Inhalt
Widmung
Wie alles anfing
Das dritte Ding
Piratenkapitän
Versteck dich!
Willie!
Geht jetzt!
Vertraue der Magie
Sams Farm
Ins Dickicht
Maisbrot und Sirup
Lesen und Schreiben
Abraham Lincoln, endlich!
Die Feder der Macht
Alle „Baumhaus-Bände“ auf einen Blick
Über die Autorin und die Illustratorin
Weitere Infos
Impressum
Für Mary Sams
WIE ALLES ANFING
Eines sonnigen Tages tauchte ein geheimnisvolles Baumhaus im Wald von Pepper Hill auf. Die Geschwister Philipp und Anne fanden schnell heraus, dass in diesem Baumhaus Zauberkräfte schlummerten, denn sie konnten damit nicht nur zu allen Orten der Welt reisen, sondern auch kreuz und quer durch die Zeit. Das Baumhaus gehörte der Zauberin Morgan. Sie war Bibliothekarin am Hofe von Camelot, im sagenhaften Königreich des berühmten Königs Artus. In Morgans Auftrag bestanden Philipp und Anne viele aufregende Abenteuer. Später schickte sie der mächtige Zauberer Merlin mit dem Baumhaus auf neue Reisen. Unterstützt wurden sie dabei von den jungen Zauberlehrlingen Kathrein und Teddy. Jetzt brauchen die beiden dringend Hilfe. Während Merlin und Morgan verreist sind, verwandelte Teddy aus Versehen Merlins geliebten Pinguin Penny in eine Steinstatue. Um Penny wieder lebendig werden zu lassen, müssen Anne und Philipp auf Reisen gehen und vier besondere Dinge finden. Eine Smaragd-Rose und eine weißgelbe Blume haben sie bereits gefunden. Nun sind sie gespannt, was sie als Nächstes suchen sollen …
Das dritte Ding
Anne linste in Philipps Zimmer.
„Fertig?“, wisperte sie.
„Ja“, antwortete Philipp.
Obwohl es noch zwei Stunden dauerte, bis die Schule begann, waren Philipp und Anne schon angezogen. Philipp packte seinen Notizblock und einen Stift in seinen Rucksack. Dann hob er den Rucksack auf, nahm seine Schuhe in die Hand und folgte Anne in den Flur. Auf Zehenspitzen schlichen die Geschwister am Schlafzimmer ihrer Eltern vorbei. Dann huschten sie leise die Treppe hinunter.
Am Eingang zogen sie ihre Jacken und Schuhe an und schlüpften aus der Tür. Der Morgenhimmel war grau. Alles war ruhig, nur das leise Tropfen des Frühlingsregens war zu hören.
„Sollen wir unsere Regenjacken holen?“, fragte Philipp.
„Es hört gleich auf“, antwortete Anne und deutete auf einen Streifen blauen Himmels in der Ferne.
„Oh, gut“, meinte Philipp. „Beeilen wir uns.“
Philipp und Anne traten von der Veranda. Dann rannten sie den Bürgersteig entlang und überquerten die Straße. Als sie den Wald von Pepper Hill betraten, hörte der Regen auf. Sonnenstrahlen schimmerten dunstig zwischen den feuchten Bäumen.
Philipp und Anne gingen weiter, bis sie zur größten Eiche kamen. Auf den Blättern der Baumspitze glitzerten Regentropfen und das magische Baumhaus wurde von der Morgensonne angestrahlt.
„Es wartet auf uns“, sagte Philipp.
„Ich wusste es“, erwiderte Anne. Sie griff nach der Strickleiter und kletterte hoch.
Philipp folgte ihr. Im Baumhaus sahen sie sich nach den beiden besonderen Dingen um, die sie bei ihren letzten zwei Missionen gefunden hatten.
„Super, sie sind noch da“, sagte Philipp. Er deutete auf einen grünen Juwel und eine weißgelbe Blume in der Ecke.
„Sieht so aus, als ob Teddy und Kathrein uns ein paar Sachen geschickt hätten“, sagte Anne.
Auf dem Boden lagen ein Buch, ein gefalteter Zettel und daneben stand eine kleine blaue Flasche. Philipp hob das Buch auf. Auf dem Buchdeckel war ein altes Schwarz-Weiß-Foto von einem Gebäude abgebildet. Es war das Weiße Haus in Washington, der Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika und vor ihm stand ein Mann.
Philipp keuchte, als er ihn erkannte. „Das ist Abraham Lincoln!“
„Wahnsinn“, sagte Anne und betrachtete das Foto. „Er war ein toller Präsident.“
„Was meinst du?“, fragte Philipp. „Glaubst du, wir werden ihn treffen?“ Er öffnete das Buch und las die erste Seite laut vor:
Abraham Lincoln war von März 1861 bis zu seiner Ermordung im April 1865 Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Er führte das Land während des schrecklichen Amerikanischen Bürgerkriegs. Er bewahrte den Zusammenhalt der Staaten und verbot die Sklaverei per Gesetz.
„Ich kann es nicht glauben“, sagte Philipp und klappte das Buch zu. „Abraham Lincoln! Meinst du, er soll uns dabei helfen, das dritte Ding zu finden? Damit wir den Zauberspruch aufheben können, der Penny in eine Steinstatue verwandelt hat?“
„Vielleicht“, meinte Anne. „Lass uns anschauen, was Teddy und Kathrein noch für uns dagelassen haben.“ Sie hob die kleine Flasche und den Zettel auf. Sie faltete den Zettel auseinander und las vor:
„Das klingt wie ein Rätsel“, sagte Philipp.
„Ich wette, Abraham Lincoln ist der Held“, vermutete Anne und sah noch mal auf den Zettel. „Und wir brauchen eine Feder von ihm. Dann benutzen wir die Feder, um ihm Hoffnung zu machen.“
„Verwirrend“, meinte Philipp.
„Viele unserer Missionen sind am Anfang verwirrend“, sagte Anne. „Aber am Ende ergibt es immer einen Sinn, stimmt’s?“
„Ja, stimmt“, bestätigte Philipp. „Aber das hilft uns jetzt trotzdem nicht weiter. In der Flasche muss ein Zaubertrank sein. Was steht auf dem Schildchen?“
Anne hielt die kleine blaue Flasche hoch und las die winzige Schrift auf dem Schildchen vor:
„Das klingt aber sehr allgemein“, sagte Philipp. „Wünsche dir etwas, das dir bei deiner Mission helfen wird? Das könnte alles sein.“
„Und ‚Merke dir: Vertraue der Magie‘“, wiederholte Anne und zuckte mit den Schultern.
„Na gut, wir versuchen es“, sagte Philipp. Er steckte das Fläschchen und den Zettel in seinen Rucksack.
„Wir haben alles, was wir brauchen“, meinte Anne. „Eine Mission, ein Forschungsbuch, ein bisschen Magie. Bist du bereit?“
„Ja“, antwortete Philipp. Er deutete auf das Foto vom Weißen Haus und sagte: „Ich wünschte, wir wären dort!“
Wind kam auf.
Das Baumhaus fing an, sich zu drehen.
Es drehte sich schneller und immer schneller.
Dann war alles wieder still.
Totenstill.
Piratenkapitän
Philipp zitterte. Die Luft war kühl, aber die Sonne schien hell. Blattlose Äste bewegten sich im Wind, der um das Baumhaus wehte. Anne hatte ein langes Kleid mit einer Schürze an. Philipp trug ein rotes Unterhemd, darüber ein Baumwollhemd und eine Hose mit Hosenträgern. Sein Rucksack hatte sich in eine Ledertasche verwandelt.
Philipp sah in die Tasche. Sein Notizblock, sein Stift, der Zettel von Teddy und Kathrein und die Flasche mit dem Zaubertrank lagen darin.
„Gut“, sagte er. „Es ist alles da.“
„Wir haben schon mal so ähnliche Kleider getragen“, sagte Anne.
„Ja, als wir vor dem Wirbelsturm in der Prärie geflohen sind“, antwortete Philipp.
„Stimmt“, sagte Anne. „Sind wir denn in der Nähe vom Weißen Haus?“
Sie sahen aus dem Fenster. Das Baumhaus war in einer Gruppe kahler, sonnenbeschienener Bäume gelandet. Unter den Bäumen rumpelten Pferdekutschen über einen gewundenen Weg zu einem herrschaftlichen weißen Haus mit großen Säulen.
„Oh, Mann“, flüsterte Philipp.
Das Weiße Haus badete im Sonnenlicht, es war atemberaubend schön. Eine Menschenmenge stand vor dem Haupteingang: Männer in langen schwarzen Mänteln und mit hohen Hüten, Frauen in Reifröcken und Hauben mit großen Schleifen.
„Sieht so aus, als ob heute viele Leute Abraham Lincoln besuchen wollten“, seufzte Anne.
Philipp blätterte durch das Buch, bis er auf ein weiteres Schwarz-Weiß-Foto des Weißen Hauses stieß. Er las laut vor:
Als Abraham Lincoln 1861 Präsident wurde, wurde das Weiße Haus zum Haus aller Bürger des Landes erklärt. Es war nicht nur das Heim des Präsidenten und seiner Familie, sondern es konnte jeder hineingehen. Für Präsident Lincoln war es manchmal schwierig, in seinem Büro im Weißen Haus zu arbeiten, weil so viele Leute durch das Gebäude strömten.
„Jeder kann einfach ins Weiße Haus reinmarschieren und den Präsidenten angucken?“, fragte Anne ungläubig.
„Das ist verrückt“, sagte Philipp.
„Aber es ist gut für uns“, meinte Anne.
„Scheint so“, antwortete Philipp. „Aber ich will nicht einer von den Besuchern sein, wegen denen der Präsident nicht richtig arbeiten kann.“
„Vergiss nicht“, sagte Anne. „Wir sollen ihm Hoffnung machen.“
„Mit einer Feder, die er uns geben soll“, erinnerte Philipp sie. Er schüttelte den Kopf, dann holte er den Zettel von Teddy und Kathrein aus seiner Ledertasche.