Schriftenreihe „Operational Excellence”

Herausgegeben von Prof. Dr. Constantin May, Hochschule Ansbach

Bisher in dieser Reihe erschienen:

Nr. 1:

May, C.; Schimek, P.: Total Productive Management. Grundlagen und Einführung von TPM - oder wie Sie Operational Excellence erreichen, 3., korrigierte Auflage, Herrieden 2015. ISBN: 9-783940-775-05-4

Nr. 2:

De Groot, M.; Teeuwen, B.; Tielemans, M.: KVP im Team. Zielgerichtete betriebliche Verbesserungen mit Small Group Activity (SGA), Ansbach 2008. ISBN: 9-783940-775-01-6

Nr. 3:

Blom: Schnellrüsten: Auf dem Weg zur verlustfreien Produktion mit Single Minute Exchange of Die (SMED), Ansbach 2007. ISBN: 9-783940-775-02-3

Nr. 4:

Glahn, R.: World Class Processes - Rendite steigern durch innovatives Verbesserungsmanagement – oder wie Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern betriebliche Prozesse auf Weltklasseniveau erreichen, 2., durchgesehene Auflage, Ansbach 2010. ISBN: 9-783940-775-03-0

Nr. 5:

Koch, A.: OEE für das Produktionsteam. Das vollständige OEE- Benutzerhandbuch – oder wie Sie die verborgene Maschine entdecken, 3., korrigierte Auflage, Herrieden 2016. ISBN: 9-783940-775-04-7

Nr. 6:

Glahn, R.: Effiziente Büros – Effiziente Produktion. In drei Schritten zu exzellenten Abläufen im gesamten Unternehmen. Antworten auf die wichtigsten Fragen zum nachhaltigen Erfolg, 2., durchgesehene Auflage, Ansbach 2013. ISBN: 9-783940-775-06-1

Nr. 7:

Glahn, R.: Moderation und Begleitung kontinuierlicher Verbesserung. Ein Handbuch für KVP-Moderatoren, 2., überarbeitete Auflage, Ansbach 2013. ISBN: 9-783940-775-07-8

Nr. 8:

Teeuwen, B.; Schaller, C.: 5S. Die Erfolgsmethode zur Arbeitsplatzorganisation, 3., erweiterte Auflage, Herrieden 2015. ISBN: 9-783940-775-08-5

Nr. 9:

Teeuwen, B.: Lean Management im öffentlichen Sektor. Bürgernähe steigern – Bürokratie abbauen – Verschwendung beseitigen, Ansbach 2012. ISBN: 9-783940-775-09-2

Nr. 10:

Klevers, T.: Agile Prozesse mit Wertstrom-Management. Ein Handbuch für Praktiker. Bestände abbauen – Durchlaufzeiten senken – Flexibler reagieren, 2., überarbeitete Auflage, Herrieden 2015. ISBN: 9-783940-775-10-8

Nr. 11:

Teeuwen, B.; Grombach, A.: SMED. Die Erfolgsmethode für schnelles Rüsten und Umstellen, 2., überarbeitete Auflage, Herrieden 2015. ISBN: 9-783940-775-11-5

Nr. 12:

Kamberg, M.: Verbesserung erfolgreich führen. Mit der Toyota-Kata und Lean Management Prozesse verbessern und Mitarbeiter entwickeln. Band 1: Die Verbesserungskata, Herrieden 2016. ISBN: 9-783940-775-19-1

Nr. 13:

OJT Solutions Inc.: Toyotas Geheimrezepte für die Mitarbeiterentwicklung. Herrieden 2017. ISBN: 9-783940-775-22-1

Toyotas Geheimrezepte

für die Mitarbeiterentwicklung

von

OJT Solutions Inc.

übersetzt von Mari Furukawa-Caspary

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Constantin May und Mari Furukawa-Caspary

CETPM Publishing, Herrieden

Geleitwort des Herausgebers und der Übersetzerin

Dies ist ein ganz besonderes Buch.

Als Autor dieses Buches wird ein Beratungsunternehmen genannt, das sich OJT Solutions nennt. Hierzulande ein ungewohnter Name, der aber in Japan sehr bekannt ist. Es ist ein Beratungsunternehmen, an dem Toyota beteiligt ist, und dessen Mitarbeiter sich ausschließlich aus ehemaligen Toyota-Führungskräften rekrutieren.

Wer sich bereits mit dem Toyota Produktionssystem (TPS) befasst hat, wird es vielleicht wissen. Es gibt bei Toyota den Grundsatz, immer den Besten aus der Mannschaft herauszunehmen, um ihn weiterführenden Herausforderungen zuzuführen. Bei einem Montage-Team an der Linie zum Beispiel wird der beste Monteur aus der Linie genommen und freigestellt, um Teamleiter zu werden, sobald die Arbeit des Teams als Folge der Verbesserungsbemühungen mit einem Mann weniger verrichtet werden kann. Dies basiert auf der Überzeugung, dass Menschen die Gabe haben, sich aus innerem Antrieb weiterzuentwickeln, wenn sie erreichbare Ziele und Herausforderungen im Alltag vor Augen haben. Nicht umsonst haben sie das Schlagwort „Challenge“ in ihren Toyota Way aufgenommen. Die zurückgebliebenen Teammitglieder sehen, was „einer der ihren“ aus sich machen kann, und werden bald die Lücke, die der „beste“ Monteur hinterlassen hat, durch eigene Kraft schließen.

Dasselbe Prinzip gilt auch in der Führungsebene. Aber ab einer gewissen Hierarchieebene aufwärts wird die Anzahl der anspruchsvollen Posten naturgemäß geringer. Um den Mitarbeitern, vor allem guten Führungskräften im Mittelbau, trotzdem weitere inspirierende persönliche Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten, unterhält Toyota mittlerweile, oft als Joint-Venture zusammen mit Unternehmen anderer Branchen, viele andere kleine Unternehmen, in die ihre Führungskräfte später wechseln können. So haben vor allem die Ambitionierten und Unternehmenslustigen, die irgendwann selbst merken, dass sie die Beförderungsobergrenze erreicht haben, für die Zeit nach ihrem Ausscheiden noch immer herausfordernde Perspektiven mit erfüllenden, neuen Aufgaben und Einkommenschancen vor Augen, und verlieren nicht die Motivation, sich persönlich weiterzuentwickeln.

Das Beratungsunternehmen OJT Solutions ist ein fester Bestandteil dieser Systematik. Vor allem diejenigen Führungskräfte der mittleren und höheren Ebene, die es sich zutrauen und Freude daran haben, selbstständig als Berater zu arbeiten, um ihr Wissen in einer neuen Umgebung weiterzutragen und anzuwenden, wechseln nach ihrer Pensionierung hierhin. Voraussetzung für die Aufnahme ist eine mehr als vierzigjährige Berufs- und Führungserfahrung bei Toyota. Sie sind in der Mehrheit keine Akademiker. Hier können sie sich sicher sein, dass das Wissen, das sie sich als Mitarbeiter in langen Jahren im Unternehmen angeeignet haben, unverfälscht, seriös und professionell vermarktet wird. Dem Unternehmen schließen sich immer wieder neue Leute an, so dass das Knowhow permanent auf dem neuesten Stand gehalten wird. Für die Mitarbeiter im Mutterunternehmen eröffnet es die Perspektive, nach der Erreichung des üblichen japanischen Pensionsalters von 60 Jahren noch ein paar Jahre ein sehr gutes Einkommen erzielen zu können. Nicht nur für handwerklich orientierte Führungskräfte am Gemba kann das ein Anreiz sein, denn die Nachfrage nach diesen Experten auf dem freien Markt ist bekanntermaßen riesengroß.

Nun geben sie seit einigen Jahren Bücher zu verschiedenen Themen heraus, die in Japan mittlerweile Kultstatus erlangt haben.

Es wird den Leser zu Beginn vielleicht irritieren, wie das Buch aufgebaut ist. Es ist keine theoretische, linear aufgebaute Abhandlung, in der versucht wird, das TPS in einem Guss logisch zu erklären. Es ist weder akademisch, noch von einem einzigen Autor geschrieben.

Da es das TPS aus der Innensicht beschreibt, wird hier etwas Gewachsenes beschrieben, was sich im Arbeitsalltag über Jahrzehnte nach und nach durch ein gemeinsames Tun entwickelt hat. Das TPS ist ein offenes System, das sich stetig weiterentwickelt. Und wer sich mit den Problemlösungstechniken von Toyota befasst hat, weiß es vielleicht: man weiß, wie man sein und werden möchte, lässt aber offen, wie man dahin kommen wird. Genau das ist der Grund, weshalb sich keiner der Berater dazu aufschwingt, alleine ein Buch über das Ganze zu schreiben.

Das ganze Buch ist als ein Dokument anzusehen, in dem viele langjährige Mitarbeiter, die in dem Unternehmen (dessen Arbeitsweise einst das amerikanische MIT untersucht und „lean“ genannt hat) das Arbeiten „von der Pike auf“ gelernt und selbst auch andere angelernt haben, ihr authentisches Wissen um die neuralgischen Punkte, so wie man es als einzelner im Unternehmensalltag erlebt und gelernt hat, geordnet zusammengetragen haben.

Es ist in einer einfachen Sprache gehalten, so wie die Autoren es aus ihrem Unternehmen gewohnt sind. Es ist eine Besonderheit dieses Unternehmens, dass eine „für alle Ebenen verständliche, gemeinsame Sprache“ gesprochen wird. Sie spielt eine Schlüsselrolle bei dem Bemühen, alle Potenziale in ihrem Unternehmen zu bündeln. Hoffentlich konnte etwas von dieser verblüffenden Einfachheit der Formulierung auch in die Übersetzung hinübergerettet werden.

Wenn man das Buch liest, merkt man, dass sie alle eine bestimmte gemeinsame Arbeitshaltung und eine in dem Unternehmen von jeher kultivierte und bewusst tradierte Vorstellung von professioneller „guter“ Arbeit miteinander teilen, die sie aber jeweils individuell interpretiert und gelebt haben. Diese sind in diesem Buch als personalisierte Beispiele, Behauptungen und Meinungen zusammengetragen worden. Jeder dieser Berater und Trainer, also der pensionierten Toyota-Führungskräfte, nimmt für sich in Anspruch, nur einen persönlichen Ausschnitt des Ganzen erlebt und gesehen zu haben, und nur für sich und die eigene Erfahrung sprechen zu können. Was hat man ihm beigebracht, was empfand er persönlich als nützlich oder beeindruckend, woran hat er sich orientiert? Aber es sind die vielen Mosaiksteine, die ein Gesamtbild ergeben. Das bestimmt auch den Aufbau des Buches. Diese Stellen wurden kursiv hervorgehoben.

Ein wenig ist es vielleicht vergleichbar mit einem starken Fussballteam. Ein Mannschaftsspiel ist kein maschineller oder mechanischer Prozess, der ausschließlich logischen Gesetzmäßigkeiten folgt, bei dem sich das eine zwingend aus dem anderen ergibt. Was die Stärke einer Mannschaft in einem Spiel ausmacht, kann man nicht linear beschreiben und dann für eine Anleitung zum sicheren Sieg nehmen. Viel zu komplex sind die Wechselwirkungen von individuellen Stärken und Entscheidungen, besonderen Konstellationen, äußeren Umständen aber auch dem individuellen und kollektiven Zusammenspiel. Die Beschreibung eines starken Spiels oder einer starken Mannschaft aus der Außensicht führt selten dazu, dass der nachahmende Leser mit seiner Mannschaft die gleichen Ergebnisse erzielen kann. Hilfreicher können da eher die vielen Einzelbeispiele und Erzählungen von guten Spielern aus der Innensicht sein: worauf sie zum Beispiel in welchen Momenten achten, oder was aus ihrer Sicht die wichtigste Voraussetzung für ein Weiterkommen ist. Aus solchen Details können Interessierte für sich wertvolle Hinweise mitnehmen. So ist auch dieses Buch zu lesen.

Bei der Beschreibung der Fallbeispiele ist deshalb der Urheber jeder Anekdote namentlich einzeln genannt. Vielleicht hilft auch hier der Vergleich mit dem Fußball. Wenn man das Geheimnis eines guten Weltklasse-Torwarts entschlüsseln wollte, und Buffon, Neuer und Kahn interviewen würde, dann werden sie niemals für alle Torwarte der Welt antworten, sondern eher für sich. Es liegt an den Lesern, allgemeingültige Schlüsse aus dem Gesagten zu ziehen. So auch hier. Jeder Trainer, der hinter seinem Namen steht, bürgt für das persönlich Erlebte und Gelernte und seinen eigenen Erkenntnisweg. Er kann und will nicht für andere sprechen, weil jeder Erkenntnisweg einmalig ist.

Am Aufbau des Buches lässt sich konkret nachvollziehen, wie Wissensaufbau und Standardisierung in diesem Unternehmen funktionieren. Neben den individuell zuordenbaren Anekdoten gibt es einen Haupttext, der allgemeine Aussagen macht: „Bei Toyota nimmt sich der Vorgesetzte Zeit, um den Gemba zu beobachten.“ zum Beispiel. Bei diesen allgemein formulierten Textstellen ist davon auszugehen, dass sie die Zustimmung des gesamten Trainerteams erhalten haben. Sie sind bereits der Extrakt, der schließlich noch einmal zur „Quintessenz“ verdichtet am Anfang einer jeden Lektion die wichtigste Erkenntnis zusammenfasst.

Die Kapitelüberschriften zeigen an, in welchen Schritten man sich den immer tieferen und strukturellen Ebenen der Mitarbeiterausbildung annähern kann. Es ist genauso aufgebaut wie die Systematik eines 3A-Reports oder den 5 Warum. Von den genauen Beobachtungen und Beschreibungen der Oberfläche allmählich im Team allgemeingültige Erkenntnisse zu extrahieren und schließlich den systemischen Zusammenhängen auf den Grund zu gehen, ist eine standardisierte Vorgehensweise, wie organisationales Lernen bei Toyota praktiziert wird.

Das Buch selbst ist das beste Anschauungsbeispiel dafür, wie eine „lernende Organisation“ lernt und ihre Erkenntnisse verdichtet.

Einige Stellen, an denen von den „Toyotanern“ etwas als selbsterklärend vorausgesetzt wird, was für Außenstehende erklärungsbedürftig ist, wurden vom Übersetzer mit Anmerkungen versehen. Der Originaltext hat keine Anmerkungen.

Wir hoffen, dass das Buch für alle, die dieses Buch offen und mit Interesse lesen, sehr viele wertvolle Anregungen enthält.

Frühjahr 2017

Prof. Dr. Constantin May und Mari Furukawa-Caspary

 

Was glauben Sie, worin die Stärke des Unternehmens Toyota besteht?

 

Sein Produktionssystem?

Das auf dem Toyota Produktionssystem basiert und die absolute Effizienz anstrebt?

 

Seine Markenreputation?

Die für Produktmerkmale wie gute Qualität und Sicherheit steht?

 

Seine Technologie?

Deren umweltschonende Hybridtechnologie in die Zukunft weist?

 

Sein Marketing?

Das den weltweit höchsten Absatz verwirklicht?

 

Sicher, das alles sind Stärken des Unternehmens Toyota.

Aber all diese Stärken haben eine entscheidende Quelle.

Diese Quelle ist…..

 

die Fähigkeit des Unternehmens, Menschen zu entwickeln,

die in der Lage sind, mehr aus sich zu machen.

 

Das Produktionssystem, die Markenstärke, die Technologie, das Marketing – über all diese Sachen können wir nicht sprechen, wenn wir nicht darüber sprechen, was eine Organisation ausmacht, in der die Menschen eigenständig über Probleme nachdenken und diese vor Ort, von sich aus, lösen können.

Die Stärke des Unternehmens Toyota resultiert aus dem Know-how, jeden einzelnen

Mitarbeiter zum eigenständigen Denken und persönlichem Engagement zu befähigen.

Vorwort der Autoren

Es gibt sicher viele Führungskräfte, die sich tagtäglich mit dem Problem herumquälen, dass sich ihre Mitarbeiter nicht so recht weiterentwickeln wollen.

Leider ist allein das schon ein Hinweis auf ein großes Missverständnis.

Wenn sich ein Mitarbeiter nicht weiter entwickelt, dann liegt es selten an dem Mitarbeiter selbst.

Die Ursache ist meist der Vorgesetzte, der seinen Mitarbeiter nicht entwickelt.

Nehmen vielleicht auch Sie manchmal folgende Floskeln in den Mund?

Schade.

Unter solchen Vorgesetzten können sich Menschen nicht weiter entwickeln. Statt dessen werden sie immer mehr die Lust an der Arbeit verlieren, und am Ende wird man sich immer mehr Leute herangezogen haben, die nur auf Anweisungen warten.

Das Management und schließlich das ganze Unternehmen werden sich immer mehr erschöpfen. Und irgendwann wird sich das auch in den Kennzahlen niederschlagen.

Anders ist es in Unternehmen, die ein nachhaltiges Wachstum vorweisen können. Hier bringen die Vorgesetzten ihre Mitarbeiter bewusst und konsequent immer weiter voran.

Sicher. Solange ein Unternehmen klein und übersichtlich ist, können auch einzelne charismatische Persönlichkeiten oder eine kleine Gruppe von „fähigen“ Managern die gesamte Organisation mit sich nach vorne reißen. Schwieriger wird es, wenn ein Unternehmen erfolgreich ist und die Geschäfte und die Organisation beginnen, über eine gewisse Größe hinauszuwachsen. Wenn dann nur eine Handvoll Menschen an der Weiterentwicklung der Organisation beteiligt ist, stößt das Wachstum an seine Grenzen.

Wenn ein Unternehmen trotzdem weiter wachsen möchte, dann müssen die Führungskräfte und Vorgesetzten selbst zu Multiplikatoren ihrer selbst werden.1

In Unternehmen, in denen das geschieht, aktivieren die Mitarbeiter auch am eigenen Arbeitsplatz (am Gemba2) ihr eigenständiges Denkvermögen und können richtige Entscheidungen fällen. In Krisen und Notlagen sind sie alle in der Lage, aus dem Alltag heraus vielfältige Ideen zu entwickeln, um die anstehenden Probleme zu lösen. Unternehmen, die aus solchen Mitarbeitern bestehen, sind stark, und können sich als Organisation organisch, aus sich heraus weiterentwickeln. Selbst wenn die heutigen, fähigen Führungskräfte irgendwann das Unternehmen verlassen sollten, herrscht kein Mangel an fähigem Nachwuchs, der in ihre Fußstapfen treten kann.

Ein solches Unternehmen ist Toyota. In diesem Unternehmen, das im Jahr 2012 den weltweit höchsten Absatz in der Automobilindustrie erreicht hat, gilt der folgende Glaubenssatz:

Monozukuri wa Hitozukuri.3

Dinge entwickeln ist Menschen entwickeln.

Wenn man den Namen „Toyota“ hört, dann denken viele zuerst an das hoch effiziente Produktionssystem, an TPS und Just-in-Time, und haben den Eindruck, dass diese methodische Seite besonders wichtig sei. Aber sie macht nur einen kleinen Teil dessen aus, wie Toyota seine Produkte herstellt.

Um effizient fertigen und die Produktivität aufs Höchste steigern zu können, ist es unabdingbar, Kollegen zu haben, die eigenständig denken und selbstständig handeln können.

Toyota zieht sich keine perfekt funktionierenden Ausführer heran, die man Top-Down steuert, und die alle gleich und austauschbar sind wie Klone (Kintarôame4).

Aufgabe eines jeden Vorgesetzten kann es nicht sein, seine Ziele nur auf eine hohe Effizienz oder auf gute Ergebnisse auszurichten. Vielmehr darf er niemals darin nachlassen, seine Mannschaft voranzubringen, um sie und damit die Organisation weiterzuentwickeln.

Wir denken, dass das ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs eines jeden Vorgesetzten ist und zur Umsatzsteigerung beiträgt.

In diesem Buch werden einige Experten namentlich genannt, die in der Zeit zwischen den frühen 1960er und späten 2000er Jahren bei Toyota als Führungskraft gearbeitet haben und danach bei OJT Solutions als Trainer tätig sind oder waren.

Sie trugen alle einst bei Toyota die Personalverantwortung für 100 bis 500 Mitarbeiter. Heute geben sie als externe Berater ihre Erfahrung und ihre Philosophie, wie man ein Unternehmen und seine Mitarbeiter voran bringt, an externe Unternehmen weiter.

Oft hören sie von den Unternehmen, die sie beraten:

„So etwas geht doch nur bei Toyota“; „Wir sind doch ein viel zu kleines Unternehmen, um so etwas umzusetzen“.

Aber wie man bei Toyota Mitarbeiter entwickelt, ist keine Denkweise oder ein Know-how, die sich nur bei Toyota anwenden lassen. Es sind Prinzipien, die in jedem Unternehmen gelten können.

Zum Beispiel eine Unternehmenskultur, in der jeder Mitarbeiter aufgefordert ist, Probleme zu lösen oder über Verbesserungen nachzudenken:

Der Vorgesetzte leitet den Mitarbeiter an, sich eigenständig Gedanken darüber zu machen, wie am eigenen Arbeitsplatz die Bedingungen herzustellen sind, die für die Ausübung seiner Tätigkeit ideal wären.

Das hat nichts mit Toyota zu tun. In jedem Unternehmen, in jeder Branche, in jeder Größenordnung gibt es tagtäglich neue Aufgaben und die Not, etwas besser machen zu müssen, um geschäftlich voranzukommen.

Trainer von OJT Solutions sind deshalb nicht nur in japanischen Industrieunternehmen, sondern auch in Supermärkten, Krankenhäusern, Banken, in- und ausländischen Unternehmen aller Branchen und aller Berufsfelder unterwegs. Und überall führen sie erfolgreich ihre Art und Weise der Mitarbeiterentwicklung in diesen Unternehmen ein.

Alle diese Trainer sagen:

Wenn die Mitarbeiter mehr aus sich machen, dann wird der Gemba stärker. Das führt zu besseren Unternehmensergebnissen. Produkte werden von Menschen hergestellt und Dienstleistungen von Menschen erbracht - alles ist Menschenwerk - und deshalb muss man beim Menschen anfangen, wenn etwas gut werden soll.“

In diesem Buch werden Vorgehensweisen vorgestellt, wie man Probleme löst oder Verbesserungen durchführt. Bei der Darstellung wird Wert darauf gelegt, wie eine ehemalige Toyota-Führungskraft die konkrete Situation erlebt und welche Maßnahmen sie ergriffen hat. Das soll zur Veranschaulichung der Quintessenz beitragen.

Aus all diesen Beispielen lässt sich sicher auch einiges für andere Unternehmen lernen.

Wir würden uns freuen, wenn dieses Buch für alle Gemba-Führungskräfte eine Hilfe wäre, die ihr eigenes Unternehmen „stärker machen“ und aus jedem ihrer Mitarbeiter „das Beste herausholen“ wollen.

OJT Solutions Inc.

 

Diese Sicht auf das Unternehmen und der Blick auf die Organisation ist es, was dieses Unternehmen von vielen anderen unterscheidet. Toyota ist in seinem Selbstverständnis zuallererst ein Zusammenschluss von vielen Menschen, die zu Erwerbszwecken eine Organisation bilden, und die über ein gemeinsames Arbeitsverständnis verfügen.

Gemba bedeutet auf japanisch „vor Ort“, wird aber auch benutzt, wenn man vom „Tatort“ eines Verbrechens spricht, oder einfach überall, wo eine Tat verübt oder Arbeit verrichtet wird. Mittlerweile sprechen viele vom „Shopfloor“, wenn sie Gemba meinen, aber Gemba kann auch in den Büros oder direkt beim Kunden vorhanden sein. Es ist der Ort, „wo wertschöpfende Arbeit verrichtet“ wird.

Monozukuri bedeutet, „Dinge zu machen (i.S. von erschaffen) bzw. „Die, die die Dinge machen (erschaffen)“. Mittlerweile nennen sich im japanischen Sprachgebrauch die Unternehmen, die nach dem ganzheitlichen Produktionssystem arbeiten, Monozukuri. Der amerikanische Begriff „lean“ hat sich in Japan nicht durchgesetzt, da die (von den Amerikaner vielbeachtete) „Schlankheit“ nur ein Nebenprodukt und Teilaspekt dieser Arbeitsweise ist.
Hitozukuri kann man vielleicht übersetzen mit „aus dem Leuten etwas machen“. Dieses Machen ist ähnlich wie in den deutschen Redewendungen „mehr aus jmd. machen“, „etwas aus jmd. machen“ oder „ein gemachter Mann“. Es geht um Bildung, Reife und Professionalität.

Kintarôame ist eine Zuckerstange, die aus verschieden eingefärbten Zuckersträngen besteht, die so angeordnet werden, dass ein Querschnitt das Gesicht von Kintarô, einer beliebten Märchenfigur, zeigt. In Scheiben geschnitten werden diese als Bonbons auf Tempelfesten verkauft. Diese Passage wehrt sich gegen eine weitverbreitete (oftmals neidische) Redewendung in Japan, Toyota-Mitarbeiter wären wie Kintarôame („egal wo man hinschneidet, es kommt immer dasselbe heraus“), die den hohen Standardisierungsgrad und/oder Nivellierungsgrad ihrer Arbeitsweise verunglimpft.

Kapitel 1

Menschen entwickeln – wie Toyota denkt