Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
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Copyright © by Frick Verlag GmbH, Pforzheim
1. Auflage 2016
Umschlaggestaltung:
Toni Traschitzker und Brigitte Jach (Layout)
Illustrationen: Toni Traschitzker
Alle Rechte, auch die der auszugsweisen oder fotomechanischen Wiedergabe, vorbehalten.
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Herstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-939862-77-2
Liebe Leserin, lieber Leser!
Betrachte dieses Foto! Du siehst einen Fluss: die Drau, an der mein Heimatort Spittal an der Drau in Kärnten, Österreich, liegt. Und nun versuch dir vorzustellen: Du hockst am Ufer auf den hellen Steinen und schaust auf das Wasser. Es zieht rasch an dir vorbei – aber völlig lautlos! Du hörst kein Rauschen, kein Plätschern und auch kein Gurgeln wie an anderen Stellen dieses Flusses! Es ist ein stiller, lautloser Ort!
Diese Stille hat etwas Geheimnisvolles an sich. Sie lädt dich ein, selber ganz still zu werden; und genauso wie das Wasser an dir vorbeigleitet, ziehen plötzlich allerlei merkwürdige Gedanken an dir vorüber …
Genau an dieser stillen Stelle saß ich einmal, blickte versonnen auf den Fluss – und plötzlich waren sie da, wie ein Lichtstrahl von oben: die ersten Gedanken an die sonderbare Geschichte mit Willi. Dass er Willi heißen würde, wusste ich damals noch gar nicht. Aber mir war klar: Da ist etwas …
Wochen und Monate vergingen, nichts geschah. Doch ich hatte mir die Erinnerungen an die „stille Stelle an der Drau“ aufgeschrieben, sodass sie sich nicht mehr verflüchtigen konnten.
Immer wieder kehrte ich an diese Stelle zurück. Als ich wieder einmal von dort nach Hause ging, war mir eine neue Geschichte eingefallen, aus der ich in den folgenden Monaten ein eigenes Buch gestaltete. Doch das hatte mit dem geheimnisvollen, stillen Wasser nichts zu tun. Diese „alte Idee“ lebte aber noch immer! Sie wurde größer und größer und fing zu drängen an: „Ich will geschrieben werden!“
Und jetzt liegt diese Geschichte fertig vor dir!
Es ist nicht derselbe Fluss, an dem Willi Rätselhaftes mit seiner „Seitasine“ erlebt. Die ganze Geschichte ist eine Erfindung. Aber du weißt jetzt: Für die geheimnisvolle, stille Stelle an der Reisilla (so heißt der Fluss in der Geschichte) gibt es in der Wirklichkeit ein Vorbild!
Vielleicht findest auch du in deiner Umgebung einen ähnlichen Ort! Geh hin und versuch seine Stille zu begreifen – und zu genießen! Du wirst sehen: Das ist etwas ganz anderes als die vielen, vielen lauten Orte auf der Welt, an denen man nicht zur Ruhe und nicht richtig zum Denken kommt. Such diesen Ort immer wieder auf! Freu dich an ihm! Vielleicht merkst du dann wie Willi: Das kann ergreifender und spannender sein als eine Weltreise! Viele so schöne, wundersame Reisen ins Stille
wünscht dir
Toni Traschitzker
Quietsch! Quietsch!
Willis Bett schrie geradezu vor Schreck.
Warum?
Weil er sich bäuchlings draufgeworfen hatte – wie ein Fußballtormann, der nach dem Ball hechtet. Wenn der Papa Zeit hatte, spielte er manchmal mit Willi Fußball. Dann war Willi gern der Tormann, der sich wie die großen Fußballvorbilder nach links oder nach rechts warf, um den Ball zu erwischen.
„Du bist ja ein Mordskicker“, sagte der Papa immer wieder. Diesmal hätte er wohl gesagt: „Du hast ja einen Mordsgrant“
Richtig – Willi war wütend! Gerade erst hatte ihm die Mama verkündet: Die Urlaubsreise nach Italien fällt aus. Einen Tag vor Willis Geburtstag so eine Nachricht! Das war wirklich zum Wildwerden!
Willi verkrallte sich mit den Fingern im Kopfkissen. Am liebsten hätte er vor Enttäuschung und Wut drauflosgeheult. Aber er war ja kein kleines Kind mehr wie Rosi, sein Schwesterchen! Am nächsten Tag, dem zehnten Juli, hatte er Geburtstag: neun Jahre. Das war fast dreimal so viel wie Rosis Alter. Nein, nein, wenn man schon so groß und so alt war, durfte man nicht mehr heulen – obwohl es wirklich zum Heulen war! Noch vor drei Tagen hatte Willi nach der Zeugnisverteilung geprahlt, dass er im August mit seinen Eltern und seiner Schwester Rosemarie nach Italien fahren würde. Badeurlaub am Meer! Schwimmen in der Adria!
Das war alles futsch! Und warum? – Nur weil die Mama arbeitslos geworden war! Sie hatte als Verkäuferin in einem Supermarkt gearbeitet. Der war geschlossen worden. Willi wusste nicht, warum. Er ärgerte sich über jene Herrschaften, die seine Mama nicht mehr arbeiten lassen wollten. Zum Glück verdiente auch der Papa Geld, sogar mehr als die Mama bisher! Er arbeitete schon seit etwa fünfzehn Jahren als Schlosser, noch immer in derselben Schlosserei, in der er als Lehrling angefangen hatte. Aber er fand, das Geld reiche nicht für einen Urlaub am Meer. Blödsinn! Warum denn nicht?
Zugegeben: Willis Eltern brauchten viel Geld für das Haus. Es war noch nicht einmal fertig eingerichtet. In den Räumen im oberen Stockwerk fehlten noch immer die Möbel, außer im sogenannten „Kinderzimmer“. Dort stand Willis Bett. Er durfte als Einziger der Familie im ersten Stock in einem eigenen Zimmer schlafen! Die kleine Rosi schlief bei den Eltern im Erdgeschoss.
Im „Kinderzimmer“ standen noch nicht viele Möbel – nur ein kleiner Tisch mit einem Stuhl, ein schmaler, alter Wandschrank und Willis Bett, das jedes Mal quietschte, wenn man sich draufsetzte.
Willi quietschte nicht, er knurrte nur leise ins Kopfkissen. Nach einer Weile drehte er sich auf den Rücken und starrte zum Fenster hinaus. Vom Bett aus konnte er die fernen Berggipfel und den wolkenlosen Himmel darüber erblicken. Ferienwetter!
Willi seufzte.
War es wirklich so schlimm, dass die Urlaubsreise nach Italien entfiel? Wenn die Mama nicht mehr zur Arbeit musste, war sie immer daheim bei Willi. Dann hatte sie viel mehr Zeit für ihn! Für ihn und Rosi! Dann konnte sie beim Essenkochen öfter ein bisschen „experimentieren“, wie sie das nannte, wenn sie ab und zu etwas Neues ausprobierte. Das hatte sie schon lange nicht mehr getan! Gewöhnlich gab es nur „Fertiggerichte“. Die brachte notfalls auch der Papa zusammen, obwohl er nie kochen gelernt hatte. Vielleicht spielte die Mama, wenn sie jetzt zu Hause bleiben durfte, mit Willi jeden Tag auf der Wiese Fußball! Rosi, die dafür noch zu klein war, könnte dabei „Publikum“ spielen; oder Schiedsrichter – ach nein! Dafür war sie erst recht zu klein! Sie verstand die Fußballregeln noch nicht …
„Willi!“
Hoppla! Die Mama hatte gerufen. Was wollte sie? Hatte sie noch eine unangenehme Nachricht für Willi?
„Ich komm’ gleich!“, rief er, während er vom Bett aufstand. Missmutig trottete er ins Erdgeschoss hinunter.
Die Mama wartete mit einer guten Nachricht auf ihn: Gerade hatte die Großmutter angerufen und die ganze Familie zu einer „Kuchenjause“ am nächsten Tag eingeladen – zur Feier von Willis Geburtstag.
„Na? Ist das eine Geburtstagsüberraschung?“, fragte die Mama.
„Hm …“, brummte Willi. „Eine richtige Überraschung wäre es, wenn du jetzt gesagt hättest: ‚Die Oma zahlt uns den Urlaub in Italien.‘“
„Ach!“, rief die Mama, während sie sich die Haare aus der Stirn strich. „Du bist und bleibst ein verwöhntes, kleines Kind. Auch wenn du morgen schon neun Jahre alt wirst.“
Willi grinste und erwiderte: „Wenn dir deine Stirnfransen ins Gesicht rutschen, siehst du auch wie ein kleines Kind aus; obwohl du schon dreißig Jahre alt bist.“
„Frechdachs, du!“, entgegnete die Mama kichernd.
„Sei froh, dass du arbeitslos bist!“, meinte Willi. „Sonst hättest du morgen Nachmittag gar keine Zeit für die Kuchenjause. Papa muss drauf verzichten, weil er arbeiten muss.“
„Stimmt.“ Die Mama seufzte. „Aber wir bringen ihm ein Stück Kuchen zum Kosten mit.“
„Oder zwei!“, schlug Willi vor.
Die Mama lächelte und nickte.
Der Papa konnte am nächsten Nachmittag tatsächlich nicht mit zur Geburtstagsfeier, also ging die Mama nur mit Willi und Rosi zu den Großeltern.
Die Großmutter – für Rosi hieß sie „Omi“, für Willi war sie die „Oma“ – die Großmutter hatte den Geburtstagskuchen selber gebacken, gerade erst am Vormittag: einen „Gugelhupf“. Er duftete nicht nur verlockend, er sah auch lecker aus, als ihn die Großmutter auf den Tisch stellte. Kuchenteller, Gabeln, Kaffeetassen für die Erwachsenen und Kakaotassen für die Kinder standen schon bereit. Außer dem Papa, der ja in der Schlosserei arbeiten musste, fehlte nur noch einer: der Großvater.
„Willi, sei so lieb und hol ihn!“, bat die Großmutter. „Du weißt ja, wo sein Zimmer ist. Falls er noch immer sein Mittagsschläfchen hält, kannst du ruhig ein bisschen Krach machen, damit er endlich aufwacht, der Langschläfer.“
„Jawohl! Ich mach’ Krach“, entgegnete Willi grinsend, und schon flitzte er zu Großvaters Zimmer.
Der Opa schlief nicht. Er saß an seinem Schreibtisch und hielt ein metallenes, rundes kleines Ding in der linken Hand. Als er lautes Pochen an der Tür hörte, schaute er auf, sah seinen Enkel eintreten und rief freundlich: „Jö, der Willi ist da! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“
„Danke schön, Opa!“ Willi trat näher. „Wir warten schon mit dem Kuchen auf dich.“
„Ich komme gleich“, erwiderte der Opa. „Ich muss nur noch meine Uhr aufziehen.“
„Uhr?“ Verwirrt starrte Willi auf das runde Ding in Opas Händen. „Das soll eine Uhr sein?“
Der Opa nickte und entgegnete: „Freilich. Das ist meine gute, alte Taschenuhr.“
„Taschenuhr?“ Willi runzelte die Stirn. „Das Ding sieht aus wie Omas alte Küchenuhr, nur viel, viel kleiner.“
„Freilich“, sagte der Opa wieder. Er drehte mit der rechten Hand an einem Rädchen, das seitlich an der Uhr angebracht war. „So ein gutes Stück hast du wohl noch nie gesehen: mit einem richtigen Zifferblatt, langem Minutenzeiger und einem kürzeren Stundenzeiger. Das Gehäuse ist aus echtem Silber. Ah, das Rädchen klemmt. Das bedeutet, die Uhr ist jetzt fertig aufgezogen. Da, du kannst sie ruhig einmal anfassen!“
Willi ließ sich die Uhr auf die geöffnete Hand legen – und wunderte sich schon wieder: „Ui, die ist aber schwer! Hat die eine so starke Batterie drin?“
„Batterie?“ Der Opa lachte. „Die braucht keine Batterie.“
„Was? Eine Uhr, die ohne Batterie geht?“, platzte Willi heraus. „Das ist ja ein Wunderding!“
„Ja, ja, sie ist ein handwerkliches Wunderding“, bestätigte der Opa. „Man muss sie jeden Tag aufziehen, das hab’ ich gerade gemacht – mit diesem Rädchen. Siehst du? Sobald ich daran drehe, wird im Innern der Uhr eine Feder gespannt, die winzige Zahnräder antreibt; und die bewegen die Zeiger. Wäre ich ein Uhrmacher, könnte ich die Uhr aufschrauben und dich das ganze Wunderwerk von innen ansehen lassen. Leider bin ich kein Uhrmacher. Aber du kannst hören, wie das Werk arbeitet. Halt dir die Uhr einmal ans Ohr!“
Willi tat es. Er hörte ein leises, feines Ticken.
„Richtig geheimnisvoll ist das“, meinte er. Eine Weile horchte er staunend, dann legte er die Uhr auf den Tisch und fragte: „Lauter kleine Zahnräder, so was! Geht das Ding auch genau?“
Der Opa nickte und antwortete: „Sehr genau sogar – das heißt, so genau wie die neumodischen Uhren kann sie natürlich nicht gehen. Sie ist ja eine rein mechanische Uhr, ganz ohne elektrischen Strom. Aber du kannst sie leicht einstellen, wenn sie einmal nicht die genaue Zeit anzeigt. Schau: Du ziehst das Rädchen zum Aufziehen ein Stück nach außen – so! Siehst du? Und jetzt kannst du die Zeiger vor- oder zurückdrehen, genauso wie du’s brauchst. Siehst du?“
Der Opa machte es vor.
„Zuletzt drückst du das Rädchen nach innen, dann tickt die Uhr wieder richtig weiter.“
„Ja, aber … ganz so genau auf die Zehntelsekunde wie bei einer modernen Uhr geht’s wohl nicht“, wandte Willi ein.
„Zehntelsekunde – wozu?“, rief der Opa lächelnd aus. „Ich sag’ dir was: In meiner Jugendzeit war man noch nicht so versessen auf Zehntel- und Hundertstelsekunden wie die Leute heutzutage. Was ist schon eine Hundertstelsekunde im Vergleich zu einem ganzen Leben?“
„Na ja … aber im Sport kommt es auf jede Hundertstelsekunde an“, widersprach Willi.
Der Opa winkte ab und entgegnete: „Ach, das ist doch unsinnig: Nur weil beispielsweise der eine Schifahrer um einen Huster langsamer ist als der andere, gilt er als Verlierer. Ist nicht auch der Letzte ein überaus mutiger Kerl, wenn er bei einem Rennen ebenso schnell über die Piste hinunterbraust – womöglich schneller als andere Leute mit einem Auto?“
„Eigentlich schon, aber … es geht immerhin um eine Menge Geld für den Sieger“, wandte Willi ein.
„Ja, Geld. Leider!“ Der Opa seufzte. „Heutzutage ist anscheinend nur der ein ‚echter‘ Sportler, der dabei einen Haufen Geld verdient. Wer aber jeden Tag brav sportlich zu Fuß zur Arbeit geht, gilt als armer Trottel, der sich kein Auto leisten kann. – Na ja, jede Zeit hat ihre eigenen Spinnereien. Ich hab’ mich jedenfalls nicht hetzen lassen müssen. Das Leben ist viel schöner, wenn es nicht dauernd auf jede Zehntelsekunde ankommt. Verstehst du das?“
„Hm … tja … hetzen lassen mag ich mich auch nicht“, gab Willi zu, während er nachdenklich auf die Taschenuhr schaute.
„Willst du auch so eine?“, fragte der Opa plötzlich. Er stand auf, ging zu einem Wandschrank, und nachdem er eine Weile darin gekramt hatte, kehrte er mit einer anderen Uhr zurück.
„Wie wär’s mit der?“, fragte er lächelnd. „Gefällt sie dir? Das Gehäuse ist zwar nicht aus echtem Silber. Aber sie ist meine allererste Taschenuhr. Sie geht noch immer. Du brauchst sie nur aufzuziehen. Schau her!“
Der Opa zeigte es, indem er – wie vorhin bei der anderen Uhr – an einem Rädchen drehte. Dann hielt er Willi die Uhr ans Ohr und fragte: „Hörst du? Sie tickt wieder.“
Das stimmte. Aber die Uhr zeigte eine falsche Zeit an: sieben Minuten vor zwei statt fünf Minuten nach drei.
„Da, stell sie richtig ein!“, forderte der Opa seinen Enkel auf. „Es geht ebenso wie bei der anderen Uhr.“
Willi versuchte es. Er zog das Rädchen nach außen und drehte daran. Die Zeiger bewegten sich! Es dauerte nicht lange, bis sie die richtige Zeit anzeigten: fünf Minuten nach drei … und ein kleines bisschen dazu, weil die Zeit inzwischen weitergegangen war.
„Und jetzt?“, fragte Willi unsicher.
„Jetzt drückst du das Rädchen nach innen und hältst dir die Uhr ans Ohr“, antwortete der Opa.
Willi tat es – und rief begeistert: „Sie tickt wieder!“
„Wie neu“, entgegnete der Opa. „Und jetzt gehört sie dir. Weil du heute Geburtstag hast.“
Willi staunte. „Darf ich sie wirklich behalten?“
„Freilich.“ Der Opa nickte. „Aber versprich mir, dass du gut drauf aufpasst. Die hat mir einmal das Leben gerettet.“
„Jö!“ Willi kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Wie ist denn das zugegangen?“
Da erzählte ihm der Großvater, dass er als junger Bursch die Uhr jedes Mal, um nicht zu spät zu kommen, um drei Minuten vorgestellt hatte. Also hatte er einmal im Winter um drei Minuten zu früh das Haus verlassen. Er war unter dem Hausdach vorbeigegangen, hatte zwei Schneeschaufeln in den Schuppen geräumt und war danach auf die Straße getreten, um zur Arbeit zu gehen. Plötzlich donnerte vom Hausdach eine Schneelawine herunter!
„Die hätt’ mich erwischt – wenn ich nicht wegen der Uhr genau drei Minuten früher aus dem Haus gegangen wäre“, meinte der Großvater; und Willi hatte schon wieder etwas zum Staunen!
„Siehst du, Willi, diese wunderbare Uhr gehört jetzt dir. Sie ist eine Zauberuhr.“
Das hätte der Großvater nicht sagen sollen …
„Wo bleiben denn die zwei?“, fragte die Großmutter kopfschüttelnd. Dann wandte sie sich an die kleine Rosemarie: „Rosi, magst du sie holen gehen?“
„Ich geh’ sss–on, Omi!“, lispelte die Kleine diensteifrig. Sie sprang von ihrem Stuhl, trippelte zur Tür und verließ die Küche. Im Vorhaus blieb sie stehen und überlegte, wie sie weitergehen musste. Ein paarmal war sie schon in Großvaters Zimmer gewesen. Aber welche Tür war die richtige? Gleich die nächste neben der Küche?
Rosi zog die Klinke nach unten, die Tür sprang auf.
Hu! Dahinter war’s stockdunkel. Rosi hatte die Besenkammer erwischt. Nur schnell wieder die Tür zugemacht!
Wie wär’s mit der nächsten Tür?
Rosi trippelte weiter, blieb stehen und horchte.