Cover

Orson Scott Card

 

 

 

Xenozid

 

Ender-Saga 3

 

 

Roman

 

 

 

 

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Das Buch

Lusitania sollte die Welt sein, auf der Menschen und Aliens friedlich zusammenleben können. Doch auf dem Planeten wird ein Virus entdeckt, das alle Menschen, die sich damit infizieren, sofort tötet. Die »Schweinchen«, die Einheimischen, brauchen es jedoch, um erwachsen zu werden. Die Menschen fürchten das Virus so sehr, dass sie beschlossen haben, Lusitania zu vernichten. Sie schicken ihre Flotte aus – ein zweiter Genozid scheint unvermeidbar. Doch dann verschwinden die Raumschiffe einfach. Han Qing-jao, genannt Gloriously Bright, entstammt einer Familie aus Superintelligenten. Sie soll das Rätsel um die Flotte lösen. Doch wie wird sie sich in Bezug auf Lusitania entscheiden? Wird sie den Planeten und alle, die auf ihm leben, vernichten – oder kann Ender Wiggin sie aufhalten?

 

 

 

 

Der Autor

Orson Scott Card, 1951 in Richland, Washington geboren, studierte englische Literatur und arbeitete als Theaterautor, bevor er sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Mit »Enders Spiel« gelang ihm auf Anhieb ein internationaler Bestseller, der mit dem Hugo und dem Nebula Award ausgezeichnet wurde. Auch die Fortsetzung »Sprecher für die Toten« gewann diese beiden prestigeträchtigen Auszeichnungen, somit ist Orson Scott Card der bislang einzige SF-Schriftsteller, dem es gelang, beide Preise in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zu gewinnen. Orson Scott Card kehrte immer wieder in Enders Welt zurück und schrieb mehrere Fortsetzungen. Mit »Enders Schatten« erschuf er einen zweiten Helden, dessen Geschichte parallel zu »Enders Krieg« erzählt wird. »Enders Game« wurde 2013 mit Asa Butterfield und Harrison Ford in den Hauptrollen verfilmt. Card lebt mit seiner Familie in Greensboro, North Carolina.

 

Im Heyne Verlag sind die Romane der Ender-Saga als E-Books lieferbar:

Enders Spiel

Sprecher für die Toten

Xenozid

Enders Kinder

 

 

 

 

 

www.diezukunft.de

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Titel der Originalausgabe
XENOCIDE
Aus dem Amerikanischen von Uwe Anton
Überarbeitete Neuausgabe
Copyright © 1991 by Orson Scott Card
Copyright © 2017 der deutschsprachigen Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Covergestaltung: Das Illustrat, München
Satz: Thomas Menne
ISBN 978-3-641-22150-8
V003
www.penguinrandomhouse.de

Inhalt

 

Hinweise zur Aussprache

1. Ein Abschied

2. Eine Begegnung

3. Saubere Hände

4. Jane

5. Die Lusitania-Flotte

6. Varelse

7. Die geheime Magd

8. Wunder

9. Holzkopf

10. Märtyrer

11. Die Jade des Meisters Ho

12. Gregos Krieg

13. Freier Wille

14. Virenschöpfer

15. Leben und Tod

16. Die Reise

17. Enders Kinder

18. Der Gott von Weg

 

Hinweise zur Aussprache

 

Ein paar Namen mögen amerikanischen oder europäischen Lesern seltsam vorkommen. Aus dem Chinesischen: Qing-jao wird ›Tsching-Dschau‹ ausgesprochen, Jiang-qing ›Dschiang-tsching‹. Aus dem Portugiesischen: Quim wird wie das englische ›King‹ ausgesprochen, Novinha ›No-VIEN-ja‹, Olhado ›Ol-JAH-do‹. Aus dem Schwedischen: Jakt ist ›Jahkt‹.

Andere Namen sind entweder leichter auszusprechen als zu schreiben oder kommen so selten vor, dass sie keine Schwierigkeiten verursachen dürften.

Kapitel 1

 

Ein Abschied

 

›Heute fragte mich einer der Brüder: Ist es eine schreckliche Fessel, dich nicht von der Stelle bewegen zu können, an der du stehst?‹

›Du hast geantwortet …‹

›Ich habe ihm gesagt, ich sei jetzt freier als er. Die Unfähigkeit, mich zu bewegen, befreit mich von der Verpflichtung zu handeln.‹

›Du, der du Sprachen sprichst, kannst so gut in ihnen lügen.‹

 

Han Fei-tzu saß in der Lotusstellung auf dem nackten Holzboden neben dem Krankenbett seiner Frau. Bis vor einem Augenblick hatte er vielleicht geschlafen; er war sich nicht sicher. Doch nun wurde er sich einer Veränderung bewusst, die so fein war, als wenn ein Schmetterling einen Lufthauch erzeugt.

Jiang-qing ihrerseits musste auch eine Veränderung in ihm gespürt haben, denn zuvor hatte sie nicht gesprochen, und nun sprach sie. Ihre Stimme war sehr leise. Doch Han Fei-tzu konnte sie deutlich verstehen, denn im Haus war alles still. Er hatte seine Freunde und Diener gebeten, während der Abenddämmerung von Jiang-qings Leben Ruhe zu bewahren. In der langen Nacht, die bevorstand, in der keine geflüsterten Worte mehr von ihren Lippen kommen würden, war noch Zeit genug für achtlosen Lärm.

»Noch immer nicht tot«, sagte sie. Sie hatte ihn, als sie während der letzten Tage erwacht war, jedes Mal mit diesen Worten begrüßt. Zuerst waren ihm die Worte wunderlich oder ironisch erschienen, doch nun wusste er, dass sie sie mit Enttäuschung sprach. Sie sehnte sich jetzt nach dem Tod, nicht etwa, weil sie das Leben nicht geliebt hätte, sondern weil der Tod nun unvermeidlich war und das, was nicht vermieden werden konnte, akzeptiert werden musste. Das war der Weg. Jiang-qing hatte sich während ihres Lebens nie auch nur einen Schritt vom Weg entfernt.

»Dann sind die Götter mir freundlich gesonnen«, sagte Han Fei-tzu.

»Dir«, sagte sie schwer atmend. »Worüber sinnen wir nach?«

Das war ihre Art, ihn zu bitten, seine ganz eigenen Gedanken mit ihr zu teilen. Wenn sich andere nach seinen Gedanken erkundigten, kam er sich bespitzelt vor. Doch Jiang-qing fragte stets nur so, als habe sie vielleicht denselben Gedanken gehabt; schließlich waren sie zu einer einzigen Seele zusammengewachsen.

»Wir sinnen über die Natur des Begehrens nach«, sagte Han Fei-tzu.

»Wessen Begehren?«, fragte sie. »Und worauf?«

Mein Begehren, dass deine Knochen heilen und stark werden, so dass sie nicht beim geringsten Druck brechen. Dass du wieder stehen oder sogar einen Arm heben kannst, ohne dass deine eigenen Muskeln Knochenstückchen wegreißen oder den Knochen unter der Anspannung brechen lassen. Dass ich nicht zusehen muss, wie du verfällst, bis du nun nur noch achtzehn Kilo wiegst. Ich habe nie gewusst, wie völlig glücklich wir waren, bis ich erfuhr, dass wir nicht zusammenbleiben können.

»Mein Begehren«, antwortete er. »Auf dich.«

»›Man begehrt nur, was man nicht hat.‹ Wer hat das gesagt?«

»Du«, sagte Han Fei-tzu. »Einige sagen: ›Was man nicht haben kann.‹ Andere sagen: ›Was man nicht haben sollte.‹ Ich sage: ›Du kannst nur wahrhaft begehren, worauf du auf ewig hungern wirst.‹«

»Du hast mich auf ewig.«

»Ich werde dich heute Abend verlieren. Oder morgen. Oder nächste Woche.«

»Betrachten wir die Natur des Begehrens«, sagte Jiang-qing. Wie zuvor benutzte sie die Philosophie, um ihn aus seiner Melancholie zu ziehen.

Er widerstand ihr, aber nur spielerisch. »Du bist eine harte Herrscherin«, sagte Han Fei-tzu. »Wie deine Vorfahrin-des-Herzens duldest du die Schwächen anderer Leute nicht.« Jiang-qing hieß nach einer revolutionären Führerin der Vergangenheit, die versucht hatte, das Volk auf einen neuen Weg zu führen, aber von Feiglingen mit schwacher Gesinnung verraten worden war. Es war nicht richtig, dachte Han Fei-tzu, dass seine Frau vor ihm starb: Ihre Vorfahrin-des-Herzens hatte ihren Gatten überlebt. Außerdem sollten Ehefrauen länger leben als Ehemänner. Frauen waren in sich vollständiger. Sie waren auch besser in der Kunst, in ihren Kindern zu leben. Sie waren nie so allein wie ein einzelner Mann.

Jiang-qing weigerte sich, ihn wieder seinen Grübeleien zu überlassen. »Wonach sehnt sich ein Mann, wenn seine Frau tot ist?«

Rebellisch gab ihr Han Fei-tzu die denkbar falscheste Antwort auf ihre Frage. »Neben ihr zu liegen«, sagte er.

»Die Begierde des Körpers«, sagte Jiang-qing.

Da sie entschlossen war, dieses Gespräch zu führen, nahm Han Fei-tzu den Themenkatalog auf. »Das Begehren des Körpers ist es zu handeln. Es schließt alle Berührungen ein, beiläufige und intime, und alle herkömmlichen Bewegungen. So nimmt er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und glaubt, er habe gesehen, wie seine tote Frau über die Schwelle tritt, und er kann nicht eher zufrieden sein, bis er zur Tür gegangen ist und sich überzeugt hat, dass es nicht seine Frau war. So wacht er aus einem Traum auf, in dem er ihre Stimme gehört hat, und ertappt sich, wie er seine Antwort laut spricht, als könne sie ihn hören.«

»Was noch?«, fragte Jiang-qing.

»Ich bin der Philosophie überdrüssig«, sagte Han Fei-tzu. »Vielleicht fanden die Griechen Trost darin, aber ich nicht.«

»Das Begehren des Geistes«, sagte Jiang-qing beharrend.

»Weil der Geist von der Erde ist, ist er der Teil, der aus alten Dingen neue schafft. Der Gatte sehnt sich nach allen unerledigten Dingen, die er und seine Frau in Angriff genommen hatten, als sie starb, und all den niemals begonnenen Träumen darüber, was sie getan hätten, hätte sie gelebt. Daher wird ein Mann wütend auf seine Kinder, weil sie viel zu sehr ihm ähneln und nicht annähernd genug seiner toten Frau. So hasst ein Mann das Haus, in dem sie gemeinsam gelebt haben, weil er es entweder nicht verändert, so dass es so tot ist wie seine Frau, oder weil er es verändert, so dass es nicht mehr zur Hälfte von ihr geschaffen wurde.«

»Du darfst auf unsere kleine Qing-jao nicht wütend sein«, sagte Jiang-qing.

»Warum?«, fragte Han Fei-tzu. »Wirst du bleiben und mir helfen, sie zu lehren, eine Frau zu sein? Ich kann sie nur lehren, das zu sein, was ich bin – kalt und hart, scharf und stark, wie Obsidian. Wie kann ich umhin, zornig zu sein, wenn sie zu solch einem Menschen heranwächst, während sie dir doch so ähnlich sieht?«

»Weil du sie auch alles lehren kannst, was ich bin«, sagte Jiang-qing.

»Wenn ich irgendeinen Teil von dir in mir hätte«, sagte Han Fei-tzu, »hätte ich dich nicht heiraten müssen, um zu einer vollständigen Person zu werden.« Nun hänselte er sie, indem er die Philosophie benutzte, um das Gespräch von den Schmerzen fortzulenken. »Das ist das Begehren der Seele. Weil die Seele aus Licht besteht und in der Luft existiert, ist sie der Teil, der Vorstellungen entwirft und bewahrt, besonders die Vorstellung vom Selbst. Der Gatte sehnt sich nach seinem ganzen Selbst, das gemeinsam aus dem Mann und der Frau bestand. Daher schenkt er niemals irgendeinem seiner Gedanken Glauben, denn in seinem Kopf ist immer eine Frage, auf die die Gedanken seiner Frau die einzig mögliche Antwort waren. Daher kommt ihm die ganze Welt tot vor, denn er kann nicht darauf vertrauen, dass angesichts dieser nicht zu beantwortenden Frage irgendetwas seine Bedeutung behält.«

»Sehr tiefsinnig«, sagte Jiang-qing.

»Wäre ich ein Japaner, würde ich Seppuku begehen und meine Eingeweide in die Urne mit deiner Asche geben.«

»Sehr nass und schmutzig«, sagte sie.

Er lächelte. »Dann sollte ich vielleicht ein alter Hindu sein und mich auf deinem Scheiterhaufen verbrennen.«

Aber sie war der Scherze überdrüssig. »Qing-jao«, flüsterte sie. Sie erinnerte ihn daran, dass ihm die glanzvolle Tat, mit ihr zu sterben, verwehrt blieb. Jemand musste sich um die kleine Qing-jao kümmern.

Also antwortete Han Fei-tzu ihr in vollem Ernst. »Wie kann ich sie lehren, zu sein, was du bist?«

»Alles Gute in mir«, sagte Jiang-qing, »kommt vom Weg. Wenn du sie lehrst, den Göttern zu gehorchen, die Vorfahren zu ehren, die Menschen zu lieben und den Herrschern zu dienen, werde ich genauso wie du in ihr sein.«

»Ich würde sie den Weg als Teil von mir lehren«, sagte Han Fei-tzu.

»So nicht«, sagte Jiang-qing. »Der Weg ist kein natürlicher Teil von dir, mein Gatte. Selbst wenn die Götter jeden Tag zu dir sprechen, bestehst du darauf, in einer Welt zu leben, in der man alles mit natürlichen Ursachen erklären kann.«

»Ich gehorche den Göttern.« Er dachte verbittert, dass er keine andere Wahl hatte; schon den Gehorsam zu verzögern war eine Folter.

»Aber du kennst sie nicht. Du liebst ihre Werke nicht.«

»Der Weg ist, die Menschen zu lieben. Den Göttern gehorchen wir nur.« Wie kann ich Götter lieben, die mich bei jeder Gelegenheit erniedrigen und quälen?

»Wir lieben die Menschen, weil sie Geschöpfe der Götter sind.«

»Halte mir keine Predigt.«

Sie seufzte.

Ihre Traurigkeit schmerzte ihn wie der Stich einer Spinne. »Ich wünschte, du könntest mir auf ewig Predigten halten«, sagte Han Fei-tzu.

»Du hast mich geheiratet, weil du wusstest, dass ich die Götter liebe und dass es dir völlig an der Liebe für sie mangelte. So habe ich dich zu einem vollständigen Menschen gemacht.«

Wie konnte er mit ihr streiten, wenn er doch wusste, dass er selbst jetzt die Götter für alles hasste, das sie ihm jemals angetan hatten, für alles, wozu sie ihn jemals getrieben hatten, für alles, was sie ihm in seinem Leben gestohlen hatten?

»Versprich es mir«, sagte Jiang-qing.

Er wusste, was diese Worte bedeuteten. Sie spürte den Tod auf ihr; sie legte die Last ihres Lebens auf ihn. Diese Last würde er frohen Herzens tragen. Es war der Verlust ihrer Gesellschaft auf dem Weg, wovor er sich seit langem so entsetzlich fürchtete.

»Versprich mir, dass du Qing-jao lehren wirst, die Götter zu lieben und immer auf dem Weg zu wandeln. Versprich mir, dass du sie genauso zu meiner Tochter machen wirst wie auch zu deiner.«

»Auch wenn sie nie die Stimme der Götter hören sollte?«

»Der Weg ist für jeden da, nicht nur für die Gottberührten, für die, zu denen die Götter sprechen.«

Vielleicht, dachte Han Fei-tzu, doch es war viel leichter für die Gottberührten, dem Weg zu folgen, denn für sie war der Preis, von ihm abzuweichen, schrecklich. Das gewöhnliche Volk war frei; es konnte vom Weg abweichen und würde jahrelang den Schmerz dafür nicht spüren. Doch die Gottberührten konnten nicht einmal eine Stunde lang vom Weg abweichen.

»Versprich es mir.«

Ich werde es tun. Ich verspreche es.

Doch er konnte die Worte nicht laut aussprechen. Er wusste nicht, warum, doch er zögerte.

Als sie in der Stille auf seinen Eid wartete, hörten sie auf dem Kiesweg vor dem Haus das Geräusch schneller Schritte. Es konnte nur Qing-jao sein, die aus dem Garten Sun Cao-pis nach Hause kam. Nur Qing-jao durfte zu dieser Zeit, da alle ganz besonders leise waren, laufen und Lärm machen. Sie warteten in dem Wissen, dass sie direkt ins Zimmer ihrer Mutter kommen würde.

Die Tür glitt fast geräuschlos auf. Sogar Qing-jao hatte genug von der Stille erfahren, um ganz leise zu sein, wenn sie in der Nähe ihrer Mutter war. Obwohl sie auf Zehenspitzen ging, konnte sie sich kaum davon abhalten, über den Boden zu tänzeln, ja fast zu springen. Doch sie verzichtete darauf, ihre Mutter zu umarmen; sie erinnerte sich an diese Lektion, obwohl die schreckliche Schwellung, die vor drei Monaten entstanden war, als Qing-jaos eifrige Umarmung ihrer Mutter den Kiefer gebrochen hatte, längst aus Jiang-qings Gesicht verschwunden war.

»Ich habe im Bach im Garten dreiundzwanzig Karpfen gezählt«, sagte Qing-jao.

»So viele«, sagte Jiang-qing.

»Ich glaube, sie haben sich mir gezeigt«, sagte Qing-jao. »Damit ich sie zählen konnte. Keiner von ihnen wollte fehlen.«

»Ich liebe dich«, flüsterte Jiang-qing.

Han Fei-tzu hörte ein neues Geräusch in ihrer rasselnden Stimme – ein Knallen, als platzten Blasen bei ihren Worten.

»Glaubst du, dass ich so viele Karpfen gesehen habe, weil die Götter zu mir sprechen werden?«, fragte Qing-jao.

»Ich werde die Götter bitten, zu dir zu sprechen«, sagte Jiang-qing.

Plötzlich ging Jiang-qings Atem schnell und hart. Han Fei-tzu kniete augenblicklich nieder und betrachtete seine Frau. Ihre Augen waren groß und voller Angst. Der Augenblick war da.

Ihre Lippen bewegten sich. Verspreche es mir, sagte sie, obwohl ihr Atem nur noch keuchende Geräusche erzeugen konnte.

»Ich verspreche es«, sagte Han Fei-tzu.

Dann hielt ihr Atem inne.

»Was sagen die Götter, wenn sie zu einem sprechen?«, fragte Qing-jao.

»Deine Mutter ist sehr müde«, sagte Han Fei-tzu. »Du solltest jetzt hinausgehen.«

»Aber sie hat mir nicht geantwortet. Was sagen die Götter?«

»Sie verraten Geheimnisse«, sagte Han Fei-tzu. »Niemand sagt sie weiter.«

Qing-jao nickte altklug. Sie trat einen Schritt zurück, als wolle sie gehen, blieb dann aber stehen. »Darf ich dich küssen, Mama?«

»Ganz leicht auf die Wange«, sagte Han Fei-tzu.

Qing-jao, die für eine Vierjährige klein war, musste sich nicht sehr tief bücken, um ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange zu geben. »Ich liebe dich, Mama.«

»Du gehst jetzt besser, Qing-jao«, sagte Han Fei-tzu.

»Aber Mama hat nicht gesagt, dass sie mich auch liebt.«

»Doch, das hat sie. Vorher. Erinnerst du dich? Aber sie ist sehr müde und schwach. Geh jetzt.«

Er legte genug Strenge in seine Stimme, dass Qing-jao ohne weitere Fragen ging. Erst als sie fort war, wurde Han Fei-tzus Besorgnis um sie von anderen Gefühlen verdrängt. Er kniete über Jiang-qings Leiche nieder und versuchte sich vorzustellen, was nun mit ihr geschah. Ihre Seele war losgeflogen und befand sich nun bereits im Himmel. Ihr Geist würde viel länger verweilen; vielleicht würde ihr Geist in diesem Haus wohnen, falls sie hier wirklich glücklich gewesen war. Abergläubische Menschen nahmen an, die Geister aller Toten seien gefährlich, und stellten Schilder auf und trafen Maßnahmen, um sie abzuwehren. Doch die, die dem Weg folgten, wussten, dass der Geist eines guten Menschen niemals schädlich oder destruktiv war, denn die guten Eigenschaften im Leben entstanden durch die Liebe des Geistes zum Erschaffen. Falls Jiang-qings Geist blieb, würde er viele Jahre lang ein Segen für das Haus sein.

Doch noch in dem Augenblick, in dem er versuchte, sich laut der Lehre des Weges ihre Seele und ihren Geist vorzustellen, war eine kalte Stelle in seinem Herzen, die davon überzeugt war, dass von Jiang-qing lediglich dieser spröde, ausgetrocknete Körper übriggeblieben war. Heute Abend würde dieser Körper so schnell wie Papier verbrennen, und dann würde sie bis auf die Erinnerungen in seinem Herzen verschwunden sein.

Jiang-qing hatte recht. Ohne sie, die sie seine Seele vervollständigte, zweifelte er bereits an den Göttern. Und die Götter hatten es bemerkt – sie bemerkten es immer. Plötzlich verspürte er den unwiderstehlichen Drang, das Ritual der Reinigung durchzuführen, bis er seine unwürdigen Gedanken verloren hatte. Selbst jetzt konnten sie ihn nicht unbestraft lassen. Selbst jetzt, wo seine Frau tot vor ihm lag, beharrten die Götter darauf, dass er ihnen Gehorsam leistete, bevor er auch nur eine einzige Träne der Trauer um sie vergießen konnte.

Zuerst wollte er seinen Gehorsam verzögern, zurückstellen. Er hatte sich beigebracht, das Ritual um einen ganzen Tag aufzuschieben, während er alle äußerlichen Anzeichen seiner innerlichen Qual verbarg. Ihm gelang das jetzt – aber nur, indem er sein Herz völlig kalt hielt. Und das war sinnlos. Angemessene Trauer konnte nur kommen, nachdem er die Götter zufriedengestellt hatte. Noch während er dort kniete, begann er mit dem Ritual.

Er zuckte noch und drehte sich, wie das Ritual es vorschrieb, als ein Diener verstohlen in den Raum sah. Obwohl der Diener nichts sagte, hörte Han Fei-tzu das schwache Gleiten der Tür und wusste, was der Diener schließen würde: Jiang-qing war tot, und Han Fei-tzu war so rechtschaffen, dass er mit den Göttern kommunizierte, noch bevor er dem Haushalt von ihrem Tod berichtete. Zweifellos würden einige sogar vermuten, dass die Götter gekommen waren, um Jiang-qing zu holen, da sie für ihre außerordentliche Heiligkeit bekannt war. Niemand würde argwöhnen, Han Fei-tzus Herz könne noch in dem Augenblick, da er betete, voller Verbitterung darüber sein, dass die Götter selbst in diesem Augenblick Gehorsam von ihm zu verlangen wagten.

O Götter, dachte er, wenn ich wüsste, dass ich euch für immer los sein könnte, wenn ich mir einen Arm abtrennte oder die Leber herausschnitte, ich würde nach dem Messer greifen und den Schmerz und Verlust gern hinnehmen, nur um frei zu sein.

Auch dieser Gedanke war unwürdig und verlangte noch mehr Reinigung. Es dauerte Stunden, bevor die Götter ihn endlich freigaben, und dann war er zu müde, und ihm war zu elend zumute, um zu trauern. Er erhob sich und holte die Frauen, damit sie Jiang-qings Leiche für die Verbrennung vorbereiteten.

Um Mitternacht kam er als letzter zum Scheiterhaufen, eine schläfrige Qing-jao in den Armen. Sie hatte die Finger fest um die drei Zettel geschlossen, die sie mit ihrem kindlichen Gekritzel für ihre Mutter geschrieben hatte. ›Fisch‹, hatte sie geschrieben, und ›Buch‹ und ›Geheimnisse‹. Das waren die Dinge, die Qing-jao ihrer Mutter mit in den Himmel gab. Han Fei-tzu hatte versucht, sich die Gedanken vorzustellen, die Qing-jao gehabt haben mochte, als sie diese Worte niederschrieb. Fisch zweifellos wegen der Karpfen im Bach im Garten. Und Buch – das war leicht zu verstehen, denn bis zum Schluss hatte Jiang-qing ihrer Tochter laut vorlesen können. Aber warum Geheimnisse? Welche Geheimnisse hatte Qing-jao für ihre Mutter gehabt? Er konnte sie nicht fragen. Man spricht nicht über die Zettel, die man den Toten mitgibt.

Han Fei-tzu stellte Qing-jao auf die Füße; sie hatte nicht fest geschlafen, so dass sie augenblicklich aufwachte und langsam blinzelte. Han Fei-tzu flüsterte ihr etwas zu, und sie rollte ihre Zettel zusammen und steckte sie in die Ärmel der Mutter. Sie schien nichts dagegen zu haben, die kalte Haut ihrer Mutter zu berühren – sie war noch zu jung, um gelernt zu haben, bei der Berührung des Todes zu erschaudern.

Auch Han Fei-tzu scheute nicht davor zurück, die Haut seiner Frau zu berühren, als er seine drei Zettel in den anderen Ärmel steckte. Was sollte er sich nun vor dem Tod fürchten, wo er seine schlimmste Arbeit schon verrichtet hatte?

Niemand wusste, was auf seinen Zetteln geschrieben stand. Die anderen wären entsetzt gewesen, denn er hatte geschrieben: ›Mein Körper‹, ›Mein Geist‹ und ›Meine Seele‹. So verbrannte er sich auf Jiang-qings Scheiterhaufen ebenfalls und begleitete sie, wohin sie auch ging.

Dann legte Mu-pao, Jiang-qings geheime Magd, die Fackel an das heilige Holz, und der Scheiterhaufen brach in Flammen aus. Die Hitze des Feuers war schmerzhaft, und Qing-jao versteckte sich hinter ihrem Vater und spähte nur gelegentlich um ihn herum, um ihre Mutter bei ihrem Aufbruch auf ihrer endlosen Reise zu beobachten. Han Fei-tzu jedoch hieß die trockene Hitze willkommen, die seine Haut versengte und die Seide seiner Robe spröde machte. Ihr Körper war nicht so ausgetrocknet gewesen, wie es den Anschein gehabt hatte; lange, nachdem sich die Zettel zu Asche zusammengezogen hatten und in den Rauch des Feuers hochgeblasen worden waren, zischte ihre Leiche noch immer, und der schwere Weihrauch, der überall um das Feuer herum brannte, konnte den Geruch des verbrennenden Fleisches nicht vor ihm verbergen. Das ist es, was wir hier verbrennen: Haut, Fleisch, Aas, nichts. Nicht meine Jiang-qing. Nur die Gestalt, die sie in diesem Leben getragen hatte. Das, was diese Leiche zu der Frau machte, die ich liebte, ist noch am Leben, muss noch am Leben sein. Und einen Augenblick lang glaubte er, er könne sehen, oder hören, oder irgendwie fühlen, wie Jiang-qing überging.

In die Luft, in die Erde, in das Feuer. Ich bin bei dir.

Kapitel 2

 

Eine Begegnung

 

›Das Seltsamste an den Menschen ist, wie sich die Männer und Frauen zusammenfinden. Sie liegen ständig im Krieg miteinander, können sich nie in Ruhe lassen. Sie scheinen einfach nicht zu begreifen, dass Männer und Frauen zwei verschiedene Spezies mit völlig anderen Bedürfnissen und Wünschen sind, die lediglich zusammenkommen müssen, um sich zu fortzupflanzen.‹

›Natürlich empfindest du so. Deine Paarungsgefährten sind nur verstandlose Drohnen, Ausweitungen deines Ichs, ohne eigene Identität.‹

›Wir kennen unsere Liebhaber und haben ein perfektes Verständnis für sie. Die Menschen erfinden einen imaginären Liebhaber und legen diese Maske auf das Gesicht des Körpers in ihrem Bett.‹

›Das ist die Tragik der Sprache, mein Freund. Die, die einander nur durch symbolische Darstellungen kennen, sind gezwungen, einander vorzustellen. Und weil ihre Vorstellungskraft nicht vollkommen ist, irren sie sich oft.‹

›Das ist die Quelle ihres Elends.‹

›Und zum Teil auch ihrer Kraft, glaube ich. Dein Volk und meins paaren sich, jeweils aus eigenen evolutionsbedingten Gründen, mit völlig verschiedenartigen Partnern. Unsere Partner sind uns intellektuell immer hoffnungslos unterlegen. Menschen paaren sich mit Wesen, die ihre Überlegenheit herausfordern. Es gibt Konflikte zwischen den Partnern, aber nicht, weil ihre Kommunikation der unseren unterlegen ist, sondern weil sie überhaupt miteinander kommunizieren.‹

 

Valentine Wiggin las ihren Aufsatz noch einmal durch und nahm hier und da ein paar Korrekturen vor. Als sie fertig war, standen die Worte über ihrem Computerterminal in der Luft. Sie war sehr mit sich zufrieden, Rymus Ojman, den Vorsitzenden des Kabinetts des Sternenwege-Kongresses, so deftig und ironisch auseinandergenommen zu haben.

»Haben wir einen weiteren Angriff auf die Herren der Hundert Welten abgeschlossen?«

Valentine drehte sich nicht zu ihrem Mann um. Anhand seiner Stimme wusste sie genau, was für ein Ausdruck auf seinem Gesicht lag, und so erwiderte sie das Lächeln, ohne ihn anzusehen. Nach fünfundzwanzig Jahren Ehe konnten sie einander deutlich sehen, ohne hinschauen zu müssen. »Wir haben Rymus Ojman ins Lächerliche gezogen.«

Jakt beugte sich in ihr winziges Büro. Sein Gesicht war dem ihren so nahe, dass sie seinen leisen Atem hören konnte, als er die ersten Absätze las. Er war nicht mehr jung; die Anstrengung, sich in ihr Büro zu beugen, die Hände auf den Türrahmen zu legen, ließ seinen Atem schneller gehen, als es ihr gefiel.

Dann sprach er, doch sein Gesicht war so nahe, dass sie spürte, wie seine Lippen ihre Wangen streiften. Die Berührung kitzelte bei jedem Wort. »Von jetzt an wird sogar seine Mutter hinter vorgehaltener Hand lachen, wann immer sie den armen Hund sieht.«

»Es war nicht leicht, es komisch zu machen«, sagte Valentine. »Ich ertappte mich immer wieder, wie ich ihn brandmarkte.«

»So ist es besser.«

»Oh, ich weiß. Hätte ich meine Wut offen gezeigt, hätte ich ihn all seiner Verbrechen bezichtigt, wäre er nur umso mächtiger und furchtbarer erschienen, und die Herrschaft-durch-Gesetze-Fraktion hätte ihn umso mehr geliebt, während die Feiglinge auf allen Welten sich nur umso tiefer vor ihm verbeugt hätten.«

»Wenn sie sich noch tiefer verbeugen wollen, müssen sie dünnere Teppiche kaufen«, sagte Jakt.

Sie lachte, vor allem, weil das Kitzeln seiner Lippen auf ihrer Wange unerträglich wurde. Allmählich quälte es, sie auch mit einem Verlangen, das auf dieser Reise einfach nicht befriedigt werden konnte. Das Sternenschiff war zu klein und überfüllt; ihre ganze Familie befand sich an Bord, und so etwas wie eine Privatsphäre gab es wirklich nicht. »Jakt, wir haben die Hälfte der Strecke bald hinter uns. Wir haben während der Skrika-Fänge jedes Jahr unseres Lebens länger enthaltsam gelebt.«

»Wir könnten ein Schild an die Tür hängen. Bitte nicht stören!«

»Dann könntest du genauso gut das Schild an die Tür hängen: ›Drinnen frischt nacktes älteres Ehepaar Erinnerungen auf.‹«

»Damit meinst du doch nicht mich?«

»Du bist über sechzig.«

»Wenn sich der ältere Soldat noch erheben und salutieren kann, soll er ruhig bei der Parade mitmarschieren.«

»Keine Parade, bis die Reise vorüber ist. Es sind ja nur noch ein paar Wochen. Wir haben nur noch das Treffen mit Enders Stiefsohn vor uns, und dann nehmen wir wieder Kurs auf Lusitania.«

Jakt wich von ihr zurück, schob sich über die Schwelle und richtete sich im Gang auf – einer der wenigen Stellen im Raumschiff, wo er wirklich aufrecht stehen konnte. Doch er stöhnte dabei.

»Du knarrst wie eine rostige alte Tür«, sagte Valentine.

»Ich habe gehört, wie du die gleichen Geräusche machtest, als du von deinem Schreibtisch aufgestanden bist. Ich bin nicht der einzige senile, klapprige, elende alte Tattergreis in unserer Familie.«

»Verschwinde und lass mich den Artikel senden.«

»Ich bin es gewohnt, auf einer Reise arbeiten zu müssen«, sagte Jakt. »Aber hier erledigen die Computer alles, und dieses Schiff rollt oder schlingert niemals in der See.«

»Lies ein Buch.«

»Ich mache mir Sorgen um dich. So viel Arbeit und keine Spiele lassen Val zu einer griesgrämigen alten Schachtel werden.«

»Jede Minute, die wir uns hier unterhalten, entspricht achteinhalb Stunden Realzeit.«

»Unsere Zeit hier auf diesem Raumschiff ist genauso real wie ihre Zeit da draußen«, sagte Jakt. »Manchmal wünschte ich, Enders Freunde hätten keine Möglichkeit gefunden, dass unser Raumschiff Verbindung mit dem Land hält.«

»Dafür ist eine gewaltige Menge Computerzeit erforderlich«, sagte Val. »Bislang konnte nur das Militär mit fast lichtschnell fliegenden Raumschiffen kommunizieren. Wenn Enders Freunde das bewerkstelligen konnten, bin ich es ihnen schuldig, es auch zu benutzen.«

»Du tust das alles doch nicht, weil du jemandem etwas schuldig bist.«

Das entsprach allerdings der Wahrheit. »Wenn ich jede Stunde einen Essay schreibe, Jakt, bedeutet das für den Rest der Menschheit, dass Demosthenes nur alle drei Wochen etwas veröffentlicht.«

»Du kannst unmöglich jede Stunde einen Essay schreiben. Du musst schlafen und essen.«

»Du sprichst, ich höre zu. Verschwinde, Jakt.«

»Wenn ich gewusst hätte, dass die Rettung eines Planeten vor der Vernichtung bedeuten würde, dass ich wie ein Eunuch leben muss, hätte ich niemals zugestimmt.«

Das war nur halb im Spaß gesagt. Es war für ihre gesamte Familie eine schwere Entscheidung gewesen, Trondheim zu verlassen – auch für sie, obschon sie wusste, dass sie Ender wiedersehen würde. Die Kinder waren jetzt alle beinahe erwachsen; sie betrachteten diese Reise als großes Abenteuer. Ihre Vorstellungen von der Zukunft waren nicht so sehr an einen bestimmten Ort gebunden. Keiner von ihnen war wie ihr Vater Seemann geworden; sie alle wollten Gelehrte oder Wissenschaftler werden und wie ihre Mutter ein Leben mit öffentlichen Vorträgen und privaten Betrachtungen führen. Sie konnten ihr Leben ohne große Veränderungen auf jeder Welt verbringen. Jakt war stolz auf sie, andererseits jedoch enttäuscht, dass die sieben Generationen zurückreichende Familientradition, das Leben auf den Meeren Trondheims zu verbringen, mit ihm enden würde. Trondheim aufzugeben war das schwerste, was sie je von Jakt hätte verlangen können, und er hatte ohne Zögern zugestimmt.

Vielleicht würde er eines Tages dorthin zurückkehren, und die Meere, das Eis, die Stürme, die Fische, die unerträglich süßen grünen Wiesen des Sommers würden noch dort sein. Aber seine Mannschaften würden verschwunden sein, waren bereits verschwunden. Die Männer, die er besser als seine eigenen Kinder, besser als seine Frau gekannt hatte – diese Männer waren bereits fünfzehn Jahre älter, und wenn er zurückkehrte, falls er zurückkehrte, würden weitere vierzig Jahre verstrichen sein. Dann würden ihre Enkelsöhne die Schiffe bemannen. Sie würden den Namen Jakt nicht mehr kennen. Er wäre ein ausländischer Schiffseigner, der aus dem Himmel gekommen war, kein Seemann, kein Mann mit dem Gestank und dem gelblichen Blut der Skrika an seinen Händen. Er wäre dann keiner von ihnen mehr.

Wenn er sich also beschwerte, dass sie ihn vernachlässigte, wenn er sie wegen des Mangels an Intimitäten während ihrer Reise hänselte, steckte mehr dahinter als nur das verspielte Begehren eines alternden Ehemannes. Ob er nun wusste, was er damit sagte, oder nicht, sie verstand die wahre Bedeutung seiner Angebote: Hast du mir nichts zu geben nach allem, was ich für dich aufgegeben habe?

Und er hatte recht – sie trieb sich härter an, als es eigentlich notwendig war. Sie machte mehr Opfer, als gemacht werden mussten – und verlangte von ihm ebenfalls zu viel. Nicht die bloße Anzahl subversiver Artikel, die Demosthenes während dieser Reise veröffentlichte, machte den Unterschied aus. Es kam darauf an, wie viele Menschen lasen und glaubten, was sie schrieb, und wie viele danach als Feinde des Sternenwege-Kongresses dachten, sprachen und handelten. Vielleicht noch wichtiger war die Hoffnung, dass einige Mitglieder der Bürokratie des Kongresses selbst dazu bewegt werden würden, sich stärker der Menschlichkeit verpflichtet zu fühlen und ihre Solidarität zu der wahnwitzigen Institution aufzugeben. Einige würden sich durch ihre Artikel bestimmt ändern. Nicht viele, aber vielleicht genug. Und vielleicht noch rechtzeitig, um zu verhindern, dass sie den Planeten Lusitania zerstörten.

Wenn nicht, würden sie und Jakt und diejenigen, die so viel aufgegeben hatten, um sie auf dieser Reise von Trondheim zu begleiten, Lusitania gerade noch rechtzeitig erreichen, um umzudrehen und zu fliehen – oder mit allen anderen Wesen dieser Welt vernichtet zu werden. Es war nicht unvernünftig, dass Jakt so angespannt war und mehr Zeit mit ihr verbringen wollte. Es war unvernünftig, dass sie sich so ausschließlich ihrer Aufgabe widmete und jeden wachen Augenblick benutzte, Propagandaschriften zu verfassen.

»Du schreibst das Schild für die Tür, und ich sorge dafür, dass du nicht allein in der Kabine bist.«

»Frau, du lässt mein Herz hopsen wie eine sterbende Flunder«, sagte Jakt.

»Du bist so romantisch, wenn du wie ein Fischer sprichst«, sagte Valentine. »Die Kinder werden wissen, dass du nicht einmal die drei Wochen dieser Reise die Hände von mir lassen konntest, und sich totlachen.«

»Sie haben unsere Gene. Sie werden uns anfeuern, bis weit in unser zweites Lebensjahrhundert geil zu bleiben.«

»Ich bis weit in mein viertes Jahrtausend.«

»Wann kann ich dich in meiner Kabine erwarten, uralte Frau?«

»Wenn ich diesen Essay gesendet habe.«

»Und wie lange wird das dauern?«

»Noch ein Weilchen, nachdem du gegangen bist und mich in Ruhe gelassen hast.«

Mit einem tiefen Seufzer, der mehr gespieltes als echtes Elend enthielt, trottete er den mit einem Teppichboden ausgelegten Gang entlang. Nach einem Augenblick erklang ein Scheppern, und sie hörte, wie er einen Schmerzensschrei ausstieß. Einen spöttischen Schmerzensschrei natürlich; er hatte sich am ersten Tag der Reise den Kopf an der Metallverstrebung gestoßen, doch seitdem waren seine Zusammenstöße des komischen Effekts halber absichtlich erfolgt. Doch natürlich hatte niemand jemals laut gelacht – es war eine Familientradition, nicht zu lachen, wenn Jakt eine seiner Slapstick-Einlagen bot. Andererseits war Jakt kein Mann, der lautstarke Ermutigung von anderen brauchte. Er selbst war sein bestes Publikum; man konnte nicht sein ganzes Leben lang Seemann sein und eine Mannschaft führen, wenn man nicht ziemlich selbstgenügsam war. Soweit Valentine wusste, waren sie und die Kinder die einzigen Menschen, die er willentlich jemals gebraucht hatte.

Selbst dann hatte er sie nicht so dringend gebraucht, dass er sein Leben als Seemann und Fischer nicht fortsetzen konnte und tagelang, oft Wochen und manchmal sogar Monate von zu Hause fort war. Anfangs, als sie so hungrig aufeinander waren, dass sie einfach niemals befriedigt waren, hatte Valentine ihn gelegentlich begleitet. Doch nach wenigen Jahren war ihr Hunger der Geduld und dem Vertrauen gewichen; wenn er fort war, recherchierte sie und schrieb ihre Bücher, um ihm und den Kindern dann ihre gesamte Aufmerksamkeit zu widmen, wenn er zurückkehrte.

»Würde Vater doch nur nach Hause zurückkehren, damit Mutter aus ihrem Zimmer kommt und wieder mit uns spricht«, pflegten sich die Kinder damals zu beschweren. Ich war keine sehr gute Mutter, dachte Valentine. Es ist reines Glück, dass die Kinder so gut geraten sind.

Der Essay hing noch immer über dem Terminal in der Luft. Sie musste ihm nur noch den letzten Schliff geben. Unter dem Text setzte sie den Cursor in die Mitte und tippte den Namen, unter dem all ihre Artikel veröffentlicht wurden:

 

Demosthenes

 

Diesen Namen hatte ihr älterer Bruder Peter ihr gegeben, als sie gemeinsam Kinder waren, vor fünfzig Jahren – nein, vor dreitausend.

Der bloße Gedanke an Peter reichte noch immer aus, sie aufzuwühlen, es sie innerlich kalt und heiß durchfließen zu lassen. Peter der Grausame, Peter der Gewalttätige, dessen Verstand so subtil arbeitete und so gefährlich war, dass er mich mit zwei Jahren und die Welt mit zwanzig Jahren manipulieren konnte. Als sie im 22. Jahrhundert auf der Erde noch Kinder waren, hatte er die politischen Schriften großer Männer und Frauen, lebender und toter, studiert, nicht, um ihre Vorstellungen zu begreifen – die erfasste er auf Anhieb –, sondern um zu lernen, wie sie sie vorbrachten. Um praktisch zu lernen, wie man wie ein Erwachsener klingt. Als er das beherrschte, brachte er es Valentine bei und zwang sie, unter dem Namen Demosthenes unbedeutende demagogische politische Schriften zu verfassen, während er unter dem Namen Locke ausgeklügelte staatsmännische Essays verfasste. Dann speisten sie sie in die Computernetzwerke ein, und nach wenigen Jahren befanden sie sich am Herzen der größten tagespolitischen Themen.

Damals stieß Valentine bitter auf – und es traf sie heute noch immer ein wenig, da sie es vor Peters Tod niemals aufgelöst hatten –, dass er, von Machtgier verzehrt, sie gezwungen hatte, die Art Artikel zu schreiben, die seinem Charakter entsprachen, während er die friedensliebenden, erhabenen Gefühlsregungen ausdrückte, die ihrer Natur entsprachen. In jenen Tagen war ihr der Name ›Demosthenes‹ wie eine schreckliche Last vorgekommen. Alles, was sie unter diesem Namen schrieb, war eine Lüge, und nicht einmal ihre Lüge, sondern Peters. Eine Lüge innerhalb einer Lüge.

Aber jetzt nicht mehr. Nicht mehr seit 3000 Jahren. Ich habe den Namen zu meinem eigenen gemacht. Ich habe Geschichtsbücher und Biographien geschrieben, die das Denken Millionen Gelehrter auf den Hundert Welten veränderten und dabei halfen, die Identitäten Dutzender Nationen zu formen. Das ist daraus geworden, Peter. Das ist aus dem geworden, wozu du mich machen wolltest.

Bis auf die Tatsache, dass sie nun, als sie den Essay betrachtete, den sie gerade geschrieben hatte, begriff, dass sie sich zwar von Peters Oberhoheit befreit hatte, aber noch immer seine Schülerin war. Alles, was sie über Rhetorik und Polemik wusste, hatte sie von ihm oder wegen seines Beharrens gelernt. Und obwohl sie diese Fähigkeiten nun für eine edle Sache einsetzte, führte sie trotzdem genau dieselben politischen Manipulationen durch, die Peter so geliebt hatte.

Peter war schließlich zum Hegemon geworden, zu Anfang der Großen Expansion war er sechzig Jahre lang Herrscher über die gesamten Menschheit; er war derjenige gewesen, der all die miteinander im Streit liegenden Staaten der Menschheit vereinigt und auf die gewaltige Aufgabe eingeschworen hatte, Sternenschiffe zu allen Welten zu schicken, auf denen einst die Krabbler gehaust hatten, und dann weitere bewohnbare Welten zu entdecken, bis zur Zeit seines Todes schließlich alle Hundert Welten entweder besiedelt worden oder zumindest Kolonistenschiffe zu ihnen unterwegs waren. Natürlich sollten weitere tausend Jahre vergehen, bevor der Sternenwege-Kongress erneut die gesamte Menschheit unter einer Regierung vereinigte, doch die Erinnerung an den ersten Hegemon war das Herz der Geschichte, die die menschliche Einheit möglich gemacht hatte.

Aus einer moralischen Einöde wie Peters Seele waren Harmonie, Einheit und Frieden gekommen. Während Enders Erbe, soweit sich die Menschheit erinnerte, aus Mord, Massenmord, Xenozid bestand.

Ender, Valentines jüngerer Bruder, den zu besuchen sie und ihre Familie unterwegs waren, war der zärtliche, der Bruder, den sie liebte und frühen zu beschützen versucht hatte. Er war der gute. Ja, er hatte zwar einen Anflug von Skrupellosigkeit, der der Peters gleichkam, doch er hatte den Anstand, von seiner eigenen Brutalität abgestoßen zu werden. Sie hatte ihn so innig geliebt, wie sie Peter verabscheut hatte; und als Peter seinen jüngeren Bruder von der Erde verbannt hatte, die Peter zu beherrschen entschlossen war, ging Valentine mit Ender – ihre endgültige Zurückweisung von Peters persönlicher Hegemonie über sie.

Und hier bin ich wieder, dachte Valentine, mitten in der Politik.

Sie sprach scharf, mit der abgehackten Stimme, die ihrem Terminal verriet, dass sie einen Befehl gab. »Senden«, sagte sie.

Das Wort ›Senden‹ erschien über ihrem Essay in der Luft. Normalerweise hätte sie damals, als sie wissenschaftliche Arbeiten schrieb, ein Ziel angeben müssen – den Essay über irgendwelche verschlungenen Wege, so dass er nicht so leicht zu Valentine Wiggin zurückgeführt werden konnte, an einen Verleger schicken müssen. Nun jedoch erledigte eine subversive Freundin Enders, die unter dem offensichtlichen Codenamen ›Jane‹ arbeitete, all das für sie – sie brachte das Kunststück fertig, eine Nachricht über den Verkürzer von einem Schiff, das fast mit Lichtgeschwindigkeit flog, in eine Nachricht umzuwandeln, die von einem auf einem Planeten installierten Verkürzer gelesen werden konnte, für den die Zeit über fünfhundert Mal schneller verging.

Da die Kommunikation mit einem Sternenschiff große Mengen planetarer Verkürzer-Zeit verschlang, wurden normalerweise nur Navigationsdaten und Befehle gesendet. Lediglich hochrangige Beamte der Regierung oder des Militärs durften ausführliche Textbotschaften übermitteln. Valentine begriff nicht, wie es ›Jane‹ gelang, so viel Verkürzer-Zeit für diese Textübertragungen zu bekommen – und gleichzeitig zu verhindern, dass jemand herausfand, woher diese subversiven Dokumente kamen. Des Weiteren benutzte ›Jane‹ Verkürzer-Zeit, indem sie ihr die veröffentlichten Reaktionen auf ihre Schriften sendete und ihr alle Argumente und Strategien mitteilte, die die Regierung benutzte, um gegen Valentines Propaganda zu arbeiten. Wer auch immer ›Jane‹ war – und Valentine vermutete, dass ›Jane‹ einfach der Name für eine geheime Organisation war, die die höchsten Regierungsebenen durchsetzt hatte –, sie war außerordentlich gut. Und außerordentlich tollkühn. Doch wenn Jane das Risiko einging, sich bloßzustellen, war es Valentine ihr – ihnen – schuldig, so viele Traktate wie möglich zu produzieren und sie so mächtig und gefährlich wie möglich zu gestalten.

Wenn Worte tödliche Waffen sein können, muss ich sie mit einem Arsenal ausstatten.

Doch sie war auch eine Frau; und sogar Revolutionäre dürfen ein Privatleben haben, nicht wahr? Augenblicke der Freude – oder vielleicht nur der Erleichterung, die hier und da abgezweigt wurden. Sie erhob sich von ihrem Sitz, ignorierte die Schmerzen, die daher stammten, dass sie sich bewegte, nachdem sie so lange gesessen hatte, und zwängte sich zur Tür ihres winzigen Büros hinaus – eigentlich eines Vorratsraums, bevor sie das Sternenschiff ihren Zwecken gemäß umgebaut hatten. Sie schämte sich ein wenig, weil sie so versessen darauf war, zu dem Raum zu kommen, in dem Jakt auf sie wartete. Die meisten großen revolutionären Propagandisten der Geschichte hätten drei Wochen der körperlichen Abstinenz ertragen können. Oder etwa nicht? Sie fragte sich, ob jemals eine Untersuchung über diese Frage vorgenommen worden war.

Sie stellte sich noch immer vor, wie ein Forscher wohl einen Antrag auf Bewilligung finanzieller Unterstützung für solch ein Projekt verfassen würde, als sie die Vierbett-Kabine erreichte, die sie mit Syfte und deren Mann Lars teilten, der ihr erst ein paar Tage vor ihrem Abflug einen Heiratsantrag gemacht hatte, als er begriff, dass Syfte Trondheim wirklich verlassen würde. Es war nicht einfach, mit frisch Verheirateten eine Kabine zu teilen – Valentine kam sich immer wie ein Eindringling vor, wenn sie den Raum betrat. Doch sie hatte keine andere Wahl. Obwohl es sich bei diesem Sternenschiff um eine Luxusjacht mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten handelte, war es einfach nicht für so viele Passagiere geschaffen.

Ihre zwanzig Jahre alte Tochter Ro und Varsam, ihr sechzehnjähriger Sohn, teilten sich eine weitere Kabine mit Plikt, ihrer lebenslangen Lehrerin und der besten Freundin der Familie. Die ursprünglichen Besatzungsmitglieder der Jacht, die sich entschlossen hatten, mit ihnen auf die Reise zu gehen – es wäre unrecht gewesen, sie alle zu entlassen –, benutzten die beiden anderen Kabinen. Die Brücke, der Speisesaal, die Kombüse, der Salon, die Schlafkabinen – alle Räume waren voller Menschen, die ihr Bestes gaben, die Verärgerung darüber, so eingepfercht leben zu müssen, nicht außer Kontrolle geraten zu lassen.

Doch im Augenblick befand sich keiner von ihnen auf dem Gang, und Jakt hatte bereits ein Schild an ihre Tür geklebt:

 

Bleibt draußen oder sterbt

 

Es war mit ›Der Eigner‹ unterschrieben. Valentine öffnete die Tür. Jakt stand so dicht neben der Tür an die Wand gelehnt, dass sie sich erschreckte und einen leisen Schrei ausstieß.

»Schön zu wissen, dass mein Anblick Schreie des Vergnügens bei dir auslösen kann.«

»Des Erschreckens.«

»Tritt ein, meine süße Aufwieglerin.«

»Du weißt ja, dass technisch gesehen ich die Eignerin dieses Sternenschiffes bin.«

»Was dein ist, ist auch mein. Ich habe dich deines Besitzes wegen geheiratet.«

Er schloss die Tür der Kabine und verriegelte sie.

»Mehr bin ich nicht für dich?«, fragte sie. »Nur Grundbesitz?«

»Ein kleines Fleckchen Land, auf dem ich pflügen und pflanzen und ernten kann, alles zu seiner richtigen Zeit.« Er griff nach ihr; sie trat in seine Arme. Seine Hände glitten leicht ihren Rücken hinauf und umfingen ihre Schultern. Sie fühlte sich in seiner Umarmung geborgen, niemals eingeengt.

»Es ist schon spät im Herbst«, sagte sie. »Es geht auf den Winter zu.«

»Vielleicht ist es an der Zeit zum Eggen«, sagte Jakt. »Oder es ist vielleicht schon an der Zeit, das Feuer zu schüren und die alte Hütte warm zu halten, bevor der Schnee kommt.«

Er küsste sie, und es fühlte sich wie beim ersten Mal an.

»Wenn du mich heute bitten würdest, dich noch einmal zu heiraten, würde ich ja sagen«, sagte Valentine.

»Und wenn ich dir heute zum ersten Mal begegnet wäre, würde ich dich bitten.«

Sie hatten dieselben Worte schon viele, viele Male gesprochen. Und doch lächelten sie, als sie sie hörten, denn sie waren noch immer wahr.

 

Die beiden Sternenschiffe hatten ihr gewaltiges Ballett fast vollendet, tanzten mit großen Sprüngen und komplizierten Richtungsänderungen durch den Raum, bis sie sich endlich treffen und berühren konnten. Miro Ribeira hatte den gesamten Verlauf von der Brücke seines Sternenschiffs aus beobachtet; er hatte die Schultern eingezogen und den Kopf auf die Stütze seines Sitzes gelehnt. Auf andere wirkte diese Haltung immer unbeholfen. Wann immer Mutter ihn damals auf Lusitania in dieser Stellung erwischt hatte, war sie zu ihm gekommen und hatte darauf bestanden, ihm ein Kissen zu bringen, damit er es bequem hatte. Sie schien einfach nicht begreifen zu können, dass er den Kopf nur in dieser unbeholfen wirkenden Haltung ohne bewusste Anstrengung aufrecht halten konnte.

Er ertrug ihre Belehrungen, weil es nicht der Mühe wert war, mit ihr zu streiten. Mutter dachte und bewegte sich immer so schnell, dass es ihr fast unmöglich war, langsam genug zu agieren, um ihm zuhören zu können. Seitdem er einen Gehirnschaden erlitten hatte, als er durch das Disruptorfeld schritt, das die Kolonie der Menschen vom Wald der Schweinchen trennte, war seine Sprache unerträglich langsam hervorzubringen und schwierig zu verstehen. Miros Bruder Quim, der Religiöse, hatte gemeint, er solle Gott dankbar sein, überhaupt noch sprechen zu können – in den ersten paar Wochen hatte er lediglich kommunizieren können, indem er jede Nachricht Buchstabe um Buchstabe zusammensetzte.

beschleunigen. Vorstellungen