Fußnoten

1 Leider wurde auch dieses Wort, welches die dichterischen Bestrebungen einer lebendigen Künstlerseele zu bezeichnen hat, mishandelt und schlieslich verspottet. Gab es je ein groses Wort, welches die Menge nicht sofort zu entheiligen suchte ?

2 Die wenigen einzels ich enden Ausnahmen zerstören dieses trostlose, verhängnisvolle Bild nicht, und auch diese Ausnahmen sind hauptsächlich Künstler, deren Credo das l'art pour l'art ist. Sie dir. nen also einem höheren Ideale, welches im ganzen ein zielloses Zer-streuen ihrer Kraft ist. Außere Schönheit ist ein die geistige Atmosphäre bildendes Element- Es hat aber außer der positiven Seite (da Schönes - Gutes ist) den Mangel des nicht erschöpfend ausgenützten Talentes - (Talent im Sinne des Evangeliums).

3 Dieses «Heute» und «Morgen» im Inneren den biblischen «Tagen» der Schöpfung ähnlich,

4 Weber, der Komponist des «Freischütz», meinte von derselben (d.h. die VII. Symphonie Beethovens); «Nun haben die Extravaganzen dieses Genius das Nonplusultra erreicht; Beethoven ist nun ganz reif fürs Irrenhaus.» Bei der spannenden Stelle zu Beginn des ersten Satzes auf pochendem «e» rief Abbé Stadler, als er sie zum ersten Male hörte, einem Nachbar zu: «Es kommt immer noch das - ,e' - es fällt ihm eb'n nix ein, dem talentlosen Kerl!» («Beeihoven» von August Göllerich, siehe S.i in der Serie «Die Musik», herausgegeben von R. Strauß.)

5 Sind nicht manche Denkmäler eine traurige Antwort auf diese Frage?

6 Es ist hier oft die Rede vom Materiellen und Nichtmateriellen und von den Zwischenzuständen, die «mehr oder weniger» materiell bezeichnet werden. Ist alles Materie? Ist allesGeist? Können die Unterschiede, die wir zwischen Materie und Geist legen, nicht nur Abstufungen nur der Materie sein oder nur des Geistes? Der als Produkt des «Geistes» in positiver Wissenschaft bezeichnete Gedanke ist auch Materie, die aber nicht groben, sondern feinen Sinnen fühlbar ist. Was die körperliche Hand nicht betasten kann, ist das Geist? In dieser kleinen Schrift kann nicht darüber weiier geredet werden, und es genügt, wenn keine zu scharfen Grenzen gezogen werden.

7 Zöllner, Wagner, Butleroff - Petersburg, Crookes - London usw. Später Ch. Richet, C. FIammarion (sogar der Pariser « Matin » hat die Außerungen des letzteren unter dem Titel «Je le constate, mais je ne l'explique pas» vor etwa zwei Jahren gebracht). Endlich C.Lombroso, der Schöpfer der anthropologischen Methode in der Frage des Verbrechens, geht mit Eusapia Palladino zu gründlichen spiritistischen Sitzungen über und anerkennt die Phänomene. Außer noch anderen Gelehrten, die auf eigene Faust sich solchen Studien widmen, bilden sich allmählich ganze wissenschaftliche Vereine und Gesellschaften, die dieselben Zwecke verfolgen (2. B. Société des Etudes psychiques in Paris, die sogar Berichtreisen in Frankreich veranstaltet, um das Publikum mit den von ihr erzielten Resultaten in einer durchaus objektiven Form bekannt zu machen).

8 Sehr häufig wird in solchen Fällen das Wort Hypnose gebraucht, dieselbe Hypnose, welcher in ihrer ersten Form des Mesmerismus verschiedene Akademien verächtlich den Rücken kehrten.

9 Siehe z.B. Dr. Steiners «Theosophie» und seine Artikel in «Lucifer-Gnosis» über Erkenntnispfade. Es ist heute angezeigt, darauf hinzuweisen, daß eine Unterscheidung zwischen der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft von Rudolf Steiner und der aus dem Orient stammenden Theosophie von H. P. Blawatzky von Kandinsky damals noch nicht gemacht wurde, gewiß deshalb, weil die Auseinandersetzungen über die gegensätzlichen Auffassungen erst in jenen Jahren stattfanden. M. B. 18.8.62

10 H. P. Blawatzky: Der Schlüssel der Theosophie. Leipzig, Max Altmann, 1907. Das Buch erschien in englischer Sprache in London 1889.

11 Zu solchen Hellsehern des Niederganges gehört in der ersten Linie auch Alfred Kubin. Mit unüberwindlicher Gewalt wird man in die schauerliche Atmosphäre der harten Leere hineingezogen. Diese Gewalt entströmt den Zeichnungen Kubins ebenso wie seinem Roman «Die andere Seite».

12 Als in Petersburg unter Maeterlincks eigener Leitung einige von seinen Dramen aufgeführt wurden, ließ er selbst bei einer Probe, um einen fehlenden Turm zu ersetzen, einfach ein Stück Leinwand hängen. Es war ihm nicht wichtig, eine fein nachgeahmte Kulisse verfertigen zu lassen. Er tat so wie die Kinder, die größten Phantasten aller Zeiten, immer in ihren Spielen tun, wenn sie einen Stock für ein Pferd ansehen oder aus bekannten Papierkrähen ganze Regimenter Kavallerie in ihrer Phantasie machen, wobei ein Kniff in der Krähe plötzlich aus einem Kavalleristen ein Roß bildet (Kügelgen: «Erinnerungen eines alten Mannes»). Dieser Zug zur Anregung der Phantasie des Zuschauers spielt im jetzigen Theater eine große Rolle. In dieser Beziehung hat besonders viel gearbeitet und erreicht die russische Bühne. Dies ist ein nötiger Ubergang vom Materiellen zum Geistigen des Theaters der Zukunft.

13 Dieses tritt klar zutage bei Vergleich der Werke Maeterlincks und Poes. Und dies ist wieder ein Beispiel für das Fortschreiten auch der künstlerischen Mittel vom Materiellen zum Abstrakten.

14 Viele Versuche haben gezeigt, daß eine derartige geistige Atmosphäre nicht nur Helden, sondern jedem Menschen zugute kommt. Die Sensitiven können z.B. nicht im Zimmer bleiben, wo vorher ein Mensch war, welcher ihnen geistig widerwärtig ist, wenn sie von dessen Anwesenheit auch nichts wußten.

15 «Die Musik», X, 2, S.104. Auszug aus der «Harmonielehre» (Verlag der «Universal Edition»),

16 Siehe z.B. Signac: «De Delacroix au Neo-impressionnisme». (Deutsch erschienen im Verlag Axel Juncker, Charlottenburg 1910.)

17 Siehe seinen Artikel in «Kunst und Künstler» 1909, Heft VIII.

18 Diese Unterschiede sind, wie alles in der Welt, relativ zu verstehen. Im gewissen Sinne kann die Musik die Ausdehnung in der Zeit vermeiden und die Malerei - diese Ausdehnung anwenden. Wie gesagt, haben alle Behauptungen einen nur relativen Wert.

19 Wie kläglich Versuche ausfallen, die musikalischen Mittel zur Wiedergabe der äußeren Formen zu brauchen, zeigt eng verstandene Programmusik. Es wurden noch letzthin solche Experimente gemacht. Froschgesänge, Hühnerhöfe, Messerschleifen nachzuahmen, ist wohl einer Varietebühne ganz würdig und kann als unterhaltender Spaß ganz lustig wirken. In der ernsten Musik aber bleiben solche Ausschweifungen nur lehrreiche Beispiele, für Mißerfolge «Natur zu geben». Die Natur hat ihre eigene Sprache, die auf uns mit einer unüberwindlichen Macht wirkt. Diese Sprache ist nicht nachzuahmen. Wenn man einen Hühnerhof musikalisch darstellt, um die Stimmung der Natur dadurch zu schaffen, den Zuhörer in diese Stimmung zu versetzen, so kommt klar zutage, daß es eine unmögliche und nicht nötige Aufgabe ist. Eine derartige Stimmung kann von jeder Kunst geschaffen werden, aber nicht durch äußerliche Nachahmung der Natur, sondern durch künstlerische Wiedergabe dieser Stimmung in ihrem inneren Wert.

20 Dr. med. Freiidenberg. Spaltung der Persönlichkeit. (Ubersinnliche Welt 1908, Nr. 2, S.64-65.) Hier wird auch über Farbenhören gesprochen (8.65), wobei der Verfasser bemerkt, daß die vergleichenden Tabellen kein allgemeines Gesetz feststellen. Vgl. L. Sabanejeff in der Wochenschrift «Musik», Moskau 1911, Nr. 9: Mit Bestimmtheit wird hier auf das baldige Kommen eines Gesetzes hingewiesen.

21 Auf diesem Gebiete wurde schon viel theoretisch und auch praktisch gearbeitet. Auf der vielseitigen Ahnlichkeit (auch physikalischer Luft- und Lichtvibration) will man auch der Malerei eine Möglichkeit finden, ihren Kontrapunkt zu bauen. Andererseits in der Praxis wurde es mit Erfolg versucht, wenig musikalischen Kindern durch Hilfe der Farben (z.B. durch Blumen) eine Melodie einzuprägen. Viele Jahre arbeitet auf diesem Gebiete Frau A.Sacharjin-Unkowsky, welche eine spezielle präzise Methode konstruiert hat, «die Musik von den Farben der Natur abzuschreiben, die Laute der Natur zu malen, die Laute farbig ansehen und die Farben musikalisch zu hören ». Diese Methode wird schon seit Jahren in der Schule der Erfinderin angewendet und wurde vom St. Petersburger Konservatorium als zweckmäßig anerkannt. Andererseits hat Skrjabin auf empirischem Wege eine parallele Tabelle der musikalischen und farbigen Töne zusammengestellt, die der mehr physikalischen Tabelle der Frau Unkowsky sehr gleicht. Skrjabin hat sein Prinzip im «Prometheus» überzeugend angewendet. (S.Tabelle in der Wochenschrift «Musik», Moskau 1911, Nr. 9.)

22 P. Signac o.c. - Siehe auch den interessanten Artikel von K.Scbeffler - «Notizen über die Farbe» (Dekorative Kunst, Febr. 1901).

23 Sehr ähnliches Resultat, wie bei dem weiterfolgenden Beispiel mit Baum, in welchem aber das materielle Element der Vorstellung einen größeren Raum einnimmt.

24 Eine bedeutungsvolle Rolle spielt dabei auch die Richtungen welcher z.B. das Dreieck steht, also die Bewegung. Dies ist von großer Wichtigkeit für die Malerei.

25 Wenn eine Form gleichgültig wirkt und, wie man es nennt, «nichts sagt», so ist dieses nicht buchstäblich zu verstehen. Es gibt keine Form, wie überhaupt nichts in der Welt, was nichts sagt. Dieses Sagen gelangt aber oft zu unserer Seele nicht, und zwar dann, wenn das Gesagte an und für sich gleichgültig ist oder, richtiger bezeichnet, nicht an der richtigen Stelle angebracht wurde.

26 Diese Bezeichnung «ausdrucksvoll» ist richtig zu verstehen: manchmal ist die Form dann ausdrucksvoll, wenn sie gedämpft ist. Die Form bringt manchmal gerade dann das Nötige am ausdrucksvollsten, wenn sie nicht bis zur letzten Grenze geht, sondern nur ein Wink ist, nur die Richtung zum äußeren Ausdruck zeigt.

27 Das Wesentliche des «Idealisierens» lag im Bestreben, die organische Form zu verschönern, ideal zu machen, wobei leicht das Schematische entstand und das innere Klingen des Persönlichen verstumpfte. Das «Stilisieren», mehr aus dem impressionistischen Grunde emporwachsend, hatte als ersten Zweck nicht die «Verschönerung » der organischen Form, sondern ihr starkes Charakterisieren durch das Auslassen der zufälligen Einzelheiten. Deswegen war das hier entstehende Klingen ganz persönlichen Charakters, aber mit überwiegend sprechendem Außeren. Die kommende Behandlung und Veränderung der organischen Form hat zum Ziel das Bloßlegen des inneren Klanges. Die organische Form dient hier nicht mehr zum direkten Objekt, sondern ist nur ein Element der göttlichen Sprache, die Menschliches braucht, da sie durch Menschen an Menschen gerichtet ist.

28 Die große Komposition kann selbstverständlich aus kleineren in sich geschlossenen Kompositionen bestehen, die äußerlich sogar feindlich einander gegenüberstehen, aber doch der großen Komposition (und gerade in diesem Falle durch das Feindliche) dienen. Diese kleineren Kompositionen bestehen aus einzelnen Formen auch verschiedener innerer Färbung.

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