Das Buch
Die unkonventionelle Storm war schon immer das Vorbild ihrer jüngeren Schwester Anna. Als sie bei einem tragischen Autounfall ums Leben kommt, ist Anna am Boden zerstört. Doch dann findet sie eine Liste ihrer Schwester – eine Liste all der Dinge, die man in einem perfekten Sommer unbedingt tun muss. Dinge wie »Im Regen küssen«, »Ins Dive-In-Kino gehen« (was immer das sein mag!) oder auch einfach: »Mutig leben«. Im Gedenken an ihre Schwester und um ihre eigene Traurigkeit zu überwinden, macht Anna sich daran, die Aufgaben der Liste zu erfüllen. Ihr stets zur Seite: der ebenso süße wie kluge Nachbarsjunge Cameron, der irgendwie immer schon da und Storms engster Freund war. Und der vielleicht der Schlüssel zu einem neuen Glück sein könnte. Wenn es da nicht ein schlimmes Geheimnis gäbe.
Die Autorin
Rachel Bateman hat sich in den USA bereits einen Namen als Jugendbuchautorin gemacht. Neben dem Schreiben betreibt sie eine Verlagsserviceagentur und unterstützt unabhängige Autoren bei der Publikation ihrer Bücher. Mit ihrer Familie lebt Rachel Bateman auf einer Farm mitten in Montana – wo sie manchmal von den Weiten des Ozeans träumt.
RACHEL BATEMAN
ROMAN
Aus dem Amerikanischen
von Ute Brammertz
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Die Originalausgabe erscheint unter dem Titel Someone Else’s Summer bei Running Press, Perseus Books LLC, Philadelphia
Copyright © 2017 by Rachel Bateman
Published by arrangement with Running Press, an imprint of Perseus Books, LLC, a subsidiary of Hachette Book Group, Inc, New York, USA. All rights reserved.
Copyright © 2017 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Redaktion: Steffi Korda, Büro für Kinder- und Jugendliteratur
Covergestaltung: Eisele Grafik-Design, München,
unter Verwendung eines Motivs von © Thinkstock Images/Wavebreakmedia Ltd
Satz: Leingärtner, Nabburg
ISBN: 978-3-641-21604-7
V003
www.heyne.de
Für Rani,
die den cooleren Namen
und die coolere Schwester
abbekommen hat.
Das Sushi damals hättest du
dir allerdings sparen können.
JUNI
Vor allem erinnere ich mich an den Regen.
Es war ein schöner Tag. Die Sonne lugte gelegentlich durch die Wolken und schickte ihre Strahlen über den Rasen, wo die Schulabgänger auf metallenen Klappstühlen saßen. Eine leichte Brise spielte mit den Quasten an den Baretten und ließ billige Polyestertalare flattern, während die Redner vom Podium aus floskelhafte Weisheiten von sich gaben.
Auf einmal, genau in dem Moment, als Hunderte kastanienbrauner Kopfbedeckungen in den Himmel flogen, öffneten sich die Wolken, und Regen wusch über die Erde.
Erst war es nur ein Nieseln gewesen, genug, um Schultern mit dunklen Flecken zu sprenkeln und sonnenverbrannte Haut abzukühlen. Im weiteren Verlauf des Tages jedoch verfinsterte sich der Himmel immer mehr, bis es am Nachmittag an Dämmerung erinnerte. Als die Party anfing, die die ganze Nacht dauern sollte, hatten sich die Rinnsteine mit kleinen Flüssen gefüllt, und der Garten hinter unserem Haus war ein einziger Sumpf.
Stunden später, als mich ein schrilles Klingeln aus dem Schlaf riss, trommelte der Regen immer noch einen gleichmäßigen Rhythmus auf das Dach. Mom und Dad bestanden auf einem Festnetzanschluss mit mehreren Telefonen im Haus, auch wenn wir ihn nur selten benutzten. Das uralte, nicht einmal schnurlose Telefon, das gleich neben meiner Zimmertür schrillte, hätte der erste Hinweis sein sollen, dass etwas nicht stimmte. Ich hätte gleich Bescheid wissen müssen. In Filmen ist es jedenfalls immer so – da gibt es so ein intuitives Gefühl tief im Bauch. Bei mir war es nicht so; stattdessen war ich nur ein wenig von dem Anrufer genervt, wer auch immer es sein mochte. Und von dem unaufhörlichen, hartnäckigen Regen.
Dann endete meine Welt mit Moms ohrenbetäubendem Schrei.
KAPITEL 1
Menschen strömen an Fotocollagen und einer ausufernden Ansammlung rührselig hübscher Blumen vorbei und kommen auf dem Weg zu ihren Plätzen an mir vorüber. Sie versuchen, mich nicht anzustarren, aber wie soll das gehen? Ich sitze da, nicht in traditionellem Schwarz, sondern in leuchtendem Blau, ein heller Stern, der sie in dunkelster Nacht blendet. Die zurückgelassene kleine Schwester. Schon bald werde ich die große Schwester sein. Die einzige Schwester.
Die Kirche ist gerammelt voll. In den Nebenräumen sind Bildschirme aufgestellt worden, um den Gottesdienst für diejenigen zu übertragen, die nicht in die Kapelle passen. Als Tante Morgan mich am Vormittag herführte, errichtete das Kirchenpersonal gerade eine Leinwand auf dem Rasen, da mit mehr Menschen gerechnet wurde, als in dem winzigen Gebäude Platz haben. Anscheinend ist man darauf gefasst, dass ganz Muscatine hier aufkreuzt.
Denn genau das passiert, wenn ein so junger Mensch tragisch ums Leben kommt. Die ganze Stadt war erschüttert, als sich die Neuigkeit herumsprach – Storm Holloway, funkelnder Stern der Muscatine Highschool, stirbt bei einem Autounfall auf der Heimfahrt von einer bis zum Morgengrauen andauernden Abschlussparty im Civic Center. Storm, die im Herbst mit einem Stipendium an die University of North Carolina in Wilmington gegangen wäre. Storm, die der Stadt als das tapfere kleine Mädchen in Erinnerung geblieben ist, hinter das sich vor zehn Jahren alle geschlossen gestellt hatten, als es gegen den Krebs ankämpfte und ihn besiegte.
Jovani verkrampft; sein Arm legt sich fester um mich, und Tante Morgan drückt meine Hand so fest, dass die Knochen aneinanderreiben. Ich zwinge mich, den Blick nach vorn in die Kapelle zu richten. Ein Junge steht vor einer Collage mit Bildern von uns dreien als Kinder, und selbst von hinten ist ihm anzusehen, dass er am Boden zerstört ist. Sein Körper besteht nur aus scharfen Ecken und spitzen Winkeln, wie von Kinderhand mit Klebeband und Klebestift zusammengesetzt. Nichts passt zusammen. Er hält die Taille so fest mit den schlaksigen Armen umklammert, dass es aussieht, als habe er Angst auseinanderzufallen, sobald er loslässt. Seine Schultern beben, und ich fürchte, sein ganzer Körper könnte durch die Vibrationen in Stücke gerissen werden.
Cameron Andrews: der Junge, der sie eigentlich nach Hause hätte fahren sollen.
Ich werfe einen verstohlenen Blick auf Mom und Dad. Ob sie Cam die Schuld geben, weiß ich nicht – ich weiß überhaupt nicht, was sie denken oder empfinden. Es ist, als hätte jener frühmorgendliche Anruf meine Eltern nicht nur aus dem Schlaf gerissen, sondern aus ihrem Leben. Die Tochter, bei der sie so hart gekämpft haben, um sie zu beschützen, sie gesund zu pflegen. Die Tochter, bei der sie entgegen aller Wahrscheinlichkeit gewonnen haben, ist tot. Sie reden nicht mehr mit mir oder sonst jemandem, nur noch miteinander. Tante Morgan musste den Gottesdienst planen, weil meine Eltern sich weigerten, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Sie haben völlig dichtgemacht, und ich habe keine Ahnung, wie man sie zurückholen kann.
Als Cameron sich von den Bildern wegdreht und mir direkt in die Augen sieht – seine blutunterlaufen und nass, umrahmt von fleckiger Haut und völliger Verzweiflung, meine klar und stählern –, sehe ich die Angst in seinem Gesicht. Er glaubt, dass ich ihn hasse, dass alle ihn hassen. Als er an unserer Reihe vorübergeht und kurz zögert, wird mir unvermittelt klar, dass er sich selbst die Schuld gibt.
»Ich …« Da ich nicht weiß, was ich sagen soll, weise ich unbestimmt auf den Mittelgang, den Cameron soeben frei gemacht hat.
Tante Morgan lässt zum ersten Mal seit unserem Eintreffen in der Kirche meine Hand los. »Komm aber schnell zurück«, flüstert sie. »Ich glaube, es fängt gleich an.«
Als ich Jovanis Arm abstreife und aufstehe, wird mein Rücken mit Blicken bombardiert. Ich spüre, wie sich die Augen sämtlicher Anwesenden in meine Richtung wenden, beobachtend, darauf wartend, dass ich eine Szene mache. Aber die liefere ich ihnen nicht. Stattdessen straffe ich die Schultern, schaue geradeaus und gehe auf den Mittelgang zu, indem ich über Jovani und meine beste Freundin Piper steige. Ich hole tief Luft und drehe mich dem Saal zu. Ich kämpfe die Panik nieder, die in mir aufsteigt und mit Tränen droht. Diese Menschen haben meine Tränen nicht verdient, werden nicht zu sehen bekommen, wie ich zusammenbreche. Sie sind nicht hier, um mich oder meine Familie zu unterstützen. Sie sind nicht hier, um zu trauern.
Nein, wenn so viele Menschen die Beerdigung einer Jugendlichen besuchen, die sie eigentlich nicht kannten, tun sie das allein aus einem Grund: um ihr eigenes Leben zu feiern. Um sich ins Gedächtnis zu rufen, wie kurz das Leben sein kann, und wie viel Glück sie hatten, es über achtzehn hinaus geschafft zu haben.
Eine Bewegung zu meiner Rechten erregt meine Aufmerksamkeit, und mein Blick huscht dorthin, bevor ich es verhindern kann. Taylor sitzt am anderen Ende der Reihe, umgeben von den übrigen Cheerleaderinnen. Sie sind meinetwegen hier, ermahnt mich der logische Teil meines Hirns. Piper und ich, wir gehören zu ihnen. Wir gehen auf ihre Partys, essen gemeinsam zu Mittag. Wir übernachten beieinander und weihen einander in Geheimnisse ein. Doch wenn ich Taylor jetzt sehe, geht mir der Gedanke nicht aus dem Kopf, wie herzlos sie sein kann. Wie sie sich über jeden lustig macht, der nicht genau wie wir Übrigen ist.
Wusste es Storm damals? Wusste sie, dass meine Freundinnen sie verspotteten? Dass ich zu schwach, zu unsicher war, um dem einen Riegel vorzuschieben?
Zornig ballen sich die Hände an meinen Seiten zu Fäusten. Taylor lächelt traurig und winkt kurz, aber ich wende mich ab und gehe den Mittelgang weiter.
Cameron zuckt zusammen, als ich mich zwischen ihn und die Frau mittleren Alters quetsche, die beinahe ganz hinten neben ihm sitzt. Er starrt mich einen Moment mit unverhülltem Entsetzen an, bevor er einen Ton herausbringt.
»Hübsches Kleid«, sagt er tonlos.
»Danke.« Ich spiele an dem weiß-pinkfarbenen Tüll herum, der unter dem blauen Rock hervorschaut. Das Kleid ist beinahe lächerlich bunt. »Es war …«
»Ihr Lieblingskleid. Ich weiß. Ich war dabei, als sie es gekauft hat.«
Ich weiß nicht, warum mich das überrascht. Sie waren immer zusammen. Cameron und Storm. Storm und Cameron. Nur im Doppelpack erhältlich. So war es seit unserer Kindheit. Aber irgendwie habe ich nie darüber nachgedacht, was das bedeutete. Dass Cam dabei war, wenn sie ein Kleid kaufte, und dass er vor der Umkleidekabine wartete, bis sie etwas Perfektes gefunden hatte. Seit ich dem Cheerleader-Team beigetreten war und angefangen hatte, mit meinen eigenen Freunden auszugehen, statt den beiden hinterherzudackeln, habe ich wohl vergessen, wie das mit Storm und Cameron war.
»Es steht dir gut«, sagt er.
Ein kleines Lachen schleicht sich auf meine Lippen, und ich schlage mir die Hand vor den Mund. Ein paar Leute in der Reihe vor uns drehen sich mit zornigen Blicken um.
»Dieses Ding geht mir kaum bis über den Po«, flüstere ich. »Ich komme mir wie die wahr gewordene Fantasie irgendeines Perversen vor.« Das passiert wohl, wenn ich meine 1,78 Meter in ein Kleid zwänge, das für meine 1,52 Meter große Schwester gemacht ist.
»Es kann auch nicht kürzer als dein Cheerleader-Rock sein«, erwidert Cameron. Er verzieht das Gesicht zu seinem schiefen Grinsen, immer noch mit einem Hauch von Traurigkeit, aber er versucht offensichtlich, witzig zu sein. »Außerdem hast du tolle Beine. Sie hat immer gesagt, sie wünschte, sie hätte deine Beine. Wahrscheinlich freut es sie total, endlich eines ihrer verrückten Kleider an dir zu sehen.« Er schüttelt den Kopf. »Entschuldige. Das war so …«
»Nein, ist schon gut. Ich bin es so leid, dass die Leute mich behandeln, als könnte ich jeden Moment explodieren, wenn man sie erwähnt.«
Er zuckt die Schultern und senkt dann den Kopf, um auf seine Hände zu starren, die zwischen seinen Knien hängen. Die Brille mit dem dicken Gestell rutscht ihm die Nase hinunter. Ich greife nach seiner Hand. »Komm schon.«
Cameron schenkt mir einen verwirrten Blick, und ich ziehe ein wenig an ihm. »Du gehörst zur Familie, hast du schon immer. Komm und setz dich zu uns.«
Er starrt auf unsere ineinander verschränkten Hände. »Ich weiß nicht, Anna. Deine Eltern …«
»Meine Eltern stehen so neben sich, dass sie noch nicht einmal wissen, was im Moment vor sich geht. Aber wenn sie es wüssten, würden sie wollen, dass du bei uns bist.«
»Bist du dir sicher?« Seine Stimme bricht beim letzten Wort, und ein Schaudern durchläuft seinen Körper, durch seinen Arm hinab und bis in meine Hand. »Ich hätte – warum habe ich sie allein fahren lassen?«
Ein Riss tut sich in meinem Herzen auf, und ich schlucke die Tränen hinunter, bevor sie aus meinen Augen quellen. Ich lege die andere Hand um seine. »Ich liebe Storm mehr als alles andere auf der Welt, Cameron. Das weißt du. Aber sie ist – war«, das winzige Schluchzen klingt wie Schluckauf in meiner Kehle, »der größte Sturkopf in der Geschichte der Sturköpfe. Wenn sie nicht wollte, dass du mit ihr mitfährst, hättest du sie k. o. schlagen müssen, um in den Wagen zu steigen.«
»Vielleicht hätte ich das tun sollen.«
»Und dann, Cam?« Mir ist bewusst, dass meine Stimme hysterisch klingt. Die Leute starren uns jetzt unverhohlen an, ohne sich um Diskretion zu bemühen. Der Pastor steht gleich links von der Kanzel und beobachtet uns ebenfalls. Die prunkvolle Uhr hinter ihm verrät mir, dass der Gottesdienst eigentlich vor drei Minuten hätte losgehen sollen. Ich senke die Stimme ein wenig. »Und dann? Ihr wärt beide da vorn beim Altar? Hätten wir euch Urnen im Partnerlook besorgen sollen? Du hast überhaupt nicht ahnen können, was passieren würde.«
Er kneift die Augen fest zu und schüttelt langsam den Kopf, als versuche er, die Gefühlsflut abzuwehren, die ihn überspült. »Ich hätte trotzdem …«
»Schluss«, sage ich. »Der Gottesdienst fängt gleich an. Bitte komm und setz dich zu uns. Storm hätte es so gewollt.« Ich stehe auf und ziehe sanft an seiner Hand. »Ich will es so.«
»Okay«, sagt er so leise, dass das Wort kaum an meine Ohren dringt. Er erhebt sich, und wir gehen zurück, um uns zu meiner vor Trauer gebrochenen Familie zu setzen.
Den ganzen Weg über halte ich seine Hand fest umklammert, als wäre es das Einzige, was mich daran hindert davonzuschweben.
KAPITEL 2
An der Muscatine Highschool bin ich nicht die Bienenkönigin, aber fast. Ich weiß, wie man mich wahrnimmt: stellvertretende Kapitänin der Cheerleaderinnen, beliebt, hübsch. Die anderen sehen nicht das Mädchen, das ich mal war – und das ich irgendwo tief in meinem Innern immer noch bin. Das Mädchen, das seine große Schwester vergötterte, das genau wie sie sein und alles tun wollte, was sie tat. Nein, sie sehen, was ich sie sehen lasse. Und so wären die Mädchen gern ich und die Jungs gern mit mir zusammen. Meine beste Freundin ist das heißeste Mädchen an der ganzen Schule, und mein Immer-mal-wieder-Freund spielt im Footballteam. Seit dem ersten Jahr an der Highschool, als Piper und ich die einzigen neuen Mädchen im Varsity Team waren, hatte ich es geschafft.
Storm war eine Ausgestoßene, ein Geek. Sie war das Mädchen, das sich eigenartig kleidete, immer einen alten Fotoapparat mit sich herumschleppte und im Abschlussjahr fünf AP-Kurse belegte – das heißt, der Stoff war auf Collegeniveau! Sie fand Bands gut, von denen noch keiner was gehört hatte, und verbrachte ihre Mittagspausen damit, mitten auf dem Schulhof an einem Pfeiler zu lehnen, mit überdimensionalen Kopfhörern auf den Ohren und ebenso überdimensionalen russischen Romanen im Schoß. Jeder kannte sie – wegen ihrer schrägen Outfits, dem Getuschel über den Krebs und oft erzählten Geschichten von Revolten, die sie in Klassenzimmern anzettelte, wo sie ihre Lehrkräfte so lange unter Druck setzte, bis sie bekam, was sie wollte. Aber keiner kannte sie wirklich so wie ich.
Wir wurden nur elf Monate nacheinander geboren. Irische Zwillinge nannte Mom uns immer gern, auch wenn unsere Familie nichts Irisches an sich hatte. Als Storm und ich noch Kinder waren, witzelten Mom und Dad immer, ich wäre so erpicht gewesen, Storm nachzueifern, dass ich sogar so schnell wie möglich nach ihr auf die Welt kam.
Und ich eiferte ihr tatsächlich nach. Alle meine frühesten Erinnerungen sind von uns beiden, sie immer vorneweg. Zusammen mit Storm war der Garten hinterm Haus nicht einfach der Garten hinterm Haus. Er war ein verwunschener Wald und ein mittelalterliches Schlachtfeld und eine Geisterfestung. Wir verbrachten unsere Tage damit, Elfenfallen unter der Eiche auszulegen und Zutaten für Zaubertränke zu sammeln. Mit Storm zusammen zu sein war alles, was ich wollte, und am liebsten wäre ich genau wie sie gewesen. Unsere Tage waren voller Fantasie und Zauber, nur wir beide in unserer eigenen Welt.
Dann bog eines Tages ein neues Auto in die Einfahrt nebenan, und ein Junge in Storms Alter stolperte von der Rückbank. Er war groß und schlaksig, die Haare standen ihm seitlich in einem seltsamen Winkel vom Kopf ab, und die Brille, deren Bügel fast einmal um seine Ohren reichten, dominierte sein ganzes Gesicht. Seine Hose war gute zweieinhalb Zentimeter zu kurz, und er kratzte mit der Spitze eines abgewetzten Tennisschuhs über den entblößten Knöchel des anderen Beins. Als er sah, dass wir ihn beobachteten, hob er zögerlich eine Hand. Ich ahmte sein schüchternes Winken nach. Storm lief quer über die Einfahrten auf ihn zu.
Aus zwei wurden drei. Von da an war Cameron Teil unserer Welt, jeden Tag direkt an unserer Seite. Die beiden sollten im Herbst in die Vorschule kommen, und wir setzten alles daran, den Sommer zu verlängern. Wir waren vor Sonnenaufgang wach und flehten unsere Eltern jeden Abend an, uns bis weit nach unserer normalen Bettzeit draußen bleiben zu lassen. Es war ein Sommer voll Eis am Stiel, Schwimmbädern und Übernachtungen im Zelt. Wir trieben unsere Mütter tagsüber an den Rand des Wahnsinns und schleiften die Väter in ihren Anzügen und Krawatten direkt nach der Arbeit zu dem kleinen Wäldchen am Ende unserer Gärten, damit sie uns bei der Suche nach Feenringen halfen.
Am ersten Schultag stand ich da und beobachtete, wie sich Storm und Cameron in ihrem neuen Klassenzimmer niederließen, Seite an Seite hinter ihrer Schulbank, mit sich berührenden Knien und Schultern. Ich schluckte den Kloß im Hals hinunter, winkte ihnen zum Abschied und versuchte zu lächeln.
Die ganze Rückfahrt über weinte ich und flehte Mom an, umzudrehen und mich auch in die Schule gehen zu lassen. Zu Hause angekommen lief ich schnurstracks durch den Garten zu der großen Eiche, um nach unserer Elfenfalle zu sehen. Doch ohne Storm an meiner Seite war der Baum nichts weiter als ein Baum. Der Zauber steckte nicht im Wald oder im Garten oder sonst wo, der Zauber steckte allein in meiner Schwester, und sie war nicht da. Verloren ging ich ins Haus.
In dem Schuljahr drückte ich mich tagsüber um Mom herum und versuchte, alles zu lernen, was sie machte, um einen neuen Menschen zu haben, dem ich nacheifern konnte. Ich lernte, wie man Pfirsiche einmacht und Eiscreme herstellt und wie man ein Spannbetttuch perfekt zusammenlegt. Wir spielten stundenlang Mensch ärgere Dich nicht, lasen Nancy Drew und die gesamte Reihe von Unsere kleine Farm und sahen uns in Dauerschleife Die unendliche Geschichte an – bis es halb vier war und das Kreischen der Schulbusbremsen Storms und Camerons Rückkehr verkündete. Dann kehrte der Zauber für den Abend zurück.
Storms Diagnose kam kurz vor meinem siebten Geburtstag. Non-Hodgkin Burkitt-Lymphom. Es klang wie eine Fremdsprache. Ich hatte keine Ahnung, was es bedeutete und warum Mom und Dad solche Angst hatten. Ich wusste nur, dass sich aufgrund dieser Wörter alles änderte.
Statt aus Fußballspielen und Bäumeklettern bestanden unsere Tage aus Arztbesuchen und fanatischem Hausputz. Ich bekam Ärger, wenn ich genau die Dinge machte, um die sich vor einem Monat noch niemand geschert hatte. Mom befahl mir ständig, leise zu sein, und schob mich aus dem Haus, damit Storms Ruhe nicht gestört wurde. Cameron verbrachte den Sommer in Nevada bei seinen Großeltern, weshalb nur ich im Garten war, getrennt von meiner Schwester und einer ganzen Welt.
Dann musste sie ins Krankenhaus, und ich war wirklich allein. Tante Morgan kam, um auf mich aufzupassen, gab mir Tiefkühlpizza zu essen und ließ mich lange aufbleiben, damit ich mir mit ihr Law & Order ansehen konnte. Der Sommer verstrich in einem Dunst aus Krimis, Pepperoni und Besuchen auf der Kinderkrebsstation, wo mir Mom sogar dann noch einen Ganzkörperanzug und eine Papiermaske überzog, als die Ärzte sagten, das Infektionsrisiko sei verschwindend gering. Am Ende des Sommers kehrte Cameron nach Hause zurück, aber ohne Storm war es nicht das Gleiche. Cam und ich fuhren zusammen mit dem Schulbus und spielten im Freien, wenn wir nach Hause kamen. Wir hatten Spaß, aber die Abwesenheit meiner Schwester hing ständig wie eine schwarze Wolke über uns.
Als sie nach Hause zurückkehrte, war ihr Haar nichts weiter als weicher schwarzer Flaum auf ihrem Kopf, und ihre Augenbrauen waren verschwunden. Doch ihr Lächeln war noch genau dasselbe: größer als groß und so strahlend, dass ich jedes Mal, wenn ich es sah, grinsen musste. Damals schlich ich jeden Abend nach der Zubettgehzeit in ihr Zimmer, kroch zu ihr ins Bett und rollte mich neben ihr ein.
In der achten Klasse war es am schlimmsten. Von der Vorschule bis zur achten gingen wir alle auf eine Privatschule, sodass ich seit dem Schulanfang mit Storm und Cameron zusammen gewesen war. Doch in dem Jahr waren sie an die staatliche Schule, die Muscatine High, gewechselt und hatten mich ganz allein zurückgelassen. Da sie nun fort waren, wurde mir endlich bewusst, wie sehr sie der Mittelpunkt meines Lebens waren. Ich hatte keine anderen Freunde. Zwar kannte ich die Kinder in meinen Kursen und kam mit ihnen aus, aber ich hatte nie versucht, ihnen näherzukommen, und in der achten Klasse hatte jeder längst eine Gruppe, mit der er abhing. Ich saß schließlich beim Mittagessen neben ein paar Mädchen aus meinem Sozialkundekurs, aber ich war entschieden »anders«. Man lud mich nicht zum Bowling oder zu Geburtstagsfeiern ein. Ich war einsam.
Während unseres letzten Monats kamen die Cheerleaderinnen der Muscatine High an unsere Schule, um Mädchen fürs Probetraining zu rekrutieren. Sie veranstalteten eine kleine Schülerversammlung in der Turnhalle, wo sie ein paar ihrer Routinen vorführten und uns erzählten, wie wunderbar das Cheerleading sei. An das, was sie sagten, erinnere ich mich eigentlich nicht mehr. Ich saß dort, gelangweilt, mit meinen übrigen Klassenkameradinnen, und sah zu, wie die Uhr bis zum letzten Läuten weitertickte. Allerdings erinnere ich mich noch sehr wohl daran, wie eine Cheerleaderin am Ende der Versammlung zu mir nach oben gelaufen kam. Sie bestand aus nichts als wilder roter Mähne und Glitzerlidschatten, ein Energiebündel in einem neonfarbenen Tanktop.
»Hey«, stieß sie atemlos hervor.
»Ähm. Hi?«
Sie schob sich einen Kaugummistreifen in den Mund und hielt mir die Packung hin. Ich winkte ab, und sie ließ sie mit einem Schulterzucken in die Tasche zurückgleiten. »Wirst du zum Probetraining gehen?«
»Ähm …«
»Denn das solltest du unbedingt. Dieses Jahr bin ich bloß im Team der Junior Varsity, aber ich glaube, nächstes Jahr schaffe ich es ins Varsity-Team.« Sie lachte und warf die Haare über die Schulter. »Oh, tut mir leid.« Sie kicherte. »Ich heiße übrigens Piper.«
»Anna«, sagte ich mit einem matten Lächeln.
»Wirst du also hingehen? Unsere Trainerin will unbedingt, dass jede von uns jemanden mitbringt, und ich bin gerade mitten im Schuljahr hergezogen und kenne deshalb eigentlich keine Achtklässlerinnen, die ich fragen könnte.«
Mein Zögern musste mir ins Gesicht geschrieben stehen, denn sie packte meine Hand, und ihre Stimme bekam einen flehenden Unterton. »Bitte? Ich glaube, du wärst toll – nein, echt! Das sehe ich dir an. Bitte!«
Die Zuschauertribüne leerte sich allmählich. Manche meiner Klassenkameradinnen blieben zurück, um mit den anderen Cheerleaderinnen zu reden und sich Faltblätter geben zu lassen. Ich bemerkte die Mädchen, mit denen ich in dem Jahr zu Mittag aß. Sie standen in einer kleinen Gruppe am Hallenrand und verdrehten jedes Mal die Augen, wenn jemand mit einem Formular fürs Probetraining an ihnen vorüberging. Ich sah wieder Piper an und zuckte die Schultern. »Okay.«
Sichtlich erfreut hakte sie sich bei mir unter und führte mich auf den Anmeldetisch zu. »Louis«, sagte sie, »ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.«
Und so war es auch. Vom ersten Abend des Probetrainings an waren Piper und ich unzertrennlich. Schon bald hatte ich einen neuen Freundeskreis, konnte auf Partys gehen und bei Spielen als Cheerleaderin auftreten. Ich verbrachte immer weniger Abende mit Storm und Cameron, bis sie eines Tages aufhörten, mich dazuzubitten. Damals war es keine große Sache gewesen, ich hatte meine eigenen Freundinnen. Aber jetzt? Jetzt fühlte ich die Entfernung wie eine Kluft in meinem Herzen, und es war zu spät, um die Lücke zu schließen.
KAPITEL 3
Mom und Dad erheben sich, und mir wird schlagartig klar, dass der Gottesdienst zu Ende ist und die Menge vor dem Aufstehen darauf wartet, bis die Familie hinausgegangen ist. Die nächste Gelegenheit, sich das Spektakel unserer Trauer vorführen zu lassen. Meine Eltern umarmen sich, halten sich verzweifelt aneinander fest. Tränen strömen an Dads Gesicht hinunter, und Moms schmaler Leib erbebt unter ihrem Schluchzen. Sie klingt wie ein Tier, wild und verletzt.
Wir stehen als Einheit auf: Tante Morgan, Cameron und ich. Piper und Jovani folgen unserem Beispiel. Die beiden treten leise in den Mittelgang, um nicht den Weg zu versperren. Ich weigere mich immer noch, meine Anker loszulassen, und so gehen wir als unbeholfenes sechsbeiniges Wesen an den nun leeren Plätzen meiner Freunde vorbei, dicht gefolgt von meinen zitternden Eltern. Ein alter Mann – vielleicht der Bestattungsunternehmer? – führt uns durch eine kleine Tür hinter einem Vorhang aus der Kapelle, dann sind wir allein. Endlich lasse ich die Hände von Cameron und Tante Morgan los. Ich bewege vorsichtig die Finger, um wieder Blut in die Spitzen zu bekommen.
Piper drängt sich an Cameron vorbei und schlingt die Arme fest um mich. Mein Gesicht verschwindet in ihrem Haar, und ich atme tief ein. Ihr vertrauter Duft nach Vanille und Zimt erdet mich.
»Vielen Dank, dass du gekommen bist«, sage ich.
Sie drückt mich noch fester. »Sei nicht dumm«, erwidert sie. »Wo sollte ich sonst sein?«
»Keine Ahnung.« Ich spüre, wie sich ein Lachen in meine Stimme schleicht. Es fühlt sich fremd an. »Irgendwo auf der Welt, bloß nicht in einer Kirche.«
Sie lässt mich los und weicht gerade einmal so weit zurück, dass sie mich ansehen kann. »Und es ist auch nicht irgendeine Kirche«, sagt sie. »Das hier ist die absolut verklemmteste, konservativste Kirche überhaupt.«
Cameron lacht glucksend, und ich merke, dass er so dicht an meiner Seite geblieben ist, als hätte ich seine Hand nie losgelassen.
»So sind die Holloways«, erklärt er Piper. »Ganz oder gar nicht. Wenn du in die Kirche gehst, dann gehst du richtig in die Kirche.«
Dad durchquert jetzt das Zimmer, legt einen Arm um meine Schulter und zieht mich an seine Seite. Ich schmiege mich an ihn, und endlich bricht der Damm. Tränen schießen so schnell aus meinen Augen, dass ich noch nicht einmal weiß, wie sie dorthin gekommen sind. Schon bald bin ich ein Häufchen aus Schluchzen, Rotz und Tränen. All die Trauer, die Wut, die Angst – alles, was ich in den letzten anderthalb Stunden unterdrückt habe – stürzen an die Oberfläche und kämpfen darum, als Erstes aus mir hervorzubrechen. Ich ringe keuchend nach Luft, meine Lunge schreit. Vor meinen Augen tanzen schwarze Punkte.
»Bringt sie her«, sagt Tante Morgan. Sie klingt weit weg, ihre Stimme gedämpft. Es ist wie damals, als Storm und ich während des Sommers im Pool spielten und uns unter Wasser unterhielten, einander Geheimnisse und Witze erzählten, ohne je zu wissen, ob das Gehörte stimmte. Auf einmal sind da Hände an meinen Oberarmen und führen mich durch den Raum. Durch die Tränen hindurch kann ich nichts erkennen.
Etwas stößt gegen meine Kniekehlen. Einen Augenblick kämpfe ich dagegen an, doch schließlich lasse ich zu, dass sie sich beugen, und ich sacke auf dem Sofa zusammen. Eine Hand drückt gegen meinen Rücken, schiebt mich vorwärts. Ich setze mich nicht zur Wehr. Es geht gar nicht – ich kann mich einzig darauf konzentrieren, Luft in meine Lunge zu saugen. Sie brennt. Mein Kopf dröhnt. Das Zimmer dreht sich.
Die Hand zwingt meinen Kopf zwischen meine Knie und beginnt dann mit sanften Kreisbewegungen auf meinem Rücken.
»Atme«, flüstert die Stimme in mein Ohr. »Einfach einatmen, Anna.«
Ich strecke die Hand aus und greife erst in die Luft, bis Jovani begreift, was ich tue. Er nimmt meine Hand in seine, während er mit der anderen weiter die Kreisbewegungen vollführt. »Komm schon, Anna«, sagt er. Seine Stimme ist so ruhig und fest wie eh und je. »Wir sind hier. Einfach einatmen.«
So redet er mit mir, sanft und beruhigend, bis sich mein Schluchzen in einen leisen, unberechenbaren Schluckauf verwandelt hat. Als ich mich wieder aufsetze, obwohl mein Kopf heftig gegen die Bewegung protestiert, ist Jovani gleich neben mir. Meine Eltern sitzen dicht zusammengedrängt am Rand des Sofas, Tante Morgan hält Moms Arm, und Cameron und Piper stehen gleich hinter Jovani.
»Tut mir leid«, sage ich bebend. »Ich weiß auch nicht …«
»Es braucht dir nicht leidzutun«, entgegnet Jovani. »Du darfst ja wohl zusammenbrechen.«
Ich nicke. Während ich mich ein paar Minuten auf meine Atmung konzentriere und spüre, wie sich mein Herzschlag wieder zu einem normalen Rhythmus verlangsamt, sehe ich zu allen Anwesenden im Zimmer auf. »Mir geht’s besser.« Ich wende mich an Mom und Dad. »Es tut mir leid, falls ich euch einen Schreck eingejagt haben sollte.«
Mom sieht immer noch aufgewühlt aus, aber Dad lächelt sanft. »Ist schon okay, Mäuschen. Ist schon okay.« Er wirft einen Blick auf die Uhr. »Wir müssen zurück nach Hause. Cameron?«
»Ja, Sir?« Cameron zieht am Kragen seines Hemds. Soweit ich mich entsinne, hat er meinen Dad noch nie mit Sir angeredet. Niemals. Rote Flecke klettern Cams Hals empor und auf seine Wangen.
Dad scheint Camerons Nervosität nicht zu bemerken. »Pastor Willitz wird uns nach Hause fahren. Kannst du bitte Anna mitnehmen?«
Das Zimmer ist ein Vakuum – ich bin mir nicht sicher, ob auch nur geatmet wird. Cams Gesicht verzieht sich, und er geht zum Sofa, um sich neben mich zu setzen. An den Enden seiner Wimpern hängen stille Tränen. Ich beobachte, dass Dad die Erkenntnis wie ein Schlag trifft.
Erst vor ein paar Tagen, nach der Abschlusszeremonie, hat Dad Cam auf die Schulter geklopft. »Herzlichen Glückwunsch«, sagte er jovial.
»Danke, Roger.« Cam wedelte mit der Diplomhülle vor Dads Gesicht herum. »Das Ding ist natürlich leer, also werden sie mich hier vielleicht doch nicht rauslassen.«
Dad brach in sein lautes Dad-Gelächter aus. »Hey«, sagte er verschwörerisch in lautem Flüsterton. »Ich fahre Storms Auto zurück nach Hause, um es zu waschen. Wir lassen es ihr zum Abschluss lackieren, sie hat ja so dezente Andeutungen fallen lassen. Kannst du sie bitte mit auf die Party nehmen?«
Das letzte Mal, als wir Storm gesehen haben, hat sie mit Cameron in ihren Polyestergewändern die Turnhalle verlassen. Wann hat sie ihn überredet, dass er mein Auto holte? Warum konnte sie nicht einfach mit ihm mitfahren, wie Dad es sich erbeten hatte?
Jetzt, endlich, bricht ein Geräusch das Schweigen im Zimmer. Mom atmet unsicher bebend ein und sagt dann die ersten Worte, die ich seit Tagen von ihr vernommen habe. »Du weißt doch, dass wir dir nicht die Schuld geben, Cam. Du liegst uns immer noch sehr am Herzen.« Sie zwingt sich zu einem Lächeln, das allerdings etwas Karikaturhaftes an sich hat.
Cameron sackt noch weiter auf dem Sofa zusammen, und sein ganzer Körper neben mir wird schlaff, bis unsere Arme aneinanderdrücken.
»Hab dir doch gesagt, dass dir keiner die Schuld gibt«, flüstere ich. Dann sehe ich zu meinen Eltern auf. »Wir kriegen das schon hin«, sage ich.
»Du kannst mit uns mitfahren, Baby«, sagt Mom. »Wir dachten nur …«
»Nein«, unterbreche ich sie. »Ihr habt recht. Es wäre mir lieber, wenn Cam mich nach Hause fährt.« Ich zwinge mich zu einem jämmerlichen Lächeln und stehe auf, um meine Eltern zu umarmen. Mom fühlt sich an, als könnte sie unter dem Druck meiner Arme zerbrechen, aber Dad ist stark und solide. Ich ziehe ihn näher an mich. »Ich hab dich lieb.«
»Ich hab dich auch lieb.« Er küsst mich auf den Kopf und lässt mich dann los, bevor er Moms Hand packt und sie aus dem Zimmer führt. Als sie die schwere Tür aufstoßen, wartet Pastor Willitz draußen. Er sieht an ihnen vorbei zu mir, die Augen voller Mitleid. Tante Morgan wirft ebenfalls einen letzten Blick über die Schulter und sucht in meinem Gesicht ein Anzeichen, dass sie bleiben soll, aber ich winke ab.
Sobald sich die Tür schließt, ergreift Piper das Wort. »Wir haben Mamas Wagen. Bei uns ist also Platz für dich, Anna.« Jovani fährt einen alten Civic Del Sol, aber immer, wenn es mehr als zwei Leute sind, bezirzt er seine Mom, ihm die Schlüssel von ihrem Minivan zu geben. Piper sieht mich erwartungsvoll an und rechnet damit, dass ich aufspringe und mit ihnen gehe. Was ich bei jeder anderen Gelegenheit auch machen würde. Sie sind meine besten Freunde.
Heute, Camerons Arm warm an mich gedrückt, blicke ich zu Piper auf und lehne ab. »Ist schon in Ordnung. Wir sehen uns dort, ja?«
»Sicher. Ruf mich an, wenn ich dir was mitbringen soll. Ich sollte wahrscheinlich losfahren und das Mom-Mobil zurückbringen«, sagt Jovani. Nach außen hin ist er völlig ruhig, aber ich kenne ihn und weiß, dass er gekränkt ist. Doch das lässt er sich nicht anmerken, nicht vor Cameron. Piper hingegen starrt mich an, Funken blitzen in ihren Augen. Sie schwört, dass die Klischeevorstellungen über Rothaarige – dass sie ein feuriges Temperament haben und Herzensbrecher sind – überhaupt nicht zutreffen, aber sie verkörpert sie mit jeder Pore. Sie starrt Cameron zornig an und richtet dann den Blick auf mich. In ihrem Gesicht spiegelt sich Fassungslosigkeit. »Im Ernst?«
Ich nicke.
»Na schön«, sagt sie etwas sanfter als in ihrem gewöhnlichen Anschnauzton. »Dann sehen wir uns wohl dort.« Sie folgt Jovani durch die Tür.
Cam und ich bleiben sitzen. Keiner von uns macht Anstalten, sich zu bewegen. »Du hättest mit ihnen mitfahren können«, sagt er nach einer Minute.
»Ich weiß.«
»Warum hast du es nicht getan?«
Warum habe ich es nicht getan? Ich könnte ihm sagen, es läge daran, dass Dad ihn gebeten hat, mich zu fahren, aber wir wüssten beide, dass das gelogen wäre. Es ist nicht so, als wäre ich eine große Rebellin – normalerweise tanze ich nicht aus der Reihe –, aber wenn Dad Cameron bittet, mich zu fahren, reicht das definitiv nicht aus, um mich davon abzuhalten, bei meinen Freunden einzusteigen, und das wissen wir beide.
Ob ich es ganz erklären kann, weiß ich nicht, aber ich versuche es.
»Du verstehst es«, sage ich. Da er nicht reagiert, rede ich weiter. »Ich liebe Jo und Piper, aber sie werden es nie so verstehen, wie du es tust.«
»Was verstehen?«
»Storm. Sie sind Teil meiner Welt, nicht ihrer. Sie haben sie nie so gekannt wie du. Sie … Sie kapieren es einfach nicht. Sie wissen nicht, wie es ist, sie zu verlieren.«
Er nickt, sagt jedoch nichts. Das braucht er nicht. Wir bleiben sitzen, während die Wanduhr die Sekunden vertickt. Dann streckt Cameron die Hand nach mir aus. »Okay«, sagt er. »Bringen wir’s hinter uns.«
KAPITEL 4
Autos parken zu beiden Seiten unserer Straße, so weit mein Blick reicht. Cameron fährt mit dem Pick-up in seine Einfahrt und parkt das Auto seiner Mom zu. Allerdings ist das egal – wahrscheinlich ist sie sowieso bei mir zu Hause. Der Rest der Stadt ist es jedenfalls.
Ich will nicht hineingehen. Ich möchte hier in Camerons Pick-up sitzen und Radio hören, Stille, irgendetwas, bloß nicht das leise Geplapper im Haus. Doch er öffnet schon seine Tür, also folge ich seinem Beispiel.
Der Weg von der Einfahrt zu unserer Haustür beträgt nur etwa fünfunddreißig Meter quer über unseren Rasen, aber er scheint sich ewig hinzuziehen. Mit jedem Schritt nimmt meine Nervosität zu, und der Drang, kehrtzumachen und in die andere Richtung zu laufen, wird stärker.
Wir erreichen die Veranda. Steigen die drei Stufen zur Haustür hoch. Ich starre die Tür an und will sie kraft meiner Gedanken öffnen. Automatisch umklammere ich Cams Hand. Lass mich nicht los, gebe ich ihm durch meinen Griff zu verstehen. Lass mich denen da drinnen nicht allein gegenübertreten.
Wir gehen hinein.
Das Haus ist zum Bersten voll mit Menschen. Manche kenne ich aus der Schule. Taylor redet in einer Wohnzimmerecke mit Piper, und die anderen Cheerleaderinnen schwirren voll nervöser Energie hektisch um sie herum. Jovani ist nirgends zu sehen. Wahrscheinlich hat er Piper abgesetzt, bevor er den Wagen seiner Mom zurück nach Hause gebracht hat. Oder er ist oben und versteckt sich in meinem Zimmer vor den vielen Leuten. Er hatte noch nie viel für Menschenmengen und eng aneinandergedrängte Körper übrig. Der Rest des Wohnzimmers summt vor Gesichtern, die ich nur mit Mühe einordnen kann: Menschen aus der Kirche, Dads Arbeitskollegen, Storms alte Lehrkräfte. Ich erkenne ein paar Ärzte von der Krebsstation wieder. Wie haben sie reagiert, als sie es erfuhren? So ein Kampf, um den Krebs zu besiegen, bloß um Storm an eine alte Eiche an der Rock Hill Road zu verlieren?
»Ich kann nicht«, sage ich durch zusammengepresste Zähne. »Ich will mit diesen Leuten nicht reden.«
Camerons Griff an meiner Hand wird fester. »Gehen wir in die Küche«, schlägt er vor. »Etwas zu trinken holen, von der Meute wegkommen. Uns fällt schon etwas ein.« Er führt mich durch die Tür und an den nichtssagenden Gesichtern vorbei, ohne das Tempo für jemanden zu verlangsamen, bis wir durch das Esszimmer die Küche erreichen.
Glücklicherweise sind hier nur ein paar Leute, die Aufläufe vorbeibringen oder Teller mit dem üblichen Leichenschmaus füllen. Wir laufen um die Kücheninsel auf den Kühlschrank zu, lehnen uns, mit Dr-Pepper-Dosen in der Hand, an das lange Büfett und warten ab, dass die Leute wieder gehen und wir allein sind.
»Danke«, sage ich.
»Jederzeit.«
Er öffnet seine Dose, und ich sehe wieder eine Million Nachmittage aus meiner Kindheit vor mir, als wir drei Dr. Pepper aus gekühlten Metallbechern tranken, während wir uns Zeichentrickfilme ansahen. Ich wünschte, wir hätten immer so bleiben können, nur drei Kinder, ausgestreckt auf dem Wohnzimmerboden, ohne die geringsten Sorgen.
Ich frage mich, ob Cameron das Gleiche denkt, ob der Geruch von Dr. Pepper ihn genauso zurückversetzt wie mich.
Tante Morgan schneit in die Küche. »Oh, dem Himmel sei Dank!«, sagt sie. Sie lächelt traurig – kann man heute irgendwie anders lächeln? – und wendet sich an Cameron. »Deine Mom ist gerade ins Krankenhaus gerufen worden. Anscheinend ist Sarah zu Hause und kotzt – weißt du was, ist ja egal. Sie muss hinfahren, aber dein Pick-up …« Ihre Stimme verliert sich, und sie sieht uns beide an. Dann wandert ihr Blick nach unten zu unseren Händen, die immer noch ineinander verschränkt sind. Ich packe fester zu.
»Ich fahre ihn weg.« Cam stellt seine Dose auf der Arbeitsplatte ab. Zu mir sagt er: »Halt hier die Stellung. Ich komme zurück, sobald ich eine Parkmöglichkeit gefunden habe, okay?«
Ich nicke und zwinge mich, seine Hand loszulassen. Cameron eilt aus der Seitentür.
»Hey«, sagt Tante Morgan. »Weißt du, ich soll sicherstellen, dass da draußen alles in Ordnung ist?« Sie hat die schlechte Angewohnheit, Nicht-Fragen nach Fragen klingen zu lassen. Mom sagt, das hat sie von den Mädchen in ihrer alten Studentinnenverbindung. »Aber ich kann hier bleiben, wenn du willst?«
»Nein.« Zum Nachdruck schüttele ich den Kopf. »Mir geht’s gut. Ich will eigentlich sowieso bloß allein chillen.«
»Okay. Ich bin nebenan, wenn du mich brauchst.«
»Im Ernst, geh nur.« Ich winke sie aus dem Zimmer. »Ich komm schon klar.«
Während die Minuten verstreichen, wird mir jedoch allmählich bewusst, dass ich eigentlich überhaupt nicht klarkomme. Ich beobachte die Uhr über dem Herd, während sie vier, fünf, sechs Minuten weitertickt, seitdem Cameron gegangen ist. Wie lange dauert es eigentlich, einen Pick-up wegzufahren? Angst kriecht unter meine Haut, kribbelt, und am liebsten würde ich mir einen Weg aus meinem eigenen Körper boxen. Ich spüre, wie eine weitere Panikattacke langsam an die Oberfläche steigt, aber diesmal kann ich sie nicht zulassen. Nicht vor all den Leuten, die mich hören können. Ich muss einen anderen Weg finden, diese Energie loszuwerden.
Die Seitentür schwingt auf, sodass eine warme Brise durch die Küche weht, und ich verspüre Erleichterung. Allerdings ist es gar nicht Cameron. Stattdessen tritt Jovani ein und lässt die Tür leise hinter sich zuschnappen. Er trägt keinen Anzug mehr, sondern eine Khakihose und ein eng anliegendes Polohemd. Statt des ordentlichen Pferdeschwanzes von der Beerdigung hängt ihm das lange schwarze Haar jetzt lose ums Gesicht.
Hitze wallt tief unten in meiner Magengegend auf, und mit einem Mal weiß ich, wie ich die aufgestaute Angst loswerde. Meine Dose fällt auf die Arbeitsplatte, kippt beinahe um. Ich gehe schnurstracks durch die Küche auf Jo zu, packe seine Hand und ziehe ihn hinter mir her.
»Was …«
»Ich muss hier raus«, sage ich über die Schulter. »Komm mit.«
Ihn ein wenig zu unsanft hinter mir herziehend gehe ich die Küchentreppe hoch. Sie ist dunkel und schmal, wurde als Dienstbotenaufgang gebaut, als das Haus neu war. Ich stoße die Tür oben langsam auf und spähe hinaus, um sicherzugehen, dass der Flur leer ist. Dann flitze ich hinüber zu meiner Zimmertür.
Sobald wir drinnen sind und ich die Tür mit einem leisen Klicken geschlossen habe, lasse ich Jovanis Hand los.
»Was willst du …«, setzt er an.
Ich lasse ihn nicht ausreden. Stattdessen schubse ich ihn fest gegen die Wand und presse die Lippen auf seine. Sie sind warm und weich, absolut vertraut. Und als er den Mund öffnet – vor Überraschung oder Lust, da bin ich mir nicht sicher –, öffne ich meine ebenfalls, damit sich unsere Zungen ineinander verschlingen können.
Mein Körper ist dicht an seinem, sodass ich es spüre, als er anfängt, auf meinen Kuss zu reagieren. Jovani drückt sich gegen mich und stöhnt leise in meinen Mund. Er schmeckt wie immer, als hätte er eben ein Stück herbe dunkle Schokolade gegessen. Seine Hände raufen meine Haare, fahren über meine Schultern und Oberarme. Ich drücke mich fester an ihn. Ich muss ihn spüren. Ich muss irgendetwas anderes als diese Leere spüren, mit der mich Storms Tod zurückgelassen hat.
Mit den Fingern packe ich seine Hose, fummele an seiner Gürtelschnalle herum, weil ich unbedingt die Lagen zwischen uns entfernen will. Er atmet mit einem scharfen Keuchen aus und beginnt, mir zu helfen. Seine Hände legen sich um meine, groß und warm, und …
Die Tür schwingt neben uns auf, knallt gegen Jos Schulter, und Cameron tritt ins Zimmer. »Hey, Anna. Bist du hier … Oh!« Er sieht uns und zwingt den Blick zu Boden, während sein Gesicht knallrot anläuft.
Meine Hände zucken von Jovanis Hose zurück, direkt hoch zu meinem Haar, das ich glatt zu streichen versuche. Ich winde es zu einem schnellen Zopf und lasse es über eine Schulter hängen. Jo bleibt mir zugewandt, nicht gewillt, sich umzudrehen und Cameron anzusehen. Wir alle stehen da, drei verlegene Statuen, und jeder hat Angst, sich als Erster zu rühren.
Schließlich räuspert sich Cameron. »Ähm, tut mir leid. Ich habe nicht …«
Und immer noch steht er da. Ich spüre, wie meine Augen größer werden, aus meinem Kopf quellen. Er bewegt die Füße ein wenig, schiebt den Zeh an das geschmolzene Stück Teppich, das Piper vor zwei Jahren mit ihrem Lockenstab verbrannt hat. Hin und zurück, hin und zurück. Dieser Tag kann sich nicht noch mehr in die Länge ziehen! Aber irgendwie tut er es doch.
»Tja«, sagte er leise, »ich werde dann wohl mal …«
»Geh!«, schreie ich, und meine Wut kommt so unvermittelt, dass sie sogar mir selbst Angst einjagt. »Geh einfach, Cam! Raus mit dir!«
Ich erhasche einen letzten Blick auf sein Gesicht, bevor er geht: Das Entsetzen ist nur einen Moment lang deutlich zu sehen, bevor seine Augen hart und abweisend werden. Er geht rückwärts in den Flur und zieht die Tür so behutsam hinter sich zu, dass das Zuschnappen kaum zu hören ist. Mein ganzer Atem strömt mit einem Schnaufen aus mir heraus und hinterlässt Leere in meiner Lunge. Tief in meiner Seele. Die Leere finde ich schwerer zu ertragen als alles andere. Ich bin nicht bereit. Werde nie bereit sein.
Ich drehe mich um und küsse Jovani erneut, stürmisch, versuche, uns wieder dahin zu bringen, wo wir vor Cam waren. Seine Hände sind immer noch vorn an seiner Hose, und ich taste erneut nach seinem Gürtel. Doch statt den Gürtel zu öffnen, packt er mich an den Handgelenken, zieht meine Hände nach oben zwischen unsere Brustkörbe, schiebt mich von sich. »Warte mal«, keucht er.
Ich beuge mich vor, um ihn erneut zu küssen, aber er stößt mich weiter weg.
»Ich kann nicht.«
»Was?« Es ist schließlich nicht so, als hätten wir das hier noch nie gemacht. Rasch schiebe ich mich wieder an ihn. »Es fühlt sich aber sehr wohl an, als könntest du«, sage ich.
Jovani lässt meine Hände los und durchquert das Zimmer, um sich mit der für ihn typischen Gelassenheit auf mein Bett zu setzen. »Du willst das nicht, Anna.«
»Du weißt nicht, was ich will«, fahre ich ihn an.
»Du schon?« Seine dunklen Augen sehen mich durchdringend an. »Du weißt, dass ich dich liebe, Anna. Immer. Aber mal echt, denk drüber nach, okay?«
Der Zorn, der in mir aufsteigt, sackt sofort wieder in sich zusammen. Ich lasse mich neben ihn aufs Bett plumpsen, lege mich auf den Rücken, die Beine hängen über die Kante. »Und wenn ich nicht darüber nachdenken will? Und wenn ich nur … etwas … empfinden möchte?«
Das Bett wippt, als sich Jovani neben mich fallen lässt. »Komm her«, flüstert er, zieht mich an sich und bietet mir seinen Bizeps als Kopfkissen. »Wenn du etwas empfinden möchtest, dann musst du die Empfindungen zulassen. Ich bin für dich hier, solange du es möchtest. Aber ich kann mich nicht von dir benutzen lassen, weil du deinen Kummer ignorieren willst. Empfinde ihn einfach.«
Jetzt kommen wieder Tränen, diesmal leise, während ich mir gestatte, Storm zu vermissen, sie zum ersten Mal seit dem Unfall richtig zu vermissen. Ich weine in Jovanis Armen, bis mein Kopf wehtut und meine Augen so verquollen sind, dass ich sie kaum aufbekomme.
Nachdem mein Schluchzen versiegt ist, gähne ich, und er umarmt mich fest.
»Schlaf ein. Ich gehe nicht weg.«
»Danke«, sage ich. »Dass du nicht, du weißt schon …«
»Kein Problem«, sagt er.
»Echt?«
Er lacht, ein tiefes Grollen in seiner Brust. »Eigentlich nein. Ich finde, dafür habe ich einen Orden verdient.«
»Ich sorge dafür, dass du morgen früh einen bekommst«, murmele ich, kurz bevor ich einschlummere.