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Übersetzung aus dem Amerikanischen von Christina Kagerer
ISBN 978-3-492-97845-3
© 2016 by Lauren Rowe
Deutschsprachige Ausgabe:
© Piper Verlag GmbH, München 2017
Covergestaltung: zero-media.net, München
Covermotiv: FinePic®, München
Datenkonvertierung: Tobias Wantzen, Bremen
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1 ~ Kat
2 ~ Kat
3 ~ Josh
4 ~ Kat
5 ~ Kat
6 ~ Kat
7 ~ Kat
8 ~ Josh
9 ~ Kat
10 ~ Josh
11 ~ Kat
12 ~ Josh
13 ~ Kat
14 ~ Josh
15 ~ Josh
16 ~ Josh
17 ~ Kat
18 ~ Kat
19 ~ Kat
20 ~ Josh
21 ~ Josh
22 ~ Josh
23 ~ Kat
24 ~ Kat
25 ~ Kat
26 ~ Kat
27 ~ Josh
28 ~ Josh
29 ~ Josh
30 ~ Kat
31 ~ Kat
32 ~ Kat
33 ~ Josh
34 ~ Josh
35 ~ Kat
36 ~ Kat
37 ~ Josh
38 ~ Kat
39 ~ Josh
40 ~ Josh
41 ~ Kat
Danksagung
Die Tür von Jonas’ und Sarahs Suite schließt sich hinter Josh, und ich halte vor Aufregung den Atem an, als ich auf Joshs Laptop blicke. Jetzt ist es so weit. Ich kann es kaum glauben. Endlich werde ich Joshs Anmeldung für den Club lesen. Endlich, nach all den Spielchen. Meine Brust zieht sich zusammen. Ich habe ein mulmiges Gefühl im Magen. Warum um alles in der Welt fällt es Josh so schwer, sie mir zu zeigen? Nun, ich nehme an, das werde ich jetzt herausfinden.
Name?
Joshua William Faraday, schreibt er. Oh, ich wusste gar nicht, dass Joshs zweiter Vorname William ist. Mein Herz schlägt schneller, als ich seinen vollen Namen lese.
Sie werden im Zuge des Anmeldevorgangs gebeten, sich auf drei unterschiedliche Arten auszuweisen. Im Club sind Nicknames bei der Anmeldung strengstens untersagt. Während Ihrer Interaktion mit anderen Clubmitgliedern dürfen Sie aber aus Diskretionsgründen ein Pseudonym benutzen, wenn Sie das möchten.
Okay, schreibt er.
Alter?
29, schreibt er.
Ich halte inne und überlege. Josh ist dreißig. Ich frage mich, wann er Geburtstag hat. Ich würde nur allzu gern sein Sternzeichen kennen. O Mann, es wäre furchtbar, wenn unsere Sternzeichen nicht zusammenpassen würden.
Beschreiben Sie Ihren Körperbau in wenigen Stichpunkten.
Ich bin 1,85 m groß und wiege 86 kg. Ich habe braunes Haar und blaue Augen und bin an Oberkörper und Armen tätowiert. Ich ziehe es vor, nicht über die Bedeutungen meiner Tätowierungen zu sprechen. Sagen Sie das bitte jeder Frau, mit der Sie mich zusammenführen.
Ich trainiere ziemlich viel, um mich fit zu halten, fährt er fort. Ich glaube daran, dass der erste Eindruck alles ist. Deshalb versuche ich jedes Mal, einen möglichst guten ersten Eindruck zu erwecken. Um eines klarzustellen: Ich melde mich nicht beim Club an, weil ich in irgendeiner Art und Weise Minderwertigkeitskomplexe in Bezug auf mein Aussehen habe (das habe ich nämlich nicht) oder weil ich Frauen nicht ohne Hilfe anmachen kann (das kann ich nämlich).
Ich muss grinsen. Auch wenn Josh irgendwie ziemlich selbstgefällig ist, finde ich ihn verdammt sexy.
Für die Vervollständigung der Anmeldung bitten wir Sie um drei aktuelle Fotografien: ein Porträt, eine Ganzkörperaufnahme und eine Fotografie, auf der Sie in Ihrer typischen Alltagskleidung zu sehen sind. Selbstverständlich können Sie sich in Bezug auf die Bilder auf absolute Diskretion unsererseits verlassen.
Oh, das muss ich sehen. Ich scrolle nach unten, wahrscheinlich hat Josh die Fotos am Ende des Dokuments angehängt. Hat er nicht. Ich scrolle wieder an den Anfang und versuche, einen Hinweis darauf zu finden, wo sie sein könnten – nichts. Verdammt! Ich hole mein Handy raus.
Josh geht sofort ran. »Wow, das ging aber schnell«, sagt er. »Ich betrete gerade erst das Casino.«
»Wo sind deine Fotos?«
»Meine Fotos?«
»Ja, deine drei Fotos, die du der Anmeldung hinzufügen musstest.«
»Oh, meine Fotos.« Er überlegt kurz. »Warum willst du sie sehen? Du weißt doch, wie ich aussehe.«
»Ich will sie einfach sehen.«
»Aber du hast bereits jeden Zentimeter meines Körpers gesehen – sogar mein YOLO-Tattoo, verdammt.« Er lacht. »Ganz zu schweigen von meinen Eiern.«
Jetzt muss auch ich lachen. »Ja, die kenne ich nur allzu gut. Aber ich will die Fotos trotzdem sehen.«
Er seufzt. »Wie wäre es damit? Ich komme zurück und lasse dich drei Fotos von mir machen – in welcher Pose auch immer. Das wird unser ganz persönliches Fotoshooting, Baby.«
»Klingt lustig. Ich merke es mir für ein andermal. Aber zuerst will ich die drei Fotos sehen.«
Er grummelt. »Aber warum?«
»Weil ich wissen will, welche Fotos du ausgewählt hast, um dich in einem Sexclub anzumelden.«
Kurzes Schweigen. »Du bist so eine Nervensäge, weißt du das? Eine Terroristin und eine fürchterliche Nervensäge.«
»Ich hab’s dir doch gesagt, ich bin Skorpion. Wir sind extrem willensstark. Und außerdem haben wir einen unverhältnismäßigen Gerechtigkeitssinn. Und ich habe dir auch drei Fotos von mir geschickt – Deal ist Deal.«
Er lacht. »O mein Gott, diese Fotos, Kat.«
»Haben sie dir gefallen?«
»Sie waren großartig. Das eine von dir in Unterwäsche war verdammt scharf – und bei dem anderen, auf dem du so getan hast, als würdest du ins Klo kotzen, habe ich mir fast in die Hose gemacht vor Lachen. Du bist unheimlich witzig.«
»Danke. Du bist auch ziemlich witzig. Aber deswegen lasse ich dich trotzdem nicht vom Haken, mein Freund. Diese Fotos sind Teil deiner Anmeldung. Also sind sie auch Teil deines Versprechens.«
Er brummt. »Na gut. Kennst du dich mit einem Mac aus?«
»Ja, ich habe selbst einen. Ein Geschenk von deinem Bruder übrigens.«
»Mein Bruder hat dir einen Mac geschenkt?«
»Ja, um den zu ersetzen, der mir vom Club gestohlen wurde.«
»Das war aber nett von ihm. Ich wusste gar nicht, dass Jonas so nett sein kann.«
»Ja, er war supernett zu mir. Und jetzt hör auf abzulenken. Wo sind die Fotos?«
»Gut, du musst auf der linken Seite des Bildschirms auf Fotos klicken.«
»Jep, okay.«
»Siehst du den Ordner mit ...«, sagt Josh, aber ich höre den Rest seines Satzes schon nicht mehr. Etwas auf Joshs Desktop lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich: ein Ordner mit dem Namen Krankes Arschloch. Ein Ordner mit einem solchen Namen könnte genauso gut Öffne mich, Kat heißen.
»Siehst du ihn?«, fragt Josh.
»Mhm«, sage ich und klicke auf den Ordner Krankes Arschloch.
O mein Gott! Ich sehe Fotos von nackten Frauen vor mir – ziemlich vielen nackten Frauen. Sie sind alle blond, wahnsinnig hübsch und in Pornostarposen.
»Kat? Bist du noch da?«
»Ja, ich bin hier«, sage ich und scrolle durch die Fotos. Es sind bestimmt zwanzig verschiedene Frauen. »Josh, wer sind diese ganzen Blondinen?«
»Was?«, fragt er, und seine Stimme klingt plötzlich schroff.
»Die Pornostars in dem Ordner mit dem Namen Krankes Arschloch?«
»Herrgott noch mal! Mach das sofort wieder zu, Kat! Das ist privat!«
»Wer sind sie?«
»Ich habe dir nicht erlaubt, mein privates Zeug zu durchwühlen. Mach diesen Ordner sofort wieder zu. Jetzt, verdammt!«
»Immer mit der Ruhe. Du stehst also auf Pornos – du bist ja so pervers.« Ich lache, aber er stimmt nicht mit ein. »Komm schon. Sag mir einfach, wer sie sind. Ist doch nichts dabei.«
»Das ist ein absoluter Vertrauensbruch. Nicht zu entschuldigen.«
Ich ignoriere seine Wut. Das ist eine sehr effektive Taktik, die ich mir über die Jahre hinweg bei meinen Brüdern abgeschaut habe. Ruhig bleiben, wenn der andere wütend ist, und dann einfach immer wieder abstreiten, etwas Falsches getan zu haben. Bis die Person, die wütend auf dich ist, einfach vergisst, worüber sie sich eigentlich aufgeregt hat.
»Sind die Fotos aus dem Internet, oder kennst du diese Frauen tatsächlich?«, frage ich ruhig.
Einen Moment lang sagt er gar nichts. »Das ist doch verrückt«, brummt er, aber seine Wut scheint sich etwas zu legen. »Ich will offiziell Beschwerde einreichen«, sagt er.
Ich lache. »Bei wem?«
»Bei der ... bei der hiesigen Anstandsbehörde.«
»Okay, notiert. Beschwerde registriert.«
»Du bist der Teufel in Person.«
»Ja, das bin ich. Aber das wusstest du bereits. Und es hat dir gefallen. Und wenn du willst, dass ich dir noch einmal einen blase, dann solltest du jetzt besser meine Frage beantworten.«
Wie aus dem Nichts ist seine Wut wieder da. »Nein!«, brüllt er. »Lass mich hier und jetzt eines klarstellen: Ich toleriere keine Form von sexueller Erpressung in einer Beziehung. Das ist ein absolutes No-Go. Willst du mir einen blasen? Bitte, dann tu es. Willst du mir keinen blasen? Dann lass es sein. Aber benutze Sex nicht als eine Art Waffe, um mich zu manipulieren. Das hasse ich wie die Pest.«
Das Herz rutscht mir in die Hose – aber nicht, weil Josh wütend auf mich ist (das ist mir egal), sondern weil er gesagt hat, dass er keine Form von sexueller Erpressung in einer Beziehung toleriert. Haben Josh und ich etwa eine Beziehung?
»Mein Gott«, bringe ich hervor. »Reagierst du da nicht ein bisschen über?«
»Ich reagiere nicht über«, antwortet Josh. »Ich hasse diesen Scheiß wirklich.«
»Okay, okay, schon gut. Es tut mir leid. Ich werde so etwas nie wieder sagen. Zufrieden?«
»Ja. Danke. Ich hasse das.«
»Gut, ich hab’s verstanden. Aber ich muss sagen, ich finde, deine Ansprache ist pure Ironie, wenn man bedenkt, dass ich dich die ganze Zeit sexuell erpresst habe, damit du mir deine Anmeldung zeigst.«
Er hält inne. »Hey, Moment – das hast du wirklich gemacht. Das war ziemlich mies von dir.«
»Ja, aber es hat funktioniert.«
Er ist einen Moment lang still, und ich grinse von einem Ohr zum anderen.
»Also«, sage ich. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Playboy. Wer sind diese ganzen blonden Playmates?«
Er gibt ein frustriertes Geräusch von sich. »Ich hatte gehofft, du hättest es in der Zwischenzeit vergessen.«
»Keine Chance. Ich bin Skorpion. Wir vergessen nicht. Also, wer sind sie?«
»Du hast nicht das Recht, in diesem Ordner herumzuschnüffeln, Kat. Mach ihn zu.«
Ich antworte nicht – ich bin zu beschäftigt damit, mir die Fotos anzuschauen.
»Hallo? Madame Terroristin? Hast du mich gehört? Mach den Ordner zu. Du gehst zu weit.«
»Ja, ich habe dich gehört. Und ich würde deinen Befehl ja befolgen, das würde ich wirklich, aber die Sache ist die: Ich befinde mich gewissermaßen in einem Dilemma.«
»Und das wäre?«
»Es ist eine Art Zwickmühle.«
»Habe ich aus irgendeinem Grund den Eindruck erweckt, ich hätte das Vokabular eines Sechstklässlers? Ich weiß, was ein Dilemma ist – ich frage dich nur, warum genau du dich in einem befindest.«
Ich kriege dieses Grinsen einfach nicht mehr aus meinem Gesicht. »Nun ja, auf der einen Seite«, sage ich, »würde ich deiner Bitte gerne nachkommen, denn eigentlich bin ich ein ziemlich netter Mensch – auch wenn ich mich in deiner Gegenwart nicht so benehme. Außerdem denke ich, dass du recht hast. Es war sehr, sehr böse von mir, ohne deine Erlaubnis in deinem privaten Zeug rumzuschnüffeln.«
»Danke. Und auf der anderen Seite?«
»Na ja, auf der anderen Seite bin ich gerne ein bisschen böse.«
Josh macht ein sexy Geräusch. »Oh. Nun ja, das ist wirklich ein Dilemma. Was könnten wir denn da nur machen?«
»Ich weiß nicht. Ich habe mich noch nicht entschieden. Vielleicht schaue ich einfach durch deinen perversen Ordner mit den blonden Pornostars, während ich darüber nachdenke.« Ich scrolle weiter durch die Fotos, und mein Grinsen wird immer breiter. »Diese Frauen sehen alle gleich aus, Josh«, sage ich, während ich die Fotos betrachte. »Du stehst wohl auf einen bestimmten Typ, wie?«
»Ich mag eben, was ich mag.«
»Wer sind sie?«
Er hält kurz inne und holt dann tief Luft. »Es sind einfach nur Frauen, die ich mal getroffen habe.«
»Getroffen? Ich wette, du hast dich nicht nur mit ihnen getroffen.«
Er antwortet nicht.
»Hast du mit all diesen Frauen geschlafen?«
»Wirfst du mir jetzt vor, eine männliche Hure zu sein?«
»Nein. Ich bin der letzte Mensch auf der Welt, der jemanden als Hure bezeichnen würde.«
»Du weißt schon, dass du mir deine Anmeldung gegeben hast, damit ich mich sicher genug fühle, dir meine geheimsten, perversesten Gedanken anzuvertrauen, oder? Du hast mich mit emotionaler Intimität geködert, Kat.«
»O Mist, das stimmt. Ich hätte dich warnen sollen: In emotionaler Intimität bin ich nicht besonders gut. Aber ich arbeite daran, versprochen.«
»Jetzt wirst du meine Mauern nie einreißen können«, scherzt Josh.
»Verdammt. Was soll’s?« Ich zucke mit den Schultern, und er lacht. »Also, wer hat diese ganzen Fotos gemacht? Du?«
»Nein.«
»Nein? Oh, ich dachte, du würdest Ja sagen. Hast du irgendeins davon gemacht?«
»Spielen wir das lustige Zwanzig-Fragen-Spiel, oder wie?«
»Ja. Das macht Spaß, findest du nicht?«
»Nein.«
»Komm schon. Ich habe immer noch neunzehn Fragen.«
»Neunzehn? Ha! Eher zehn. Und das ist noch großzügig berechnet.«
»Also zehn. Hast du persönlich eines von diesen Fotos gemacht?«
Er atmet laut aus. »Nur eines.«
»Oh, das ist eine interessante Antwort. Nicht, was ich erwartet hätte. Ich dachte, alle oder keines.« Plötzlich fällt mir ein, dass Sarah gesagt hat, Oksana habe alle Mädchen im Club fotografiert. »Jetzt hab ich’s«, sage ich. »Sind das die Frauen, mit denen du während deiner Mitgliedschaft im Club geschlafen hast?«
Josh seufzt laut. »Korrekt. Alle bis auf zwei.«
»Also, jetzt bin ich noch verwirrter. Du meinst, bis auf zwei waren alle diese Frauen im Club – oder fehlen zwei aus dem Club, mit denen du geschlafen hast?«
»Dein Gehirn ist angsteinflößend, Kat. Du bist wie Henn, nur in einem anderen Kontext. Du bist ein Männerhacker.«
Ich muss lachen. »Danke. Und jetzt beantworte bitte meine Frage.«
Er atmet hörbar ein. »Jede Frau aus dem Club ist auf den Fotos – plus zwei, die keine Mitglieder im Club waren.«
»Ah, sehr interessant. Zwei Bonusfrauen aus dem echten Leben. Das wird ja immer verwirrender. Welche beiden waren nicht im Club? Und warum hast du sie mit den anderen in diesen Ordner getan?«
»Hast du nicht langsam keine Fragen mehr übrig?«
»Nein.« Ich denke kurz nach. »Acht habe ich noch.«
Er schnaubt.
»Und du hast eine der beiden Frauen selbst fotografiert, nicht beide?«
»Korrekt.«
»Hm. Das bedeutet, dass die andere dir das Foto geschickt hat?«
»Korrekt. Und jetzt hast du offiziell keine Fragen mehr übrig.«
»So ein Quatsch. Ich habe immer noch mindestens acht übrig.«
»Acht? Du hast mit zehn begonnen und schon gefühlte fünfzig Fragen gestellt.«
»Ich habe Unterfragen zu den Fragen gestellt, Josh. Unterfragen zählen nicht als eigene Fragen.«
Er brummt vor sich hin.
»Also los, welche dieser hübschen Damen hast du selbst fotografiert? Und warum hast du sie mit all den anderen in einen Ordner namens Krankes Arschloch gesteckt?«
»Kein Kommentar.«
»Ach, komm schon.«
»Du hast meine Anmeldung. Sie ist es, die ich dir versprochen habe – nicht mehr. Das lustige Zwanzig-Fragen-Spiel ist jetzt offiziell vorbei.«
»Das ist nicht fair.«
»Das ist fair – und wenn nicht, tja, das Leben ist so.«
»Sag mir nur noch, warum du all diese Fotos hast, dann lasse ich dich in Ruhe. Versprochen.«
Josh atmet scharf ein. »Okay, Madame Terroristin. Gut.« Er murmelt etwas Unverständliches zu sich selbst. »Ich habe in meiner Anmeldung nach einem bestimmten Typ Frau verlangt, also hat der Club mir Fotos von potenziellen Frauen geschickt, um sicherzugehen, dass sie meinen Wünschen entsprechen. Am Ende meiner einmonatigen Mitgliedschaft wusste ich nicht, was ich mit all den Fotos tun soll, also habe ich sie in einen Ordner gesteckt.«
»Den du Krankes Arschloch genannt hast.«
Er antwortet nicht.
»Und du hattest keine Ahnung, dass diese Frauen Prostituierte sind, bevor Jonas es dir gesagt hat?«
Josh überlegt. »In meiner Anmeldung habe ich ziemlich genau beschrieben, was ich mir vorstelle. Also habe ich angenommen, dass sie eine Art Arrangement getroffen haben, um mir meine Wünsche zu erfüllen – aber sicher war ich mir nicht. Nur weil eine Frau bereit ist, sich mit einem reichen Typen in einem Hotel zu treffen und ihm seine kranken Fantasien zu erfüllen, muss sie noch keine Prostituierte sein, oder?«
Ich denke kurz darüber nach. »Nein«, sage ich schließlich. »Nicht zwingend. Vor allem nicht, wenn der Typ so aussieht wie du.«
»Danke. Aber mal im Ernst, mir war es egal, ob die Frauen dafür bezahlt wurden – ich wollte es nicht wissen. Ich wollte einfach nur einen Monat lang der Realität entfliehen. Ich war nicht auf der Suche nach einer Seelenverwandten.«
»Und du hast nach Blondinen verlangt?«
»Kat«, sagt er leise. »Du hast meine Anmeldung. Lies sie einfach. Keine Fragen mehr.«
Sein ernster Tonfall überrascht mich. Ich dachte, wir scherzen einfach miteinander herum. »Okay. Es tut mir leid.«
»Ist schon in Ordnung.«
Ich warte einen kurzen Moment. »Aber kann ich dir noch eine winzig kleine Frage stellen? Im Namen der emotionalen Intimität?«
Jetzt muss er doch wieder lachen. »Was?«, fragt er.
»Danke. Wow, wir werden gut in emotionaler Intimität, Josh. Wir sind fast schon Meister darin.«
Er lacht wieder. »Das ist keine emotionale Intimität, Kat – das ist die reinste Folter.«
»Ich bin mir fast sicher, dass das ein und dasselbe ist«, sage ich. »Aber nur fast sicher.«
Jetzt lacht er aus vollem Herzen, was ich als gutes Zeichen werte. »Okay, Madame Terroristin, wie lautet Ihre letzte Frage?«
»Schläfst du ausschließlich mit Blondinen – oder galt das nur für die Zeit im Club? Und bringt der Sex mit blonden Frauen das kranke Arschloch in dir zum Vorschein?«
Er scheint kurz nachzudenken. »Das sind zwei Fragen.«
»Tut mir leid, ich konnte nicht anders.«
»Okay, wir machen einen Deal: Ich beantworte dir noch diese zwei Fragen, und dann ist diese Vernehmung offiziell beendet.«
»Okay.«
»Ich schlafe nicht nur mit blonden Frauen. Ich war schon mit Frauen unterschiedlichster Form, Größe, Hautfarbe, Herkunft und Haarfarbe im Bett, und ich habe es immer genossen. Sehr genossen, um die Wahrheit zu sagen.«
»Danke, so viele Informationen wollte ich gar nicht.«
»Und nein, ich habe keinen seltsamen Komplex, bei dem ich mich in ein krankes Arschloch verwandle, wenn ich mit einer blonden Frau schlafe. Ja, ich habe im Club speziell nach blonden Frauen verlangt, weil der Club mir meine Fantasien erfüllen und mir dabei helfen sollte, der Realität zu entfliehen. Und nenn mich unkreativ oder banal, aber wenn es darum geht, meine Fantasien auszuleben, vor allem im Club, dann ist es das, was ich will: eine Blondine. Warum? Ich weiß es nicht. So bin ich halt gestrickt – ich habe definitiv einen Typ.« Er gibt einen Laut von sich, der mir signalisiert, dass er fertig ist mit Reden.
»Danke«, sage ich leise und scrolle wieder durch die Fotos. »Ja, ich würde auch sagen, dass du definitiv einen Typ hast.« Ich schnaube auf. »Also eigentlich sehen sie alle aus wie ...« Ich halte mitten im Satz inne. Heilige Scheiße!
Eine lange Pause entsteht.
»Ja, Kat«, sagt Josh schließlich. Er atmet hörbar aus. »Sie sehen alle aus wie du.«
Er hat meine Gedanken gelesen. Ich muss hart schlucken.
»Weniger attraktive Versionen von dir natürlich«, fährt er leise fort. »Sie sind alles Möchtegern-Kats. Du bist das, was mein Bruder die ›göttliche Idee‹ nennt.«
Mein ganzer Körper fängt zu kribbeln an. »Die ›göttliche Idee‹?«, sage ich und schnappe nach Luft. »Was ist das?«
Er stöhnt laut auf. »Ich kann nicht glauben, dass ich das jetzt gesagt habe. Es ist dieses Platon-Zeug, von dem mein Bruder immer faselt. Vergiss, dass ich das jemals gesagt habe. Ich würde meinem Bruder am liebsten jedes Mal die Augen auskratzen, wenn er das sagt, und jetzt sage ich es selbst. Aaahh ...«
Ich presse mein Handy ans Ohr, und mein Atem geht schneller. »Was bedeutet das, Josh?«, frage ich leise. »Was immer es auch bedeutet, es lässt meinen ganzen Körper kribbeln.«
»Es bedeutet nur, dass du die Originalschablone bist und jede andere eine Kopie ist.« Er gibt einen lauten Seufzer von sich. »Du weißt schon, als wärst du die Original-Gucci-Tasche, und jede andere ist eine dieser Fälschungen, die sie auf den New Yorker Gehwegen verkaufen.«
Das muss ich erst mal sacken lassen. Ich war noch nie in New York, aber seine Metapher ist unmissverständlich. »Bedeutet das, ich mache dich mehr zu einem kranken Arschloch als jede andere?«
Er stöhnt frustriert auf. »Du machst mich nicht zu einem kranken Arschloch – niemand tut das. Jemand, den ich mochte, hat mich einmal als krankes Arschloch bezeichnet, und ich war sauer auf sie, als ich diesen Ordner erstellt habe, das ist alles. Ich habe ihr mit diesem Ordnernamen sozusagen den Mittelfinger gezeigt, verstehst du?«
Während Josh redet, schaue ich mir weiter die Fotos an. Da ist eine Frau, zu der ich immer wieder zurückkomme. Sie macht keine Pose oder versucht so sexy wie die anderen zu sein – aber ihre Schüchternheit lässt sie nur noch anziehender wirken. Plötzlich besteht für mich kein Zweifel mehr daran, dass sie diejenige ist, die Josh selbst fotografiert hat – und wenn meine detektivischen Sensoren richtig funktionieren, ist auch sie diejenige, die Josh ein krankes Arschloch genannt hat.
»Was ist mit der Schüchternen?«, frage ich.
»Die Schüchterne?«
»Diejenige, die sich offensichtlich nicht wohl dabei gefühlt hat, nackt zu posieren? Sie sieht für mich schon ziemlich wie die göttliche Idee aus. Ist sie diejenige, die du selbst fotografiert hast?« Ich muss schlucken. »Ist sie deine Exfreundin?«
Er antwortet nicht.
»Hat sie dich als krankes Arschloch bezeichnet?«
»Mach den Ordner jetzt zu, Kat«, sagt er leise und sehr ernst. »Die Vernehmung ist vorbei.«
Ich bekomme eine Gänsehaut. Er macht keine Scherze mehr. Mist. Er klingt wirklich sauer.
»Okay, ich habe ihn geschlossen«, sage ich und mache den Ordner zu.
»Ich muss los«, sagt er schroff. »Viel Spaß beim Lesen.«
»Nein, warte. Bitte, Josh, warte.« Sein wütender Tonfall lässt mich erschaudern. Ich bin offensichtlich zu weit gegangen. »Es tut mir leid, Josh. Manchmal gehe ich zu weit. Das ist ein großes Manko an mir.«
Josh muss trotz allem auflachen.
Ich beiße mir auf die Lippe und grinse ins Telefon. »Es tut mir leid – ich wollte nichts Böses.«
»Sagt die Frau mit dem Bombengürtel um die Brust.« Er holt tief Luft. »Jetzt lies einfach meine blöde Anmeldung, okay? Ich halte das nicht mehr aus. Diese Anspannung bringt mich noch um. Lies sie und triff deine Entscheidung.«
»Meine Entscheidung?«
Er hält kurz inne. »Ob du noch mit mir schlafen willst oder nicht«, sagt er schließlich.
»Ach ja, stimmt«, sage ich. »Nun ja, eine Frau muss doch wissen, ob sie an eine Ziege gekettet aufwachen wird oder nicht.«
»Nein, an einen Esel.«
»Ja, richtig. Also eine Frau muss solche Dinge wissen.«
»Du kannst nie wissen, in wen ich mich verwandle. Ich bin halt ein krankes Arschloch.«
»Sagt wer?«
Er antwortet nicht.
»Die Schüchterne?«
»Ja.«
»Ist das Emma?«
»Ja.«
»Also, Josh, ich habe deine Anmeldung noch nicht gelesen, aber ich kann dir jetzt schon sagen, dass Emma totalen Blödsinn geredet hat.«
Er gibt einen überraschten Laut von sich.
Ich räuspere mich. »Kommen wir zum eigentlichen Grund meines Anrufs«, sage ich. »Wo sind die drei Fotos, die du an deine Anmeldung angehängt hast?«
»Nun ja, Kat, seltsamerweise befinden sie sich in einem Ordner mit dem Namen Fotos Club-Anmeldung. Stell dir vor.«
»O mein Gott, das ergibt so viel mehr Sinn, als sie in einen Ordner mit dem Namen Krankes Arschloch zu stecken.«
Josh seufzt. »Hey, kann ich nicht einfach hochkommen? Ich dachte, ich würde so weit weg wie möglich sein wollen, wenn du meine Anmeldung liest, aber plötzlich möchte ich währenddessen viel lieber neben dir sitzen und deinen Gesichtsausdruck sehen.«
Mein Herz macht einen Sprung. »Hast du vielleicht vor, mich auf irgendeine Art und Weise abzulenken, Joshua William Faraday?«
»Vielleicht.«
Ich grinse breit ins Telefon. »Ja, ich denke, das ist eine tolle Idee«, sage ich. »Beweg deinen tätowierten Arsch hierher, Playboy. Wir lesen das verdammte Ding gemeinsam – Zeile für Zeile. Und vielleicht, wenn du ganz nett zu mir bist, darfst du mich auch davon ablenken.«
Ich kann förmlich hören, wie er grinst.
»Ich bin gleich da«, sagt er.
In dem Moment, in dem Josh und ich das Gespräch beendet haben, scrolle ich wieder durch seinen Ordner Krankes Arschloch – nur dieses Mal langsamer. Es gibt ein paar wahnsinnig hübsche Frauen auf den Fotos, und er denkt, ich sei eine Art »Idealform« von ihnen? Damit will er mir doch nur schmeicheln.
Plötzlich halte ich inne.
Heiliger Bimbam.
Ich kenne eine der Frauen – von Werbeanzeigen für Victoria’s Secret und aus Modemagazinen. Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie ein sehr bekanntes Model ist. Ihr Name ist Bridgette irgendwas. Ist sie das bisexuelle Supermodel, das Josh angeblich hat abblitzen lassen? Sie muss die zweite Frau in dem Ordner sein, die nicht im Club war.
Ich blicke auf meine Uhr. Mist, Josh wird jeden Augenblick hier sein. Ich schließe den Ordner, ich will noch einen kurzen Blick auf die drei Fotos von ihm werfen, bevor er kommt. Aber aus einem plötzlichen Impuls heraus verschiebe ich den Ordner Krankes Arschloch in den Papierkorb und klicke dann auf Papierkorb leeren. Ups, da haben wohl meine Finger das Kommando übernommen.
Zurück zu meiner eigentlichen Mission. Ich klicke auf den Ordner Fotos Club-Anmeldung und öffne das erste der drei Bilder. Es ist ein Porträtfoto. Josh lächelt und sieht so charismatisch und selbstsicher aus wie eh und je. O Mann, diese Augen. Ich könnte den ganzen Tag hier sitzen und sie betrachten. Er sieht wahnsinnig gut aus.
Ich klicke das nächste Foto an. Ein typisches Josh-Faraday-Bild. Er trägt einen perfekt sitzenden blauen Designeranzug und sieht aus wie aus einer Werbung für Hugo Boss oder für ein Männerparfüm. Lecker.
Ich öffne das dritte Foto und – bumm. Meine Eierstöcke explodieren förmlich. Auf dem dritten Bild ist Josh komplett nackt, und man sieht jeden Zentimeter seines muskulösen – und erregten – Körpers. Das Grinsen auf seinem Gesicht ist so anzüglich, dass es mein Blut vor Verlangen zum Kochen bringt. Manometer, wie Sarah immer so schön sagt. Allein bei seinem Anblick kann ich nicht mehr klar denken.
Ich klicke einfach auf Joshs E-Mail-Account und schicke mir selbst das Foto von seinem rattenscharfen Körper mit dem Megaständer. Dieser Kerl wird definitiv die Inspiration für viele zukünftige Orgasmen sein.
Wenn ich mir schon Fotos von seinem Computer an mich selbst schicke, kann ich mir doch auch genauso gut gleich die ganze Anmeldung mailen, oder? So kann ich sie auch später in meinem eigenen Bett lesen, falls er mich gleich davon ablenken sollte.
Als ich auf Senden klicke, taucht eine Nachricht in der oberen rechten Ecke von Joshs Bildschirm auf: Er hat eine E-Mail von jemandem namens Jennifer LeMonde mit dem Betreff »Hey, Süßer!« bekommen.
Mein Magen verkrampft sich.
Meine Mundwinkel zucken unwillkürlich.
Jenn.
O mein Gott, ich sollte das nicht tun – ich weiß, ich sollte es nicht tun. Aber man nenne mir eine Frau in meiner Lage, die diese verdammte E-Mail nicht lesen würde. Wenn es sie wirklich gibt, dann hat sie keinen Herzschlag und auch keine Vagina – oder zumindest keine Eier in der Hose.
Ich öffne die Mail.
Josh!, schreibt Jennifer LeMonde. Es ist sooo schade, dass du nicht mit mir nach NYC gekommen bist. Die Show meiner Mutter war fantastisch! Es hätte dir so gut gefallen! Die Kritiker sagen, sie wird für einen Tony nominiert. Und die Party danach war einfach der Hammer! Du hättest die ganzen Promis sehen müssen, die dort aufgetaucht sind! Ich hab ein Bild von mir und Mom auf der Party angehängt. Sie lässt dich übrigens grüßen. Sie kann sich noch sehr gut an dich erinnern – an damals, als wir alle zusammen in unserem Haus in Aspen waren.
Ich wollte mich nur kurz bei dir bedanken, dass du mich nach Reeds Party angerufen hast. Um ehrlich zu sein, war ich ziemlich bestürzt darüber, wie das an dem Abend alles gelaufen ist. Ich bin wirklich froh, dass wir es hinterher klarstellen konnten.
Ich habe über das, was du gesagt hast, nachgedacht, und ich verstehe dich total. Ich sehe das genauso. Wenn du also mal mit jemandem abhängen willst, der nicht gleich in die Luft geht wie eine Granate – wie diese eifersüchtige Schlampe (was für eine Drama-Queen, o mein Gott!) –, dann ruf mich einfach an. Ich bin mit deinem Vorschlag voll und ganz einverstanden. Wir treffen uns einfach, haben Spaß und schauen, wo es hinführt. Kein Stress. Nichts Ernstes.
Wie dem auch sei, nächstes Wochenende habe ich Geburtstag (die große 29!), und meine Mom lässt mich in unserem Haus in den Hamptons feiern. Ich werde jede Menge Freunde einladen, und ich will wirklich, dass du auch kommst. Kein Drama. Nur SPASS, SPASS, SPASS! Es wäre das beste Geburtstagsgeschenk der Welt, wenn du kommen könntest (und mich hoffentlich auch dazu bringst! Hihi!).
Ich weiß doch, wie sehr du auf meine hübschen Titties stehst (LOL!), deswegen habe ich auch ein ganz besonderes Bild von mir angehängt. Es soll dir dabei helfen, die Zeit zu überbrücken, bis du sie persönlich begutachten kannst (und noch einmal kneten, wenn du willst!). Danke noch mal, dass wir geredet haben. Wir sind definitiv auf derselben Seite. Keine Beziehung. Nichts Ernstes. Da bin ich voll und ganz deiner Meinung. XOXOXOXO Jenn.
Ich war noch nie in meinem Leben so wütend.
Ich würde sie am liebsten umbringen.
Und ihm danach die Eier abschneiden und sie über der Asche seines abgebrannten Hauses rösten. Und dann würde ich sie am liebsten, zwischen zwei Kekse geklemmt, essen.
Ich knirsche so fest mit den Zähnen, dass sie mir fast im Mund zerbröseln. Ich bin also die ›eifersüchtige Schlampe‹, ja? Hat sich Jenn diesen netten Spitznamen für mich ausgedacht, oder hat Josh sie darauf gebracht – vielleicht bei ihrer Unterhaltung nach Reeds Party? War das auch das Telefonat, in dem Josh vorgeschlagen hat, dass sie sich wieder treffen, damit er Jenns »hübsche Titties« noch einmal kneten kann?
Warum hat Josh sie nach Reeds Party angerufen, verdammt? Er hat mir erzählt, dass er absolut nichts von ihr will. Ist er in sein Zimmer zurückgeeilt, um ein bisschen Telefonsex zu haben, nachdem er sich meine Kotze von den Schuhen gewischt, mir das Haar gehalten und mich dann ins Bett gebracht hat?
Ich sollte diese E-Mail schließen, das sollte ich wirklich – das wäre das Intelligenteste, was ich tun könnte –, aber stattdessen quäle ich mich selbst weiter und klicke auf das erste Foto, das Jenn der E-Mail angehängt hat.
Ich quietsche auf.
Jenns Mom ist Gabrielle LeMonde?! Ich blinzle rasch mit den Augen, um einen klaren Gedanken fassen zu können. Gabrielle LeMonde ist eine Ikone! Ich habe jeden ihrer verdammten Filme gesehen – nicht nur die Komödien, auch die richtig langweiligen, in denen sie mit diesem perfekten britischen Akzent gesprochen hat.
Jetzt wird mir klar, warum Josh überhaupt etwas mit Jenn angefangen hat. Wenn ich ein dreiundzwanzigjähriger Kerl mit dicken Eiern wäre, hätte ich Gabrielle LeMondes Tochter auch nicht von der Bettkante gestoßen – schon gar nicht, wenn sie so einen Körper hat wie Jenn. Und jetzt ergibt es plötzlich auch einen Sinn, dass Jenn mit Filmstars wie Isabel Randolph herumstolziert. O Gott, Jenns Kontaktliste muss sämtliche Hollywoodstars und -sternchen umfassen.
In meinem Kopf dreht sich alles. Ich würde mich am liebsten übergeben. Plötzlich registriere ich, dass Josh einer der begehrtesten Junggesellen der Welt ist. Heilige Scheiße. Bis zu diesem Moment war Josh einfach nur der Bruder von Sarahs Freund für mich – sein gut aussehender und reicher Bruder, sein witziger und gut gekleideter Bruder, sein verdammt scharfer und sexy Bruder. Sein Bruder, der es mir ermöglicht hat, in Vegas zu bleiben und meinen Job zu behalten. Sein Bruder, mit dem ich so guten Sex hatte, dass ich für einen Moment ohnmächtig geworden bin – aber eben doch einfach nur ein Bruder, der wie alle anderen mit einem Bein nach dem anderen in seine Jeans steigt (und der wahrscheinlich seinen Riesenpenis in dieser Jeans verstaut, bevor er den Reißverschluss zuzieht).
Aber jetzt stellt sich heraus, dass Josh sozusagen ein Gott unter den bekannten Männern dieser Welt ist. Er scheint in einem anderen Universum zu leben, in dem auch weltbekannte Schauspielerinnen und ihre Töchter leben. Und Models von Victoria’s Secret. Und Red Card Riot, verdammt. Wer zum Teufel ist dieser interessanteste Mann der Welt, der einfach mal so durchs ganze Land fliegen könnte, um auf die Geburtstagsparty einer Fickbekanntschaft zu gehen, die zufällig die Tochter von Gabrielle LeMonde ist? Das ist doch Wahnsinn!
Mir wird ganz übel.
Ich bin eigentlich eine selbstbewusste Frau – wahrscheinlich sogar selbstbewusster als die Durchschnittsfrau, wenn ich ehrlich bin –, aber wie konnte ich so vermessen sein zu denken, dass ein Kerl wie er sich ausgerechnet mich aussucht? Ich verdrehe die Augen, auch wenn es keiner sehen kann. Ich hatte immer eine ziemlich hohe Meinung von mir selbst (was ich normalerweise nicht laut zugebe), doch plötzlich komme ich mir zwischen all den Frauen, die in Joshs Welt leben, mehr als durchschnittlich vor. Und total naiv. Hat Josh mich die ganze Zeit nur verarscht? Gibt er jedem Mädchen das Gefühl, etwas Besonderes zu sein? War ich eine totale Idiotin?
O Gott, meine Augen füllen sich mit Tränen. Warum komme ich mir auf einmal wieder so vor, als stünde ich vor Garrett Bennetts Tür und würde total gedemütigt werden? Ich hole tief Luft, um mich selbst zu beruhigen.
Ich sollte Jenns E-Mail sofort schließen. Es lässt mich an allem, was zwischen Josh und mir war, zweifeln. Er war mir gegenüber einfach nur unglaublich. Großzügig. Aufmerksam. Liebevoll. Leidenschaftlich. Ich benehme mich wie eine Verrückte. Was ist schon dabei, dass Jenns Mutter Gabrielle LeMonde ist? Das ändert gar nichts. Warum lässt mich das so ausflippen? Ich sollte Joshs Laptop schließen und sofort damit aufhören.
Aber das tue ich nicht.
Stattdessen tue ich genau das Gegenteil: Ich öffne das zweite Foto, das Jenn an die E-Mail angehängt hat.
O mein Gott, verdammt.
Mir ist schon schlecht geworden, als ich das Foto von Jenn mit ihrer berühmten Mutter gesehen habe, aber jetzt könnte ich tatsächlich kotzen.
Es ist ein Nacktselfie von Jenn. Sie grinst breit in die Kamera und schiebt ihre »hübschen Titties« ins Bild – offensichtlich eine Einladung an Josh, sie noch einmal zu kneten.
Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ist Jenn eine total verzweifelte Frau, die einem Kerl nachläuft, der ihr zweifellos klargemacht hat, dass er nichts von ihr will? Oder ist sie ganz im Gegenteil eine Frau, die einem Kerl nachläuft, der mit ihr geschlafen und ihr danach Hoffnungen gemacht hat? Josh hat mir gesagt, dass er nichts von Jenn will. Und trotzdem hat er sie nach Reeds Party angerufen. Warum hat er das getan? Und was für einen »Vorschlag« hat er ihr gemacht, als sie geredet haben? Plötzlich weiß ich nicht mehr, was ich denken soll.
Mein Herz schlägt wie wild. Ich wische mir über die Augen. Ich weine nie, und ich werde jetzt nicht damit anfangen. O nein. Es ist so untypisch für mich, eifersüchtig und unsicher zu sein. Ich hasse mich selbst dafür. Ich benehme mich wie eine Pussy. Ich muss mich zusammenreißen. Ich muss aufhören, mir darüber Gedanken zu machen. Josh Faraday ist nicht mein fester Freund (auch wenn ich mir das zugegebenermaßen wünsche), und ich bin nicht seine Freundin. Ich habe kein Recht dazu, mich so zu fühlen. Der Mann kann tun und lassen, was er will.
Nein, kann er nicht. Er gehört mir! Nur mir.
Ich klappe Joshs Laptop zu und stelle ihn auf den Tisch. Ich muss hier raus. Josh wird jeden Augenblick hier sein, um mich davon »abzulenken«, seine Anmeldung zu lesen, und ich habe im Moment das Gefühl, dass ich komplett ausflippen und Dinge sagen werde, die ich später bereue.
Ich will gerade gehen, da öffnet sich die Tür der Suite.
Josh stürmt ins Zimmer. »Hey, Wildes-Partygirl mit Bindestrich«, sagt er und hält fröhlich ein Päckchen Kondome in die Luft. »Kann ich dich ein bisschen vom Lesen ablenken?«
Ich gehe an Josh vorbei zur Eingangstür. Meine Augen brennen, mein Mund bleibt geschlossen.
»Kat?«
Ich reiße die Tür auf, als würde ich das verdammte Ding aus den Angeln heben wollen.
»O Scheiße«, sagt Josh. »Du hast die Anmeldung ohne mich gelesen?« In seiner Stimme liegt Panik. »Verdammt, Kat. Lass es mich erklären. Genau deswegen wollte ich nicht, dass du dieses blöde Ding überhaupt liest.«