Äneas, im siebenten Jahre nach Trojas Zerstörung umherirrend, wird auf der Fahrt von Sicilien nach Italien durch einen Sturm, den Juno durch Äolus erregte, mit sieben Schiffen aus der zerstreuten Flotte nach Libyen verschlagen, Juppiter tröstet die Venus durch des Sohns Schicksale und sendet den Mercurius, ihm die neu angesiedelten Carthager zu gewinnen. Dem spähenden Äneas begegnet die Mutter als Jägerin und führt ihn, in eine Wolke gehüllt, nach Carthago, wo er Gesandte von den verlorenen Schiffen und freundliche Aufnahme bei der Königin Dido findet. Statt des gerufenen Ascanius kommt Cupido, durch welchen Dido beim Gastmahl für Äneas entbrennt und die Geschichte seiner Irrfahrten verlangt.
Waffen ertönt mein Gesang und den Mann, der vom Troergefild' einst Kam, durch Schicksal verbannt, nach Italia und der Laviner Wogendem Strand. Viel hieß ihn in Land' umirren und Meerflut Göttergewalt, weil dau'rte der Groll der erbitterten Juno; |
||
5 |
Viel auch litt er im Kampf, bis die Stadt er gründet' und Trojas Götter nach Latium führte: woher der Latiner Geschlecht ward, Und albanische Väter, und du, hochragende Roma. Muse, des Grolls Ursachen verkünde mir, welches Gebotes |
|
10 |
Sie den frömmeren Mann, so viel zu erdulden der Mühsal, Drängte mit Zwang. So groß glüht himmlischen Seelen der Zorn auf? Uralt blühte die Stadt, die Tyrier bauten, Carthago, |
|
15 | Die, wie man sagt, sich Juno vor allen Landen des Erdreichs, Selbst vor Samos erkor. Hier ruhete jener die Rüstung, Hier das Gespann; daß hier Obherrschaft throne den Völkern, Werd' es vom Schicksal vergönnt, war jetzt schon ihr Streben und Sehnen. Aber ein fernes Geschlecht, aus troischem Blute geleitet, |
|
20 | Hörete sie, werd' einst umkehren die tyrischen Burghöhn; Dorther stammendes Volk, weitherrschend, und stolz der Bekriegung, Komme zu Libyas Sturz: so roll' es die Spindel der Parcen. Dessen besorgt war Juno; zugleich des vorigen Krieges Dachte sie, welchen vor Troja zur Gunst sie geführet den Grajern. |
|
25 | Noch nicht waren dem Geiste des Zorns Ursachen entfallen Und der erbitterte Schmerz; tief bleibt in der Seele bewahret Paris richtender Spruch und die Schmach der beleidigten Schönheit, Samt dem verhaßten Geschlecht, und wozu Ganymedes geraubt sei. Durch dies Alles entbrannt, warf über die Flut sie die Troer, |
|
30 |
Was vor der Danaerwut nachblieb und dem grimmen Achilles, Daß sie von Latium ferne sie hielt'; und viele der Jahre Irrten, vom Schicksal verfolgt, sie umher durch alle Gewässer. So mühseliges Werk war des römischen Volkes Errichtung. Kaum zu der Höhe des Meers vom Gesicht des siculischen Landes |
|
35 | Segelten froh sie dahin, mit dem Erz aufwühlend den Salzschaum; Als Saturnia so, mit unheilbarer Wunde des Herzens, Bei sich sprach: Ich sollte besiegt abstehen vom Vorsatz Und von Italia nicht fern halten den teucrischen König? Ha, mir verbeut das Geschick. Hat Pallas mit Glut der Argiver |
|
40 | Flotte zu tilgen vermocht und sie selbst in die Wogen zu senken, Blos weil Ajax gefrevelt, der rasende Sohn des Oileus? Selbst, aus Gewölk herschwingend des Donnerers reißende Flamme, Schlug sie die Schiff' auseinander und regt' im Orkane die Wog' auf; Ihn, der hell ausdampft' aus durchschmettertem Busen den Gluthauch, |
|
45 | Hob sie im Wirbel empor und spießt' an ein scharfes Gestein ihn. Aber ich, die einher der Unsterblichen Königin wandelt, Juppiters Schwester und Weib, mit dem einzigen Volke so endlos Führ' ich den Streit! Wird einer hinfort anbeten der Juno Macht? wird einer mit Flehn dem Altar auflegen Verehrung? |
|
50 |
Als mit entflammeter Brust Saturnia solches geredet, |
|
55 | Jen', unmutigen Sinns, umdrohn mit hohlem Gemurmel Laut ihr Felsenverschloß. Hoch sitzt auf der Zacke besceptert Äolus, sänftigt den Geist und stillt des Zornes Empörung. Thät' er es nicht, Meerwogen und Land' und Tiefen des Himmels Rafften sie traun im Orkane dahin und durchstäubten die Lüfte. |
|
60 | Doch der allmächtige Vater verbarg sie in dunkeler Felskluft, Dessen besorgt, und den Wall hochtürmender Berge darüber Legt' er und gab den König, der bald nach sicherer Satzung Bändigen könnte den Lauf und bald nach Geheiß sie entzügeln. Diesem nahete jetzt mit flehenden Worten die Göttin: |
|
65 |
Äolus, dir ja gewährte der Götter und Sterblichen Vater, |
|
70 | Oder zerstreu' sie umher und mit Leichnamen decke den Abgrund! Vierzehn hab' ich der Nymphen von auserlesener Schönheit. Welche davon vorraget an Lieblichkeit, Deiopea Sei dir in Ehe gesellt, als eigene Lagergenossin, Daß für solches Verdienst mit dir sie die Jahre der Zukunft |
|
75 |
Leb' und zum Vater dich mache von lieblichen Söhnen und Töchtern.
Äolus also darauf: Dir, Königin, sei, was du wünschest, |
|
80 |
Durch dich ward ich der Stürm' und der Witterungen Beherrscher.
Sprach's und zum hohlen Gebirg' hinwendend die Spitze, |
|
85 | Wühlen es Eurus und Notus zugleich, und, von Regen umschauert, Africus, daß hochher das Gewog' anrollt zu den Ufern. Plötzlich erschallt der Männer Geschrei und der Taue Gerassel, Und die umhüllende Wolk' entreißet den Tag und den Himmel Schnell aus der Teucrer Gesicht; auf der Flut liegt düsteres Nachtgraun. |
|
90 |
Ringsum donnert der Pol, und von Leuchtungen zucket der Äther, Und andrängenden Tod verkündiget alles den Männern. Schleunig sind dem Äneas gelöst von Schauer die Glieder, |
|
95 | Denen vor Trojas Mauern im Angesichte der Väter Nahte das Ziel. Hochherzigster du des Danaervolkes, Daß ich, o Tydeus Sohn, nicht auch in den ilischen Feldern Fallen konnt' und den Geist durch deine Rechte verhauchen! Wo dem Geschoß des Achilles erlag der trotzige Hector, |
|
100 |
Wo der große Sarpedon, wo Simois wild in dem Strudel Helm' und Schilde der Männer und tapfere Leichname hinrollt. Während er so wehklaget, da saust ihm entgegen der Nordsturm, |
|
105 | Giebt es die Seit'; und es stürzt das gebrochene Wassergebirg' ein. Dort nun schweben sie hoch auf der Flut, dort sinkenden öffnet Tief die zerlechzende Woge das Land, und es siedet der Schlamm auf. Drei dort rafft und entschwingt auf verborgene Felsen der Südwind, Felsen im Mittel des Meers, die ein Riff der Segeler nennet, |
|
110 | Schrecklich am Saum aufstarrend der Flut. Drei treibet der Ostwind Auf Untiefen und Syrten, ein mitleidswürdiger Anblick, Malmt sie hinein in den Abgrund und häuft umhügelnde Sandhöhn. Eines, das Lycierfreund hertrug und den treuen Orontes, Faßt ihm selbst vor den Augen ein hoch anrauschender Meerschwall, |
|
115 | Schlägt auf das Steuer mit Macht und entschüttelt im Schwung den Piloten Häuptlings hinab vom Verdeck; doch es reißt dreimal in die Runde Wirbelnd die Woge das Schiff und verschlingt's in den strudelnden Abgrund. Rings nun schwimmen umher sparsam in unendlicher Meerflut Waffen des Kriegs und Gebälk' und troische Schätz' durch die Brandung. |
|
120 |
Schon des Ilioneus Schiff, das gewaltige, schon des Achates, Auch das den Abas geführt und geführt den bejahrten Aletes, Bändigt der Sturm; und die Fugen gelöst des gewölbeten Rumpfes, Lassen sie feindlichen Guß eingehn durch lechzende Spalten. Unterdes, daß empört machtvoll aufbrauset die Meerflut, |
|
125 | Und entfesselt der Sturm, gewahrte Neptunus und tiefauf Gähren die Sümpfe des Grunds, und heftig beweget, hervor nun Schaut er im Meer und erhub sein friedliches Haupt aus den Wassern. Ringsum sieht er die Flott' in den Wogen zerstreut dem Äneas, Und von der Flut die Troer umtobt und dem Sturze des Himmels. |
|
130 |
Nicht auch verkannte der Bruder den Zorn und die Ränke der Juno. Zephyrus rief er und Eurus heran; drauf redet er also: So weit hat euch geführt die Vermessenheit eures Geschlechtes? |
|
135 | Ha, ihr sollt . . ! Doch das Getöse der Flut zu bezähmen ist besser. Traun, nicht büßt ihr hinfort mit ähnlicher Strafe den Frevel! Eilt mir in schleuniger Flucht und sagt dies euerem König: Nicht ihm gab die Verwaltung des Meers und den furchtbaren Dreizack, Sondern mir selbst das Geschick. Er herrscht in dem grausigen Felsraum, |
|
140 |
Den ihr, Eurus, bewohnt; dort üb' im Palaste den Hochmut Äolus, und in der Winde verschlossenem Kerker gebiet' er! Sprach's, und schnell, wie er sprach, war die schwellende Woge beruhigt, |
|
145 | Ab von dem Felsen die Schiff'. Selbst lichtet der Gott mit dem Dreizack, Öffnet durch Sand und Watten die Bahn und stillet die Meerflut; Und auf schwebendem Wagen durchrollt er die wallende Fläche. Wie wenn in großer Versammlung des Volks sich manchmal ein Aufruhr Hebt und in Grimm anrast der niedrig gesinnete Pöbel; |
|
150 | Schon sind Bränd' und Steine geschnellt; Wut bietet die Waffen; Wenn dann etwa ein Mann, durch Verdienst ehrwürdig und Tugend, Vortritt, schweigen sie all' und stehn mit gespanneten Ohren; Jener bezähmt durch Worte den Geist und heilet den Mißmut: Also sank das Getöse der Brandungen, als, in die Meerflut, |
|
155 |
Mild vorschauend, der Vater die Ross' am geläuterten Himmel Lenkte zur Fahrt und im Flug' auf entzügeltem Wagen daher fuhr. Doch des Äneas Schar, die ermüdete, eilet den nächsten |
|
160 | Durch vorliegende Seiten erschafft, wo gebrochen des Meeres Woge zerschellt und hinein in die krümmenden Busen sich spaltet. Links dort drohen und rechts unförmliche Klippen und zwiefach Starrende Felsen empor, woran weit unter den Höhen Ruht die gesicherte See; auch die Ansicht schaudernder Wälder |
|
165 | Ragt, und schwarzes Gehölz hochher mit grauser Beschattung. Grad' entgegen gewandt ist eine gewölbete Felskluft, Drin süßquellende Flut und Bänk' aus lebendem Felsen; Nymphen zur Wohnung geweiht. Dort hält die ermüdeten Schiffe Gar kein Tau, noch hemmt sie mit hakigem Bisse der Anker. |
|
170 |
Dorthin kommt Äneas, der sieben Schiff' aus der ganzen Menge zusammen gebracht. Sehnsüchtig begehrend zu landen, Steigen die Troer hervor, das ersehnete Ufer gewinnend, Lagern dann am Gestade von Salz hinschmachtende Glieder. Jetzo dem Kiesel zuerst entschlug den Funken Achates, |
|
175 | Fing in trockene Blätter die Glut, auch trockene Nahrung Fügt' er umher und schwang in dem glimmendem Reisig die Flamme. Ceres Geschenk, von der Woge verletzt, und Geräte der Ceres Langen die Mattgequälten hervor; den geretteten Vorrat Rösten sie schnell an den Flammen und drehn die zermalmenden Steine. |
|
180 |
Aber Äneas indes erklimmt den Felsen und ringsum |
|
185 | Nimmt er wahr am Gestad', auch folgt das sämtliche Rudel Hinterwärts und durchäset in langem Zuge die Thäler. Hier sich stellend, ergreift er die fliegenden Pfeil' und den Bogen Schnell mit der Hand; ihm trug das Geschoß sein treuer Achates. Selbst die Führer zuerst, die hoch mit geästeten Häuptern |
|
190 | Prangeten, streckt er dahin; dann niederes Volk, und verwirrend Treibt er umher mit Geschossen den Schwarm durch buschiges Dickicht. Und nicht ruht er zuvor, bis er sieben gewaltige Leiber Siegreich warf in den Staub und die Zahl gleich machte den Schiffen. Dann zum Hafen gekehrt, verteilt er sie allen Genossen. |
|
195 |
Weine darauf, in Krüge gefüllt von dem guten Acestes Am trinacrischen Strand', und geschenkt vom Helden zum Abschied, Spendet er aus und tröstet die sorgenden Herzen mit Zuspruch: Freunde, wir sind ja bisher nicht ganz unkundig des Leidens! |
|
200 | Selbst der scylläischen Wut seid ihr, und der Würgerin graunvoll Hallenden Klippen genaht; ihr habt die cyclopischen Felsen Kennen gelernt. Faßt wiederum Mut und den zagenden Kummer Bändigt. Künftig vielleicht ist des auch zu denken behaglich. Durch vielfältige Not, durch manche Gefahr der Entscheidung, |
|
205 |
Eilen wir Latium zu, wo ruhige Sitze das Schicksal Darbeut. Dort soll wieder das Reich aufblühen von Troja. Ausgeharrt und euch selbst glückseligen Tagen bewahret! Also redet er Held, und von heftigen Sorgen geängstigt. |
|
210 | Jene beschicken die Beute der Jagd und ordnen den Festschmaus. Einige ziehn von den Rippen die Haut und entblößen die Glieder; Andre zerschneiden das Fleisch, und das zitternde schwebt an den Spießen: Eherne Kessel stellt mancher am Strand', und pfleget des Feuers. Jetzo erquickt die Speise das Herz, und im Grase gelagert, |
|
215 | Werden des altenden Weines sie satt und des saftigen Wildprets. Als sie mit Kost den Hunger gezähmt und entfernet die Tafeln, Werden bedaurt in langem Gespräch die verlorenen Freunde: Schwankend in Furcht und Hoffnung erwägt man, ob sie noch leben, Ob sie dem Ende genaht, und nicht mehr hören den Zuruf. |
|
220 |
Aber es klagt Äneas am zärtlichsten, tapfrer Orontes, Dein und des Amycus Los, auch des Lycus grausames Schicksal Weinet er, Gyas den starken zugleich und den starken Cloanthus. Schon war geendet die Klag', als Juppiter hoch in dem Äther |
|
225 | Auf die Gestad' und die Völker umher, und vom Gipfel des Himmels, So wie er stand, hinsenkte zu Libyas Reichen die Blicke. Weil sein waltendes Herz von solcherlei Sorgen gedrängt war, Nahte betrübt und genetzt die glänzenden Augen von Wehmut, Venus und sprach: O der du, was Sterbliche schaffen und Götter, |
|
230 | Lenkst durch ewige Macht und mit donnerndem Strahle sie schreckest, Was hat mein Äneas an dir so Großes zu freveln, Was die Troer vermocht: daß, nach so viel Wehe den Duldern Ganz noch der Erd' Umkreis Italias wegen gesperrt wird? Dorther würden Romaner dereinst, mit den kreisenden Jahren, |
|
235 | Dorther Führer entstehn aus erneuetem Blute des Teucrus, Welche mit Allherrschaft durch Meer und Länder geböten, Sagtest du. Welch ein Entschluß hat dich, o Erzeuger, gewendet? Hieraus, wann mich betrübte der Fall der gesunkenen Troja, Schöpft' ich Trost, abwägend das Schicksal gegen das Schicksal. |
|
240 | Jetzo verfolgt die so lange mit Unglück ringenden Männer Stets Unglück. Wann setzst du ein Ziel, Weltherrscher, dem Elend? Konnte ja doch Antenor, dem Schwarm der Achiver entronnen, Tief zur illyrischen Bucht und dem innersten Reich der Liburner Eingehn ohne Gefahr und umlenken den Quell des Timavus: |
|
245 | Wo er, mit dumpfem Getöse des Bergs, neun Schlünden entrollend, Geht zu brechen das Meer und den Schwall an die Felder emporbraust. Dennoch gründete jener Pataviums Stadt und der Teucrer Wohnungen dort, gab Namen dem Volk und weihete Trojas Rüstungen; Friede nunmehr und behagliche Ruhe beglückt ihn. |
|
250 |
Wir, dein eignes Geschlecht, die zur himmlischen Burg du erhöhn willst, Werden der Schiff' (o entsetzlich!) beraubt und dem Zorne der Einen Bloß gestellt und so weit von den Italerlanden entfernet. Das ist der Frömmigkeit Lohn? so kehrt uns wieder die Herrschaft? Ihr nun lächelte mild der Menschen und Ewigen Vater, |
|
255 |
So wie sein Antlitz Himmel und Witterungen erheitert, Und sanft naht' er der Tochter zum Kuß, dann redet er also: Banne die Furcht, Cytherea; dir bleibt der Deinigen Schicksal |
|
260 | Hoch zu dem Äthergestirn; nicht hat mein Entschluß sich geändert. Er (denn ich kündige dir's, weil noch die Sorge dich naget, Und aus der Fern' aufroll' ich die dunkelen Gänge des Schicksals) Führt einst schrecklichen Krieg in Italia, trotzige Völker Bändigt er und ordnet Gesetz und Mauern den Männern: |
|
265 | Bis drei Sommer den König in Latium walten gesehen, Und dreimaliger Frost dem bezwungenen Rutuler hinfloh. Aber Ascanius drauf, der jetzt den Namen Iulus Führet, Ilus vordem, als machtvoll Ilios herrschte, Wird durch dreißig Kreise der monatrollenden Jahre |
|
270 | Weit das Gebiet ausdehnen und weg vom Sitze Lavinums Heben das Reich zur langen mit Kraft befestigten Alba. Drei Jahrhunderte nun wird dort verwaltet die Herrschaft Vom hectorischen Stamm, bis die Priesterin, Tochter des Königs, Ilia, schwanger von Mars, ein Zwillingspaar auf die Welt bringt. |
|
275 | Froh mit gelblicher Hülle der säugenden Wölfin sich deckend, Wird nun Romulus erben das Volk und mavortische Mauern Aufbaun und die Romaner nach eigenem Namen benennen. Deren Gewalt soll weder ein Ziel mir engen noch Zeitraum; Endlos daure das Reich, das ich gab. Ja die eifernde Juno, |
|
280 | Die nun Meer und Länder mit Furcht und den Himmel beängstigt, Wird zum Besseren wenden das Herz und begünstigen gleich mir Romas Volk, die Gebieter der Welt, die Togaumwallten. Also gefällt's. Einst kommt mit den schlüpfenden Zeiten das Alter, Wann des Assaracus Haus der berühmten Mycen' und der Phthia |
|
285 | Knechtisches Joch auflegt und siegreich schaltet in Argos. Dann aus schönem Geschlecht wird blühn der trojanische Cäsar, Der zu den Sternen den Ruhm, zum Oceanus dehnet die Herrschaft. Julius, also benannt vom edelen Ahnen Iulus. Diesen mit östlicher Beute Beladenen wirst du gesichert |
|
290 | Einst im Himmel empfahn; dann rufen auch ihm die Gelübde. Jetzt wird, ruhend vom Streit, das rauhere Alter sich mildern. Vesta, die grauende Treu, und Remus vereint mit Quirinus, Geben Gesetz. Doch gesperrt mit Eisen und zwängenden Klammern Stehn die gräßlichen Pforten des Kriegs; wild drinnen auf Waffen |
|
295 |
Sitzet die frevelnde Wut, wo in hundert ehernen Fesseln Jen' auf den Rücken geschnürt, graunvoll knirscht blutigen Mundes. Juppiter sprach's, und er sendet den Sohn der Maja vom Himmel, |
|
300 | Dido die Grenze verwehr'. Er entfleugt durch die luftigen Räume Mit hinrudernder Schwing' und betritt schnell Libyas Ufer. Schon ist bestellt das Gebot, schon sind sanftmütig der Pöner Trotzige Herzen dem Gott. Vor allen die Königin heget Ruhigen Sinn im Busen und Freundlichkeit gegen die Troer. |
|
305 |
Aber der fromme Äneas erwägt gar vieles die Nacht durch; |
|
310 |
Als er die Flott' im Gewölbe des Hains, an gehöhleter Felswand, Unter der Bäume Verschloß ringsher und grauser Umschattung, Sicherte, wandelt er selbst, nur allein von Achates begleitet, Zwei Wurfspeer' in der Hand, die breit vorschimmerten, schwenkend. Noch in der Mitte des Walds begegnete jenem die Mutter, |
|
315 | Jungfraun gleich an Tracht und Gestalt und gewaffnet wie Jungfraun, Spartische; oder wie rasch Harpalyce, Thracias Heldin, Spornet die Ross' und in Eile dem stürzenden Hebrus zuvorrennt. Denn nach der Jägerin Art, das bequeme Geschoß um die Schultern, Ging sie einher, darbietend das Haar dem zerstreuenden Winde, |
|
320 | Nackend das Knie und im Knoten die fließenden Schöße gesammelt. Heda, rief sie zuerst, sagt, Jüngling, ob ihr vielleicht hier Meiner Gespielinnen eine gesehn, die irrend umherging, Schön mit dem Köcher geschürzt und dem Fell des fleckigen Luchses, Oder ob schreiend im Lauf sie hemmte den schäumenden Eber. |
|
325 |
Venus sprach's, und darauf gab Venus' Sprößling die Antwort: |
|
330 | Wer du auch bist, sei gnädig und schaff' uns leichter die Arbeit; Und, was doch für ein Himmel uns deckt, welch Ende der Welt uns Schweifende birgt, sag' an. Unkundig der Ort' und der Männer, Irren wir um, die Wind und geschwollene Woge dahertrieb. Dir am Altar soll häufig mein Arm hinstrecken das Opfer. |
|
335 |
Venus darauf: Nicht schätz' ich so herrlicher Ehre mich würdig; |
|
340 | Dido waltet des Reichs, die vertrieben vom Bruder, aus Tyros Hierher floh. Lang ist die Beleidigung, lang der Erzählung Umschweif; doch ich erzähle dir kurz die wichtigsten Thaten. Ihr war einst Sychäus vermählt, an phönicischen Auen Überreich, und der Armen in herzlicher Liebe vereinigt, |
|
345 | Dem sie der Vater zur Braut, die noch jungfräuliche Tochter, Festlich geweiht. Doch der Bruder Pygmalion übet in Tyros Obergewalt, ein Frevler durch schreckliche Greuel verrufen. Bald nun trennete Wut die Erbitterten. Auf den Sychäus Zuckt am Altar der Entweiher, von Gier nach Golde geblendet, |
|
350 | Zu heimtückischem Morde den Stahl, um die Liebe der Schwester Sorglos. Lange verhehlt' er die That; voll heuchelnder Arglist Täuscht' er der Liebenden Schmerz und log ihr eitele Hoffnung. Aber im Schlummer erschien des unbegrabenen Gatten Eigenes Bild; aufhebend in schrecklicher Blässe das Antlitz, |
|
355 | Zog er den grausen Altar und die Brust vom Stahle durchbohret, Hell ans Licht, den geheimen Verrat des Hauses enthüllend. Flucht zu beschleunigen rät er, und schnell zu verlassen die Heimat, Und zur Hilfe der Fahrt eröffnet er uralte Schätze Unter der Erd', ein Gewicht unerkundeten Goldes und Silbers. |
|
360 | Dido, bewegt durch solches, bereitete Flucht und Genossen. Viele versammelten sich aus wütendem Haß zum Tyrannen, Viel' aus heftiger Furcht. Was grad' an Schiffen bereit war, Rafft man zusammen, belädt man mit Gold, Pygmalions Schätze Trägt man, des Räubers, zum Meer. Es treibt ein Weib zu der That an. |
|
365 | Als sie gekommen zum Ort, wo nun die gewaltigen Mauern Sehen du wirst und die wachsende Burg der neuen Carthago, Handelten jene den Grund, von der That jetzt Byrsa benennet, So viel als umspannen die Stierhaut ihnen vermöchte. Doch wer seid denn ihr? aus welcherlei Gegenden kommt ihr? |
|
370 | Wohin lenkt ihr den Weg? – Der Fragenden sagte dagegen Seufzend der Held und tief aus der Brust aufziehend die Stimme: Göttin, o wollt' ich vom ersten Beginn fortgehen zum End' hin, Und du hörtest in Ruh' die Erzählungen unserer Mühsal, Eher wird betten den Tag nach verschlossenem Himmel der Abend. |
|
375 | Uns, von der grauenden Troja, wofern einst eueren Ohren Trojas Namen erscholl, durch entlegene Meere geführet, Warf mit blinder Gewalt der Orkan an die libyschen Ufer. Ich bin Äneas der fromme, dem Feind entriss'ne Penaten Führ' ich in Schiffen daher, mein Ruhm drang hoch bis zum Äther. |
|
380 | Heim nach Italia streb ich, zum Stamm, der von Juppiter ausging. Zwanzig Schiffe betrat ich und fuhr durch phrygische Woge, Folgend dem Weg des Geschicks, den die göttliche Mutter mir nachwies. Kaum sind sieben zerschlagne von Sturm und Brandungen übrig. Selbst hier darbend und fremd, durchwander' ich Libyas Wildnis, |
|
385 | Ich, den Europa verstieß und Asia! – Mehr zu bejammern, Gab nicht Venus ihm Raum und bannt' so redend den Kummer: |