Roman
COCKFIGHTER-TAGEBUCH
Die Geschichte einer Verfilmung
Mit einem Vorwort von James Lee Burke
Cockfighter erschien erstmals 1990 unter dem Titel Hahnenkampf im Ullstein Verlag. Die Übersetzung von Rainer Schmidt wurde für diese Neuausgabe von Jochen Stremmel durchgesehen und bearbeitet.
Cockfighter Journal wurde von Jochen Stremmel aus dem Amerikanischen übersetzt und erscheint erstmals auf Deutsch.
Die Originalausgabe erschien 1989 unter dem Titel Cockfighter Journal. The Story of a Shooting in einer Auflage von 300 Exemplaren bei Neville Publishing, Santa Barbara.
© für Cockfighter 1972 by Charles Willeford
© für Cockfighter Journal 1989 by Charles Willeford
© für diese Ausgabe Alexander Verlag Berlin 2017
Alexander Wewerka, Postfach 19 18 24, D-14008 Berlin
info@alexander-verlag.com · www.alexander-verlag.com
Dank an Sebastian Blum für redaktionelle Mitarbeit.
Layout, Satz und Umschlaggestaltung: Antje Wewerka
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN 978-3-89581-466-2 (eBook)
Für Mary Jo
Wichtig ist nicht, für welche Idee ein Mann
eintritt, sondern wie stark er für sie eintritt.
Ezra Pound
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
COCKFIGHTER-TAGEBUCH
VORWORT
EINLEITUNG
Charles Willeford im Alexander Verlag Berlin
Als erstes schloß ich die Fenster und verriegelte die dünne Aluminiumtür. Dann schaltete ich die Deckenbeleuchtung ein und ließ die Jalousien zuschnappen. Ohne die Ventilatorbelüftung war es zum Ersticken heiß im Wohnwagen. Draußen in der Sonne von Florida herrschten über dreißig Grad, aber drinnen mußten es, nachdem Tür und Fenster geschlossen waren, sicher an die vierzig sein. Mit einem Geschirrtuch wischte ich mir den strömenden Schweiß von Gesicht und Nacken, trocknete mir die Hände und warf das Tuch auf den Boden. Dann stellte ich Sandspurs Reisekorb auf das Sofa und überprüfte noch einmal die Gegenstände auf dem Tisch.
Lederschlaufe. Watte. Rasierklinge. Schüssel mit lauwarmer Seifenlauge. Napf mit Wundalkohol. Flüssigblei-Stift. Schwamm. Alles in Ordnung.
Ich klappte den Deckel des Korbs auf und hob Sandspur mit beiden Händen heraus. Den Kopf des Hahns von mir abgewandt, hielt ich ihn mit der Linken fest unter der Brust. Ich legte die Lederschlaufe um die baumelnden gelben Füße, zog sie oberhalb der abgesägten Sporenstümpfe fest und schlang sie noch zweimal herum, um sie zu befestigen. Dann faßte ich den Vogel wieder mit beiden Händen, nahm ihn zwischen meine Beine und drückte die Knie so zusammen, daß er die Flügel nicht bewegen konnte. Sandspur gefiel das nicht. Er trat viermal mit beiden Füßen nach hinten und schlug dabei dumpf gegen die Plastikcouch, aber er konnte nicht entkommen.
Ich zupfte mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand einen ordentlichen Wattebausch ab und umklammerte seinen zitronengelben Schnabel fest mit den Fingern. Der kurze Schnabel war gerade so weit abwärtsgeschwungen, daß er sich meinem Griff nicht entziehen konnte. Verletzen konnte er sich nicht, solange die Watte nicht abrutschte.
Ungeduldige Fingerknöchel klopften an die Tür. Dody schon wieder. Eine Ader pochte in meiner Schläfe. In diesem Augenblick hätte ich alles dafür gegeben, fluchen zu können.
»Wie lange dauert’s noch, Frank?« schrillte Dodys quengelige Stimme durch die Tür. »Ich muß aufs Klo!«
Ich gab keine Antwort. Ich konnte nicht. Sie klopfte noch zweimal ungeduldig und verzog sich dann. Wenigstens hörte das Geschrei auf.
Meine rechte Hand war wieder feucht, und ich wischte mir die Finger an meiner Jeans ab, ohne die Linke von Sandspurs Schnabel zu lösen. Ich nahm die Rasierklinge und schnitt eine haarfeine Rille quer in den Schnabel, möglichst weit oben. Es war eine knifflige Arbeit, und auf der rechten Seite schnitt ich ein bißchen zu tief. Ich warf die Rasierklinge auf den Tisch und ließ den Kopf des Hahns los. Ich nahm den Flüssigblei-Stift in die linke Hand und strich damit über die Fingerspitze der rechten, bis sie mit Blei beschmiert war. Dann zupfte ich einen Wattebausch ab, packte wieder den Schnabel und rieb mit dem bleiverschmierten Zeigefinger die fast unsichtbare Rille ein. Ich ließ mir Zeit dabei, und Sandspur funkelte mich mit seinen glänzenden gelben Augen bösartig an.
Als ich zufrieden war, löste ich die Schlinge an den Füßen und stellte den Vogel auf den Tisch, mit dem lauwarmen Seifenwasser rieb ich ihm Brust und Schenkel ab und wiederholte das Abreiben mit Alkohol. Kopf und Schnabel behandelte ich dabei mit besonderer Vorsicht; ich benutzte nur Watte, die ich in den Alkoholnapf getaucht hatte.
Als ich fertig war, legte ich die Sachen wieder in meinen Sporenkoffer und kippte das gebrauchte Seifenwasser und den Alkohol in die Spüle. Sandspur war ein prächtig aussehender Kampfhahn, und nach der leichten Abreibung fühlte er sich hervorragend. Mit hocherhobenem Kopf stolzierte er auf der glatten Kunststofftischplatte hin und her. Er war eine Whitehackle-Kreuzung in Spitzenform, ein fünfmaliger Sieger, ein echter Geldvogel. Ich wußte, heute nachmittag würde er gewinnen, aber ich wußte auch, daß er gewinnen mußte.
Ich trat dicht an den Tisch heran und täuschte einen Griff nach seinem präparierten Schnabel vor; gleich versuchte er, nach mir zu hacken. Ich untersuchte den Schnabel; selbst bei genauer Betrachtung sah es aus, als habe er einen Riß. Das Flüssigblei in dem haarfeinen Schnitt ließ den künstlich hergestellten Riß sogar meinem Expertenauge echt erscheinen. Als langjähriger Hahnenkampf-Profi wußte ich, daß der Riß sie alle täuschen würde – Mr. Ed Middleton, Jack Burke und all die Wanderarbeiter mit ihren faltigen Hälsen, die zum Wetten kamen. Ich nahm Sandspur auf und setzte ihn behutsam in seinen Korb.
Als ich die Tür öffnete, war Dody nirgends zu sehen. Wahrscheinlich hatte sie einen der anderen Wohnwagen im Camp aufgesucht. Ich schob die Fenster wieder hoch und zündete mir eine Zigarette an. Was ich mit Sandspurs Schnabel angestellt hatte, war im Grunde nicht illegal, aber besonders stolz war ich darauf auch nicht. Ich wollte nur die Wetteinsätze in die Höhe treiben und meine dünne Brieftasche ein bißchen polstern.
Obwohl ich wußte, daß ich nicht verlieren konnte, dachte ich mit Besorgnis an den bevorstehenden Kampf. Alles, was ich hatte, einschließlich meines alten Caddy und des Wohnwagens, hing von diesem einen Hahnenkampf ab. Und Sandspur war der einzige Hahn, der mir geblieben war. Noch einmal überdachte ich meine impulsive Wette. Ich war ein verdammter Narr gewesen, Wagen und Anhänger zu setzen.
Um vier Uhr war ich an diesem Morgen aus dem Bett geschlüpft, ohne Dody zu wecken, und hatte das Licht angeknipst. Dody schlief wie ein Kind – hauptsächlich weil sie wirklich eines war. Das Mädchen war gerade sechzehn. Ich hatte sie drei Wochen zuvor in einer Spelunke in Homestead, Florida, aufgegabelt, in der Nähe des Wohnwagenplatzes, wo mein Wagen stand. Der Wagen ihrer Eltern hatte auf dem Platz in Homestead gestanden, und Dody war nur eins von fünf Kindern. Ihre Eltern waren Obstpflücker, und ich bezweifle sehr, daß sie sie überhaupt vermißten, als ich sie mitnahm. Ich war nicht der erste Mann, der mit Dody geschlafen hatte, durchaus nicht. Es hatte Dutzende vor mir gegeben, aber als ich sie an diesem Morgen im Schlaf so verletzlich vor mir liegen sah, empfand ich Unbehagen beim Gedanken an unsere Beziehung. Verdammt, sie war fürchterlich jung. Mit meinen zweiunddreißig war ich genau doppelt so alt wie Dody.
Es war zu heiß in Belle Glade, als daß man sich auch nur mit einem Laken hätte zudecken mögen; Dody lag auf dem Rücken, nur mit einem dünnen Baumwoll-Babydoll bekleidet. Sie schlief mit offenem Mund, und ihre langen toffeebraunen Zöpfe waren auf dem Kissen ausgebreitet. Ihr Gesicht war im Schlaf gerötet, und sie sah aus, als wäre sie nicht mal zwölf, geschweige denn sechzehn. Aber körperlich war sie völlig reif; sie hatte große, melonenschwere Brüste und lange schlanke Beine. Auf ihre täppische, unbefangene Art war sie überraschend gut im Bett. Sie war stark wie ein Traktor, aber nicht ganz so intelligent.
Dody tat mir leid. Bis jetzt hatte sie nicht viel vom Leben gehabt. Da sie mit ihren Eltern durch das ganze Land von Ernte zu Ernte gefahren war – eingesperrt im Auto irgendwo am Rande eines Felds, bis sie groß genug war, um Körbe zu tragen –, und ständig der gleichgültigen Lebensweise der Wanderarbeiter ausgesetzt, war sie weit über ihr Alter hinaus erfahren. Nach der Nacht in meinem Wohnwagen in Homestead hatte sie mich angefleht, sie mitzunehmen, und ich hatte sie nach Belle Glade mitkommen lassen. Warum ich schwach geworden war, weiß ich nicht, aber ich war deprimiert damals. Ich hatte bei den Kämpfen in Homestead vier Vögel verloren, und wenn Sandspur seinen Kampf nicht gewonnen hätte, wäre das Homestead-Turnier für mich zu einer größeren Katastrophe geworden. Aber drei Wochen sind eine lange Zeit, um sie mit einem jungen, anspruchsvollen Mädchen zu verbringen – vor allem, wenn es auch noch dumm und lästig ist.
Jedenfalls war es nun vier Uhr früh. Ich zog mich an, nahm Sandspur mit nach draußen und ging mit ihm hinter den Wohnwagen.
Es war noch dunkel, und ich wollte ihn übungshalber ein bißchen bewegen. Ein Vogel im Korb wird rasch schlaff. Ich ließ den Hahn sechsmal ins Leere laufen, warf ihn sechsmal hin und her und gab ihm dann einen Schnabelvoll Wasser zu trinken. Mehr würde er erst nach dem Kampf wieder bekommen. Als der Himmel heller wurde, ließ ich ihn los. Sandspur reckte den Kopf in die Höhe und krähte zweimal. Ich zündete mir die erste Zigarette des Tages an. Während ich noch zusah, wie mein Hahn im losen Sand kratzte, fiel mir ein Schatten übers Gesicht. Ich blickte auf, und da stand Jack Burke. Ein breites Grinsen spaltete sein hässliches Gesicht. Hastig nahm ich Sandspur auf, steckte ihn in seinen Korb und klappte den Deckel zu. Burke hatte ihn gesehen, aber es war noch nicht hell genug, um viel zu erkennen.
»Der mächtige Sandspur?« fragte Burke.
Ich nickte.
»Sieht nicht nach einem aus, der fünfmal hintereinander gewonnen hat, finde ich. Wissen Sie was, Mr. Mansfield?« sagte Burke, als täte er mir einen großen Gefallen. »Ich gebe Ihnen zwei zu eins.«
Als Burke sein Angebot machte, hatte ich mich gerade aufrichten wollen, aber jetzt beschloß ich, hocken zu bleiben. Burke ist mittelgroß, aber ich bin einen ganzen Kopf größer als er, und meine Augen sind blauer. Mein blondes Haar ist lockig, seines ist strähnig und glatt. Wie er so auf mich herabschaute, fühlte er sich psychologisch im Vorteil; es gab ihm ein Gefühl der Macht, und das wollte ich so – ich hoffte, daß sein übergroßes Selbstvertrauen mir am Nachmittag zu einer noch besseren Quote verhelfen würde.
Burke hatte mir eine Postkarte nach Homestead geschrieben und Sandspur zu einem Kampf herausgefordert; dabei hatte er eine Eins-zu-eins-Wette angeboten. Ich hatte postwendend akzeptiert, froh über die Chance, gegen seinen Spitzenhahn Little David antreten zu können. Little David hatte einen Ruf, der alles andere als klein war. Er hatte achtmal gewonnen und eine Menge öffentliche Aufmerksamkeit bekommen. Wenn mein Sandspur Burkes Little David schlüge, würde sich sein Wert verdoppeln, und meine Chancen, die Meisterschaft der Southern Conference zu erringen, wären größer.
Auf der Fahrt von Homestead nach Belle Glade war mir der Plan mit dem Riß im Schnabel eingefallen, und jetzt wollte ich nicht mehr eins zu eins, ja nicht einmal mehr zwei zu eins wetten. Ich rechnete mit einer Quote von mindestens vier zu eins, wenn die Wetter sich die Vögel vor dem Kampf angesehen hätten. Ich hatte achthundertfünfzig Dollar in der Brieftasche und ich wollte Burkes Angebot nicht annehmen, aber nachdem ich per Post eine Eins-zu-eins-Wette akzeptiert hatte, war ich nicht berechtigt, das neue Angebot abzulehnen.
Ich schnippte viermal mit den Fingern, knickte den Daumen ein und streckte vier Finger in die Höhe. Ich nickte zweimal.
»Sie meinen, Sie haben nur hundert Dollar zum Wetten?« Burke lachte kurz und erbost auf. »Ich hatte eigentlich vor, mit mindestens tausend einzusteigen!«
Ich zeigte auf den Korb und hob einen Finger, um Burke zu zeigen, daß ich nur einen Hahn hatte. Er wußte sehr wohl, daß ich in Homestead vier Vögel verloren hatte. Inzwischen wußte das ganz Florida und halb Georgia dazu.
Jack Burke befolgte den Verhaltenskodex für Hahnenkämpfer, und er war ehrlich, aber er konnte mich nicht leiden. In den letzten drei Jahren hatte ich zwar überwiegend Pech gehabt, aber vier Jahre zuvor, in Biloxi, hatte mein unerfahrener Junghahn Pinky sein As Pepperpot getötet. Diesen Schlag würde er mir nie vergeben oder vergessen. Pinky hatte nur einen Kampf gewonnen, sein eigener Hahn dagegen fünf, und Burke hatte bei einer Quote von fünf zu eins schreckliche Verluste einstecken müssen. Aber mehr als das verlorene Geld hatte ihn mein Sieg geärgert. Ein Kolumnist in der Fachzeitschrift The Southern Cockfighter hatte zu Unrecht seine Konditionierungsmethoden für den Verlust verantwortlich gemacht. Tatsächlich hatte Pinky nur einen Glückstreffer gelandet. Es ist töricht, Junghähne in den Kampf zu schicken, aber ich hatte den jungen Vogel gebraucht, um Zugang zur Hauptrunde zu bekommen – und daß er Pepperpot niedermachen würde, hatte ich nicht erwartet.
Burke betrachtete den Boden und rieb sich das frischrasierte Kinn. Er war Mitte Vierzig und trug sein fahlgelbes Haar viel zu lang. Auf seine Kleidung verwandte er beträchtliche Sorgfalt. Schon bei Tagesanbruch trug er einen blauen Seersucker-Anzug, ein weißes Hemd mit Krawatte und schwarzweiße Schuhe. Zweifarbige Schuhe lassen auf eine ambivalente Persönlichkeit schließen – auf einen Mann, der sich nicht entscheiden kann.
»Okay, Mr. Mansfield«, sagte Burke schließlich und schlug sich auf den Oberschenkel. »Ich nehme Ihre hundert Dollar und wette zwei zu eins. Ich weiß verflucht genau, daß Ihr Sandspur meinen Little David nicht schlagen kann, aber Ihr Hahn hat ja immer die Chance, einen Glückstreffer zu landen … wie Pinky in Biloxi zum Beispiel. Nehmen wir also mal an, Sie haben wirklich Glück – was haben Sie dann? Zweihundert Dollar. Ich will Ihnen eine echte Chance geben, nach Homestead wieder auf die Beine zu kommen: Ich setze achthundert Kröten gegen Ihren Wagen und den Anhänger. Eins zu eins.«
Ich nagte an der Unterlippe, aber die Wette war fair. Mein ramponierter Caddy war mindestens achthundert wert, aber ich wußte nicht, was der Wohnwagen bringen konnte. Gebrauchte Wohnwagen erzielen seltsame Preise, und meiner war ziemlich klein und hatte nur einen Schlafraum und eine Tür. Wenn ich Wagen und Anhänger über eine Zeitungsanzeige anbot, würde ich für beides zusammen wahrscheinlich mindestens einen Tausender bekommen. Burke wollte mich so hart treffen, daß er es auskosten konnte. Und wenn Little David gewann, stand ich mit ausgestrecktem Daumen an der Landstraße.
Ich hielt ihm die rechte Hand hin, und Burke ergriff sie eifrig. Die Wette war abgeschlossen.
»Schade, daß Sie weiter nichts zu verlieren haben.« Burke lachte fröhlich. »Ich würde gern darauf wetten, daß Sie gerade eine schlechte Wette abgeschlossen haben.«
Meine Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen, als ich an Dody dachte, die friedlich im Wohnwagen schlummerte. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, daß Burkes Hahn den Kampf gewann, hätte Burke auch Dody am Hals. Wenn ich mir vorstellte, wie er an jeder Tankstelle anhielt, um Dody Eis oder Coca-Cola zu kaufen, konnte ich ein Grinsen nicht unterdrücken. Auf dem Weg von Homestead hier herauf hatte sie mich dem Wahnsinn verdammt nahe gebracht.
Aber jetzt war die Wette abgeschlossen.
Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Halb drei. Zeit zu gehen. Bill Sanders würde mich um drei draußen vor dem Kampfplatz erwarten, um meinen Wetteinsatz anzunehmen. Ich versteckte einhundert Dollar im Geräteschrank, um damit meine Zwei-zu-eins-Wette mit Burke abzudecken; als ich den Rest meines Geldes zählte, hatte ich noch glatte siebenhundertfünfzig Dollar. Das war alles – abgesehen von einem zusammengefalteten Zehner in meiner Uhrentasche. Das war meine Fluchtkohle – für alle Fälle.
Ich setzte meinen Stroh-Cowboyhut auf, um mein Gesicht vor der Sonne Floridas zu schützen, nahm den Alukorb und den Koffer mit meinen Sachen und stieg aus dem Wagen. Vierzehn Wohnwagen standen in Captain Mack’s Trailer Camp, einschließlich meines eigenen, und wenn man einen davon angefaßt hätte, hätte man sich die Hand verbrannt. In der Ferne, jenseits einer trostlosen Ebene, sah ich Belle Glade, drei Meilen entfernt. Die Hitzewellen, die von dem sandigen Boden aufstiegen, erinnerten an große Planen zitternden Zellophans. Ich wandte mich von den Wohnwagen ab und der kleinen, etwa eine Meile weit entfernten Anhöhe zu, wo der Kampfplatz vorbereitet worden war. Bei dieser Hitze hatte ich keine Lust, das Auto vom Anhänger abzukoppeln und dabei noch schlimmer ins Schwitzen zu geraten; da ging ich lieber eine Meile zu Fuß.
Hinter dem Camp war ein Drahttor, wo ein alter Bursche drei Dollar Eintritt kassierte. Ich hob meinen Hahnenkorb hoch, um ihm zu zeigen, daß ich Teilnehmer war, und er ließ mich durch, ohne mir Geld abzunehmen. Als ich durch das Tor ging, kam Dody den Weg heraufgefegt, so daß ihre Zöpfe auf ihren Schultern hüpften. Sie war barfuß und trug rote Satin-Hotpants und eine weiße, ärmellose Bluse. Ihre großen, in keinen BH gezwängten Brüste hüpften beim Rennen auf und ab.
»Frank!« rief sie, noch bevor sie das Tor erreichte. »Nimm mich mit! Bitte, Frank!«
Der Torsteher, ein grauhaariger Alter in einem blauen Overall, zog die weißen Augenbrauen hoch. Ich schüttelte den Kopf. Er schloß das Tor und schob den Riegel vor, als Dody herankam.
»Verdammt, Frank!« schrie Dody wütend. »Du erlaubst mir überhaupt nichts! Du weißt, daß ich dir noch nie bei einem Hahnenkampf zugesehen habe. Bitte laß mich mitkommen!«
Ich ignorierte sie und ging weiter den Weg hinauf. Ich hatte genug um die Ohren, auch ohne daß sie schnatternd um die Arena herumhüpfte und Fragen stellte.
Captain Mack, der die Vorbereitungen für das Turnier von Belle Glade getroffen hatte, redete ernst auf einen Staatspolizisten ein, als ich den Parkplatz erreichte. Der Streifenwagen des Beamten parkte direkt hinter einem neuen Kabrio mit einem Nummernschild aus Dade County. Die Tür des Kabrio stand offen, eine hübsche blonde Frau saß auf dem Vordersitz. Sie war blaß im Gesicht, hatte die Augen geschlossen und atmete tief durch den offenen Mund. Im Sand vor der Wagentür war ein nasser Fleck. Vermutlich hatte sie sich einen oder zwei Kämpfe in der Arena angesehen, und davon war ihr schlecht geworden. Nicht viele Stadtfrauen können Hahnenkämpfe ertragen.
Die Arena war auf vier Seiten von grünen Segeltuchplanen umgeben, Latrinenwänden aus Armeebeständen. Auf dem Parkplatz standen an die dreißig Autos, die Lastwagen nicht mitgezählt. Ich stellte meinen Koffer und den Hahnenkorb in den spärlichen Schatten eines Teebaums, lehnte mich an einen geparkten Plymouth und sah zu, wie Captain Mack mit dem Polizisten diskutierte. Captain Mack zuckte müde die Achseln, zog seine Brieftasche hervor, gab dem Polizisten zwei Scheine, und sie verschwanden durch eine Lücke zwischen zwei Planen. Hahnenkämpfe sind in Florida nicht verboten, aber das Wetten ist es, und so war Captain Mack genötigt gewesen, eine gewisse Summe an Schutzgeld zu zahlen.
Vom Kampfplatz war aufgeregtes Geschrei zu hören, gefolgt von mehreren heiseren Flüchen; dann verklangen die Stimmen. Mr. Ed Middletons Bariton war weithin zu hören, als er den Siegerhahn bekanntgab.
»Sieger ist der Madigan! Eine Minute und einunddreißig Sekunden im dritten Pitting!«
Wieder waren Flüche zu hören, gefolgt von höhnischem Lachen. Ich zündete mir eine Zigarette an, nahm mein Notizbuch aus der Hemdtasche und schrieb die nötigen Informationen über Sandspur auf ein weißes Blatt. Kurz darauf trat Bill Sanders heraus und kam zu mir unter den Baum. Ich reichte ihm die Rolle mit meinen siebenhundertfünfzig Dollar, und er zählte das Geld. Dann stopfte er es in seine Hosentasche und schaute auf meine Finger. Ich hielt vier Finger der Linken und den rechten Zeigefinger in die Höhe.
»Ich glaube nicht, daß ich vier zu eins für dich kriege, Frank.« Bill schüttelte zweifelnd den Kopf. »Verdammt, dafür hast du einen zu guten Ruf. Du könntest mit ’nem verschrammten Mistkratzer hier aufkreuzen, und wenn diese Rednecks glauben, daß du ihn gefüttert hast, setzen sie auf ihn. Aber ich will’s versuchen.«
Wenn jemand eine gute Quote für mich aushandeln konnte, dann Sanders, und ich wußte, er würde es auf jeden Fall versuchen. Nach meiner Entlassung aus der Armee hatte ich zwei Monate in Puerto Rico mit Sanders im selben Hotel gewohnt, und wir waren bei den Hahnenkämpfen der besten Clubs dabei gewesen – San Juan, Mayaguez, Ponce, Arecibo und Aibonito. Ich hatte Sanders beim Wetten den richtigen Weg gezeigt, nachdem ich mich auf die Kampftechniken der spanischen Schlitzer eingestellt hatte, und als wir nach Miami zurückgekehrt waren, hatten wir beide die Brieftasche voller Gewinne. Bill Sanders war kein professioneller Hahnenkämpfer wie ich, er war professioneller Spieler. Er hatte seinen Teil des in Puerto Rico gewonnenen Geldes in Miami beim Pferde- und beim Hunderennen wieder verloren. Er war ein kleiner Glatzkopf mit einer Passion für das feine Leben, lebte sehr gut, wenn er Geld hatte, und noch besser, wenn nicht. So war er, und ein guter Freund war er außerdem.
Ich nahm Sandspur aus seinem Korb und zeigte Bill den »gerissenen« Schnabel. Bill stieß einen leisen Pfiff aus, und seine blauen Augen weiteten sich.
»Wenn der Schnabel abbricht, bist du erledigt, Frank.« Er zuckte die Achseln. »Aber mit dem verkrüppelten Zinken dürfte ich vier zu eins rausholen.«
Sanders schlug mir leicht mit der Faust auf die Schulter und ging wieder ins Kampfzelt.
Ich hielt Sandspur mit der linken Hand, nahm einen Mund voll Rauch und blies ihn dem Vogel um den Kopf. Er gluckte erbost und schüttelte den Kopf. Wenn man einem Vogel Tabakrauch an den Kopf bläst, reizt ihn das und bringt ihn in Kampfstimmung, und ich rauchte milde Mentholzigaretten. Noch einmal umhüllte ich den Hahnenkopf mit einer Rauchwolke und setzte den Vogel dann wieder in seinen Korb. Zuviel Rauch konnte einen Hahn benommen machen.
Ich öffnete meinen Zeugkoffer und nahm zwei Paar Sporen heraus. Die kurzen steckte ich in die linke Hemdtasche, die langen, scharfen in die rechte. Ich schloß den Koffer wieder, nahm Korb und Koffer und ging ins Zelt.
Drinnen waren nur ungefähr sechzig Zuschauer, aber für September war das recht gut. Die Hahnenkampf-Saison in Florida fing offiziell erst Ende November zu Thanksgiving an; in Lake Worth wurde dann das Eröffnungsderby abgehalten. Und Belle Glade gehört nicht zu den leicht erreichbaren Teilen von Florida. Die Segeltuchwände verhinderten erfolgreich, daß irgendein Lüftchen die Arena erreichte, und drinnen war es so heiß wie an einem Grill.
Ich erkannte zwei Züchter aus Dade County und nickte ihnen zu, als sie mich mit Namen begrüßten. Eine kleine Schar von Einwohnern aus Belle Glade war da, außerdem zwei Spieler aus Miami, zu denen wahrscheinlich die Blondine und das Kabrio draußen gehörten, Burke mit seinen zwei Helfern und zwei schwangere Frauen, die ich auf dem Wohnwagenplatz gesehen hatte. Der Rest kam aus dem Wanderarbeitercamp auf der anderen Seite der Stadt.
Der Hahnenkampfplatz war ein Quadrat aus rohen Brettern, knapp einen halben Meter hoch, und hatte gut fünf Meter Durchmesser. An drei Seiten standen Tribünen mit vier übereinanderliegenden Sitzreihen. Unter einem aufgespannten Strandschirm an der vierten Seite saß Mr. Middleton mit Captain Mack an einem Klapptisch. Hinter dem Tisch stand eine Schreibtafel. Ich sah, daß Burke beide offenen Derbys gewonnen hatte, das erste vier zu eins, das zweite drei zu zwei. Das erklärte die düsteren Mienen der beiden Züchter aus Dade County. Sie hatten nicht nur eine schwache Vorstellung gegeben, auch ihre hundert Dollar Startgeld waren – abzüglich der zehn Prozent für Captain Mack – als Preisgeld in Burkes Tasche gelandet.
Zwei mir unbekannte Männer auf den Sitzbänken riefen meinen Namen und wünschten mir Glück. Ich winkte dankend und ging zu Ed Middleton und Captain Mack. Ich hob Sandspur aus dem Korb und reichte Mr. Middleton den Zettel. Jack Burke und sein Helfer Ralph Hansen kamen herüber. Der Helfer trug Little David. Mr. Middleton zog eine Münze heraus.
»Treffen Sie Ihre Wahl, Gentlemen«, sagte er.
»Das überlasse ich Mr. Mansfield«, sagte Burke gleichgültig.
Ich tippte mir an die Stirn, um »Kopf« zu signalisieren. Mr. Middleton warf den halben Dollar in die Luft und ließ ihn klappernd auf dem Tisch landen. Kopf. Ich griff in die linke Hemdtasche, zog die kurzen Sporen heraus und hielt sie auf der flachen Hand. Es waren handgeschmiedete Stahlsporen, eineinviertel Zoll lang. Burke nickte grimmig und wandte sich an seinen Helfer.
»Also gut, Ralph«, sagte er bitter. »Kurze Sporen. Aber schnall sie tief.«
Burke schwor auf lange Sporen, aber ich bevorzugte die kurzen Messer. Sandspur schnitt und kämpfte am besten mit kurzen Klingen. Little David war an die langen Dreizöller gewöhnt. Mit dem Sieg beim Münzwurf hatte ich Sandspur einen leichten Vorteil gegenüber Little David geben können.
Der Kampf zwischen Sandspur und Little David war eine Sonderveranstaltung, und ich hatte natürlich kein Startgeld hinterlegen müssen. Aber Mr. Middleton untersuchte beide Hähne äußerst gründlich. Er fungierte als Kampf- und Schiedsrichter und hatte dafür von Captain Mack mindestens hundertfünfzig Dollar plus Spesen kassiert. Beim Hahnenkampf braucht man einen guten Schiedsrichter, und Ed Middleton war einer der besten im ganzen Süden. In der Arena war sein Wort Gesetz. Gegen die Entscheidung eines Hahnenkampfrichters gibt es keinen Widerspruch. Weil Ed Middleton hier der einzige Richter war, erstreckte sich seine Zuständigkeit auch auf die Zuschauerwetten. Der Richter hatte beim Hahnenkampf schon immer den wichtigsten Job. Jeder Hahnenkämpfer weiß zum Beispiel, daß der ehrliche Abe Lincoln während seiner Anwaltszeit in Illinois auch einmal als Hahnenkampfrichter tätig war. Ed Middleton, hart und fair in seinen Entscheidungen und so unpersönlich wie das Jüngste Gericht, war sich seiner traditionellen Verantwortung als Hahnenkampfrichter voll bewußt.
Nachdem er die Untersuchung der Hähne abgeschlossen und sich vergewissert hatte, daß sie nicht mit Seife, Pfeffer oder Fett präpariert und daß sie sauber getrimmt waren, trat er wieder zu seinem Tisch.
»Nach den Regeln der Southern Conference, Gentlemen?« fragte er.
»Was sonst?« antwortete Burke.
Ich nickte zustimmend.
»Vierzig Minuten Limit oder auf Tod?«
Ich ballte die Faust und drehte den Daumen abwärts.
»Was sonst?« sagte Burke.
Captain Mack hielt Sandspur fest, damit Burke ihn ansehen konnte, und ich betrachtete unterdessen Little David aus der Nähe. Burkes Hahn war ein reinrassiger O’Neal Red und so arrogant wie ein Feldwebel der Fremdenlegion. Ich hatte Little David zwar noch nicht kämpfen sehen, aber ich hatte seine bisherigen Auftritte im Southern Cockfighter verfolgt, und ich wußte, daß er eine Vorliebe für den Luftkampf hatte. Aber Sandspur kämpfte ebenfalls hoch in der Luft, und mein Hahn war an die kurzen Sporen gewöhnt. Die drei Siege, die Little David meinem Hahn voraushatte, bereiteten mir keine Kopfschmerzen bei einem solchen Vorteil.
Burke klopfte mir auf die Schulter und grinste. »Wenn ich gewußt hätte, daß Ihr Hahn einen Riß im Schnabel hat, dann hätte ich Ihnen eine bessere Quote gegeben.«
Ich zuckte gleichgültig die Achseln und setzte mich auf den Rand der Arena, um meinem Hahn die Sporen anzulegen. Ich öffnete meinen Koffer, nahm eine Flasche Schreibmaschinenreiniger heraus und säuberte Sandspurs Spornstümpfe. Die meisten Hahnenkämpfer benutzen dazu reinen Alkohol, aber der Typenreiniger trocknet schneller und entfernt meiner Meinung nach den Schmutz besser. Nachdem ich enge Nappahüllen über beide Stümpfe gezogen hatte, stülpte ich die Metallhülsen der kurzen Sporen darüber und band sie mit Zwirn fest, weit unten und ein wenig nach außen gekehrt. Die sich verjüngenden Sporen waren nadelspitz, und man muß aufpassen, wenn man einen Hahn scharf macht. Ich hatte eine hervortretende Stichnarbe am rechten Unterarm, weil ich vor sieben Jahren einmal einen Augenblick lang unachtsam gewesen war, und ich wollte nicht noch eine haben.
Die Wetten hatten schon begonnen, aber es wurde noch einmal still, als Mr. Middleton in die Arena stieg. Alle lauschten aufmerksam, was er zu verkünden hatte.
»Dies ist ein Extrakampf, Gentlemen«, sagte er laut. »Little David gegen Sandspur. Es gelten die Regeln der Southern Conference. Kein Zeitlimit, kurze Sporen. Little David gehört Mr. Jack Burke von Burke Farms, Kissimmee, Florida. Der Hahn ist ein As mit acht Siegen und wird im November zwei Jahre alt. Little David wird geführt von Mr. Ralph Hansen, Burke Farms.«
Die Zuschauer spendeten Little David einen freundlichen Applaus, und Mr. Middleton fuhr fort.
»Sandspur gehört Mr. Frank Mansfield von Mansfield Farms, Ocala, Florida. Mr. Mansfield führt seinen Vogel selbst. Sandspur ist fünfmaliger Sieger und anderthalb Jahre alt. Beide Hähne wiegen glatte vier Pfund.«
Sandspur bekam mehr Applaus als Little David, und die beiden Züchter aus Dade County klatschten länger als die anderen; sie wollten, daß er Burkes Hahn schlug. Mr. Middleton untersuchte Sandspurs Sporen und klopfte mir auf die Schulter. Viele Hahnenkämpfer haben etwas dagegen, wenn der Schiedsrichter die Sporen ihres Tieres prüft, aber mich hat das nie gestört. Ein gewissenhafter Schiedsrichter kann einem mit dieser letzten Überprüfung nur behilflich sein. Wenn der Kampf einmal angefangen hat und der Hahn dann eines der Messer verliert, kann man es nicht mehr anbringen.
Während Mr. Middleton die Arena durchquerte, um Little David zu überprüfen, beobachtete ich die Finger der Wetter. Die meisten Wetteinsätze bei Hahnenkämpfen werden mit den Fingern getätigt – ein Finger für einen Dollar, fünf für fünf Dollar und dann aufwärts in die Vielfachen von fünf –, und ich war ein Experte für diese Art des Wettens. Ich hatte das Fingerwetten auf den Philippinen gelernt: Ich war dort als Soldat gewesen und verstand kein Tagalog; auch in Puerto Rico hatte ich dieses System benutzt, denn mein Spanisch war nicht besonders gut. Little David war der Favorit; er erzielte Quoten von zwei zu eins, manchmal auch drei zu eins.
Bill Sanders, Jack Burke und die beiden Spieler aus Miami standen dicht beieinander an der Segeltuchwand. Die beiden Spieler starrten über die Arena hinweg zu Sandspur herüber; Sanders und Burke redeten gleichzeitig. Sanders hatte eine Rolle Geldscheine in der Hand und sprach schnell; allerdings konnte ich von meinem Platz neben der Arena seine Stimme nicht hören.
Zwischen zwei Obstpflückern in einer der obersten Sitzreihen brach ein Faustkampf aus, der eine wurde rücklings hinuntergestoßen und schlug schwer auf die Erde auf. Bevor er wieder hinaufklettern konnte, hatte der Polizist ihn im Schwitzkasten und zwang ihn, sich auf die andere Seite der Arena zu setzen. Als ich wieder zu Bill Sanders hinüberschaute, lächelte er zufrieden und hielt drei Finger in die Höhe.
Bill hatte also drei zu eins abgeschlossen. Das genügte mir. Wenn Sandspur gewann, würde mir das von den beiden Spielern aus Miami 2250 Dollar bringen, und dazu 1000 von Burke. 3250 Dollar. Mehr als genug, um mich über diese Saison in der Southern Conference zu bringen, und genug, um außerdem sechs dringend benötigte Kampfhähne zu kaufen.
»Fertigmachen!« rief Mr. Middleton. Ich stand auf, stieg über den Rand der Arena und stellte mich mit den Zehen an die hintere Auslinie. Zwischen den beiden Auslinien lagen etwa zweieinhalb Meter. Ralph Hansen, der Little David mit der linken Hand unter der Brust hielt, rief dem Schiedsrichter ungeduldig zu: »Wie wär’s, wenn wir sie erst mal schnäbeln lassen, Mr. Middleton?«
Das Schnäbeln ist ein wesentliches Vorspiel für den Kampf. Daran brauchte man Ed Middleton nicht zu erinnern. »Lassen Sie die Hähne schnäbeln«, grollte er.
Wir nahmen unsere Kämpfer in die linke Armbeuge und hielten sie an den Füßen fest; so traten wir seitwärts an die Mittellinie und hielten etwa einen Schritt Abstand, so daß die Hähne nacheinander hacken konnten. Diese Hähne hatten sich noch nie gesehen, aber sie waren Todfeinde. Ed gab uns ungefähr dreißig Sekunden, sie heiß zu machen, und befahl uns dann, uns bereitzuhalten. Ralph trat hinter seine Linie zurück, ich hinter meine. Ich hockte mich auf die Fersen und setzte den vorwärtsdrängenden Sandspur mit den Krallen auf die Linie. Die beiden Hähne waren jetzt genau zweieinhalb Meter auseinander.
Ich beobachtete Mr. Middletons Lippen. Das war ein Trick, den ich stundenlang geübt hatte, und ich war gut darin. Bevor man den Buchstaben »P« aussprechen kann, muß man die Lippen zusammenpressen. Anders geht es nicht. Das Signal zum Loslassen der Hähne besteht darin, daß der Schiedsrichter ruft: »Pit« oder »Pit your cocks!« Wer den Schwanz seines Hahns, sobald der Buchstabe »P« ausgesprochen ist, als erster losläßt, ist seinem Rivalen gegenüber um einen Sekundenbruchteil im Vorteil. Und im Süden, wo das Wort »pit« oft zweisilbig ausgesprochen wird – »pii-it« – war mein Timing perfekt.
»Pit!« verkündete Mr. Middleton, und ehe das Wort seinen Mund ganz verlassen hatte, war Sandspur in der Luft und auf halbem Weg zu Little David. Die Hähne prallten in der Luft aufeinander, beide strampelten und ließen die gelben Füße wirbeln und fielen wieder zu Boden. Keinem war es gelungen, über den anderen zu gelangen.
Mit neuem Respekt, gesenkten Köpfen und einander wachsam beobachtend umkreisten sich die beiden Hähne. Little David unternahm gerissen eine Finte, aber Sandspur ließ sich nicht täuschen. Er blieb stehen, und Burkes Hahn wich mit zitternden Flügelspitzen zurück.
Im selben Augenblick erhob Sandspur sich mit kurzem Flattern und hakte den Sporn seines rechten Beins wütend in Little Davids Flügel. Die Spornspitze bohrte sich fest in den Knochen, und Sandspur bekam sie nicht mehr los. Wild hackte er auf Little Davids Kopf ein und schlug mit offenem Schnabel heftig auf den geduckten Hahn ein … zu heftig.
Der obere Teil von Sandspurs Schnabel brach an dem fingierten Riß, den ich gemacht hatte, sauber ab. Blut quoll blasig auf, und Sandspur hörte auf zu hacken. Beide Hähne mühten sich, voneinander loszukommen, aber der rechte Sporn saß immer noch fest, und Sandspur konnte nichts weiter tun, als auf seinem freien Bein an Ort und Stelle auf und ab zu hüpfen. Ich sah Mr. Middleton an.
»Aus!« rief der Richter. »Dreißig Sekunden!«
Einen Augenblick später hatte ich den Sporn aus Little Davids Flügel herausgezogen und war an meine Auslinie zurückgewichen. Ich nahm Sandspurs Kopf in den Mund und saugte ihm das Blut aus dem Schnabel. Dann leckte ich die Federn an seinem Kopf zurecht und spuckte ihm soviel Speichel wie möglich in den offenen Schnabel. Die paar Sekunden, die mir noch blieben, verwandte ich darauf, Leben in den gestutzten Kamm zurückzusaugen. Der Kamm war viel zu bleich …
»Fertig!« Ich hielt Sandspur beim Schwanz und setzte ihn vor die Linie. »Pit!«
Statt aufzuflattern kreiste Sandspur nach rechts zur Wand. Little David drehte sich in der Luft, kam rennend herunter und jagte meinen Hahn in die hintere Ecke. Sandspur wandte sich zum Kampf, und die Hähne prallten frontal zusammen, aber Little David stürmte so heftig heran, daß mein verletzter Vogel zurückgetrieben wurde.
Sandspur kippte auf den Rücken und hieb seinem Gegner zweimal die Klinge in die Brust. Beide Male blutete die Wunde, aber dann war Little David über ihm in der Luft und hackte mit beiden Sporen auf seinen Kopf ein. Eine spitze Klinge drang in Sandspurs rechtes Auge, und er starb, als der Stahl sein zentrales Nervensystem durchbohrte. Little David stolzierte auf und ab, pickte zweimal nach meinem leblos daliegenden Hahn und krähte dann triumphierend.
»Sieger ist Mr. Burkes As«, verkündete Mr. Middleton formell. »Achtundzwanzig Sekunden im zweiten Pitting.«
Jetzt besaß ich nichts mehr außer einem zusammengefalteten Zehn-Dollar-Schein in meiner Uhrentasche und einem toten Hahn.
Hinter dem Parkplatz hatte man ein Loch für die toten Vögel in den morastigen Boden gegraben, etwa anderthalb Meter im Quadrat und einen Meter tief. Zusehends sickerte Wasser in die Abdeckgrube, und die toten Hähne auf dem Grund begannen zu schwimmen.
Ich nahm meinem Hahn die Sporen ab und warf den Kadaver zu dem schwimmenden Klumpen von toten Vögeln. Als ich die Klingen in meinen Koffer legte, trat Bill Sanders neben mich an den Rand der Abdeckgrube.
»Ich wollte dir nur sagen, daß ich dein ganzes Geld verwettet habe, Frank«, sagte er. »Jeden Dollar mit drei zu eins. Es ist nichts mehr da.«
Ich nickte.
»Ist hart, Frank. Aber mein Geld ist genau wie deins mit Sandspur draufgegangen.«
Achselzuckend leerte ich die Torfstreu aus dem leeren Hahnenkorb über die toten Vögel aus.
»Du kommst doch zurecht, oder? Ich meine, du bist doch dieses Jahr auf den Turnieren der Southern Conference dabei und so?«
Ich nickte und gab Sanders die Hand. Als ich auf seine Glatze hinunterschaute, sah ich, daß sie von einem bösen Sonnenbrand glühte und anfing, sich zu schälen. Der kleine Spieler trug nie einen Hut.
»Okay, Frank. Wir sehen uns wahrscheinlich in Biloxi.«
Ich klopfte Bill auf die Schulter und drückte sie einmal zum Abschied. Er ging hinüber zu dem blauen Chrysler-Kabrio und fing an, mit der Blondine zu reden. Sie hatte sich offenbar von ihrer Übelkeit erholt. Frisch geschminkt lauschte sie mit hingebungsvoller Aufmerksamkeit, was immer Bill Sanders ihr zu erzählen hatte.
Ich montierte den Bambusgriff von dem Aluminiumkorb ab, klappte die Seitenwände zusammen und faltete ein ziemlich kompaktes flaches Viereck aus den sechs Platten. Ich klammerte sie zusammen und hängte den Griff wieder ein, so daß ich den Korb zusammengefaltet transportieren konnte. Ein Schlosser in Valdosta hatte mir nach meinen Angaben und Entwürfen zwei solcher Reisekörbe angefertigt. Ich hatte einmal daran gedacht, mehrere davon herstellen zu lassen und sie den Hahnenkämpfern anzubieten, die wie ich durchs Land reisten, aber die Herstellungskosten waren zu hoch, als daß sich damit ein Gewinn hätte erzielen lassen. Der zweite Reisekorb stand auf meiner Farm in Ocala.
Mit Sporenkoffer und Korb ging ich zurück zum Wohnwagencamp. Dody erwartete mich mit strahlendem, schiefem Lächeln in der Tür des Love-Lee-Mobile Home. Ihr Lippenstift war schlecht aufgetragen, und sie hatte zuviel Rouge auf den Wangen. Sie wollte älter aussehen, aber das Make-up ließ sie statt dessen jünger erscheinen.
»Hast du gewonnen, Frank?«
Ich stellte den zusammengeklappten Korb an den Wohnwagen und deutete mit verdrossener Gebärde darauf.
»Oh!« sagte sie, und ihre Lippen erstarrten für einen Augenblick zu einem dicken, verzogenen »O«. »Das tut mir wirklich leid, Frank.«
Ich stellte den Koffer neben den Korb und stieg in den Wagen. Unter dem Bett lag ein staubiger Lederkoffer; ich wischte die verschrammten Seiten mit einem schmutzigen T-Shirt sauber, das ich oben auf dem Einbauschrank fand. Ich ließ die Schlösser aufschnappen, klappte den Koffer auf dem Bett auf und begann zu packen. Viel hatte ich nicht hineinzutun. Die meisten Sachen waren auf der Farm. Ich packte die saubere Unterwäsche und zwei saubere weiße Hemden hinein und durchsuchte dann den Wagen nach meinen schmutzigen Hemden. Ich fand sie in einem Eimer mit kaltem Wasser unter dem Spülbecken. Dody versprach mir seit drei Tagen, sie zu waschen und zu bügeln, aber wie mit allem andern war sie nicht dazu gekommen. Ich konnte nicht gut nasse Hemden auf die sauberen trockenen Sachen in den Koffer packen, also ließ ich die schmutzigen Hemden im Eimer.
Im winzigen Bad sammelte ich meine Toilettensachen ein, stopfte sie in einen blauen Nylon-Waschbeutel und zog den Reißverschluß zu. Als ich den Beutel in den Koffer legte, fing Dody an, eifriges Interesse an meinen Handlungen zu bekunden.
»Wieso packst du, Frank?« fragte sie.
Obwohl ich in den drei Wochen unseres Zusammenlebens noch kein einziges Wort mit ihr gesprochen hatte, stellte sie hartnäckig Fragen, die sich nicht mit einem Nicken oder Kopfschütteln oder sonst einer erklärenden Geste beantworten ließen. Hätte ich jede dumme Frage, die sie mir stellte, schriftlich beantwortet, hätte ich täglich zwei Notizbücher vollschreiben können.
Ich warf zwei saubere Bluejeans in den Koffer und zog mich dann bis auf die Unterhose aus. Dann zog ich eine graugrüne Cordhose und mein bestes Hemd an, ein schwarzes Westernhemd aus Oxford-Gewebe mit weißen Perlmuttknöpfen. Die Reitstiefeletten, die ich trug, waren schwarz und bequem; sie wurden mit Riemen und Schnallen verschlossen. Ich hatte sie per Post bei einem Schuhmacher in El Paso, Texas, gekauft und fünfundvierzig Dollar dafür bezahlt. Ich band mein rotes Halstuch auf und ersetzte es durch ein viereckiges rotes Seidentuch; das verknotete ich lose und stopfte die Enden unter den Kragen, ehe ich den obersten Knopf schloß. Für mein zur Hose passendes Cord-jackett war es viel zu heiß; also legte ich es in den Koffer. In Nord-Florida würde ich es brauchen können.
»Du willst doch nicht weg, oder, Frank?« fragte Dody besorgt. »Ich meine, ziehen wir aus dem Wohnwagen aus?«
Ich nickte ungeduldig und durchsuchte ein Dutzend Fächer und Schubladen, bis ich meine sauberen Socken fand. Es waren nur drei Paar da, weiße Baumwollsocken mit elastischem Bund.
»Wo fahren wir hin, Frank? Ich kann in einer Sekunde fertig sein«, log das Mädchen.
Es waren noch fünf Schachteln Kools da, eine halbe Flasche Feuerzeugbenzin und eine Packung Feuersteine. Ich steckte eine Schachtel Kools ein und warf die anderen mit dem Benzin und den Feuersteinen in den Koffer. Ich sah mich noch einmal um, schloß dann den Deckel und schnallte die Riemen zu. Um meine Gitarre unter dem Bett hervorzuholen, mußte ich mich flach auf den Boden legen und den Arm danach ausstrecken. Die Gitarre ersetzte jetzt meine Stimme, und meine Fähigkeit, sie zu spielen, hatte Dody überhaupt erst auf mich aufmerksam werden lassen. Wenn ich wieder eine Frau brauchte, würde die Gitarre mir helfen, eine zu bekommen.
Ich trug den Gitarrenkoffer und meinen Koffer in den kombinierten Koch-, Wohn- und Eßraum.
»Wieso gibst du mir keine Antwort?« kreischte Dody und hämmerte mir mit beiden Fäusten auf den Rücken. »Du machst mich ganz verrückt manchmal. Du tust, als könntest du nicht sprechen, aber ich weiß verdammt genau, daß du es kannst! Ich hab dich im Schlaf sprechen hören. Jetzt gib Antwort, verdammt! Wohin fahren wir!«
Ich trank am Spülbecken ein Glas Wasser, stellte das Glas auf die Anrichte und deutete in Richtung Norden.
»Das ist für mich keine Antwort! Norden könnte überall sein. Meinst du deine Farm in Ocala?«
Dody hatte eine unangenehme Stimme. Sie war hoch und quäkend und hatte ein eingebautes nasales Winseln. Ich hatte es jedenfalls satt, mir ihre Stimme anzuhören.
Die Papiere für den Caddy und den Wohnwagen lagen in der Schublade des Tischs vor der zweisitzigen, plastikbezogenen Polsterbank. Ich zog die Schublade auf, nahm die Papiere und die Versicherungsunterlagen heraus und legte sie auf die Kunststofftischplatte. Im Wäscheschrank im schmalen Durchgang fand ich einen Schreibblock und einen schmutzigen großen braunen Umschlag. Ich nahm die fünf Zwanziger aus dem Besteckfach und setzte mich an den Tisch. Jetzt, da ich verloren hatte, war ich froh, daß ich so umsichtig gewesen war, das Geld vor Dody zu verstecken, um meine Wette mit Burke abzudecken.
Dody lehnte an der Spüle, die Arme vor den Brüsten verschränkt, und funkelte mich aus schmalen Augen an. Ihre Lippen waren mürrisch vorgewölbt, die Mundwinkel heruntergezogen. Ich schob Versicherungspolicen, Wagenpapiere und Geld in den Umschlag. Mit meinem Flüssigblei-Stift schrieb ich eine Übereignungserklärung auf das oberste Blatt des linierten Blocks:
Erklärung
Ich, Frank Mansfield, übertrage hiermit das Eigentumsrecht an einer Cadillac-Limousine, Bj. 1963, und einem Love-Lee-Mobile Home an Jack Burke zur vollständigen Bezahlung einer gerechten und ehrenhaften Wettschuld.
(gezeichnet) Frank Mansfield
Das sollte reichen, beschloß ich. Wenn Burke die Papiere und Versicherungsunterlagen auf seinen Namen umschreiben lassen wollte, würde diese selbstgemachte Erklärung als Beweis seiner Eigentümerschaft hinreichen.
»Ist das ein Brief für mich?« fragte Dody scharf.
Obwohl ich mit einem kurzen verneinenden Kopfschütteln antwortete, sprang sie quer durch den engen Raum, grapschte den Block vom Tisch und las, was darauf stand. Ihr rotes Gesicht wurde bleich, während sie mit deutlichen Lippenbewegungen jedes einzelne Wort entzifferte.
»Oh, du hast nicht den Wohnwagen verwettet?« rief sie.
Ich nickte und beobachtete neugierig ihr Gesicht. Die Kleine war zu jung, um ihre Züge unter Kontrolle zu halten. Jedes Gefühl, das sie empfand, zeigte sich auf ihrem hübschen, beweglichen Gesicht. Jetzt erfuhr ihr Gesichtsausdruck einen rasanten Wechsel von Bestürzung, Zorn, Frustration und Furcht, bevor schließlich rechtschaffene Empörung die Oberhand gewann.
»Und selbstverständlich«, sagte sie, um Sarkasmus bemüht, »hast du auch dein ganzes Geld verloren.«
Ich nickte wieder und streckte die Hand nach dem Block aus. Sie gab ihn mir, und ich riß das oberste Blatt ab und schob es zu den übrigen Papieren in den dicken Umschlag.
»Was aus mir wird, ist dir scheißegal, wie?«
Ich schüttelte den Kopf. In gewisser Weise hatte ich Mitleid mit ihr, aber Sorgen machte ich mir nicht um sie. Sie war hübsch und jung und gut im Bett. Sie würde überall durchkommen. Ich verrenkte mich auf der Bank und wühlte in meiner Hosentasche nach dem Schlüsselbund, hakte die beiden Autoschlüssel und den Wohnwagenschlüssel ab und steckte sie in den Umschlag. Dann leckte ich die Lasche an, klebte sie zu und legte den Umschlag mitten auf den Tisch.
Es klopfte. Ich wies mit dem Kopf zur Tür, und Dody öffnete. Sie trat beiseite, und Jack Burke kam herein.
»Tag, Ma’am«, sagte er höflich und nahm den Hut ab. »Tut mir leid, Mr. Mansfield, aber ich hab die Wette in gutem Glauben abgeschlossen und bestimmt nicht gewußt, daß Sandspur einen Riß im Schnabel hatte. Wenn Sie gewonnen hätten, wären Sie zu mir gekommen, um Ihre achthundert Dollar zu kassieren; das weiß ich verdammt genau. Also bitte ich jetzt um Wagen und Anhänger.«
Ohne aufzustehen, schob ich ihm den Umschlag hinüber. Burke löste die Lasche, die noch nicht ganz angetrocknet war, und blätterte den Inhalt durch. Die hundert Dollar schob er in seine Brieftasche, bevor er die Übereignungserklärung las. Er wurde rot und steckte die Erklärung wieder in den Umschlag.
»Bitte entschuldigen Sie, Mr. Mansfield. Ich weiß nicht, warum, aber ich glaube, ich habe Widerspruch erwartet.«
Entweder war er ein schlichter Dummkopf, oder er wollte mich ärgern. Ein Handschlag zwischen zwei Hahnenkämpfern ist ebenso verbindlich wie eine notariell beglaubigte, eidliche Vereinbarung, und das wußte er genausogut wie ich. Geraume Zeit betrachtete ich sein rotes Gesicht und kam dann zu dem Schluß, daß er sich bloß wegen Dodys Anwesenheit unbehaglich fühlte und nicht wußte, was er da unterstellte.
Dody lehnte an der Spüle und funkelte Burke wütend an. »Ich hab noch nie erlebt, daß einer so mies und gemein gewesen wäre, einer Familie ihr Heim wegzunehmen!« sagte sie verletzend.
Die Bemerkung war unangebracht, aber Burke in seiner Verlegenheit errötete noch tiefer. »Ich schätze, Sie kennen Mr. Mansfield nicht, kleine Lady«, sagte er abwehrend, »und verstehen auch nicht übermäßig viel vom Hahnenkampf. Aber eine Wette ist eine Wette.«
»Für Männer, ja. Aber was ist mit mir?« Dody schlug sich mehrmals mit beiden Händen an die großen Brüste und starrte Burke beschwörend in die Augen. Beunruhigt kratzte er sich den Kopf und warf einen mißtrauischen Blick in meine Richtung.
Ich stand auf, lächelte grimmig und machte mit aufwärts gewandten Handflächen eine übertriebene Gebärde, als wolle ich ihm Dody überreichen. Die Bedeutung war unmißverständlich.
»Na, ich weiß nicht so recht, Mr. Mansfield.« Burke kratzte sich wieder am Kopf. »Ich hab ja schon ’ne Freundin oben in Kissimmee.«