Ohne Wenn und Abfall

Inhaltsverzeichnis

Fußnoten

Stichprobenartige Untersuchung in meinem Bekanntenkreis, völlig unwissenschaftlich und absolut kein Anhaltspunkt.

Vergib Plastik, denn es weiß nicht, was es tut. Es ist jung und braucht das Geld, es verkauft sich für den unnötigsten Quatsch. Man muss nur einen Blick in einen dieser Ein-Euro-Shops werfen, die voll sind mit Einweg-Mist, den niemand braucht. Wann hat unsere Gesellschaft den Punkt erreicht, an dem der Aufwand, Erdöl aus dem Boden zu gewinnen, in einer Raffinerie zu verarbeiten, in Plastik umzuwandeln und in die Form eines Löffels zu gießen, diesen dann in die Läden transportieren zu lassen, um ihn dort zu kaufen und nach Hause zu bringen, eher in Kauf genommen wird als der Aufwand, seine verdammten Löffel einfach abzuwaschen? Wo sind wir Menschen falsch abgebogen?

Plastik an sich ist also nicht das Problem, sondern unsere eigene Gemütlichkeit. Und ihre Konsequenzen: Müll in den Weltmeeren, Müll in den Bäuchen der Fische und Vögel. Artensterben, aufgebrauchte Ressourcenvorräte, Klimawandel. Das muss doch anders gehen. Obwohl sich der Plastikmüll in meinem Singlehaushalt noch in Grenzen hielt, ließ mich der Gedanke nicht los. Ich duschte anstatt zu baden, ich fuhr Bahn anstatt zu fliegen, und das alles im Namen der Umwelt. Trotzdem: Wir haben ungefähr alles revolutioniert und neu erfunden, was wir uns vorstellen können. Aber der tägliche Einkauf von Lebensmitteln ist noch genauso nervig und schädlich wie vor 30 Jahren. Es wird nicht besser, im Gegenteil: Die Portionen werden immer kleiner, was die Konsequenz hat, dass man mehr Quatsch kauft. Der ist meist in kurzlebiges Plastik verpackt, das auf kürzestem Weg und ohne über Los zu gehen im Müll landet.

Wir können auf den Mars fliegen, aber kriegen es nicht

Was mit der Frage nach einer Alternative anfing, führte schließlich zu meiner Idee: einem Supermarkt ohne Einwegverpackungen. Doch diese Idee und der nachhaltige Lebensstil, meine Mission, es anders zu machen, waren nicht von einem Tag auf den anderen umgesetzt. Wir alle haben einen kleinen Wirkungsrahmen. Wir können entscheiden, ob in unserem Zuhause der Müll getrennt wird, wo wir einkaufen, welche Produzenten wir unterstützen. Nehme ich die Nuss-Nougat-Creme eines großen Konzerns, die wegen des verwendeten Palmöls schlecht für den Regenwald ist, oder die lokal hergestellte aus Deutschland, mit Bio-Zutaten und fairem Kakao? Es fängt bei der Ernährung an, aber es kann noch viel weiter gehen: Wie wohne ich, was konsumiere ich, wie oft fliege ich? Der Billigflug Berlin–Wien für 30 Euro hin und zurück schont definitiv mein Portemonnaie, aber nicht gerade die Umwelt. Ich stelle meinen Konsum infrage, in dem ich ausmiste, minimalistisch lebe, unverpackt einkaufe und Müll spare.

Es hat vier Jahre mit viel Ausprobieren und vielen Rückschlägen gebraucht, um herauszufinden, wie ich nach bestem Gewissen leben kann. In diesen vier Jahren lernte ich, wie man einen Supermarkt eröffnet, wie man Zahnpasta selber macht, wie man sich besser kleidet, wenn man Klamottenläden meidet, wie man eine Panikattacke übersteht, den Konsumteufelskreis durchbricht, und wie man bei anfänglicher Ahnungslosigkeit vorgibt, genau zu wissen, was man

Wenn ich schon so gut beschäftigt bin, warum dann auch noch dieses Buch? Ich schreibe es zu einer der stressigsten Zeiten meines Lebens. Ich leite das Team von Original Unverpackt (OU) im Laden und im Büro, ich bringe mit Jan Lenarz, einem meiner engsten Freunde, und einem kleinen Team unter dem Namen Ein guter Verlag mehrere Arbeitsbücher und Kalender raus, jede Woche sind ein bis zwei Vorträge in verschiedenen Städten gebucht, und ich bin froh, wenn mein Körper das mitmacht, was mein Geist ihm aufträgt. Ich bin getrieben durch einen Ehrgeiz, die Welt besser zu hinterlassen, als ich sie vorgefunden habe. Es gab so viele Momente in meinem Leben, in denen ich dachte, das wird nie was – und am Ende hat’s doch geklappt. Ich habe für den Führerschein doppelt so viele Fahrstunden gebraucht wie alle anderen. Für den leichtesten Skateboard-Trick, den Ollie, braucht jeder 15-jährige Junge maximal einen Monat – ich brauchte ein Jahr. Selbst als meine Klavierlehrerin meinen Eltern sagte, ich hätte gar kein Taktgefühl (was sie gar nicht wissen konnte, so gut kannte sie mich doch gar nicht), wollte ich trotzdem wenigstens ein paar Stücke der Beatles lernen, und das tat ich dann auch. Was mir dabei half: der Gedanke, dass jeder einmal klein angefangen hat. Jeder macht einen ersten Schritt auf seiner Reise, und dafür ist dieses Buch

Am Anfang steht die Geschichte vom Beginn meines Kreuzzugs gegen den Müll und davon, wie wir mit der Gründung von Original Unverpackt, dem bekanntesten Supermarkt ohne Einwegverpackungen, eine weltweite Bewegung von verpackungsfreien Läden starteten.

Bevor ich selbst besser leben konnte, musste ich auch erst mal verstehen, was »besser« überhaupt bedeutet. Also vorm Loslaufen noch kurz innehalten und Hausaufgaben machen. Erst dann geht es los mit der ganz konkreten Anleitung, wie man Zero Waste in seinen Alltag einführen und umsetzen kann – wie man dabei Geld spart, sich Gutes tut und einfach ein schöneres und besseres Leben führt.

Dieses Buch ist nicht als ein weiteres Werk gedacht, das man sich für ein besseres Gewissen kauft, um dann im Regal zu verstauben. Es ist ein Ratgeber, ein Fachbuch, ein bester Freund, eine Idee, eine Community. Das funktioniert am besten, wenn man die Gedanken aus dem Buch ins echte Leben überträgt – ins Internet. Über die Facebook-Gruppe mit dem Namen des Buchs, also Ohne Wenn und Abfall, können wir uns miteinander vernetzen. Ich sehe Facebook zwar kritisch – die Selbstdarstellung, das Sammeln unserer Daten und den Algorithmus, der die Verbreitung von Nachrichten bestimmt –, aber Facebook hat eine sehr praktische Gruppenfunktion: Man findet Gleichgesinnte, kann sich austauschen, motivieren und voneinander lernen. Dafür werde ich in der Gruppe interessante Links sammeln, die ihr wiederum ergänzen könnt, und so können wir gemeinsam dafür

Wer sich direkt mit mir austauschen will, findet mich auf Twitter und Instagram als Milenskaya. Außerdem baue ich gerade meine Website milenaglimbovski.de auf, wo ihr regelmäßig weitere Tipps von mir finden könnt.

Ich werde in diesem Buch abwechselnd die weibliche und männliche Form wählen, wenn ich von Menschen spreche. Ich glaube nicht daran, dass das generische Maskulinum in der deutschen Sprache auch Frauen darstellt, und möchte das hiermit ausgleichen und trotzdem die Lesbarkeit wahren.

Genug der Vorrede. Es geht jetzt los. Ich wünsche viel Freude beim Lesen und ausprobieren, und selbst wenn dieses Buch am Ende nur der Unterhaltung dient, hatten wir wenigstens eine gute Zeit. Klingt wie beim Schlussmachen, oder? Wir können ja Freunde bleiben, und beginnen jetzt ganz am Anfang der Geschichte vom Ursprung von Original Unverpackt, dem Supermarkt ohne Einwegverpackungen.