Der WM-Pokal ist anders als andere Pokale. Daraus lässt sich nicht trinken.
Die flaschengroße Goldstatue stellt zwei triumphierende Fußballspieler dar, die in ihren ausgestreckten Händen gemeinsam eine Weltkugel halten. Ihre Heimat ist Zürich. Seit 2012 steht sie dort im FIFA-Museum. Aktuell jedoch ist sie bereits seit 9. September 2017 on tour. FIFA-Präsident Gianni Infantino hat die Trophäe an den russischen Präsidenten Vladimir Putin übergeben. Es war ein Startschuss für eine Reise in 50 Länder auf sechs Kontinenten. Die Trophy Tour besucht zunächst 15 Städte in Russland. Im Januar geht sie auf Welttournee mit Stationen bei ehemaligen WM-Gastgebern wie Südafrika, Japan, Brasilien, Frankreich und Deutschland. Einen Monat vor WM-Beginn kehrt die Trophäe nach Russland zurück und startet dort zu einer 26.000-Kilometer-Tour in alle WM-Städte.
Die erste WM-Pokal-Statue, vom französischen Bildhauer Abel Lafleur gefertigt, wurde nach dem damaligen FIFA-Präsidenten Jules Rimet benannt. Der Coup Jules Rimet ging 1970 nach dem dritten Titelgewinn in Brasiliens Besitz über. Für die WM 1974 in Deutschland schuf der Italiener Silvio Gazzaninga den neuen Wanderpokal, 36,8 cm hoch, 6,175 Kilo schwer und aus 18-karätigem Gold gefertigt. Der Fuß enthält zwei Ringe aus dem Halbedelstein Malachit, wo ursprünglich die Namen der Weltmeister eingraviert werden sollten. Die Titelträger stehen nun auf der Unterseite der runden Standfläche mit Platz für 17 Einträge, also bis zur WM 2038. Die Nachbildungen für die Weltmeister tragen auf den Rückseiten ihrer Sockel eine Platte mit der Bezeichnung des Turniers, der Jahreszahl und dem Weltmeister. Die jüngste Nachbildung steht in der DFB-Zentrale in der Frankfurter Otto-Fleck-Schneise. Am 15. Juli 2018 wird der nächste Weltmeister gekürt und der WM-Pokal in neue Hände gegeben. Vielleicht ist es dann Manuel Neuer statt Philipp Lahm …
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JOGI LÖW GREIFT NACH DEM 5. STERN
TEILNEHMER
RUSSLAND: STÄDTE & STADIEN
STARS
STATISTIK
SPIELPLAN
REKORDE
Liebe Fußball-Freunde, liebe Leser,
die deutsche Mannschaft reist als Titelverteidiger nach Russland. Es wird anders sein als vier Jahre zuvor. Nun ist Deutschland der Favorit. Alles andere als eine erfolgreiche Titelverteidigung gilt schon als Enttäuschung.
Nur zu gut erinnere ich mich noch, als wir 1994 in den USA als Titelverteidiger an den Start gegangen sind und natürlich auch das Ziel hatten, den Erfolg von Rom zu wiederholen. Wir sind im Viertelfinale gegen Bulgarien ausgeschieden. Yordan Letchkov, damals beim HSV unter Vertrag, hat uns aus dem Turnier geköpft, obwohl wir durch meinen Elfmeter mit 1:0 in Führung gegangen waren. Im entscheidenden Moment aber konnten wir nicht mehr zulegen.
Wir haben gerade gesehen, dass in Panama nach der erfolgreichen Qualifikation ein Feiertag ausgerufen wurde, wir haben gesehen, wie ausgelassen die Isländer ihre erste WM-Teilnahme gefeiert haben, und wir haben erlebt, wie in Italien eine Staatstrauer verordnet wurde, als die Qualifikation verpasst wurde. Das alles zeigt, welchen Stellenwert eine Weltmeisterschaft genießt. Für einen Fußballer ist schon eine einzige WM-Teilnahme das Höchste. Ich durfte an fünf Endrunden teilnehmen und 1990 in Rom den Pokal in Händen halten. Das ist die Krönung für jeden einzelnen Spieler. Und es muss viel zusammen passen, damit der Welttitel wieder nach Deutschland kommt.
Immer wieder werde ich gefragt, was denn den Ausschlag gibt für so einen Titelgewinn, was über Erfolg oder Misserfolg auf allerhöchstem Niveau entscheidet.
Eines vorweg: Jogi Löw hat das Glück, aus dem Vollen schöpfen zu können. Sowohl das Team, das den Confed-Cup gewonnen hat, als auch die Leistungsträger beim EM-Gewinn der U 21 ergänzen die verbliebenen Weltmeister auf eine Art und Weise, wie sie der deutsche Fußball selten zuvor erlebt hat. Um aber wirklich den Titel holen zu können, werden andere Kriterien entscheiden als die Masse an Qualität.
- Da ist der Teamgeist. In einer Gruppe von 23 Spielern, die in ihren Vereinen Stars sind, gibt es immer Reibungspunkte, weil nur elf spielen können. Entscheidend wird sein, wie Jogi Löw die Gruppe bei Laune hält und aufkommende Zwistigkeiten im Keim erstickt. Der Teamgeist war eines der Erfolgsgeheimnisse von 1990 und wohl auch von 2014. Dieser Teamgeist muss sich auf den Rasen übertragen, wo jeder bereit sein muss, dem anderen zu helfen.
– Die Fitness. Nur wenn die körperlichen Voraussetzungen stimmen, sind außergewöhnliche Leistungen möglich. Da reichen keine 90 %.
– Der Start. Nach jeder Vorbereitungszeit herrscht Unsicherheit, ob die einstudierten Spielzüge wirklich sitzen, die Standards funktionieren, die Fitness wirklich stimmt. Deshalb ist das Auftaktspiel so wichtig. 1990 haben wir Jugoslawien 4:1 geschlagen, 2014 gab es ein 4:0 gegen Portugal. Diese Auftaktsiege gegen den jeweils stärksten Gruppengegner haben die Mannschaft durch das Turnier getragen.
- Der Wille. Jeden Gegner auszuspielen, wird nicht möglich sein. Es gibt enge Spiele gegen gleichstarke Gegner. Um diese Spiele zu gewinnen, muss der absolute Siegeswille vorhanden sein und auch das Selbstvertrauen, diesen Gegner schlagen zu können. Da muss jeder Spieler an und über die Schmerzgrenze gehen. Nur dann wird es gelingen, 2018 den fünften Stern zu holen.
Zuletzt ist es Brasilien 1962 gelungen, den Weltmeister-Titel erfolgreich zu verteidigen. Das zeigt, wie schwer die Aufgabe ist. Ich kenne Jogi Löw und die meisten Jungs und traue ihnen zu, diesen Coup zu landen. Dafür drücke ich ganz fest die Daumen.
Mit diesem Buch können Sie sich auf das Großereignis im Sommer 2018 richtig einstimmen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Lothar Matthäus
WELTMEISTER 1990
REKORD-NATIONALSPIELER
SKY-EXPERTE
Nur zwei Weltmeister konnten ihren Titel bisher verteidigen. Das waren Italien 1938 und Brasilien 1962. Es ist also über 50 Jahre nicht mehr passiert. Noch nie wurde ein Confed-Cup-Sieger auch ein Jahr später Weltmeister. Und dennoch ist es das erklärte Ziel von Jogi Löw, erneut Weltmeister zu werden. Es ist die logische Ambition einer Generation, die gelernt hat, nach den Sternen zu greifen. Auch nach dem 5. Stern?
DER ERFOLGREICHSTE BUNDESTRAINER: Jogi Löw ist seit 2006 im Amt und aktueller Weltmeister-Trainer. Kein anderer holte so viele Siege wie der Mann aus dem Breisgau.
UNVERGESSENE CHAMPIONS: Die Weltmeister 2014 mit Kapitän Philipp Lahm und dem WM-Pokal.
Die Weltmeister gibt es nicht mehr.
Kapitän Philipp Lahm erklärte nach dem Finale von Rio ebenso seinen Rücktritt wie Rekordtorschütze Miro Klose und Abwehrrecke Per Mertesacker. Es folgten Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski. Kevin Großkreutz verdingt sich inzwischen in der 2. Liga bei Darmstadt 98, Mario Götze fiel mit einer rätselhaften Krankheit mehr als sechs Monate aus, André Schürrle und Benedikt Höwedes quälen sich mit Verletzungen durch die Saison und sind in ihren Klubs ebenso wenig Stammspieler wie Dortmunds Erik Durm.
Wenn Joachim Löw seinen Kader für die WM 2018 nominiert, werden die Karten neu gemischt. Natürlich bilden die Weltmeister nach wie vor wichtige Korsettstangen im Team des Bundestrainers. Manuel Neuer ist inzwischen zum Kapitän aufgestiegen, die Abwehr-Asse Hummels und Boateng sind eher besser als schlechter geworden. Toni Kroos hat sich zum Motor des deutschen Spiels entwickelt und durch zwei Siege in der Champions League (2016 und 2017 mit Real Madrid) in den Fußball-Olymp katapultiert. Auch Sami Khedira (inzwischen Juventus Turin) und Mesut Özil (immer noch Arsenal London) sind wohl unverzichtbare Stammkräfte. Aber das deutsche Team, das in der Qualifikation einen neuen Weltrekord aufstellte (30 Punkte, 43:4 Tore), wird ein neues, ein anderes Gesicht bekommen.
Es ist viel passiert seit dem Triumph von Rio.
Zum einen ist da die EM 2016 in Frankreich. Sang- und klanglos ging das Halbfinalspiel gegen den Gastgeber mit 0:2 verloren. Der Traum von Jogi Löw, nach der Welt- auch die Europameisterschaft zu gewinnen, war brutal ausgeträumt. »Wir haben die Lehren daraus gezogen«, sagte der Bundes-Jogi, nannte die fehlende Gier, die fehlenden Tormöglichkeiten, die fehlenden Anspiele in die Sturmspitze als mögliche Gründe und ließ den Worten Taten sprechen.
Da war der Sommer 2017, als er ein Perspektiv-Team zum Confed-Cup nach Russland schickte und völlig überraschend mit dem Titel zurückkehrte – ohne einen einzigen der Weltmeister. Gleichzeitig formte Ex-Europameister Stefan Kuntz, der 1996 in England den letzten Europatitel mit einer DFB-Auswahl holte, eine Nachwuchstruppe, die ebenso sensationell die U-21-Europameisterschaft gewann.
NEUER LINKSVERTEIDIGER: Der Kölner Jonas Hector hat sich auf der Position von Weltmeister Benedikt Höwedes festgespielt.
NEUER RECHTSVERTEIDIGER: Joshua Kimmich beerbte Philipp Lahm erst in der Nationalmannschaft, dann auch beim FC Bayern.
Plötzlich ist das Reservoir der Spieler, die in Russland Weltklasseniveau erreichen können, sprunghaft gestiegen. Jogi Löw hat die Qual der Wahl. Es spricht für ihn, seinen Ehrgeiz, seine Professionalität und seinen Fußballverstand, neue Reize zu setzen, neue Chancen auszuloten, neuen Talenten Perspektive zu geben. Denn auch Löw kennt die Gesetzmäßigkeiten:
– Noch nie hat ein aktueller Confed-Cup-Sieger anschließend auch den WM-Titel gewonnnen.
– Erst zweimal gelang eine erfolgreiche Titelverteidigung: 1938 Italien, 1962 Brasilien. Das alles ist längst verjährt.
Wenn er inzwischen auf die Favoritenrolle angesprochen wird, verweist er gerne auf andere: »Brasilien,« sagt er, »hat sich von dem 1:7-Schock längst erholt, ist Olympiasieger und hat eine tadellose Qualifikation gespielt. Frankreich hat sich weiter entwickelt und mit Griezmann, Pogba, Mbappé Weltklassespieler. Den Engländern traue ich viel zu, weil sie eine herausragende Nachwuchsarbeit leisten und in Harry Kane einen Toptorjäger haben.« Einmal im Fluss, kann Löw gar nicht aufhören, lobt die Belgier, die Spanier und vergisst auch Messis Argentinier nicht, obwohl die in der Qualifikation beinahe gestrandet wären.
Nein, der Weltmeister ist keine Übermannschaft, die den Weltfußball diktiert. Nein, Deutschland hat keinen Weltklassefußballer wie Ronaldo, Messi oder Neymar. Es bedarf einer Weltklasseleistung der gesamten Mannschaft, um wirklich den Titel verteidigen zu können. Erinnern wir uns an 2014, an den Zittersieg im Achtelfinale gegen Algerien, an das glückliche 1:0 im Viertelfinale gegen Frankreich, als Neuer kurz vor Schluss einen Schuss von Benzema aus dem Winkel kratzte. Oder an das Finale gegen Argentinien, als Higuain frei vor Neuer die Nerven versagten und Löw den Siegesjoker einwechselte, als Mario Götze die Sternstunde seiner Karriere erlebte und einen komplizierten Ball in technischer Perfektion acht Minuten vor dem Ende in die Maschen drosch.
Es bedarf des unbedingten Siegeswillens und eines unfassbaren Teamgeistes, um zu wiederholen, was 2014 gelang. Der fünfte Stern ist möglich, aber alles andere als sicher.
Wenn Jogi Löw, wie vor den letzten Turnieren auch, nach Südtirol bittet, um die Vorbereitung auf die Endrunde zu starten, werden sieggestählte und frustgebeutelte Akteure anreisen. Meister, Pokalsieger, Champions League-Sieger werden mit breiter Brust und enormem Selbstvertrauen antreten, andere vielleicht gedemütigt, frustriert, demoralisiert. Und dann bleibt auch die Frage, wer die Saison in Topform bestreiten und verletzungsfrei beenden kann. Trotz der großen Auswahl, auf die sich Löw berufen kann, sind einige Erfolgsgaranten unablässig für ein mögliches Siegerteam.
Ilkay Gündogan hat das Potenzial dazu, aber immer wieder Verletzungspech. Bisher konnte der Mittelfeldspieler, inzwischen bei Manchester City unter Vertrag, noch an keinem Turnier mit der DFB-Elf teilnehmen.
Das gilt auch für den Dortmunder Marco Reus, der sich im letzten Testspiel vor der WM 2014 so schwer verletzte, dass er ein halbes Jahr ausfiel. Auch den Pokalsieg 2017, seinen ersten Titel überhaupt, musste er teuer bezahlen und fehlte Dortmund die komplette Hinrunde. Nur bei der EM 2012 stand er im Kader, kam damals aber über die Rolle des Ergänzungsspielers noch nicht hinaus.
NEUER MANN AN DER SEITE DES BUNDESTRAINERS: Thomas Schneider ist als Nachfolger von Hansi Flick Assistenztrainer von Joachim Löw.
ZWEI, DIE SICH HOFFNUNG MACHEN: Lars Stindl und Sandro Wagner im neuen WM-Trikot
Da ist Mario Götze, der Held von Rio, der an einer mysteriösen Stoffwechselstörung leidet, die ihn ein halbes Jahr lang außer Gefecht setzte. Bleibt fraglich, ob der Dortmund-Heimkehrer wieder zu der Form findet, die ihn auch für Löw unverzichtbar macht.
Oder Manuel Neuer, der viermalige Welttorhüter, der sich gleich dreimal binnen eines Jahres den Mittelfuß brach und das Jahr 2017 als Seuchenjahr abhaken muss.
Werden sie fit? Kommen sie in Topform? Werden sie wieder so stark wie zuvor?
Es gibt andere, die zu Shootingstars werden können.
Joshua Kimmich etwa, Nachfolger, sowohl in der Nationalelf als auch bei den Bayern, von Weltklasseverteidiger Philipp Lahm, zeigt trotz seiner erst 23 Lenze Führungsqualitäten und trumpfte auch beim Confed-Cup groß auf, wo er sämtliche fünf Partien bestritt.
Oder Timo Werner, der sich beim Confed-Cup zum besten deutschen Stürmer entwickelte und aus der Hand von Diego Maradona als bester Torschütze ausgezeichnet wurde. Kann er das Niveau bestätigen? Hat er wirklich das Zeug, sich gegen internationale Klasseverteidiger durchzusetzen und die deutschen Spiele zu entscheiden?
Und dann ist da noch ein Typ wie Leroy Sané, der seine Confed-Cup-Teilnahme wegen einer Zahn-OP absagte, aber in der englischen Premier League unter den Fittichen von Pep Guardiola immer häufiger in die Rolle des Spielentscheiders schlüpft.
Kimmich ist 23, Werner 22, Sané auch erst 22, wenn die WM in Russland angepfiffen wird. Sind sie die kommenden Weltmeister?
Tor
Manuel Neuer (Bayern München)
Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund)
Ron-Robert Zieler (Hannover 96)
Abwehr
Jérôme Boateng (Bayern München)
Erik Durm (Borussia Dortmund)
Matthias Ginter (SC Freiburg)
Kevin Großkreutz (Borussia Dortmund)
Benedikt Höwedes (Schalke 04)
Mats Hummels (Borussia Dortmund)
Per Mertesacker (FC Arsenal)
Philipp Lahm (Bayern München)
Shkodran Mustafi (Sampdoria Genua)
Mittelfeld/Angriff
Julian Draxler (FC Schalke 04)
Mario Götze (Borussia Dortmund)
Sami Khedira (Real Madrid)
Miroslav Klose (Lazio Rom)
Christoph Kramer (Bor. Mönchengladbach)
Toni Kroos (Bayern München)
Thomas Müller (Bayern München)
Mesut Özil (FC Arsenal)
Lukas Podolski (FC Arsenal)
André Schürrle (FC Chelsea)
Bastian Schweinsteiger (Bayern München)
Die Ergebnisse
Portugal 4:0 (Tore: Müller 3, Hummels), Ghana 2:2 (Götze, Klose), USA 1:0 (Müller), Algerien 2:1 n.V. (Schürrle, Özil), Frankreich 1:0 (Hummels), Brasilien 7:1 (Müller, Klose, Kroos 2, Khedira, Schürrle 2), Argentinien 1:0 (Götze).
DER TRIUMPH VON RIO: Neben Kapitän Philipp Lahm haben inzwischen auch Miro Klose, Per Mertesacker, Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger ihren Rücktritt eingereicht.
Titel zu holen, ist schwer. Den Titel zu verteidigen noch viel schwerer. Aber Jogi Löw hat die Gier geweckt und die Weltmeister – nach einem halben Jahr Schonfrist mit einem holprigen Start in die EM-Qualifkation – stets in Frage gestellt. Da gibt es keinen Freibrief. Die Stars zu kitzeln, den Talenten nicht nur verbal Chancen zu offerieren – all das hat Löw in Perfektion umgesetzt und sich dabei auch stets selbst hinterfragt: Was kann ich noch besser machen, wie noch mehr Leistung herauskitzeln, was müssen wir ändern?
Es hat sich viel geändert seit 2014, seit dem Gewinn des 4. Sterns. Es gibt einen neuen Chef. Seit 15. April 2016 steht Reinhard Grindel dem DFB vor – 2014 war es noch Wolfgang Niersbach. Es gibt einen neuen Assistenz-Trainer. Hansi Flick, 2014 noch als Taktik-Fuchs gepriesen, wechselte erst auf den Posten des Sportdirektors und anschließend in dieser Funktion zu 1899 Hoffenheim. Der Löw-Assistent heißt seit 2014 Thomas Schneider, zuvor als Cheftrainer beim VfB Stuttgart tätig und unter Löw bereits beim VfB als Spieler aktiv. Und da sind Spieler, die in die Lücken gestoßen sind, die die zurückgetretenen Weltmeister hinterlassen haben: Kimmich für Lahm, Hector für Höwedes, Werner, Gomez oder Wagner für Klose, Draxler oder Sané für Podolski, Rudy oder Gündogan für Schweinsteiger, Süle oder Rüdiger für Mertesacker.
Wer wirklich zum Aufgebot für Russland gehören wird, wird sich erst im Mai 2018 entscheiden. Jogi Löw hat die Qual der Wahl, kann aus Weltmeistern, Confed-Cup-Siegern und U21-Europameistern auswählen. Und wer ihn kennt, der weiß: auch hier ist der Bundestrainer stets für Überraschungen gut. Er kennt die notwendige Mischung auch bei alt und jung, bei Erfahrung und Unbekümmertheit. So hat er es bei der WM in Südafrika gehalten, als er plötzlich mit Özil, Neuer und Müller ganz neue Gesichter präsentierte. Und im WM-Finale 2014 – wir erinnern uns – stand plötzlich Nobody Christoph Kramer in der Startaufstellung, als Sami Khedira verletzt ausfiel. Kramer hatte er übrigens deshalb nominiert, weil er sich in der Bundesligasaison 2013/14 als laufstärkster Spieler präsentiert hatte.
Es bleibt spannend. Und nur, wenn das Team funktioniert, ist der Griff nach dem fünften Stern realistisch. Daran wird im Trainingslager in Südtirol gearbeitet. Erst dann, wenn die Bundesliga Urlaub macht, werden die Weichen für die erfolgreiche Titelverteidigung gestellt.
Ulrich Kühne-Hellmessen (Jhg. 1957), Herausgeber dieser WM-Vorschau, berichtet seit den 80er Jahren über die deutsche Nationalmannschaft bei Welt- und Europameisterschaften. Er war in leitenden Funktionen beim Kicker-Sportmagazin, Sport-Bild und Bild tätig und hat sich nun auf die Herausgabe von Sportbüchern spezialisiert. Über 70 Titel sind erschienen, darunter auch der »TRIUMPH VON RIO« über den Titelgewinn 2014.
TRIUMPH IN RUSSLAND: Das deutsche Perspektiv-Team feiert den Confed-Cup-Sieg 2017.
Tor
Bernd Leno (Bayer Leverkusen)
Marc-André ter Stegen (FC Barcelona)
Kevin Trapp (Paris St. Germain)
Abwehr
Matthias Ginter (Borussia Dortmund)
Jonas Hector (1. FC Köln)
Benjamin Henrichs (Bayer Leverkusen)
Joshua Kimmich (Bayern München)
Shkodran Mustafi (Arsenal London)
Marvin Plattenhardt (Hertha BSC)
Antonio Rüdiger (AS Rom)
Niklas Süle (1899 Hoffenheim)
Mittelfeld/Angriff
Julian Brandt (Bayer Leverkusen)
Emre Can (FC Liverpool)
Kerem Demirbay (1899 Hoffenheim)
Diego Demme (RB Leipzig)
Julian Draxler (Paris St. Germain)
Leon Goretzka (Schalke 04)
Sebastian Rudy (1899 Hoffenheim)
Lars Stindl (Bor. Mönchengladbach)
Sandro Wagner (1899 Hoffenheim)
Timo Werner (RB Leipzig)
Amin Younes (Ajax Amsterdam)
Die Ergebnisse vom Confed-Cup
Australien 3:2 (Tore: Stindl, Draxler, Goretzka), Chile 1:1 (Stindl), Kamerun 3:1 (Demirbay, Werner 2), Mexiko 4:1 (Goretzka 2, Werner, Younes), Endspiel Chile 1:0 (Stindl).
BESTER TORSCHÜTZE: Diego Maradona überreicht die Auszeichnung an Timo Werner.
Tor
Julian Pollersbeck (1. FC Kaiserslautern)
Marvin Schwäbe (Dynamo Dresden)
Odisseas Vlachodimos (Panathinaikos Athen)
Abwehr
Lukas Klünter (1. FC Köln)
Timo Baumgartl (VfB Stuttgart)
Yannick Gerhardt (VfL Wolfsburg)
Niklas Stark (Hertha BSC)
Gideon Jung (Hamburger SV)
Thilo Kehrer (Schalke 04)
Jeremy Toljan (1899 Hoffenheim)
Marc-Oliver Kempf (SC Freiburg)
Jonathan Tah (Bayer Leverkusen)
Mittelfeld/Angriff
Nadiem Amiri (1899 Hoffenheim)
Maximilian Arnold (VfL Wolfsburg)
Waldemar Anton (Hannover 96)
Max Meyer (Schalke 04)
Janik Haberer (SC Freiburg)
Dominik Kohr (FC Augsburg)
Mahmoud Dahoud (Bor. Mönchengladbach)
Levin Öztunali (FSV Mainz 05)
Maximilian Philipp (SC Freiburg)
Davie Selke (RB Leipzig)
Felix Platte (Schalke 04)
Serge Gnabry (Werder Bremen)
Mitchel Weiser (Hertha BSC)
Die Ergebnisse
Tschechien 2:0 (Meyer, Gnabry) Dänemark 3:0 (Tore: Selke, Kempf, Amiri), Italien 0:1, Halbfinale England 1:1, 2:2, 6:5 n.E. (Selke, Platte/Arnold, Philipp, Meyer, Amiri), Finale Spanien 1:0 (Weiser).
DER MACHER: Trainer Stefan Kuntz führte die U 21 zum Titeltriumph.
ÜBERRASCHENDER ERFOLG IN TSCHECHIEN: Die deutsche U 21 wird Europameister 2017.
DAS TOR, DAS DEUTSCHLAND ZUM WELTMEISTER MACHTE und Mario Götze in die Geschichtsbücher brachte.
13. Juli 2014, WM-Finale im legendären Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro. Mario Götze wird in der 88. Minute für WM-Rekordschütze Miro Klose eingewechselt. In der Verlängerung legt Jogi Löw den Arm um ihn, sagt: »Zeig, dass du der bessere Messi bist.« Es läuft die 113. Minute, als Schürrle einen scharfen und hohen Ball in den Strafraum schlägt, den Götze mit der Brust annimmt. Was folgt, ist ein Tor in Vollendung. Die Welt schrieb: »Mario Götzes Siegtreffer im WM-Endspiel war ein Kunstwerk. Einzigartig in Ballverarbeitung, Bewegung und Kaltschnäuzigkeit. Es war die pure Intuition, eine Zirkusnummer auf Rasen.« Es ist der Moment, der immer mit dem Namen Mario Götze verbunden bleiben wird. Er wurde zum »Man of the Match« im Finale, sein Tor natürlich auch zum Tor des Jahres 2014 gewählt. Ein Treffer als Krönung einer Karriere, die gerade erst begonnen hatte. Götze zählte damals ganze 22 Lenze. Aber das »Jahrhunderttalent« (Felix Magath) entwickelte sich nicht zum Superstar. Weder Pep Guardiola noch Carlo Ancelotti konnten ihm einen Stammplatz garantieren, so dass er nach Dortmund zurückkehrte und sich auch dort nicht wie gewünscht entwickeln konnte. Einzig Jogi Löw setzte in der Qualifikation auf den WM-Helden als »falsche Neun«, ehe ihn eine rätselhafte Stoffwechselstörung auch für Deutschland außer Gefecht setzte. Ein halbes Jahr musste er 2017 pausieren und kämpft seither um das, was ihn auszeichnete: geniale Dribblings, Torvorlagen, Torgefahr. Dass der Höhepunkt schon hinter ihm liegt, mag kein Fußball-Ästhet wirklich glauben. Ebenso wenig, dass er das Prädikat Ausnahmetalent durch seine ganze Karriere tragen wird.
Bereits mit 17 Jahren und fünf Monaten feierte er sein Debüt in der Bundesliga, im August 2015 folgte bereits sein 100. Bundesligasieg. Das hatte im Alter von 23 Jahren, 2 Monaten und 19 Tagen kein Spieler zuvor geschafft. Seine Titelsammlung ist ebenso imponierend: Weltmeister, 5x Deutscher Meister, 4x Pokalsieger. Es soll schon noch mehr werden. Vielleicht hat Jogi Löw wieder das Händchen, Mario Götze in die Spur zu bekommen. Die WM in Russland wäre ein schöner Zeitpunkt dafür. Ganz Fußball-Deutschland drückt ihm die Daumen.
DIE ENTSCHEIDUNG IM VIERTELFINALE BEI DER WM 2014: Mats Hummels köpft gegen Hugo Lloris das 1:0 in den Torwinkel.
Er ist Münchner. Waschechter Münchner. Aber als er 2014 den WM-Pokal in den Nachthimmel von Rio de Janeiro reckte, stand er bei Borussia Dortmund unter Vertrag. Mats Hummels, einer der besten Abwehrspieler der Welt, kopfball- und zweikampfstark, aber auch der Meister der Spieleröffnung, ist inzwischen nach Hause zurückgekehrt. Seit 2016 spielt er wieder für den Verein, bei dem er das Fußball-ABC erlernte. 35 Millionen legten die Bayern auf den Tisch. Ein einsamer Rekord für einen Bundesligaspieler, dessen Vertrag nur noch ein Jahr lief. »Wir haben einen der besten Innenverteidiger der Welt verpflichtet,« freute sich Karl-Heinz Rummenigge und sollte recht behalten. Hummels machte da weiter, wo er in Dortmund aufgehört hatte. Er sammelt Titel. Vater Hermann Hummels war 1995 als Jugendtrainer zum FC Bayern gekommen, der kleine Mats reifte 13 Jahre lang in den Nachwuchsteams. Mutter Ulla Holthoff, eine renommierte Sportjournalistin, wird nachgesagt, mit dem »Doppelpass« beim damaligen DSF in München die Blaupause für die Idee der Fußball-Talkshow mit Stammtisch-Flair entworfen zu haben. Ohne zu ahnen natürlich, dass ihr Sohn in Sendungen dieser Art eine wesentliche Rolle spielen würde.
Das Standing im Nationalteam hat sich seit dem Wechsel nur erhöht. Und seit Jupp Heynckes bei den Bayern das Sagen hat, kann sich auch das Weltmeister-Duo bewähren. Hummels und Boateng, der lange verletzt und unter Carlo Ancelotti oft zum Zuschauen verurteilt war, spielen sich nun ein für das Turnier in Russland. Gemeinsam zeigten sie schon in Brasilien weltmeisterliche Leistungen. Sind sie in Topform, können sie auch Garanten für die Titelwiederholung werden.
DER MANN MIT DEM BART: Sami Khedira ist bei Jogi Löw gesetzt.
Der Spiegel hat ihn zum »Musterschüler« gemacht. Sami Khedira ist perfektionistisch veranlagt und vielleicht auch deshalb erfolgsbesessen. Seine Titelsammlung ist entsprechend imponierend: Weltmeister 2014, Deutscher Meister mit Stuttgart, spanischer Meister mit Real Madrid, italienischer Meister mit Juventus Turin, dazu Gewinner der Champions League.
»Ich war müde, ich brauchte eine neue Herausforderung. Nie hatte ich diesen Leistungsdruck so erlebt wie in Madrid. Deshalb wollte ich trotz eines hervorragenden Angebots weg«, erklärte Khedira in der »Welt« seinen Abschied nach fünf Jahren bei Real. Freiwillig hatte er den Klub verlassen, »der noch größer ist, als man sich das gemeinhin vorstellt.« Wie man so wird, so perfekt, so erfolgsbesessen, so gewissenhaft, so zielstrebig? Khedira hat mal von einer Meniskusverletzung erzählt, als er gerade 18 Jahre alt war. Da hat er sich selbst die Sinnfrage gestellt, nach sich selbst gesucht. Er hat Bücher gelesen über Führungsansprüche, sich mit Topmanagern getroffen, die für ihn greifbar waren. »Sie alle hatten eins gemeinsam: Der Erfolg fängt im Kopf an.«
Das gilt auch für José Mourinho, einen der erfolgreichsten Trainer der Welt. Als er Real-Trainer wurde, wollte er Khedira. Also bat Sami den VfB um Freigabe. Er sagte nicht, für Real Madrid, er sagte: »Ich habe die einmalige Chance, zu Mourinho zu gehen. Vielleicht habe ich diese Chance schon nächstes Jahr nicht mehr.« Der VfB ließ ihn nach der WM 2010 gehen, als er sich ins internationale Rampenlicht gespielt hatte. Mit 23 wechselte er zu Real und brachte zum Gespräch mit Mourinho einen Dolmetscher mit, den er aus eigener Tasche bezahlte. Ebenso wie das Sprachinstitut, das ihm Spanisch beibrachte. »Wie willst du Führungsansprüche anmelden, wenn du nicht kommunizieren kannst«, war seine Erklärung. Ein Sami Khedira überlässt nichts dem Zufall.
Khedira war schon Kapitän jener U 21, die 2009 in Schweden den Europameistertitel holte. Immer und überall gab es Erfolg für den Mittelfeldspieler, der Kraft seiner Persönlichkeit dem Spiel Stabilität verleiht, der ein starker Zweikämpfer ist, die Spieleröffnung beherrscht und selbst auch noch torgefährlich ist. So einen braucht Jogi Löw auch in Russland.
Übrigens: Khedira hat die doppelte Staatsbürgerschaft. Sein Vater stammt aus Tunesien, seine deutsche Mutter lernte diesen im Urlaub kennen …
SCHLITZOHR, SPASSVOGEL, ENTERTAINER: Thomas Müller ist im WM-Team von Jogi Löw eine feste Größe.
Was der Stürmer Thomas Müller auf dem Rasen treibt, verstört ab und zu die Lehrmeister des Fußballs. Der Mann vom FC Bayern München ist nicht auszurechnen – gerade das macht ihn so erfolgreich.
Bei der WM 2010 ging sein Stern auf: fünf Tore, drei Vorlagen, ausgezeichnet als bester Torschütze mit dem »goldenen Schuh«. Bei der WM 2014 reichte es nur zum »silbernen Schuh«. Wieder hatte Müller fünf Tore erzielt und ist damit der einzige deutsche WM-Torschütze mit dieser Doppelquote. Was tut es da zur Sache, dass er sowohl bei der EM 2012 als auch bei der EM 2016 leer ausging. 2018 ist wieder WM und damit Müller-Zeit.
Thomas Müller kommt aus Pähl. Das liegt eine knappe Autostunde von der Säbener Straße in München entfernt, wo Müllers Arbeitgeber, der FC Bayern München, residiert. Dort ist Müller längst eine Identifikationsfigur, beim FC Bayern ist er zu einem der besten Stürmer des Globus’ gereift. Lange schien es, für Thomas würde es nur bergauf, bergauf, bergauf gehen. Der Mann »müllerte« sich von Pähl aus an die Weltspitze.
Im Dezember 2015 hatte er seinen Vertrag bis 2021 verlängert und war zu den Topverdienern aufgestiegen. Gegen Juve hatte er sein 35. Tor in der Champions League erzielt und damit Gerd Müllers Rekord im Europapokal der Landesmeister eingestellt. In der Bundesliga hatte er 20 Tore erzielt, so viele wie nie zuvor. Das schien ewiglich so weiter zu gehen. Bis Thomas Müller – mit dem Double des FC Bayern im Gepäck – zur EM nach Frankreich reiste. Die Mannschaft marschierte stramm auf Titelkurs durchs Turnier. Nur Thomas Müller traf nicht und hat sein Zielwasser seither verloren. Macht nichts. Denn Müller ist als Vorlagengeber und ständiger Unruheherd sowohl bei den Bayern als auch für Deutschland gesetzt. Die Experten rätseln über seine »Laufwege«. Die Trainer der Gegner lassen Videos über Müllers Aktionen bis in die letzte Sequenz analysieren und hecken Strategien gegen den Mann aus. Nützt nichts – der Müller entwischt weiter den Verteidigern, foppt Torhüter, serviert den Kollegen mustergültige Vorlagen.
Blitzgescheit ist er. Wenn die Beine schon den Dienst zu versagen drohen, arbeitet das Hirn noch immer in Höchstform. »Ich weiß, dass mein Spiel nicht das allerschönste ist, ich bin nicht da, um die Leute mit Kunststückchen zu unterhalten. Wenn ein kleines Kind mich nach meinen Tricks fragt, muss ich sagen: Ich kann keine Tricks. Die wollen dann immer irgendwelche Zaubereien sehen, Ball hoch halten, viermal um die eigene Achse und so was. Aber das war noch nie mein Fachgebiet.«
So ist er, der Star, der beim FC Bayern die Rückennummer 25 und in der Nationalmannschaft die 13 trägt, die einst auch Namensvetter Gerd trug. Mit 37 Toren liegt er gleichauf mit Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff auf Platz neun. Sechs Tore sind es noch bis zu Mittelstürmer-Legende Uwe Seeler. Hält er seinen WM-Kurs bei, so überholt er im Sommer auch noch den Hamburger.
EINER, DER SICH DURCHSETZEN KANN: Leroy Sané, hier in einem Freundschaftsspiel.
Es waren nur 47 Spiele für Schalke. Es waren nur 11 Tore. Aber damit hatte er den ausgewiesenen Fußballfachmann Pep Guardiola dermaßen überzeugt, dass der seinem neuen Arbeitgeber den Auftrag gab: Holt mir den Leroy Sané. Mehr als 50 Millionen Euro mussten die Scheichs von Manchester City locker machen, um das Schalke-Juwel zu bekommen. Nun tut Guadiola das, was er auch in München gemacht hat: Er macht die Spieler besser, Tag für Tag. Und das gilt besonders für Sané. »Er hat meine Spielweise komplett verändert«, erklärte Sané im Interview dem britischen Sender Sky Sports, »er erinnert mich immer daran, dass ich noch mehr und noch härter arbeiten muss und auch sehen muss, was ich noch nicht so gut mache.«
Gut, besser, Sané. Im Herbst 2017 erklärte ihn der europäische Fußballverband Uefa zum »aufregendsten Talent Europas«. Auch deshalb, weil er in 15 Spielen acht Tore erzielt und fünf Vorlagen gegeben hatte, fast so viele wie im ganzen Jahr zuvor. Gegen Jürgen Klopps FC Liverpool machte er nach seiner Einwechslung gleich zwei Tore und schoss sich damit auch wieder in Deutschland ins Rampenlicht und in die Schlagzeilen. Jogi Löw hat ihn schon lange auf dem Zettel. Bereits im November 2015 debütierte er für Deutschland, gehörte auch zum EM-Aufgebot in Frankreich, kam allerdings nur einmal zum Einsatz. Den Confed-Cup sagte er wegen einer Zahnoperation ab und konnte sich in seinen bisherigen acht Länderspielen nicht in die Schlagzeilen spielen. Sané, Jahrgang 1996 und bei der WM ganze 22 Jahre jung, kann aber den Unterschied ausmachen. Durch seine Schnelligkeit, seine Technik, seine Dribblings und seine Torgefährlichkeit scheint er nun reif für höhere Aufgaben. Dank der Schule des Fußballlehrers Pep Guardiola, der die Fähigkeiten des Schalker Talentes wohl richtig einschätzte und den Stürmer zu seinem Musterschüler machte. Sané ist ein Typ, der bei der WM zum Shootingstar aufsteigen kann. Den Mut, junge Spieler in das WM-Feuer zu schmeißen, hat Jogi Löw immer gehabt. Bei Thomas Müller in Südafrika, bei Kimmich bei der Euro in Frankreich und vielleicht bei Sané in Russland.
DER MANN MIT DER NUMMER 10: Mesut Özil ist der Künstler im deutschen Spiel, genialer Vorbereiter, manchmal auch Vollstrecker. Hier spielt er den Tschechen Tomas Soucek aus.
Bei Arsenal wurde er zum Spieler des Jahres 2016 gewählt. Mit sechs Toren und 19 Assists lieferte er seine beste Spielzeit in der Premier League ab. Der Weltmeister, der beim DFB von Lukas Podolski das Trikot mit der Nummer 10 geerbt hat, galt schon immer als außergewöhnliches Talent. Der Spielmacher mit türkischen Wurzeln, in Gelsenkirchen aufgewachsen, von Werder für 13 Millionen zu Real Madrid verkauft (2010), für 50 Millionen im Jahr 2013 zu Arsenal gewechselt, ist in der Premier League längst etabliert. Aber seine Genialität hat sich auch bei anderen Klubs herumgesprochen.
Bei der Euro 2016 erzielte er für Deutschland das Führungstor gegen Italien und ebnete so den Weg, dass Deutschland erstmals gegen die Azzuri bei einem großen Turnier gewinnen konnte. Dabei glänzt Özil weniger durch Tore als durch geniale Anspiele, Spielintelligenz und Übersicht. Wie beliebt er ist, zeigt auch sein Facebook-Account mit 31 Millionen Likes. Kein anderer deutscher Fußballer kann eine solche Popularität vorweisen. Aber kein anderer ist auch zeit seiner Karriere so umstritten. Immer wieder wird er auch in der Nationalmannschaft in Frage gestellt, weil er abzutauchen pflegt, wenn es mal nicht so läuft. Ihm fehlen die Leaderqualitäten, eine Mannschaft mitreißen zu können. Aber in Jogi Löw hat er einen bedingungslosen Fürsprecher. Vertrauen, das Özil für sein Spiel braucht. Vertrauen, das er auch fähig ist, zurückzuzahlen.
SCHAFFTE ES SCHON INS ALLSTAR-TEAM BEI DER EURO 2016: Joshua Kimmich, der Nachfolger von Philipp Lahm im Weltmeister-Team.