GÄUBODEN GSCHWERL
ROMAN
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„LEGO ERGO SUM“
Am Donauradwanderweg, in Höhe der verschlafenen niederbayerischen Nester Kirchroth und Pittrich, hatte ein müder Radler seinen Drahtesel ins Ufergebüsch geschoben, um sich eine wohlverdiente Rast zu gönnen.
Der sportliche Medizinstudent war am frühen Morgen von Regensburg nach Straubing aufgebrochen und hatte seitdem unentwegt in die Pedale getreten. Erschöpft ließ er sich jetzt im Schatten junger Grau-Erlen nieder, von denen jede dritte vom Verbiss der überhandnehmenden Biber gezeichnet war. Wie die Spitzen überdimensionaler Bleistifte ragten ihre Stümpfe aus dem fruchtbaren Lössboden des Donauschwemmlandes empor. Für den kunstsinnigen Wanderer hatte dies durchaus seinen Reiz. Die Szenerie erinnerte an das Projekt eines Landart-Künstlers. Die Bewohner der umliegenden Dörfer allerdings hatten sich diesem ästhetischen Aspekt weitgehend verschlossen. Zu groß war der Schaden, den die possierlichen Nager schon angerichtet hatten. Nur wenige Pärchen waren in den Donauauen ausgewildert worden und hatten in aller Unschuld genau das getan, was man gemeinhin von Pärchen erwartet – sie hatten sich vermehrt. Der Fleiß aber, den sie dabei an den Tag legten, stand dem, mit dem sie ihrer nagenden Tätigkeit nachkamen, in keiner Weise nach. So kam es, dass mancherorts nachts kein Auto mehr am Dorfbach geparkt wurde, aus Angst, es morgens unter einem gefällten Baum bergen zu müssen.
Da es im Dschungel behördlicher Zuständigkeiten wie immer unmöglich war, den dafür verantwortlichen Umweltdesigner aufzuspüren, um ihn zu lynchen, hatten sich viele Anrainer in einem Akt zivilen Ungehorsams der heimlichen Jagd auf die Biber verschrieben. In manchen Gasthäusern der Gegend bat der ahnungslose Tourist den Wirt besser nicht um eine Spezifizierung des als Tagestipp angebotenen Wildragouts.
Der Student kippte sich den Rest seines Isodrinks in die Kehle und begann, mit geschlossenen Augen vor sich hin zu dösen. Er liebte die Idylle an der schönen blauen Donau. Wenn sie auch nicht so blau war, wie sie immer besungen wurde, so schätzte er sie doch als eine in Würde ergraute Dame, die weit gereist war und viel zu erzählen hatte, wenn man ihr nur andächtig lauschte.
Die Luft war erfüllt vom Konzert unzähliger Insekten und Amphibien, die die Brackwassertümpel bevölkerten, die der letzte Hochstand der Donau zurückgelassen hatte. Es war ein ewiger Kreislauf. Erst wenn der Pegel des Flusses wieder anstieg, würde die abgestandene Brühe ausgetauscht, abgestorbenes Leben abtransportiert und neues herangespült werden.
Der junge Mann wunderte sich, wieso ihm gerade jetzt und ausgerechnet hier in freier Natur die Obduktion wieder in den Sinn kam, der er letzte Woche bei einer Exkursion nach München beigewohnt hatte. Als es ihm schließlich bewusst wurde, setzte er sich auf und blickte sich aufmerksam um.
Er hatte sich nicht getäuscht. Die leichte Brise, die von jenem Dickicht dort zu ihm herüberstrich, trug unverkennbar die Duftmoleküle der Amine Cadaverin und Putrescin mit sich.
Wahrscheinlich nur ein ersoffener Biber, dessen Bau eingestürzt war. Dann aber obsiegten Neugier und Forscherdrang. Er stand auf, hielt seine Nase in den Wind und ließ sich von der süßlichen Duftspur leiten, bis er an den Rand eines Tümpels gelangte. Als er dort ein paar Äste zur Seite bog, gewahrte er einen gelblich weißen Klumpen, der sich im Gestrüpp der Uferböschung verfangen hatte. Zwei Frösche, die sich darauf zu einem trauten Duett niedergelassen hatten und mit geblähten Kehlsäcken um die Wette quakten, flüchteten mit einem Hechtsprung in das trübe Nass. Der ölige Film, der die Oberfläche bedeckte, zerplatzte dabei in tausend schillernde Fetzen.
Noch während der Student sein Frühstück auf den morastigen Boden erbrach, zückte er sein Handy und wählte die „112“.
Die Leiche, die man wenig später aus dem Brackwassertümpel an der Donau barg, musste wohl schon eine ganze Weile dort gelegen haben. Ihr Zustand ließ nur eine vage Altersschätzung zu. Zwischen 20 und 40 musste der Mann gewesen sein, der eine hässliche Stichwunde in der Brust aufwies, exakt eine Handbreit unterm linken Rippenbogen. Was in den Köpfen der Einsatzkräfte zu den wildesten Spekulationen führte, war jedoch die Tatsache, dass der Leiche beide Hände fehlten.
Auch nachdem THW und Feuerwehr mehrere Tümpel leer gepumpt hatten und eine Staffel Leichenhunde über das Terrain geführt worden war, waren die Hände nicht aufgetaucht.
Die Schürfspuren an dem leblosen Körper und die Tatsache, dass nur noch wenige Fetzen Kleidung an ihm klebten, legten den Schluss nahe, dass er vom letzten Hochwasser eine beträchtliche Strecke über allerlei Hindernisse transportiert und schließlich in den Tümpel gespült worden war.
Wäre es dem Mörder darum gegangen, die Identität seines Opfers zu verschleiern, so hätte er neben den Händen mit ihren verräterischen Fingerlinien sicherlich auch den Kopf mit seinem für die Rechtsmedizin so aufschlussreichen Gebiss separat entsorgt. Dass dies nicht geschehen war, bereitete den Ermittlern Kopfzerbrechen. Warum nur die Hände?
Das etwa drei Kilometer entfernte Städtchen Straubing mit seinen 45000 Einwohnern gilt als die Hauptstadt des Gäubodens – einer fruchtbaren Lössebene, die sich in einer Breite von 15 Kilometern südlich der Donau und des Bayerischen Waldes hinzieht. Donauabwärts beginnend bei Wörth, und donauaufwärts sich bis nach Künzing in der Gegend von Osterhofen erstreckend.
Bereits seit 5500 v. Ch. wurde der Gäuboden besiedelt und landwirtschaftlich genutzt. Doch selbst in dieser beschaulichen niederbayerischen Idylle passierte manchmal etwas, das den Bewohnern klar machte, dass auch sie hier nicht im Paradies lebten. Auch unter ihnen gab es schwarze Schafe, die auf Abwegen irrten und sich an der unschuldigen Herde versündigten.
Natürlich hatte auch Straubing seine eigene Polizeistation nebst einem passablen Kontingent an Kriminalern, doch handelte es sich bei diesen durchwegs um ganz gewöhnliche bodenständige Zeitgenossen.
Straubing konnte nicht dienen mit einem stoppelbärtigen, dreimal geschiedenen Superkommissar mit Essstörung und Alkoholproblem, wie er jetzt allenthalben in Mode war. Nein, diese Stadt besaß keinen niederbayerischen Sherlock Holmes, der heimlich kokste und jeden Fall mit Bravour löste. Keinen genialen mit hellseherischen Fähigkeiten begabten Geist, dessen sechster Sinn ständig bimmelte wie das Glockenspiel im Stadtturm, und dem die hanebüchensten Zufälle zu Hilfe eilten, um seine Aufklärungsrate an die 100%-Marke zu puschen.
Solche Figuren mochte sich vielleicht eine vom TV geschulte Fantasie zurechtstricken, mit der Realität hatten sie nur wenig zu tun; darauf würde jeder echte Kriminaler seinen Hut verwetten. Man konnte diese skurrilen Gestalten in billigen Kriminalromanen finden, nicht aber in einer Stadt wie Straubing; dazu war Straubing viel zu normal.
Manche Fälle blieben hier ganz einfach ungelöst – so wie im richtigen Leben.
Elf Monate vorher.
Die Frau war stehen geblieben und hatte ihre Walking-Stöcke an einen Baum gelehnt. Andächtig ließ sie ihren Blick umherschweifen.
Dort, wo die Morgensonne bereits durch die Wipfel der ragenden Fichten brach und mit ihren Strahlenfingern den Waldboden abtastete, erglitzerten die smaragdgrünen Moospolster wie ein Empfangsteppich für Besucher aus einer anderen Welt. Überall funkelten mit Tautropfen übersäte Spinnennetze, als hätten Elfen und Feen über Nacht dort ihren Schmuck abgelegt.
„Ein idealer Platz zum Sterben …“, murmelte die Frau.
Modergeruch stieg von zerfallenen Wurzelstöcken und Ästen auf und mit ihm die Erinnerung an Menschen, die sie einmal gekannt hatte und die jetzt nicht mehr unter den Lebenden weilten. An sie zu denken war jedes Mal wie das Anblasen eines erlöschenden Funkens – hoffnungsvoll und frustrierend zugleich.
Aber aus den morschen Überresten einstmals starker, fest verwurzelter Baumgiganten entrollten sich allenthalben strotzende Fächer von Farn. Seine Blätter waren in so makelloser Ordnung gegliedert, dass das Gemüt nicht umhin konnte, im Leben jenen Plan zu fühlen, der dem Verstand vielleicht für immer verschlossen blieb.
Die Frau zog jetzt ein Handy aus der Tasche ihres grauen Kapuzenpullis, öffnete die Navi-App und speicherte die GPS-Daten des Ortes im Ordner „E-Outdoor“. Das „E“ stand für Exitus.
Noch einmal sah sie sich nach allen Seiten um.
An manchen Stellen begann der Waldboden jetzt im Sonnenlicht zu dampfen. Zarte Schwaden stiegen auf, die für einen Augenblick die vage Gestalt jener Leute anzunehmen schienen, die gerade durch ihren Kopf gegeistert waren. Doch unversehens lösten sie sich wieder auf. Der Vorgang hatte etwas Parabelhaftes. Er ließ das Leben und den Tod als komplexe Einheit erscheinen: Die Toten waren der Dunst, der sich nur augenscheinlich zu Nichts verflüchtigte, aber weiterhin das Klima bestimmte.
Sie lauschte.
Nichts rührte sich.
Kein knackender Zweig, kein Vogelgezwitscher.
Es herrschte dieselbe feierliche Stille wie nach dem Hochamt in einer verlassenen Kirche, wenn nur noch letzte Weihrauchschwaden von der Existenz der Rechtgläubigen zeugten. Es schien, als habe sich die Kreatur des Waldes dazu entschlossen, dem Homo sapiens aus dem Weg zu gehen – ob aus Ehrfurcht oder Verachtung, blieb ungeklärt.
Langsam streifte die Frau jetzt ihre Jogginghose herunter, kauerte nieder und schlug mit geschlossenen Augen ihr Wasser ab. Ihr Gesicht nahm dabei verklärte Züge an. Der profane Vorgang hatte in diesem Gefilde die Kraft eines archaischen Rituals. Sie fühlte sich wie eine Priesterin, die die Natur mit ihrem heiligen Chrisam salbte.
Nach einem flotten halbstündigen Marsch trat die Frau schließlich auf einer Kuppe aus dem Wald heraus. Über ihr Gesicht huschte ein Lächeln der Genugtuung. Der einsam gelegene Gutshof mit seinen Wirtschaftsgebäuden, den sie vor einem knappen Jahr erworben hatte, lag nur ein paar Grad weiter südöstlich, als sie ihn vermutet hatte. Langsam aber sicher fand sie sich als Großstadtpflanze in dieser abgeschiedenen Gegend des Bayerischen Waldes zurecht. Sie schob ihre Kapuze in den Nacken und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Sie genoss das Leben auf dem Land. Die strikte Kleiderordnung, die ein unausgesprochenes Gesetz einer erfolgreichen Geschäftsfrau in der Stadt aufnötigte, war hier außer Kraft gesetzt. Der Garderobenkult beschränkte sich angenehm aufs Praktische. Jeder unzweckmäßige Firlefanz wirkte in dieser natürlichen Umgebung nur aufgesetzt und lächerlich. Auch der Zeitaufwand für die morgendliche Toilette, Frisur, Make-up etc., verkürzte sich segensreich um die Hälfte. Das städtische Leben mit seinem verpflichtenden Kodex neurotischer Handlungen offenbarte sich einem hier draußen in der freien Natur als Witz ohne Pointe.
Ihre auffällig grünen Augen funkelten, als sie die einzelnen Gebäude des Gehöfts jetzt aus der Ferne betrachtete. Alle Dächer waren neu eingedeckt. Sowohl das große zweigeschossige Haupthaus mit den umlaufenden Holzbalkonen wie auch die ausladenden Nebengebäude waren von einem befreundeten Architekten aus München nach ihren Vorstellungen um- und ausgebaut worden. Das Anwesen befand sich etwa zwei Kilometer vom nächsten Zweihundertseelendorf entfernt. Es lag am Grund eines sanft abfallenden Talkessels, in dem ein halbes Dutzend uralter Walnussbäume ihren Schatten spendeten. Ringsumher wogten wildblumenübersäte Brachwiesen die Hänge hinauf bis zum Waldrand, dessen dunkler Saum dieses Idyll einfasste wie ein verwunschenes Kleinod aus längst vergessener Zeit.
Vor über 30 Jahren hatte der letzte Bewohner diese Einöde auf der Totenbahre verlassen. Grund und Gebäude waren einer Erbengemeinschaft zugefallen, die sich so lange darum gestritten hatte, bis nur noch einer von ihnen übrig war. Dieser verkaufte das mittlerweile verwahrloste und von Brennnesseln, Brombeeren und wildem Holunder überwucherte Anwesen schließlich für einen Preis, der die Gerichtskosten des jahrzehntelangen Streits nicht annähernd deckte.
Die Frau war nachdenklich geworden. Hatte sie mit dem Kauf die richtige Entscheidung getroffen? Ja! Absolut! Ein lang ersehnter Wunsch stand unmittelbar vor seiner Erfüllung.
„Mein Kind, sag ihnen, dass sie aufhören sollen … ich habe genug gekämpft … ich kann nicht mehr!“, klang eine wohlbekannte Stimme aus den Nebeln der Vergangenheit an ihr Ohr. Wie schon so oft, wie unzählige Male vorher, tauchte vor ihrem geistigen Auge das Krankenzimmer auf, in dem ihre Mutter im Sterben lag, das heißt, nicht sterben konnte, weil sie nicht sterben durfte.
Damals, als sechzehnjähriger Teenager, war das Leben für sie ein heißkaltes Wechselbad zwischen dem Himmel der ersten Liebe und der Hölle ihrer Krankenhausbesuche gewesen. Sobald sie ans Bett ihrer Mutter trat, flüchteten sich ihre Gedanken zum letzten Rendezvous mit ihrem Freund. War sie mit diesem zusammen, kreiste alles in ihrem Kopf nur um die todkranke Mutter. Keinem von beiden konnte sie geben, was sie zu geben bereit war – sie war in einer Drehtür zwischen zwei Welten gefangen.
Wenn sie den Chefarzt, einen bärbeißigen Kauz, auf den Wunsch ihrer Mutter, endlich sterben zu dürfen, ansprach, legte dieser ein so moralinsaures Gebaren an den Tag, dass es ihr heute noch aufstieß. Er zog dann in schlecht gespieltem Schmerz die Wülste seiner Augenbrauen zusammen, die auf seiner Stirn klebten wie zwei fette behaarte Raupen und meinte: „Das liegt allein in Gottes Hand, mein Fräulein, aber ich als Arzt muss alles in meiner Macht stehende tun, um mit den mir gegebenen Mitteln das Leben zu erhalten.“
Er tat dies gewissenhaft bis zum grauenvollen Ende ihrer Mutter, denn seine Macht war groß, dank der ihm gegebenen Mittel. Vielleicht, so mutmaßte sie heute, verlieh der Umstand, dass ihre Mutter auf seiner Privatstation lag, seinem Glauben an das ärztliche Ethos noch zusätzliche Kraft.
Ihr Vater, der sich beruflich die meiste Zeit im Ausland aufhielt, handelte ebenso gewissenhaft; wobei nie ganz klar war, ob aus gutem oder schlechtem Gewissen. Jedenfalls sorgte er finanziell dafür, dass es Mutter wie Professor an nichts fehlte.
Auch was sich ihr damaliger Freund von ihr wünschte, blieb unerfüllt. Jeder Kuss und jede Zärtlichkeit seinerseits waren für sie nur Auftakt zu einer Diskussion über Sinn und Unsinn des Lebens im Allgemeinen und der körperlichen Liebe im Speziellen.
Als sich der Freund schließlich enttäuscht von ihr abwandte, erreichte ihr Gefühl der Hilflosigkeit ein Maß, wo ihr die Flucht in den lauschigen Schoß der Religion der allerletzte Ausweg schien.
Zu Hause, in ihrem Zimmer, errichtete sie einen kleinen Altar, auf dem die Statue der schmerzreichen Himmelskönigin thronte. Es war eine Madonna mit sternenübersätem hellblauem Mantel, in deren Herz ein blutiges Schwert steckte.
Zuerst betete sie nur inbrünstig davor und flehte zur Fürsprecherin aller Gläubigen, sie möge ihre Mutter entweder gesund machen oder von ihrem Leiden erlösen. Als sich aber weder ihr Zustand besserte, noch die Ärzte von ihrem archaischen Ethos abrückten, bekam das Schwert im Herzen der Madonna plötzlich eine völlig neue Bedeutung für sie. Immer öfter fokussierte sich ihr Blick nun einzig und allein auf den blanken Stahl in der Wunde, bis dieser eines Tages zu raunen und zu flüstern begann. Das Flüstern wurde von Mal zu Mal fordernder, bis sie schließlich verstand: Die Gottesmutter verlangte ein Opfer von ihr!
Wie in Trance war sie damals in die Küche gegangen und hatte sich ein Messer geholt, um zu opfern. Doch weder die gütige Himmelsmutter noch die etwas einfältige Haushälterin, die ihr Vater angestellt hatte, schienen ihre Opfer zu registrieren. Nach jedem Opfergang zum Altar verarztete sie sich selbst und entsorgte die blutigen Binden in der Mülltonne. Noch heute zeugten unzählige Narben auf ihren Unterarmen von dem verschmähten Blutopfer.
Der Blick der Frau war jetzt auf einen fernen Punkt am Horizont gerichtet. Sie fröstelte – wie immer, wenn sie an jene Zeit zurückdachte.
Sie sah auf die Uhr an ihrem Handgelenk. Genug Zeit noch für den Nachhauseweg, eine erfrischende Dusche und das Decken des Kaffeetisches. Dr. Linke, mit dem zusammen sie in München eine Privatklinik betrieb, hatte für 11 Uhr seinen Besuch angesagt. Es gab eine Menge zu besprechen. Abends wollte er sie dann zum Essen einladen, bevor er wieder nach München zurückfuhr. Die Wahl des Lokals hatte er in Ermangelung eigener Ortskenntnis ihr überlassen. Sie hatte da auch schon eine Idee: den „Gasthof zur Post“ in Kirchroth, direkt an der A3 gelegen. Es ging ihr aber heute weniger um die dort angebotenen bayerischen Schmankerl, als vielmehr um eine Spezialität ganz anderer Art. Sie hoffte dort nämlich jemandem zu begegnen, der ihr von einer Patientin und intimen Freundin aus München wärmstens ans Herz gelegt worden war. Einen „Wunderknaben“ hatte ihn Elfi Winterer genannt, einen Mann mit ganz außergewöhnlichen Fähigkeiten, den sie unbedingt kennenlernen müsse. Aber sie wollte sich erst einmal anonym und aus gewissem Abstand ein Bild von ihm machen, bevor sie sich entschied, ihn für ihr neues Projekt anzuwerben. Elfi war eine ehemalige Patientin von ihm und hatte ihr anvertraut, dass er jeden Donnerstagabend im „Gasthof zur Post“ zu speisen pflegte. Heute war Donnerstag, und wenn er seinen Jour fixe beibehalten hatte, würde sie dort zweifellos mit ihm zusammentreffen.
„Der Mann hat Gold in den Händen!“, hatte Elfi geschwärmt. Sie hatte ihn genau beschrieben, aber hinzugefügt, dass sie sich von seinem Äußeren nicht täuschen lassen solle.
Dr. Linke wusste noch nichts von dieser Angelegenheit, und sie wollte ihn auch nicht eher damit behelligen, als bis sie einen ersten Eindruck von diesem Mann gewonnen hatte. Wenn keinerlei Schwingungen von ihm ausgingen, die mit ihren eigenen korrespondierten, war die Sache ohnehin gelaufen. Man würde sehen …
Max Nibelung starrte mit säuerlicher Miene auf seinen Teller. Das angeschnittene Steak, das dort langsam verblutete, erschien ihm plötzlich wie ein Sinnbild seines Lebens: Keiner hörte ihm wirklich zu, und niemand schenkte ihm die Aufmerksamkeit, die er verdammt noch mal verdiente. Auch Laura, die Bedienung, hatte überhört, dass er sein Steak gut durchgebraten bestellt hatte. Sie behandelte ihn trotz seiner regelmäßigen Besuche in diesem Lokal immer noch wie ein fünftes Tischbein. Wenn sie seine Bestellung aufnahm, sah sie mit einer so freundlichen Teilnahmslosigkeit durch ihn hindurch, dass er selbst an seiner physischen Präsenz zu zweifeln begann.
Aber Max war nicht der Typ, der reklamierte. Er würde diesen halbrohen Fleischklumpen auch nicht diskret an den Tellerrand befördern und sich nur den Beilagen widmen. Ein solches Verhalten hätte später, wenn Laura ihn, ohne eine Antwort zu erwarten, fragen würde, ob es ihm geschmeckt habe, nur zu einer heiklen Situation geführt. Max aber versuchte heikle Situationen zu vermeiden. Er wollte niemanden verletzen, um nicht selbst verletzt zu werden. Das Fass seines Weltschmerzes war längst übergelaufen und hatte ihn zu einem mühsam beherrschten Gutmenschen werden lassen. Doch wie bei so vielen Gutmenschen entsprang seine Güte nur einer Neurose, die dem Selbstschutz diente.
Man sah es Max Nibelung nicht auf den ersten Blick an, dass sein Innenleben einer vom Architekten verlassenen Baustelle glich und sein Geist im Stadium elementarer Ungeklärtheit schwebte. Er war wie ein Fels, der sich in labilem Gleichgewicht auf dem Grat eines hohen Berges wiegte und jederzeit die eine oder andere Seite hinabkollern konnte; zum Guten oder Bösen – er wusste es nicht. Die Angst vor sich selbst stand auf der Tagesordnung.
In diesem Zustand war es jedenfalls klüger, das blutige Steak brav aufzuessen, statt die Situation durch eine aus dem Ruder laufende Reklamation eskalieren zu lassen und die Zeche vielleicht mit einem Amoklauf zu bezahlen. Doch war es sein gutes Recht, zumindest in Gedanken ein kleines Blutbad im Lokal anzurichten. Schließlich war ja nicht er es, der mit dem Blutvergießen angefangen hatte, sondern die Köchin.
Seine Hand krampfte sich um das Steakmesser.
Er sah sich um.
Etwa 25 Opfer im Lokal.
Vom strategischen Standpunkt aus betrachtet, müsste das junge Pärchen dort am Eingang zuerst dran glauben.
Aber was hatte ein Amoklauf mit Strategie zu tun?
Das war eine gute Frage, eine beinahe philosophische Frage. Je länger er sich mit ihr beschäftigte, desto ruhiger wurde er. Mehr noch als fünf Maß Starkbier schaffte es die Philosophie, sein Gehirn zu erweichen. Er liebte diesen Zustand. Philosophie war die wunderbare Kraft, die sämtliche Neuronen des Gehirns in einen wohligen Zustand des totalen „Weder-Noch“ oder „Sowohl-als-auch“ versetzen konnte. Als Wissenschaft war sie dadurch der Quantenphysik schon immer um Meilen voraus.
Max bemerkte jetzt, dass ihn eine Frau am Nebentisch aufmerksam beobachtete. Bei ihren Blicken handelte es sich nicht um die der flüchtigen Neugier, mit denen man für gewöhnlich in einem Lokal sein Umfeld prüfte, sondern um eine eingehende Musterung.
Verwundert fragte er sich, was für ein Interesse eine Frau von ihrer Klasse an ihm haben konnte. Seine äußere Erscheinung war jedenfalls nicht dazu angetan, der holden Weiblichkeit dieser Welt schmachtende Seufzer des Entzückens zu entlocken. Mutter Natur, die bereits im Zellstadium den künftigen Sex-Appeal eines Wesens verteilte, hatte ihn schnöde übergangen – da machte er sich nichts vor. Selbst wenn er lächelte, trat nichts Gewinnendes in seine Züge. Alles an ihm versprühte den Charme einer grauen Sichtbetonmauer im Regen.
Er war jetzt 35. Sein schütteres braunes Haar saß wie ein zerfledderter Mopp auf seinem Kopf, und der leichte Bauchansatz, der sich über seinem Gürtel wölbte, entlarvte seinen Hang zu Gerstensaft und kalorienreicher Hausmannskost. Auch die gelegentlichen nächtlichen Fressattacken vor dem Kühlschrank fielen bei seiner Gesamterscheinung nicht unmaßgeblich ins Gewicht. In erster Linie aber war es wohl die Ausdruckslosigkeit seines Gesichts, die andere durch ihn hindurchsehen ließ, ohne ihn als kommunikationsfähiges Wesen wahrzunehmen. Auf diesem Gesicht spiegelten sich nur selten Emotionen wider, es wirkte wie ein zugefrorener Tümpel, auf dem ein geworfener Stein keine Kreise zog.
Als Jugendlicher hatte Max noch alles Mögliche angestellt, um sich für das große Bühnenstück „Gesellschaftsleben“ interessant zu machen. Er wollte mehr als nur eine armselige Statistenrolle darin ergattern. So kultivierte er zeitweise eine giftgrüne Punkfrisur, trug ein Stachelhalsband und ließ sich Zunge, Ohren und Augenbrauen piercen. Trotz dieser schmerzlichen Bemühungen akzeptierten ihn die wenigen Punks in seiner Umgebung nicht als Gleichgesinnten. Sie schienen es gegen den Wind zu riechen, dass sein Auftritt keine Rebellion gegen die Gesellschaft war, sondern nur das verzweifelte Werben eines einsamen Außenseiters um Aufmerksamkeit.
Etwas später glaubte er, diese Aufmerksamkeit dadurch erlangen zu können, dass er die Maskerade wechselte und den blasierten Dandy spielte, für den Kleidung, Auftreten und Esprit den einzigen Lebenszweck darstellten. In dieser Zeit fühlte er sich bemüßigt, auch noch das banalste Stammtischgespräch übers Wetter mit den Bonmots verstaubter Geistesgrößen zu spicken. Ein Verhalten, das einem ohnedies kein halbwegs gesunder Zeitgenosse verzeiht, viel weniger noch, wenn man mit weißem Panama-Hut einherwandelt und wie ein Startenor ganzjährig einen Schal um den Hals trägt. Auch war sein karottenfarbener Teint, der von einem Zuviel an Selbstbräunungscreme herrührte, nicht unbedingt dazu angetan, seine gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen.
Kurzum, die Reaktion seiner Mitmenschen auf seine gespreizten Avancen war auch in dieser Rolle nicht die erhoffte freudige. Im Gegenteil. Man versuchte, ihm aus dem Weg zu gehen, und war dies nicht möglich, ertrug man ihn wie einen lästigen Schnupfen.
Mit 23 Jahren hatte Max die Faxen des wesensfremden Rollenspiels satt. Er wollte keine Rolle mehr spielen, er wollte nur noch sein, wer er war.
Doch: Wer war er?
Erst als er sich diese Frage stellte, fiel ihm auf, dass in der Registratur der Typen und Charaktere, in der er andere Menschen so problemlos abheftete, für ihn selbst noch keine Akte angelegt war.
War sein Ich ein verlegtes Geburtsgeschenk, das es nur wiederzuentdecken galt, oder war es etwas, das erst neu geschaffen werden musste?
Um das herauszufinden, hatte Max eine Unzahl von Büchern verschlungen. „Philosophie“ war für lange Zeit das Zauberwort gewesen, das ihn beflügelte. Die Philosophie war ja doch das Knochenmark der vom Menschen geschaffenen Kultur. Woher sonst also sollte ihm Rat zuteilwerden?
Es dauerte eine ganze Weile, bis er merkte, dass auch hier die belebende Wirkung auf den Geist so flüchtig war wie Liebe und Glück. In all den Folianten, die er gewälzt hatte, fand sich nicht der geringste Ansatz eines praktischen Lebensrezeptes. Vielmehr schien es, als rührten seit der Antike alle Philosophen nur selbstzufrieden in einer Suppe, die nie auf den Tisch kam und nie je einen Magen gefüllt hatte.
Max war verwirrt. Was veranlasste jene Frau dort am Nebentisch – sie mochte vielleicht Mitte 40 sein – ihn so anzusehen? Es war nicht der ihm so vertraute Röntgenblick, der durch ihn hindurch ging und schwarze Löcher in seine Seele fraß. Es war ein Blick, in dem Achtung, ja, fast etwas wie Bewunderung transportiert wurde.
Bewunderung? Für ihn?
Die Frau – Max war jetzt geneigt, sie als Dame zu bezeichnen – war von einer so vornehmen Aura umfangen, wie sie nur die konsequente Beschäftigung mit reinsten Gedanken hervorzubringen vermochte. Sie verstrahlte die Würde einer geweihten Vestalin und zugleich etwas wie in Öl gemalte Sehnsucht und Opferbereitschaft. Seine Neugier war geweckt.
Die Dame trug ihr halblanges dunkelblondes Haar straff zurückgekämmt. Es war von reizvollen helleren Strähnen durchzogen und erinnerte ihn an das gepflegte Fell eines afghanischen Windhundes. Im Nacken war es mit einer seidenen Rüschenschleife zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammengebunden, der, immer wenn sie den Kopf bewegte, lustig hin und her wippte und ihrer Erscheinung für Momente etwas verspielt Mädchenhaftes verlieh. Die Maniküre ihrer schmalen schön geformten Hände deutete darauf hin, dass ihre alltäglichen Obliegenheiten andere waren als die einer gewöhnlichen Hausfrau. Sie trug einen eierschalenfarbenen Midi-Rock im klassischen Pencil-Cut und eine lindgrüne Langarmbluse mit Rüschenbesatz an Kragen und Ärmeln. Ihre Augen: zwei schimmernde Smaragde.
Langsam ließ Max jetzt seinen Blick über den grauen Nadelstreifenanzug des seriös wirkenden älteren Herrn wandern, in dessen Begleitung sie im Restaurant erschienen war. Dieser saß halb mit dem Rücken zu ihm und widmete sich gerade seinem Steak, das – Max konnte es genau erkennen – durchgebraten war.
Der Mann schnippelte daran herum, als seziere er eine giftige Kröte. Mit einer resoluten Bewegung schob er schließlich den Teller von sich und winkte der Bedienung. Laura machte ein betretenes Gesicht, warf einen kurzen Blick zu Max’ Teller hinüber und verschwand dann mit der verschmähten Fleischscheibe in der Küche.
Während des ganzen Vorfalls hatte Max durch Blickkontakt stumme Zwiesprache mit der Tischgenossin des Mannes gehalten. Aber es wollte ihm nicht gelingen, herauszufinden, welcher Art das Interesse war, das sie ganz offensichtlich für ihn hegte.
„An was denkst du gerade?“, riss ihn jetzt die Stimme Yemis aus seinen Gedanken.
Yemi war Max’ thailändische Frau. Sie pflegte sich auch in Restaurants stets dicht neben ihn zu setzen statt ihm gegenüber. Zierlich, kränklich blass und mit durchscheinender Haut wirkte sie wie ein schwereloses Wesen, das fast ängstlich seine Nähe suchte. Es schien, als befürchte sie, einmal aus seiner Reichweite geraten, in dunkle unbekannte Sphären abzudriften; und wenn sie ihn fragte, an was er gerade denke, so erwartete sie weniger eine konkrete Antwort, als vielmehr, dass er ihrer Person wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit widme.
„Sieh dir das an!“, sagte er und stupste sein Steak ein paarmal vorsichtig mit der Gabel an, als wolle er prüfen, ob es noch lebte und zur Gegenwehr bereit war. „Seit der Mensch das Wildfeuer gezähmt hat, ernährt er sich von gebratenem Fleisch. Dann taucht nach Äonen eine dekadente Sekte auf, deren Mitglieder sich ‚Gourmets’ nennen und verdirbt die gesunden Esssitten wieder … das hier ist rohes Fleisch!“
Yemi begann, ohne echte Heiterkeit zu kichern, und genau das war das Drama ihrer unerquicklichen Beziehung. Ihr ehefräuliches Verständnis für ihn reichte nicht unter die Oberfläche seines Wesens hinab. Meinte er es einmal ernst, so kicherte sie wie jetzt völlig unpassend in sich hinein, witzelte er ein andermal frohgelaunt herum, so sah sie ihn beleidigt an, als amüsiere er sich nur auf ihre Kosten. Humor, der für eine Partnerschaft so überlebenswichtig war, hatte in ihrem Alltag keine Chance. Zu tief klaffte die kulturelle Kluft zwischen ihnen, über die sie der exotische Reiz, den sie anfangs aufeinander ausübten, hinweggetäuscht hatte.
Yemi und Max hatten sich zunächst nur recht und schlecht auf Englisch verständigt. Dann, als Yemi mit den Zwillingen schwanger ging, drängte Max sie, einen Sprachkurs für Deutsch zu belegen. Yemi lernte die Sprache nur mühsam, und ihre Rede klang stets, als sei sie aus auswendig gelernten Wortschlangen zusammengefügt. Das hatte Max mit der Zeit wortkarg werden lassen, denn im Gespräch mit ihr fand er nicht das, was seine Muttersprache neben ihrem rein akustischen Reiz noch zu bieten hatte – den Austausch von Gefühlen, den ein feinstoffliches Element, das sich zwischen dem gesprochenen Wort verbarg, vonstattengehen ließ. Der Raum zwischen Yemis Worten aber war leer, ihre Sprache, eine Buschtrommel, die nur einfache Signale gab.
Nach der gescheiterten Beziehung mit einer angehenden Ärztin, die nur kurz der klischeehaften Vorstellung verfallen war, dass sich in Max’ reizlosem Körper zumindest ein reizvoller Geist verbergen müsse, hatte er seinem verletzten Selbstwertgefühl eine ausgiebige Reha-Maßnahme in Thailand angedeihen lassen. Dort trieb er sich als Tourist mit Interesse an spezieller Nischenkultur herum, bis er schließlich glaubte, jenen kindlichen Frauentypus ausfindig gemacht zu haben, dem er sich gewachsen fühlte.
Yemi war nicht billig gewesen.
Die Ablöse, die er dem Bordellbesitzer in Samut Prakan für sie zu zahlen hatte, war horrend gewesen. Im Nachhinein gesehen, eine glatte Fehlinvestition.
Die Partnerwahl schien Max ganz allgemein ein äußerst riskantes Unterfangen. Denn schon von jeher bedingte sie einen enormen Kraftakt, sei es in monetärer oder gefühlsmäßiger Hinsicht. Sie hatte mehr von einem Börsenhandel, als man gemeinhin annahm. Auch er hatte sich Yemi ins Depot gelegt, zuversichtlich, dass sie sich mit der Zeit als Renditeknüller erwiese. Doch weit gefehlt: Immer deutlicher entpuppte sie sich als fataler Missgriff. Die weitverbreitete Unsitte unter Spekulanten, die Hoffnung zuletzt sterben zu lassen, hatte auch Max über Gebühr lange zuwarten lassen. Heute war er nicht mehr in der Lage, Yemi abzustoßen und aus dem Portfolio seines Lebens zu tilgen. Insgeheim aber hoffte er immer noch auf einen Konjunkturumschwung, der ihren Kurs wieder in die Höhe treiben würde. Schon der gemeinsamen Verbindlichkeiten wegen – der Kinder.
Bis dahin wollte er tun, was von jedem kultivierten Mitglied der Gesellschaft erwartet wurde: ausharren und durchhalten! Täuschen und tarnen!
Dass sich thailändische Frauen leichter handhaben ließen als ihre europäischen Geschlechtsgenossinnen, stellte sich schon bald, nachdem er Yemi das Jawort gegeben hatte, als Trugschluss heraus. Das zauberhafte Flair, das ihr zartes fremdländisches Wesen anfangs wie ein Schleier aus rosa Zuckerwatte umfangen hatte, verflüchtigte sich rasch im sauren Regen des Ehealltags. Über den Glanz ihrer verträumten Mandelaugen legte sich der Schatten einer latenten Unzufriedenheit, und ihre vormals rehgleiche Sanftmut bekam einen bitteren Stich von Kalkül.
Nach der Geburt ihrer Zwillinge – zwei reizenden, mittlerweile 5-jährigen Mädchen – war Yemi vollends depressiv geworden. Wie eine Rose, die man aus dem nährreichen Mutterboden ihres Beetes gerissen und in einen zu engen Topf gepflanzt hatte, ließ auch sie ihren Kopf hängen. Schwermütige Melodien ihrer Heimat vor sich hin summend, schwebte sie wie ein Gespenst durch Haus und Garten und war zu nichts mehr wirklich zu gebrauchen.
Zwei Mal schon hatte ihr der Hausarzt eine mehrwöchige Auszeit im Bezirkskrankenhaus Mainkofen verordnet. Therapie und Medikamente bewirkten dann, dass sie sich für geraume Zeit wieder etwas umgänglicher gab. Doch konnte nichts darüber hinwegtäuschen, dass ihre Psyche nach solchen Aufenthalten mehr und mehr einer restaurierten Glaskaraffe glich, einem Vitrinenstück, dessen Verwendung im rauen Alltag ein hohes Risiko barg.
Manchmal brach Yemi in scheinbar grundlose Weinkrämpfe aus, dann wieder wurde sie von garstigen Tobsuchtsanfällen gepackt, die den Geschirrbestand im Hause Nibelung beträchtlich dezimierten.
Auch wenn Max ahnte, dass sie mit solchem Verhalten nur um mehr Zuwendung bettelte, fühlte er sich immer seltener in der Lage, darauf einzugehen.
Yemis Anfällen und Ausbrüchen begegnete er inzwischen mit einem Gleichmut, der an Gleichgültigkeit grenzte.
Ein Thema beispielsweise, an dem sich Yemi früher wie ein geriebenes Schwefelhölzchen entzünden konnte, war die Erziehung ihrer gemeinsamen Töchter gewesen. Sie wollte ihnen Freiheiten gewähren, die Max vielleicht im thailändischen Dschungel akzeptiert hätte, nicht aber in Deutschland, wo Ordnungsliebe über allen anderen Formen der Liebe rangierte.
Des ständigen Streitens müde, war man schließlich übereingekommen, die Erziehung der Kinder fast ausschließlich den wechselnden Au-pair-Mädchen zu überlassen, die man aus dem Katalog einer lokalen Agentur aussuchte.
Zurzeit kümmerte sich Jasna Lasiewiczówna um die Zwillinge, eine 22-jährige dralle Polin mit deutschstämmigen Großeltern, die fließend Deutsch sprach.
Während sich Yemi wieder darin vertiefte, mit dem Löffel alle Schnittlauchröllchen aus ihrer Eierflaumsuppe zu fischen, stellte Max der Dame am Nebentisch mit einer kaum wahrnehmbaren Kopfbewegung auf ihren Begleiter hin eine stumme Frage. Ihre Antwort bestand in einer verneinenden Geste, dann widmete sie sich lächelnd wieder ihrem Spargelsalat.
Max’ linkes Augenlid begann jetzt leicht zu flackern.
Er kannte dieses Zeichen. Es trat immer dann auf, wenn eine Situation die anfällige Feinmechanik seines Gehirns zu überfordern drohte.
Er räusperte sich und begann, Yemi von seiner Arbeit als Physiotherapeut zu erzählen. Im Gegensatz zu sonst jedoch war es ihm heute angelegen, möglichst viele Fachbegriffe und Fremdwörter in seine Rede einfließen zu lassen. Dass ihm seine Chefin erst vor wenigen Tagen gekündigt hatte, wusste Yemi noch nicht, und er erwähnte es auch jetzt mit keinem Wort. Er wollte eine passendere Gelegenheit dafür abwarten, obwohl ihm klar war, dass für eine Botschaft dieser Art jeder Zeitpunkt gleich ungeeignet war.
„Übrigens Yemi“, log er in einer Lautstärke, die ausreichte, ihn auch am Nebentisch deutlich zu vernehmen. „Heute ist es mir gelungen, das seelische Trauma einer Patientin durch eine Cranio-Sacral-Therapie zu lösen. Im Vergleich zur Osteopathie, aus der sie hervorgegangen ist, bietet diese Sonderform der …“
Max flocht in seinen nun folgenden Sermon elegant einen kurzen Steckbrief über sich ein.
Yemi, die nicht allzu viel von dem verstand, was er da erzählte, nickte nur ab und zu, wie immer, wenn sich ihr Gatte mal wieder selbst gerne reden hörte. Früher war ihr Gesichtsausdruck dabei noch ein liebe- und verständnisvoller gewesen, doch mit den Jahren hatte er sich in eine Grimasse mühsam erzwungener Duldsamkeit verwandelt. Wie Regenschauer an Fensterglas perlten seine Monologe jetzt von ihr ab, während ihre Gedanken bei etwas völlig anderem weilten.
Heute aber löste ihre Teilnahmslosigkeit nicht die gewohnte Frustration bei Max aus, denn seine eigentliche Ansprechpartnerin war ja auch nicht sie, sondern jene Dame dort am anderen Tisch.
Es dauerte auch nicht lange, da hatte diese sich als Adressatin seiner Worte ausgemacht und begann nun ihrerseits ein raffiniertes Gespräch mit ihrem ahnungslosen Tischherrn, den sie geschickt als Relaisstation missbrauchte, um Max Informationen über sich zuzuspielen.
Auf diesem kommunikativen Schleichweg erfuhr Max jetzt, dass sie eine Ärztin aus München war und hier auf dem Land ein nicht näher erläutertes Projekt starten wollte. Erst vor zwei Wochen war sie aus der Landeshauptstadt in den Bayerischen Wald gezogen. Beiläufig erwähnte sie den Namen eines kleinen Ortes, der Max nicht unbekannt war. Der Mann an ihrer Seite nannte sie „Bruni“. Er war ebenfalls Arzt und arbeitete, wenn Max es richtig verstanden hatte, mit ihr zusammen.
Max machte sich in Gedanken ausführlich Notizen. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass er dieser Frau nicht zum letzten Mal in seinem Leben begegnet war.
Jasna Lasiewiczówna hatte sich ihr langes blondes Haar mit chinesischen Essstäbchen zu etwas hochgesteckt, das aussah wie der missglückte Turmbau zu Babel. Überall spitzten widerspenstige Schwänzchen aus diesem Machwerk hervor. Trotzdem sah sie bezaubernd aus mit den Clogs an ihren nackten Füßen, der Barbecue-Schürze über ihren hautengen schwarzen Leggins und dem T-Shirt aus mauvefarbenem Crêpe de Chine. Ihre überlangen, rosa lackierten Fingernägel waren satt mit Strass und Glimmer dekoriert und wären wohl auf jedem Weihnachtsmarkt als Christbaumschmuck durchgegangen. Einen angesagten Hip-Hop-Text rezitierend, stand sie am Herd und stocherte mit viel rhythmischer Gestik in einem Topf voll „Flaki“. Das war ein Gericht aus ihrer polnischen Heimat, das sie sich nur noch in Abwesenheit des Hausherrn zubereiten durfte.
Max Nibelung hatte es nämlich den Magen umgedreht, als er sie einmal dabei beobachtete, wie sie den leichenblassen Pansen eines Wiederkäuers mit einem Tranchiermesser in Streifen schnitt und diese dann in einen essigsauren Sud warf, dessen Schwaden wie giftige Dämpfe durchs ganze Haus waberten.
Jasna entstammte einer Metzgersfamilie in dritter Generation und wusste mit den verschiedenen Gerätschaften in einer Küche bestens umzugehen. Obwohl es als Au-pair nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehörte, für die ganze Familie zu kochen, überraschte sie die Nibelungs doch immer wieder mal mit einem seltenen, manchmal etwas fragwürdigen Leckerbissen. Einmal brachte sie vom Straubinger Kleintiermarkt sogar einen lebenden Hasen mit nach Hause, und bevor ihre Au-pair-Eltern den Braten überhaupt rochen, hatte sie Meister Lampe schon das Fell über die Ohren gezogen, ihn ausgeweidet, fachgerecht zerlegt und in einem Römertopf zu einem köstlichen Mahl schmoren lassen.
Aus dem Esszimmer, das mit der Küche verbunden war, drangen die zwitschernden Stimmen der Zwillinge zu ihr herüber. Schwatzend und kichernd löffelten sie den Schokoreisbrei, den sie ihnen als Nachtmahl vorgesetzt hatte. Sie sahen ganz herzallerliebst aus in ihren rüschenbesetzten Schlafhemdchen – zwei flügellose Barockputten, die aus himmlischen Gefilden herabgestiegen waren, um der Welt wieder mal eine frohe Botschaft zu verkünden.
Simone und Klara glichen sich wie ein Ei dem anderen. Zum Glück für sie hatten sich auch die Gene ihres Erzeugers an dessen eisernen Grundsatz gehalten, nur ja nicht aufzufallen. Die Kinder hatten die Schönheit ihrer Mutter geerbt und waren ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Unverkennbar, wenngleich auch in verdünnter Form, trugen sie die Merkmale der asiatischen Rasse. Ihre Lidfalten waren nur wenig ausgeprägt und ihr schwarzes Haar schimmerte im Gegensatz zu Yemis, je nach Lichtverhältnissen, stellenweise in einem tiefen Rostbraun. Ihre Hautfarbe changierte zwischen Milchkaffe und hellem Honig.
Jasna hatte mittlerweile gelernt, sie an ihrem Verhalten zu erkennen, was nicht allzu schwierig war, denn charakterlich waren sie grundverschieden. Sie stellte jetzt einen dampfenden Teller Flaki auf den Tisch und setzte sich zu den Mädchen.
„Was ist das?“, fragte Simone, die immer das erste und letzte Wort haben musste. Sie war im Gegensatz zu ihrer Schwester sehr neugierig und von großer Raffiniertheit, wenn es darum ging, ihren Kopf durchzusetzen.
„Das ist ‚Flaki‘“, klärte sie Jasna auf und schnalzte genüsslich mit der Zunge.
„Kann man das essen?“
„Warum glaubst du, dass ich es mir sonst gekocht hätte?“
„Aber da ist ja gar keine Schokolade drin!“, machte sich jetzt auch Klara bemerkbar, die mit sich und der Welt zufrieden war, solange nur das Kaba-Pulver im Haus nicht ausging. In unbeobachteten Momenten würzte sie damit sogar ihre Nudeln und Pommes nach.
„Nein, da ist keine Schokolade drin“, sagte Jasna. Dann fischte sie mit dem Löffel einen zottigen Kuttelfleck aus ihrem Teller, blies ein paarmal darüber und führte ihn vorsichtig vor Klaras breiverklebtes Mäulchen.
„Koste, mój Aniolku! Du wirst diesen Geschmack nie wieder vergessen.“
„Bäh!“, rümpfte Klara ihr Näschen und schüttelte heftig den Kopf.
„Ich will es probieren … ich will es probieren!“, ließ sich jetzt die glöckchenhelle Stimme Simones wieder vernehmen, die schon aus Prinzip immer in Opposition zu ihrer Schwester ging.
Auch wenn der Kuttelfleck, den Jasna ihr jetzt reichte, beileibe keine Offenbarung für ihre zarten Geschmacksknospen darstellte und sie eher das Gefühl hatte, auf einem salzigen Stück Fahrradschlauch herumzukauen, so gab sie sich doch die allergrößte Mühe, einen schwärmerischen Ausdruck auf ihr Gesicht zu zaubern und ihre Schwester mit himmelwärts verdrehten Augen zu belehren: „Hm, das ist nicht ‚bäh‘, Klara, das ist lecker!“
Eine halbe Stunde später hatte Jasna die Kinder mit allen notwendigen Ritualen zu Bett gebracht. Da war die Gutenachtgeschichte, das Kam-ein-Mäuslein-kroch-ins-Häuslein-Spiel, das Aufziehen der Spieluhren in ihren Lieblingsplüschfiguren und das unumgängliche Messerwetzen. Ja, das Messerwetzen war für die Zwillinge die heimliche Hauptattraktion, weil sie wussten, dass Jasna zu einer Vorführung nur bereit war, wenn die Eltern nicht in der Nähe waren. Eines Tages waren Simone und Klara von seltsamen Geräuschen in die Küche gelockt worden. „Klick, klack, klickediklack …“ hatte es da gemacht und immer wieder „klick, klack, klickediklack …“ Als sie hereinkamen und sahen, wie Jasna diese lustige Musik erzeugte, gerieten sie total aus dem Häuschen. Lachend und gackernd begannen sie die flinken Bewegungen von Jasnas Händen nachzuahmen und im Takt von Messer und Wetzstahl um sie herumzuhüpfen. Sie konnten gar nicht genug davon bekommen.
Jasna überlegte jetzt, was aus dem angebrochenen Abend noch zu machen war.
Sollte sie Mischa anrufen?
Mischa war der Typ, der sie gleich zu Beginn ihres Au-pair-Aufenthalts, als sie mit den Kindern am nahegelegenen Baggerweiher beim Baden war, auf so unglaublich plumpe Art angebaggert hatte.
Vor ihren Augen tauchte seine beeindruckende Gestalt auf.
Mischa war 23 und besaß den Körperbau eines kriegerischen Vorzeitheroen. Sein Ego war kugelsicher und sein Wille ein durchgedrücktes Gaspedal. Er gehörte zu denen, die sogar ihr eigenes Schicksal überholten, wenn es ihnen im Weg stand. Für gewöhnlich trat er nur mit Muscle-Shirt, knallenger Jeans und der unvermeidlichen Sonnenbrille auf. Letztere ließ er entweder wie eine getrocknete Stabheuschrecke im Ausschnitt seines Shirts abhängen oder benutzte sie als Spoiler auf seinem fast kahlgeschorenen Schädel. Nie aber setzte er sie vor seine Augen, die das unschuldige Türkis einer verträumten Südseelagune verstrahlten. Ja, zumindest Mischas Augen hatten etwas Unschuldiges.
Der martialische Dreimillimeterschnitt seines wasserstoffblonden Haares indes signalisierte jedem möglichen Rivalen sofort, dass er auch über ein Problem nie länger als drei Sekunden nachdachte. Die silberne Kreole in seinem linken Ohr, die er nur nach Sonnenuntergang anlegte, unterstrich diesen Eindruck noch. Wirkte sie an ihm doch eher wie der Abzugsring an einer Handgranate. Wenn er daran zu zupfen begann und seine Pupillen auf die Größe von Stecknadelköpfen schrumpften, war äußerste Vorsicht geboten.
Ohne Zweifel: Mischa Bronsky war ein hochexplosiver Typ, und er war ein Mann der Tat, auch wenn seine Taten nicht immer für ihn sprachen. Sein Vorstrafenregister jedenfalls übertraf die Länge seines Haarschnitts bei Weitem.
Als 12-Jähriger war er ohne große Deutschvorkenntnisse mit einer russischen Spätaussiedlerfamilie in die Bundesrepublik gekommen. Sein Bildungsweg im gelobten Land seiner Vorväter gestaltete sich kurz und heftig wie ein Stock-Car-Rennen und endete mit einem für alle absehbaren Crash: Mischa quittierte das „Ungenügend“, das ihm sein Deutschlehrer für einen Aufsatz gegeben hatte, mit einem Faustschlag in dessen Gesicht und flog mit 15 Jahren von der Schule.
Bis heute war er unter der Adresse seiner Eltern gemeldet, bei denen er allerdings nur ein paarmal im Jahr auftauchte, um ihnen Geld vorbeizubringen. Sie kümmerten sich dafür um den größten Teil des Papierkrams, den die Bürokratie eines fortschrittlichen Landes so mit sich brachte. Sie überwiesen Steuer und Versicherungsbeiträge für sein Auto, das wegen der Prozente noch auf seinen Vater lief, etc. pp.
Eine eigene Wohnung empfand Mischa als unnötigen Klotz am Bein, den er sich, solange er jung war und Tag und Nacht in Bewegung, ersparen wollte. Seine Wohnung war die Welt da draußen. Er hatte einen großen Bekanntenkreis und quartierte sich mal hier, mal dort ein, auch wenn er nicht überall gleichermaßen willkommen war. Takt und Feingefühl waren seine Sache nicht. Er verachtete die geistigen Sonntagsfahrer der menschlichen Spezies, die für jede Kröte, die in Gedanken ihren Weg kreuzte, auf die Bremse stiegen. Der Zeiger auf dem Drehzahlmesser seines Lebens klebte von morgens bis spät nachts im roten Bereich.
Wenn er erschöpfungsbedingt doch mal für eine Weile vom Gas gehen musste, gab es da immer ein paar alleinstehende reifere Damen, die in Straubings einschlägigen Discotheken bei einem Glas „Spritzer“ das feinmaschige Netz ihrer Sehnsuchtsblicke auswarfen. Sie bekochten ihn gerne und waren bemüht, ihm in der Einsamkeit ihrer vier Wände den Himmel auf Erden zu bereiten, solange es ihm gelang, ihnen Interesse an ihren schwindenden Reizen vorzugaukeln. In der Regel dauerte es zwei bis drei Wochen, bis er an Küche und überreifer Frucht den Geschmack verlor und weiterzog. Tagsüber schlug er sich mit Gelegenheitsjobs durch, über die man ihn besser nicht befragte.
Jasna überlegte zum wiederholten Mal, warum sie sich eigentlich mit ihm eingelassen hatte. Sicherlich, weil sie sich am Anfang in Deutschland so hoffnungslos verlassen gefühlt hatte. Andernfalls hätte sie sich seine neandertalermäßige Anmache wohl entschieden verbeten. „Boah ey, willst du mit mir ficken?“ war mit Sicherheit nicht mal in Sibirien, wo Mischa herstammte, die Art, wie man um ein Mädchen warb, das man zum ersten Mal sah.
Sie war völlig unvorbereitet für diesen Typ von Mann gewesen. Obwohl „Sieben“ eine heilige Zahl war, versprachen die ersten sieben Worte, die Mischa wie eine Pumpgun auf sie abgefeuert hatte, keinen himmlischen Segen. Ihr war in jenem Moment kein einziges Wort eingefallen, mit dem sie auf seine Unverschämtheit hätte reagieren können.