pferdekutschen fortbewegen musste. Seither hat sie Burma, seine Geschichte und Kultur, auf vielen Fahrten in die verschiedenen Provinzen ausgiebig erkundet und sich dabei intensiv mit den Legenden und Sagen des Landes beschäftigt. Lorie hat bereits mehrere Essays und ein Buch über Burma veröffentlicht.
Mein Sohn Jonathan hielt sich in der Zeit, als die Idee zu diesem Buch entstand, in Nyaung Shwe auf, einer kleinen Stadt am Ufer des Inle-See in den Shan-Staaten, wo er gemeinsam mit einem Freund als Freiwilliger in zwei Waisenhäusern Englisch unterrichtete. Er hatte sogleich Lust mitzuarbeiten, und zusammen mit Janek Mattheus begab er sich auf die Suche nach weiteren Geschichten. In den fünf Monaten, die sie in Burma verbrachten, hörten sie sich bei den Nachbarn um, besuchten Schulen, Klöster und Restaurants und kehrten mit prall gefüllten Notizbüchern zurück.
Bei weiteren Recherchen haben wir in den Buchläden Yangons nach alten, vergriffenen Märchenbänden gesucht und in zerfledderten Schulbüchern Fabeln und Märchen entdeckt.
So ist dieses Buch das Ergebnis einer Teamarbeit. Jeder von uns hat Geschichten gesammelt und dann die schönsten von ihnen aufgeschrieben, ich habe sie editiert und das Buch mit einer Einleitung und einem Nachwort versehen. Dabei habe ich mich bemüht, meinen beiden Koautoren ihre eigene Erzählstimme zu lassen, sodass sich die Texte in Stil, Tempo und Länge unterscheiden.
Nicht selten haben wir verschiedene Varianten derselben Geschichte gehört und uns dann für eine entschieden oder sie zu einer Version zusammengefügt. Häufiger bekamen wir ein Märchen ohne Titel erzählt und konnten trotz mehrfachen Nachfragens nicht herausfinden, wie es heißt. Für diese Geschichten haben wir uns Titel ausgedacht.
Unser Vorhaben, die Märchen und Fabeln in Kapitel wie »Liebe«, »Neid« oder »Glaube« zu gliedern, haben wir schnell aufgegeben. Dafür sind sie zu vielschichtig, zu unterschiedlich; es wäre eine artifizielle Ordnung gewesen, die den Geschichten unrecht getan hätte.
Manche von ihnen werden Sie zum Schmunzeln bringen, andere werden Ihnen zu Herzen gehen, Sie irritieren oder nachdenklich stimmen.
In jedem Fall sind die folgenden Seiten eine Reise in eine andere, zuweilen fremd anmutende und dann auch wieder vertraute Welt. Als Autoren haben wir dabei gelernt, dass uns Menschen bei allen kulturellen und historischen Unterschieden, bei aller Exotik und Fremdheit, doch viel mehr verbindet als trennt.
Jan-Philipp Sendker, im April 2017