Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH, Stuttgart
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Print: | ISBN: 978-3-7910-3681-6 | Bestell-Nr.: 14033-0001 |
ePDF: | ISBN: 978-3-7910-3682-3 | Bestell-Nr.: 14033-0150 |
ePub: | ISBN: 978-3-7910-3881-0 | Bestell-Nr.: 14033-0100 |
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Mai 2017
Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart
Ein Tochterunternehmen der Haufe Gruppe
Seit 2014 kristallisiert sich eine wesentliche Entwicklung in der Rekrutierung von Personal immer deutlicher heraus. Der Mangel an passenden Fachkräften und Spezialisten befeuert diese Veränderung zusätzlich. Wir sprechen von der aktiven Ansprache passender Kandidaten. Was früher den Top-Führungskräften vorbehalten war und durch ‚ehrwürdige’ Headhunter vollzogen wurde, ist heute auf der Mitarbeiterebene angekommen. Wer darauf wartet, dass sich ein Entgeltabrechner in München auf eine Vakanz bewirbt, hat ganz offensichtlich den Arbeitsmarkt nicht verstanden. Hier muss aktiv vorgegangen werden.[2]
Anstelle der breit angelegten One-to-many-Kommunikation gehen wir einen Schritt weiter und beginnen auf Augenhöhe, im Dialog zu rekrutieren.
Unterteilen wir die Personalgewinnung in verschiedene Aktivitäten-Level, so sind wir vor vielen Jahren ‚bei Null’ gestartet. Das sogenannte Post & Pray Recruiting umschreibt eine sehr passive Herangehensweise. Wir schalteten Stellenanzeigen und warteten darauf, dass Bewerber ‚anbeißen’. Es ist die Angler-Attitüde, die in vielen Fällen noch nicht einmal professionell durchgeführt wurde. Viel zu oft konnte man und kann man auch heute noch Stellenanzeigen finden, die aus Sicht der Unternehmen formuliert und gedacht sind. Leider denken Bewerber aber sehr oft noch wie Bewerber und nicht wie Unternehmen, was den meisten Personalern scheinbar nicht bekannt ist.
Das Recruiting Mindset, d. h. die Einstellung zum Recruiting insgesamt, war sehr unternehmenszentriert und ist es, wie gesagt, in Teilen auch heute noch. Die Post & Pray-Strategie wurde in den vergangenen Jahren durch mehr Aktivitäten im Personalmarketing-Bereich ergänzt. Die passiven Stellenanzeigen wurden durch Recruiting Events und Messen ergänzt und das Bewusstsein, dass man sich um Bewerber bemühen muss, fasste langsam Fuß. Der Gedanke des „Wir bewerben uns bei den Bewerbern“ war revolutionär. Doch was das in letzter Konsequenz bedeuten kann, wurde bislang nur von wenigen durchdacht. Der Arbeitsmarkt unterliegt bekanntlich ständiger Veränderung und Entwicklung. Die Folge davon ist, dass die Steigerung der Aktivität lediglich im Personalmarketing nicht mehr ausreicht. Das Recruiting an sich muss sich nun verändern.[3]
Eine dritte Ausbaustufe von Aktivität ist daher aus unserer Sicht notwendig und greift tief in die Prozesse im Recruiting ein. Wir sprechen von der Kaltakquise von Talenten. In einem 1:1-Ansatz sprechen Unternehmen passende Kandidaten an, um sie direkt für eine konkrete Vakanz zu gewinnen. Die Bezeichnung dieser Herangehensweise ist sehr unterschiedlich und reicht von Recruiting über Direktansprache bis hin zum internationalen Begriff des Sourcings. Der Grundgedanke, der hinter den Begriffen steht, ist jedoch immer derselbe und wird im Verlauf des Buches von uns definiert. Im Nachfolgenden werden wir von Sourcing sprechen und folgen somit dem internationalen Sprachgebrauch.
Der grundsätzliche Ansatz des Sourcings ist – wie bereits angedeutet – nicht neu. Seit Jahren nutzen Headhunter und Personalberater die Direktansprache und das sehr erfolgreich. Im Zuge der Digitalisierung haben sich zwar die Methoden verändert, nicht jedoch das Mindset, welches für diese Art von Recruiting benötigt wird. Der sehr dienstleistungsorientierte Ansatz ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg dieser Methode. Der in diesem Buch beschriebene Ansatz ist im Vergleich zum klassischen herkömmlichen Begriff, so wie wir ihn von Headhuntern kennen, weiterentwickelt worden. Auch das Mindset haben wir in den vergangenen zwei bis drei Jahren erweitert. Sourcing als eine wichtige strategische Komponente der Personalgewinnung zu sehen, ist dabei lediglich ein Aspekt. Konsequent und professionell gedachtes Sourcing berührt auch Bereiche wie Employer Branding und HR-Marketing. Hinzu kommt das Füllen der sogenannten Candidate Pipeline. „Kenne deine Kandidaten, noch bevor du eine passende Vakanz hast.“[4]
Das vorliegende Buch Erfolgsfaktor Sourcing führt Sie in die neue Welt der Direktansprache ein. Es ist eine Welt mit einer Entwicklungs- und Veränderungsgeschwindigkeit, die exponentielle Ausmaße angenommen hat. Inhaltlich schließen wir direkt an das Werk Praxishandbuch Recruiting (vgl. Ullah/Witt 2015) an und führen den dort beschriebenen Recruiting-Gedanken in die Welt des Sourcings weiter. Es geht uns hierbei vornehmlich um die Strategie, die Rahmenbedingungen und das Mindset. Gerade Letzteres stellt eine wesentliche Hürde für sehr viele Unternehmen und handelnde Personen dar: Der größte Change geschieht in unseren Köpfen.
Jeder Ansatz, Tools und Applikationen in einem Printprodukt in diesem Bereich empfehlen zu wollen, wäre zum Scheitern verurteilt. Noch beim Druck des Buches wäre die Hälfte der Informationen vermutlich veraltet. Aus diesem Grund wollen wir Ihnen das Handwerkszeug an die Hand geben, welches Sie in die Lage versetzt, mit den Veränderungen Schritt zu halten. Es sind grundlegende Strategien, Gedanken, Prozessschablonen und Erfahrungen, ohne die Ihre Sourcing-Ansätze vermutlich nur halb so erfolgreich wären.[5]
Sourcing ist ein Teilprozess, der eingebettet werden will. Wir erleben immer wieder Abteilungen, die sich Sourcing Know-how einkaufen und dieses in eine veraltete Recruiting-Prozess-Welt bringen wollen. Das können Sie in etwa mit jemandem vergleichen, der mit einem Ferrari auf einem Feldweg versucht, die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Wenn Sie die Straßen nicht entsprechend ausgebaut haben, werden die Schlaglöcher Ihnen ein Schnippchen schlagen.
Oder anders ausgedrückt: Wer lediglich vom Post & Pray zum Source & Pray wechselt, hat eigentlich nicht viel gewonnen.
Unternehmen kaufen den XING-Talentmanager oder den LinkedIn-Recruiter ein, ohne großartig darüber nachzudenken. Es werden ‚blind’ Abfragen gemacht, die entweder zu keinem befriedigenden Ergebnis führen, oder aber es hakt an der Ansprache. Schnell werden Stimmen laut, die sagen, dass Sourcing ja auch nichts bringe. Wenn man dann nachhakt, stellt man fest, dass unter Sourcing eben dieses ‚Suchanfragen abschicken und beten’ verstanden wird. Weder das gelieferte Suchergebnis wird hinterfragt, noch die durchgeführte Ansprache. Es wird sehr eindimensional gedacht.
Dies Buch soll Ihnen zeigen, dass Sourcing in Wahrheit mehrdimensional ist. Diese Mehrdimensionalität geht tatsächlich weit über drei Dimensionen hinaus. In Worten und in einem zweidimensionalen Medium, wie diesem Buch, ist das nicht vollständig erläuterbar. Aber wenn Sie bei Kapitel 7 angelangt sind, werden Sie wissen, was wir meinen.[6]
Wir, Robindro Ullah, Michael Witt, Jan Hawliczek und Tobias Ortner, haben das Buch, abgesehen von den zwei Einleitungskapiteln, in drei Teile untergliedert.
Teil 1, das ist Kapitel 3, beschäftigt sich mit dem Recruiting-Prozess, der Einbettung des Sourcings und den organisatorischen Rahmenbedingungen sowie dem Sourcer an sich. Wir beginnen bereits hier, das Mindset des Sourcers zu definieren und versuchen, Ihnen dieses so nahe wie möglich zu bringen. Und wir wollen Ihnen unsere Beweggründe näherbringen, die uns dazu brachten, dieses Konzept vor knapp vier Jahren aufzusetzen und mit seiner Entwicklung zu beginnen. Die Beweggründe sind vielfältig und bunt. Lediglich den demografischen Wandel und den immer enger werdenden Arbeitsmarkt als Gründe vorzuschieben, war uns zu kurz gesprungen. Denn gerade im Zusammenhang mit HR Analytics tauchen ein paar weitere Argumente auf: Messbarkeit ist z. B. eine der großen Herausforderungen, denen sich der Personalbereich in Summe stellen muss und so auch die Personalgewinnung. Wir werden hier nicht im Detail einsteigen, aber wo immer es notwendig ist, darauf hinweisen und an einzelnen Stellen auch beschreiben, wie Reporting dort aussehen kann.
Die neue Funktion des Sourcers an sich und dessen Einbettung in die Abteilungsstrukturen ist ebenfalls Thema des dritten Kapitels. Die Auswirkungen auf andere Funktionen wie den Recruiter werden wir nur streifen, wenngleich diese wichtigen Implikationen für die zukünftige Aufstellung der Personalentwicklung liefern. Gern wollen wir – wo immer möglich – HR als Einheit betrachten. Letztlich ist aber das Verweilen auf einer Metaebene dem Verständnis nicht dienlich, sodass wir in Kapitel 4 auf die Ebene des Sourcings wechseln und diese Funktion als solche betrachten.[7]
Kapitel 4 und Kapitel 5 bilden das Herzstück dieses Buches. Hier beschreiben wir die Such- und Ansprachestrategien, die Ihr Sourcing erfolgreicher werden lassen. Insgesamt beleuchten wir den Sourcing-Subprozess, der Module beinhaltet, an die häufig nicht gedacht wird. So taucht in diesem Kapitel erstmalig der Begriff der Recruiter/Sourcer Brand auf, die ebenfalls eine entscheidende Neuerung bildet im Rahmen der Optimierung der Sourcing-Prozesse. Das Thema Ansprache wird detailliert beleuchtet und dies vor allem vor dem Hintergrund der rechtlichen Rahmenbedingungen. So viel sei aber bereits vorab angemerkt: Unser Buch kann nicht die Aktualität gewährleisten, die notwendig wäre, um deutscher Rechtsprechung gerecht zu werden. Wir geben zwar Hinweise auf die Rechtslage und stellen sie ansatzweise dar, die Prüfung und Einhaltung der jeweils aktuellen Gesetzeslage obliegt dennoch Ihnen. Es ist daher stets ratsam, sich im Zusammenhang mit dem Thema Sourcing parallel rechtlich beraten zu lassen. Diesen Hinweis werden Sie immer wieder an geeigneter Stelle im Buch finden.[8]
Letztlich spannen Kapitel 4 und 5 die Welt des Sourcings auf. LinkedIn, XING, Social Media und Google bilden lediglich die Spitze des Eisbergs, den wir hier ergründen wollen. So viel mehr liegt unter der Wasseroberfläche verborgen, was sehr viel mit zwischenmenschlichen Beziehungen und Psychologie zu tun hat. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Menschen einstellen. Menschen mit Bedürfnissen, kulturellen Prägungen und all den anderen Eigenschaften, die uns so einzigartig machen. Ein Sourcer sollte dies verstehen und am Ende des Tages ein gutes Gefühl dafür bekommen, wie Menschen ticken. Schließlich sind Sourcer und Recruiter gut ausgebildete Menschenkenner.
Betrachtet man diese beiden Kapitel aus einer handwerklichen Perspektive, so sind es die Kapitel, welche am nächsten an der Praxis dran sind. Die Tipps und Tricks könnten Sie theoretisch morgen schon umsetzen, wenn Sie – so sehen wir die Situation – Ihre Prozesshausaufgaben vorab erledigt haben.
In Kapitel 6 gehen wir dann den notwendigen Schritt in Richtung Zukunft. Um genau zu sein: Wir springen in Richtung Zukunft. Nach den sehr kleinteiligen Kapiteln 4 und 5 wird Ihnen der Wechsel wie die Beschleunigung eines Flugzeuges auf der Startbahn vorkommen.
Viel zu oft wird uns berichtet, dass diese oder jene Idee hervorragend sei, aber für das Unternehmen erst in drei bis fünf Jahren interessant sei. In drei bis fünf Jahren wird sich die Welt jedoch völlig verändert haben und alles, was wir heute kennen, vermutlich längst überholt sein. Mit Kapitel 6 wollen wir den Versuch starten, die exponentielle Geschwindigkeit des Technologiefortschritts greifbar darzustellen. Diese Geschwindigkeit trifft uns auch in der Rekrutierung von Personal. Schnell hört man die Kritiker rufen: „Nun macht mal erst eure Hausaufgaben.“ Leider scheinen sie noch nicht verstanden zu haben, was exponentielle Entwicklungsgeschwindigkeit bedeutet. Wer garantiert Ihnen denn, dass der Grund, Ihre Hausaufgaben zu machen, morgen noch existiert? Die Frage, die man sich stellen muss, ist also: Sind meine Hausaufgaben, die ich noch machen müsste, morgen noch relevant? Sie können das mit Airbnb vergleichen. Wer hätte denn vor einigen Jahren gedacht, dass die größte ‚Hotelkette’ der Welt keine eigenen Betten besitzt? Stellen Sie sich mal vor, die hätten ihre Hausaufgaben gemacht und erst mal 1.000 Betten eingekauft. Sie wären niemals so erfolgreich gewesen. Seien Sie doch die erste Firma der Welt, die ohne eigene Karriereseite und Stellenanzeige erfolgreicher denn je rekrutiert. Sie glauben, das sei nicht möglich?[9]
Es ist die Zeit der Disruption und der Aufhebung bekannter Gesetzmäßigkeiten. Wir durchleben einen Paradigmenwechsel, den nicht alle Organisationen überleben werden. Ihnen als Leser wollen wir daher ein Stück Zukunft präsentieren und meinen damit das Morgen. Das, wie wir es nennen, ‚Umberto-Wunderland’ existiert schon lange und Personen, die meinen, hier würden das Übermorgen und Über-Übermorgen skizziert werden, gehören vermutlich zu denjenigen, die den Sprung in die digitale Zeit nicht schaffen werden. Wir leben bereits in „Liquid Times“ (vgl. Bauman 2005) und müssen lernen, auf der Welle der Veränderung zu surfen. Es sind flüchtige Zeiten, die nur schwer zu greifen sind. Wie viele Menschen kennen Sie, die nur den Kopf schütteln, wenn sie den technologischen und gesellschaftlichen Fortschritt betrachten. Meist sind es diejenigen, die nicht begreifen können, was dort gerade in der Welt geschieht. Kapitel 6 wird Ihnen einen Ausblick geben, aber vor allem ein Gefühl für das, was morgen tatsächlich wichtig werden wird.[10]
Hier in der Einleitung, gleich zu Beginn, wollen wir Ihnen auch den Zahn ziehen, dass Sie sourcen könnten, nachdem Sie das Buch gelesen haben. Die Arbeit beginnt erst, wenn Sie das Buch weggelegt haben. Daher bezeichnen wir ganz bewusst das letzte Kapitel als Anfang – denn Ihre Sourcing-Reise beginnt erst nach dem Konsum dieser Lektüre. In diesem Zusammenhang kann man Sourcen auch mit dem Erlernen einer Sprache vergleichen. Übung macht den Meister, und wer lange nicht gesprochen hat, verliert langsam seine Skills. Erschwerend kommt beim Sourcen hinzu, dass sich der Wortbestand der Sprache – um in dieser Metapher zu bleiben – regelmäßig verändert. Hier am Ball zu bleiben, ist einer der wesentlichen strategischen Bausteine des Sourcings. Zuletzt lebt Sourcing auch von Reputation und Netzwerk. Wer bezüglich der Themen Recruiter Brand und Netzwerkausbau ebenfalls am Ball bleibt, verschafft sich und seiner Firma entscheidende Vorteile.[11]
Wir wollen aber bewusst auch die Struktur des Buches dazu nutzen, um Ihnen wesentliche Dinge mit auf den Weg zu geben.
Aus diesem Grund wird das eine oder andere gegebenenfalls verwirrend auf Sie wirken. Das Buch an sich soll Ihnen dabei helfen, sich in die Gedanken eines Sourcers hineinzuversetzen. Dabei geht es nicht darum, den LinkedIn-Recruiter oder den XING-Talentmanager bedienen zu können. Es geht darum, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie anders, ggf. absurd, Zielgruppen denken könnten. Es geht darum, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie man dreimal um die Ecke denkt, um zum Ziel zu kommen. Versetzen Sie sich bitte in die Lage eines Klick & Point-Adventure-Spielers. Vielleicht erinnern Sie sich noch an Ihre Kindheit oder aber haben von Spielen wie Monkey Island gehört. „Benutze Schraubenschlüssel mit Öllampe“ – und zack öffnete sich eine Geheimtür. So ähnlich dürfen Sie sich Sourcen vorstellen, wenn es darum geht, wirklich schwer zu findende Profile zu sourcen. Netzwerke sind komplex und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Keywordanalyse, Suchanfragen, boolesche Operatoren: Die möglichen Variationen und Kombinationen sind schier unbegrenzt. Zudem sind das Internet und die sozialen Netzwerke voll von Profilen – man muss diese nur finden. Manchmal reicht es lediglich, die richtigen Dinge zusammenzubringen, damit sich eine neue Tür öffnet. Sie werden diese Situation sehr häufig
antreffen, wenn Sie aktiv sourcen. Aber gerade dieses Mindset – und ein Klick & Point-Adventure-Spieler ist eine wunderbare Analogie – wird Ihnen auch in anderen Themenfeldern des Recruitings helfen. Es ist diese sehr unkonventionelle Weise zu denken, die wir auch schon mit nichtlinearem Denken umschrieben haben.[12]
Verstehen Sie uns aber bitte nicht falsch. Es geht nicht darum, zu spielen. Was wir Ihnen unter anderem vermitteln wollen, ist die Neugierde, Netzwerke und Zielgruppen derart zu zerlegen, dass man sie ‚aus dem Effeff’ kennt. Es geht um diese Eigenschaft, die damals die Spieler veranlasst hat, in Spielen wie Monkey Island jeden Stein umzudrehen und alle Gegenstände auf unterschiedlichste Weise auszuprobieren. Man wollte verstehen, wie der Spielemacher gedacht hat. Wir wollen verstehen, wie unsere Zielgruppen denken, und glauben Sie uns, Menschen ‚in freier Wildbahn’ denken hinreichend absurd.
Direkt hier in der Einleitung wollen wir Ihnen bereits die erste Aufgabe mitgeben. Wenn Sie an dieser Stelle angelangt sind, möchten wir Sie bitten, das Buch beiseitezulegen, um zum Rechner zu gehen oder ihr Smartphone in die Hand zu nehmen. Im nächsten Schritt senden Sie uns Vieren: Jan Hawliczek, Tobias Ortner, Michael Witt und Robindro Ullah eine Kontaktanfrage. Bitte schreiben Sie erklärend: Aufgabe erfüllt! hinzu. Folgen Sie diesen Anweisungen schalten wir Sie auf die wichtigste Sourcing Community auf XING in Deutschland frei. Es kann für Sie der erste Schritt in Richtung ‚auf dem Laufenden bleiben’ sein. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie diese Chance wahrnehmen. Je größer die Community der Sourcer wird, desto mehr Ideen, Gedanken und Austausch werden dort möglich sein. Auch wenn es meist nicht stimmt, so trifft dieser Spruch hier doch zu: „Viel hilft viel“. Beginnen Sie gleich hier und jetzt, Ihr Netzwerk zu vergrößern.[13]
Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Art von Rekrutierung, die viel Umdenken verlangt. Der viel beschriebene Wandel des Arbeitsmarktes, die veränderte Kommunikation – all das wirkt sich natürlich auf unsere Arbeit aus. Aber auch die sich verändernde Transparenz der Welt wirkt sich auf unsere Arbeit aus. Immer mehr Profile werden im Internet auffindbar. Dem Sourcing wird sich also von zwei Seiten genähert. Nicht nur, dass Funktionen zunehmend schwerer zu besetzen sind und man aus diesem Grund auf die Suche nach passenden Kandidaten gehen muss – aktiv. Betrachtet man die Entwicklung der Profil-Wirtschaft (diesen Begriff haben wir frei erfunden), so ist es nur logisch, sich bei der Rekrutierung von Kandidaten darauf zu konzentrieren, einfach die besten bzw. die richtigen aus dem Internet zu fischen. Mit dem Begriff der Profil-Wirtschaft meinen wir, dass es kaum noch möglich ist, irgendwo im Internet etwas zu tun, ohne sich dafür ein Profil anzulegen. Allein die Fülle der Netzwerke, die jedes für sich ein Profil verlangen, hält einen riesen Fundus an potenziell passenden Kandidaten bereit. Darüber hinaus finden Sie Profile auch bei den unterschiedlichsten Dienstleistern. Amazon ist nur eines von vielen Beispielen. Dennoch müssen Sie natürlich stets beachten, dass nur frei zugängliche Daten verwendet werden dürfen. Aber wie bereits erwähnt, raten wir zu einer juristischen Beratung parallel zum Aufbau Ihrer Sourcing-Organisation.[14]
Da es sich um ein strategisch orientiertes Buch handelt, wollen wir Ihnen auch gern eine Lesestrategie mit auf den Weg geben. Unsere Lesestrategie-Empfehlung ist daher: überspringen Sie einfach alles und lesen als erstes die Kapitel 4 und 5. Das sind die Kapitel, wegen derer Sie das Buch käuflich erworben haben: Sie wollen all diese kleinen Tipps und Tricks wissen, die einen guten Sourcer ausmachen. Tun Sie sich daher keinen Zwang an und überspringen einfach erst mal Kapitel 2 und 3. Wenn Sie dann das Kapitel 4 gelesen haben und eventuell bereits einmal in den Grundzügen versucht haben, das eine oder andere zu implementieren, werden Sie vermutlich feststellen, dass es unter Umständen doch Sinn machen könnte, Kapitel 2 und 3 zu lesen. Es ist auf den ersten Blick einfach nicht ersichtlich, dass sich hinter dem Begriff Sourcing keine Taschenspielertricks verbergen, sondern ein Personalgewinnungs-Universum. Zum Schluss führen Sie sich noch Kapitel 6 zu Gemüte und Sie sind gut auf die Zukunft der Personalgewinnung vorbereitet. Mit diesem Buch verhält es sich also genauso wie mit Star Wars: Nicht jeder ist ein Star-Wars-Fan, das wissen wir, aber den meisten sagt dieses monumentale Filmkunstwerk etwas. Neben einem beispielhaften Marketing, ist Star Wars eines der sehr wenigen Produkte, welches es geschafft hat, über Generationen hinweg Menschen zu begeistern. Allein deswegen sollte man sich beispielsweise im Personalmarketing dort eine Scheibe abschneiden. Aber das ist nicht der einzige Grund für den Vergleich mit Star Wars. Es ist vielmehr so, dass auch für die Star-Wars-Filme in unterschiedlichen Foren Empfehlungen dazu existieren, in welcher Reihenfolge man die mittlerweile sieben Episoden sehen sollte. Keine dieser Empfehlungen beginnt mit Episode 1. Ganz im Gegenteil: Die berühmteste, die Machete Order, empfiehlt sogar, Episode 1 wegzulassen. Nun, wir wollen nicht, dass Sie irgendeines der Kapitel ganz weglassen. Dennoch wollen wir Ihnen die oben beschriebene Lesereihenfolge empfehlen:[15]
Kapitel 4 und 5 → Kapitel 2 → Kapitel 3 → Kapitel 6 → Kapitel 7
So wie wir in diesem Buch versuchen, Ihre Erwartungshaltung zu antizipieren, sollten Sie beim Sourcen auch die Erwartungshaltung Ihrer Kandidaten antizipieren. Insbesondere, wenn es um den Erstkontakt geht, können Sie mit vorausschauendem Handeln punkten.
Hinsichtlich der Lesereihenfolge, können wir Ihnen auch noch einen weiteren Tipp geben: Beim Umgang mit Neuem kann man grob zwei Menschentypen unterscheiden. Typ 1 kauft sich ein elektrisches Gerät, packt es aus und versucht intuitiv herauszufinden, wie es funktioniert. Bedienungsanleitung? Kenne ich nicht. Typ 2 verhält sich da etwas anders. Noch bevor das Gerät komplett ausgepackt ist, wird nach der Bedienungsanleitung gesucht. Danach setzt man sich gemütlich hin und parallel zum Lesen wird die Maschine ausgepackt.[16]
Wenn Sie sich eher mit Typ 1 identifizieren können, dann empfehlen wir Ihnen die veränderte Lesereihenfolge. Sollten Sie eher Typ 2 sein, dann lesen Sie das Buch entsprechend der Kapitelnummerierung.
Sie merken, es sollte ein etwas anderes Buch werden und wir hoffen, es ist uns gelungen. Wir wünschen Ihnen nun viel Spaß beim Lesen und freuen uns, wenn Sie sich der Umberto-Liga anschließen (Denken Sie an die Aufgabe: Kontaktanfrage an alle vier Autoren).
Um die Lesbarkeit der Texte zu vereinfachen, halten wir uns bei den meisten Formulierungen an die männliche Variante. Bitte denken Sie sich stets die weibliche Form mit – wir haben dies beim Schreiben des Buches auch getan.