Astrid Kofler
Das Fliegen der Schaukel
Roman
Meinen Kindern Nathanael, Rahel und Ruben
Ada schob den Vorhang beiseite und blickte hinaus, es müsste heute sein, in den vergangenen Wintern war es heute gewesen, dass die Sonne über das Dach gegenüber stieg. Ein ockerfarbenes Kostüm trug sie, das zu dem Mantel passte, den sie bei ihren winterlichen Spaziergängen zu tragen pflegte, die sie die Promenade hochführten zu einer Bank, auf die kein Schatten fiel. Sie hatte den Mantel aufs Bett gelegt, sollte der Sonnenstand auf dem Balkon nicht der erhoffte sein, ein Mantel mit Vierlöcherknöpfen und einem Pelzkragen, der nach Jahren noch nicht abgestoßen war und ihren blassen Nacken wärmte. Die seidig gewordenen Haare hatte sie zusammengebunden und unter ein farbloses Netz gelegt, sie nie zu schneiden, hatte sie Temistocle versprochen. Zartrotes Puder auf den hohen schmalen Wangen und die Augenlider dunkel und ein Lidstrich schwarz und exakt, als hätte sie ihn mit Tinte gezogen und einem Gänsekiel. Mamma hätte sie ermahnt deshalb, auch wenn es nicht aufdringlich war, zum Brunnen geschickt, sich waschen und in die Kirche zum Beichten. „Wer so aussieht, ist sündhaft und wird vor Gottes Gericht zur Rechenschaft gezogen. Einem Mädchen, das vor der Hochzeitsnacht die Unschuld verliert, steht das in die Augen geschrieben“, hatte mamma gesagt. Sie hat auf die Freundinnen gedeutet, die sie für unrein hielt, sie würden nie glücklich werden, sie solle sich nicht mehr mit ihnen treffen.
Ada sah aus dem Fenster und wartete, und es war tatsächlich heute gewesen, die Sonne flutete über die Ziegel, tauchte sie in warmes Rot und erhellte das Zimmer, zwei Monate lang hatte sie es nicht geschafft, über die Giebel zu klettern. Sie blickte zurück und betrachtete Olga, die mit ihrem Teddybären schlafend im Rollstuhl saß, den Kieferknochen zahnlos in Hals und Blusenkragen versunken, den Mund leicht geöffnet. Etwas Speichel hatte sich unter den Lippen gesammelt. Vorsichtig öffnete sie die Tür, um durch den Spalt auf den Balkon zu treten. Es war kühl, die Sonnenstrahlen wärmten kaum, doch ja, dachte sie, ich muss nicht spazieren gehen, die Sonne ist pünktlich. Sie trat ins Zimmer zurück und schlüpfte in den Mantel, ohne war es doch zu kalt, sie nahm eine Decke und legte sie draußen über die Brüstung, ging wieder hinein, um den Klappstuhl zu suchen, fand ihn nicht und sah, dass Olgas Kopf noch seitlicher gerutscht war. Olga dürfte nicht mit ihr das Zimmer teilen, oder sie nicht mit Olga, aber Olga lief nicht mehr davon und sie sagte nichts und schnarchte nicht, und Ada war das recht so. Sie war gern mit Olga, es war, als würde sie das Zimmer für sich haben. Nur zwei Fächer des Kastens hatte Olga mit ihren Habseligkeiten besetzt, Ada bewahrte in Olgas Schrank die Winterkleider und in ihrem eigenen jene für den Sommer auf. Die Kostüme und Mäntel, die in dem einen und anderen nicht Platz fanden, hatte sie auf einer Stange aufgereiht, so wie Handelsreisende sie besitzen, die mit in schützende Hüllen verpackten Gewändern von Geschäft zu Geschäft ziehen und die neuesten Modelle preisen. Zwischen jedem zweiten Kleiderbügel ein Stoffsäckchen mit getrocknetem Lavendel für frischen Duft und gegen die Motten. Eine Bürste stets griffbereit, um möglichen Staub von den Schultern des Garderobenschutzes zu wischen, bevor er den Weg durch die runde Öffnung für den Haken fand. Auf ihr Gewand hatte Ada stets Wert gelegt. Auch die Bücher hatte sie gepflegt, war jeden Monat mit einem Besen aus Pfauenfedern durch die Regale gefahren. Sie war gewissenhaft. Kleinlich war sie nicht.
Olga wohnte eigentlich im falschen Stockwerk. Ada mochte sie und sprach mit ihr wie mit einem Schulkind, das zu Hause gelernt hatte, brav und still zu sein, sie sprach behutsam, mitfühlend. Da Olga es zu gefallen schien und sie versonnen lächelte, wenn sie nicht schlief, ließen die Pfleger sie bleiben. Arme Olga, dachte Ada oft, was hast du erleben müssen, dass du diese Krankheit bekamst, die dich atmen lässt und tot sein zugleich. Vor wem, wovor bist du geflüchtet?
Jene wie Olga, die alles vergessen hatten, ihre Kinder nicht mehr kannten und in ihrer Welt flatterten wie Fliegen zwischen zwei Fensterscheiben, die auch bös werden konnten und unberechenbar und manchmal festgebunden werden mussten und Becher schmissen und schrien, wenn die Lebensglut sich einen Weg in die Freiheit bahnte, eine Freiheit, von der sie selbst keine Ahnung mehr hatten, die sie vielleicht nie hatten kennenlernen dürfen, oder jene, die Angst hatten, bestohlen zu werden – die weglaufen wollten und zurück in die Kindheit: Jene wohnten in der Etage über ihr und hatten die Sonne länger und früher. Sie wohnten in Zimmern hinter einem Gang mit einer Tür, die sie nicht öffnen und durch die sie nicht gehen konnten. Sie war zugesperrt und nur die Pfleger hatten den Schlüssel. Sie waren nicht verrückt, die Menschen, sie hatten die Krankheit, die es früher schon gab. „Gehirnerweichung“, hatte mamma gesagt, „das ist, wenn man blöd wird im Alter.“ Knoblauch helfe dagegen und sie hat jede Speise mit Knoblauch gewürzt.
Verrückt, was bedeutet verrückt, überlegte Ada. Wie oft hatte sie darüber nachgedacht. Wenn jemand hell ist und dunkel, lustig und traurig, wenn jemand zwei Saiten hat, die erklingen, nicht nur eine: Ist das verrückt?
Ada zog ein wenig am Vorhang und blickte nochmals hinaus zum Balkon, hinauf zum Himmel. Sie würde hierbleiben, wie immer, wenn die Sonne schien. Auch im Sommer würde sie hier ausharren, wenn all die anderen den Schatten der hohen Bäume suchten, der kühler war als jener unter den großen viereckigen Schirmen.
Ada brauchte die Sonne. Den leichten Wind liebte sie, der das Laute zerstreute und ans Meer erinnerte und an die Hügel, zwischen denen sie groß geworden war. Die Luft war dort seiden und würzig. Im Sommer übertönten die um Weibchen buhlenden männlichen Zikaden mit ihrem Sägen all die anderen Geräusche, die der Wind in Bäume und Sonnenhüte, in vertrocknete Blätter und reife Grashalme blies.
Hier heroben, im Norden des Landes, war die Luft erdig, sie war stärker, schwerer, sie entbehrte der Leichtigkeit, die all den Besitz so unwichtig machte. Dort unten, wo sie herkam, da war die Welt ein Garten. Es gab keine Zäune, es gab eine Hitze, die frei machte vom Denken in Dein und Mein. Paliano war eine Landschaft, die allen gehörte.
„Wenn du nach unten verwurzelt bist, kannst du nach oben besser fliegen“, hatte Anis gesagt. Es war so lange her, Jahrzehnte. Sie hatte oft an diesen Satz gedacht und dabei die Zehen bewegt. Sich auf die Sohlen konzentriert und die Schuhe ausgezogen, auch später noch, als signora, wenn niemand sie sah. Wegdenken, wegfühlen, das war ihr nie schwergefallen. Das Hiersein, in der Welt, das schien ihr schwierig. Die Nähe war oft fern.
„Du bist verrückt“, hatte der Vater gesagt. Sie hatte es immer mit sich herumgetragen. Vogelwild, hatte die Großmutter es genannt. Das gefiel ihr besser. Das imponierte ihr, das gefiel ihr sogar gut. Aber verrückt? Was er damit gemeint hatte, fragte sich Ada zum wiederholten Male. Bin ich nicht einfach ich?
Die Vögel in Paliano waren zahmer als die hier im Norden. Sie hüpften über das Laub der über die Terrasse gezogenen Weinreben, stahlen sich unreife Traubenkerne und verstreuten dabei viele weitere auf dem mit einer verblichenen Decke geschützten Tisch. Die Ratten turnten auf den verholzten Zweigen und ihre Schwänze baumelten zwischen den herzförmigen Blättern. Hier im Norden hielten die Tiere Abstand von den Menschen. Manchmal hörte sie ein Fiepen, doch sie sah sie nie.
Ada fand endlich den Klappstuhl im Spalt zwischen Schrank und Heizung und trug ihn hinaus. Sie öffnete den Vorhang ein wenig mehr, drückte sich vorbei und zog ihn im Rücken wieder zu, damit Olga nicht erschreckt würde vom Luftzug, der winterlich war. Vierzig Jahre lang war Ada Grundschullehrerin gewesen und hatte auf Kleines achten gelernt. Sie klappte den Stuhl auf, faltete die Decke auseinander und sich um die Hüften und setzte sich, schloss die Augen und ergab ihr Gesicht dem wiedergeborenen Licht.
Nur hier, auf dem Balkon, konnte sie sich dorthin fühlen, wo sie einst war, in einigen Monaten würde sie 83 sein, am 28. Juni war sie geboren. Bis November nun würde sie hier sitzen, wenn die Sonne schien. Auch wenn der August auf das Dach brannte und die messingbeschlagene Balustrade des Balkons so heiß würde, dass sie sich nicht mehr anhalten konnte, ohne sich die weiche Haut der von Pigmentflecken gekieselten Hände zu verbrennen, die seit Jahren keinen Teller mehr gewaschen und keine Hefte korrigiert und keine Bücher in Taschen gepackt hatten. Nur hier konnte sie sich besinnen und vergessen zugleich. Im Winter, der ihr die Kraft zum Erinnern nahm, der sie unruhig machte und auf die Straße trieb, auch wenn es rutschig war und glatt, war sie festgewurzelt ohne Halt.
Es war an einem der letzten Schultage, als der Vater sein Versprechen einlöste und von dem Besuch bei den Schwiegereltern am Meer ein gebrauchtes Tau mitbrachte, das steif und hart war vom Salzwasser, fest und stark genug, das Gewicht eines Kindes zu tragen. Er polierte ein Holzbrett zurecht, bohrte in der Mitte ein Loch und verknotete daran das Seil. Auf die hohe Korkeiche kletterte er, die etwas oberhalb des Hauses stand, dort, wo der Hügel in den Hang aus Oliven kippte. Nur eine sanfte Mulde trennte sie von Paliano, wo die Schule stand und die Kirche, und nicht weit war es zu den Äckern und Feldern des Principe Colonna, für den der Vater und sein Vater vor ihm und die meisten Bewohner hier die Arbeit versahen. Der Protest hatte nicht geholfen – sie hätte die Schaukel lieber auf dem Feigenbaum gehabt. Sie mochte den Duft des Baumes, rieb sich den weißen Saft der abgebrochenen Blätter auf die Arme. Die Süße entfachte die Erinnerung an die Märchen, die die nonna von den Wölfen erzählte, nicht nur Romulus und Remus, viele ausgesetzte Kinder hätten sie mit ihrer Milch vor dem Sterben bewahrt. Doch das Holz der Feige sei zu weich und brüchig, hatte der Vater gesagt, die fette Korkeiche, die wäre der richtige Baum dazu. Und was denn die Milch der Feigen mit den Wölfen zu tun habe, brummte er, das sei doch Unsinn. Ada wusste auch nicht, warum sie beim Duft der Feigen an die Märchen der Großmutter dachte. Es war einfach so, immer wieder.
Sie wohnten in einer Landschaft aus hochgewachsenen und von den Jahreszeiten verdrehten Bäumen mit schattigen Kronen, von der Tramontana gegen Süden gepeitscht, auf der Wetterseite mit Moosen und gelben Flechten überwuchert. Mit verwachsenen und verknorpelten Stämmen, in denen sich Gesichter aufspüren und Körper entdecken ließen. In einem sah sie das Stirnbein, die gebogene Nase, die Falten und den Bart des Michelangelo Buonarroti, von dem ein Bild in ihrer Schule hing. Mit Hügeln und Feldern und vielen Möglichkeiten zu klettern und hinunterzuschauen auf die trockene Ebene. Für jedes seiner Kinder hatte der Großvater einen noce gepflanzt, der Nussbaum wächst langsam und wenn er Früchte trägt, wird es an der Zeit sein zu heiraten und das Haus zu verlassen, hatte er gesagt.
Es war ein wunderbarer Tag, ein leiser Windhauch strich durch die Bäume und die Luft war leicht wie ihr Gemüt. Neun Meter lang war das Seil, unendlich lang schien die Schaukel den Kindern. Der Reihe nach durften sie von einem verfaulten Baumstumpf aus, das Tau in den Händen, Anschwung nehmen und sich im Fluge auf das Holzbrett schwingen. Maria, die älteste der Brüder und Schwestern, durfte zuerst. Ada war die Zweitälteste, nach ihr kamen noch Vittorio, Francesco und Gina. Alle zwei Jahre gebar die Mutter ein Kind. Vittorio kam 1919 auf die Welt, wenige Tage nur nach dem großen Verhandeln, das Europa offiziell den Frieden schenkte. Gina war gerade zwei und Ada nahm sie mit auf die Schaukel, setzte sich auf das Brett und klemmte das Seil zwischen die Beine, um mit den Händen Gina zu halten. Doch Gina fühlte sich eingequetscht, hatte das Tau im Gesicht und begann zu weinen und Ada wollte sie zwingen, mit ihr zu schaukeln, und war froh, als Gina zu brüllen begann und hinunterwollte auf den Boden. „Stell aus!“, rief Ada. „Lauf mir nicht vor das Seil! Wenn ich schwinge, kann ich nicht lenken.“ Sie lief an und warf das Gewicht vor und zurück. Der Baum stand vor dem Abhang und ihr war, als würde das Herz mit ihr fliegen, sie sah das Land unter sich und den Himmel über sich, sie sah die Sonnenblumen, die sich nach dem Licht richteten und bald gemäht würden. Sie spürte, wie sich die von der Hitze an der Kopfhaut klebenden Haare lösten und hörte das Blöken der Schafe und auch das Singen der Zikaden nicht mehr, die sich in den umliegenden Pinien versteckten und jammerten unter der Hitze der Sonne. Sie hörte die Tauben nicht, die auf den Freileitungsmasten neben dem Weizenfeld saßen und gurrten, sie hörte auch nicht die bellenden Jagdhunde des Nachbarn, die im engen Verdeck darauf warteten, endlich hinauszudürfen, sie vergaß den Feigenbaum, war glücklich und fühlte eine Freiheit, die sie so noch nie verspürt hatte.
Und sie hörte auch die Brüder nicht, die ungeduldig wurden und endlich auf die Schaukel wollten. Sie sah Francesco erst zu spät, als er sich ihr in den Weg stellte, um sie zu bremsen. Ausstellen konnte sie nicht, um ihn nicht umzustoßen, ließ sie sich fallen, schlug sich den Ellbogen wund und fühlte das Krachen des zurückschnellenden Holzbrettes auf ihrer Schläfe. Unsicher richtete sie sich auf und setzte sich gleich wieder hin, legte sich flach auf den Boden und dachte lange nichts, spürte nur das Herz klopfen. Sie ist vogelwild, fiel ihr ein, als sie merkte, dass ihr auf der Schläfe eine Beule wuchs und Blut über den Unterarm rann. „Ada ist vogelwild“, hatte die Großmutter, jene vom Meer, einmal bei Tisch zu ihrer Mutter gesagt. „Sie ist verrückt“, hatte der Vater geantwortet. Bin ich verrückt, fragte sich Ada. Was bedeutet verrückt?
Abends ging sie in die Küche, um dem Vater nochmals danke zu sagen und der Mutter die Fingernägel zu zeigen, die sie sorgsam geputzt hatte. Der Vater erzählte, dass die Tochter seines Bruders im Herbst in den Norden ginge. Im Norden des Landes gäbe es Menschen, die eine andere Sprache sprechen, die cugina werde dort Lehrerin sein und unterrichten, den Kindern erklären, wie groß Italien ist, sie schreiben lehren und Italienisch sprechen. „Wo wird sie hingehen?“, fragte die Mutter und Ada vergaß ihr Anliegen und hörte zu. „In den Norden, an die Grenze“, sagte der Vater, „in die Berge, mehr weiß ich nicht.“ „Meine Nichte wird Italienischlehrerin sein für kleine Kinder, Kinder wie du“, sagte der Vater und sah Ada direkt in die Augen. „Was hast du da für eine Beule an der Schläfe?“, fragte er plötzlich. „Was hast du schon wieder angestellt?“ „Lehrerin für Kinder, die ihre Zeit nicht mit Spielen verplempern“, fügte er hinzu, ohne auf eine Antwort zu warten. Ada sagte danke, machte einen Knicks und sah, wie mamma zusammenzuckte und kleiner wurde. Papà war laut und konnte sehr wütend werden und er fand, dass Ada zu viel lernte und zu viel spielte und groß genug war, um ihm bei der Feldarbeit zu helfen. Sie wollte wissen, warum es ihm nicht passte, dass sie so viel lernte, warum es zugleich gut war, wenn die Kinder im Norden lernten, doch sie verkniff sich die Frage.
Ada schloss die Augen und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, um zu spüren, ob es warm war oder kalt, und über den Hinterkopf, um zu prüfen, ob die Haare unter dem Netz saßen und dem ebenfalls ockerfarbenen Haarband, das es hielt. Und sie merkte, dass die Wangen noch mehr an den Knochen spannten und dachte an Marlene Dietrich, die sie stets bewundert hatte. Wie gern hätte auch sie den Mut besessen, Anzug und Zylinder zu tragen. „Jeden deiner Filme habe ich gesehen“, murmelte sie, „und du weißt gar nicht, dass ich lebe.“ Es war mir nie vergönnt, nach Berlin zu fahren. Ob du je in Rom gewesen bist? Ob du wie ich ungesehen in deiner Kindheit den Sonntagsstaat deines Vaters probiertest?
Ada spürte die Kälte die Füße hochsteigen und öffnete die Augen, um sich zu vergewissern, dass die Brise die Balkontür nicht aufgeschlagen hatte und überlegte, ob sie andere Schuhe anziehen sollte, blieb jedoch bewegungslos sitzen, schloss die Lider wieder und versenkte ihr Gesicht erneut in der Sonne. „Wenn dir die Sonne zu heiß wird“, hatte mamma gesagt, „dann rede mit ihr, sag ihr, dass sie dir nichts Böses tun soll, verbinde dich mit ihr in Freundschaft, doch suche den Schatten, mein Kind.“ Mamma war auch böse geworden mit den Jahren, immer mehr hatte sie das Leben des Vaters gelebt, der hart zu sich selbst war und noch härter zu den anderen, und das Leben der Rollen und Glaubenssätze, aber sie war auch einmal jung gewesen, ohne Schmerzen im Nacken und Rücken, die sie zunehmend beugten. Sie war freundlich gewesen mit den Hunden und Katzen, die durch das Dorf streunten, sich an den Häuserecken rieben und an ihren Waden. Sie hatte sie nie getreten.
Das Fahnenseil schlug leicht auf den Masten in dem mit winterfest verpackten Sonnenschirmen bestückten Park und sie hörte die Taue an die Boote schlagen und die Wellen an den Rumpf der Schiffe klatschen. Jetzt war es endlich gut.
Olga schlief friedlich und der Gurt um den Bauch ließ sie aufrecht sitzen, damit sie nicht aus dem Rollstuhl rutschte. Mit der Kraft, die kleine Säuglinge haben, hielt sie Adas Steiff-Tier, einen Wolf. Die linke Hand lag geschlossen auf der Lehne, seit Jahren schien sie diese nicht mehr geöffnet zu haben. Hunderteins war sie und die dünnen Haare waren lose im Nacken gebunden, weich fielen die Strähnen über die Seiten, das Gesicht war schon fast zum Skelett geworden, wie sie es aus den Beinhäusern kannte. Aufgestapelte Schädel ohne Unterkiefer, weil diese nach dem Tode, von keinen Muskeln und Bändern gehalten, mit der Zeit verloren gingen. Der Hals war eine Landkarte aus Falten, mit Tälern und Flussbetten, die sich teilten und wieder zusammenfanden. Und ständig bewegte sie den Mund, als würde sie kauen. Wenn Güte ein Gesicht hat, so hatte sich Ada oft gedacht, dann hat sie jenes von Olga. Im Alter, da werden böse Menschen noch böser und gute noch gütiger, es gebe keine Verstellung mehr, wenn die Kraft verbraucht ist, hatte ihr einmal ein Pfleger gesagt. „Frau Torelli, waren Sie eine liebe Lehrerin oder streng und gemein?“, hatte er zwinkernd gefragt. Ada hatte erst lernen müssen, sich mit den Pflegern zu unterhalten. Anfangs war es ungewohnt gewesen, sich von einem Manne helfen zu lassen – hofieren schon, das hatte sie gekannt. Neu war, dass Männer den Tee servierten und das Apfelmus von den Mundwinkeln der Gäste tupften, die das Schlucken kaum mehr vermochten. Dass ein Mann hier für die Unterhaltung am Nachmittag sorgte, das Kartenspielen und Bingo, dass einer von diesen sich unterhakte manches Mal und sie duzte und behandelte wie ein Mädchen, das noch in kniefreien Röcken umherlief und nicht Frau war. Dass ein Mann ihr montags die Füße massierte und den Nacken. Für die Wassergymnastik hatte sie sich aber nicht gewinnen lassen.
Am Meer bei den Eltern der Mutter hatte sie die Sommer ihrer Kindheit verbracht. Am Meer war sie auch später jedes Jahr als Lehrerin gewesen. Schwimmen konnte sie gut. Eine der wenigen hier war sie, die es überhaupt konnten. Das Meer war ihr nahe, das Schlagen der Wellen ans Ufer, das Sich-Verlaufen der Schaumkronen im Sand, die Silbersplitter an der Oberfläche, wenn der Mond sich darin spiegelte. Das Hallenbad war fern.
Ada war nicht eine, von der man sagte, die muss in ihrer Jugend einmal eine Schönheit gewesen sein. Ihre Schönheit hatte etwas Unantastbares, darüber hatte man nicht geredet. Damals nicht und auch später nicht. Sie war auf ihre Weise schön gewesen, wer mit ihr sprach, hatte sie stets auch ein wenig bewundert. Und niemand sagte, sie muss es gewesen sein, denn schön war sie auch jetzt. Sie war es besonders jetzt, da ihr Gesicht auch Spannung und Falten hatte. In ihre kindlich-neugierige Miene hatte sich die Erfahrung des Alters gemischt. Sie musste sich nie Respekt verschaffen, sie bekam ihn. Nur von ihrem Vater nicht.
Sie scherzte nicht mit den Pflegern, sie zeigte ihnen nicht ihre verwaschenen und jeglicher Spannkraft entsagenden Strumpfhalter, wie andere es taten im oberen Stock. Sie war heiter und ernst, sie lächelte und war auch traurig. Manchmal ertappte sie sich dabei, daran zu denken, dass es auch angenehm sein musste, so frei zu sein, in der anderen Welt. Die Unbeschwertheit, die mamma genommen worden war am Tage der Hochzeit, hatte ihr die Mutter nie zugestehen wollen. Die Tochter sollte sie nicht erinnern an den Preis, den sie dafür zahlte, verheiratet zu sein, als das Ledigsein eine Schande war. Mamma hatte kein Kind mit Liebe empfangen. Und lange hatte das Festhaltenwollen an der Lüge der Eltern Ada die Fähigkeit der Hingabe genommen.
Ada hatte auch nach dem Tod der Mutter nur allmählich vermocht, Entscheidungen zu treffen, ohne dass sie da war, die ihr sagte, was richtig war und was falsch. Diese Momente, in denen sie abgeschüttelt hatte, was von der mamma war und der nonna und der bisnonna und den vielen tapferen, gebrochenen, zurückgesetzten Frauen zuvor, diese waren die intensivsten in ihrem Leben. Als Zweitgeborene hatte sie es einfacher gehabt, war zugleich ausgestattet mit einem Charakter, der sie weniger aus Rebellion handeln ließ als mehr aus kindlicher, impulsiver Spontaneität. Und wenn sie daran dachte, fiel ihr Anis ein: „Du bist selbst verantwortlich für das, was du tust. Wenn du Schuld zuweist, kommst du nicht weiter. Du darfst deinen Weg gehen, deinen eigenen. Nimm die mamma nicht als Hemmschuh. Sie konnte nicht anders. Nimm von den Ahninnen, was gut war an ihnen, was gut ist für dich. Gib ihnen zurück, was nicht das Deine ist. Sie sind deine Kraft und dein Licht, damit du den Weg nach vorn findest.“
Ada war seit viereinhalb Jahren in diesem Altersheim, verscheuchte im Sommer das Wissen darob mit dem Sitzen am Balkon, mit dem Verharren in der Sonne, dem Schaukeln am Vormittag im Park auf den bunten Plastikschalen für die Enkel der Menschen, die hier wohnten. Dass sie verrückt sei, weil das so gar nicht zu ihr passe, hatte ihr der Pfleger gesagt, der sie duzte. Es hatte sie gefreut.
Sie wehrte sich im Winter, der ihr die Töne und Bilder der Kindheit nahm, indem sie noch hingebungsvoller ihre Kleider bürstete und die Schuhe putzte, um die nahe Kurpromenade hochzugehen, indem sie noch sorgfältiger ihren Lidstrich zog, als sei sie die primadonna der römischen Oper auf Besuch in Cinecittà.
Sie wollte nicht besser sein als die anderen. Sie hatte aber Angst die Rolle zu verlieren, die sie stets geschützt hatte. Sie brauchte den Respekt, auch wenn sie wusste, dass er einsam machte, auch wenn sie wusste, dass er ihr ohnehin entgegengebracht wurde, als hätte sich das goldene Licht der letzten Sonnenstrahlen vor dem Auswerfen der Fischernetze in sie eingegraben.
Manchmal kam eine Nichte ihres verstorbenen Mannes Temistocle, die so entfernt gar nicht wohnte, die Tochter seines Bruders Orazio. Manchmal kamen Lehrerinnen von einst, alt geworden wie sie, mit ihr verbunden durch Erfahrung, die nach Jahren vereint, auch wenn Motivation und Freude sich damals unterschieden. Ada freute sich und schloss abends den Besuch ab wie den täglichen Eintrag ins Tagebuch. Sie wartete nicht wie Renato und Maria und Rosa auf Gäste, die nie kamen. Die vielen Marias, die hier wohnten, als hätte es früher nur diesen einen Namen gegeben, im Italienischen war das nicht anders als im Deutschen. Sogar ein zweites Kind trug diesen Namen, wenn die erste Maria die nächste Schwangerschaft der Mutter nicht erlebte. Wie viele Alte trugen einen Namen, den schon Geschwisterkinder vor ihnen getragen hatten, mit dem Namen hatten sie all die Aufgaben übernommen, denen jene sich verwehrt hatten, indem sie als Engel den Himmel suchten. Wie viele hier hatten nicht ihr eigenes Leben gelebt, waren selbst tot gewesen ein Leben lang, weil sie nur da waren um über anderes hinwegzutrösten, um Tote zu ersetzen, um Wünsche und nicht gelebte Träume ihrer Eltern zu erfüllen.
Sie saß nie am Eingang und fragte nach den Kindern und Geschwistern, sie wollte nie nach Hause oder zur Busstation und zum Bahnhof. Sie hätte gut daheim leben bleiben können, in der Herrschaftswohnung nel Corso della Libertà Nummer 18, alleine, mit einer Hilfe vielleicht. Einer Frau, die kam und kochte und putzte und wieder ging, oder einer Frau von irgendwoher, die bei ihr lebte, wie das jetzt so üblich war. Platz hätte sie genug gehabt in den hohen Räumen mit den vielen Büchern, eine vorübergehende Schwäche im vergangenen Sommer hatte sie hergebracht. Der Hausarzt hatte empfohlen, lieber bald in ein Altersheim zu gehen, denn die Wartelisten seien lang.
Renato war ihr der liebste von allen, er war immer noch der kleine Junge aus Lecce, der heraufgekommen war, um Arbeit zu suchen und hier blieb, dem sie manchmal die Hand lieh zum Halten, der sich nach Umarmung sehnte und nach seinen Eltern, der immer tanzen wollte, wenn er die Möglichkeit dazu hatte. Renato, der im Tanzen noch jünger war, als er ohnehin schien, trotz der weißen Haare, die sich am Ansatz kringelten, der sie führte, ohne ihr je auf die Füße und die fein glänzenden Schuhe zu treten. Wenn sie ihn anschaute, sah sie ihn als Kind auf der piazza vor der Kirche Fußball spielen, sie sah ihn die Autos der ersten Touristen bewachen für ein paar centesimi, sie sah ihn am Bahnhof stehen und den ersten Gästen aus der Fremde das Gepäck über die Gleise zum Ausgang schleppen.
Der Bahnhof in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen war, war nicht groß und lag weit vom Zentrum entfernt, unten im Tal. Und auch Autos kamen nicht hoch ins Zentrum zur piazza mit dem Schloss, der Kirche, der Apotheke und dem caffè. Von allen Seiten führten Treppen zur Altstadt, in manche hatte man, im Abstand der Reifenspur eines Autos, Beton eingelassen, um das Hoch- und Runterfahren zu ermöglichen. Doch endeten alle Wege in schmalen Gassen, durch die nur Menschen gehen konnten und auch heute noch Esel zum Transportieren von Hausrat und Müll. Italienreisende kamen nicht viele, zu nahe lagen Tivoli und Palestrina und Subiaco bei Rom, die die Hügel ihrer Kindheit in den Schatten stellten. Wenn jemand kam, dann verbreitete sich die Botschaft davon treppauf, treppab durch die von grauen Häusern gesäumten Gassen, und es waren stets Menschen, die länger blieben, monatelang, die mit Strohhüten auf dem Kopf im Schatten von Häusern und Baumkronen saßen und zeichneten und schrieben, die manchmal sehr freundlich waren, manchmal auch von oben herab und unwillig über das Geschrei der in der Nähe spielenden Kinder. Einer von diesen hatte ihr Himmel und Hölle gezeigt, hatte mit einem Ast zwei Türme in die trockene Erde gezeichnet, Quadrate in die Rechtecke gezogen und ihnen ein rundes Dach aufgesetzt. Er hatte ihr umständlich mit Mimik und Gesten erklärt, wie man einen Stein in das erste und jeweils nächste Feld werfen und mit einem Bein darüber hüpfen müsste. Und sie hatte gelacht, sie kannte das Spiel schon lange, sie hatte es mit den Geschwistern und Freundinnen viel ausgefeilter gespielt, als er es ihr beibringen wollte. Sie hatten beim Hüpfen die Beine gewechselt, sie hatten die Augen verbunden. Ihre Spielfelder waren in der Form eines Kreuzes. Zuerst die Erde und dann die vielen Felder des Fegefeuers, zuletzt die Hölle, die man überspringen musste und in die man auch keinen Stein werfen durfte und danach der Himmel. Tage später war er zurückgekehrt, hatte mit einer Kreide das Spielfeld auf den Lehmboden gemalt und ihr diese geschenkt. Es war das erste Mal, dass Ada eine Kreide in den Händen hielt, sie drehte sie hin und her und betrachtete die weißen Finger und vergaß das Gefühl von Glück nie mehr, das sie in diesem Augenblick empfand.
Renato war ihr von all den Heimbewohnern der liebste, auch wenn er selten lichte Momente hatte und ihr kaum schien, er würde verstehen, was sie sagte.
4. November
Caro zio!
Endlich habe ich an diesem großen Tag die Gelegenheit und Zeit auch Dir zu schreiben. Meine Mutter hat Dir von der Ankunft in diesem kleinen Weiler im Sarntal bestimmt berichtet, ich habe sie gebeten, Dir meine Briefe an sie vorzulesen. Mein Schulhaus steht nicht einmal in einem Dorf, es steht neben einem abgelegenen Bauernhof und einem Stall. Die meisten Schüler kommen von weit her, das nächste große Dorf ist eineinhalb Stunden von hier entfernt.
Ich versuche mein Möglichstes, um eine gute Lehrerin zu sein.
Gestern war der erste Schultag mit allen Schülern, auch den großen, die bislang noch auf den Almen waren und den Feldern der Väter. Es mangelt ihnen, wie mir scheint, sehr an Disziplin, ich hoffe, das wird sich mit der Zeit legen, noch wirken sie unaufmerksam und mit den Gedanken in den Wolken. Heute feierten wir einen großen Tag, es ist schließlich der 4. November. Der Sieg! Fast alle Schüler waren im Unterricht und ich erzählte ihnen vom Weltkrieg und habe gespürt, dass das auch die Großen interessierte, die gestern noch missmutig aus dem Fenster schauten. Ich erinnerte sie daran, weshalb der Krieg ausgebrochen war, ich berichtete von der Teilnahme vieler Nationen, von den Kämpfen am Land, zur See, in der Luft, vom Leiden und dem Tod von 650.000 italienischen Soldaten. Und wahrscheinlich waren es noch viel mehr. Ich erzählte ihnen von der großen Schlacht von Vittorio Veneto, die nicht nur im Sieg Italiens gipfelte, sondern dem Krieg an allen Fronten ein Ende setzte. Und wir dachten gemeinsam an den Duce, der den Krieg nie wollte und keinen weiteren Krieg dulden wird und an die vielen Helden, die für die Heimat ihr Leben gelassen haben.
In der vergangenen Woche bin ich den Einladungen gefolgt, die mehrere Familien und ihre Kinder an mich gerichtet hatten. Überall hat man mich mit größter Herzlichkeit empfangen. Ich muss jetzt noch darüber lachen, wie wir uns unterhielten, mit Händen und Füßen, mit dem Deutsch, das ich vermag, mit dem wenigen Italienisch, das die Bergbewohner beherrschen. Ich glaube, es wäre gut, mein Deutsch zu verbessern, ich glaube, ich würde die Sprache schnell lernen, leider fehlt mir die Zeit dazu.
Ich hoffe, es geht Euch gut und Deine Kinder haben das Schuljahr gut begonnen, ich bitte Dich, Dich um meine Mutter zu kümmern, die unter meiner Abwesenheit doch sehr leidet, in den Ferien werde ich Euch besuchen.
Es grüßt und küsst Euch, Eure Maddalena
Zur Firmung von Ada hatte der Vater den Kindern ein Fahrrad versprochen. Nicht ihr allein sollte es gehören, auch Gina, der Schwester, die bald die erste heilige Kommunion empfangen würde, den zwei Brüdern und Maria. Ada hatte sich so sehr auf diesen Tag gefreut. Sie schoben das Fahrrad, das für die Kleineren viel zu groß war, den Hügel hinauf und fuhren dann die Pinienallee hinunter, die zum Pferdestall und Landhaus des Principe führte, der nie da war, stets in der Stadt oder in seinem palazzo im Dorf. Mit schiefen Kronen neigten sich die schlanken Bäume in der Landschaft und die gegen Norden gerichteten Flanken der Stämme waren von Moos und von Feuchtigkeit liebenden Flechten bewachsen. Die Wimpel waren gesenkt, auch wenn es windstill war. Die Geschwister liefen nebenher. Die Schritte, die die anderen machten, wurden gezählt. Jeder sollte gleich lang am Fahrrad sitzen dürfen.
Ada war verunsichert an jenem Tag, seit dem frühen Morgen schon pochte das Herz anders als gewohnt, der Magen war flau, der Bauch gebläht und die Beine schienen zu schwach, den Körper aufrecht zu halten. Stärker als sonst nahm sie den beißenden Geruch nach Verbranntem wahr, der sich über die Landschaft legte, wenn ein Bauer dem Feuer übergab, was er nicht brauchte, wenn er Erde verbrannte, um sie wieder fruchtbar zu machen. Eine junge Frau war sie nun und mamma achtete streng darauf, dass Ada ihre langen, dunkelbraunen Haare im Nacken zusammenband, und wenn eine Lockenwelle nach vorne fiel, so strich die Mutter sie ihr ungeduldig hinter das Ohr. „Das geht nicht so, mein Kind“, sagte sie, „du musst dir deine Mähne fester binden.“ „Das tut mir weh“, hatte Ada gesagt. „Daran wirst du dich gewöhnen“, sagte mamma. Ada durfte keine kurzen Kleider mehr tragen, die Mutter hatte ihr einen Rock genäht und auf das Bett gelegt. Er bedeckte die Knie und sperrte ein und behinderte bei alldem, was sie tat. Bei jedem Schritt fühlte sie den Stoff. Es war kaum möglich, sich auf die Schaukel zu setzen, das Seil schob den Rock hoch bis zum Schoß. Und blies der Wind in das Gewand, und hier auf den Hügeln wehte immer Wind, auch im Hochsommer, wenn in den Städten die Hitze erstarrte, so wies die Mutter sie an, den Stoff zu halten, auf dass er nicht die Knie entblößte und das Becken umstrich.
Ada war besorgt. Seit gestern hatte sie Blut in ihrer Unterwäsche und sie getraute sich nicht darüber zu reden. Zuerst war es nur ein brauner, vertrockneter Fleck, der sie erstaunen ließ, mit der Zeit aber erschauerte sie, da es flüssig war und rot. Sie hatte einen schweren Stein genommen und ihn zum Santuario Santa Maria della Consolazione geschleppt, müde war sie und verschwitzt, sie hatte ihn vor die Muttergottes gelegt und sie gebeten, dass dies aufhören möge, dieses sonderbare Bluten, das sich zu erklären sie nicht verstand. Sie hatte versprochen gehorsam zu sein und dem Vater auch in Gedanken nicht zu widersprechen. Das Bluten hatte nicht aufgehört, sie hatte ihre Wäsche gewaschen und in den Feldern auf den Haselnusssträuchern zum Trocknen ausgebreitet. Sie hatte sich auf die Schaukel gesetzt und geweint und sich gefragt, ob sie nun sterben müsse. Das Bluten ging nicht weg.
Als sie abends nach Hause ging, bedrückt und ratlos, entdeckte sie im Feld ein Mauseloch, es war nicht rund wie die vielen anderen Mäuselöcher, von denen es viel zu viele gab und in die die Großmutter Kampfer stopfte, um die Nager zu vertreiben. Es hatte die Form eines Herzens. Und sie beugte sich nieder und fuhr mit den Fingern die Ränder entlang.
„Du bist unwohl“, sagte ihr die Mutter am Abend, als sie sah, wie Ada verstohlen ihre Wäsche wusch. Fragend blickte die Tochter sie an. „Ich sagte ja“, fuhr mamma fort, „du bist jetzt eine Frau und hast dich entsprechend zu benehmen. Du bist jetzt reif Kinder zu bekommen. Einmal im Monat wirst du unwohl.“
„Ich fühle mich nicht unwohl“, sagte Ada. „Ich weiß nur nicht, was das ist. Hast du das auch?“
„Wenn du verlobt bist, werde ich es dir erklären, vor deiner Hochzeitsnacht. Vorher brauchst du das nicht zu wissen“, sprach mamma.
Und die Mutter brachte ihr von häufigem Waschen hart gewordene, linnene Tücher und erklärte ihr, wie sie sie verwenden sollte. „Wenn du die Tücher wäschst“, sagte sie dann noch, „häng sie nicht draußen in der Sonne auf, dass alle Leute sie sehen. Diese Tücher hängst du auf die Leine am Dachboden, das geht niemanden etwas an. Und mach nicht so ein Gesicht, das ist mir auch passiert.“
Am Abend verkroch sich Ada im Pferdestall, kaute an einem Stück carruba, spuckte die bittere Schale und die Kerne aus und ritzte traurig ihr Monogramm in die Holztür, AST 1929, Ada Secondina Torelli.
Der Vater saß abends am Tisch und las einen Brief. So ruhig hatte ihn Ada selten gesehen. „Mein Bruder wäre stolz auf seine Tochter, würde er noch leben“, sagte er. „Maddalena tut ihre Pflicht. Sie hat uns zwei Briefe geschickt aus dem Norden, der Postbote hat heute beide gebracht, wer weiß, wo der erste so lange blieb.“
Auna di Sopra, Renon, 7 ottobre 1929
Caro zio!
Sono arrivata in questo paesello il 30. settembre dopo un’ora e mezza di cammino …
Ich kam in dieses Dorf am 30. September nach eineinhalb Stunden des Weges. Der zuständige Direktor hatte mich bereits informiert, dass es hier nur eine Schule gäbe mit einem einzigen Schulraum, also fünf Schulstufen in einer einzigen Klasse. So war ich darauf vorbereitet und meine Erwartungen wurden bestätigt. Schon tags darauf besuchte ich den Pfarrer und bat ihn, nach der Predigt am Sonntag, es war der 2. Oktober, die Gemeinde zu informieren, dass ich nach der heiligen Messe die Einschreibung der Schüler in die Klassen vornehmen würde. Ich freute mich sehr, viele Eltern mit ihren Kindern begrüßen zu dürfen. Ich hatte den Eindruck, dass die Menschen in diesem Dorf gut sind und umgänglicher als in jenem Dorf im Sarntal, in dem ich in den ersten zwei Jahren unterrichtet habe. Und auch die Rückkehr ins Gebirge zu den Menschen mit ihren traditionellen Kleidern machte mir mehr Freude, als ich es erwartet hatte. Das Gesetz der Anpassung ist die Quelle unseres Tuns und ich versuche mich in bestmöglicher Weise diesem Gesetz zu unterwerfen. Am dritten Oktober dann begann nach der feierlichen Messe der Unterricht.
Die Kinder sind brav, möglicherweise ist das nur am ersten Tag so, ich habe gelernt, dass die Bewohner dieses Landes sehr theatral sein können. Es befinden sich viele Repetenten in dieser Klasse und auch die anderen scheinen mir – bis auf wenige Ausnahmen – wenig intelligent. Vielleicht hat das damit zu tun, dass hier alle miteinander verwandt sind, so erklärte es mir die Wirtin im Gasthaus. Sie haben sich so unbeholfen ausgedrückt, dass ich mein Lachen kaum zurückhalten konnte.
Heute früh erzählte ich den Kindern des dritten Jahres vom größten Seefahrer, der je gelebt hatte, der das Land entdeckte, das heute Amerika heißt. Ich erzählte ihnen von den wichtigsten Ereignissen in seinem Leben, von seinen Wünschen und Zielen. Ich veranschaulichte ihnen die Lebensgeschichte dieses großen Italieners mit Bildtafeln und Zeichnungen, die ich vorbereitet hatte. In der ersten Klasse befinden sich manche guten Elemente. Ich würde mit diesen Kindern gerne mehr Zeit verbringen, um sie die Grundkenntnisse von Anfang an richtig zu lehren. Doch muss ich mich auch um die anderen kümmern, ich glaube kaum, dass man meinem Ansuchen stattgeben würde, mich nur auf die Jüngsten zu konzentrieren, und so lasse ich es bleiben.
Gestern habe ich ihnen lange von der ONB, der Opera Nazionale Balilla, erzählt und ich hatte die große Freude 34 Einschreibungen vornehmen zu dürfen. Ich habe sie alle ermahnt, Mitglieder der Jugendorganisationen zu werden, die Buben bei der Balilla, die Mädchen bei den Piccole Italiane. Ich habe ihnen die Vorteile aufgezählt, die moralischen und die materiellen.
Ich hoffe, die Anzahl der Mitgliedschaften noch erhöhen zu können, ich denke, das hat auch mit mir zu tun. Die Eltern meiner Schüler schätzen mich, die neue Lehrerin, sehr. Ich werde mein Bestes geben, sie alle zu überzeugen. Ich werde keine Anstrengung unversucht lassen, um aus diesen Kindern den höchstmöglichen Gewinn für Italien zu erzielen. Ich werde alles tun, damit sie und ihre Eltern mich mögen. Dies für unseren Duce zu leisten, erfüllt mich mit Freude, obwohl ich manchmal lieber bei Euch und nicht hier wäre.
Es grüßt Euch von Herzen, Maddalena
Während der Vater räuspernd den Brief faltete und zurück in den Umschlag steckte, während mamma etwas sagen wollte und der Mann ihr zu schweigen gebot, als wäre die Stille verletzbar, die sich über die Küche gelegt hatte, während mamma zusammenzuckte und verstummte, dachte Ada, sie wolle auch Lehrerin werden. Sie würde in den Norden gehen, nicht für Mussolini, weil sie den Kindern Italienisch sprechen, lesen und schreiben lehren wollte. Sie las selbst so gern und hatte schon viele Bücher gelesen, die sie sich beim Pfarrer auslieh. Sie dachte, die Kinder müssten Italienisch lernen, um auch diese Bücher lesen zu können. Und natürlich wollte sie in die Welt hinaus wie Maddalena. Sie würde nicht lieber hier sein. Wie mamma wollte sie nicht werden. Ada wollte sich nicht die Stimme nehmen lassen und nicht resignieren, sie wollte nicht so streng werden wie mamma, aus der Notwendigkeit heraus, sich zu schützen und eine Moral zu verteidigen, die gar nicht ihre war. Sie wollte ihren Rock flattern lassen und die Haare, sie wollte die Welt betrachten, mit gehobenen und nicht gesenkten Lidern, ohne sich schuldig zu fühlen. Sie wünschte sich, die Welt mit eigenen Augen zu sehen und nicht nur auf den Postkarten, die das caffè auf der piazza schmückten, die Welt hören mit den eigenen Ohren. Sie wollte die Tür öffnen zu einer Leichtigkeit, die sie nur auf der Schaukel verspürte, pendeln wie die Äste der alten Tannen, die sich im Winde wiegten und wie die Federn der Pfauen, wenn sie das Rad schlugen.
Salvatore Torelli hatte in der Zwischenzeit den zweiten Brief entfaltet und begann zu lesen.
Lieber Onkel!
Heute ist ein wichtiger Tag, der 27. Oktober, Gedenken an den Marsch auf Rom. Ich erzählte meinen Schülern von der Unordnung, die nach dem Krieg im Lande entstanden war, und von der Notwendigkeit des Faschismus. Nachdem ich ihnen beschrieben hatte, welch alten Symbolwert das Liktorenbündel besitzt, die fasce und das Beil, im römischen Altertum schon Sinnbild für die richterliche Gewalt, nachdem ich ihnen erklärt hatte, dass Einigkeit stark macht und wie Mussolini mit dem Segen des Königs Vittorio Emanuele III. Ministerpräsident wurde und das Land für den Frieden und den Sieg wieder einte, wie er tausende Äcker urbar machte und Arbeit für zigtausende Menschen aus dem Erdboden zog, erläuterte ich ihnen, was der Faschismus für das Volk unternimmt. In allen Bereichen ist er tätig und setzt sich zum Wohle der Menschen ein. Auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet, vor allem in der Bildung und Schule und ganz besonders für die Kinder. Was unsere Regierung den Kindern bietet, ist vorbildhaft und einzigartig. Nachdem ich mit den Schülern die faschistischen Hymnen gesungen habe, grüßten wir mit den rechten, zur Sonne emporgereckten Armen – die wunderbaren Texte auf den Lippen – noch die italienische Flagge. Giovinezza! Giovinezza!
Was ich wirklich sehr bedauere, ist die Tatsache, dass ich all meine Energie und meine Leidenschaft nicht auf die Kleinen konzentrieren kann. Ich würde so gerne nur die erste Klasse unterrichten, diese Kinder scheinen mir braver und auch viel intelligenter.
Heute ist es schon sehr spät und so fasse ich mich kurz.
Bitte grüß mir die mamma und die zia und all die Cousinen und Cousins, Maddalena
Stille lag im Zimmer, als jemand an die Tür schlug. Es war der Nachbar, ein Rudel Wölfe hatte elf seiner Schafe getötet, von manchen habe er nur mehr den Schwanz gefunden, sogar das Fell sei verschwunden. Der Vater stand auf und ging zum Schrank, öffnete ihn und suchte Patronen, nahm das Gewehr und ging. Ada wusste, kein Verbot würde jemals die Männer davon abhalten, auf Wölfe zu schießen. Und kein Gewinn aus dem höchstdotierten Lotteriespiel würde den Vater hindern, auf Vögel zu zielen. Auch wenn sie noch so reich wären und sich jeden Tag Fleisch kochen könnten, einen primo piatto und einen secondo, er würde es nicht lassen, Singvögel zu töten und Zugvögel obendrein. Rebhühner, Fasane, Wachteln, Wildgänse, Pfauen und Tauben und wie sie alle hießen.
Nachdenklich spielte sie mit den schwarzweiß geringelten Stacheln, die sie beim Eingang eines Baues einer Stachelschweinfamilie gefunden hatte. Sie drehte sie wie Mikadostäbchen, sah zu, wie sie zu Fall kamen, versuchte einen nach dem anderen wegzunehmen, ohne eine Bewegung auszulösen.
Terracina. Es gab nichts Schöneres für Ada. Den ganzen Tag waren sie am Strand gewesen, sie hatten Drachen steigen lassen mit dem Großvater. Aus dem Innenfutter alter Briefkuverts, aus Resten der Fallschirmseide, die der nonno irgendwo aufgetrieben hatte, und aus dünnen zu Kreuzen verknüpften Holzlatten hatten sie mit der nonna wunderbare Flieger gebastelt. Sie flatterten lautstark im Wind, rauschten über die Kronen der am Ufer stehenden Bäume, die Augen waren gerötet von der salzigen Luft, die Haare verklebt von der Feuchtigkeit.
Vom Haus des Großvaters aus sah man den Monte Sant’Angelo mit dem Tempel des Giove Anxur. Ada saß gern dort oben bei Sonnenuntergang, und schweifte ihren Blick über die rot aufleuchtenden Ruinen und die Küste, die in ermattetem Violett versank, während das Mondlicht im Mar Tirreno zu glitzern begann.
Am Abend ging sie noch einmal mit dem nonno den Strand entlang. Er hielt sie an der Hand, Ada liebte es, papà machte das nie. Sie hatte wahren Respekt vor ihrem nonno. Er hatte eine Glatze, dafür umso mehr Bart und unzählige weiße, wuschelige Haare an der Brust, die aus dem Hemd lugten. Sie kannte keinen Mann, der so behaart war wie er. Aber sie hatte auch noch nicht viele Männer gesehen, nur jene auf den Feldern, die im Sommer mit unbedeckten Oberkörpern die Arbeit versahen. Sie nutzte jede Gelegenheit, den nonno zu umarmen und mit ihren Händen unter sein Hemd zu fahren und sie wunderte sich jedes Mal, dass er es zuließ und sie nicht ungeduldig ermahnte. Seine Haare waren kräftig wie die grauen Fasern am Stamm der Hanfpalmen, die nonna liebevoll pflegte, war sie doch kundig, aus diesen Matten und Seile für das Boot ihres Mannes zu flechten.
„Das Schimmern da draußen, das du siehst, das sind die Seelen der Ertrunkenen“, meinte der Großvater.
„Zitta“, sagte er plötzlich und legte den Zeigefinger auf die Lippen. Ada war sofort still und bewegte sich nicht. Dass sie einen Wolf mit eigenen Augen sah, hätte sie nie zu träumen gewagt. Der Vater jagte sie in der Nacht, er hätte sie nie mitgenommen. Dass es ein ganzes Rudel war, ein großer Wolf und kleinere Wölfe, das schien ihr wie ein Märchen. Unbeweglich standen sie und auch der nonno schien den Atem anzuhalten. „Beweg dich nicht“, flüsterte er, „die Wölfe sind scheu!“ Und nach einer Pause flüsterte er weiter: „Keine Sorge, sie tun dir nichts.“
In der Ferne hörte Ada Möwen schreien. Es war ein vertrauter Laut, er war Heimat und Fremde zugleich.
„Und so eine Wölfin hat Romulus und Remus genährt?“, fragte sie nach einer Weile, so still es ging und doch erschreckt darüber, wie laut sich ihre Stimme anhörte. Navino Bartoli flüsterte, soweit er es mit seiner tiefen Stimme vermochte, immer wieder brach sie ab und er musste sich räuspern. Das Flüstern war der Fischer nicht gewohnt, entweder sagte er gar nichts für Stunden, oder er sprach laut in einem unverkennbaren Bass. So werde die Legende zumindest überliefert, dass eine Wölfin die Zwillinge gestillt hat mit ihrer Milch, und dann war er still und dachte nach, ob das Mädchen alt genug sei, um ihm mehr zu erzählen.
„Im antiken Rom hießen die Bordelle lupanari“, sagte der nonno plötzlich laut und biss sich auf die Lippen. Er hatte es nur denken wollen. „Was sind Bordelle, nonno?“, war sogleich ihre Frage. „Bordelle sind Häuser, in denen Männer die Liebe von Frauen kaufen können. Frauen verkaufen ihre Körper an Männer, die keine Frau haben und sich nach einer sehnen.“ Ada wollte weiterfragen, aber war still, da einer der Wölfe sie wohl gehört hatte und zu laufen anhob, der Rest des Rudels folgte ihm. Und eine lupa, das sei eine Prostituierte gewesen. Eine Frau, die sich an Männer eben für Geld verkaufte. Und oft sagte man, dass Romulus und Remus nicht von einer lupa, von einer Wölfin großgezogen wurden, ihre Mutter soll eine lupa gewesen sein, eine Prostituierte. „Wenn man die Liebe verkauft, ist das schlecht?“, fragte Ada. Da wusste der Großvater nicht mehr zu antworten. „Ich weiß es nicht“, sagte er nach einigem Zögern. „Ich war nie bei einer lupa.“ „Du hattest ja die nonna“, sagte Ada.
Von den Prostituierten in Rom war oft geschwärmt worden, wenn die Fischer draußen auf dem Meer warteten, bis die Stellnetze schwer genug waren, um sie einzuziehen und den Fang nach Hause zu rudern. Die Männer berichteten von den Frauen, als seien sie ihnen schon oft begegnet. Sie wussten, dass es arme Frauen waren, ihnen blieb für ihre Liebe fast nichts, fast alles nahm der Besitzer des Bordells. Manch einer war tatsächlich einmal dort gewesen, in einer dieser vielen case chiuse in Rom. Manch einer hatte Erbarmen mit den Frauen und hätte ihnen gern mehr bezahlt, ein Almosen für sie allein, doch das Geld dazu hatten diese Männer nicht. Manch einer hatte versprochen, mit dem Besitzer zu reden, ihn dazu zu zwingen, den Frauen mehr zu geben, doch wer der Besitzer war, das wusste kaum jemand. Das wussten nicht einmal die lupe. Und hätten sie es gewusst und den Namen verraten, sie hätten die Arbeit verloren. Einen Mann gab es, der der Aufpasser war, und eine alte Frau am Eingang. Manchmal war ihr anzusehen, dass sie einmal eine lupa gewesen sein muss, doch ihre Blütezeit war schon lange vorbei. Sie kontrollierte die Kunden und prüfte, ob sie das vorgeschriebene Alter hatten, 18 Jahre, drei Monate und einen Tag.
Auf dem Boot, wartend auf den Fischfang, sprachen die Fischer viel von schönen Frauen und sie beschrieben die Mädchen, als würden sie sie alle kennen.
nonnoCampidoglioPalazzo SenatorioNonno