Von Rafael Fuchsgruber und Ralf Kerkeling ist außerdem im Delius Klasing Verlag erschienen:
Running wild – Vom Partykönig zum Extremläufer
Meine weltweiten Laufabenteuer sind sehr aufwendig. Über die schöne Zusammenarbeit mit und den Support von folgenden Partnern freue ich mich immer wieder:
1. Auflage
© Delius Klasing & Co. KG, Bielefeld
Folgende Ausgaben dieses Werkes sind verfügbar:
ISBN 978-3-667-11050-3 (Print)
ISBN 978-3-667-11196-8 (E-Pub)
ISBN 978-3-667-11197-5 (PDF)
Lektorat: Niko Schmidt
Illustrationen: Fotolia, Shutterstock
Umschlaggestaltung und Layout: Felix Kempf; www.fx68.de
Abbildungsverzeichnis:
Cover: Harald Tauderer © Lux Musik
Hintere Klappe: Bertram Bölow © Lux Musik (l.),
Ralf Kerkeling (r.)
Rückseite: www.canal-aventure.com © V. Kronental
www.4deserts.com: 4, 14/15, 46/47, 48/49, 55, 58/59, 65, 66, 70/71, 98, 156/157, 164/165, 167 (3), 172/173; Mohamad Ahansal: 36/37, 39, 41, 42; Berliner Mauerweglauf: 159; www.canal-aventure.com © V. Kronental: 12/13, 28/29, 30, 33 (3), 34, 75, 77, 108; www.canal-aventure.com © J. Lollier: 16/17, 27; fotolia: 138 (3), Rafael Fuchsgruber: 24, 93; Rickey Gates: 118/119; Kilian Jornet: 110/111, 116/117; Kilian Jornet, Summits of my life: 115; Andrew King: 122/123, 127; Köln Marathon, Manuel Werners: 150; Köln Marathon, Norbert Wilhelmi: 149; Sandra Mastropietro: 81, 83; Steffen Neupert: 9, 44; Nike: 144/145, 147, 152; www.oakspics.com: 135; PlanB, GORE-TEX® TRANSALPINE-RUN_Lars Schneider: 104/105; PlanB, TAR16, Harald Wisthaler: 78/79, 86/87; PlanB, TransalpineRun: 132/133; PlanB, TransalpineRun, Harald Wisthaler: 96/97; PlanB, Zugspitzultra, Kelvin Trautmann: 162; Philipp Reiter: 90/91, 113, 125, 128; Shutterstock: 142; Sportograf: 61; Carsten Stegner: 106; Tor de Geants, HOKA ONE ONE, Jeantet Stefano: 6/7, 52; Transvulcania Ultramarathon, Dominic Dähncke: 2, 161; Unimedica: 155; UVU: 130; Franca Voli: 19, 23; zooom.at/markusberger: 120
Datenkonvertierung E-Book: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte vorbehalten! Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Verlages darf das Werk, auch Teile daraus, nicht vervielfältigt oder an Dritte weitergegeben werden.
www.delius-klasing.de
PROLOG
NACHDENKEN – VORDENKEN
KAPITEL 1
GEDANKEN ZUM LAUFEN: LAUFEN – DIE BESTE ZEIT
KAPITEL 2
STARTLINIE: IL CAMPIONE: MARCO OLMO
KAPITEL 3
WETTKAMPF: BACK ON THE TRACK!
KAPITEL 4
MOHAMAD AHANSAL: DER WÜSTENSOHN
KAPITEL 5
ERNÄHRUNGSSTEUERUNG / WOLFGANG FEIL: ENERGIE UND INTELLIGENTE WETTKAMPFSTRATEGIEN
KAPITEL 6
MENTALCOACHING / OLIVER STOLL: DIE KRISE ALS BAUSTEIN DES ERFOLGES
KAPITEL 7
MOTIVATION / SANDRA MASTROPIETRO: VOM LAUFEN DAS BESTE
KAPITEL 8
LAUFTRAINING / CARSTEN STEGNER: FASZINATION LANGSTRECKE
KAPITEL 9
IM GESPRÄCH MIT KILIAN JORNET: »ES IST EINFACH MEINE PASSION …«
KAPITEL 10
BERGTRAINING / ANNE-MARIE FLAMMERSFELD: VON DER FREIHEIT ZU LAUFEN
KAPITEL 11
MEDIZIN / FRANK SCHMÄHLING: LÄUFERKNIE UND CO.
KAPITEL 12
AUF DER ZIELLINIE MIT JAN FITSCHEN: DIE SEELE DES LÄUFERS
KAPITEL 13
LAUFABENTEUER: TRAUMWELT ULTRA
KAPITEL 14
DER SCHRITT ZUM ULTRALAUFEN: SAHARA RACE – WIR WAREN DESERTEURE
DANKSAGUNG
Überraschend. Sehr überraschend war der Erfolg von Running wild. Die kleine Autobiografie eines Alkoholikers, der mit dem Laufen angefangen hat, schaffte es bis in die Amazon-Top-100 aller deutschen Buchveröffentlichungen und war wochenlang Bestseller in verschiedenen Kategorien zum Thema Laufen – bis hin zu den Sportlerbiografien. Vor allem wegen des Eintrags bei den Biografien fühlte ich mich geehrt. Ich hatte ein paar Wüstenläufe ordentlich gefinished, ging aber bis dato davon aus, dass das keinen Menschen bis auf drei Dutzend Extremläufer in Deutschland interessiert … Und das ist mein Ernst.
Der feine Herr Fuchsgruber saß auf einmal in der Talkshow bei Markus Lanz, unterhielt sich mit Judith Rakers in 3nach9 mit Betina Tietjen vom NDR. Die ZDF SPORTreportage begleitete mit einem zehnminütigen Film das 527 km lange Rennen im australischen Outback, und es gab Reportagen in SAT1 news und im RTL Nachtjournal. Wer allerdings vermutet, dass er diese Tatsache oder gar sich selbst besonders wichtig nimmt, liegt komplett daneben. Völlig.
ICH! HATTE! VIEL! SPASS! UND DAS WAR’S AUCH SCHON.
Ich weiß heute sehr genau, wo ich stehe. Mit zwei Beinen fest auf dem Boden. Das war nicht immer so. Für diejenigen, die mich noch nicht so gut kennen: Es gab eine lange Zeit in meinem Leben, da kroch ich ziemlich flach und fertig über den Boden. Ich war Alkoholiker, litt viele Jahre an Depressionen und lag im Alter von 41 Jahren mit Verdacht auf Herzinfarkt auf der Trage vorm Internisten. Ich stand quasi mit dem Rücken an der Wand. Ehrlich gesagt: Ich hockte schon am Boden vor dieser Wand. Eine Position, aus der schwer wieder hochzukommen ist. Ich habe Entschlüsse gefasst, ich habe mir Hilfe gesucht, und ich bin aus der Scheiße ’rausgekommen. Nicht einfach so. Und nebenbei. Nein! Es war extrem hart. Aber ich bin raus. Seit 14 Jahren trocken.
Vor einem Jahr kam unsere kleine Tochter Mara zu mir und sagte wortwörtlich: »Papa, kannst du ein neues Buch schreiben, ich kann mein altes nicht mehr finden.« Sie hatte zwei Jahre zuvor die allererste druckfrische Ausgabe von Running wild bekommen. Es wäre glattweg gelogen, Maras Bitte als Startpunkt für Passion Laufen zu benennen. Allerdings gab es mir schon den letzten emotionalen Kick, Gas zu geben.
Zu diesem Zeitpunkt gab es zwei Alternativen, über die ich mit Ralf Kerkeling nachgedacht habe – wie natürlich vieles andere, was zu dem Buch geführt hat, eine gemeinsame Sache von Ralf und mir ist. Eine Überlegung war, Running wild weiterzuschreiben. Eine andere Möglichkeit war, ein klassisches Hand- oder Trainingsbuch zum Laufen zu konzipieren.
»Running wild« wird seine Fortsetzung erfahren. Zwei Themen haben mich damals zum Ende des Buches sehr beschäftigt. Zum einen unsere Tochter Mara. Das letzte Kapitel endete damals in einer entsetzlich süßen Szene mit der Kleinen: Ich hatte sie mehrfach dafür gelobt, dass sie beim Schlittenfahren immer wieder tapfer und ohne Murren den Berg hochgestapft war, und sie sagte an diesem Silvesterabend zu mir: »Ach, so einen Papa wie dich habe ich mir schon immer gewünscht.« Obwohl schon im sechsten Lebensjahr, hatte sie einen sehr eigenen Umgang mit Sprache. Den Grund dafür sollten wir aber erst später herausfinden. Das andere Thema: Es stand nach einer Operation am Knie und einer fast halbjährigen Laufpause in den Sternen, ob ich wieder zum Laufen kommen würde. Fünf Monate, nachdem ich die letzten Zeilen zu Running wild geschrieben hatte, bin ich in Australien bei The Track gestartet – mit 527 km das längste Etappenrennen der Welt in Eigenversorgung. Das Knie hat gehalten. Die Geschichte dazu folgt hier später im Buch.
DAS THEMA LAUFEN HATTEN WIR DAMIT WIEDER IM GRIFF
Die süße Mara … Das Thema ist trauriger. Seit Sommer 2015 hatten wir die Gewissheit, dass ihre Entwicklungsverzögerung massiv ist. Zwei Jahre hatten wir uns mithilfe der Pädagogen des Frühförderzentrums darum gekümmert, weil klar war, dass irgendwas schief lief. Im Februar 2016 haben wir nach einem Jahr mit diversen Krankenhausaufenthalten, intensiver Diagnostik und mehreren Anläufen den Grund gefunden. Mara hat einen Gendefekt (Mikrodeletionssyndrom 22q11), der bei Mara zu einer geistigen Behinderung geführt hat.
Als wir die Diagnose bekamen, lagen Ute und ich uns anschließend heulend vorm Krankenhaus in den Armen. Und während ich das hier gerade schreibe, sieht’s nicht besser aus.
Wir hätten alles gegeben, um für unsere Tochter irgendwas an diesem Schicksal ändern zu können. Eine Trauer und Not, die sich leichter verstehen lässt, wenn man selbst Kinder hat. Mara war immer noch das gleiche süße und auch glückliche Kind wie an dem Morgen, als wir zum Genetischen Institut gefahren sind.
Aber die Hoffnung, die wir immer hatten, die über die Zeit angehäuften Defizite noch aufzuholen, war verloren.
Irrsinnigerweise gehen wir Menschen ja lange Phasen unseres Lebens davon aus, dass wir viel Zeit haben. Mit Mitte Fünfzig hat man schon konkretere Vorstellungen zu diesem Thema. Ich wollte keine Zeit vertrödeln. Ich wollte schnell eine Haltung finden zu den neuen Umständen. Als Mara auf die Welt kam, hatte ich mal gesagt: »Wenn sie 14 Jahre alt ist, kann sie gleich nebenan in unsere Gästewohnung ziehen.« Ich war knapp Fünfzig bei ihrer Geburt und sie ein Wunschkind. Aber so lautete der Plan: sie früh selbstständig – und ich dafür meine Ruhe im Alter. Ob sie je selbstständig leben kann, ist ungewiss.
Es war gar nicht die Frage, welche Haltung wir beziehen wollen, sondern es stellte sich die Frage: wann? Die lässt sich eigentlich schnell beantworten: Trauer? JA! Für Haltung aber auch ein JA!
Der Familienrat tagte: Meine Frau Ute, Mara und ich. Als Thema stand an: Sollte Papa fünf Tage nach der Diagnose zu einem Rennen in den Dschungel Sri Lankas fliegen oder nicht? Ich konnte diese Frage für mich nicht beantworten. Aber die Mädels. Mara wusste zwar nicht, um was es ging, aber war wie immer stolz wie Bolle, dass Papa rennt, und sie will eines Tages unbedingt mit ihm in Afrika laufen. Klares »Go!« von ihrer Seite. Meine Frau sieht es genauso, will aber nicht nach Afrika – ist ihr zu heiß. Nur am Rande: Sie läuft lieber 100 km bei acht Grad im Nieselregen. Kein Scherz.
Somit wurde der Beschluss verkündet. Ich habe mir noch auserbeten, bei der Ankunft in Colombo den nächsten Flieger zurück nach Hause nehmen zu dürfen. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich das emotional durchstehen würde. Ich flog und lief ein gutes Rennen. Ein saugutes. Das erste Mal in diesem Jahrzehnt, dass ein Läufer der Altersklasse 55 oder älter bei der weltweit erfolgreichsten Wüstenlaufserie 4deserts am Ende auf dem Podest stand. Das Ganze – wie so oft im Leben – für und im Geiste mit meiner Kleinen.
Ich kann über unsere Erlebnisse und meine Gedanken zu Mara sprechen, aber wir sind im Moment an dem Punkt, dass mit ihrer Behinderung eine ganz neue Perspektive in unser Leben kommt. Diese »Geschichte« ist aber noch nicht erzählbar. Sie hat gerade erst angefangen und ist die ersten paar Schritte gegangen. Ich hab’ schon einiges durch im Leben, und trotzdem glaube ich immer an ein gutes Ende. In diesen ersten, traurigen Tagen fiel mir ein Zitat von Mark Twain in die Hände, das die Umstände besser beschreibt, als ich es könnte: »Ich bin ein alter Mann und habe viel Schreckliches erlebt, aber zum Glück ist das meiste davon nie eingetroffen.« Und genau so werden wir das machen.
So! Es brauchte ein paar Sätze mehr, um zu erklären, warum Running wild hier und heute nicht einfach seine Fortsetzung finden kann.
Warum ich kein Handbuch machen wollte, ist schnell erklärt: Ich bin ein Snob. Ich mache heute nur noch Sachen, die mir Spaß machen. Basta! Ausnahmen: ab und an bei der Arbeit. Über das Laufen schreiben fällt aber nicht unter den Begriff »Arbeit«.
Ein Trainings- oder Handbuch ist eine feine Sache. Die Informationen dazu stehen aber bereits mannigfaltig in den Bibliotheken dieser Welt und sind zu jeder Tages- und Nachtzeit im Internet abrufbar. Das war Ralf und mir als Konzept zu wenig.
Bock zu schreiben hatten wir beide allemal, und es gab viele Themen. Aber wir wollten etwas anderes. Einerseits will ich Geschichten erzählen. Noch lieber höre ich sie mir jedoch an. Da kann ich viel mehr Aufregendes, Neues entdecken. Meine kenn’ ich ja schon. Unsere Fragen waren: Was interessiert die Läufer, was treibt sie an? Geschichten hören und erzählen, Gespräche, Tipps und Informationen bis hin zum greifbaren Nutzwert, gute Zeit, gutes Gefühl, gute Leute. Oft erlebe ich das bei meinen Etappenrennen und der wunderbaren Zeit vor, zwischen und nach dem Laufen. Jeder kennt es vom Zusammensitzen am Abend vor dem Start, am frühen Morgen oder nach dem Zieleinlauf. Es entstehen Gespräche, die weit über das Laufen hinausgehen. Das ist es, was ich in Buchform haben wollte.
Ich wollte ein Treffen von interessanten Menschen, die ich irgendwo in der Welt kennengelernt habe und von denen ich aus unseren Gesprächen wusste, dass es herrlich werden würde, ihr Wissen, ihr Denken und ihre Gedanken im Buch zu haben.
Passion Laufen entwickelte sich für mich mit der Zeit zu einer Art Treffen nach einem schönen Lauf, zu einem Fest, zu einer virtuellen Gartenparty.
Die Vorstellung war: Der Sommer geht zu Ende. Es ist ein schöner Sonntag nach einem langen Lauf. Wen hätten wir gern als Gäste auf unserer Party? Die Gästeliste ist attraktiv. Verzeichnet sind Junge, Alte und Mutige. Und dann passiert etwas, was mich vollkommen aus den Socken haut. Wichtiger als jede TV-Show oder 100.000 Downloads von einem Podcast.
WIR FRAGEN AN – UND ALLE SAGEN ZU!
Das war in dem Moment für mich nicht zu fassen. Schaut mal, wo ich herkomme. Im Jahr 2006 hatte ich ein Laufmagazin in der Hand in dem Fotos vom Marathon des Sables abgebildet waren. Es war um mich geschehen. Ich hatte mich verliebt. Ohne Worte, ohne Erklärung – wie das halt so passiert, wenn man sich verliebt. Ein Jahr später stand ich an der Startlinie dieses Wettkampfs in der Sahara. Ich hatte keine Ahnung von nichts. Und jetzt kommt es: Heute, genau zehn Jahre später, sagen Jungs, die damals am Ende des Rennens auf dem Treppchen standen, ihre Mitwirkung an diesem Buch zu. Vor etwas mehr als 14 Jahren konnte ich keine 3 km am Stück laufen. Bei allem, was passiert und was ich erzähle: Das ist mir immer klar. Das habe ich und das werde ich nie vergessen.
Die Gästeliste unserer Gartenparty in alphabetischer Reihenfolge, weil ich sie alle lieb gewonnen habe und so stolz bin, dass sie uns die Ehre geben: Mohamad Ahansal (mit seinem Bruder Lahcen die erfolgreichsten Läufer in der Geschichte des Wüstenlaufs), Wolfgang Feil (Autor und Ernährungswissenschaftler), Jan Fitschen (Europameister über 10.000 m und Motivationscoach), Anne-Marie Flammersfeld (Gewinnerin des Zugspitz Ultratrail, der 4desert-Serie und Trainerin), Kilian Jornet (vielfacher Weltmeister), Sandra Mastropietro (Autorin, Ascis Frontrunner und Motivatorin), Marco Olmo (Ultratrail-Weltmeister), Dr. Frank Schmähling (Orthopäde und Ironman), Carsten Stegner (Trainer und Deutscher Meister über 100 km), Prof. Dr. Oliver Stoll (Psychologe und Ultraläufer).
Es ist meine beste Zeit des Tages: mein Lauf. Ich könnte den ganzen Tag laufen. Schöner ist nur noch die Zeit mit meiner Familie und wenigen Menschen, die mir ganz nahestehen.
Was kann Laufen? Es macht uns nachgewiesen glücklich. »Uns« sind 20 Millionen Menschen in Deutschland, die sich regelmäßig etwas Gutes tun, und ich sage es gern immer und immer wieder: Die Welt kann gerade in diesen Zeiten viele glückliche Menschen brauchen.
Ansonsten sehe ich das so: Wir sind hier unter uns. Läufer. Das ist ein Buch für Läufer. Ich will an dieser Stelle nicht lange philosophieren und belegen, dass Laufen gut ist, gesund ist. Wissen wir alles längst!
Passion Laufen ist eine Sammlung. Es will Geschichten erzählen, beinhaltet Gespräche, Erlebnisse, Tipps von den ganz Großen der Szene, Wissenswertes und Erklärungsansätze von Ärzten und Wissenschaftlern, die sich intensiv mit den Bedürfnissen von Läufern beschäftigen. Bedürfnissen von allen Läufern – wir wollen keine Unterschiede machen nach Straße oder Trail, und auch nicht nach Marathon oder weniger oder mehr.
Auf eine gewisse Weise bin ich ja ein typischer Läufer. In der Jugend trieb ich Sport – dann machte ich ganz lange nichts, und erst mit Vierzig fing ich wieder an zu laufen. Es sind nicht wenige, die einen ähnlichen Weg genommen haben. Ich hab’ mir Mühe gegeben und mit meinen Mitteln für meine Möglichkeiten verhältnismäßig gut gearbeitet. Das geht aber noch besser. So haben wir uns bei Themen wie Training oder mentale Strategien gemeinsam folgende Ideen entwickelt: Wir nehmen die Konzepte von mir, als ambitioniertem Dauerläufer. Carsten Stegner und Prof. Dr. Oliver Stoll – also der Oli – nehmen dies als Grundlage und gehen darauf ein. Sie sagen, was gut ist daran ist (weil ich das gern höre), und sie zeigen, was man daran optimieren und zusätzlich noch rausholen kann (weil ich das auch gern höre).
WENIGER ODER MEHR?
Im Rahmen meiner Vorträge bei Firmen, Sportgalas oder auch in Kliniken für suchtgefährdete Menschen höre ich oft: »Ich würde auch gern solche Läufe machen, aber ich traue mir das nicht zu.« Andererseits habe ich gerade bei meinen letzten beiden Läufen in Sri Lanka und im Iran die Rookies genau beobachtet. Habe ihre unglaubliche Freude und Stolz erlebt, als sie die Ziellinie überquert haben. Dank dieser Erlebnisse entstand die Idee zum Little Desert Runners Club. Wir griffen einen Gedanken aus dem Podcast mit Philipp Jordan von Fatboysrun auf, es folgte ein dazugehöriger Aufruf. Ein weiterer kleiner Post auf Facebook war der nächste Schritt, und so kamen 15 Läufer zusammen, die noch niemals einen 250-km-Etappenlauf in der Wüste gemacht hatten. Wir gingen im Mai zusammen beim Sahara Race an den Start. Leute, Leute! Ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Kurz nach dem Ende des Rennens saßen einige von uns erstmal ratlos zuhause rum. Wir waren sprachlos in den ersten Tagen. Jetzt geht es wieder, und der Bericht fand – Gott sei dank – noch seinen Weg ins Buch.
Die nun folgenden Beiträge haben mir als lesendem, laufendem Autor im Bereich Ernährung, Training oder Entwicklung neuer mentaler Strategien mächtig auf die Sprünge geholfen. Es hat mich tatsächlich aus einer gewissen »Im-Grunde-weiß-ich-doch-fast-alles-Lethargie« bzw. Überheblichkeit geholt. Beim Schreiben hat es ungewollt sofort den Läufer in mir gepackt, und ich fange gerade an, einige neue Ideen und Strategien anzuwenden. Einige Dinge greifen sofort.
So habe ich einen Vortrag bei UltraSPORTS in Kusterdingen gehalten und hatte dort die Chance, andere Referenten zum Thema Ernährung zu hören. Und zum diesem Thema ein kleines, ganz simples Beispiel: Allein die Umstellung meiner Ernährungsstrategien vor und nach dem Training haben innerhalb weniger Wochen zu dem sensationellen Ergebnis geführt, dass ich mittlerweile morgens die steile Treppe von unserem Schlafzimmer zur Espressomaschine fehlerfrei und geschmeidig ’runterkomme. Ich könnte sogar laufen – aber ich will ja nicht übertreiben. Auf jeden Fall legt der Fuchsgruber diese Strecke und die ersten Schritte des Tages nicht mehr wie ein Kleinkind zurück (immer erst beide Füße auf die eine Stufe, dann erst die nächste usw.). So war das die Jahre zuvor!
Die neuen Ideen und Anregungen aus dem Trainingsbereich werden ebenso ihre Früchte bringen – vielleicht benötigt deren Umsetzung ein wenig mehr Zeit.
Auf der anderen Seite sind während der Arbeit am Buch Dinge passiert, die ich gar nicht auf dem Zettel hatte. Mein Besuch und das Gespräch mit Marco Olmo in Italien gehört mit Sicherheit dazu. Ich dachte, ich fahre dorthin, um den vielleicht besten Läufer der Welt zu seinen Erfolgen und seinen Strategien zu interviewen. Und wie kehrte ich zurück? Mit dem klarsten Bild, das ich je vom Laufen hatte. Meine grundsätzliche Frage lautet: Warum laufe ich überhaupt, und wo will ich mit dem Laufen hin? Seit diesem Gespräch bin ich der Antwort so nah wie nie zuvor – Grazie, Marco!
HERE WE GO …
Endlich geht es los. Meine Bahnstation unten im Tal morgens um 5.30 Uhr. Der Bahnsteig, von dem aus ich fast alle meine weiten Reisen gestartet habe. Vertraute Wege am ICE und anschließend am Flughafen. Latente Aufregung, wie beim Start zu einem großen Rennen irgendwo in der Welt. Ich habe eine Verabredung mit Marco Olmo in Mailand.
Marco ist mein persönlicher Hero. Ich habe es gar nicht so mit Vorbildern, hatte aber immer einen Riesenrespekt vor Lebensleistungen. Während meiner Zivildienstzeit habe ich viele alte Menschen kennengelernt. Einige habe ich über den mobilen sozialen Hilfsdienst zuhause unterstützt, andere wiederum im Heim intensiv gepflegt. Es geht hier nicht um die Umstände, in denen sie lebten, aber ihre Geschichten haben mich sehr interessiert. Bestürzend, berührend, erschreckend, aber oftmals erzählten die Geschichten der Menschen auch von der Kraft und Energie, mit der die Menschen gelebt haben. Manchmal war aber auch gar nichts da außer Geringschätzung über das eigene Leben – und Resignation. Es hat mich anfangs sehr verwirrt. Bald habe ich aber gemerkt, dass ich mich über jede steinalte Oma freute, die noch mit dem Bus in die Stadt fuhr, um ihre Besorgungen zu machen. Dieser Respekt begleitet mich schon ein Leben lang. Es geht nicht um Medaillen und Rekorde, sondern um den Wunsch, aus seinem Leben etwas zu machen.
Ich treffe Marco Omo das erste Mal beim Marathon des Sables (MdS) 2007. Es ist mein erstes großes Wüstenrennen. Am Ende des Rennens gibt es auf der Terrasse einer großen Hotelanlage in Zagora die gemeinsame Siegerehrung. Lahcen Ahansal gewinnt, sein Bruder Mohamad Ahansal belegt Platz zwei. Kurz darauf kommt es zur Siegerehrung der Altersklassen. Volker Voss, der bei den deutschen Teilnehmern so etwas was wie ein Urgestein des MdS ist, macht mich schon vor der Ehrung auf Marco Olmo aufmerksam. Ein großer, hagerer Läufer, er steht zurückhaltend, fast ein wenig schüchtern, zwischen den hunderten von Läufern aus aller Welt. Als er aufgerufen wird als Gewinner der Altersklasse 50–60 gibt es den größten Applaus des Tages. Viele Läufer erheben sich von den Stühlen. »Bravo! Marco, Bravo!«, hört man sie von allen Seiten rufen. Er hat mit 59 Jahren Platz 9 in der Gesamtwertung beim MdS belegt und die AK gewonnen. Sein Ansehen innerhalb der Szene begründet sich natürlich in seiner Leistung, aber andere haben auch große Rennen gewonnen. Seine Zurückhaltung, sein freundliches Auftreten, das wirkt fast scheu, aber genau diese Haltung macht ihn vielen Menschen sympathisch. Wenn es dir gelingt, einen seiner »Augenblicke« einzufangen, dann ist dieser glasklar, ganz fest und direkt aus seinen sehr blauen Augen. Stolz und Bescheidenheit – zwei Eigenschaften, die nicht immer und von allen als Talent gesehen werden. Zwei Eigenschaften, die sich aber noch seltener in einem Menschen einfinden, um sich zu einer besonderen Charaktereigenschaft zu entwickeln. Es ist ganz schwer zu erklären, was Marcos Faszination ausmacht. Tatsache ist, dass die Läufer keine Erklärungen benötigen, um zu erkennen, dass hier ein ganz Besonderer vor ihnen steht. Ich würde gern mit ihm reden an diesem Nachmittag in Zagora. Ich bin fasziniert und neugierig, aber schüchtern genug, um diesen zurückhaltenden Mann nicht zu stören. Ich beobachte ihn seit dieser Zeit. Ich lese über ihn und von ihm. Im Jahr 2010 kommt eine DVD heraus mit dem Titel Il Corridore. Das gleichnamige Buch erscheint 2012. Da ich zu dieser Zeit nur zehn Worte Italienisch kann, denke ich viele Jahre der Film heißt Der Korridor. Im Sinne von »Weg«, »Flur«, »Tunnel« – hat man ja schon mal als Läufer. Gefühlt bin ich jedenfalls der erste in Deutschland, der den Film Der Läufer sieht. Bis heute mein Lieblingswerk über das Laufen. Vollkommen unspektakulär im Gegensatz zu heutigen High-End-Produktionen.
DER GRÖSSTE TRIUMPH. ODER: WIE MARCO OLMO DIE ZEIT STILLSTEHEN LIESS
Zahlreiche Szenen, ohne viele Worte. Trocken. Schlechtes Wetter. Gutes Wetter. Atmosphärisch. Über das Leben. Die Höhen und die Tiefen. Valley deep – Mountain high. Bergläufer halt. Ich finde ja seit jeher, dass das Unspektakuläre dem Laufen sehr gut steht – auch den Läufern. Man kann ihnen viele verrückte Dinge nachsagen, aber es sind anständige Leute.
Im gleichen Jahr startet Marco Olmo beim Ultra-Trail du Montblanc (UTMB) über die Strecke von 165 km mit 9.000 positiven Höhenmetern. Ein Lauf der Superlative: eine vollständige, durch drei Länder (Frankreich, Italien und die Schweiz) führende Runde um das Montblanc-Massiv – sieben Täler, 71 Gletscher, 400 Gipfel. Und Marco Olmo wird kurz vor seinem 59. Geburtstag Weltmeister beim Ultra-Trail du Montblanc.
Damals sieht der Gewinn dieses Titels für mich so aus, als könnte Marco die Zeit stillstehen lassen. Als gäbe es eine reelle Chance, die Lebenszeit, den Prozess des Älterwerdens, in die Irre zu führen. Er wird Weltmeister – nicht nur in seiner Altersklasse, sondern im Gesamtklassement. Der Zweitplatzierte ist eine knappe Stunde langsamer und fast zwanzig Jahre jünger. Leute! Wir sprechen nicht von Dart oder Dressurreiten. Weltmeister im Laufen, mit knapp 59 Jahren auf einer der schwersten Strecken überhaupt. Mein Respekt – unser Respekt – dafür ist zeit- und grenzenlos.
Bevor wir unser Treffen in Mailand angehen wollten, war ein Besuch zuhause bei ihm und seiner Frau Renata in den Alpen geplant. Allerdings hatte mich eine ausdauernde Lungenentzündung und in der Nacht vorm Abflug zusätzlich ein Norovirus so aus den Latschen gehauen, dass nix mehr ging. War ich vorher durch die Lungenentzündung etwas matschig, hatte der Virus meinen Aggregatzustand endgültig Richtung Ursuppe verschoben. Mein Hirn funktionierte nur noch nach ausdrücklicher Aufforderung. Das sind die Tage, an denen ich mich diebisch freue, wenn ich ein Zimmer betrete und noch weiß, was ich eigentlich da will. Ich versuchte alles und war morgens noch ganz früh beim Doc, aber auf dem Weg dorthin hatte ich schon gemerkt, dass selbst Autofahren grenzwertig ist. In Italien hätte ich vom Flughafen Turin noch 200 km mit dem Wagen in die Berge fahren müssen. Das war einfach kein guter Plan. In meinen Überlegungen, wie man mit Norovirus am besten fliegt – außer am besten natürlich gar nicht –, hatte ich grundsätzlich den obligatorischen Spuckbeutel oder auch die Kotztüte im Flieger einkalkuliert. Mein Arzt Doktor Maylahn klärt mich aber über zwei Dinge auf: »Tut man nicht in Ihrem Zustand, und wenn es ein unruhiger Flug wird, müssen sie aus Sicherheitsgründen angeschnallt auf ihrem Sitz bleiben. Das setzen die Flugbegleiter gegebenenfalls physisch durch.« Okay! Beim Norovirus liegen die Wörter Überfall und Durchfall eng beieinander und erfordern schnelles Handeln. Soweit hatte ich noch nicht gedacht, und wir wollen hier nicht weiter »ausmalen«, was da in dem Sitz hätte passieren können.
Somit komme ich eine Woche später zu unserem Treffen nach Mailand. Paolo Zubani – der italienische Repräsentant des Marathon des Sables – ist seit 20 Jahren ein sehr guter Freund von Marco und dolmetscht, da meine mittlerweile 20 Worte Italienisch nicht reichen werden. Paolo ist selbst ein alter Hase und startet dieses Jahr zum 29. Mal beim MdS. Er weiß fast alles über Marco. Das ist gut, beim Gespräch wird das noch hilfreich sein, da Marco ein ehrenwerter, großer Mann der Berge, des Laufens ist, aber auch ein Gentleman, der manchmal gar nicht so gern und wenig über sich spricht. Das ist ein feiner Charakterzug. Macht ein Interview oder ein Gespräch im ersten Moment jedoch nicht einfacher.
Paolo verspätet sich. Das macht nichts. Als ich ankomme und Marco treffe, ist es wie immer. Er steht da vor dem riesigen Hauptbahnhof und wir begrüßen uns. Nur dass wir uns noch nie getroffen haben, wenn man mein Beobachten aus der Ferne in Zagora mal außen vor lässt. Aber es ist alles ganz vertraut. Das passiert gern unter Läufern. Hatte ich mit Jan Fitschen genauso. Man kennt sich nicht und man kommt sich vor, als hätte man sich nur ein paar Wochen nicht gesehen. Etwas aufgeregt bin ich allerdings schon, was man daran merkt, dass ich sofort losplappere. »Ciao – come stai? Bel tempo – a freddo!« Blieben meinerseits noch 13 Wörter über, die ich dann auch schnell verbraucht hatte. Mein Wortschatz war aufgebraucht und ich befreit. Wir verstanden uns von nun an prächtig. Ist mir ja immer sehr unangenehm, wenn ich eine Sprache nicht kann. Dann lieber vollkommen wild mit Händen und Füßen, mit Draufzeigen oder internationalen Wörtern und Gesten. Kauen für Hunger, Mittelfinger für die Politik etc., und wenn gar nix mehr geht, stelle ich fest, dass einige Worte aus meinem Lateinwortschatz helfen. Ich kann mir ja nix merken – aber manchmal den totalen Schwachsinn wie z.B. Lateinvokabeln von vor 40 Jahren. Beim Gespräch über Lieblingstiere wird mir zwei Stunden später das englische Wort für Esel fehlen. Das Lateinische habe ich aber gerade parat: Asinus. Wurde sofort verstanden, und wir kommen überein, dass Esel ganz wunderbare Tiere sind. Das ist halt so – treffen sich zwei alte Männer, die das Laufen lieben. Ohne Worte – die Kommunikation geht einfach weiter. Wir gehen auch weiter. Wir suchen uns ein kleines Restaurant und unterhalten uns auf dem Weg dorthin. Ein wenig – nicht viel. Wozu auch?
Paolo stößt dazu, und wenn es nicht im Winter mitten in Mailand gewesen wäre … ich glaube, wir hätten gemeinsam einen ganzen langen Nachmittag im Spätsommer auf einem Marktplatz in den Alpen sitzen können. Wir hätten Espresso, Wasser, leichten trockenen Weißwein und vielleicht einen Pastis zu uns genommen. Wir hätten die vor uns liegende Piazza beobachtet. Wir hätten vorbeifahrende Autos und Motorräder gesehen, spielenden Kindern zu- und Frauen hinterhergeschaut, und für die Kommunikation hätten meine zwanzig Worte italienisch gereicht – wahrscheinlich für uns alle Drei.
Ich liebe diese Momente, wenn man – oder Männer – zusammensitzt und es braucht keine Gespräche. Alle fühlen sich trotzdem sehr wohl. Aber für ein Interview ist das eine denkbar ungünstige Ausgangssituation.
Ich habe Fragen über Fragen, und es ist mir fast peinlich, sie zu stellen, aber ich will unbedingt die Geschichte des Marco Olmo erzählen. Hier in diesem Buch. In dem Moment, wo wir beschließen offiziell anzufangen, fällt mir schlagartig der Titel für ein weiteres Buch ein: »Ich wär’ viel lieber schüchtern geblieben!«
HERE WE GO …
Was war eigentlich dein allererstes Rennen, Marco?
Ich habe nie großartig gezielt Sport gemacht, war aber als Kind der Berge immer viel draußen unterwegs. Mit 26 Jahren hatten wir eine Sache laufen, wegen einem vier Kilometern langen Rennen bei uns im Dorf. Es ging mit 400 Höhenmetern viel rauf und runter auf der kurzen Strecke. Ich habe dafür das erste Mal trainiert, um dort gegen die anderen Jungs zu gewinnen. Es brachte enorm viel Spaß und ich wurde im Ziel Vierter.
Wie ging es danach weiter mit dem Laufen?
Ich bin bei Rennen in den Bergen mitgelaufen – meistens in unserer Gegend. Die Läufe waren sehr unterschiedlich, aber ich bin noch nie einen Marathon gelaufen. Erst später, mit 47 Jahren, ging ich dann zum Marathon des Sables. Zusammen mit Paolo, weil er ein Team für das Rennen gegründet hatte. Das war 1996, und der MdS war mit 200 Teilnehmern noch relativ klein. Heute sind es über 1.300 Starter in der Wüste.
Wenn du zurückblickst: Was war dein größter Erfolg?
Sicherlich der Sieg und die Weltmeisterschaft in 2007 beim UTMB. Ich hatte das Rennen im Jahr zuvor bereits gewonnen, aber diese Strapaze mit einem weiteren Sieg im darauffolgenden Jahr zu krönen, das war etwas Besonderes.
Du vergisst zu erwähnen, dass dies kurz vor deinem 59. Geburtstag passierte, und tatsächlich ist das Meisterstück mit zwei Siegen in Folge danach nur noch einmal vollbracht worden: von Kilian Jornet. Wie war das im Ziel für Dich?
Überwältigend war die Freude, der Zuspruch, den ich von allen Seiten bekam. Ich hatte tatsächlich Tränen in den Augen auf der Ziellinie.
Wie wichtig war dieser Sieg?
Nun ja – ich hatte nicht Amerika entdeckt, aber ich fühlte mich sehr gut.
Das ist eine sehr knappe Umschreibung.
Du sprichst nicht so viel und so gern über dich?
(Er beantwortet die Frage mit einem Grinsen.)
Was passierte noch?
Neben der Erschöpfung und Freude? Ach ja (und er lacht dabei): Als ich meinen Siegerpokal erhielt, stand Renata neben mir. Das Erste, was ihr in diesem Moment einfiel, war der Hinweis darauf, dass sie nicht mehr wisse, wo sie in der Hektik das Auto geparkt hatte für die Heimfahrt. Ich dachte noch: So schnell hat einen das normale Leben zurück.
Das war vor zehn Jahren. Das wichtigste Rennen aus den vergangenen Jahren für dich?
Im Herbst 2016 war ich auf einem sehr schönen Rennen: Ultra Bolivia Race. Wir liefen teilweise in Höhen von über 3.600 Metern. Es war ein Lauf über sechs Etappen und 170 km Länge. Teilweise liefen wir auf dem Salar de Uyuni – die mit mehr als 10.000 Quadratkilometern größte Salzpfanne der Erde. Die Salzkruste entstand vor über 10.000 Jahren durch das Austrocknen eines riesigen Sees.
… und du hast das Rennen mit über zwei Stunden Vorsprung im Alter von 68 Jahren gewonnen.
Ja, das stimmt. Ich bin auch sehr stolz darauf. Ich liebe die Berge. Ich bin ein Mann aus den Bergen. Ich habe viele Rennen gemacht und auch einige gewonnen. Bestimmte Rennen bleiben einem aber besonders im Gedächtnis.
Welche noch?
Ein Skirennen: Abfahrt. Das Rennen hieß Tri RifugiUMTB