Alle Abläufe in diesem Buch verstehen sich als Anregung und Inspiration für Ihre individuelle Yogapraxis. Ich habe sie nach bestem Wissen und Gewissen entwickelt und sie entsprechen meinem derzeitigen Kenntnisstand und meinen jetzigen Erfahrungen. Ich hoffe, dass sie Ihnen von Nutzen sind. Gleichzeitig kann keine Garantie für eventuelle Heilungserfolge übernommen werden. Sprechen Sie im Fall von gesundheitlichen Einschränkungen mit einer Fachkraft Ihrer Wahl, ehe Sie mit diesem oder einem anderen Yogaprogramm beginnen. Vielleicht möchten Sie sich auch nur eine einzige Haltung oder einen einzelnen Ablauf heraussuchen, mit dem Sie beginnen. Wenn das so ist, ist das völlig in Ordnung. Wir sind alle wunderbare, einzigartige Wesen, gesegnet mit einer göttlichen Intuition, die uns das wählen lässt, was für den jeweiligen Zeitpunkt für uns das Beste ist! Wir müssen uns nur die Zeit nehmen, in uns zu spüren, damit wir die Stimme unseres Herzens vernehmen können.
Ich möchte mich zuallererst bei Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, dafür bedanken, dass wir uns in diesem Buch begegnet sind. Und Sie gleichzeitig dazu ermuntern, Dankbarkeit als eine Lebenshaltung zu kultivieren, die Ihren Alltag immer mehr durchdringt – nicht nur, wenn Sie oder ich, wenn wir alles bekommen, was wir uns vom Leben wünschen. Die Dankbarkeit, die ich meine, zielt tiefer: dankbar sein dafür, dass uns dieses Leben geschenkt ist, mit all den Chancen für Wachstum und Entfaltung, die es mit sich bringt. Auch wenn das bedeutet, dass wir manchmal unsere Vorstellungen und Wünsche loslassen müssen, um uns im Idealfall mit Anmut und Würde in den Fluss des Lebens hinein zu entspannen. Beginnen Sie einfach jeden Tag damit, dass Sie ihn segnen und sich für das Wunder bedanken, dass Sie am Leben sind. Jetzt und hier.
Gleichzeitig geht mein tief empfundener Dank an den Irisiana Verlag, der dieses Projekt ermöglicht hat, das schon seit einiger Zeit in mir geschlummert hatte. Und immer wieder neu möchte ich meinen Schülerinnen und Schülern danken, die oft über viele Jahre hinweg so treue WegbegleiterInnen sind. An all meine Lehrerinnen und Lehrer sowie an deren Lehrer sowie an das Leben, den besten Lehrer von allen. Om Shanti.
Om Shanti.
Möge tiefer Frieden Ihr Leben erfüllen.
Ihre
Ich bin wirklich dankbar, in einer Zeit zu leben, in der Wissen so frei verfügbar und zugänglich ist. Im Folgenden finden Sie einige Bücher, die mich seit vielen Jahren tief beeinflussen oder die auf die eine oder andere Weise einen direkten Bezug zu dem Wissen in diesem Buch haben. Da ich gerne und viel im englischen Original lese, sind diese Quellen auch oft in Englisch angegeben.
Englisch
Lilias Folan: Lilias! Yoga gets better with Age. 2009, Rodale Books
Biff Midhoefer: The Yin Yoga Kit. 2006, Healing Arts Press
Biff Mitthoefer, Cheri Chlampett: The Therapeutic Yoga Kit. 2009, Healing Arts Press
Sarah Powers: Insight Yoga. 2008, Shambhala Publications
Sara Avant Stover: The Way of the Happy Woman. 2011, New World Library
Blandine Calais-Germain: The Female Pelvis. 2003, Eastland Press
Liz Koch: The Psoas Book. 1997, © Liz Koch
Mark Whitwell: The Promise of Love, Sex and Intimacy. How a Simple Breathing Practice will Enrich Your Life Forever. 2012, Atria Books
Judith Hanson Lasater: YogaBody. 2009, Rodwell Press
Suza Francina: Yoga and the Wisdom of Menopause: A Guide to Physical, Emotional and Spiritual Health at Midlife and Beyond, Health Communications. 2003
Vanda Scaravelli: Awakening the Spine. 1991, Harper One
Paramananda: Change Your Mind: A practical guide to Buddhist meditation. 2005, Windhorse Publications Ltd, UK
Deutsch
Gangaji: Der Diamant in deiner Tasche. 2009, Goldmann
Swami Vivekananda: Vedanta. Ozean der Weisheit. 1989, O. W. Barth Verlag
Ramana Maharshi: Sei, was du bist! 2010, O. W. Barth Verlag
Bettina Bäumer: Vijn¯a¯na Bhairava. Das göttliche Bewußtsein. 2008, Verlag der Weltreligionen
Helga Pfretzschner: Yoga-Üben in Schritten. 2001, Verlag Via Nova
Boris Tatzky u. a.: Theorie und Praxis des Hatha-Yoga. 2007, Verlag Via Nova
Frank Thömmes: Faszientraining. 2013, Copress Sport
Mantak Chia: Tao Yoga des Heilens. Die Kraft des Inneren Lächelns und die Sechs Heilenden Laute. 2009, Heyne
Elisabeth Haich: Einweihung. 1997, Drei Eichen
Thich Nath Hanh: Das Wunder der Achtsamkeit. 2006, Theseus,
derselbe: Nenne mich bei meinem wahren Namen. Ausgewählte Gedichte. 1998, Herder
Gesako von Lüpke: Zukunft entsteht aus Krise. 2009, Riemann Verlag
Christine Ranzinger: Yin Yoga, Sanfte Übungen für innere Kraft und Harmonie. 2014, Irisiana Verlag
dieselbe: Steh auf … sei frei. Yoga, Meditation, Selbsterkenntnis. 2015, Verlag Via Nova
dieselbe: Yoga Nidra, Tiefenentspannung beflügelt Körper und Geist, (mit CD). 2016, TRIAS Verlag
dieselbe: Wellness Yoga. Wohltuende und stärkende Übungen nach den Fünf Elementen. 2011, Schirner Verlag
dieselbe: Shakti Music, Mantras for Yoga and Meditation. Audio CD. 2008, Selbstverlag
dieselbe: Chakra Meditation, Chakra-Aktivierung mit den Bija-Mantras. Audio CD. 2011, Selbstverlag
Es gibt mittlerweile so viele verschiedene Yogarichtungen, dass es etwas verwirrend sein kann. Manchmal sind diese Übungswege nach ihrem Gründer benannt oder ihr Name gibt einen Hinweis darauf, auf welche Art geübt wird. Grundsätzlich ist jede Form des Yoga, die mit dem Körper arbeitet, unter dem Überbegriff »Hatha Yoga« einzuordnen. Doch eigentlich gibt es nur ein Yoga – denn Yoga ist ein Zustand. Indem wir die bewusste Entscheidung treffen, mit Yoga zu beginnen, betreten wir einen Weg der Achtsamkeit, und zwar jeden Tag aufs Neue. Wir erschaffen uns dadurch eine Insel im Alltag, die uns dazu einlädt, Pause zu machen, auszuruhen und zu regenerieren, und das bedeutet auch eine Pause im Strom unserer Gedanken, in der manchmal die Stille aufleuchtet, die immer in uns ist. Genau das ist der Ort, an dem wir uns selbst begegnen und Kraft schöpfen, während unsere innere Zufriedenheit wächst. Gewissermaßen als Nebenprodukt wird – oder bleibt – unser Körper kräftig und beweglich, klären sich Gedanken, Gefühle und damit auch oft die Probleme, mit denen wir uns beschäftigen.
Die verschiedenen Yogawege sehe ich als Türen, als Möglichkeiten, die für (fast) jedes Temperament den geeigneten Weg bieten, der nach und nach in den Zustand des Yoga führt und diesen vertieft. Ich glaube, dass es fast so viele Yogawege wie Menschen gibt! Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass jeder dieser Wege auf seine Art in den Zustand des Yoga führt – in einen Zustand der grundlosen Freude und Zufriedenheit, der nach und nach unser Wesen und von dort aus auch unseren Alltag durchdringt.
Wesentlich ist, dass Sie Geist und Seele öffnen und sich bewusst für Yoga entscheiden. Dabei ist es zweitrangig, ob der Körper jung ist oder alt, dick oder dünn, ob das Denken asketisch oder sinnlich geprägt ist. Yoga ist ein Erfahrungsweg und es geht um die Achtsamkeit, mit der wir uns im gegenwärtigen Augenblick begegnen. Es geht aus meiner Sicht nicht so sehr darum, wie die Haltung (Asana) von außen betrachtet wirkt. Als viel wesentlicher erlebe ich es, wie durch die Entspannung des einen oder anderen Muskels Stille den Weg in mein Denken findet – oder umgekehrt. Yoga ist in jedem Alter und für jeden Menschen möglich, denn es ist ein System, das den Körper gesund erhält, den Geist öffnet und die Verbindung zur Seele öffnet und nährt. Der körperliche Aspekt der Übungen kann an jeden Körper angepasst werden, auch an eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten, wie wir sie etwa nach Unfällen oder Krankheiten erleben können.
Lange Zeit wurde Yoga nur mit den religiösen Hindu-Systemen Indiens assoziiert. Es stimmt natürlich, dass Yoga ursprünglich aus Indien kommt und mit spirituellen Inhalten verknüpft ist. Aber es ist deswegen nicht an eine bestimmte religiöse Tradition gebunden. Die körperlichen, geistigen und spirituellen positiven Auswirkungen des Yoga sind mittlerweile gut dokumentiert. Yoga – und besonders Hatha Yoga – wird mittlerweile sowohl in buddhistischen als auch in christlichen Klöstern überall auf der Welt praktiziert und es wird weltweit zur Gesundheitsvorsorge eingesetzt – man denke nur an das mittlerweile so bekannte Programm von Dr. Dean Ornish zur Heilung von Herzkrankheiten oder an den Einsatz von Achtsamkeitsmeditation zur Stressreduktion. Ein rücksichtsvoller Umgang mit sich selbst findet im Idealfall von der Yogamatte ins Leben – jeden Tag aufs Neue.
Yoga bedeutet »verbinden« – es ist die Verbindung von zwei verschiedenen Dingen. Das kann vielleicht ganz profan bedeuten, in einer Vorbeuge die Hände mit den Zehen zu verbinden. Tiefer betrachtet könnte es heißen, das menschliche Herz mit dem Herzen Gottes zu verbinden oder das kleine Ich mit dem großen Selbst. Ganz gleich, was unser Anliegen ist: Es ist ein Prozess. Egal, was das Ziel ist, es ist eine Bewegung und genau diese Bewegung ist Yoga: Achtsamkeit im absichtslosen Tun. Im Yoga geht es nicht darum, einem bestimmten Glaubenssystem nachzueifern oder etwas zu integrieren, von dem Sie nicht überzeugt sind. Es geht vielmehr darum, dass Sie aus eigener Erfahrung herausfinden und dadurch wissen, was für Sie gut, richtig und stimmig ist. Yoga unterstützt Sie darin, dem Weg zu folgen, der für Sie der beste ist!
VERBINDEN SIE SICH MIT DER KRAFT UND DER LIEBE
Gönnen Sie sich jeden Tag mindestens 20 Minuten, um sich bewusst zu entspannen. Ob Sie dabei sitzen oder liegen, ist zweitrangig – solange Sie dabei wach bleiben! Durch diese bewusste Entspannung können sich Türen in Ihr Unterbewusstes öffnen, sodass die Inhalte zu Ihnen finden, die für Ihr Leben wichtig und richtig sind. Hören Sie immer wieder einmal auf Ihren Atem – das ist bereits ein recht effektiver Einstieg in die Meditation. Seien Sie freundlich mit sich selbst und lassen Sie diese Freundlichkeit auch Ihren Mitmenschen zukommen. Denn in erster Linie ist jede und jeder von uns Mensch und jeder Mensch wünscht sich Liebe und möchte glücklich sein. Mit den Übungsfolgen und Meditationen aus diesem Buch haben Sie eine Möglichkeit, den Kraftstrom, mit dem Sie verbunden sind, bewusst zu erleben und die Liebe wieder freizulegen, die Sie in sich haben.
Neben dem körperlichen Yoga gibt es verschiedene andere Yogawege, die mehr vom Denken und Fühlen ausgehen. Im Sanften Yoga wird hauptsächlich mit dem Bewusstsein für den Körper gearbeitet: Die Übungen werden sehr langsam und mit Bedacht ausgeführt. Wir halten in verschiedenen, oft zunächst seltsam anmutenden Körperhaltungen inne und spüren, wie der Atem die unterschiedlichsten Körperräume ausfüllt und dabei die eine oder andere achtsame Drehung oder Dehnung in einzelnen Körperabschnitten unterstützt. Dadurch wächst die Aufmerksamkeit für den gegenwärtigen Augenblick und es entsteht Abstand zu den Themen des Alltags. Auf der physischen Ebene sorgen Körperübungen, Atmung und Meditation für eine Verbesserung der gesamten Körperfunktionen, denn alle Zellen werden besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Durch Dehnung und Drehung bleibt die Elastizität von Muskeln und Bändern erhalten, die Wirbelsäule bleibt (oder wird wieder) geschmeidig, die Haltung verbessert sich und Bandscheibenproblemen wird vorgebeugt. Durch eine gesunde Wirbelsäule werden die aus dem Rückenmark austretenden Nerven entlastet, sodass sie die ihnen zugeordneten Organe optimal versorgen können. Durch einen aufrechten Rücken wird der Atem freier und manch festgehaltene Emotion kann sich lösen. Mit Yoga im Allgemeinen und durch das Sanfte Yoga im Besonderen haben wir eine Methode, den Körper gesund zu erhalten, unser Denken und Fühlen zu klären. Wir reinigen den Spiegel unserer Seele, damit wir das in uns erstrahlende Licht erkennen können, das wir sind.
Es geht hier nicht darum, noch einen neuen Yogaweg oder eine neue Yogamarke zu kreieren. Aber Sanftes Yoga ist eine der brauchbarsten Grundlagen, um den Körper von innen heraus zu erleben und dieses Erlebnis in dynamischere Yogastile oder andere Körperdisziplinen mitzunehmen und zu integrieren. Die Anwendung des PNF-Prinzips im Yoga ist eine zusätzliche Möglichkeit, wie Sie Ihre Dehnungsfähigkeit erweitern können. Dieses Prinzip lässt sich auch problemlos in Ihre vielleicht schon bestehende Yogapraxis integrieren. Außerdem ist Sanftes Yoga eine freundliche Alternative für alle, die vielleicht Bedenken haben, mit Yoga zu beginnen – sei es aus Altersgründen, aufgrund einer Sportverletzung, wegen irgendeiner Krankheit oder weil man sich ganz einfach zu steif, zu dick oder zu unbeweglich fühlt.
In den meisten Fällen wird nichts dagegen sprechen, dass Sie ganz unkompliziert mit diesem Buch in Ihre Yogapraxis einsteigen – und ich freue mich natürlich sehr, wenn die eine oder andere meiner Übungsfolgen den Weg in Ihre bereits bestehende Yogapraxis findet oder wenn ich Sie dazu motivieren kann, mit Yoga anzufangen. Entdecken – oder vertiefen – Sie das Bewusstsein für Ihren Körper, damit Sie herausfinden, was Ihnen am besten bekommt. Lassen Sie Ihren gesunden Menschenverstand walten. Fühlen Sie sich stets frei, die Übungsfolgen so abzuwandeln, wie es Ihrer körperlichen Befindlichkeit entspricht. Wie immer kann ein Buch nie den Kontakt zu Ihrem persönlichen Lehrer ersetzen. Im Fall ernsthafter gesundheitlicher Einschränkungen empfehle ich Ihnen stets den Rat einer Fachkraft Ihres Vertrauens.
WIE SIE IHRE KÖRPERWEISHEIT FINDEN KÖNNEN
Legen Sie eine CD mit Ihrer Lieblingsmusik auf. Legen Sie sich auf den Rücken und lassen Sie die Musik durch Ihren Körper fließen. Lassen Sie ihn sich bewegen: im Rhythmus der Musik, sanft, fein oder kräftig und mit Schwung – so wie Ihnen zumute ist. Versuchen Sie zu spüren, wie es ist, wenn die Bewegung von der zentralen Achse des Körpers, der Wirbelsäule, ausgeht, wenn der Atem die Bewegung führt.
Im Yin Yoga werden die Yogahaltungen sehr entspannt und für einen längeren Zeitraum (meistens drei bis acht Minuten) eingenommen. Das geschieht in der Regel, ohne dass der Körper vorher durch andere Yogaübungen »aufgewärmt« wurde, denn im Yin Yoga (so wie ich es kennengelernt habe) gilt die Hypothese, dass dann die Dehnung tiefer in das Bindegewebe mit seinen Faszien, den Muskelhüllen, und bis zu den Sehnen und Bändern wirken kann, die die Muskulatur am Knochen und Gelenk befestigen. Dadurch entsteht der Raum, die Haltung sehr tief von innen heraus zu erleben. Ich liebe Yin Yoga unter anderem deswegen so sehr, weil es wirklich eine der besten Möglichkeiten ist, mich innerlich auf die Meditation einzustimmen – körperlich, aber auch geistig und emotional. Yin Yoga schenkt mir die Erkenntnis, dass auch körperlich betonte Übungswege in einen meditativen Zustand führen können.
Neben den lang gehaltenen Dehnungen gibt es – wie Ihnen vielleicht schon bekannt ist – verschiedene andere Möglichkeiten, in die Faszien zu wirken – zum Beispiel durch Massage oder durch rhythmische, freie und oft sehr feine Bewegungen, die vielfach mit dem bewussten Erleben der Atemräume verbunden sind. Diese Betrachtungsweise fließt in die Bewegungszyklen mit ein, die ich für das Sanfte Yoga entwickelt habe: So wird zum Beispiel durch das achtsame Rollen auf dem Boden das Bindegewebe im Rücken massiert – das wirkt sehr wohltuend vor oder nach einer Yin-Haltung. Der Boden dient uns als riesengroße Faszienrolle! Ebenso ist der Einsatz des PNF-Prinzips – also der isometrischen Muskelanspannung einer ansonsten nach außen hin bewegungslosen Haltung – eine sehr wirkungsvolle Ergänzung innerhalb der lang gehaltenen Yin-Yoga-Positionen, denn sie ermöglicht es oft, tiefer in die Haltung zu finden.
Im Sanften Yoga werden diese Prinzipien in viele meiner Übungsfolgen eingebunden – hauptsächlich betrifft es die im Sitzen und im Liegen. Ich freue mich sehr, wenn Sie das eine oder andere Element in Ihre bereits bestehende Übungspraxis übernehmen! Zusätzlich habe ich das Sanfte Yoga um Bewegungsfolgen im Stehen erweitert, damit Ihnen das ganze Bewegungsspektrum zur Verfügung steht, falls dieses Buch Ihre »Einsteigerlektüre« ist. Diese Übungen im Stand haben eine sehr wohltuende Wirkung auf den Knochenstoffwechsel und die Gelenke. (Das betrifft besonders auch die Chi-Haltungen.)
Eine Aktivierung der Skelettmuskulatur nach lang gehaltenen Dehnungspositionen, wie sie zum Beispiel im Yin Yoga ausgeführt werden, ist besonders bei empfindlichen Gelenken sehr hilfreich und wohltuend. Als Skelettmuskulatur bezeichne ich den Übergang von dem eher »trockeneren« Sehnenansatz in den »saftigeren«, »fleischigeren« Teil des eigentlichen Muskels. Besonders gut zu fühlen ist das zum Beispiel bei der Praxis der Beckenschaukel, wenn Sie während der Bewegung des Ausatmens die Füße fest in den Boden stemmen.
Nach allgemeinen Hinweisen zur Yogapraxis und einem Einstiegskapitel über effektive Methoden der Entspannung und den Atem im Yoga setzen wir unsere Reise mit verschiedenen Übungsprogrammen in der Rückenlage fort. Hier wird auch der Einsatz von Hilfsmitteln thematisiert. Diese Programme wirken besonders harmonisierend auf die Gelenke und den Rücken. Wie so oft im Yoga haben wir gleichzeitig den wunderbaren Effekt, dass sie das Nerven- und Hormonsystem harmonisieren. Diese Sequenzen eignen sich sowohl als Einstieg in eine der körperlich anspruchsvolleren Übungsfolgen wie auch als eigenständiges Übungsprogramm. In diesem Zusammenhang erkläre ich Ihnen auch verschiedene Prinzipien der Dehnung, die im Buch vorkommen – z. B. das PNF-Prinzip und das Prinzip der Dehnungsfelder.
MIT SANFTEM YOGA AKTIV GEGEN SCHMERZEN
Es ist ein natürlicher Impuls, dass Menschen mit Rückenproblemen oder anderen körperlichen Beschwerden Angst haben, dass Bewegung, Gymnastik oder Yoga wieder neue Schmerzen auslösen oder die alten reaktivieren könnten. Das kann zwar passieren, aber gleichzeitig ist es auch richtig, dass ein intelligentes Übungsprogramm die zugrunde liegenden Ursachen der Schmerzen beheben kann. Mit Bewegung gehen Sie gezielt gegen ungesunde Körperhaltungen, schwache oder verspannte Muskeln und dergleichen an. Denn wenn der Körper unzureichend bewegt wird, verkümmert die Muskulatur und wird anfälliger für Verletzungen. Damit wir diesen Kreislauf durchbrechen, müssen wir Yoga oder eine vergleichbare Körperdisziplin in unser Leben und in unseren Alltag integrieren.
Im nächsten Kapitel greifen wir diese Prinzipien auf und übertragen sie auf Positionen der »zweiten Ebene«, damit sind sitzende Haltungen und z. B. der Vierfüßlerstand gemeint. Es geht sowohl um effektive Dehnung im Bereich der Vor- und Rückbeugen als auch um kräftigende Elemente, die die Tiefenmuskulatur und den Knochenstoffwechsel positiv beeinflussen. Auch dazu habe ich für Sie mehrere Übungsprogramme entwickelt: Sie können sie direkt im Anschluss an eines der »liegenden« Programme üben. Oder Sie absolvieren es nach einer kurzen Einstiegsmeditation für sich genommen oder Sie üben im Anschluss die Standhaltungen oder enden direkt mit der Schlussentspannung. Zudem ist ein Kurzprogramm zur Kräftigung des Beckenbodens und der tiefen Bauchmuskulatur integriert sowie Übungsfolgen, die speziell den Psoas-Muskel einbinden.
Es folgen Übungen im Stand zur Aktivierung des Knochenstoffwechsels und für die Körperbalance. Hier sind auch die Chi-Haltungen integriert. Dies sind kräftige Standhaltungen, die in kurzer Zeit einen großen Kraftzuwachs ermöglichen. Darüber hinaus finden Sie dort eine Sequenz für den Abendausklang.
Zum Schluss steigen Sie in verschiedene Formen der Meditation ein, die sich in meiner Praxis und in meinem Unterricht bewährt haben. Sie können diese Meditationen begleitend zu den Übungsprogrammen im Buch immer wieder aufgreifen oder auch einzeln zwischendurch machen.
Grundsätzlich kann jeder Sanftes Yoga üben. Wie viele differenzierte Yogawege kann auch Sanftes Yoga häufig bei Beschwerden helfen, die sich durch Dehnung, Kräftigung und Entspannung regulieren lassen. Dazu gehören besonders Probleme mit der Wirbelsäule (z. B. leichte Skoliosen, also seitliche Abweichungen der Wirbelsäule) oder auch leichte Arthrosen in den Hüften oder Knien. Dabei ist es wichtig, dass Sie ein gesundes Unterscheidungsvermögen kultivieren: guter Schmerz – schlechter Schmerz. Wenn Sie beim Yoga z. B. die hintere Beinmuskulatur dehnen, beginnt das oft mit einem »Ziehen« in den steifen Gliedern, das intensiver wird und sich zu einem »Wohlschmerz« steigert. Genau in diesem Dehnungsfeld ist der Raum zu verweilen, ohne sich noch tiefer in die Dehnung zu »zwingen«; genau dann können wir innehalten, still werden und entscheiden, wie »es sich richtig anfühlt«.
Mit etwas Übung wird Ihr Körper »wissen«, was für Sie richtig ist. Das innere Gespür erachte ich für wesentlich wichtiger als das äußere Bild: Vertrauen Sie Ihrer Intuition! Dadurch führt der Weg von einem ästhetisch orientierten Yoga hin zu einem eher funktionell orientierten: Wenn Sie eine Dehnung in dem Bereich fühlen, in dem Sie sie bewirken wollen, ist es richtig!
Im Yoga ist der Weg das Ziel. Unter einer einzigen Bedingung – üben! Es ist wie mit dem Wasser, das die Felskanten rund wäscht – der Körper braucht Zeit, um sich zu verändern und um sich aus alten Gewohnheiten und Bewegungsmustern zu lösen. Seien Sie also freundlich und geduldig mit sich, während Sie konsequent weiterüben, am besten jeden Tag zur gleichen Zeit!
SANFTES YOGA IST DANN FÜR SIE RICHTIG,
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wenn Sie Yoga ausprobieren möchten, aber sich bisher noch nicht so ganz an die Sache herangetraut haben.
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wenn Sie zum Beispiel nach einer Krankheit oder Sportverletzung eine sanfte Übungspraxis wünschen, mit der Sie sich täglich etwas Gutes tun können.
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wenn Sie jenseits der Lebensmitte mit Yoga anfangen oder es wieder aufgreifen möchten (Yoga 50/60/70+).
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wenn Sie aufgrund einer Bewegungseinschränkung Ihren Körper sanft mobilisieren möchten.
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wenn Sie übergewichtig sind und mit den sanften Übungsprogrammen Kraft und Beweglichkeit aufbauen möchten.
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wenn Sie als praktizierender Yogi (und auch als Nicht-Yogi) den Wunsch haben, die Feinstruktur Ihres Körpers intensiv von innen heraus zu erleben, damit Sie diese Feinabstimmung in Ihr vielleicht sonst dynamischeres Übungsprogramm – wie es zum Beispiel im Vinyasa-, Anusara- oder Ashtanga-Yoga der Fall ist – integrieren können.
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wenn Sie Stress haben und sich effektiv entspannen möchten.
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wenn Sie einen Ausgleich brauchen, weil Sie in Ihrem Job hauptsächlich sitzen oder stehen, sich also in einer Haltung befinden, die etwa für Wirbelsäule oder Hüftgelenke auf Dauer einseitig belastend und damit ungesund ist.
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wenn Sie zu den Menschen gehören, die sich leicht überfordern und dazu tendieren, »zu schnell« und »zu viel« erreichen zu wollen, sodass Sie sich manchmal mit Ihren eigenen Leistungsansprüchen im Weg stehen.
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wenn Sie neugierig sind auf neue Möglichkeiten, Ihren Körper von innen heraus zu erleben, zu öffnen und zu dehnen.
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wenn Sie ganz einfach Lust haben, neue Yogaapekte zu entdecken oder Altvertrautes wiederzufinden und vertieft zu erleben.
Ich bin eigentlich kein Freund von Kontraindikationen, denn ich vertraue darauf, dass Sie Ihren ganz persönlichen Yogaweg gehen bzw. finden werden – oder dies schon seit einiger Zeit tun. Gleichwohl gibt es einige Situationen, in denen Sie besser zunächst vorsichtig sind oder sich mit Ihrem Arzt oder einer anderen Fachkraft Ihres Vertrauens beratschlagen, ehe Sie aktiv in die Yogapraxis starten. Holen Sie sich in folgenden Fällen fachkundigen Rat:
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nach einem Unfall oder wenn Sie frisch operiert worden sind – besonders wenn die Knochen oder die Muskulatur beteiligt waren. Halten Sie sich in diesem Fall für die erste Zeit an den ärztlichen Rat, praktizieren Sie die Kunst der bewussten Entspannung (Yoga Nidra) und/oder eine der vorgestellten Meditationen.
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bei akuten Entzündungen oder Abszessen. Dann gilt das Gleiche wie oben.
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bei Tumoren mit Auswirkungen auf das Knochensystem, z. B. Metastasen. Auch hier sind die Kapitel zu Entspannung und Meditation meist hilfreich.
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