Ein Sonnenuntergang am Meer, eine Flasche Whiskey oder eine leidenschaftliche Liebesnacht – was Glück für den einzelnen bedeutet, kann unterschiedlicher nicht sein. Der vielseitige Kabarettist und Schauspieler Thomas Stipsits beleuchtet humorvoll und hintersinnig alltägliche Begebenheiten und zeigt in 26 Geschichten über Menschen von A wie Andreas bis Z wie Zita Momentaufnahmen vom großen und kleinen Glück. Denn: Die besten Geschichten schreibt immer noch das Leben.
Für Emil
Vorwort
Andreas
Beate
Christian
Doris
Emil
Franziska
Georg
Hannah
Jakob
Katharina
Lukas
Michael
Nelly
Oliver
Peter
Queenie
Ramona
Sascha
Tanja
Ulrike
Valentin
Walter
Xaver
Yolanda
Zita
Ich
Sie. Ja genau, Sie! Nun halten Sie also mein erstes Buch in Ihren Händen, was mich sehr freut. Vielleicht lag es unter ihrem Christbaum oder Sie blättern gerade in der Buchhandlung Ihres Vertrauens darin oder sie lesen gerade online dieses Vorwort.
Während ich das schreibe, sitze ich auf Karpathos und blicke aufs Meer. Es ist 16 Uhr 19, leichter Wind und es riecht nach Thymian. Das Vorwort ist das Letzte, das ich von diesem Buch geschrieben habe, das Vorletzte war das Nachwort.
Vielleicht fragen Sie sich jetzt, warum gerade ich jetzt auch noch ein Buch geschrieben habe, oder warum Sie dieses Buch lesen sollten. Nun, ich habe mir die erste Frage auch selber oftmals gestellt. Kann ich das überhaupt? Ich bin kein Buchautor, ich schreibe Kabarettprogramme und Drehbücher, aber eben keine Romane. Ich hatte große Angst damit zu beginnen, immer wieder habe ich es aufgeschoben, um dann schließlich einfach anzufangen und mich dem Schreibrausch hinzugeben. Es war herrlich! Mein Verlag und ich haben uns auf Kurzgeschichten geeinigt, die sich alle um das große und kleine Glück drehen. Es sind 26 an der Zahl und alle haben zumindest in großen Teilen einen wahren Kern. Sie sollen zeigen, wie verrückt das Glück doch manchmal sein kann und wie spannend, banal, traurig, schön und fantastisch das Leben sein kann. Diese Liste lässt sich endlos ergänzen.
Dieses Buch ist kein Ratgeber und auch keine Anleitung, wie man glücklich wird. Dieses Buch handelt von Ihnen, von mir, von ihren Freunden, von der Frisörin ums Eck, vom Postler, von der Nachbarin, die man nur vom Grüßen kennt, vom kleinen Buben mit dem gelben Fahrrad … einfach von uns Menschen.
Ich bin dankbar, dass Sie mir eine Chance geben, Sie in meine kleine Welt zu entführen.
Falls mir jemand die Frage stellt: Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Ich würde entgegnen: Die Antwort steht auf diesen 160 Seiten. Mehr kann ich über mich nicht sagen.
Ich öffne eine Dose Alfa Bier, blicke auf die Bucht von Arkasa und wünsche Ihnen jetzt viel Spaß bei der folgenden Reise.
Wir werden uns später wiedersehen.
Ungefähr zur selben Zeit zählte Andreas die Münzen in seinem Pappbecher. Heute hatte er noch nicht sehr viel eingenommen, obwohl sein Standort ein sehr stark frequentierter war. Gerade einmal 7 Euro und 73 Cent nannte er sein Eigen und das, obwohl er bereits seit 8 Uhr in der Nähe des Hohen Marktes bettelte. Vor ihm lagen ausreichend Exemplare der Obdachlosenzeitung Augustin. Seine Kleidung sah ungepflegt aus, ebenso seine Haare. Er trug sein altes ausgewaschenes T-Shirt mit der Aufschrift: „Franz-Jonas-Hauptschule Trofaiach“.
Früher war er Sportler gewesen, ein sehr guter noch dazu. Im Jahre 1990 gewann er in der Schülerliga die österreichischen Bundesmeisterschaften im Fußball. Andreas wurde zum besten Torhüter des Turniers gewählt und war der Stolz seiner mittlerweile verstorbenen Eltern. Andreas hätte sicher eine Karriere als Torhüter gemacht, aber oftmals ist die schwierigste Prüfung des Lebens, sich selbst zu besiegen. Er hatte ein Auswärtsspiel gegen seinen Charakter und war chancenlos. Seit er vom Leben abgelehnt wurde, beneidete er die Tiere. Tiere wissen nicht, was an Bösem droht, und vor allem ist es Tieren vollkommen gleichgültig, was hinter ihrem Rücken geredet wird.
Er schaffte es bis in die zweite Bundesliga und war gerade vor dem Sprung in eine mustergültige Torhüterkarriere. Doch das Schicksal schlug aus wie ein panisches Pferd. Die große Sehnsucht nach dem guten Leben, Reichtum und endlosem Vergnügen gepaart mit Phlegma hatte in Andreas Lebensgeschichte tiefe Wunden hinterlassen.
Akribisch genau zählte er nochmals seine Münzen. Es wurden nicht mehr. Schwerfällig erhob er sich von seinem Platz. Die Menschen rund um ihn nahmen keine Notiz von seiner verpfuschten Existenz. Andreas war unsichtbar.
Eine Frau in einem beigen Kleidchen und dazu passender Strickweste ging an Andreas vorbei. Ihr Parfüm roch nach Reichtum und sorgenfreiem Dasein. Während die Frau hastig an ihm vorbeistöckelte, funkte es in Andreas Gemütsofen. Kurz darauf loderte eine Flamme der Hoffnung in seinem Zentrum. Sein Herz arbeitete auf Hochbetrieb. Zitternd vor Nervosität stoppte er die junge Dame mit den Worten: „Zita? Bist du das?“
Die junge Frau tat so, als würde sie den zerlumpten Mann nicht hören, und versuchte der unangenehmen Begegnung aus dem Weg zu gehen. Andreas blieb hartnäckig.
„Kennst du mich nicht mehr? Liebminger Andreas.“ Dieser Name weckte Erinnerungen bei der Frau, und sie drehte sich zu dem Obdachlosen. Nach ausführlichem Mustern des Mannes erkannte sie ihn.
„Ja, servus Andreas. So ein Zufall, dass wir uns hier treffen!“
„Naja, Zufall würde ich nicht sagen, ich bin immer wieder hier.“ Zita setzte ein gespieltes Lächeln auf.
„Lustig, ich bin auch manchmal hier, da hinten lass ich mir immer meine Nägel machen.“
Sie zeigte Andreas ihre makellos rot lackierten Fingernägel.
„Wow, schaut super aus“, sagte er. Zita wurde die Situation zunehmend unangenehmer. Sie dachte, es sei wohl die beste Entscheidung, einen lockeren Smalltalk zu beginnen.
„Ja, ein Wahnsinn, der Liebminger Andreas. Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen?“ Andreas überlegte kurz.
„Das muss kurz nach der Matura gewesen sein, beim ersten Klassentreffen. Ich habe damals beim DSV Leoben gespielt. Dann haben wir uns irgendwie aus den Augen verloren.“ Eine leichte Rumfahne drang direttissima in Zitas Nasenschleimhaut.
„Ja stimmt, du bist ja aus der Hauptschule in der 5. Klasse zu uns gekommen. Gut schaust aus.“
„Danke, ich bin immer viel unterwegs …“
„Ich kämpfe ja immer so mit meinem Gewicht. Ich weiß nicht, wie viele Diäten ich schon ausprobiert habe.“ Andreas schaute verwirrt ob ihrer Aussage.
„Bei mir geht das oft von alleine“, entgegnete er.
„Aha. Ich verstehe.“ Danach herrschte wieder unbehagliche Stille. Erneut war es Zita, die in die Offensive ging.
„Und wie geht es Miriam?“, fragte sie.
„Ich glaube gut, wir haben uns ja vor sechs Jahren scheiden lassen.“
„Oh, das tut mir aber leid.“ Ihr Mitgefühl wirkte wie einstudiert.
„Und bei dir?“, fragte Andreas.
„Du, ganz gut. Weißt eh der Martin, mein Mann, ist beruflich viel in London, wir haben auch eine Wohnung dort, jetzt bin ich halt viel dort. Ist eine schöne Stadt, nur das Essen! Schrecklich, die haben ja keine Esskultur in England … und wo wohnst du?
„Nirgends. Also ich bin da und dort. Wie sich’s ergibt. In Wien hast aber schon noch was, oder?“ Andreas beneidete sein Visavis. Wie kann man nur alles richtig machen im Leben?
„Ja, wir haben noch immer das Haus in Hietzing, das geben wir natürlich nicht auf. War ja auch ein Geschenk von Martins Eltern.“, erzählte Zita mit der nötigen Portion Selbstgefälligkeit.
„Ich würde dich ja gerne einmal zu uns einladen …“ Andreas hakte sofort ein: „Ja, das wäre fein!!!“
„… aber ist momentan so blöd wegen den Kindern“, wurde seine Freude gestoppt.
Zita monologisierte über ihre beiden Kinder, und wie schwer es Kinder heutzutage haben würden. Sie überlege ernsthaft den Kindergarten zu wechseln, weil das Essen im aktuellen nur zu 80 Prozent aus biologischen Produkten bestehe und das wäre in der heutigen Zeit einfach eine untragbare Situation. Außerdem würden die Süßspeisen mit klassischem Zucker zubereitet, anstatt mit Stevia. Andreas fühlte sich wie ein Kriegsheimkehrer, der seine Niederlage als Sieg verkaufte. Er blieb aber freundlich.
„Also geht es dir gut?“
„Total!“, frohlockte Zita
„Und arbeitsmäßig?“, jetzt kam der Moment, auf den Andreas wartete. Die Antwort überraschte ihn dann aber doch.
„Du nix!“, schoss es wie selbstverständlich aus Zitas Mund. „Der Martin braucht meine Unterstützung, wo es nur geht. Das hätte Miriam auch machen sollen.“
Andreas versuchte, seine Exfrau zu verteidigen und die Schuld auf sich zu nehmen.
„Weißt du, die Miriam war damals in einer Phase, in der sie nicht wusste …“ Zita unterbrach seine Bemühungen, sich zu erklären.
„Ich finde es aber toll von dir, dass du nicht aufgibst und weiterkämpfst.“
„Bleibt mir ja nichts anderes über“, meinte Andreas resigniert.
Kühle Stille war von Neuem auf den Hohen Markt gekommen und die untergehende Sonne tauchte alles in schummrige Farben. Diesmal war es Andreas, der die Konversation ankurbelte und eine Geschichte aus der längst verklärten Vergangenheit hervorholte.
„Den Professor Meixner habe ich vor Kurzem gesehen. Kannst du dich noch erinnern an den Skikurs, und wie wir geschmust haben?“ Dieses Puzzleteil wollte sich Zita nicht erneut ins Gedächtnis holen.
„Sei mir nicht böse Andreas, ich muss leider weiter. Wir fahren heut nach Bad Ischl und ich brauche noch ein neues Dirndl.“
„Alles klar. Hat mich echt gefreut dich wiederzusehen“, sagte Andreas wahrheitsgemäß.
„Ja, mich auch“, log Zita.
Andreas wollte die Begegnung nicht ohne finanziellen Vorteil enden lassen, also ergriff er seine Chance.
„Magst du mir vielleicht noch einen Augustin abkaufen?“ Er hielt Zita eine der Zeitungen unter die Nase. Prompt antwortete sie:
„Den haben wir schon. Außerdem liegt der bei uns daheim nur herum … liest ja keiner.“
Andreas glaubte ihr die Geschichte.
„Ok. Dann viel Spaß in Bad Ischl. Vielleicht sehen wir uns wieder einmal?“
„Gerne, melde dich einfach bei mir“, sagte Zita rasch. Andreas zog Zettel und Kuli aus seiner speckigen Cordhose und begann zu schreiben.
„Ich schreibe dir eine Adresse auf von einem Heim, wo ich meistens bin, komm doch einfach vorbei und wir tratschen ein bissl. Das Essen ist dort auch ganz gut. Es wäre fein, wenn du den Martin und die Kinder auch mitnimmst, dort sind wirklich sehr kinderliebe Menschen.“
Als Andreas von dem Zettel aufblickte, war Zita schon verschwunden. Er warf das Stück Papier in einen Müllkorb und schlenderte traurig zu seinem Platz zurück.
Andreas werde Zita nie mehr wieder im Leben begegnen, da war er sich sicher.
Er sollte sich täuschen.
Ungefähr zur selben Zeit schreckte Beate aus ihrem Bett hoch und wusste, noch bevor sie auf das Handy am Nachtisch sah, dass sie verschlafen hatte. Die Frage war nur, wie viele Minuten oder Stunden es waren. Das Display zeigte kaltschnäuzig 9 Uhr 27, was in ihrem konkreten Fall eine Stunde und 27 Minuten bedeutete. Beate verfluchte die Schlummerfunktion auf ihrem Smartphone. Der kleine Hebel auf der linken oberen Seite des Handys war nach unten gedrückt und bewirkte Lautlosigkeit. Das musste versehentlich passiert sein. Sie sprang aus dem Bett und entschied, ohne zu duschen das Haus zu verlassen. – „Egal, ich hab’ Chloé.“
Eingehüllt in eine Wolke Eau de Parfum sprintete sie zu ihrem Auto. Ihr Smartphone zeigte 15 Anrufe in Abwesenheit, alle von derselben Nummer. Sie wusste wer es war: der Justizminister. Beate arbeitete nun seit vier Jahren für den mondänen Herren und es war ihr bisher kein einziger Fehler unterlaufen. Dementsprechend überrascht war der Herr Minister, da er soetwas von Beate nicht kannte. Hastig wählte sie seine Nummer. Er ging sofort dran.
„Ja, Beate, Schatz, was ist denn los? Wir warten alle auf dich!“, sagte der Herr Minister in einem schon etwas besorgten Ton. Das war ein Vorteil des Verschlafens: Wenn du 20 Minuten zu spät bist, sind alle sauer auf dich, wenn du aber fast zwei Stunden zu spät kommst sind alle froh, dass dir nichts passiert ist.
„Es tut mir so wahnsinnig leid, Herr Minister. Bitte um Verzeihung …“ Er unterbrach sie.
„Ist alles in Ordnung? Wir machen uns Sorgen.“
„Ja ja, alles in Ordnung, ich habe verschlafen.“ Beate hörte ein schallendes Lachen am anderen Ende der Leitung. „Sie hat verschlafen“, rief der Minister offenbar in eine Runde von umstehenden Menschen. Diese erwiderten das Lachen.
„Ich beeile mich“, versprach sie.
„Also, du Schlafmütze, lass dir Zeit, wir haben Tagesordnungspunkt 3 vorgezogen und werden jetzt einmal einen Imbiss zu uns nehmen. Sobald du da bist, können wir dann Punkt 1 und 2 machen, ok?“
„Danke, Herr Minister, es wird nie wieder vorkommen“, beteuerte Beate.
„Ist ja nichts passiert, hol’ dir unterwegs einen Kaffee und fahr vorsichtig!“
Dann beendete er das Gespräch.
„Ich habe wirklich den besten Chef der Welt“, dachte sie, während ihr kleiner Peugeot 208 in eine von Bäumen gesäumte Straße einbog. Die heutige Tagung fand im Jugendstiltheater am Steinhof statt. Beate war noch nie dort gewesen, wusste aber, dass das Theater gerne für Tagungen genutzt wurde. Sie kramte in ihren Unterlagen und zog die schon vorgestern für den Minister geschriebene Rede heraus. Heute würde er über neue Überwachungstechniken reden. Beate hatte sich ein schwedisches Konzept als Vorbild genommen. Sie dachte, dass es ein kurioser Zufall wäre, dass neue Überwachungstechniken ausgerechnet am Steinhof besprochen wurden. Immerhin handelt es sich, um im Volksmund zu bleiben, um ein Irrenhaus.
Von Weitem konnte sie schon das Schild „Baumgartner Höhe“ lesen. Das Areal war riesig und Beate entschied, ihren Peugeot außerhalb zu parken. Auf dem Gelände sah sie ein prächtiges Gebäude, und war der Meinung, das müsse das Theater sein. Als sie dort ankam, stand sie vor einer prunkvollen Türe. Niemand war am Gelände unterwegs. Beate dachte wieder an den Kaffee, den sie von Ministers Gnaden noch trinken durfte. Drinnen gab es sicher eine Kantine. Sie ging durch die Türe, die schwer und mit einem lauten Knall ins Schloss fiel. Der Lärm hallte durch den Innenhof und weckte augenscheinlich Aufmerksamkeit. Ein weißgekleideter Mann trat aus einer Türe und ging auf Beate zu. Er sah freundlich aus und fragte Beate höflich: “Grüß Gott, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein? Suchen Sie jemanden?“
„Ja, bitte. Wissen Sie, ich bin die Pressesprecherin des Justizministers und muss zu einer Tagung“, antwortete Beate. Der Mann in Weiß sah Beate lange an, für ihren Geschmack etwas zu lange. Dann setzte er ein Lächeln auf, klopfte Beate väterlich auf die Schulter und sprach in einem Ton, so als würde man mit einer Katze oder einem Hund reden: „Jaaaaa. Geeeeenauuuu, die Pressesprecherin des Justizministers. Bitte, kommen’S nur mit, Gnä’ Frau, der Justizminister wartet schon.“
Beate war sein Tonfall um eine Nuance zu süß, aber sie dachte: „Vielleicht reden hier alle so.“
Der Weiße führte Beate ins Innere des Gebäudes. Große Gemälde hingen an den Wänden, eines davon zeigte Sigmund Freud.
„Gib es hier irgendwo einen Kaffee?“, fragte Beate.
„Aber natürlich, Frau Pressesprecherin, jetzt gehen wir dort ins Büro und machen es uns so richtig gemütlich.“ Der Weiße fiel in ein „Wir“, das klang nicht gut.
„Ich dachte, wir sind im Theater“, bohrte Beate nach.
„Jaja, hier haben wir immer ein Theater.“ Vor einem Büro hielt der Weiße an und klopfte an die Türe. Von drinnen war ein zackiges „Herein“ zu hören. Links neben der Türe war auf einem Schild „Prim. Dr. Psych. Ferdinand Lackner“ zu lesen. Beate und der Weiße traten in ein eindrucksvolles Büro, über dem Schreibtisch hing ebenfalls ein Gemälde, darunter saß der auf dem Bild Porträtierte.
„Wen haben wir denn da?“, fragte Dr. Lackner auf die gleiche Art wie der Weiße.
„Ok, die reden hier alle so“, dachte Beate.
„Hier haben wir die Pressesprecherin des Justizministers“, präsentierte der Weiße seine Begleitung.
„Oh, wie schön, so ein hoher Besuch!“
Beate dämmerte langsam, dass man ihrer Geschichte keinen Glauben schenkte.
„Hören Sie, ich muss zu einer Tagung ins Theater, wir diskutieren über neue Überwachungstechniken und ich bin ohnehin schon zu spät. Würden Sie mir bitte sagen, wohin ich muss?“
„Aber liebend gerne, wie lange sind Sie denn schon Pressesprecherin?“, fragte Lackner.
„Seit vier Jahren.“
„Und da sehen wir uns erst jetzt? Aber keine Sorge, hier sind Sie in guten Händen, ab jetzt geht’s aufwärts.“
Beates Vorahnung wurde bestätigt.
„Es handelt sich hier offenbar um ein Missverständnis, ich bin wirklich die …, also ich bin nicht … Sie wissen schon, was ich meine.“
„Ja, natürlich weiß ich, was Sie meinen“, säuselte Lackner „Als Pressesprecherin haben Sie doch sicher einen offiziellen Ausweis des Ministeriums.“
„Ja, den habe ich“, antwortete Beate und begann in ihrer Tasche zu suchen, dann zu wühlen und schlussendlich alles auszuleeren. Mit verständnisvollem Lächeln betrachteten die Ärzte Beates verzweifelte Aktivität.
„Und? Hamma nix gefunden?“, fragte Lackner.
„Ich habe heute verschlafen und muss den Ausweis zu Hause vergessen haben.“ Beate reichte Lackner die vorbereitete Rede. „Schauen Sie, da ist ein Stempel vom Ministerium drauf, diese Rede wird der Minister heute halten.“ Sie wurde zunehmend lauter und hektischer. Lackner und der Weiße betrachteten das Papier, warfen sich diskret Blicke zu und nickten.
„Das sieht ja total echt aus, das haben Sie gut gemacht.“ „Es reicht, ich will jetzt sofort hier raus“, brüllte Beate die Ärzte an.