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Buch

Die Magislande sind ein Reich, in dem die Elemente den Menschen magische Begabungen schenken. Doch kein Geschenk ist so kostbar wie die seltene Wahrmagie, über die Safiya verfügt. Indem sie Lüge von Wahrheit unterscheiden kann, wäre ihre Gabe eine gefährliche Waffe in den Händen ihrer mächtigen Feinde. Und davon hat die adelige Safi reichlich. Als der Krieg den Kontinent erschüttert, müssen Safi und ihre Freundin Iseult sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehen, und beschließen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

Autor

Susan Dennard wuchs in einer Kleinstadt in Georgia, USA, auf. Als Meeresbiologin bereiste sie die Welt und hat schon sechs von sieben Kontinenten besucht, nur in Asien war sie bisher noch nicht. Heute lebt sie als hauptberufliche Autorin und Schreibtrainerin im Mittleren Westen der USA. Ihre Fantasyromane über die Magislande erreichten Spitzenplätze auf der New York Times-Bestsellerliste und begeistern Fans weltweit.

SUSAN DENNARD

DAS ZEICHEN DER
WAHRHEIT

ROMAN

Deutsch von
Vanessa Lamatsch

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Die Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel
»Truthwitch« bei Tor Teen, New York.

»Das Zeichen der Wahrheit« ist 2016 unter dem Titel
»Schwestern der Wahrheit« bei Penhaligon erschienen.

1. Auflage
Copyright der Originalausgabe © Susan Dennard 2016
Dieses Werk wurde vermittelt durch die
Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2016
by Penhaligon in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkterstr. 28, 81673 München
Redaktion: Catherine Beck
Umschlaggestaltung und Artwork: Isabelle Hirtz, Inkcraft
in Zusammenarbeit mit Oswin Neumann, oswinart.com
Karte: Maxime Plasse
BL · Herstellung: sam
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-21842-3
V001

www.penhaligon.de

Für meine Strangschwester Sarah

Alles lief schief.

Safiya fon Hasstrels hastig entworfener Plan für diesen Überfall entwickelte sich nicht so wie gewünscht. Zum Ersten war diese schwarze Kutsche mit der goldenen Standarte nicht das Angriffsziel, auf das Safi und Iseult gewartet hatten. Und noch schlimmer – diese verdammte Kutsche wurde von acht Reihen Stadtwachen begleitet, die gegen die Mittagssonne anblinzelten.

Zum Zweiten gab es keinen Ort, an den Safi und Iseult fliehen konnten. Die staubige Straße, die sich unter ihrer Felszunge aus Sandstein entlangzog, war der einzige Weg in die Stadt Veñaza. Und so wie ihr Felsen die Straße überblickte, überblickte die Straße nichts als die unendliche Weite des türkisen Meeres. Sie befanden sich auf einer zwanzig Meter hohen Klippe, die von rauen Wellen und noch raueren Winden umtost wurde.

Und zum Dritten – das war der endgültige Tiefschlag – würden die Wachen, sobald sie auf die versteckten Fallen traten und die Feuertöpfe darin explodierten … nun, ab dann würden diese Wachen jede Spalte der Klippen durchsuchen.

»Höllentore, Iz.« Safi schob ihr Fernrohr zusammen. »Es sind vier Wachen in jeder Reihe. Acht mal vier macht …« Sie runzelte die Stirn. Fünfzehn, sechszehn, siebzehn …

»Zweiunddreißig«, erklärte Iseult ausdruckslos.

»Zweiunddreißig dreimal verdammte Wachen mit zweiunddreißig dreimal verdammten Armbrüsten.«

Iseult nickte nur und schob die Kapuze ihres braunen Umhangs nach hinten. Die Sonne beleuchtete ihr Gesicht, das den perfekten Gegensatz zu Safi bildete: mitternachtsschwarzes Haar im Kontrast zu Safis Weizenblond, mondblasse Haut im Kontrast zu Safis Bräune, und grünbraune im Kontrast zu Safis blauen Augen.

Grünbraune Augen, die jetzt zu Safi glitten, als Iseult gleichzeitig nach dem Fernrohr griff. »Ich will ja nicht ›Ich habe es dir gesagt‹ sagen …«

»Dann tu es nicht.«

»… aber alles, was er dir gestern Abend erzählt hat, war eine Lüge. Er war sicherlich nicht an einem einfachen Kartenspiel interessiert.« Iseult zählte die Punkte an ihren behandschuhten Fingern ab. »Er hatte nicht vor, die Stadt heute Morgen über die nördliche Landstraße zu verlassen. Und ich wette« – ein dritter Finger hob sich – »er hieß nicht mal Caden.«

Caden. Falls … nein, wenn Safi diesen charmanten Schwindler fand, würde sie ihm jeden Knochen in seinem attraktiven Gesicht brechen.

Safi stöhnte und schlug ihren Kopf gegen den Fels. Sie hatte ihr gesamtes Geld an ihn verloren. Nicht nur einen Teil, sondern alles. Letzte Nacht hatte Safi nicht zum ersten Mal ihre – und Iseults – Ersparnisse bei einem Kartenspiel als Einsatz verwendet. Es war ja nicht so, als würde sie jemals verlieren, denn wie das Sprichwort schon sagte: Man kann eine Wahrmagis nicht täuschen.

Und die Gewinne einer einzigen Runde Taro mit den höchsten Einsätzen von ganz Veñaza hätten Safi und Iseult eine eigene Wohnung verschafft. Iseult hätte nicht mehr auf einem Dachboden leben müssen und Safi nicht mehr im stickigen Gästezimmer des Gildemeisters.

Doch wie die Laune des Schicksals es gewollt hatte, war es Iseult nicht gelungen, sich Safi beim Spiel anzuschließen – ihre Herkunft hatte ihr den Zugang zu dem kostspieligen Gasthaus verwehrt, in dem es stattfand. Und ohne ihre Strangschwester an ihrer Seite war Safi anfällig für … Fehler.

Besonders für Fehler der attraktiven, glattzüngigen Art, die Safi mit Komplimenten bedachten, die irgendwie ihre Wahrmagie unterlaufen hatten. Tatsächlich hatte sie nicht einen verlogenen Knochen im Leib des charmanten Schwindlers gespürt, als sie ihre Gewinne von der hauseigenen Bank abgeholt hatte … Oder als der charmante Schwindler sie untergehakt und in die warme Nacht geführt hatte … Oder als er sich zu einem keuschen, aber trotzdem unglaublich berauschenden Kuss auf die Wange vorgelehnt hatte.

Ich werde nie wieder spielen, schwor sich Safi, während sie mit den Fersen auf den Sandstein trommelte. Und auch nie wieder flirten.

»Wenn wir uns aus dem Staub machen wollen«, begann Iseult und unterbrach damit Safis Gedanken, »sollten wir das vielleicht tun, bevor die Wachen unsere Falle erreichen.«

»Sag bloß.« Böse starrte Safi ihre Strangschwester an, die damit beschäftigt war, die sich nähernden Wachen durch das Fernrohr zu beobachten. Wind umspielte Iseults Haare und hob die dünnen Strähnen an, die ihrem Zopf entkommen waren. In der Ferne stieß eine Möwe ihren widerwärtigen Schrei aus.

Safi hasste Möwen; sie kackten ihr immer auf den Kopf.

»Noch mehr Wachen«, murmelte Iseult, und fast hätten die Wellen ihre Worte übertönt. Doch dann sagte sie lauter: »Weitere zwanzig Wachen kommen von Norden.«

Safi stockte der Atem. Selbst wenn sie und Iseult sich irgendwie den zweiunddreißig Wachen um die Kutsche hätten stellen können, würden diese zwanzig Wachen sie erwischen, bevor sie entkommen konnten. Dann schnappte Safi wieder nach Luft, und alle ihr bekannten Flüche entschlüpften ihrem Mund.

»Uns bleiben nur noch zwei Möglichkeiten«, unterbrach Iseult sie, während sie an Safis Seite zurückglitt. »Wir können uns entweder selbst stellen …«

»Nur über die verwesende Leiche meiner Großmutter«, blaffte Safi.

»… oder wir versuchen, die Wachen zu erreichen, bevor sie die Falle auslösen. Dann müssen wir nur noch so dreist wie möglich tricksen.«

Safi warf einen kurzen Blick zu Iseult. Wie immer wirkte das Gesicht ihrer Strangschwester ungerührt und ausdruckslos. Nur ihre lange Nase verriet ihre Anspannung, denn sie zuckte alle paar Sekunden.

»Sobald wir das geschafft haben«, fügte Iseult hinzu und zog sich ihre Kapuze wieder über den Kopf, sodass ihr Gesicht im Schatten lag, »folgen wir dem üblichen Plan. Und jetzt beeil dich.«

Safi brauchte keinen zusätzlichen Ansporn – natürlich würde sie sich beeilen –, doch sie schluckte ihre Antwort hinunter. Iseult rettete ihnen wieder einmal die Haut.

Außerdem, wenn Safi noch ein einziges Ich habe es dir doch gesagt hören müsste, würde sie ihre Strangschwester erwürgen und ihre Leiche an die Einsiedlerkrebse verfüttern.

Iseults Füße fanden die sandige Straße, und Safi kletterte geschickt neben sie. Staub erhob sich um ihre Stiefel, und Safi hatte eine Eingebung. »Warte, Iz.« Safi löste ihren Umhang, bevor sie mit schnellen Bewegungen ihres Parierdolchs die Kapuze abtrennte. »Rock und Kopftuch. Als Bäuerinnen wirken wir weniger bedrohlich.«

Iseult kniff die Augen zusammen, dann sank sie auf der Straße auf die Knie. »Aber unsere Gesichter sind dann noch deutlicher zu erkennen. Schmier dir so viel Dreck ins Gesicht wie nur möglich.«

Während Iseult ihr Gesicht bearbeitete und ihm eine schlammig braune Färbung verlieh, band sich Safi die Kapuze wie ein Kopftuch um die Haare und schlang sich den Umhang um die Hüfte. Sie befestigte den braunen Mantel so an ihrem Gürtel, dass er die Scheiden daran zuverlässig verbarg, dann schmierte auch sie sich Schlamm auf die Wangen.

In weniger als einer Minute waren beide Mädchen bereit. Safi bedachte Iseult mit einem prüfenden Blick – aber die Verkleidung war gut. Gut genug. Ihre Strangschwester sah aus wie eine Bäuerin, die dringend ein Bad nötig hatte.

Mit angehaltenem Atem und Iseult auf den Fersen trat Safi um die Sandsteinklippe … Dann atmete sie auf, ohne langsamer zu werden. Die Wachen befanden sich immer noch dreißig Schritte von den vergrabenen Feuertöpfen entfernt.

Safi winkte dem schnurrbartbewehrten Wachmann an der Spitze der Kolonne zu. Er hob die Hand, und alle Wachen hielten abrupt an. Dann richteten sie einer nach dem anderen ihre Armbrüste auf die Mädchen.

Safi gab vor, es nicht zu bemerken. Als sie den kleinen Haufen Kieselsteine erreichte, der die Falle markierte, hüpfte sie unauffällig darüber hinweg. Hinter ihr vollführte Iseult denselben fast unmerklichen Sprung.

Jetzt hob der Mann mit dem Schnurrbart – offensichtlich der Anführer – ebenfalls seine Armbrust. »Halt.«

Safi gehorchte und kam schlurfend zum Stehen, wobei sie noch so viel Straße hinter sich brachte wie möglich. »Onga?«, fragte sie, das arithuanische Wort für Ja. Wenn sie schon Bäuerinnen waren, konnten sie auch eingewanderte Bäuerinnen sein.

»Sprecht ihr Dalmotti?«, fragte der Anführer, wobei er erst Safi, dann Iseult ansah.

Ungeschickt hielt Iseult neben Safiya an. »Wir sprechen. Wenig.« Das war der schlimmste Ansatz eines arithuanischen Akzents, den Safiya jemals aus Iseults Mund gehört hatte.

»Habe wir … Schwierigkeiten?« Safi hob die Hände in einer allgemeinen Unterwerfungsgeste. »Wir nur wollen nach Veñaza.«

Iseult hustete übertrieben, und Safi hätte sie am liebsten erwürgt. Kein Wunder, dass Iz immer die Taschendiebin spielte, während Safi für Ablenkung sorgen musste. Ihre Strangschwester war eine schreckliche Schauspielerin.

»Wir wollen Stadtheiler«, erklärte Safi eilig, bevor Iseult noch einmal unglaubwürdig keuchte. »Für Fall, dass sie Pest hat. Unsere Mutter daran gestorben, wisst Ihr, und oooooh, wie sie in diesen letzten Tagen gehustet. So viel Blut …«

»Pest?«, unterbrach sie der Wachmann.

»Oh, ja.« Safi nickte wissend. »Meine Schwester sehr krank.«

Iseult presste ein weiteres Husten hervor, und diesmal war das Geräusch so überzeugend, dass Safi tatsächlich zusammenzuckte und dann zu ihr hinkte. »Oh, du brauchst Heiler. Komm, komm. Lass von deiner Schwester helfen.«

Der Wachmann drehte sich zu seinen Männern um, die Mädchen schon halb vergessen. Er brüllte bereits Befehle. »Zurück ins Glied! Vorwärts marsch!«

Kiesel knirschten, Schritte donnerten auf den Boden. Die Mädchen schlurften weiter, vorbei an Wachen mit gerümpfter Nase. Anscheinend wollte sich niemand Iseults »Pest« einfangen.

Safi zerrte Iseult gerade an der schwarzen Kutsche vorbei, als sich die Tür plötzlich öffnete. Ein runzliger alter Mann lehnte seinen in scharlachrote Seide gekleideten Oberkörper aus der Öffnung. Seine schlaffe Haut schlackerte im Wind.

Es war der Vorsteher der Gold-Gilde, ein Mann namens Yotiluzzi, den Safi schon aus der Ferne gesehen hatte. Und zwar ausgerechnet gestern Abend im Gasthof.

Der alte Gildemeister erkannte Safi offensichtlich nicht. Nach einem flüchtigen Blick hob er seine näselnde Stimme. »Aeduan! Schaff mir diesen fremden Dreck vom Hals!«

Eine weiß gekleidete Gestalt umrundete mit wehendem Umhang die hinteren Räder der Kutsche. Auch wenn sein Gesicht vom Schatten einer Kapuze verborgen wurde, war es unmöglich, das Wehrgehänge voller Messer vor seiner Brust oder das Schwert an seiner Hüfte zu übersehen.

Er war ein Carawen-Mönch, ein Söldner, der von Kindesbeinen an zum Töten ausgebildet worden war.

Safi erstarrte. Ohne nachzudenken ließ sie Iseult los, die sich unauffällig hinter sie schob. Die Wachen würden jeden Moment die Falle der Mädchen erreichen, und das war ihre Angriffsstellung: Verbunden. Vereint.

»Arithuanier«, sagte der Mönch. Seine Stimme war rau, aber nicht wegen seines Alters, sondern wegen mangelnder Nutzung. »Aus welchem Dorf?« Er trat einen Schritt auf Safi zu, und sie musste den Drang unterdrücken zurückzuweichen. Ihre Wahrmagie explodierte förmlich vor Unbehagen – ein raues Gefühl, so als würde ihr jemand die Haut vom Nacken kratzen.

Und es waren nicht seine Worte, die Safis Magie zum Aufflackern brachten. Es war seine bloße Gegenwart. Dieser Mönch war jung, doch irgendetwas an ihm war falsch und skrupellos und zu gefährlich, um ihm jemals zu vertrauen.

Er schob seine Kapuze zurück und enthüllte ein fahles Gesicht und sehr kurze braune Haare. Dann, als der Mönch nah an Safis Kopf die Luft einsog, wirbelte plötzlich Rot in seinen Augen.

Blutmagis.

Dieser Mönch war ein verdammter Blutmagis. Eine Kreatur aus den Mythen; ein Wesen, das das Blut eines anderen wittern, seine Magie riechen konnte – und seiner Zielperson so über ganze Kontinente folgen. Wenn er Safis oder Iseults Witterung aufnahm, steckten sie in tiefen, tiefen …

Bumm-bumm-bumm.

Das Schießpulver in den Feuertöpfen explodierte. Die Wachen hatten die Falle erreicht.

Safi reagierte sofort, genau wie der Mönch. Sein Schwert sauste aus der Scheide, ihr Messer schoss nach oben. Sie traf die Kante seiner Waffe und schlug seine Klinge zur Seite, doch er erholte sich sofort und stürzte sich auf sie. Safi wich zurück. Ihre Unterschenkel stießen gegen Iseult, aber die kniete sich in einer geschmeidigen Bewegung hin, und Safi rollte seitwärts über ihren Rücken.

Verbunden. Vereint. So kämpften die Mädchen. So lebten sie. Nach ihrer Rolle kam Safi wieder auf die Beine und zog das Schwert in dem Moment zurück, in dem sich Iseults Halbmondsicheln hoben. Ein Stück entfernt ertönten weitere Explosionen. Schreie erklangen, die Pferde traten aus und wieherten. Iseult zielte auf die Brust des Mönchs, er sprang nach hinten und auf das Wagenrad. Doch statt des Moments der Ablenkung, mit dem Safi gerechnet hatte, stürzte sich der Mönch nun von oben auf sie.

Er war gut. Der beste Kämpfer, dem sie sich je gestellt hatten.

Aber Safi und Iseult waren besser.

Safi wich zurück, während Iseult in den Weg des Mönchs sprang. In einem Wirbel aus Stahl trafen ihre Sicheln seine Arme, seine Brust, seinen Bauch. Dann zog sie wie ein Tornado an ihm vorbei.

Darauf hatte Safi nur gewartet. Sie hielt nach dem Ausschau, was nicht wahr sein konnte und offenbar doch stimmte: Alle Wunden am Körper des Mönchs heilten vor ihren Augen.

Nun bestand kein Zweifel mehr: Dieser Mönch war ein dreimal verdammter Blutmagis, der direkt Safis dunkelsten Albträumen entsprungen schien. Also tat sie das Einzige, was ihr einfiel: Sie warf ihren Parierdolch direkt auf seine Brust.

Die Klinge durchstieß seinen Rippenbogen und grub sich tief in sein Herz. Er stolperte nach vorne, fiel auf die Knie, und seine roten Augen suchten Safis. Mit gefletschten Zähnen zog er sich knurrend den Dolch aus der Brust. Blut spritzte aus der Wunde …

Und dann begann auch diese Verletzung zu heilen.

Doch Safi blieb keine Zeit für einen weiteren Schlag. Die Wachen machten kehrt. Der Gildemeister schrie in seiner Kutsche, und die Pferde setzten zu einem panischen Galopp an.

Iseult sprang vor Safi. Ihre Sicheln bewegten sich mit unglaublicher Geschwindigkeit, um zwei Armbrustbolzen aus der Luft zu schlagen. Dann verbarg die fahrende Kutsche die Mädchen für einen Moment vor den Blicken der Wachen. Nur der Blutmagis konnte sie sehen, und auch wenn er nach seinen Messern griff, war er doch zu langsam. Zu erschöpft von der heilenden Magie.

Und trotzdem lächelte er – er lächelte –, als wüsste er etwas, das Safi nicht wusste. Als könnte und würde er sie zur Strecke bringen und zur Rechenschaft ziehen.

»Komm schon!« Iseult riss an Safis Arm und drängte sie zu einem schnellen Sprint in Richtung Klippe.

Zumindest war das hier Teil ihres Plans, und sie hatten das so oft geübt, dass sie es mit geschlossenen Augen konnten.

Gerade als der erste Armbrustbolzen hinter ihnen in die Straße einschlug, erreichten die Mädchen einen hüfthohen Findling auf der Seeseite der Straße.

Sie schoben ihre Klingen in die Scheiden, dann überwand Safi mit zwei schnellen Sprüngen den Felsen, und dasselbe galt für Iseult. Auf der anderen Seite brach die Klippe fast senkrecht zu den donnernden weißen Wellen ab.

Zwei Seile warteten dort auf sie, befestigt an einem Pflock, der tief in die Erde getrieben war. Viel schneller und schwungvoller, als sie es für ihre Flucht je geplant hatten, schnappte sich Safi ihr Seil, schob den Fuß in eine Schlaufe, umklammerte den Knoten auf Kopfhöhe …

Und sprang.

Die Luft sauste in Safis Ohren und drängte in ihre Nase, als sie weit nach vorne sprang … auf die weißen Wellen zu und weg von der zwanzig Meter hohen Klippe …

Bis sie das Ende des Seils erreichte. Mit einem scharfen Ruck, der ihren Körper erschütterte und ihre Hände zum Brennen brachte, schwang sie auf die mit Seepocken überzogene steile Felswand zu.

Das würde wehtun.

Mit einem Knall traf sie auf den Stein und biss sich dabei auf die Zunge. Schmerzen durchfuhren ihren Körper. Der Kalkstein schnitt in Arme, Gesicht, Beine. Sie streckte die Hände aus, um sich am Felsen festzuklammern, genau in dem Moment, in dem Iseult neben ihr gegen die Klippe knallte.

»Brenne«, grunzte Safi. Das Wort, das die Magie des Seils auslöste, ging im Dröhnen der Wellen unter, doch der Befehl tat seine Wirkung. In einem weißen Blitz, der schneller nach oben davonsauste, als ihre Augen ihm folgen konnten, entzündeten sich ihre Seile …

Und zerfielen. Feine Asche wurde im Wind verweht. Ein paar Flocken landeten auf den Kopftüchern und Schultern der Mädchen.

»Armbrustbolzen!«, brüllte Iseult und presste sich so eng wie möglich gegen den Stein, als die Geschosse an ihnen vorbeisausten. Einige trafen die Felsen, andere versanken in den Wellen, einer durchschlug Safis Rock. Dann schaffte sie es, auch ihre Zehenspitzen in zwei Spalten zu vergraben, sich einen besseren Halt zu suchen und seitwärts zu klettern. Ihre Muskeln zitterten, bis sie und Iseult es endlich schafften, sich unter einen kleinen Vorsprung zu ducken. Bis sie endlich innehalten konnte, während die Geschosse harmlos an ihnen vorbeisausten.

Die Felsen waren feucht, die Seepocken scharf, und Wasser schwappte über die Knöchel der Mädchen. Salzige Tropfen, die sie wieder und wieder trafen, bis der Pfeilhagel schließlich endete.

»Kommen sie?«, keuchte Safi in Iseults Richtung.

Iseult schüttelte den Kopf. »Aber sie sind noch da. Ich kann ihre Stränge warten fühlen.«

Safi blinzelte, um das Salz aus ihren Augen zu vertreiben. »Wir werden schwimmen müssen, oder?« Sie rieb sich das Gesicht an der Schulter, doch das half auch nichts. »Glaubst du, du schaffst es bis zum Leuchtturm?«

Beide Mädchen waren gute Schwimmerinnen, aber das spielte bei diesen Wellen, die sogar einen Delfin ertränken konnten, keine große Rolle.

»Uns bleibt keine andere Wahl«, antwortete Iseult. Sie sah Safi an, und in ihren Augen stand diese Wildheit, aus der Safi immer so viel Kraft zog. »Hier können sie uns nicht treffen, aber wenn wir im Wasser sind, sieht es anders aus. Wir können unsere Röcke nach links werfen, und während die Wachen darauf zielen, tauchen wir rechts ab.«

Safi nickte, dann drehte sie mit einer Grimasse ihren Körper so, dass sie den Rock ausziehen konnte. Sobald beide Mädchen ihre braunen Röcke gelöst hatten, riss Iseult einen Arm zurück.

»Bereit?«

»Bereit.« Safi warf. Der Rock flog unter dem Vorsprung heraus, dicht gefolgt von Iseults.

Dann ließen beide Mädchen die Felsen los und tauchten in die Wellen.

Während Iseult det Midenzi sich von ihrer durchweichten Tunika, den Stiefeln und schließlich ihrer Unterwäsche befreite, tat ihr gesamter Körper weh. Jede Kleidungsschicht, die sie ablegte, enthüllte zehn neue Kratzer von Kalksteinsplittern und Seepocken, und jede Gischtwolke, die durch zerstörte Fenster hereindrang, ließ sie zehn weitere spüren.

Dieser uralte, verfallene Leuchtturm war ein perfektes Versteck, doch bis zur Ebbe konnten sie nicht von hier entkommen. Im Moment ging das Wasser draußen Iseult mindestens bis zur Brust, und diese Tatsache würde gemeinsam mit den tosenden Wellen zwischen hier und der sumpfigen Küste den Blutmagis hoffentlich davon abhalten, ihnen zu folgen.

Der Innenraum des Leuchtturms war kaum geräumiger als Iseults Speicherzimmer über Mathews Kaffeestube. Sonnenlicht drang durch die mit Algen verklebten Fenster, und der Wind trieb die aufgepeitschte Gischt durch die offene Tür.

»Es tut mir leid«, sagte Safi. Ihre Stimme klang gedämpft, weil sie sich gerade ihre nasse Tunika über den Kopf zog. Dann hatte sie sich von dem Kleidungsstück befreit und warf es über eine Fensterbank. Trotz ihrer Sommersprossen und der gebräunten Haut wirkte sie bleich.

»Entschuldige dich nicht.« Iseult sammelte ihre eigene Kleidung ein. »Ich bin schließlich diejenige, die dir überhaupt von diesem Kartenspiel erzählt hat.«

»Das ist wahr«, antwortete Safi mit zitternder Stimme. Sie sprang auf einem Fuß durchs Zimmer und versuchte, sich die Hose auszuziehen, während sie ihre Stiefel noch trug. Das tat sie immer. Iseult war jedes Mal wieder fassungslos, dass eine Achtzehnjährige immer noch zu ungeduldig sein konnte, um sich ordentlich auszuziehen. »Aber«, fügte Safi hinzu, »ich bin diejenige, die eine bessere Unterkunft wollte. Hätten wir einfach vor zwei Wochen diese Wohnung gekauft …«

»Würden wir jetzt mit Ratten zusammenleben«, unterbrach sie Iseult. Sie schlurfte zu einer trockenen, sonnenbeschienen Stelle des Bodens. »Du hattest recht damit, etwas anderes zu wollen. So etwas kostet mehr, aber das wäre es wert gewesen.«

»Wäre gewesen dürften hier die Schlüsselwörter sein.« Mit einem lauten Grunzen gelang es Safi endlich, sich von ihrer Hose zu befreien. »Jetzt wird es keine eigene Wohnung mehr geben, Iz. Ich wette, jeder Wachmann in Veñaza sucht nach uns. Gar nicht zu reden von …« Für einen Moment starrte Safi auf ihre Stiefel. Dann riss sie sich in einer schnellen Bewegung den ersten Schuh vom Fuß. »Genauso wie der Blutmagis.«

Blut. Magis. Blut. Magis. Die Worte pulsierten im Takt ihres Herzens durch Iseults Körper, im Rhythmus ihres Bluts.

Iseult hatte noch nie einen Blutmagis gesehen, oder irgendwen, dessen Magie der Finsternis entsprang. Finstermagi gab es schließlich nur in unheimlichen Geschichten. Sie waren nicht real. Sie bewachten keine Gildemeister und versuchten auch nicht, einen mit Schwertern aufzuschlitzen.

Iseult wrang ihre Hose aus und legte sie über ein Fensterbrett, bevor sie zu einer Ledertasche im hinteren Teil des Leuchtturms schlurfte. Sie und Safi versteckten hier vor jedem Beutezug eine Notfalltasche, nur für den Fall, dass es zum Schlimmsten kam.

Nicht dass sie schon viele Beutezüge durchgezogen hätten. Nur hin und wieder. Und natürlich ging es immer gegen zwielichtige Gestalten, die es nicht anders verdient hatten.

Wie diese zwei Lehrlinge, die eine von Gildemeister Alix’ Seidenlieferungen ruiniert und dann versucht hatten, die Sache Safi in die Schuhe zu schieben.

Oder diese Schlägertypen, die in Mathews Abwesenheit seinen Laden aufgebrochen und das Silberbesteck gestohlen hatten.

Und dann hatte es da die vier Gelegenheiten gegeben, als Safis Taro-Spiele in Schlägereien und verschwundenen Münzen geendet hatten. Natürlich hatte das nach Gerechtigkeit verlangt, ganz abgesehen von der Rückgewinnung gestohlenen Eigentums.

Die heutige Begegnung war allerdings der erste Anlass, zu dem die Freundinnen diese Notfalltasche tatsächlich brauchten.

Iseult grub sich durch die Wechselkleidung und fand unter einer Wasserflasche schließlich zwei Lappen und eine Dose Fettcreme. Sie griff nach den Waffen, die sie zur Seite gelegt hatten, und stampfte mit allem im Arm zurück zu Safi. »Lass uns unsere Klingen säubern und einen Plan zurechtlegen. Irgendwie müssen wir ja wieder in die Stadt kommen.«

Safi zog auch noch den zweiten Stiefel aus, bevor sie ihr Schwert und das Pariermesser entgegennahm. Beide Mädchen setzten sich im Schneidersitz auf den rauen Boden, und Iseult versank im vertrauten Geruch des Schmierfetts und in den sorgfältigen Bewegungen, mit denen sie ihre Sicheln reinigten.

»Wie haben die Stränge des Blutmagis ausgesehen?«, fragte Safi leise.

»Ist mir nicht aufgefallen«, murmelte Iseult. »Alles ging so schnell.« Sie rieb ihr Tuch fester über den Stahl, um die wunderschönen Marstoki-Klingen – Geschenke von Mathews Herzstrang Habim – vor Rost zu schützen.

Schweigen breitete sich in der steinernen Ruine aus. Die einzigen Geräusche waren das Quietschen von Stoff auf Stahl und das unendliche Rauschen der Wellen der Jadansi-See.

Iseult wusste, dass sie ungerührt wirkte, während sie ihre Waffen säuberte, doch gleichzeitig war sie sich vollkommen sicher, dass sich ihre Stränge in denselben verängstigten Farben wanden wie die von Safi.

Iseult war allerdings eine Strangmagis, was bedeutete, dass sie ihre eigenen Stränge nicht sehen konnte, und auch nicht die anderer Strangmagi. Als ihre Magie im Alter von neun Jahren erwacht war, hatte sich Iseults Herz angefühlt, als müsste es zu Staub zerfallen. Als würde es unter dem Gewicht von Millionen Strängen zerquetscht, von denen kein einziger ihr gehörte. Überall, wo sie hinsah, erkannte sie die Stränge der Menschen. Sie sah, wie sie sich zwischen Leuten bildeten und wie sie brachen. Sah die Bildestränge, Bindestränge und Bruchstränge, die zum Leben gehörten. Und doch konnte sie niemals ihre eigenen Stränge sehen oder erkennen, wie sie sich ins Gewebe der Welt einfügte.

Und so hatte Iseult wie jede Nomatsi-Strangmagis gelernt, ihren Körper kühl zu halten, wenn er heiß sein sollte. Ihre Finger still zu halten, wenn sie zittern wollten. Die Gefühle zu ignorieren, die alle anderen antrieben.

»Ich glaube«, sagte Safi und durchbrach damit Iseults Gedanken, »dass der Blutmagis weiß, dass ich eine Wahrmagis bin.«

Iseult stoppte für einen Moment ihre Polierbewegung. »Wieso solltest du das glauben?« Ihre Stimme war so ausdruckslos wie der Stahl unter ihren Fingern.

»Wegen der Art, wie er mich angelächelt hat.« Safi schüttelte sich. »Er hat meine Magie gewittert, genau wie es in den Geschichten beschrieben wird. Und jetzt kann er mich jagen.«

»Was bedeutet, dass er uns schon jetzt im Moment verfolgen könnte.« Iseult lief ein kalter Schauder über den Rücken, und ihre Schultern verspannten sich, doch sie schrubbte ihre Klingen nur umso fester.

Normalerweise half ihr das Reinigen ihrer Waffen dabei, ihr Gleichgewicht zu finden. Half ihren Gedanken, sich zu beruhigen. Half ihrer praktischen Veranlagung, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Sie war die Taktikerin, während Safi diejenige war, die als Erste die Ideen hatte.

Verbunden. Vereint.

Nur dass Iseult im Moment keine Lösung für ihr Problem einfiel. Sie und Safi konnten sich ein paar Wochen lang verstecken und den Stadtwachen aus dem Weg gehen … doch vor einem Blutmagis gab es kein Verbergen.

Besonders, wenn dieser Blutmagis wusste, was Safi war und sie an den höchsten Bieter verkaufen konnte.

Wenn eine Person direkt vor Safi stand, konnte die junge Frau Wahrheit von Lüge unterscheiden, Ehrlichkeit von Täuschung. Und soweit Iseult es in ihren Unterrichtsstunden bei Mathew gelernt hatte, war die letzte bekannte Wahrmagis vor mehr als einem Jahrhundert gestorben – geköpft von einem marstokischen Kaiser, weil sie sich mit einer cartorrischen Königin verbündet hatte.

Falls Safis Magie jemals öffentlich bekannt wurde, würde man sie als politisches Werkzeug einsetzen …

Oder als politische Bedrohung eliminieren: So wertvoll und selten war Safis Macht. Und deswegen hatte Safi ihre Magie ihr gesamtes Leben über geheim gehalten. Wie Iseult war auch sie eine Ketzerin: eine unregistrierte Magis. Ihr rechter Handrücken war makellos; kein eintätowiertes Magismal verkündete die Art ihrer Begabung. Und doch würde eines Tages jemand anders als Safis engste Freunde herausfinden, welche Magie sie besaß. Und wenn dieser Tag kam, würden Soldaten das Gästezimmer des Gildemeisters stürmen und Safi in Ketten wegschleppen.

Kurz darauf steckten die Klingen der Mädchen wieder gereinigt in ihren Scheiden, und Safi bedachte Iseult mit einem ihrer härteren, nachdenklicheren Blicke.

»Spuck es aus«, befahl Iseult.

»Wir müssen vielleicht aus der Stadt fliehen, Iz. Das Dalmottische Reich ganz verlassen.«

Iseult presste die salzverkrusteten Lippen aufeinander und bemühte sich, nicht die Stirn zu runzeln. Bemühte sich, nichts zu empfinden.

Der Gedanke, Veñaza zu verlassen … Iseult konnte sich das einfach nicht vorstellen. Die Hauptstadt des Dalmottischen Reiches war ihr Zuhause. Die Leute im nördlichen Hafenviertel bemerkten ihre fahle Nomatsi-Haut oder ihre schmalen Nomatsi-Augen nicht mehr.

Und es hatte sie sechseinhalb Jahre gekostet, sich diese Ruhe zu erkämpfen.

»Für den Moment«, sagte Iseult leise, »sollten wir uns darüber Gedanken machen, wie wir ungesehen in die Stadt zurückkehren können. Und lass uns außerdem beten, dass der Blutmagis nicht wirklich dein Blut gewittert hat.« Oder deine Magie.

Safi stieß ein erschöpftes Seufzen aus und kauerte sich in einen Sonnenfleck. Das Licht brachte ihre Haut zum Glühen und ließ ihre Haare fast durchsichtig erscheinen. »Zu wem soll ich beten?«

Iseult kratzte sich an der Nase, dankbar über den Themenwechsel. »Wir wären fast von einem Carawen-Mönch umgebracht worden, also warum betest du nicht zu den Ursprungsquellen?«

Safi schüttelte sich. »Wenn dieser Kerl die Ursprungsquellen anruft, dann will ich das auf keinen Fall tun. Wie wäre es mit diesem nubrevnanischen Gott? Wie hieß er noch mal?«

»Noden.«

»Den meine ich.« Safi verschränkte die Finger vor der Brust und starrte zur Decke. »Noden, Gott der nubrevnanischen Wellen …«

»Ich glaube, er herrscht über alle Wellen, Safi. Und auch über alles andere.«

Safi verdrehte die Augen. »Gott aller Wellen und auch des Rests der Welt, könntest du bitte dafür sorgen, dass niemand uns verfolgt? Besonders nicht … er. Halte ihn einfach weit entfernt. Und falls du auch die Stadtwachen von Veñaza fernhalten könntest, wäre das sehr nett.«

»Das ist mit Abstand das schlechteste Gebet, das ich je gehört habe«, verkündete Iseult.

»Sollen doch Wiesel auf dich pinkeln, Iz. Ich bin noch nicht fertig.« Safi seufzte tief und nahm ihr Gebet wieder auf. »Bitte bring mir mein gesamtes Geld zurück, bevor Mathew oder Habim von ihrer Reise zurückkehren. Und … das wäre alles. Vielen Dank, o heiliger Noden.« Dann fügte sie hastig hinzu. »Oh, und bitte sorg dafür, dass der charmante Schwindler genau das bekommt, was er verdient hat.«

Bei dieser letzten Bitte hätte Iseult fast laut aufgelacht, nur dass genau in diesem Moment eine heftige Welle den Leuchtturm traf. Wasser spritzte Iseult ins Gesicht, und aufgewühlt wischte sie die Tropfen weg. Sie war erhitzt und durcheinander statt kühl und kontrolliert.

»Bitte, Noden«, flüsterte sie, während sie sich die Gischt von der Stirn rieb. »Bitte, lass uns diese Geschichte überleben.«