Die Originalausgabe erschien unter dem Titel „You Really Got Me. The Story Of The Kinks“ bei Omnibus Press
Copyright © 2011 by Omnibus Press
Copyright © 2012 Bosworth Music GmbH, Berlin
(part of the music sales group)
Übersetzung: Simone Blass
Redaktion: Rainer Schöttle
Satz und Layout: Schwegler Grafix
Coverdesign: Fresh Lemon / Anet Scheuer
EISBN: 978-0-85712-891-1
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Information Page
Einleitung
1 Ein kleines Vorstadt-Königreich
2 Der Riff eines Welthits: „You Really Got Me“
3 Ein „Pearl Harbour“ für die Kinks
4 Die Hitmaschine aus der Vorstadt
5 „Waterloo Sunset“
6 Das Ende des Goldenen Zeitalters
7 God Save The Kinks
8 Neue Chancen in Amerika
9 Eine Welt zerbröckelt
10 „Die Kinks sind tot“
11 „Give The People What They Want“
12 Eine schwere Geburt: „State Of Confusion“
13 In den Fängen der Musikmaschinerie
14 Zwei Brüder
Danksagung
Bibliografie
Diskografie
„Du wirst schon noch dahinterkommen, wie mächtig Amerika ist, du schleimiger Bastard!“
Juni 1965: Wir befinden uns hinter der Bühne eines Fernsehstudios in Los Angeles, wo sich Ray Davies von den Kinks und ein US-amerikanischer Gewerkschaftsfunktionär gerade lautstark Beleidigungen an den Kopf werfen. Der Amerikaner verglich die erste US-Tournee der Kinks soeben mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour und ist nun dabei, sie als „rote Schlappschwänze“ und Davies als „talentlosen Arsch“ zu betiteln und damit zu drohen, „einen Bericht“ abzuliefern, der dafür sorgen würde, dass sie die Ufer seines Landes nie mehr besudelten. Sekunden später fliegen die Fäuste, Davies stürmt aufgebracht hinaus, verbarrikadiert sich hinter seiner Hotelzimmertür, denkt daran, was die Amerikaner mit Kennedy und Lee Harvey Oswald gemacht haben, und bekommt höllische Angst vor einem Anschlag der Mafia. Bald darauf kehren die Kinks nach England zurück und lassen eine Spur der Verwirrung und des Hasses zurück. Als sie erneut nach Amerika einreisen dürfen, sind die 1960er-Jahre schon fast vorüber …
In diesen für die Band verlorenen Jahren festigten die Beatles und die Rolling Stones ihren Ruhm in Amerika, und während die Kinks-Nachahmer The Who in Woodstock spielten, begann ihre eigene Bekanntheit langsam zu verblassen. Ruft man sich die großen britischen Bands der 1960er-Jahre ins Gedächtnis, finden sich die Kinks meist erst an vierter Stelle. Doch während sich die Stones 1968 überraschend zurückzogen, die Beatles sich 1970 trennten und die Who langsam zu ihrer eigenen aufgedunsenen Parodie verkamen, ist die 40-jährige Karriere der Kinks eine der musikalisch brillantesten und schillerndsten, aber auch eine, über die kaum berichtet wird.
Gegründet um den energiegeladenen, explosiven Kreativkern in Form der Brüder Ray und Dave Davies, überstanden die Kinks regelmäßige Schlägereien, ausschweifenden Sex mit beiden Geschlechtern, Krawalle, Zusammenbrüche, Selbstmordversuche und sogar eine Schießerei. Sie hatten kurzzeitig mit den Krays [korrupten Zwillingsbrüdern, Gangstern und Nachtclubbesitzern in London, die die Kinks managen wollten], Andy Warhol und Queen zu tun, von Dauer ist jedoch ein musikalisches Vermächtnis, das in seinem Einfluss allein von dem der Beatles übertroffen wird. In einer Phase, in der sie Goldene Singles sammelten – 1964 mit „You Really Got Me“ beginnend und bis zu „Days“ aus dem Jahr 1968 reichend –, erfanden sie den Heavy Metal, führten sie indische Klänge in den westlichen Pop ein, wurden sie zu feinsinnigen Sozialsatirikern, flirteten sie mit der Homosexualität, sangen sie auf dem Höhepunkt der Psychedelic-Welle von vorstädtischer Durchschnittlichkeit und krönten sie ihr Jahrzehnt mit „Waterloo Sunset“. Gerade als die Erfolgswelle dieser anderen Bands abebbte, tauchte Ray Davies ab und produzierte eine Reihe von Studioalben, von The Kinks Are The Village Green Preservation Society (1968) bis hin zu Muswell Hillbillies (1971), die sich allerdings schlecht verkauften – sorgfältig vergrabene Schätze, die erst jetzt wieder zum Vorschein kommen. Nachdem er mit Arthur (1969) die Rockoper erfunden hatte, verbrachte Ray die frühen 1970er-Jahre damit, ambitionierte Konzeptalben zu schreiben, deren Musik die Kinks als Varieté-Musicals auf die Bühne brachten.
Als die Kinks wieder nach Amerika kamen, war bereits Ronald Reagan an die Macht gekommen, und niemand hätte geahnt, dass sie ganze Stadien füllen würden, am wenigsten sie selbst. Der Schock über den eigenen Triumph führte letztlich zu ihrer Zerstörung. Der letzte gemeinsame Auftritt der Kinks fand 1996 in Norwegen statt.
Der gewaltige kulturelle Einfluss der Sechzigerjahre – die berühmte „Redland-Razzia“ auf Keith Richards’ Anwesen und die darauffolgende Seifenoper der Stones um Richards’ Verurteilung, John und Yoko, die Demonstration gegen den Vietnamkrieg am Grosvenor Square, Jimi und Janis – hat sich ungebrochen bis heute erhalten und wird immer wieder neu beschworen. In alldem erscheint die Musik der Kinks wie ein ruhiges Londoner Provinzpub, an dem die Autobahn vorbeiführt, in dem Ray in der Ecke sitzt, immer noch anonym beobachtet und schreibt. Seine Songs sind der Bodensatz des späteren British Pop, der Noël Coward mit Johnny Rotten verbindet, gleich Bob Dylans revolutionären Stücken, die den Rock in Amerika flankierten – während Daves gewaltige Riffs zu den Gründungsmotiven Tausender Garagenbands gehörten.
Ray ist 2011 ebenso ein Fremdkörper, wie er es 1964 war. Aber er folgte als Einzelgänger stets rastlos einem Pfad, auf dem er versucht, eine Welt zu beschreiben, der er sich nicht zugehörig fühlt. Wegen seines zerstörerischen Kontrollzwangs blieben Manager, Plattenfirmen, Journalisten und Filmemacher, die versuchten, ihm und seiner Band zu helfen, oft enttäuscht und niedergeschlagen zurück. Es ist wie bei einer der Ikonen der rebellischen englischen Arbeiterschicht der frühen Sechzigerjahren, Alan Sillitoes einsamem Langstreckenläufer, der einen Wettbewerb absichtlich verliert, um das Establishment zu ärgern. In ähnlicher Weise sind Rays eigene, oft absichtlich herbeigeführte Niederlagen in einer gewissen Weise auch Siege. Er und Dave konnten niemals aufgeben, und ihre gelegentlichen Anpassungsversuche waren eher stümperhaft. In ihrer großartigsten Musik schwingt eine seltsame Verletztheit mit, der Wunsch nach etwas Besserem, das sie an die Vergangenheit oder die Zukunft verloren zu haben glaubten.
In der Literatur über Amerika und seine Kunst wird klischeehaft immer wieder auf das grüne Licht am Horizont in F. Scott Fitzgeralds Der große Gatsby Bezug genommen, als Symbol für den unerreichbaren „amerikanischen Traum“. Ähnlich ist es mit „Village Green“ der Kinks in England; es ist ein musikalischer Zufluchtsort für Unangepasste und Unschuldige, in dessen Tracks jedes egoistische Erfolgsstreben zu Davies’ Klängen drei Minuten lang angehalten wird. Ebenso wie der unglückliche große Gatsby schließlich (wie der Zeitgenosse der Kinks, Brian Jones) mit dem Gesicht nach unten in einem schäbigen Swimmingpool endet, ist der Zufluchtsort der Kinks durch Planierwalzen, Alter und Verfall dem Untergang geweiht, auch wenn sie diese Tatsache mit naiver Donquijotterie in ihren Songs konsequent verleugnen.
Die lebendige, kampfbereite Arbeiterkultur, wie sie die Band verkörpert, hat vielleicht weniger mit der amerikanischen Heimat des Blues gemeinsam, die sie so lange Zeit zu erobern hoffte, als mit den eher derben humanistischen Werken italienischer Filmemacher, in denen die Menschen ungeschönt mit all ihren Eigenarten und Makeln dargestellt werden. Niemand war unvollkommener, eigenartiger, nachsichtiger und entschuldbarer als die Kinks.
Ich begegnete Ray und Dave 2004 unabhängig voneinander. Mit Dave traf ich mich in einer im 15. Stock gelegenen Bar im Zentrum Londons, einen Steinwurf von dem Ort entfernt, an dem er 40 Jahre zuvor „You Really Got Me“ aufgenommen hatte. Seine Stadt lag uns zu Füßen. Der Mann, der die Preservation-Pläne seines Bruders unterstützte [Wiederveröffentlichung von Preservation Act 1 und 2] war „überrascht, dass noch so viel da ist“, und erzählte mit einer leidenschaftlichen Offenheit. Auch der Schlaganfall, der ihn wenige Tage darauf vorübergehend niederstreckte, änderte nichts daran.
Der bekanntlich zurückhaltende Ray erwies sich als schwerer greifbar. Über Wochen hörte ich seine erschöpfte Stimme nur am Telefon. Er gab sich zugeknöpft und schnitt unsere Gespräche ebenso mit wie ich – Deep Throat und Nixon der Kinks-Story. Ich verbrachte einen Nachmittag im Konk, dem alten Nordlondoner Studio der Kinks, in dem Glauben, Ray sei im ersten Stock mit Aufnahmen beschäftigt. Schließlich erfuhr ich durch einen Anruf, dass er anderthalb Kilometer von mir entfernt war und allein sein wollte – die Garbo von Muswell Hill. Er war ein Jahr davor von einem Straßenräuber in New Orleans angeschossen worden; die körperliche und seelische Verletzung saß tief. Wenn er aber aus sich herausging, war er charmant, unterhaltsam und ausgesprochen stolz auf seine Band. Seine persönlichen Dämonen schienen ihn zu plagen, und er griff sich ständig an sein angeschossenes Bein, fast so, als ob er prüfen wollte, ob es noch da sei. Dennoch war er von bemerkenswerter Offenheit, auch in Bezug auf seine berüchtigte Beziehung mit Chrissie Hynde (mit der ich ebenfalls sprach und die ihn immer noch liebte).
Am meisten erzählten die Brüder von ihrer Kindheit als Außenseiter in den Arbeitervierteln der Nordlondoner Umgebung, in die mich Ray jahrelang immer wieder zurückkehren ließ, wodurch ich ihre Musik besser verstehen und noch mehr lieben lernte. Ich fand sogar Village Green, wo eine der großen britischen Geschichten begann.
Über dem Stationsgebäude der oberirdischen U-Bahn-Station East Finchley thront der steinerne Bogenschütze mit gespanntem Bogen; jeder abgeschossene Pfeil würde in den ehemaligen Jagdgründen des Bischofs von London landen, die er 1886, im fortgeschrittenen Zeitalter der Industrialisierung, für immer der Öffentlichkeit zur Erholung zugänglich machte. Highgate Wood, Coldfall Wood, Cherry Tree Wood und Alexandra Park liegen allesamt westlich der U-Bahn, der „Tube“. In der öffentlichen Grünanlage zwischen Cherry Tree und Highgate Wood mit seinem Bogenschießplatz fühlt man sich wie ein Zeitreisender in einem mittelalterlichen Dorf. Eine Minute entfernt in nördlicher Richtung liegt die Fortis Green Road, mit einem Ende in East Finchley, dem anderen in Muswell Hill, und Highgate im Süden. Geht man von Muswell Hill weiter Richtung Osten, trifft man auf das Hornsey Art College und die flackernde Neonreklame der Konk Studios, die mehr als 20 Jahre lang die Heimat der Kinks waren und nun von Ray Davies schweren Herzens zum Verkauf ausgeschrieben worden sind. Nebenan kündigt das örtliche Kino, das Phoenix, ein klassisches englisches Sozialdrama an, Samstagnacht bis Sonntagmorgen – „erleben Sie die Swinging Sixties“, verspricht das Werbeplakat.
Fast alle fantasievollen Landschaften der Kinks existieren in diesem kleinen Nordlondoner Königreich, das nicht viel größer als eine Quadratmeile ist. Ray hat es kaum verlassen, während er einige der seltsamsten, witzigsten und herzzerreißendsten Stücke des vorigen Jahrhunderts schrieb. Er lebt noch immer hier. In diesen Straßen findet man sein „Village Green“, das bedrohte Herz seines Englands. Zum ersten Mal erkundet wurde es im Album The Kinks Are The Village Green Preservation Society, das 1968 nahezu heimlich veröffentlicht wurde, als offenbarte es Gedanken, die zu tief und gefährlich zerbrechlich wären. „Es ist eine Kombination verschiedener Orte“, erzählt mir Ray einmal, „es ist dieser kleine Park, Cherry Tree Wood, Highgate Wood, Coldfall Wood, hier bin ich aufgewachsen. In dieser kleinen Anlage haben wir Fußball gespielt, und dort blieben wir, bis es dunkel wurde. Da war dieses Geheimnisvolle. Es hätte überall sein können, vermutlich ist alles nur in meinem Kopf. Neulich verbrachte ich ein wenig Zeit mit meiner Schwester, und da haben wir genau darüber gesprochen. Vieles davon war unser Geheimnis, die Geschichten, die wir hörten. Wenn du einen Wagen mit einer Kamera Muswell Hill runterschickst, sehen die Bilder, abgesehen von ein paar besonderen Gebäuden, aus wie die jeder anderen Stadt. Manche Sachen bleiben am besten im Kopf.“
Für Tausende verstreuter Fans machten die Kinks diese Londoner Randbezirke durch ihre Songs so mythisch wie das Mississippidelta. Viele pilgern zum Clissold Arms Pub in der Fortis Green Road. Im Innern erinnert eine Gedenktafel an den ersten Gig von Ray und Dave im Dezember 1960. In der alten Arbeiterkneipe, die das Pub gewesen war, solange die Davies-Brüder dort tranken, hing die Tafel in der gemütlichen „Kinks-Ecke“. 2007 wollten die neuen amerikanischen Besitzer die Ecke im Rahmen der Sanierungsarbeiten wegreißen, da sie den Relikten längst vergangener Zeiten keinen Wert beimaßen. Den Protesten der Anwohner ist es zu verdanken, dass es jetzt einen „Kinks Room“ gibt, in dem man sein Bier an weiß gedeckten Tischen trinken kann, während man die eingerahmten alten Plattencover der Kinks-LPs an den Wänden bewundert. Manchmal lässt sich auch der eine oder andere zwielichtige alte Stammgast sehen. „Ich war dort, um eine meiner alten Lehrerinnen aufzuspüren“, erzählt Ray, „und einer an der Bar wusste, wo sie wohnt. Es ist gleich gegenüber von unserem alten Haus – ein angenehmer Laden. Ich gehe oft diese Straßen entlang. Ich liebe diese Gegend. Sie erinnert mich an die Straße in New Orleans, in der ich später gewohnt habe. Hohe Bäume. Als meine Familie hierherzog, war das hier ein Dorf.“
Auf der anderen Straßenseite liegt 6 Denmark Terrace, ein schmales Eckhaus mit Gardinen an den Fenstern. Die allgemeine Vornehmheit der Gegend um Muswell Hill hat zwar auch das Pub erfasst, noch nicht aber dieses Haus. Ein neues demokratisches Geschichtsverständnis sorgt dafür, dass ein einfacher Liverpooler Sozialbau erwarten kann, nach Paul McCartneys Tod vom National Trust mit einer blauen Gedenktafel versehen und als Museum geführt zu werden. Ähnliche Pläne gibt es wohl mit diesem Haus, in dem Ray am 21. Juni 1944 und Dave drei Jahre später am 3. Februar geboren wurde: die Quelle all dessen, woraus die Kinks entstanden.
„Wenn ich zurückdenke …“, überlegt Dave. „Ich bin das jüngste von 8 Kindern, und meine Mutter kommt aus einer Familie mit 21 Kindern. Plötzlich findest du dich in einer Umgebung mit all diesen verrückten Menschen wieder, die alle um ihren Raum kämpfen, und das wirkt sich auf deinen Sinn für Individualität aus. Das war der Grundstock, durch den wir alles Weitere überleben konnten. Meine Mutter wuchs in der Umgebung hinter der Caledonian Road in King’s Cross auf und prügelte sich ständig mit anderen auf der Straße. Es gibt einen genetischen Zusammenhang. Meine Mom war mein erster Guru; sie hatte Mumm und musste sich einfach mit jedem Scheiß auseinandersetzen, auch wenn es zu Prügeleien kam. Ich erinnere mich an schrecklich schwierige Situationen in der Zeit, als wir Kinder waren – überhaupt kein Geld zu haben. Einfallsreichtum war gefragt. Gerade als du gar nichts hattest, fingen die Dinge an, sich zu bewegen. Dieses Element findet sich auch in den Kinks-Songs wieder.“
„Deine Herkunft kannst du nicht verleugnen“, sagt auch Ray. „Ich weiß noch, wie ich mich vor ein paar Jahren mit einem meiner Freunde unterhielt. Damals hatte ich ein schickes Haus, und er sagte: ,Du kommst mir vor, als ob du immer noch in einem Reihenhaus wohnst.‘ Die meisten Menschen tragen ihre Herkunft in sich, wenn sie sich selbst treu bleiben.“
Die Eltern der Brüder, Fred und Annie, waren Arbeiter, die wegen der drohenden deutschen Luftangriffe in die Randgebiete evakuiert worden waren: in die Muswell-Hills, die dem großartigen Kinks-Album von 1971 seinen Namen gaben. Mitsamt der Großmutter und einigen der sechs älteren Schwestern (die meisten mit Ehemännern und eigenen Kindern) wohnten sie zusammengepfercht in dem kleinen Haus, und an den Samstagabenden war das Haus noch voller, Freunde und weitere Familienmitglieder drängten sich zusätzlich um das Piano, tranken und tanzten zu Music-Hall-Klängen. Protagonisten zukünftiger Songs zechten dort: Onkel Son, Terry und Julie. In privat gedrehten Farbfilmen sind sie alle zu sehen: Dad, der breit grinsend seinen runzligen Arm um Mamas Schultern legt, Teenager Dave, der seine Arme umherwirbeln lässt, während er mit seiner schwarzen Nichte Jackie (Tochter von Schwester Peg und einem deportierten Afrikaner, stets geliebt im Kreis dieser Außenseiter) tanzt, und Ray, der sich mit seinem schiefen, unsicheren Lächeln ins Bild schleicht.
Die beiden Brüder erlebten dieses Chaos sehr unterschiedlich. „Wenn du der Jüngste in der Familie warst, war es wie in einem Fellini-Film – Gesichter überall“, rief sich Dave gegenüber Johnnie Walker von Radio 2 das turbulente Treiben ins Gedächtnis. „Ich kann nicht erklären, wie meine Kindheit war“, sagte Ray etwas kühler in Julien Temples Dokumentation Imaginary Man. „Ich fand es schwierig, mit so vielen Menschen in einem Haus zu leben. Es war ein kleines Haus. Bei allem Respekt, aber ich hatte es satt, dort zu leben.“ Als Reaktion darauf versuchte er so weit wie möglich fortzugelangen, er lief oder fuhr mit dem Bus meilenweit ins West End, ein einsamer Beobachter, der immer wieder zurückkehrte. Außenstehende, die die Familie während der ersten Jahre der Kinks besuchten, waren zum Teil entsetzt über die Umstände, die sie vorfanden. „Das Haus war so überfüllt, dass Ray und Dave mit ihren Verstärkern unterm Bett und dem ganzen Equipment um sie herum im Vorraum schliefen“, sagte Tourmanager Hal Carter. Roadie Sam Curtis drückte es so aus: „Meiner Meinung nach kamen sie aus einem sehr traurigen Zuhause. Es war mir unangenehm, mich dort länger aufzuhalten.“ Der Kinks-Bassist Pete Quaife beschrieb dem Journalisten Johnny Black die Szenerie sogar noch düsterer: „Ich glaube, Ray schämte sich für seine Kindheit, für seine Mutter, seinen Vater und das Haus, in dem sie lebten – für alles. Dave war da ganz anders. Das war ein Ray-Ding.“ Rays Feststellungen in Imaginary Man klangen ambivalent: „Irgendwie liebte ich meine Herkunft. Aber ich hatte auch das Gefühl, dass ich letztendlich woanders hingehörte.“
In dem körnigen Super-8-Filmchen wird dieser Vorraum mit der hellen Rautentapete, in dem die ersten Hits der Kinks geschrieben wurden, fast vollständig von den Tänzern verdeckt. „Ich hatte das Gefühl, dass Gott auf eine seltsame Weise immer da war“, schrieb Ray in seinem autobiografischen Roman X-Ray.
Dave kam in dieser Umgebung zur Welt. „Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass Muswell Hill ein wirklich starkes mediales Zentrum ist“, überlegt Dave, „aber ein Swami, den ich wirklich respektiere, hat Anfang des 20. Jahrhunderts in der Dukes Avenue in Muswell Hill angefangen. Solche Dinge liebe ich. Vielleicht ist Muswell Hill genauso wichtig wie der Himalaja. Hier erfuhren wir wahrhaftige Resonanz.“
Die sechs Schwestern waren wie geheimnisvolle Hebammen für die Zukunft der Kinks. Sie wurden zwar niemals interviewt, sind aber das geheime Rückgrat von allem, was folgte, und ein stützendes, beständiges Überbleibsel eines Lebens abseits der Band. Rosie wurde 1924 geboren, Rene, Dolly, Joyce und Peggy folgten in zweijährigem Abstand, dann, 1938, kam Gwen zur Welt. Ihre glanzvolle Kleidung, innere Stärke und Weiblichkeit beeindruckten Ray und Dave tief, die ihrerseits als erste männliche Geschwister vergöttert wurden. Einige Schwestern hatten Verletzungen erlitten, ein Beweis für die Feindlichkeit der Welt, die den Davies-Clan umgab. Peg hatte einen verkrüppelten Arm und einen Gehörschaden, seitdem ein gestohlener Lastwagen die damals Vierjährige erfasst hatte, als sie in King’s Cross an einem Geländer spielte. Rene hatte ein Loch im Herzen, dessen Auswirkungen sich durch die brutale Behandlung verschlimmerte, die sie durch einen kanadischen Soldaten erfuhr, der sie als Kriegsbraut über den Atlantik schleppte, von wo aus sie ihrer Mutter in gleichmütig klingenden Briefen seine Misshandlungen beschrieb. Rosie und ihr Ehemann Arthur zogen Ray zusammen mit ihrem eigenen Sohn Terry in der Yeatman Road in Highgate Hill auf. Ray verbrachte dort nahezu seine gesamte Jugend; eine etwas anspruchsvollere Existenz.
„Das war ein großes Thema für Ray“, sagt Dave, der zeitweise von Dolly aufgezogen wurde. „Ich glaube, er ärgerte sich bereits als Kind darüber, dass wir kein ordentliches Badezimmer im Haus hatten. Meine Schwester Rosie, der er sehr nahestand, hatte ein vornehmeres Haus, ein vornehmeres Badezimmer, ein schönes Auto und einen Fernseher. Ich glaube, Ray wollte das Mittelklasse-Leben. Ich wollte das nie.“ Dave ist der Meinung, dass es eine andere Schwester war, von der Ray die städtische Sprache übernahm, die man von ihm als Erwachsenem kennt und die so ganz anders ist als Daves eigenes ungeniertes Cockney. „Gwen redet so, weil sie auf eine höhere Schule ging. Wir mussten mit den Gammlern in die Schule gehen. Gwennie war immer schon die Klügste. Sie war nur sechs Jahre älter als Ray, eine ähnliche Generation.“
„Es war, als wäre man in einen Hexenzirkel hineingeboren“, sagt er über die anderen Schwestern. „Sie hielten ständig Séancen mit einem Ouija-Brett ab und erschreckten mich zu Tode. Peggy – wow! Komm ihr bloß nicht in die Quere!“
„Es war eine höchst geladene, kreative Umgebung“, fügt er hinzu, „weil meine Schwestern Klavier und Banjo spielten.“ Die Schwestern liebten es, bei Tanzveranstaltungen und im Vorraum des Hauses zur Musik von Big Bands, Schnulzensängern, Country- und frühen Rock-’n’-Roll-Bands zu tanzen. Ray, der Mitschöpfer der rauen Wildheit von „You Really Got Me“, vergötterte Rodgers & Hammerstein ebenso wie später Noël Coward. Die Ballsäle verschwanden, und der Glamour der 1930er-Jahre wirkte auf die Brüder ebenso plastisch wie der Schock der späteren Rockmusik; sie waren beeinflusst von den Träumen ihrer Geschwister aus einer früheren Generation. Ein früher NME-Interviewer war überrascht, dass er Ray und Dave 1964 in ihrer Garderobe vorfand, als sie gerade über Lena Horne, Joan Baez und das Modern Jazz Quartet diskutierten und mit keiner Silbe die Beatles erwähnten. In den Interviews gab Dave dann Bach, Gershwin, Chuck Berry und Ray als seine Lieblingskomponisten an. Ray erwähnte Glenn Miller. Diese einzigartige Kultur jenseits der Rockmusik, die sie von ihren Schwestern übernommen hatten, sollte schließlich die Kinks ausmachen. „Wir hinkten der Zeit ein wenig hinterher“, stellte Ray in Imaginary Man fest, „waren aber auch vertraut mit den Sachen, die dann kamen.“ „Die Leute wunderten sich, warum sich die Kinks nach Aufnahmen wie ,You Really Got Me‘ plötzlich so veränderten“, sagt Dave, „aber Ray und ich erhielten immer Anregungen von vielen Seiten. Ich wurde nicht nur von Leadbelly beeinflusst – obwohl seine Riffs phänomenal waren, ich hab so viele abgekupfert –, sondern auch von Frank Sinatra, Doris Day, Perry Como, Hank Williams, Fats Domino …“ Ray hörte inzwischen traditionellen New-Orleans-Jazz im Highgate Jazz Club, sah sich im Fernsehen an, wie Big Bill Broonzy in einem verrauchten amerikanischen Kellerlokal Folk-Blues spielte, traumhaft exotisch, schwarz, lässig. „Broonzy war wegen seiner unglaublichen Größe und der Art, wie er seine Gitarre hielt, der stärkste Einfluss in meiner Jugend“, sagte er in Imaginary Man. Das waren die Dinge, die die Brüder verbanden. „Als wir anfingen, war es einfach, mit Dave zu arbeiten“, sagt Ray, „weil wir so viele Platten hatten, die wir beide mochten, Bo Diddley und Blues. Für sein Alter war er unglaublich einfallsreich, er wusste, wo es diese Musik gab. Ich liebte John Lee Hooker, Broonzy, Hank Williams … Es machte Spaß, sich hinzusetzen und zu spielen.“
Die Brüder sollten aber bald erbitterte Rivalen werden, was dazu führte, dass sie sich bei den Kinks stritten wie die Kesselflicker, mit Handgreiflichkeiten auf und hinter der Bühne. Die Lücke zwischen Rays Schneidezähnen kam von einem Sturz, den er als Vierjähriger erlitten hatte, als er vor dem Anblick seines verhassten kleinen Bruders schreiend davongelaufen war. „Ray war vermutlich nur drei Jahre lang glücklich“, lacht Dave, „die drei Jahre seines Lebens, bevor ich geboren wurde.“
„Ich hatte kein Problem damit, dass Dave geboren wurde“, stellt Ray demgegenüber fest. „Er hatte möglicherweise ein Problem damit. Vermutlich entsteht so was erst mit den Jahren. Ich glaube nicht, dass es ein Problem war, als ich klein war. Aber unsere Beziehung war nicht normal, schon deshalb nicht, weil ich lange bei meiner Schwester einige Meilen entfernt in Highgate lebte. Deshalb hatten wir kein brüderliches Verhältnis. Versteh mich nicht falsch – wir standen uns nahe. Aber nicht so nahe, wie sich normale Brüder vermutlich stehen. Es war nur die Musik, die uns wirklich zusammenbrachte. Das war etwas, was wir beide gemeinsam hatten.“
„Als wir Kinder waren, gab es eine Art Telepathie zwischen uns“, sagt Dave nachdenklich. „Wir sahen uns an und lachten über dieselbe Sache, und als wir begannen, uns für Musik zu interessieren, hatten wir das auch. Viele Leute, die uns später im Studio sahen, waren überrascht, dass wir kaum kommunizierten. Aber wenn es richtig läuft, musst du nicht reden. Es ging alles sehr schnell, die ganzen guten Sachen, die ganzen Ideen – wir hatten immer so viele Ideen. Diese mentale Verbindung, die Ray und ich hatten, war wirklich wichtig. Aber sie hat uns auch fast zerstört.“
Diese Telepathie wurde offensichtlich, als Dave 13 war und Ray im Krankenhaus lag. Dave wachte nachts auf und hatte das Gefühl zu ersticken. Er rannte völlig panisch ins Zimmer seiner Mutter und keuchte: „Mom, ich sterbe. Ich kann nicht atmen.“ In dieser Nacht wäre Ray fast gestorben; er brauchte einen Luftröhrenschnitt, um Luft zu bekommen. Er hat immer noch eine Narbe am Hals und eine weitere Narbe seitlich entlang seines Unterkiefers von diesem unglücklichen Sturz – er lässt sich nur von der anderen Seite fotografieren. In X-Ray findet sich eine ganze Litanei von Verletzungen, die er sich während seiner Kindheit zuzog, einschließlich einer schweren Rückenverletzung im Alter von 10 Jahren. Die Aussicht, als Krüppel zu enden, machte ihm Angst. Bis heute ist seine Gesundheit ein entscheidendes Thema, das Ray nach außen trägt – er scheint sich irgendwo zwischen einer zweckdienlichen Hypochondrie, wenn er in Ruhe gelassen werden will, und einem heldenhaften Ertragen höllischer Schmerzen zu bewegen.
Rays Gefühl, ein Ausgestoßener der Gesellschaft zu sein, das er 1966 auf der Single-B-Seite „I’m Not Like Everybody Else“ verarbeitet, begann ebenfalls in seiner Kindheit. Am Vorabend seines dreizehnten Geburtstags am 21. Juni 1957 schenkte ihm seine geliebte Schwester Rene, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit fünf Jahren aus Kanada zurück war, die bei ihm im Bett schlief, wenn er unglücklich war, und die ihm im Vorraum geduldig das Klavierspielen beibrachte, seine erste Gitarre. „Ich hoffe, ich habe etwas von ihrem Charakter geerbt“, sagte Ray fast träumerisch zu Johnny Black. „Sie war so viel älter, 23 oder 24, und ich erinnere mich daran, dass sie atemberaubend aussah und ich mich immer wohlfühlte, wenn sie da war. Wenn sie uns besuchte, kaufte sie mir Platten und Schokolade und Kuchen. Ja, Mann, sie war wirklich nett zu mir.“ Für Dave war sie „die Künstlerischste in der Familie, sie konnte mit beiden Händen schreiben und malen. Und sie konnte wirklich gut Klavier spielen.“
In Rays Erinnerung spielte sie ein wenig auf dem Piano – er hörte eine Melodie aus Oklahoma! heraus –, und dann ging sie trotzig in ihr Lieblingstanzlokal, das Lyceum im Strand Palace. Ihre Mutter sah ihr nach, wie sie die Straße hinaufging. Sie wussten beide, dass ihr Herz den Belastungen nicht standhalten und dass es sie das Leben kosten würde. „Sie starb in den Armen eines Fremden auf der Tanzfläche“, sagte Ray in Imaginary Man; tanzend zu einer Melodie aus Oklahoma!, fügte er wohl eher ausschmückend in X-Ray hinzu.
„Ich hörte meinen Vater die Treppe hochkommen, kreidebleich setzte er sich ans Fußende meines Bettes, und ich wusste, was er sagen würde, bevor er den Mund aufmachte. Er fing an zu weinen und sagte, Rene sei tot“, wie sich Dave in seinem Film Mystikal Journey erinnerte. „Es war ein schrecklicher Schock. Ich fühlte mich von einem Moment zum nächsten völlig anders. Ich wurde plötzlich erwachsen. Zum ersten Mal dachte ich ernsthaft über ein Leben nach dem Tod nach. Ich konnte die Tatsache nicht akzeptieren, dass mit dem Tod alles zu Ende sein soll.“ Mir gegenüber fügt er hinzu: „Ich war ein unbekümmertes Kind. Ich konnte meine Mutter im Hintergrund schluchzen hören, und ein erwachsener Mann, der alt genug war, um mein Großvater zu sein, wirklich, setzte sich auf mein Bett und fing an zu weinen. Ich wusste, dass ich stark sein musste. Und ich habe mich an diesem Tag verändert. Weil irgendwas Energie überträgt, wenn du so zusammenbrichst. Es löst etwas in dir aus.“
Daves Reaktion war die anfangs zögerliche Hinwendung zur Spiritualität, die ihn später völlig in Anspruch nehmen sollte. Bei Ray hinterließ der Tod seiner Schwester tiefe Spuren. „Es war ein großer Wendepunkt“, gestand er Johnny Black, „das wäre es für jedes traumatisierte Kind. Es ist dein Geburtstag, und jeder geht auf eine Beerdigung.“ Er ging daraufhin völlig in sich – jahrelang sprach er kaum, fing aus unerklärlichen Gründen an zu weinen und wurde lethargisch, fast als wäre ein Teil von ihm ebenfalls gestorben. Fühlte er sich schuldig, weil er die Gitarre, die er sich so lange gewünscht hatte, unter solch schrecklichen Umständen erhalten hatte? „Nein, wegen meiner Gitarre fühle ich mich nicht schuldig“, sagt er cool, „und ich habe auch keinerlei Schuldgefühle wegen der Tatsache, dass meine Schwester in einem Tanzlokal gestorben ist. Ich freute mich, mit den Kinks im Lyceum zu spielen.“
Seine besorgten Eltern schickten ihn zu einem Kinderpsychologen in Notting Hill – in den 1950er-Jahren schämte man sich noch dafür. Ray sagte, man hätte ihn behandelt wie die Schwulen in den Toiletten an der Bushaltestelle. Machten die Leute einen Bogen um ihn?
„Ich glaube nicht, dass meine Familie einen Bogen um mich machte. Vielleicht taten sie es, vielleicht haben sie das immer getan – ich weiß es nicht. Ich war einfach still und launisch. Der Psychologe war kein furchtbarer klinischer Psychiater; ich glaube, er war Berater für Kinder mit Kommunikations- und Lernschwierigkeiten. Es gab ja zu dieser Zeit keine Spezialisten. Das Gesundheitswesen war ziemlich einfach. Hattest du einen wehen Fuß, gingst du zum Doktor. War irgendwas mit deinem Kopf nicht in Ordnung, kamst du ins Irrenhaus. Das war nur ein kleines Zentrum, in das ich ging. Ich habe einfach nur geredet, aber es hat was gebracht. Ich erinnere mich, Dennis Waterman davon erzählt zu haben, als ich der Kapitän einer Showbiz-Fußball-Elf war. Er war Mittelfeldspieler, kein besonders guter. Ich sagte: ,Ja, als ich klein war, ging ich zum Psychologen.‘ Die Leute überhörten es und begannen, mir Tee anzubieten. Man wird immer noch als Irrer abgestempelt. Es ging nur um einen Berater und ein Kind, das ein wenig verstört war und nicht wusste, wie es sich einfügen sollte. Mehr als alles andere konnte ich nicht richtig kommunizieren. Die Musik hatte etwas, das mir später half. Ich fand plötzlich heraus, dass ich mit einer Million Menschen kommunizieren konnte, die das Gleiche fühlten wie ich. Das war eine ziemlich große Sache für mich.“
Hat er sich jemals von seinem psychischen Tief als Teenager erholt?
„Ich glaube, wenn du einmal in diesen Sog gerätst … Ich weiß nicht, ob das Depressionen sind. Wenn es anfängt, weißt du, dass du nahe daran bist, in ein Loch zu fallen, und es gibt niemals einen Trick, da rechtzeitig rauszukommen. Es ist einfach das Bewusstsein, wie viele Gefahren da draußen auf dich lauern. Außerdem glaube ich, dass die meisten Menschen gescheiterte Existenzen sind. Ich kannte meine Fehler bereits, als ich sehr jung war. Ich glaube, das war der entscheidende Vorteil, den ich hatte. Zwar war ich niemals optimistisch, aber deshalb wurde ich auch nicht enttäuscht. Aber auch wenn ich nicht optimistisch war, gab es immer etwas, um das man kämpfen musste. Ich hätte zu den Smiths gehen sollen, als ich 15 war“, lacht er. [The Smiths waren eine Rockband, die vor allem wegen ihrer schwermütigen Texte bekannt war.]
In Kink erinnert sich Dave, dass man Ray „rauf in die Klinik“ brachte, als er 11 oder 12 war und Rene noch lebte. Wenn das stimmt, dann waren seine Probleme ernsterer Natur. „Irgendwie hatte ich die Rolle des Älteren auszufüllen und ein Auge auf ihn zu haben“, schließt Dave. In X-Ray beschreibt Ray einen Albtraum aus seiner Kindheit, den er hatte, nachdem er Dave geschlagen hatte und sich schuldig fühlte. Im Traum hing Dave an Rays Händen über einer Klippe, „ein Bruder hält buchstäblich das Leben des anderen in seinen Händen“. Ray kann natürlich nicht ganz durchhalten. „Ich wusste, dass ich diesen Eindringling immer zu beschützen haben würde“, schreibt er, obwohl er ihm „nie richtig vergeben konnte“, dass er in seine perfekte Welt, in der alle Frauen nur ihn geliebt hatten, getreten war. Das Gelöbnis der Brüder, füreinander da zu sein, verblasste in der großen Welt, in die sie durch die Kinks getragen wurden, bis es schließlich vergessen war.
Ray und Dave fühlten sich in ihrer Schule, der William-Grimshaw-Schule (die auch Rod Stewart besucht hat), unterdrückt und ärgerten sich über das Schulsystem. „Nun ja, das Wort Freiheit …“, überlegt Ray. „Ich hatte Glück, dass ich im Nachkriegsengland aufgewachsen bin, in einer sogenannten freien Gesellschaft. Aber der Kalte Krieg befand sich in meinen prägenden Jahren auf dem Höhepunkt. Die ,rote Gefahr‘ und das totalitäre System waren sehr stark in meinem Bewusstsein verankert, und ich empfand das als Bedrohung. Ich wuchs mit der Angst auf, gebrochen zu werden und meine Individualität zu verlieren. Und das sah ich dort, wo ich aufwuchs und zur Schule ging. Ich wollte Künstler werden. In diesem Schulsystem wurde dir beigebracht, dass du als Futter für die Fabrik endest, wenn du nicht einen ordentlichen Abschluss hast. Der Druck war da, wenn auch anders als heute. Es ging mehr ums nackte Überleben.“
„Ich hasste die Schule!“, erklärt Dave. „Niemand erhoffte sich etwas von mir. Ich mochte keinen einzigen meiner Lehrer. Einmal hatte ich diese hübsche Französischlehrerin, und ich lernte richtig gut Französisch. Im Jahr darauf verließ sie die Schule, und ich habe alles vergessen. Mir war nicht bewusst, dass ich als Kind Legastheniker war. Sie nannten es Dummheit. Du bekommst eine richtige Wut, wenn du denkst, dass du besser bist als andere, dich aber nicht ausdrücken kannst, und du denkst, die sind alle beschissen. Du wurdest von diesem Schulsystem wirklich unterdrückt. Diese ganze Arbeiterklassenwut kam in meinem Gitarrensound raus. Und das Schöne war, dass Ray das lyrisch ausdrücken und ich die Emotionen so richtig rauslassen konnte. Die Kombination dieser beiden Elemente war wirklich bedeutend.“
Die Wut der Arbeiterschicht war allgegenwärtig. Dave las Alan Sillitoes 1958 erschienenen Roman Samstagnacht und Sonntagmorgen und lieh ihn dann Ray. Sie adaptierten das schnoddrige Knurren des Fabrikarbeiters und Antihelden Arthur Seaton mit seinen Mantras „Don’t let the bastards grind you down“ und „Whatever people say I am, that’s what I’m not“. Letzteres wurde von der Sheffielder Band Arctic Monkeys 50 Jahre später übernommen. Das hätte auch der Karriereplan der Kinks sein können. „In den späten 1950er- und 1960er-Jahren hatten Angehörige der Arbeiterschicht wenigstens die Möglichkeit, sich auszudrücken“, sagt Dave, „und sie konnten tatsächlich schreiben, und sie konnten tatsächlich denken – und singen. Sieh dir an, was mit den Filmen passiert ist. Es ist schon komisch, ich habe Albert Finney [Hauptdarsteller in Samstagnacht bis Sonntagmorgen] jetzt schon seit einigen Jahren nicht mehr gesehen. Tom Courtenay [Hauptdarsteller in Billy Liar] war später ein Freund von uns, wir spielten immer Fußball mit ihm.“ Auch Ray hat sich in Sachen „Angry Young Men“ fortgebildet, allerdings auf Theaterebene; es begann eine lebenslange Hingabe zum anspruchsvollen Royal-Stratford-East-Gemeindetheater. Er und Dave orientierten sich an diesen harten, realistischen, unbeugsamen Rebellen der Fünfzigerjahre und nicht an den umgänglichen und schillernden des darauffolgenden Jahrzehnts. Die einzige Autorität, die sie akzeptierten, waren ihre Eltern.
„Der Einfluss meiner Eltern auf Ray und mich war außerordentlich groß“, sagt Dave. „Alle meine Kumpels konnten es kaum erwarten, von zu Hause wegzugehen. Na ja, meine Mutter borgte mir sieben Mäuse, damit ich die Anzahlung für meine erste Gitarre machen konnte. Sie hatte nämlich eine Vorstellung, auf welchem Weg wir dort rauskämen.“
„Ich erinnere mich noch daran, dass sie sang wie Mutter Courage“, sagt Ray. „Sie sang a cappella. Ich weiß noch, wie ich zu Norma Waterson [Matriarchin der englischen Folk-Szene] sagte: ,Du singst wie meine Mutter.‘ Sie hatte diesen Folk-Style. Wahrscheinlich hat etwas davon abgefärbt.“
Das Hornsey College of Art war Rays erster Weg, rauszukommen. „Ich konnte wirklich zeichnen, und ich konnte wirklich schreiben, und das hat mich gerettet“, stellt er fest. „Wenn ich in Muswell geblieben wäre und dort einen Job angenommen hätte, wäre ich durchgedreht. Das wusste ich schon sehr früh, sogar bevor ich die Band hatte. Ich wusste, dass es einen anderen Weg für mich geben musste. Ich glaube nicht, dass der Rest ohne das Art College passiert wäre. Ich wäre nicht zur Musik gekommen. Alle meine Drogenexperimente habe ich im College gemacht. Ich habe mich gebessert, als ich Musiker wurde. Ich erinnere mich, dass ich die Beatles im Fernsehen sah, als ich auf dem Art College war. Sie sangen ,Love Me Do‘, und ich dachte: ,Das ist super, und ich weiß, dass ich das auch kann.‘ Ich verdanke ihnen immens viel. Aber dass ich in eine Band kam, war eher eine zufällige Angelegenheit, es hat mich ein wenig vom Weg abgebracht. Ich wusste nicht einmal, dass ich Songs schreiben wollte. Ich wollte in einer Band spielen, um mein mageres Middlesex-Stipendium aufzubessern und genug Geld zu verdienen, um in den Staaten Gitarre zu studieren.“
Als sich das Art College mit der Zeit als frustrierend erwies, sprach Ray den britischen Blues-Guru Alexis Korner an, nachdem der dort einen Auftritt gehabt hatte (mit dem zukünftigen Rolling Stone Charlie Watts als Drummer). Ray wurde an die Dave Hunt Rhythm & Blues Band verwiesen, mit der er Anfang 1963 als Gitarrist dreimal die Woche in Soho auftrat. Damals säumten noch Prostituierte die Straßen von Soho, und als Musiker im dortigen Nachtleben schloss man zwangsläufig Bekanntschaft mit ihnen und den dazugehörigen Kleinkriminellen und wurde so Teil eines Boheme-Milieus weit entfernt von Fortis Green. Ray entdeckte seine voyeuristischen und kreativen Neigungen, und mit 18 Jahren begann er sich sein Leben selbst zu gestalten. Bereits 1965 wusste er, dass dies seine unwiederbringlich schönsten Jahre als Musiker gewesen sein würden, und noch 1989 sagte er zu Charles Shaar Murray: Das war „meine Idealvorstellung …: nicht zu singen, sondern nur in der Ecke zu sitzen und wie Tal Farlow [renommierter amerikanischer Jazzgitarrist] Gitarre zu spielen, von Soho nach Hause nach Highgate zu laufen, um fünf dort anzukommen und um neun wieder ins College zu gehen“. Bald fing er an, nebenbei sowohl bei den Blues Messengers als auch bei seinem Bruder zu spielen.
Dave war mittlerweile mit 15 Jahren der Schule verwiesen worden, weil er, statt die Schule zu besuchen, sich mittags beim Sex mit seiner Freundin Sue Sheehan auf einer Wiese in Hampstead Heath hatte erwischen lassen. Sie wurde schwanger, und die beiden entschlossen sich zu heiraten. Um dies zu verhindern, log ihm seine Mutter vor, Sue würde ihn nicht mehr lieben. Diese Verletzung trug er noch während der meisten Jahre bei den Kinks mit sich herum, so wie Ray den Tod Renes. In seiner Autobiografie Kink behauptete Dave, er hätte damals ein anderes Leben gewählt als das eines Rockstars, das ihm manchmal leer und schäbig erschienen war. „Ich weiß nicht, wie es gewesen wäre“, sagte er über sein fiktives Leben. „Ich verliebte mich, als ich 14 war, und wir wollten wirklich heiraten. Für mich war das ganz natürlich. Dann wurden wir auseinandergerissen. Ich glaube, meine Mutter hat zu viele von uns als Bahnarbeiter enden sehen. Nicht, dass es verkehrt wäre, Bahnarbeiter zu sein. Aber das Leben als Arbeiter war damals um einiges härter als heute. Vielleicht dachte sie, es hätte mir meine Karriere versaut. Es versaute mich emotional 30 Jahre lang. Vielleicht länger. Deshalb habe ich vielleicht mit so vielen geschlafen. Ich bekam einen Groll auf Frauen. Mit 16 war mir das noch nicht bewusst.“
Ihm blieb nur seine Besessenheit von der Rockmusik, die er auf einer elektrischen Gitarre auslebte. In Daves Erinnerung entstand die Band, die sein Leben veränderte, aus den Duetten mit Ray, die sie zu Hause und im Clissold Arms zum Besten gegeben hatten, und den späteren Zugängen in Form von Rays Schul- und Art-College-Freund, dem Bassisten Pete Quaife, und dem Drummer John Stuart (der bald durch Mickey Willett ersetzt wurde) im Winter 1961. Rays Erinnerung nach erfolgte die Gründung der Band, nachdem er zur Dave Hunt Band gegangen war, 1963: „Dave [Davies] hatte in der Schule eine Skiffle-Band mit Pete. Ich bemerkte, was die da machten, und machte irgendwie mit.“
Quaife, am 31. Dezember 1943 in Tavistock in Devon geboren, lebte mittlerweile in der Coldfall-Sozialbausiedlung in der Nähe von Fortis Green und war ein boshaft-lustiger, extrovertierter junger Mann, der Ray fast ebenso nahestand wie Dave und sich sehr gewagt und angesagt kleidete. Er arbeitete kurzfristig bei einem Magazin für Männermode namens The Outfitter. „Es fing alles damit an, dass ich mit 11 Jahren auf der Mülldeponie spielte“, erzählte er später dem Melody Maker. „Plötzlich war ich unten an der Schütte und fühlte irgendwas höllisch Spitzes an meiner Hand. Es war ein Nagel, der meine Hand durchbohrt hatte. Es hat geblutet wie Sau.“ Als Therapie wurde Klavierspielen vorgeschlagen. Er hätte Gitarre bevorzugt, und am Ende landete er beim Bass. Sein turbulenter Abgang vom Hornsey Art College mit Ray nach nur drei Wochen zeugte von einer Sturheit, die zu einem zukünftigen Kink passte. „Sie behaupteten, ich sei ein Ted. Und ich sagte, dass ich keiner sei.“ Die Disziplin der in die Werbung eingebundenen Kunst beim Outfitter sagte ihm ebenso wenig zu. „Eines Tages sah ich mich an und sagte: Junge, du musst hier raus. Du wirst stocksteif.“
Quaifes und Daves oberstes Interesse galt Schallplatten und haarsträubenden Klamotten. „Mode war Petes Ding, und ich arbeitete damals in einem Musikladen am Leicester Square“, sagt Dave. „Wir hingen mittags immer zusammen ab und gingen zu den Läden in der Carnaby Street. Ich kaufte immer Frauenhüte und setzte sie auf, um zu schockieren. Je mehr Leute du schockiertest, desto mehr hattest du das Gefühl, das Richtige zu tun. Du konntest einfach alles machen – wie Pop Art. Austin Powers war fürchterlich, aber es hatte diesen oberflächlichen Rückblick. Es war spontane Kunst, in der Musik und in der Kleidung.“ Das Ray Davies Quartet wurde zu den Ramrods, dann, im September 1963, zu den Boll-Weevils, die mittlerweile primitiven R&B spielten, wie die Stones und so viele andere auch.
Die Geschichte nahm eine Wendung, als Willett die beiden Upper-Class-Typen Robert Wace und Grenville Collins kennenlernte, die eine Band als Unterstützung für die sonore Stimme des schlaksigen Wace bei seinen Buddy-Holly-Interpretationen auf Tanzbällen im Dorchester Hotel und in Landhäusern suchten. Das Desaster war vorhersehbar, als die Gruppe dieses Ambiente verließ und ihre Auftritte in einen Jugendklub im East End verlegte. Bald schon sprang Ray als Sänger ein, und Wace und Collins wurden die Manager der Band. Während die Beatles mit Brian Epstein und die Stones mit dem hungrigen PR-Genie Andrew Loog Oldham arbeiteten, hatten Ray und Dave typischerweise zwei völlige Amateure. „Grenville war Börsenmakler, und Robert kam aus altem Geldadel“, seufzt Dave. „Sie haben uns höllisch viel beigebracht; ich glaube nicht, dass Ray ,Well Respected Man‘ geschrieben hätte, wäre er nicht durch Robert auf Noël Coward aufmerksam gemacht worden. Aber rein geschäftlich gesehen wussten sie null.“
Am 19. Oktober 1963 nahmen die Boll-Weevils ein Demo mit dem Session-Drummer Bobby Graham im Regent Sound Studio in der Denmark Street auf. Ihre Version von „I’m A Hog For You Baby“ (geschrieben von Leiber/Stoller) zeigte, wie leichtgewichtig die Band puren R&B spielte, kein Vergleich zu den Stones, Animals oder Yardbirds. „I Believed You“ (Ray zugeschrieben, obwohl Dave in Kink Anspruch darauf erhebt) war ein vielversprechender, nachdenklicher Song über Verrat. Mit den Demos gingen Wace und Collins auf der Denmark Street hausieren, aber sie fanden niemanden, der sich dafür interessiert hätte. Aber als die Band mit ihrem neuen Namen The Ravens durch ihren rauen Livesound junge Fans für sich gewann, schienen einige Leute Blut geleckt zu haben und klinkten sich ein. Larry Page, für kurze Zeit ein Showstar in den Fünfzigerjahren, wurde der dritte Manager, der wiederum seinen Geschäftspartner, den kalt blickenden Auschwitzüberlebenden Eddie Kassner als Musikverleger ins Boot holte. Zudem beeindruckten die Ravens den Top-Veranstalter Arthur Howes, während dieser sich ein chinesisches Silvestermenü im Marble Arch munden ließ. Shel Talmy, ein gerissener junger Amerikaner, der die Londoner Szene mittels eines gefälschten Lebenslaufs davon überzeugt hatte, dass er beinahe so gut sei wie Phil Spector, wurde ihr Produzent. Mit Talmys Hilfe erhielten sie ein Vertragsangebot von Pye Records, das sie hoffnungsvoll unterschrieben (und von den Eltern gegenzeichnen ließen; Dave war erst 15). Ray verließ das Croydon College of Art, in das er vom Hornsey College gewechselt hatte. Mit Tantiemen in Höhe von zwei Prozent (ein Prozent für Einnahmen aus den Vereinigten Staaten), drei Managern und Kassner, der mehr als die Hälfte von Rays Veröffentlichungen für sich selbst sicherte, war das trotz der ausbeuterischen Standards dieses Jahrzehnts ein schockierend schlechter Deal. Die Kinks bekamen ein Almosen für ihre größten Hits.
„Schieberbande!“, ruft Dave beim Gedanken daran. „Die waren aus der alten Schiebergeneration der Fünfzigerjahre, die immer noch herumhingen und koksten. Traurig, aber wir hatten keine Ahnung. Es gab damals keine Musikindustrie als solche. Jeder machte seine eigenen Regeln – wir nahmen, was wir kriegen konnten, weil wir dachten, dass es im Jahr darauf vielleicht nicht mehr zu haben sein würde. Ich war 16, 17 und dachte nicht im Traum an eine Karriere, war einfach gefangen von der Magie des Ganzen. Ich unterschrieb völlig unbekümmert in dem Glauben, dass schon alles in Ordnung sein würde.“
„Unsere Manager waren beide aus der Mittelschicht“, erinnert sich Ray. „Einmal machte ich den Fehler, zu sagen, sie kämen aus der Oberschicht. Ned Sherrin korrigierte mich und sagte [Sherrins vornehmen Tonfall nachahmend]: ,Wie konntest du diesen Leuten nur so viel Vertrauen schenken? Das waren ein paar Mittelklasse-Opportunisten.‘ Und das waren sie wahrscheinlich auch. Aber sie gingen neue Wege. Einer von ihnen war ein Börsenmakler, der Popgruppen managen wollte. So ist das überall gelaufen, wir waren alle Amateure. Wir haben Schwein gehabt und wurden erfolgreich. Aber damals machte jeder seine eigenen Regeln“, erklärte er gleichlautend mit seinem Bruder. „Aber diese amateurhafte, draufgängerische Art passte zu den Kinks, glaube ich.“