Das ganze Leben ist ein Wunder!
2003 gründete Yogani, ein anonymer fortgeschrittener amerikanischer Yogi, eine Yahoo-Gruppe, in der er ein sehr effektives System yogischer Techniken und teilweise geheimstes yogisches Wissen vorstellte. Unklarheiten klärte er in vielen Fragenbeantwortungen. Der sich daraus entwickelnde, noch nie da gewesene Fundus an Wissen und Ratschlägen sprach Anfänger wie Fortgeschrittene gleichermaßen an und stieß bald weltweit auf große Resonanz.
Nach der Übertragung auf eine eigene Website (www.aypsite.org) mit gut besuchtem Forum stellte Yogani das zusammengetragene Wissen systematisch in einzelnen Bänden bereit, die nun dem deutschsprachigen Publikum in der FYÜ (Fortgeschrittene Yoga Übungen)-Erleuchtungsreihe zur Verfügung gestellt werden.
„Samyama – oder wie kultiviert man Stille im Handeln, Siddhis und Wunder?“ ist die Übersetzung des fünften Bandes. Darin werden klare und vielfältige Antworten auf die Fragestellung des Titels gegeben und das Thema unter verschiedenen Blickwinkeln erörtert. Ich hoffe, dass auch im deutschsprachigen Raum viele Suchende von den hier vorgestellten Techniken und der gesamten Reihe profitieren und Antworten auf ihre drängenden Fragen an das Leben erhalten.
Für die zuverlässige und kompetente Hilfe bei Korrektur und Lektorat bedanke ich mich wieder bei Frau Annette Hochwarth.
Der Übersetzer
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Einleitung
Kapitel 1 – Wie werden Wunder gemacht?
Wie ist unsere Welt entstanden?
Wie entdecken wir unser grenzenloses inneres Potential?
Wir werden zum Kanal für einen unendlichen Ausdruck
Kapitel 2 – Samyama
Die Yoga Sutren des Patanjali
Die Samyama-Technik
Die Erklärung der Samyama-Technik
Sutren für eine ausgeglichene Reinigung und Öffnung
Moralische Selbstregulierung
Fragen und Antworten zur täglichen Praxis
Da scheint sich nicht viel zu tun beim Samyama. Bin ich dafür schon bereit?
Welcher Unterschied besteht zwischen dem Aufgreifen und Loslassen des Wortes „Liebe“ und der Kontemplation von „Liebe“ während des Samyama?
Ich habe Schwierigkeiten, mich an das 15-Sekunden-Intervall zu halten. Hast du irgendwelche Vorschläge? Und warum 15 Sekunden?
Ist es in Ordnung, wenn man sich während der Samyama-Praxis verliert? Und wenn ich mir bewusst werde, dass es dazu gekommen ist, was tue ich dann?
Ich habe gehört, dass Konzentration eines der entscheidenden Elemente bei der Samyama-Praxis ist, doch du erwähnst diese überhaupt nicht. Warum?
Ich praktiziere bereits seit Jahren buddhistische Meditation. Ist diese Art Samyama hier damit vereinbar?
Ist das Üben von Samyama, um damit persönliche Kräfte zu erhalten, falsch? Ist es gefährlich?
Bei mir kommt es manchmal während des Samyama zu schnellem Atmen und Regungen des Körpers. Was ist das?
Ich bin während des Samyama und für einige Zeit danach mit hellem Licht und angenehmer Energie angefüllt. Ist das das richtige Ergebnis?
Warum fühle ich mich manchmal nach meiner Samyama-Praxis nervös und gereizt?
Was will man letztendlich mit Samyama erreichen?
Symptome für Reinigung und Öffnung
Symptome
Selbstabstimmung
Das Aufkommen des aktiven Zeugen
Kapitel 3 – Erweiterte Anwendungen
Kosmisches Samyama und Yoga Nidra
Die Übung des kosmischen Samyama
Samyama und Yoga-Stellungen (Asanas)
Gebete und die Prinzipien von Samyama
Praktisches Beispiel eines Samyama-Gebetes
Samyama-Gebete für die Lösung von globalen Problemen
Samyama im täglichen Leben
Sich bewegende Stille und aktive Hingabe
Natürliche Selbstanalyse
Absichtsvolles göttliches Fließen
Transformation karmischer Einflüsse
Siddhis – Übernatürliche Kräfte
Die Bedeutung eines methodischen Ansatzes
Kapitel 4 – Stille im Handeln
Die Beziehung zwischen innerer Stille und Ekstase
Fliegen auf den Schwingen ekstatischer Glückseligkeit
Lass los und lass Gott zu
Anhang
Die Samyama Sutren des Patanjali
Forschungsarbeit für gut eingeführte Übende
Weitere FYÜ-Schriften und Support
Wodurch ist Erfolg bestimmt? Geht es bei Erfolg darum, dass wir das bekommen, was wir wollen oder vielmehr darum, dass wir das aufgeben, was wir wollen? Interessanterweise spielt dabei beides eine Rolle und nicht notwendigerweise in der genannten Reihenfolge. Es gibt einen natürlichen Prozess der Ansammlung von Wissen – und der damit einhergehenden Errungenschaften, wie man dies bei Menschen seit den Anfängen der Geschichte beobachten kann. Versteht man dies, kennt man auch das Geheimnis bei der Hervorbringung von Wundern.
Wir alle haben erfolgreiche Menschen kennen gelernt. Ohne Zweifel haben auch wir selbst in diesem Leben bereits Dinge zustande gebracht und zweifellos würden wir gern noch mehr Erfolge erzielen. Es gibt das alte Diktum, dass man erfolgreich ist, wenn man auf einer ausgewählten Aufgabe fokussiert bleibt. Anhaltende harte Arbeit zum Erreichen unseres Ziels ist das Erfolgsrezept, von dem wir seit unserer Jugend vernommen haben. [Ohne Fleiß kein Preis].
Doch, warum erzählen uns große Erfinder wie Sir Isaak Newton und Albert Einstein, dass ihnen ihre größten Entdeckungen genau dann gelangen, als sie absolut nichts machten? Warum erzählen uns Künstler, dass ihre schönsten Schöpfungen durch sie hindurchfließen und dass ihre Hauptleistung darin bestünde, mit diesem Ausfließen mitzuhalten?
Gibt es etwas, das wir systematisch und ohne Anstrengung tun können, um damit unsere Bestrebungen im täglichen Leben stark zu bereichern? – Das wollen wir hier untersuchen und dazu eine uralte Yoga-Methode namens Samyama heranziehen. Diese bedient sich eines in uns vorhandenen Prinzips, das die Ursache für bemerkenswerte Erfolge sein kann, Erfolge, die bis an das Wunderbare grenzen. Und all das entstammt einem natürlichen, aus unserem Inneren hervorquillenden Fluss von Energie und Kreativität.
Die hier erörterten Samyama-Methoden sind leicht zu verstehen und praktikabel. Sie können uns helfen, die jederzeit in unserem Inneren zur Verfügung stehende unerschöpfliche Quelle anzuzapfen.
In der Bibel heißt es: „Am Anfang war das Wort …“
Und davor, was war da? – Stille, das Nichts, ein unendliches Spielfeld an Möglichkeiten.
Dann kam aus dem Nichts eine Schwingung, ein Wort daher. Wir könnten auch sagen, eine Absicht. Und daraus „wurden alle Dinge erschaffen“.
Mit anderen Worten: Die Schöpfung des physischen Universums geschah aus einer Schwingung heraus, die in der aus der Leere kommenden Stille herrschte. Weil die Astronomen dies nicht besser erklären können, nennen sie das den „Big Bang“, den großen Knall.
Nachdem all dies so abgelaufen ist, was ist mit dieser Stille, diesem unendlichen Spielfeld an Möglichkeiten geschehen? – Absolut nichts. Es ist immer noch bei uns. Es ruht bequem unterhalb der aus ihr entstandenen Schöpfung. Es stellt die ewige Wirklichkeit hinter der Maske des materiellen Universums und unserer Welt dar.
Auf dem Gebiet der Physik wurde dies ziemlich klar erkannt. Wir wissen heute, dass alles, was fest zu sein scheint, in jeder Beziehung nichts als leerer Raum ist – mit winzigen, durch die Stille umeinander wirbelnden Energiepunkten darin. Dieser leere Raum mit ein paar Energiepunkten darin erscheint uns und vermittelt uns die Empfindung von physischer Materie. Körperlichkeit ist ein Produkt unserer Wahrnehmung. Diese Erscheinung und die Empfindung des Physischen sind sehr real, wie wir alle schon herausgefunden haben, wenn wir nur einmal mit etwas aus diesem leeren physischen Raum zusammengestoßen sind. Doch wir wissen trotzdem, dass sie es ist. Das ist schon sonderbar, oder?
Obwohl unsere Existenz hier auf der physischen Ebene also auf ziemlich schwachen und verletzlichen Füßen steht, wissen wir, dass da noch mehr dahinter steckt als nur das. Da gibt es noch eine dazugehörige Dynamik, die der Stille, der Leere, der Unendlichkeit entstammt. Nicht nur das: Wir wissen, dass da noch eine große Intelligenz mitmischt. Können wir eine Rose betrachten, einen Schmetterling oder irgendein lebendiges Wesen und behaupten, dass es da keine Intelligenz gibt, die auf dieser physischen Ebene eine Ausdrucksform findet? Eine innewohnende Intelligenz zu leugnen bedeutet, das Offensichtliche zu leugnen. Zweifellos gibt es eine riesige Intelligenz, die überall zum Ausdruck kommt, wohin wir auch immer blicken. Und sie kommt aus dem Inneren, manifestiert sich ständig aus der Leere. Leben ist in der Tat ein Wunder!
Einstein sagte, dass wir alles als ein Wunder ansehen können – oder auch überhaupt nichts. Es macht keinen Sinn, aus diesem unendlichen wundervollen Universum einzelne Wunder herauszupicken. Entweder ist alles ein Wunder oder nichts davon. Buddha sagte, dass sich unsere Sicht auf alles verändern werde, wenn wir das Wunder in einer einzelnen Blume erkennen würden. Aus Sicht des Laien ist ein Wunder vielleicht das, was wir noch nicht für selbstverständlich halten. Sobald wir völlig erwacht sind für die Realität um uns herum, sehen wir nichts mehr als selbstverständlich an.
Und so liegt der Fall auch beim Menschen selbst. Wir sind alle teil des Wunders, das wir Leben nennen, dieser unendlichen Intelligenz, die aus der Stille herausblubbert und materiellen Ausdruck findet. Offensichtlich kann sich nicht jeder auf diese fundamentale Wahrheit einschwingen. Wir neigen dazu, uns von unseren Wurzeln leicht ablenken zu lassen und in der materiellen Welt aufzugehen. Je mehr wir darin aufgehen, desto geringeren Zugang haben wir zu der uns innewohnenden Intelligenz und desto weniger sind wir in der Lage, das zu erreichen, was wir in dieser Welt wollen. Das Leben wird zur Anstrengung, wenn wir nicht mehr von unserer Quelle, von unserem Zentrum aus handeln können.
Wollen wir unsere Ziele mit einem Maximum an kreativer Ausdruckskraft und wenig Anstrengung erreichen, besteht die Lösung offensichtlich darin, Kontakt zur Quelle aller Kreativität und Intelligenz herzustellen. Und diese Quelle können wir in der Stille unseres Inneren finden. Wir erreichen dies, indem wir unsere stille innere Bewusstheit von den gewohnheitsmäßigen Anhänglichkeiten, die wir entwickelt haben und die unsere Ausdrucksfähigkeit in dieser Welt begrenzen, entwirren. Dieses Entwirren geschieht in einem Prozess der inneren Reinigung und Öffnung. Es gibt sehr effektive und lange erprobte Wege, dies zu erreichen, Wege, die es uns erlauben, uns mit den riesigen Kräften in unserem Inneren, die das ganze Universum geschaffen haben, in Verbindung zu setzen. Durch unseren eigenen Verstand, unsere Emotionen, den Körper und das Nervensystem stellen wir die Verbindung her. Unsere Ausdrucksmöglichkeiten sind so unbegrenzt wie das unendliche Spielfeld an Möglichkeiten, das allem zugrunde liegt. Wir müssen nur lernen, es anzuzapfen.
Unsere physische und nicht-physische Existenz wird von vielen Ebenen durchzogen. Die Yoga-Methoden setzen bei der Aktivierung der uns innewohnenden Evolutionsprinzipien an. Diese vereinigen unsere Bewusstheit mit dem Funktionieren auf all diesen Ebenen. Bevor wir mit den Yoga-Übungen angefangen haben, sind wir uns vermittelst der Sinne, des Intellekts und der Emotionen wahrscheinlich nur der äußeren Ebenen unserer Existenz bewusst. Dies ist eine begrenzte Sichtweise und damit einher geht auch eine Begrenzung unserer Fähigkeit, unsere Wünsche zu erfüllen. Es stellt sich jedoch heraus, dass wir dieselben Aspekte unserer Natur nutzen können, um damit viel tiefer zu gehen.
Yoga bedeutet vereinigen oder Verbindung. So dienen die Yoga-Methoden der vollständigen Vereinigung unserer inneren und äußeren Natur. Arbeiten wir daran, eröffnen sich uns viele neue Enthüllungen und Fähigkeiten. Es ist ein Nach-Hause-Kommen, die Entdeckung unseres ganzen Potentials, das die ganze Zeit in uns steckte.
Doch wo sollen wir mit der Suche nach den Anzapfmöglichkeiten unseres vollen Potentials beginnen? Das ist ein vielschichtiges Unterfangen. Glücklicherweise können die Mittel sehr stark vereinfacht werden, so dass jeder unmittelbar damit beginnen kann, sich innerlich zu großem Frieden, Wissen und Kraft zu öffnen, um diese innewohnenden Qualitäten überall im Leben immer weiter auszuweiten. Die Möglichkeiten sind ziemlich spannend.
Die wichtigste Voraussetzung für all das ist die Kultivierung innerer Stille, und diese erwirbt man sich vor allem durch die Praxis einer täglichen tiefen Meditation. Damit fängt es an. Doch das erfordert nicht viel – man setzt sich morgens und abends mit einer einfachen und kraftvollen mentalen Methode für ein paar Minuten hin. Sobald dann etwas innere Stille aufkommt und sich in unserem Nervensystem stabilisiert, eröffnen sich uns viele andere Möglichkeiten, wozu auch die Übung von Samyama gehört.
Innere Stille ist unter vielen anderen Namen bekannt: Stille, der Zeuge, Yoga Nidra, Samadhi, reines Glückseligkeitsbewusstsein, Sat-Chid-Ananda, Tao, das Nichts, Leere, unendliche Intelligenz, Transzendenz und so weiter. Sie alle bedeuten dasselbe, nur der Schwerpunkt liegt überall ein bisschen woanders. Sie alle beschreiben diese innere Stille, zu deren Kultivierung und Aufrechterhaltung alle menschlichen Wesen die Fähigkeit besitzen. In der Bibel heißt es: „Sei stille und wisse, dass ich Gott bin.“ Ähnliche Aussagen findet man in vielen alten heiligen Schriften der Welt.
Die Menschheit ist sich schon lange ihrer Potentiale bewusst, nur besaß sie die Mittel nicht, diese verlässlich zu kultivieren. Das ist heute bei der Zunahme an Wissen und effektiverer Anwendungen der in uns liegenden Prinzipien menschlicher spiritueller Transformation dabei sich zu ändern.
Wir beginnen also mit der tiefen Meditation, die detailliert an anderer Stelle in den FYÜ-Schriften behandelt wird. Investieren wir darin rund 20 Minuten jeden Tag uhrwerkgleich, beginnt sich unsere innere Stille zu regen. Doch warte mal! Wie soll sich Stille regen? Wie kann sich Stille bewegen?
Dies ist eines der größten Mysterien spirituellen Wachstums – die Erweckung unendlicher unbeweglicher Stille in unserem Inneren. Und trotzdem bewegt sie sich! Dies ist das Wunder des menschlichen Nervensystems, ein unglaubliches Lebensvehikel. Es kann das, was sowohl unendlich als auch unbeweglich ist, enthalten und dynamisch ausdrücken. Doch ist das ein so großes Wunder? Sieh dich doch auf der Stelle einmal um. Alles, was du siehst, ist ein Ausdruck dieser selben unendlichen und unbeweglichen Gegenwart. Wir müssen nicht weit herumreisen, um auf ein Wunder zu treffen. Wir selbst sind das Wunder und es umgibt uns auch überall in allem, was wir jeden Augenblick betrachten. Je ganzheitlicher wir durch effektive Yoga-Übungen von außen nach innen und von innen nach außen werden, desto offensichtlicher wird dies.
Neben der inneren Stille gibt es noch ein anderes Element unserer inneren Entfaltung, wofür wir ein Verständnis entwickeln sollten, bevor wir uns auf die Samyama Methoden stürzen. Gemeint ist das Aufkommen ekstatischer Leitfähigkeit in uns, und das ist die Bewegung ekstatischer Energie durch unser Nervensystem. Das Sanskritwort für Energie lautet Prana, was Stille (reines Glückseligkeitsbewusstsein) in Bewegung ist, und das manifestiert und beseelt alles in der materiellen Existenz. Dazu gehört auch unser inneres neurobiologisches Funktionieren.
Ekstatische Leitfähigkeit ist ein ewig stärker werdender Fluss von Energie/Prana, und das ist es, was die Stille in uns und weit darüber hinaus bewegt. Es ist ebenfalls die Ursache dafür, dass unsere sinnliche Wahrnehmungsfähigkeit in hohem Maße verfeinert wird. Sowohl die innere Stille wie auch die ekstatische Leitfähigkeit kultivieren wir in der tiefen Meditation. Das Aufkommen ekstatischer Leitfähigkeit kann man aber noch sehr stark beschleunigen, wenn man zusätzlich spezielle Atmen-, körperliche und sexuelle Übungen hinzunimmt. Die FYÜ-Schriften stellen neben der tiefen Meditation viele weitere Techniken bereit. Eine der wichtigsten davon ist das Pranayama der Wirbelsäulenatmung.
Eine ausgeglichene zweimal tägliche Praxis mit tiefer Meditation und Wirbelsäulenatmung kultiviert sowohl innere Stille als auch ekstatische Leitfähigkeit. Zusammen liefern diese beiden den fruchtbaren Boden für die Bewegung innerer Stille durch uns und nach außen. Damit decken wir unser inneres Potential auf und kultivieren es zu unserem und zum Nutzen anderer. Um dies noch etwas pathetischer auszudrücken, können wir es auch das Aufkommen des bleibenden reinen Glückseligkeitsbewusstseins, ekstatischer Glückseligkeit und ausfließender göttlicher Liebe nennen.
Welchen Namen wir diesem Prozess auch geben, es ist etwas, das jeder erreichen kann. Machen wir mit den Übungen wirklich ernst, dann ist jede Stufe auf dem Entwicklungsweg ein neuer Beginn von Möglichkeiten für wachsende Freude und Erfüllung, die wir uns vorher nie hätten erträumen lassen. Es ist der Stoff, aus dem Wunder gemacht sind, und dieser ist jeden Augenblick bei uns und mit uns, bereit uns zu Diensten zu sein, wenn wir uns nur auf den Weg machen.
Einige, die sich mit der Materie hier beschäftigen, sind möglicherweise an der Entwicklung von Siddhis (yogischen Kräfte) interessiert. Sie wollen vielleicht Heiler oder Wunderwirker werden. Mag sein, dass jemand auch schon die eine oder andere Begabung mitbringt und er oder sie will die vorhandenen Fähigkeiten noch ausweiten. Das ist in Ordnung. Doch es ist auch eine Tatsache, dass niemand sein volles Potential erlangen wird, solange sie oder er das Bewusstsein nur nach außen auf die Dinge richtet, die er oder sie sucht. Frau/Man wird auch nie den ersehnten Erfolg und die Erfüllung erreichen, wenn frau/man versucht, nur in den Besitz der äußeren Ausdruckskraft von Kräften zu gelangen. So funktioniert das einfach nicht.
Wirkliche spirituell Kraft kann man nicht besitzen oder für seine persönlichen Zwecke einsetzen. Sie ist für einen viel höheren Zweck da.
Wirkliche spirituelle Kraft ist im Wesentlichen das, was wir sind, und diese Kraft fließt durch uns, ohne dass wir uns anstrengen müssen, durch uns, wenn wir uns nur auf unsere eigene innere Natur einschwingen.
Es mag vielleicht sonderbar klingen, wenn wir sagen, dass wir das, was wir bereits sind, nicht für unsere persönlichen Zwecke einsetzen können. In Wahrheit besitzen wir sie erst wirklich, wenn wir zu unserem Selbst, zu unserer inneren Stille werden. Davor klopfen wir nur ans Tor. Es ist töricht, das, was sich im Schloss befindet, von außen einzufordern, solange wir nicht unsere Wohnung in dem Schloss, das die ganze Zeit schon uns gehört, bezogen haben. So steht es schon in der Bibel: „Suche zuerst das Reich Gottes und alles andere wird dir hinzugegeben.“ Zu dieser Einsicht müssen wir kommen. Wollen wir den Schatz, müssen wir das Schloss, in dem sich der Schatz befindet, für uns einfordern. Streben wir danach, werden unser gesamtes Leben und unsere Sichtweise auf das Leben auf wunderbare Weise ausgeweitet und die Schätze werden überall um uns herumliegen. Die Schätze, von denen wir vorher annahmen, sie würden so wundervoll sein, sind ein reiner Tand im Vergleich zum Leben im Schloss. Eins ist sicher: Das Schloss oder den Schatz werden wir nie ergattern, wenn wir alleine dem Schatz nachjagen. Andererseits werden wir den Schatz immer erhalten, wenn wir nur im Schloss unseren dauerhaften Wohnsitz einrichten. Ist es so schwierig, sich da zu entscheiden?
Wenn das also der Fall ist, warum sollten wir uns dann überhaupt um den Schatz kümmern? Viele bringen dieses Argument vor und sagen, dass die yogischen Kräfte und dergleichen das Problem seien, eine Plage, die man unbedingt vermeiden sollte. Gut, das scheint auch logisch, wenn da nicht noch ein Umstand wäre: Will man auf dem Weg zur Erleuchtung (zu unserem Schloss) weiterkommen, ist es notwendig, unser Nervensystem für unsere inneren Realitäten und Fähigkeiten gänzlich zu reinigen und zu öffnen.
Die Reinigung und Öffnung des Nervensystems ist für die meisten von uns ein ziemlich großes Projekt und wir brauchen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel, um so schnell wie möglich mit unserem Projekt voranzukommen. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, liegt das wirkliche Genie des Yoga in den unterschiedlichen Zugängen (Gliedern), die es für dieses Projekt bereitstellt, und Samyama ist sozusagen das Sahnehäubchen auf dem Yoga-Kuchen.