Foto: Katharina Ivanisevic
Konstantin Sacher, geboren 1984, aufgewachsen im Taunus, ist evangelischer Theologe. Nach dem Studium arbeitete er zwei Jahre als Vikar in einer Gemeinde in Frankfurt am Main. Derzeit lehrt er als wissenschaftlicher Mitarbeiter Systematische Theologie an der Universitat Leipzig und forscht über den Tod als Thema der Religion. Sacher lebt mit seiner Familie bei Frankfurt am Main. Und erlöse mich ist sein erster Roman.
Danke. Danke, dass ihr meinem Aufruf gefolgt seid. Ich bin euch sehr dankbar. Eure Hilfe ist sehr wichtig für mich. Nicht, dass ich nicht alleine klarkommen würde. Ich komme auch ohne euch aus. Aber mit eurer Hilfe wird es einfacher. Ihr denkt jetzt sicherlich: Was will der eigentlich von mir!? Ich erkläre es euch.
Ich sitze hier irgendwo, wo, möchte ich nicht sagen, und schreibe an euch. Weil ich wissen muss, was ihr denkt. Aha, er muss es also wissen. Und warum sollte ich es ihm sagen?, denkt ihr jetzt sicher abfällig. Zumindest einige von euch denken das. Ihr würdet vielleicht auch gerne einmal wissen, was so manch einer zu euren Fragen sagt. Dazu kann ich nur sagen: Fragt doch! Ich bin sicher, euch hört jemand zu. Ihr wollt ja auch lesen, was ich euch schreibe.
Falls doch nicht, dann wäre jetzt der richtige Moment, um auszusteigen. Es ist nur ein Angebot. Wenn ihr nicht interessiert seid, dann legt das Buch zur Seite und rührt es nicht mehr an. Dann bin ich für euch gestorben. Ich kann euch nicht mehr ansprechen, keine Chance. Und übel nehmen kann ich es euch auch nicht. Ich kenne euch ja gar nicht. Also bitte, alle, die sich jetzt schon genervt fühlen: Legt das Buch weg und tut uns beiden einen Gefallen, indem ihr es sein lasst. Eure Antworten würden sowieso nichts taugen.
Darum geht es mir nämlich. Ich will Antworten von euch. Ich muss wissen, was ihr von mir haltet. Ich habe so viel über mich nachgedacht, ich bekomme einfach trotzdem kein klares Bild. Ich muss wissen, ob ihr mich missachtet. Ich muss wissen, ob ihr mich für ein egoistisches Arschloch haltet. Ob ihr denkt, dass es mir nur um mich geht.
Was? Das kann er doch nicht ernst meinen!
Doch. Ich kann das ernst meinen.
Und ja, ich bin derselben Meinung, der sicher auch viele von euch sind, nämlich dass es Quatsch ist, danach zu fragen, ob man als Mensch ein Egoist ist, denn alle Menschen müssen ja egoistisch sein, sonst könnten sie nicht überleben. Man selbst steht immer im Mittelpunkt. Unweigerlich. Ja, da habt ihr, oder ich sollte besser sagen, da haben wir recht.
Mein Punkt ist aber ein anderer. Ich möchte nicht wissen, ob ihr mich nach euren Maßstäben für einen Egoisten haltet oder ob ich nach den Maßstäben der meisten Menschen ein Egoist bin. Ich möchte von euch wissen, ob ich mich selbst für ein unverbesserliches, egoistisches Arschloch halten soll. Ein Arschloch, bei dem alles um es selbst kreist. Also müsst ihr euch in mich hineinversetzen. Deshalb erzähle ich euch alles. Ich möchte mir damit natürlich auch etwas von der Seele reden. Womit dieses ganze Vorhaben schon wieder selbstsüchtig ist. Ich möchte eure Lebensenergie haben. Ihr sollt sie darein investieren, mein Buch zu lesen, damit ich mir im Klaren bin.
Andererseits – und auch das meine ich jetzt ernst –, so egoistisch ist das gar nicht. (Passt jetzt gut auf, denn es geht schon los mit dem Verstehen, wie ich so bin und wie ich so denke!) Denn wenn es mir besser geht, dann bin ich auch besser in der Lage, anderen zu helfen. So läuft das. Aber das ist natürlich alles noch ein wenig unreflektiert.
Meine Fragen an euch lauten: Was soll ich von mir halten? Bin ich so sehr Egoist, dass ich nur noch mich selbst sehe? Und damit ihr mir helfen könnt, werde ich euch erzählen, was ich so getan und erlebt habe in letzter Zeit. Noch mal: Danke schon im Voraus für eure Hilfe! Bitte schickt eure Antwort möglichst bald, nachdem ihr fertig gelesen habt, an binicheinegoist@gmail.com. Denn sonst, wenn ihr die Fragen nur für euch beantwortet, habe ich ja nichts davon, und das geht nicht. Bei aller Liebe zum Schreiben – und die ist wirklich nicht gering – denke ich doch: Wer etwas schreibt, der will auch etwas davon haben, und sei es nur das Bewusstsein, weitergekommen zu sein und etwas geschaffen zu haben. Und da wären wir jetzt ja schon mitten im Thema. Aber Stopp! Ich möchte anders anfangen. Ich erzähle etwas, das mir vor etwa zwei Jahren passiert ist.
Tik tak, tik tak. Die Uhr schlägt unaufhörlich, aber eigentlich schlafe ich noch und sollte die Uhr nicht hören. Ich höre sie trotzdem. Sie macht tik tak, tik tak und gibt mir das schlechte Gefühl, etwas zu verpassen. Ich weiß nicht was. Scheiß Uhr! Was willst du? Was fuckst du mich ab? Ich schlafe und höre dich eigentlich gar nicht. Außerdem, was für eine Uhr tickt hier eigentlich? Ich habe nur Digitaluhren. Diese Wecker, die sogar die Temperatur anzeigen können und die Luftfeuchtigkeit. Nur ticken können sie nicht. Ich schaue mich um. Wo tickt es? Ich sehe die Uhr. Es ist eine große, bestimmt 1,70 Meter hohe, schwere, braune Holzstanduhr. Wieder macht es tik tak, tik tak. Ich starre auf die Uhr, und dieses Mal macht es nicht tik tak. Es macht fick fuck, fick fuck, fick fuck, und sie sieht nicht mehr aus wie vorher. Das Ziffernblatt färbt sich rosa, und die Zeiger sind auf einer Klitoris festgemacht. Das Ziffernblatt ist eine Muschi. Eine schöne Muschi, um genau zu sein. Mein ganzer Ärger verschwindet. Ich kann nur noch auf die Muschi schauen. Sie ist rasiert. Kein Härchen ist zu sehen, aber dafür glänzt es feucht zwischen den Lippen, und der Spalt ist leicht geöffnet. Als wäre es noch nicht lange her, dass dort etwas herausgezogen wurde. Mein Kopf bewegt sich immer näher an das Ziffernblatt der Uhr heran. Ich will die Muschi küssen und ihr den Schleim aus der Ritze lecken. Doch obwohl ich mich auf sie zubewege, komme ich ihr nicht näher. Ich schaffe es nicht, auch nur einen Zentimeter näher an sie heranzukommen. Sie bleibt unerreichbar. Die Zeiger bewegen sich weiter und werden jetzt immer schneller. Ich bekomme Panik. Ich muss da ran. Ich atme schnell und flach. Schweiß rinnt mir auf die Stirn. Ich habe meine Hand in meiner Hose und meinen Penis in der Hand. Er ist fest und groß. Rechts und links ist keine Uhr mehr zu sehen. Ich sehe nur weiße Wände und einen riesigen, hässlichen, weißen Kleiderschrank.
Ich bin in meinem Schlafzimmer. Es war ein Traum, und die Uhr und die Muschi und mein Versagen, das alles hat gar nicht stattgefunden. Das beruhigt mich im ersten Moment. Aber auch nur im ersten Moment. Dann fällt mir ein, dass das gar nicht stimmt. Die Uhr und die Muschi mag es nicht gegeben haben, in echt. Aber das Versagen, das gibt es. Ich habe noch immer meine Hand an meinem Penis. Sie liegt dort, geformt wie eine leere Muschel. Ich lege die Hand gerne so hin. Dann habe ich das Gefühl, dort ist alles gut und warm und sicher. Und wenn dort, also zwischen meinen Beinen, nicht alles gut und warm und sicher wäre … es gibt nicht vieles, was schlimmer sein könnte. Aber in diesem Fall ist ja alles gut, und ich drehe mich zur Seite. Dabei reibe ich mit der flachen Hand von oben über den Penis. Es macht mich selbst geil, wie schön hart und groß mein Penis ist. Wäre die Muschi aus dem Traum jetzt in Wirklichkeit hier, ich könnte ihn sofort in sie stecken. Obwohl – nein, das stimmt nicht.
Ich konnte keine Frauen mehr ficken. Das klingt jetzt vielleicht ein wenig komisch, aber es war so. Und ich konnte es auch nicht ändern, zumindest damals nicht. Deswegen war mein Versagen wirklich, und nur die Muschi und die Uhr waren Erfindungen meiner Phantasie.
Ein Jahr vor diesem Traum hatte ich mit meiner Freundin Schluss gemacht, und danach konnte ich keinen Sex mehr haben. Ich weiß nicht, was das sollte. Immer wenn ich mit zu einer Frau nach Hause ging – zu mir ließ ich sie aus Prinzip nicht kommen –, lief erst mal alles super. Doch dann passierte es immer wieder.
Wie als ich mit Sandra mitgegangen bin. Wir kannten uns schon ein bisschen und mochten uns auch. Sie war nicht sehr attraktiv, aber irgendwie fand ich sie trotzdem geil. Aber ich wollte sowieso alle Frauen ficken. Vielleicht lag es auch daran. Egal. Sie findet mich geil und ich sie. Also ziehen wir uns aus und küssen uns überall. Mein Penis steht steif nach oben. Dann soll es richtig losgehen, ich meine das eigentliche Ficken. Sobald es also richtig losgehen soll, wird alles weich, und nichts geht mehr. Ich ärgere mich, ich schäme mich, und ich werde sauer. Aber das macht es nur noch schlimmer. Sandra ist sehr verständnisvoll, oder sie tut zumindest so. Was soll sie auch anderes machen. Ich bin ja nun mal in ihrer Wohnung, und sie könnte mich zwar mit den Worten »Sorry, aber du bringst es einfach nicht, bitte geh jetzt« rausschmeißen, aber dafür ist sie zu nett und zu höflich. Also versucht sie es mit Blasen und Lecken und Reiben und allem, was ihr so einfällt. Es wird aber nicht besser. Und dann, als mich das alles so nervt, dass ich nicht mehr stillhalten und dieses Programm über mich ergehen lassen kann, lege ich sie auf den Rücken. Ich lecke sie erst ein bisschen, und dann versuche ich, während ich mit dem Kopf zwischen ihren Beinen bin, mit der Zunge an ihr Arschloch heranzukommen. Es gelingt mir nicht wirklich. Aber der Geruch und die Vorstellung, ihren Arsch zu lecken, lassen meinen Penis wieder härter werden. Ich drehe sie um und ziehe sie an der Hüfte hoch, sodass sie vor mir kniet. Ich bin in der besten Position, um sie von hinten zu ficken. Aber das habe ich nicht vor. Ich lecke ihren Arsch. Sie zuckt ein wenig zurück. Wahrscheinlich schämt sie sich ein bisschen vor sich selbst. Aber sie scheint es zu mögen. Nach dem Zurückzucken kommt sie wieder in meine Richtung. Ich presse meine Zunge jetzt fast in ihr Loch hinein, und sie macht leise Lustgeräusche. Ich nehme meinen rechten Zeigefinger und reibe über das Loch, dann stecke ich ihn ihr langsam, damit sie nicht zu überrascht ist und sich an den Gedanken gewöhnen kann, hinein. Sie zuckt wieder kurz und lässt dann locker. Mein Finger in ihrem Arsch turnt mich so an, dass mein Penis wieder ganz hart und groß ist. Ich schiebe den Finger ein bisschen rein und raus, jetzt will ich sie ficken, am liebsten in den Arsch, aber das traue ich mich nicht, also drehe ich sie wieder rum und will mich zwischen ihre gespreizten Beine legen. Sie flüstert mir etwas zu und drückt mich ein Stück weg, ich höre aber nicht darauf und schiebe mich wieder zu ihrer Muschi. Dann sagt sie es noch mal, und dieses Mal so laut, dass ich es nicht überhören kann: »Wir müssen noch ein Kondom benutzen.«
Sie greift nach links zu ihrem Nachttisch, und im gleichen Moment wird es bei mir schon wieder weicher, und ich fange an, mich zu ärgern. Als sie mir das Kondom in die Hand drückt, versuche ich noch ein, zwei Mal alibihaft, es mir überzuziehen, aber ich weiß schon vorher, dass es nicht halten wird. Also sage ich leise vor mich hin: »Es klappt nicht, es tut mir leid.«
Sandra ist enttäuscht, bleibt aber nett und streichelt mir meinen Rücken, während ich mich zur Seite drehe, um einzuschlafen. Ich tue nur so und döse vor mich hin. Als ich merke, dass sie eingeschlafen ist, stehe ich auf und gehe.
What the fuck?!, denkt ihr? Ja, das habe ich auch gedacht, beim ersten Mal, als mir das passiert ist. Aber bei Sandra hat es mich eigentlich schon nicht einmal mehr überrascht. Ich erzähle euch das, damit ihr einen Eindruck davon bekommt, in was für einer Situation ich damals war. Das passierte, wenn ich mit Frauen schlafen wollte. Ich konnte sie nur in den Po oder ohne Kondom ficken. Jede Form des Normal-in-Anführungsstrichen-Sex hat mich nicht genug erregt. Das war beispielhaft für alles, was ich so gemacht habe, nachdem Sarah und ich uns getrennt hatten. Es hat mich nicht erregt.
Obwohl ich sagen muss, dass ich diese Abneigung gegen Kondome schon immer hatte. Abneigung ist eigentlich zu schwach ausgedrückt. Ich hasste Kondome. Mal ehrlich: Was kann es Beschisseneres geben, als sich ein Stück Kunststoff dazwischen zu stecken, wenn zwei Menschen das Schönste machen wollen, was es auf der Welt gibt? Ich wartete nur darauf, dass irgendjemand anfangen würde, zu verbreiten, man solle sich beim Masturbieren eine Folie zwischen die Haut und das Geschlecht legen. Tücher, die man beim Lecken über die Muschi legen soll, gab es ja schon. So habe ich gedacht.
Ich möchte nicht, dass ihr jetzt denkt, mir würde einer abgehen, wenn ich Sexgeschichten von mir aufschreibe, und dass ich euch deswegen von mir erzähle. Das ist wirklich nicht der Fall. Es geht mir nur darum, dass ihr nach und nach einen Eindruck von mir bekommt; einen echten Eindruck. Und für die Zeit vor zwei Jahren, von der ich gerade erzählt habe, war dieses Ereignis des missglückten Sex mit Sandra erstens symptomatisch und zweitens beispielhaft. Wirklich. Denn vieles von dem, was ich tat, hing noch mit der Beziehung davor zusammen, die nun schon drei Jahre her ist. Aber ich will noch nicht davon schreiben, was mit dieser Beziehung so war. Ich finde es immer noch sehr anstrengend, darüber zu reden, schreiben macht es zwar ein wenig einfacher, aber eigentlich ist es ja ein bisschen wie reden, wie mit sich selbst reden. So bleibt es unangenehm. Ich schreibe lieber später von dieser Beziehung. Nur so viel für den Moment: Es hing damals alles damit zusammen, auch das mit dem Sex.
Ich muss aber auch noch einen anderen wichtigen Punkt gleich erwähnen.
Ich bin ein gläubiger Mensch, ja ich scheue mich nicht zu sagen, dass ich ein sehr gläubiger Mensch bin. Nicht so, wie es sich wohl die meisten vorstellen, wenn man von sehr gläubigen Menschen hört. Also dass ich jeden Tag stundenlang bete und über der Bibel meditiere. Ja, das hätte ich vielleicht dazu sagen sollen, ich bin ein gläubiger Christ. Wobei das Christsein zwar die Basis für meinen Glauben gelegt hat und auch weiterhin die Basis ist. Ansonsten tue ich mir aber einigermaßen schwer damit, zu sagen, ich bin ein sehr gläubiger Christ. Obwohl es stimmt.
Was mich stört, ist, dass jeder denkt, ein gläubiger Christ würde jeden Morgen in die Messe rennen, mindestens einmal am Tag den Leib Christi essen, einen alten Mann in roten Schuhen für den Stellvertreter Gottes auf Erden halten, Sex vor der Ehe verurteilen, Nichtchristen für Ungläubige halten oder zumindest in den häufig bis sehr häufig besuchten Gottesdiensten in Zungen reden. Oder die Menschen denken, als Christ müsste man jederzeit ein ordentliches und anständiges Leben führen. Nichts von alledem ist der Fall. Zumindest nicht bei mir.
Aber ich bin trotzdem Christ. Ich verstehe es bloß ganz anders. Das Abendmahl etwa ist für mich was Positives. Es ist ein gemeinschaftliches Erlebnis und die teilnehmende Gemeinde ist danach im besten Fall gestärkt. Aber daran zu glauben, dass dabei mehr passiert, das gelingt mir nicht. Ich meine, es wäre doch wirklich eine merkwürdige Idee von Gott, die Menschen das Verzehren seines Sohnes feiern zu lassen, damit sie in einen bestimmten Zustand des Heils versetzt werden; was auch immer das überhaupt heißt – Heil. Ich glaube überhaupt nicht, dass die Menschen etwas Bestimmtes tun müssen, damit Gott sie in einen Heilszustand versetzt. Die Menschen sind ja seine Schöpfung, und dass Gott zum Schlechten schöpft, das glaube ich nicht. Über den Papst muss ich eigentlich gar nicht reden. Der ist lächerlich, das ist klar. Ein Mensch als Stellvertreter Gottes. Bullshit. Was soll das? Obwohl ich seine Meinung zum Thema Kondome lange verstehen konnte. Gott will es sicher nicht, dass zwei Menschen beim Sex … aber das hatte ich ja schon. Und kein Sex vor der Ehe? Warum sollte Gott den Menschen etwas verbieten wollen, was ihnen gut tut und sie fröhlich sein lässt?
Damit wir uns verstehen, die ganzen Dinge, die ich gerade genannt habe, haben für mich nichts mit meinen Glauben zu tun. Gott ist für die Menschen, nicht gegen sie. Und er unterscheidet auch nicht zwischen ungläubigen und gläubigen Menschen. Ich meine, was sollte das für ein Gott sein, der nur Menschen aufnimmt, die an ihn glauben. Obwohl das ein wenig komplizierter ist, denn vielleicht muss man schon glauben – zwar nicht, damit Gott einen annehmen will, denn das will er sicher, aber damit er einen überhaupt annehmen kann. Wobei das wieder darauf ankommt, was es heißt, dass man von Gott angenommen ist. Das ist jetzt zu kompliziert.
Nur um das noch abzuschließen: Ich rede niemals in Zungen und kann nicht verstehen, wie manche Leute glauben können, dass es Gott sei, der in einigen Leuten erscheint und sich darin offenbart, dass er diese Leute wirres Zeug brabbeln lässt, was nur sie verstehen. Ich hätte es gerne gehabt, dass der christliche Glaube der Grundstock meines Lebens wäre. Aber ich habe es nie geschafft. Jetzt ist es zu spät. Immer kamen so viele Dinge dazwischen, die mich davon abgehalten haben, mich so zu verhalten, wie ich finde, dass sich ein gläubiger Christ zu verhalten hat.
Ich erzähle euch das nur, damit ihr versteht, was ich meine, wenn ich sage: Ich bin ein gläubiger Christ. Es geht mir auch weniger darum, dass ich Christ bin, als darum, dass ich gläubig bin. Gott und der Glaube an ihn ist so eine Art Grundidee in meinem Leben. Merkt euch das. Was genau das heißt, darauf muss ich noch einmal zurückkommen.
Eines noch: Ich habe die ganze Zeit von dem Gott gesprochen, also von Gott mit männlichem grammatikalischem Geschlecht. Eigentlich rede ich aber auch gerne von der Gott. Obwohl ich von linguistischer Emanzipation und Gendern und so weiter nicht viel halte. Aber beim Wort Gott ist es mir irgendwie wichtig, dass es, also das Wort, nicht auf ein Geschlecht festgelegt wird. Und sei es nur grammatikalisch.
Ich sollte noch mal anders beginnen. Es hilft euch, mich zu verstehen.
Ich wurde geboren. Damit beginnt ja eigentlich jedes Leben. Außer man wird per Kaiserschnitt in die Welt geholt. Wird man dann eigentlich überhaupt geboren? Nicht eher rausgeschnitten? Müsste dann im Pass nicht eigentlich Rausschneidungsort statt Geburtsort stehen? Egal … Es tut mir leid, dass ich so leicht vom Thema abkomme und eure Geduld auf die Probe stelle. Aber denkt daran, dass es euch zu einem guten Menschen macht, wenn ihr weiterlest! Ihr helft mir damit! Mir!
Also, ich wurde geboren, ganz normal ohne Kaiserschnitt, und bin in einer kleinen Stadt in der Nähe einer großen Stadt aufgewachsen. Ich möchte hier nicht die richtigen Namen verwenden, damit ihr nicht herausfinden könnt, wer ich bin. Also natürlich sollt ihr herausfinden, wer ich bin und wie ich bin, aber ihr sollt nicht herausfinden, wer ich wirklich bin. Meinen Namen, den möchte ich für mich behalten. Ich werde nämlich, das habt ihr aber vielleicht auch schon bemerkt, vieles erzählen, was privat ist, und deshalb wäre es mir unangenehm, wenn ihr wüsstet, wie ich heiße und so. In dieser kleinen Stadt in der Nähe der großen Stadt habe ich die ersten neun Jahre meines Lebens verbracht. Und es ist nicht viel passiert, was euch dabei helfen würde, zu beurteilen, ob ich ein Egoist bin oder nicht. Deswegen erzähle ich nur kurz, dass es wirklich schön war, dort, in dieser Kleinstadt. Ich habe einen Bruder, der ist älter als ich, und mit ihm konnte ich spielen. Wir hatten einen Garten, der war schön und grün. Dort konnten wir herumtoben, und wir hatten, obwohl unserer Mama eigentlich immer für uns da war, für die wenigen Ausnahmen eine tolle Babysitterin. Sie hieß Jennifer. Jennifer ist zwar ein schrecklicher Name, aber Jennifer war überhaupt nicht schrecklich. Jennifer war groß, blond und hatte, was mir damals noch nicht aufgefallen ist, was ich aber später auf Fotos gesehen habe, einen wunderbaren Hintern und tolle, große Brüste. Ich glaube, sie war auch die erste Frau, nach meiner Mama, in die ich mich verliebt habe. Aber damals war ich ja noch sehr jung, und deswegen kann man wahrscheinlich nicht wirklich davon sprechen, dass ich verliebt war. Aber bei diesen Brüsten und vor allem – ihr merkt schon, dafür habe ich eine Schwäche – bei diesem Po. Mir wird jetzt beim Schreiben schon ganz heiß, obwohl ich ja nur an ein Foto von ihr denke. Es muss herrlich gewesen sein, damals als so kleiner Kerl. Ich konnte bestimmt einfach an ihren Po und ihre Brüste fassen, und sie fand es lustig. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich das gemacht habe. Meine Mama hat mir nie von so etwas erzählt, aber ich hoffe sehr, dass ich es gemacht habe. So eine Chance kann man sich nicht entgehen lassen. Schade, dass ich hier kein Foto von Jennifer einfügen kann, sonst würdet ihr verstehen, was ich meine.
Meine Eltern waren schon ein wenig älter, als es die meisten Eltern sind, wenn sie Kinder bekommen. Aber sie sahen trotzdem noch sehr gut aus, wie ich finde. Überhaupt sind eigentlich alle in meiner Familie ziemlich hübsch. Ich meine jetzt nicht die ganzen Onkel und Tanten, da sind auch einige ziemlich hässliche dabei. Aber meine Mama, mein Papa, mein Bruder und ich, wir sind alle ziemlich hübsch. Obwohl ich – und das schreibe ich jetzt nicht, um anzugeben, sondern weil es einfach so ist – noch besser aussehe als die anderen. Ich bin der Schönste. Ich habe auch außerhalb meiner Familie noch nie jemanden getroffen, den ich schöner fand als mich.
Zurück zu meinen Eltern. Meine Mama war schon über vierzig, als ich geboren wurde, und mein Papa sogar noch zwei Jahre älter. Sie ist anlässlich der Geburt meines Bruders, der vier Jahre älter ist als ich, aus ihrem Beruf ausgestiegen. Seitdem könnte man sie als Hausfrau bezeichnen. Aber ich finde, dieser Begriff passt eigentlich nicht zu ihr. Sie ist viel zu klug und zu schön und auch zu belesen, um eine dumme Hausfrau zu sein. Ich meine damit jetzt nicht, dass alle Hausfrauen dumm sind. Aber ich kenne doch einige, die sind typische Hausfrauen, die stricken und häkeln und kochen und putzen und so einen Quatsch. Und die sind wirklich alle dumm. Sehr dumm. Und ich möchte meine Mama nicht mit diesen Frauen auf einer Stufe wissen, deswegen finde ich nicht, dass Hausfrau zu ihr passt. Eigentlich ist sie Künstlerin. Sie könnte nicht davon leben, und sie ist auch keine großartige Künstlerin, aber, wie ich finde, doch eine gute Künstlerin. Sie hat letztes Jahr zwölf Bilder verkauft. Und die kosten zwischen 1000 und 5000 Euro. Das ist nicht so billig. Wie es dieses Jahr ist, weiß ich nicht, weil ich ja keinen Kontakt mehr habe seit mehreren Monaten. Wie es dazu gekommen ist, erzähle ich später.
Meine Mama ist immer sehr nett zu mir gewesen. Nicht, dass ich verhätschelt worden wäre, aber es hat mir an nichts gefehlt. Und mein Papa, der ist auch immer nett gewesen. Nicht zu hart und nicht zu weich, aber eben auch so, wie Väter meistens sind: ein bisschen unnahbar. Er hat immer viel gearbeitet. Ich weiß gar nicht, ob er unbedingt Karriere machen wollte, aber er hat sie auf jeden Fall gemacht. Das könnte daran liegen, dass er sehr schlau ist und begabt. Diese Begabung ist zu einem Teil auch auf mich übergegangen. Ich bin auch ziemlich schlau. Aber mein Bruder, der ist noch ein ganzes Stück schlauer als ich. Er ist wirklich sehr schlau. Alles, was er macht, fällt ihm leicht. Zumindest erweckt er immer den Anschein, denn es ist jetzt nicht so, dass wir viel über Gefühle geredet hätten. Obwohl wir eigentlich immer ein gutes Verhältnis hatten. Ich weiß nicht, wie es ihm jetzt geht. Auch zu ihm habe ich den Kontakt abgebrochen. Ich habe ihm aber eine Postkarte geschrieben, um zu sagen, dass ich noch lebe. Da konnte er dann an der Briefmarke und dem Stempel sehen, in welchem Land ich bin. Wir waren einmal zusammen hier, also nicht nur in dem Land, ich meine, in dem Ort, kurz nach meinem Abitur haben wir den Surfern im Pazifik zugeschaut und Ceviche und Hummer gegessen. Er könnte mich also schon finden, wenn er wollte. Aber er denkt wahrscheinlich, dass es besser ist, wenn man mich in Ruhe lässt und ich mit den Dingen alleine klarkomme. Das denken die Leute ja immer. Besonders in meiner Familie wird gerne so gedacht. Ich sollte beim Thema bleiben, und ich wollte euch ja erst einmal von meiner Kindheit erzählen, damit ihr einen Eindruck bekommt, warum ich geworden bin, wie ich geworden bin.
In diesem ersten kleinen Städtchen, in dem wir gewohnt haben, da ist eigentlich nicht viel passiert. Mir ging es gut. Wir sind von dort, als ich neun Jahre alt war, weggezogen. In eine andere kleine Stadt in der Nähe einer größeren Stadt. Die größere Stadt war nicht ganz so groß wie die vorhergehende größere Stadt, aber ich glaube, man kann sagen, sie war genauso wichtig. Wie auch immer man die Wichtigkeit von Städten misst. Gefühlsmäßig würde ich das so sagen. Diese neue kleine Stadt war – oder ist es bestimmt immer noch – eine besondere kleine Stadt. Aus dieser Stadt kommen wirklich sehr viele reiche Leute. Oder andersherum, in diese Stadt kommen wirklich sehr viele reiche Leute. Beides stimmt wahrscheinlich, weil reiche Leute ja lieber unter sich bleiben, kommen die reichen Leute in die Städte und Gegenden, in denen schon reiche Leute wohnen. Und diese kleine Stadt war, was das betrifft, ein deutschlandweiter Superlativ. Einige würden bestimmt sagen: Moment mal, die und die Stadt ist doch viel reicher. Das mag sein, aber mir kam sie immer wie der absolute Superlativ vor. Der guten Stimmung halber können wir uns allerdings auch auf einen Elativ einigen: Die kleine Stadt in der Nähe der größeren Stadt, in die wir gezogen sind, als ich neun Jahre alt war, ist eine, was die Bewohner angeht, sehr reiche Stadt.
In dieser Stadt bin ich also aufgewachsen. Die Leute dort sind nicht nur sehr reich, sie sind im Großen und Ganzen auch sehr unsympathisch. Es ist wahrscheinlich nicht fair, zu sagen, die sind alle gleich, aber ich habe keine Lust, fair gegenüber diesen Menschen zu sein. Die sind wirklich alle unsympathisch. Man kann, glaube ich, gar nicht anders werden, wenn man aus dieser Stadt kommt. Ich meine, das sieht man daran, dass sogar ich es bin. Obwohl ich weiß, dass etwas unsympathisch ist, mache oder sage ich es trotzdem so, und das liegt daran, dass ich aus dieser Stadt komme. Glücklicherweise bin ich nicht nur so, denn sonst müsste ich die Ausgangsfrage gar nicht stellen, dann wäre schon klar, dass ich ein Riesenegoist und noch dazu ein unsympathischer Idiot bin. Dennoch, ich habe mich eigentlich immer wohl gefühlt unter all diesen Leuten. Das liegt sicher daran, dass ich zu ihnen gehört habe. Wenn man zu einer Gruppe von Leuten gehört und anerkannt ist, dann merkt man gar nicht, wie unsympathisch dieses ganze Gehabe eigentlich ist. Solange man auf der richtigen Seite steht, merkt man gar nicht, was das für eine Scheißtruppe ist. Am besten erzähle ich euch mal ein bisschen was von diesen Leuten aus dieser reichen Stadt, damit ihr beurteilen könnt, ob ich recht habe oder ob die Leute dort eigentlich supernett sind und ich mich irre. Das könnte ja sein.
Also, wenn man aus diesem Städtchen kommt und jung ist, dann gibt es nur zwei Arten, sich zu kleiden. Welche man wählt, hängt nur davon ab, ob man ein Mädchen oder ein Junge ist. Die Auswahlmöglichkeit ist also gleich null. Denn ob man Mädchen oder Junge ist, das kann man sich zwar heute theoretisch aussuchen, aber eben auch nur theoretisch. Es gibt natürlich wie überall ein paar Abweichler, Querulanten oder Aufmüpfige, die sich nicht an die Kleiderordnung halten. Aber die sind Abschaum, weil Unterschicht, und interessieren mich nicht. Das stimmt natürlich nicht, ich habe gerade den einen Teil von mir sprechen lassen, der eben ganz ein Kind dieser kleinen reichen Stadt ist. Ja, das ist sowieso eines meiner Grundprobleme, dass ich immer diese zwei Seiten habe. Aber das merkt ihr vielleicht noch.
Ich duze euch die ganze Zeit, fällt mir gerade auf, ich hoffe, das ist in Ordnung. In der kleinen Stadt von der ich gerade erzähle, da wird nicht so schnell geduzt. Und man sollte sich auch daran halten, sonst kann man ganz schnell unten durch sein.
Zurück zu den Kleidern. Es gibt zwei Arten, sich zu kleiden. Die Jungen tragen Hemd, wenn sie noch wirklich jung sind, dann immer mit Polopferd auf der Brust, wenn sie ein wenig älter sind, dann mit den Initialen an der Stelle, die unter der Hemdtasche wäre, hätte das Hemd eine Tasche, was es aber nicht hat. Je nachdem, ob sie sich gerade besonders wild fühlen oder nicht, stellen sie den Kragen auf. Selbst von einem Oberhemd oder Herrenhemd oder wie auch immer man diese normalen Hemden nennt, jedenfalls nicht nur vom Polohemd. Aber im Sommer kann man zur Abwechslung auch mal Polohemd tragen. Zum Hemd wird dann entweder Chino oder Jeans getragen, das Hemd aber selbstverständlich in der Hose, es soll ja schon ordentlich aussehen. Die Schuhe sind wieder je nach Altersklasse verschieden. Bei den Jüngeren sind es Timberland-Segelschuhe und im Winter Timberland-Stiefel, und bei den Älteren sind es irgendwelche rahmengenähten Lederschuhe, die mindestens 200 Euro gekostet haben.
Das ist so viel nun auch wieder nicht, denkt ihr jetzt.
Das wollte ich erreichen, damit ich jetzt schreiben kann: pro Schuh, nicht pro Paar. Schon ein bisschen teuer, oder?
Wie sich die Mädchen kleiden, das könnt ihr euch jetzt sicher denken, das muss ich jetzt nicht erzählen. Das gibt es ja nicht nur hier, nur dass hier eben alle so sind und nicht nur ein paar. Es langweilt mich sowieso sehr, über Kleidung zu reden. Ich erzähle euch lieber eine kleine Geschichte aus meiner Jugend.
Wir waren eine Truppe von fünf Jungs. Alle glücklich und mit jeweils zwei Fünfzigmarkscheinen ausgestattet. Das war ziemlich viel Geld damals. Wir fuhren mit der S-Bahn in die größere Stadt. Wir waren sechzehn, ich nenne uns mal Maximilian, Hubertus, Benedikt, Karl, und die fünfte Person war ich. Wir fuhren also mit der S-Bahn in die Stadt, denn wir waren eingeladen von einem Bekannten. Er war auch erst sechzehn, aber er hatte irgendeine übermäßige Begabung und deshalb schon sehr viel Geld verdient. An diesem Abend feiert er deshalb eine Party in der Präsidenten-Suite eines der besten Hotels der Stadt.
Es gibt Champagner umsonst, alle anderen Getränke muss man selbst bezahlen. Als wir reinkommen, sehen wir unseren Gastgeber, er heißt Julian, im Esszimmer der Suite stehen, gekleidet wie ein Polospieler. Er grinst uns mit einem breiten Lächeln an und winkt uns zu sich.
»Schön, dass ihr da seid! Es gibt Champagner, so viel ihr wollt. Greift zu«, sagt er und fährt sich mit Daumen und Zeigefinger von oben nach unten über die Nase.
Max holt fünf Gläser, und wir trinken sie in einem Zug leer. Danach sagt er: »Schau dir an, wie billig Sila heute wieder aussieht, wie eine Nutte aus Polen.«
»Woher weißt du denn, wie Nutten aus Polen aussehen?«, fragt Karl.
»Polnische Nutten haben immer blondierte Haare, viel zu viel Schminke drauf und sehen einfach billig aus.«
»Aha, und was unterscheidet sie dann von anderen Nutten?«
»Nichts«, sagt Bene, »alle scheiß Nutten sind scheiß Nutten. Nur zum Ficken geboren.«
Wir lachen und trinken das nächste Glas Champagner auf ex. Hubertus und ich setzten uns nach einer Weile und vielen Gläsern mehr auf eines der Sofas, die es in der Suite gibt, und fangen an, mit Eiswürfeln zu werfen. Ein paar Leuten, der älteste auf dieser Feier ist vielleicht achtzehn, es ist ein Prinz sonstwas, war der Champagner nicht stark genug, und sie haben Wodka und Red Bull bestellt. Dazu gibt es die Eiswürfel. Wir fangen also an, mit den Eiswürfeln auf andere Partygäste zu werfen. Erst zum Spaß und ziemlich leicht, dann etwas fester. Doch das gibt zu schnell Streit, und wir wollen nicht rausfliegen. Also ändern wir unser Ziel. Wir werfen aus dem Fenster auf Passanten. Vorher nehmen wir uns aber noch zwei Longdrinkgläser und machen sie randvoll mit Wodka.
»Red Bull nur für die Farbe«, sagt Hubsi.
Wir trinken ziemlich schnell. Wir schauen aus dem Fenster und sehen eine Gruppe junger Leute auf der anderen Straßenseite.
»Wer besser trifft, hat gewonnen«, sage ich.
Wir nehmen jeder einen Eiswürfel, zielen und feuern ihn auf die Gruppe. Meiner trifft genau ins Schwarze, das heißt den Kopf eines der Mädchen der Gruppe. Sie schreit laut und hält sich die Trefferstelle. Einer von ihnen, ein großer und recht stark aussehender Typ, sucht nach der Herkunft des Geschosses.
Er sieht uns und schreit: »Ey, ihr Wichser, was soll der Scheiß!«
Wir lachen und Hubsi ruft zurück: »Wir können dich nicht verstehen, du musst ein bisschen näher kommen.«
Und ich schmeiße gleich noch einen Eiswürfel und treffe dieses Mal den Großen. Der hat jetzt genug und rennt in unsere Richtung über die Straße. Als er unter uns steht und irgendwas hochschimpft, nimmt Hubsi eine der Champagnerflaschen und gießt ihm eine große Ladung über den Kopf. Er schreit vor Wut und rennt in Richtung Hoteleingang.
Ich nehme das Zimmertelefon, rufe den Concierge an und sage: »Irgendein Prolet hat uns von der Straße aus beschimpft und gedroht, hochzukommen, wenn wir nicht runterkommen. Wir fürchten uns ein wenig. Wenn der reingelaufen kommt und uns sucht, dann müssen Sie ihn unbedingt wieder rauswerfen.«
»Ich werde ein offenes Auge haben, mein Herr.«
Hubsi und ich setzen uns vergnügt wieder auf die Couch und beobachten Max und Karl. Sie sind wirklich schon sehr betrunken und kommen auf uns zu gewankt.
»Aufstehen, mitkommen!«, sagt Karl.
»Fick dich, du Penner«, entgegne ich.
»Los, steht mal auf und kommt mit, wir müssen pissen und haben keine Lust aufs Klo zu gehen. Wir wollen da vorne in den Schrank pissen. Und ihr sollt aufpassen, dass niemand kommt.«