Amüsantes und Aufschlussreiches
über die Bewohner
Mallorcas
aus der Reihe
Nachbarschaften
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Dieses Buch ist ist auch als Print-Version erhältlich:ISBN 978-3-86686-809-0.
OutdoorHandbuch aus der Reihe „Nachbarschaften“
ISBN 978-3-86920-809-1 (EPUB) ISBN 978-3-86920-810-7 (MOBI) |
1. Auflage 2017 |
Text: Kathrin Bremer
Fotos: Kathrin Bremer & Hartmut Engel (Foto S. 1)
Lektorat: Anna-Lena Ebner
Layout: Anna-Lena Ebner
Dieses OutdoorHandbuch wurde konzipiert und redaktionell erstellt vom:
Conrad Stein Verlag GmbH, Kiefernstr. 6, 59514 Welver, 023 84/96 39 12, 023 84/96 39 13, info@conrad-stein-verlag.de, www.conrad-stein-verlag.de |
Titelbild: Kathrin Bremer
Oh, diese Mallorquiner
Mallorca in Zahlen
Mallorca ist der Nabel der Welt
Nein, Mallorquinisch ist kein spanischer Dialekt
Friedliches Sprachen-Miteinander erwünscht!
Nicht alle Ausländer sind gleich: von „forasteros, „catalanes“ und „extranjeros“
Von Stereotypen und Vorurteilen
Es menschelt öffentlicher
Mallorquiner und die Liebe
Mallorquinische Früchtchen
Die Mallorquiner sind anders – wir auch!
Was „die Mallorquiner“ über „die Deutschen“ denken
Der Prototyp des Mallorquiners
Was „die Mallorquiner“ über sich selber denken
„Forasteros“ – Spanischsprachige Immigranten auf Mallorca
Regionalstolz
Sitten und Gebräuche
Mallorca-Zeit
Das Zusammenleben auf der Insel
Eine bunte Mischung
Marokkaner überholen Deutsche
Das Streben nach Unabhängigkeit
Das kann man so doch nicht sagen….
Hunde und Bars: Ein Spiegel der Gesellschaft?
Die meisten Jäger pro Quadratkilometer
Nicht bei allen beliebt
Armut: Die Kluft wird immer größer
Nachhaltigkeit auf dem Vormarsch
Arbeitsbeziehungen: möglichst viel essen & trinken
Reichtum: Modehaus schlägt Bank
Nur Vetternwirtschaft oder schon Korruption?
Korruption, die Zweite
Widerstand gegen das System
Die Bauern mit den dicksten Oliven hatten am Ende das Nachsehen
Der Adel
Die Landwirtschaft liegt brach oder verändert sich
Viele, viele Steine
Massentourismus ade? Von Golfern, Yachties und Residenten
Wandertourismus auf Mallorca
Wanderbewegung seit 1912
Eines der weiteren liebsten Hobbys: Llaüts
Feste und Traditionen
Die Mauren werden vernichtend geschlagen
Mallorca und die Literatur
Das gibt’s doch gar nicht!
Die Post: Es kommt immer noch nichts an
Hotspot Palma de Mallorca
Als John Lennon auf Mallorca verhaftet wurde und andere Promi-Geschichten
Die Corrida: Ein ungleicher Kampf
Ballermann: Es geht noch schlimmer
Mallorquinischer Verkehr
Nützliche Adressen & Websites
Mallorca ist die Lieblingsinsel der Deutschen. Das mag an verschiedenen Dingen liegen: Vielleicht an der eingedeutschten Playa de Palma, wo Mann und Frau sich endlich einmal so richtig daneben benehmen können. An Orten wie dem Yachthafen Puerto Portals, wo man überdurchschnittlich viele (deutsche) Prominente bestaunen kann. An traumhaft schönen Buchten und einsamen Landschaften. Oder womöglich auch ein bisschen an der zurückhaltenden Mentalität „der Mallorquiner“, die sich nicht gerne in Schubladen einordnen lassen und bei näherem Kennenlernen ungemein liebenswert sind. Mit dem „feurigen Spanier“ haben Mallorquiner etwa so viel gemeinsam wie ein „muffiger Deutscher“ mit dem Rheinländer. Mallorquiner sind spröde – ohne unfreundlich zu sein. Sie sind regionalbewusst und stolz auf ihre Insel – ohne dabei Einrichtungen der Zentralregierung in die Luft zu sprengen, wie „stolze“ Spanier anderenorts. Sie sind häufig noch nie von ihrem kleinen Felsen „Sa Roca“ weg gewesen – und dennoch weltoffen. Understatement wird großgeschrieben und Reichtum nur von Ausländern zur Schau getragen. In Palmas Altstadt und anderen Orten der Insel verbergen sich hinter bröckelndem Putz architektonische Schätze und manche der wohlhabendsten Mallorquiner werkeln im ausgeleierten Pulli im Garten ihrer Mieter herum, weil „sie das schon immer gemacht haben“.
Aber auch auf Mallorca klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Über 50 % der Bewohner sind nicht mehr hier geboren und es zieht Menschen aus aller Herren Länder aus unterschiedlichen Gründen auf diese wunderschöne Insel, um hier ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder den Lebensabend zu verbringen. Dadurch verändert sich die Gesellschaft; sie wird multikultureller. Dennoch läuft das Leben immer noch ruhiger als in vielen nordeuropäischen Ländern ab, der Familienzusammenhalt wird nach wie vor großgeschrieben und es gibt eine Vitamin-B-Wirtschaft, die auf jahrhundertealten Strukturen beruht.
In vielen Dörfern sitzen die alten Damen noch in ihrem Stuhl vor der Tür, um am Treiben auf der Straße teilzuhaben, während ihre Männer lautstark auf Mallorquí in der Stammkneipe die letzte Niederlage ihres Fußballvereins RCD Mallorca diskutieren. Dieser Verein wurde bis zum Zerwürfnis im Sommer 2016 von einem deutschen Präsidenten, Utz Claassen, geführt. Das schmeckte manchem Mallorquiner nicht gut. Allerdings schlugen die Wellen darüber nicht so hoch wie bei der 1993 von einem CSU-Politiker geäußerten Idee, Mallorca sollte das 17. Bundesland Deutschlands werden. Insgesamt sind die Mallorquiner erstaunlich gelassen geblieben, trotz über zehn Millionen Touristen im Jahr und eines Ausländeranteils von etwa 20 %.
Mallorca ist 3.622 km2 groß – das ist größer als das Saarland. 858.313 Einwohner hat die Insel, was bedeutet, dass auf 1 km2 237 Einwohner leben – unwesentlich mehr als in Deutschland (230), aber deutlich mehr als in Spanien (93). 19.429 Deutsche sind auf Mallorca offiziell gemeldet – die Zahl der tatsächlich überwiegend hier lebenden Deutschen wird aber auf über 70.000 geschätzt. In Palma lebt etwa die Hälfte der Inselbevölkerung – mit Menschen aus insgesamt 156 Nationen.
Über 13 Millionen Urlauber kamen 2016 auf die Insel, davon wie seit Jahren üblich über ein Drittel aus Deutschland. Es gibt 1.590 Hotels und sonstige Übernachtungsbetriebe auf Mallorca – lediglich 27 davon Ein-Sterne-Hotels und 29 Fünf-Sterne-Hotels.
11.265 Kinder wurden im vergangenen Jahr auf den Balearen geboren – das sind knapp 6 % weniger als noch 2010. Die durchschnittliche Anzahl der Kinder pro Frau ging ebenfalls zurück. 40 % der Eltern erziehen allein – 1975 lag die Quote noch bei nur 3 %. Der beliebteste männliche Vorname für Neugeborene ist derzeit Marc, der beliebteste weibliche Maria. Der häufigste Vorname unter den männlichen Ausländern ist Mohammed, Fatima als häufigstes Gegenstück.
Die Marokkaner haben 2014 erstmals die Deutschen als größte Ausländergruppe überholt – wir sind ihnen aber dicht auf den Fersen.
40,46 % der Inselbevölkerung Mallorcas erklärten in einer Befragung, fast immer Katalanisch zu sprechen. Die durchschnittliche Lebenserwartung auf den Balearen liegt bei 81,9 Jahren – in Madrid wird man allerdings sogar 83,7 Jahre alt. 1.315 Personen sitzen derzeit auf Mallorca im Gefängnis, 85 davon Frauen, darunter die ehemalige Inselratspräsidenten Maria Antònia Munar. 30 % von den Inhaftierten sind Ausländer (89 Marokkaner, 52 Kolumbianer, 27 Rumänen und 21 Deutsche).
Die Insel hat über 200 Strände und vier völlig verschiedene Landschaftsformen: von höchsten Bergen über Hügel bis zu flachen Ebenen, langen Sandstränden und kleinsten Buchten.
Auch bei den traditionellen Festen ist Mallorca spitze: Zu den „Heiligen Drei Königen“ landen in verschiedenen Häfen der Insel Abordnungen von diesen mit großem Gefolge, die Osterprozessionen und Geschichtsfeste (wie die nachgestellte Schlacht zwischen Christen und Mauren) haben bis zu 2.000 Teilnehmer und 2015 fanden 505 Schlachtfeste (matances) statt. Die meisten davon in Campos (52), gefolgt von Calvia (51) und Porreres (40).
Der verstorbene Politiker und Autor Josep (Pep) Moll Marquès hat es in einem Buch so schön beschrieben: „Für uns gibt es nur Mallorca und Außerhalb-Mallorca… Natürlich ist Mallorca für uns der Nabel der Welt.“ Und es ist ein wunderschöner Nabel. Der Autor des Buches „Deutsche auf Mallorca“, Rafael Llano Martínez, nennt es „eine Art Minikontinent“. Vor nicht allzu langer Zeit wurde die Welt gar in lediglich zwei große Hemisphären eingeteilt: die Insel und der Rest des Universums. Guy de Forastier behauptet in seinem Buch „Geliebte Mallorquiner“, ein Bauer aus Alaró hätte ihn einst gefragt, was größer sei: Mallorca oder Außerhalb-Mallorca. Manch ein Mallorquiner hat gar kein Bedürfnis, sich den Rest um den Nabel herum anzuschauen. Wer es tut, kommt in der Regel befriedigt zurück. Ein Freund meinte, er wüsste erst, wie perfekt es hier sei, nachdem er eine ganze Zeit im Ausland gelebt hatte.
So wie in seiner Familie ist es heute wohl in vielen: Die Generation der um die 30-Jährigen verlässt ihre Heimatorte, geht zunächst vielleicht nach Palma zum Studieren oder in die Touristenorte zum Arbeiten. Manch einen zieht es aus Abenteuerlust fort von der Insel, einen anderen verschlägt es durch die immer noch schwierige wirtschaftliche Lage unfreiwillig für eine Zeit ins Ausland – viele nach Berlin. Die allermeisten kommen nach ein paar Jahren zurück… oder haben es zumindest vor.
Und sollte jemand daran zweifeln, dass Mallorca der Nabel der Welt ist: Das Mallorca Magazin berichtet, dass die Insel einen eigenen Globus besitzt. „Mallorca Globo” heißt dieser und bildet die Insel, das sie umgebende Meer und die anderen Baleareninseln ab.
Alteingesessene mallorquinische Familien verstehen sich zunächst immer erst einmal als Mallorquiner und dann erst als Spanier. Dieses Regionalbewusstsein haben sie mit Basken, Galiciern und Katalanen gemein.