Texas
Eine Übersichtskarte von Texas mit den eingezeichneten Routenvorschlägen finden Sie in der vorderen Umschlagklappe. |
The Lone Star State Willkommen in Texas |
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Routen und Routenplanung Varianten zwischen zehn Tagen und vier Wochen |
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Rinder, Öl und Elektronik Landeschronik |
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ZENTRAL-TEXAS UND DIE GOLFKÜSTE | |
Cowtown Fort Worth |
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The Big D Dallas |
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Die aparte Hauptstadt Austin |
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Gone With The Wurst New Braunfels |
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Kaffeeklatsch im Wilden Westen Fredericksburg |
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Texas Hill Country Von Fredericksburg nach San Antonio |
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»¿Hi baby, que pasa?« San Antonio |
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Koloss am Bayou Houston |
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Ab auf die Insel Von Houston nach Galveston |
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Texas Riviera Von Galveston nach Port Aransas/ North Padre Island oder Corpus Christi |
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Extratag: Ranchin’ Die King Ranch und die Tip o’ Texas |
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OST-TEXAS | |
Chili und Öl Von Galveston nach Beaumont |
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Evergreen Country Streifzug durch das östliche Texas |
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WEST-TEXAS | |
Auf nach Westen Von San Antonio nach Marathon |
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Die Große Biege Big Bend National Park |
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Atempause Touren im Big Bend National Park |
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Entlang der River Road Nach Marfa |
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Extratag: Scenic Routes in Central West Texas Alpine, Fort Davis und Umgebung |
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Traumweiten West-Texas |
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Wüster Gips White Sands National Monument |
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Sun City El Paso – Abschied von West-Texas |
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TEXAS PANHANDLE | |
Yellow Rose of Texas Amarillo |
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Hartes Holz Palo Duro Canyon State Park |
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Service von A bis Z | |
Orts- und Sachregister, Namenregister | |
Bildnachweis | |
Impressum | |
Zeichenerklärung |
In diesem Buch werden die folgenden Symbole und Abkürzungen verwendet:
Information
Museum, Kunstgalerie
Sehenswürdigkeit, Aussichtspunkt
Wandern
Ausblick
National Park
Stadtpark, Landschaftspark
Botanischer Garten
Tierpark, Freigehege
Vogelpark, -beobachtung
Schildkrötenstrand, -beobachtung
Aquarium, Angeln
Hits für Kids
Freizeitpark, Vergnügungspark
Theater, Fest, Kulturzentrum
Restaurant, Bistro
Café, Frühstück
Pub, Kneipe
Weingut, Weinverkostung
Bar, Cocktail Lounge
Livemusik, Konzert
Kasino
Jazzclub, Live-Jazz
Shopping Center, Geschäft
Hotel, Motel, B & B
Camping, RV-Park
Strand, Strandnähe
Swimmingpool, Badeplatz
Wassersport
Wellness, Spa
Sport, Fitnesscenter
Bus, Shuttlebus
Fahrradtour
Schiffsfahrt, Bootsfahrt
Flughafen, Flugverbindung
kennzeichnet den Routenabschnitt
kennzeichnet die Route eines Extratages
Hotels/Motels: | Die Preiskategorien (für ein Doppelzimmer) werden durch $-Zeichen unterschieden: | ||
$ | – | bis 100 Dollar | |
$$ | – | 100 bis 150 Dollar | |
$$$ | – | 150 bis 250 Dollar | |
$$$$ | – | über 250 Dollar | |
Restaurants: | Die Preiskategorien für ein Abendessen pro Person (ohne Getränke) sind wie folgt gestaffelt: | ||
$ | – | bis 15 Dollar | |
$$ | – | 15 bis 25 Dollar | |
$$$ | – | über 25 Dollar |
Ave. | – | Avenue |
St. | – | Street |
Rd. | – | Road |
Blvd. | – | Boulevard |
Sq. | – | Square |
Dr. | – | Drive |
Expwy. | – | Expressway |
Rt. | – | Route |
Fwy. | – | Freeway |
Hwy. | – | Highway |
Pkwy. | – | Parkway |
E. | – | East |
N. | – | North |
S. | – | South |
W. | – | West |
CA | – | California |
CO | – | Colorado |
IL | – | Illinois |
KS | – | Kansas |
Mex. | – | Mexiko |
MS | – | Mississippi |
NM | – | New Mexico |
OK | – | Oklahoma |
TX | – | Texas |
WY | – | Wyoming |
Wie ein Phönix aus der Asche ist Texas aus dem Staub des Wilden Westens zum neuen Superstar des amerikanischen Sonnengürtels aufgestiegen, zu einem amerikanischen Traum im Großformat. Rinder und Chips, Cowboys und Manager, Missionskirchen und die NASA – Texas hat alle und alles.
Auf vier kombinierbaren Reiserouten versucht der Reiseführer den Highlights des weitläufigen Lone Star State auf die Spur zu kommen. Die Kernroute führt von den Präriemetropolen Dallas/Fort Worth in die aparte Hauptstadt Austin, durchs liebliche Ranchland des Hill Country, zu den Nachfahren der deutschen Siedler in New Braunfels, Fredericksburg und San Antonio. Von Houston geht es nach Galveston und von dort an der Golfküste, der sogenannten Texas Riviera, entlang nach Corpus Christi mit seinen schönen Stränden auf Mustang Island und zurück nach San Antonio. Oder man besucht noch die riesige King Ranch und genießt Strandfreuden und Meeresschildkröten auf South Padre Island, der Tip o’ Texas.
Die Ost-Route zweigt von Galveston ab und durchquert die Wälder und Bayous des Big Thicket National Preserve und des Reservats der Alabama-Coushatta-Indianer. Die Route durch die magischen Weiten des Westens reicht von San Antonio bis El Paso und gipfelt in einer ganzen Reihe von landschaftlich hinreißenden Nationalparks: dem Big Bend, den imposanten Guadalupe Mountains, der kühlen Unterwelt der Carlsbad Caverns und den Dünen der Gipswüsten von White Sands.
Liebhaber der Route 66 können sich auf Amarillo und die Cadillac Ranch freuen, denn der Abstecher in den Texas Panhandle zeigt ein Stück dieser legendären Route ebenso wie den grandiosen Palo Duro Canyon.
Horst Schmidt-Brümmer, Dr. phil., studierte Germanistik und Anglistik in München und Köln. Nach seiner Tätigkeit als Dozent für deutsche Sprache und Literatur an der University of California in Los Angeles (UCLA) war er seit 1970 als Reisejournalist und Verleger in Köln tätig und publizierte zahlreiche USA-Reiseführer und Bildbände – u.a. über Kalifornien und den Südwesten, die Ostküste, die Südstaaten und die Route 66. Horst Schmidt-Brümmer ist im April 2010 gestorben.
Carina Sieler, Dr. rer. pol., studierte Wirtschaftswissenschaften und lebt in Köln. Sie reiste mehr als 25 Jahre zusammen mit Horst Schmidt-Brümmer in die USA und hat bereits die Entstehung der ersten Auflage des Texas-Reiseführers begleitet. Seit seinem Tod überarbeitet sie den Band, um die herausragende journalistische Qualität zu erhalten und gleichzeitig die Aktualität der Reiseinformationen zu gewährleisten.
»All my exes
live in Texas«
George Strait
Stets hat der einsame Stern seinem Land heimgeleuchtet und ihm gute Dienste erwiesen. Seit den alten Tagen, als Texas noch unabhängige Republik war, ist er als Sinnbild allseits beliebt: auf den Helmen der Footballspieler, auf den flatternden Landesfahnen, auf den »Longneck«-Bierflaschen. Die Bilanz kann sich sehen lassen, denn wie ein Phönix ist Texas aus dem Staub des Wilden Westens zum Superstar des amerikanischen Sonnengürtels aufgestiegen. Wahre Trecks von Jobsuchern bewegten sich im letzten Jahrzehnt in seine Richtung. Im Schnitt zieht es täglich 1000 Menschen aus anderen Bundesstaaten nach Texas. Und das schon seit Jahren. So wie einst die Spanier dem Phantom der Sieben Städte aus Gold nachjagten, so kommen die neuen Schatzsucher in den Sun Belt, den amerikanischen Süden, um Anteil am Texas Miracle zu haben. Nicht mehr zu Pferde, sondern oft nur im Wohnwagen, um von einem Parkplatz aus eine neue Karriere zu starten. Sie kommen aus allen Bundesstaaten, aus Südostasien, Mailand, Mexiko und El Salvador, von überall. Keine staatliche Einkommenssteuer, geringe Lebenshaltungskosten, moderate Immobilienpreise, kaum politische Einmischung, wenig Neigung zu gewerkschaftlichen Ansprüchen oder kostspieligen Umweltauflagen halten die Wirtschaft ebenso in Schwung wie die angestammten Tugenden des Selfmademan, jenes amerikanischen Unternehmertyps, der in Texas noch in Reinkultur zu besichtigen ist. Leute wie die Ölmilliardäre Hunt oder der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson verkörpern mit ihren Bilderbuchkarrieren dieses Ideal, den amerikanischen Traum im Großformat.
Glanz und Geld werfen aber auch Schatten. Sie fallen in erster Linie auf die sozial Schwachen im Land, auf die ethnischen Minderheiten, die Hispanics, wie sich die Mexiko-Amerikaner nennen, deren Bevölkerungsanteil zur Zeit am schnellsten wächst, und auf die Schwarzen, die keine mehr sind, weil sie nun African Americans heißen. Die gesetzliche Wohlfahrtsbeihilfe liegt in Texas weit unter der nationalen Armutsgrenze. Nur Mississippi zahlt weniger. Nach wie vor setzt sich der unverhüllte Reichtum der Städte von der Not in den Ghettos und Barrios ab, aber auch von einigen Gegenden des ländlichen Texas, wo vieles an die Dürftigkeit des Alten Südens erinnert. Dennoch besteht trotz sozialpolitischer Spannungen kaum Zweifel an der wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Widerstandsfähigkeit des Staates. Dafür sitzen Agribusiness, Öl- und Gasgeschäft sowie Hightech-Industrien (z. B. Elektronikbranche, Biomedizin, Raumfahrt) zu fest im Sattel. So hat sich in der Finanzkrise und der sich anschließenden Rezession kein anderer Staat in den USA als wirtschaftlich so robust erwiesen wie Texas. Kein Wunder, dass Houston, Dallas und Austin laut Forbes die drei am schnellsten wachsenden Städte der USA sind. Nur der Ölpreissturz setzt Texas mittlerweile kräftig zu. Seit 2008 revolutionierte die vor allem in Texas forcierte Fracking-Technologie die Öl- und Gasförderung. Rund ein Drittel der amerikanischen Ölförderung kamen von hier. Das brachte Arbeit und Wohlstand vor allem nach Südtexas. Der Ölpreiseinbruch seit 2014 brachte den Fracking-Boom zum Stillstand mit gravierenden Folgen für Konjunktur und Arbeitsplätze in Texas. Wann die Talsohle erreicht ist, weiß keiner.
Anzeichen von Größenwahn? Ein bisschen schon, denn die Texaner lassen sich den Glauben an ihre Einmaligkeit nicht gern nehmen. Es war schon schlimm genug, als sie ihre Unabhängigkeit aufgaben und der Union beitraten. Das schmerzt so manchen heute noch. »Wir sind die einzige Nation, die jetzt ein Bundesstaat ist«, erklärt ein Patriot aus San Antonio. Ganz ernst meint er das natürlich nicht, aber ein wenig doch. Wie er neigen viele Texaner zu nostalgischen Trips in die glorreiche Vergangenheit. Dass aber Alaska in die USA aufgenommen wurde, das ärgert sie nun wirklich alle, denn plötzlich war Texas nicht mehr der größte Bundesstaat, sondern nur noch die Nummer zwei.
Dabei liebt dieses Land die Superlative. Die dicksten Steaks, die größte Ranch, die schönsten Girls, die höchsten Wolkenkratzer, das erfolgreichste Baseball-Team, die meisten Millionäre – alles und alle müssen möglichst made in Texas sein. Think big ist gefragt. Wer’s mit zurückhaltendem talking small versucht, setzt sich dem Verdacht aus, ein Yankee zu sein, ist also unbeliebt. Das sind überhaupt alle, die nördlich des Red River geboren wurden. Diese Nordstaatler missfallen den Texanern durch ihre, wie sie finden, arrogante Art, ihr ständiges Gekrittele und unnötiges Getue. Auch wegen ihrer gelegentlichen Heuchelei. »Wenn die hier sind, dann fallen sie über unsere Steaks und Drinks her. Aber hinterher reden sie abfällig über uns«, schimpft ein Barkeeper in Dallas nach der Abreise einer Beratergruppe aus Boston.
Umgekehrt muss man sich wegen des Imponiergehabes aber auch das eine oder andere sagen lassen. »If God meant for Texans to ski, he would have made bullshit white«, lautet so ein Spruch – fast ebenso unübersetzbar wie hämisch. Da die Texaner als Angeber in der Familie der Vereinigten Staaten gelten, halten viele Yankees sie für hemdsärmelige Haudegen und Machos, die alberne Hüte tragen und nicht mal gutes Englisch sprechen. Texaner, das sind halt die Rebellen und Südstaatler von gestern, die nichts dazugelernt haben.
In Europa klingt das kaum anders. Auch hier lächeln viele milde, wenn vom Lone Star State die Rede ist. Gern denkt man sich da seinen abendländischen Teil. Und liegt damit meistens schief. Sehr schief. Mitnichten nämlich ist Texas die grobschlächtige Hinterwelt verschwitzter Viehtreiber. So manche Ranch besitzt ihren eigenen Flugzeugpark samt Rollbahn. Computer statt Cowboys zählen die Rinder und zudem leben mehr als zwei Drittel aller Texaner längst in den großen Metropolen und träumen allenfalls noch romantisch vom Land. Dieses besteht auch nicht bloß aus platter Prärie mit und ohne Ölpumpen, sondern präsentiert eine faszinierende Vielfalt: zerklüftete Bergregionen und Canyons, magische Wüsten und duftende Nadelwälder, Bayous mit Entenflott und tropische Zitrusgärten. Von der fast tausend Kilometer langen Golfküste ganz zu schweigen.
Man hält die Texaner für permanente Steakesser mit ausufernden Bierbäuchen – wahrscheinlich, weil man noch wenig gehört hat von den Leckerbissen einer inzwischen sehr verfeinerten Südwestküche, den Gerichten der Cajuns, den Raffinessen der Cross-over-Cuisine und dem wirklich respektablen texanischen Wein. Kaum einer stellt sich Texas – Herzzentrum hin, NASA her – nicht als kulturelle Hinterwelt vor. Dabei verfügen Dallas, Fort Worth und vor allem Houston über Top-Museen und Kunstsammlungen in zum Teil Aufsehen erregender Architektur, die den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht. Sie haben eine Vielzahl prächtiger spanischer Missionskirchen, deren originale Bausubstanz (etwa im Vergleich zu Kalifornien) erheblich besser erhalten ist, progressive Country & Western-Musik (Austin!) und eine bedeutende Filmproduktion. Hinzu kommen die sehr lebendige hispanische Kultur mit ihrer englisch-spanischen Zweisprachigkeit und die frappierende Erbfolge deutscher Siedler in Orten wie Fredericksburg, Boerne oder New Braunfels, die mit bayerisch-deftiger Folklore die Herzen der Amerikaner höher schlagen lässt.
Früher schien das mit den Stereotypen und Abziehbildern von Texas besser zu klappen. Im 19. Jahrhundert pries Hoffmann von Fallersleben die texanischen Freiheiten und Karl Anton Postl, alias Charles Sealsfield, konnte mit seinem Roman »Das Kajütenbuch« auswanderungswilligen Deutschen den Mund nach Texas wässrig machen. Karl May gelang es immerhin, der Alten Welt den Llano Estacado einzuprägen, jenen Teil der Great Plains, der das nördliche Texas und den Panhandle einnimmt. Schließlich trug Hollywood mit Westernfilmen kräftig zu dem Texas-Bild in unserer Fantasie bei: einen Traumstaat aus Postkutschen, die in den Hinterhalt sausen, Indianern, die durch den Rio Grande schwimmen, und aus Heldenfiguren – mal Männer des Rechts wie Judge Roy Bean oder Wyatt Earp, mal solche jenseits davon wie John Wesley Hardin oder Billy the Kid.
In den 1980er Jahren lieferte »Dallas« ein Texas fürs Wohnzimmer. Ihm fehlte zwar der regionale Touch, weil die TV-Serie von Anfang an als ein Produkt konzipiert war, das schlichtweg synthetisch sein musste, um es weltweit vermarkten zu können. Immerhin aber brachte »Dallas« dem Lone Star State Sympathien. Vielleicht, weil ihm, aufs Ganze gesehen und trotz aller Gemeinheiten seitens J.R., das Monströse und Gewalttätige fehlte, das immer noch das Landes-Image mitprägt. Die Ermordung John F. Kennedys, der Kultfilm »Easy Rider« und der radikale Vollzug von Todesstrafenurteilen tragen dazu bei, dass sich daran bisher nichts geändert hat. Aber wenn Miss Ellie die Pferde streichelte, dann schien die Welt auch in Texas wieder in Ordnung.
Wie auch immer: Reisen ist oft das beste Mittel gegen Gemeinplätze, die über ferne Länder im Umlauf sind, auch und vielleicht erst recht bei einem so großen. Der Einstieg verläuft, wie dürfte es anders sein, über einen der großspurigsten Flughäfen der USA: Dallas/Fort Worth International Airport, die Gemeinschaftsanlage bringt es auf eine Fläche größer als Manhattan und auf rund 2000 Starts und Landungen täglich. Die Zwillingsstädte könnten nicht verschiedener ausfallen und sind deshalb ein seltsames Pärchen. Hier Dallas, die schicke Metropolis der Prärie, die gern New York sein will, und auf der anderen Seite Fort Worth, die cowtown mit ihren ruppigen stockyards, aber eben auch einem feinen Arts District. Kühe und Kunst – näher als hier können sie sich kaum kommen. Die eine Seite, Dallas, liegt am Ende des fruchtbaren Ost-Texas, bei ihrem Gegenüber fängt der Westen an. Der östliche Nachbar bleibt trotz seiner komplizierten Finanzwelt und eher puritanischen Gesinnung der Südstaatenmentalität verpflichtet, der Nachbar im Westen schlicht dem Cowboy-Image. Der eine trägt meist Schlips, der andere eher den Kragen offen.
Was spricht also dagegen, die Reise durch Texas in Fort Worth zu beginnen, um erst einmal das angenehme Grundgefühl zu spüren, Boden unter den Füßen zu haben: mit Stallgeruch in den Stockyards, durch Kunstgenuss, im urbanen Sundance Square, benannt nach dem Tunichtgut Sundance Kid, den wohlwollende Kritiker gern als den Robin Hood des Wilden Westens sehen? Er soll hier einmal sein Hauptquartier gehabt haben. Erst danach kommt Dallas an die Reihe, eine Stadt, die dem Besucher nicht gerade gleich um den Hals fällt, die aber durch eine Strategie gezielter Kostproben überraschende Qualitäten an den Tag legt.
Austin, die alternative und liberale Hauptstadt, kann sich immer noch auf ihre den Gang der Dinge deutlich beeinflussende Universität und eine einmalige Musikszene verlassen. Die selbst ernannte »Live Music Capital of the World« unterscheidet sich vom Big Business in Nashville, Tennessee, und Branson, Missouri, durch alternative Klänge und nachdenklichere Verse – nicht zuletzt geprägt von den Country-Originalen Waylon Jennings und der lebenden Legende des King of outlaw music, Willie Nelson. Bluegrass, Rock ’n’ Roll, Polka und Walzer, Blues und Honky-Tonk – alles und mehr gibt’s in Austin zu hören.
»Deep in the Heart of Texas«: So macht sich ein bekannter Song seinen Reim auf das gefällige Hügelland rund um Austin, das Texas Hill Country. Die natürlichen Reize seiner sanften Bergrücken und saftigen Weiden, die kühlen Creeks und Flüsse, Wiesen und Felder voller blue bonnets und zunehmend auch die lokalen Weingüter locken Jahr für Jahr massenhaft Naturfreunde und Ausflügler an. Aber auch Kulturgeschichte wird großgeschrieben, schließlich feierten Landesund Gründervater Stephen Austin und seine Leute hier ihre Siedlungspremiere, dicht gefolgt von Deutschen, Wenden, Tschechen, Polen, Skandinaviern. Sie alle drückten dem Hill Country ihren Stempel auf, der diesen Landesteil noch heute von anderen Gegenden in Texas unterscheidet.
Was Camper, Autopilger oder Wandersleute, Teenies und Senioren mit den ersten warmen Sonnenstrahlen hierher lockt, ist neben Auslauf die hübsch herausgeputzte Kultur von damals. Hinzu kommen folkloristische fests und eine Küche, die bei budgetbewussten Touristen vor allem durch große Portionen Zufriedenheit schafft. Eins der pittoresken Städtchen heißt sogar Utopia. Na bitte! Ständig wechseln auf den kleinen Farmroads die Grünschattierungen, und manchmal ist es, als fahre man durch ein verkleinertes Siebengebirge, durchsetzt mit gepflegten Weiden und noch gründlicher gepflegten Rindern.
Flüsse, Wasserfälle, Höhlen und Seen zählen zu den erfrischenden Vorgaben, die hier das Erwachen heiterer Gefühle bei Ankunft auf dem texanischen Lande fördern. Die Seenkette nordwestlich von Austin – Lake Travis, Lake Marble Falls, Lake Buchanan – ebenso wie Lake Medina, Medina River und die Umgebung von New Braunfels machen klar: Wasser hat’s reichlich – in der sengenden Sommerhitze dieses Landesteils eine gute Gabe Gottes!
San Antonio ist zweifellos die beliebteste Großstadt von Texas, jedenfalls die europäischste. Den zentralen Riverwalk darf man getrost als einen touristischen Geniestreich bezeichnen, von dem andere Stadtväter eigentlich träumen müssten, denn er bringt eine ganze Stadt auf einen schönen Filmstreifen – ohne störende Übergänge, Durststrecken und Lärm. Im Klartext: Der Riverwalk wirbt laufend für San Antonio, ohne dass dieses sich selbst überhaupt zeigen müsste!
Mit Superlativen, besonders auf architektonischem Feld, schmückt sich vor allem Houston. Um die Jahrhundertwende noch lieblich Magnolia City genannt, hat sich die Stadt zu einem petrochemischen Moloch entwickelt und gleichzeitig bestens davon profitiert. Drei Fakten brachten sie auf Touren: Galveston, der wirtschaftliche Mitbewerber im Süden, wurde 1900 durch einen Hurrikan und eine Springflut ausradiert; im benachbarten Beaumont wurde reichlich Öl entdeckt; und der Bau des Ship Channel machte Houston zum größten Umschlaghafen der USA, obwohl es 50 Meilen vom Golf entfernt liegt.
Lange Zeit konnte jeder bauen, was und wie er wollte (no zoning), was viel Wildwuchs zur Folge hatte und Houston Los Angeles immer ähnlicher machte – durch einen urban sprawl, zusammengehalten durch ein Netz von Freeways. Diese heiße Phase ist vorbei und Houston erwachsener geworden. Geblieben ist das Wetter, das vor allem im Sommer nicht jedermanns Sache ist. So erteilt die Stadt jedem Besucher denn erst einmal eine wohltuende Lektion zum Thema Airconditioning, wenn man nach dem Schwitzbad im heißen Gelee des subtropischen Klimas (draußen) plötzlich in eine Tiefkühltruhe (drinnen) gerät, und umgekehrt.
Was wäre eine Reise durch Texas ohne die NASA, die Hightech-Version von Peterchens Mondfahrt? Also führt die Route zum Space Center Houston südlich der Stadt, dem Hauptquartier des amerikanischen Raumfahrtprogramms und der Bodenstation des recycelbaren Spaceshuttle, das 1962 gebaut wurde.
Das verträumte Inselstädtchen Galveston mit seiner stürmischen Geschichte bringt ein bisschen Ruhe in die Reise – wie überhaupt die Fahrt am Golf entlang zur erholsamen Mustang Island, der schmalen Insel, die schützend Corpus Christi, der Stadt mit dem denkwürdigen Namen, vorgelagert ist. An Mustang Island schließt sich Padre Island National Seashore an, eine paradiesische Sandwildnis mit extrem ruhiger Gangart, weitgehend von der Zivilisation abgeschnitten und ökologisch noch völlig intakt. Nur wenige nehmen es recht zur Kenntnis: Immerhin knapp 1000 Kilometer lang ist die Texas Riviera zwischen Louisiana und Mexiko.
Wer ganz bis zum southern tip of Texas vordringen möchte, kann weiter nach Süden durchs struppige Brush Country über die berühmte King Ranch bis nach South Padre Island fahren. Auf der munteren Insel werden zwar die Meeresschildkröten geschützt, nicht aber ahnungslose Touristen, die im März während der sogenannten Spring Break auf mehr als 100 000 High-School- und College-Schüler treffen, die die Insel in eine wilde Partyzone verwandeln.
Wer sich in Galveston für die Osterweiterung der Route entscheidet, gerät in eine andere texanische Welt, denn ein Hauch vom Alten Süden weht durch die dortigen dichten Wälder und stillen Wasser. Die Baumwoll- und Plantagenkultur des Old South hat die Landesgrenzen nie so recht akzeptiert. Mal drängten Siedler ins texanische Waldland, mal rabiate Freibeuter, die filibusters, mal prächtige Antebellum-Villen, liebliche Magnolienbäume und Azaleen. Umgekehrt hat Louisiana texanische Importe erhalten. Bonnie und Clyde, das Gangsterpärchen, wurden 1934 von Texas Rangers in einen Hinterhalt gelockt und östlich von Shreveport beim Ambrose Mountain erschossen. Und heute geht es vor allem im Nordosten Louisianas eine Spur forscher zu als im behäbigeren Süden des Bayou-Staates. Auch landschaftlich sehen sich die beiden Seiten links und rechts vom grenzbildenden Sabine River ähnlich – die Marschen am Golf, die feuchten Waldböden, die Bayous und Wasserzypressen, die die Ufer der Flussläufe und Seen drapieren.
Nach der anfangs erfolgreichen Baumwollproduktion besann sich der Osten auf die kommerzielle Ausbeutung des nächsten (und naheliegenden) Rohstoffs: seines immensen Baumbestands. Zwischen 1890 und 1940 ging es Millionen und Abermillionen Hektar Kiefern an den Kragen. Dann sprudelte das Öl, kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert zuerst in Corsicana, gleich danach – und wie ein Paukenschlag – aus der Megaquelle Spindletop bei Beaumont und schließlich (das große Finale in den 1930er Jahren) in Kilgore. Der kurze Streifzug durch den immergrünen (weil regenreichen) Osten führt von Galveston nach Beaumont, durchs urwaldähnliche Dickicht des Big Thicket National Preserve, ins Reservat der Alabama-Coushatta-Indianer, zum erfrischenden Lake Livingston und schließlich nach The Woodlands, einer Resortgemeinde mit Modellcharakter – durch ihre gelungene Mischung aus Naturnähe und komfortabler Service-Community.
Auf nach Westen: Das 2006 Kilometer lange Flussbett des Rio Grande zwischen Texas und Mexiko, von El Paso/Ciudad Juárez bis Brownsville/Matamoros, ist mit allen Wassern gewaschen. Von Anfang an war der Fluss la frontera, Grenzlinie, Durchgang und Kämpferzone. Lange wollten die Mexikaner ihn als Grenze nicht anHerkennen. Den Nueces River ja, aber nicht den Rio Grande. Das brachte Ärger, meist blutigen. Hier tobten die ersten Gefechte des Amerikanisch-Mexikanischen Kriegs, dann die des Bürgerkriegs mit seinen Baumwollblockaden. Es folgten Attacken der bandidos auf die Texas Rangers und umgekehrt. Hier kreuzten die Schnapsschmuggler, die tequileros und rumrunners, während der Prohibition und in jüngster Zeit folgten die Drogenschmuggler. Hier suchten die straffällig gewordenen Gringos Zuflucht am anderen Ufer und die zahllosen Mexikaner auf Jobsuche trieb es auf die Gegenseite. Der Rio Grande – wer ist durch ihn nicht schon geschwommen, geritten, gewatet oder gefahren!
Mehr als 20 Prozent aller Texaner sind mexikanischer Abstammung. Die weitaus meisten leben inzwischen in den Städten. In den Grenzorten am Rio Grande stellen die Mexiko-Amerikaner in der Regel die Mehrheit. Lange verdienten sie nur einen verschwindenden Teil der Löhne, die Anglos gezahlt werden, blieben oft lebenslänglich Analphabeten und verspielten damit jede Chance, weiterzukommen. Ein rigides Patronatsprinzip sorgte für klare Verhältnisse. Die sogenannten Patrons waren meist Sheriffs mit guten Beziehungen zum Öl- und Banken-Establishment, die bei ihren mexikanischen Arbeitern für die rechte Stimmabgabe bei Wahlen zu sorgen wussten. Notfalls mussten angeheuerte pistoleros nachhelfen. Erst die Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre brachte Änderungen. Organisationen wie die La Raza Unida-Bewegung, öffentliche Proteste, Wählerinitiativen und Rechtshilfefonds führten zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse in Stadt und Land.
Von den Erfolgen, wie sie die gewerkschaftlich organisierten Landarbeiter in Kalifornien unter César E. Chávez errangen, blieben die mexikanischen Kollegen in Texas zwar weit entfernt, aber es gelang ihnen, zahlreiche Volksvertreter in die Schul- und Stadträte zu wählen. Die Einwandererströme aus dem Süden versorgen nach wie vor die texanischen Felder, Ranches und Kleiderfabriken mit ungelernten Arbeitern, die Restaurants, Hotels und privaten Haushalte mit Personal und Hilfskräften. Und sie füllen die Blutbanken im südlichen Grenzland.
Mexiko, auf der anderen Seite, freut sich über die Entlastung seines Arbeitsmarktes. Unter dem Druck des schwachen Pesos betreibt Mexiko die Politik verstärkter Grenzansiedlung, um sein Arbeitslosenproblem Texas näherzubringen und um die Landflucht in die eigenen Großstädte zu bremsen. Umgekehrt: US-Firmen siedeln gern knapp hinter der Grenze, weil hier die Löhne niedriger sind. Maquiladora heißen die Montagewerke, die sich zwischen Ciudad Juárez und Matamoros der billigen Arbeitskräfte bedienen.
Die natürliche Grenze entlang dem Rio Grande ist bis heute praktisch nicht zu sichern. Daran hat letztlich auch der 2006 vom US-Repräsentantenhaus beschlossene Secure Fence Act nichts geändert. Das umstrittene Projekt versuchte, die US-Grenze zu Mexiko durch einen massiven Grenzzaun bzw. Kameras, Hightech-Sensoren und Radaranlagen zu sichern, um den illegalen Grenzübertritt aus Mexiko zu erschweren. Wer nur einen Blick auf den Rio Grande wirft, erkennt sogleich, dass weiträumige Flussauen, dichtes Gestrüpp und unwegsames Geröll ein geradezu perfektes Terrain für Versteckspiele der sogenannten wetbacks (weil sie vom Durchschwimmen des Rio Grande einen nassen Rücken bekommen hatten) bilden. »Es ist, als ob man mit einem kurzen Messer gegen den Degen Zorros kämpft«, beklagt ein US-Grenzer seine Ohnmacht gegenüber dem Zustrom heimlicher Einwanderer.
Trotz ausgeklügelter Überwachungslogistik sind die Border-Patrol-Leute letztlich machtlos. Wenn auch die Zahl illegaler Einwanderer rückläufig ist, der Run auf den Dollar setzt immer noch viele Menschen in Bewegung: Einzelne, die es auf eigene Faust versuchen, und Grüppchen, organisiert von coyotes, professionellen Menschenschmugglern, die Taktik und Terrain beherrschen. Allen verschärften Grenzkontrollen zum Trotz erreichen immer noch zahlreiche mexikanische Immigranten die USA bis in den hohen Norden, wo sie Sardinen verpacken, Unkraut jäten und auf Eierfarmen arbeiten.
Das soll sich ändern: Der neue US-Präsident Donald Trump hat gleich nach Amtsantritt im Januar 2017 ein Dekret unterzeichnet, wonach entlang der 3200 Kilometer langen Grenze eine unüberwindbare Mauer gebaut werden soll. Zumindest in Texas am Rio Grande ein nahezu unmögliches Unterfangen. Schließlich soll Mexiko auch die Kosten für das absurde Bauwerk tragen, z. B. über Strafzölle. Nicht nur die Natur entlang dem Rio Grande wird großen Schaden nehmen, sollte es dazu kommen, auch das freundschaftlich-partnerschaftliche Verhältnis zwischen beiden Staaten. Und ob es der US-Wirtschaft wirklich ohne die low wage workforce aus Mexiko besser gehen wird, das muss Donald Trump erst noch beweisen.
Die westliche Region des Lone Star State ist nicht nur geographisch, sondern auch kulturhistorisch aufs Engste mit dem Südwesten der USA verbunden. In El Paso stehen sich die Südzipfel der Rocky Mountains und die Nordzipfel der Sierra Madre gegenüber. Und Judge Roy Bean, der legendäre Friedensrichter, der jenseits des Rio Pecos einst für law & order sorgte, residierte in Langtry, also sogar noch östlicher als Big Bend, die »Große Biege« des Flusses. Das Wichtigste aber: West-Texas wartet mit einigen der schönsten Westernlandschaften der USA auf und mit einer, die noch kaum einer kennt.
Über Del Rio in Richtung Norden durchquert die West-Texas-Route das karge alte Land des Trans-Pecos-Gebiets, die einstmals letzte frontier. Hier ist es so trocken, dass meist sogar der Regen aufgibt und verdurstet, bevor er überhaupt die Erde erreicht. Dass in diesen wundersamen Weiten einer der schönsten Naturparks der USA liegt, wissen die wenigsten. Die meisten machen um den Big Bend National Park, die Krümmung des Rio Grande, einen großen Bogen. Verständlich, denn er liegt weitab vom Schuss. Big Bend: eine Art touristisches Rumpelstilzchen!
Nach der kleinen Kunstmetropole Marfa unterbrechen nur noch No-Name-Nester wie Shafter und Van Horn die Breitwandpanoramen des texanischen Westens, bis sich am Horizont das urzeitliche Riff der Guadalupe Mountains aus dem kargen Wüstenboden der Chihuahua-Wüste erhebt zur Reise in die Unterwelt, dem Abstieg in die Superhöhlen des Carlsbad Caverns National Park im südlichen New Mexico. Und eine weitere imposante Landschaftsform folgt auf dem Fuß, die schlohweiße Gipswüste White Sands. Über Las Cruces geht es zurück nach El Paso.
Der Panhandle ist die nördlichste der hier vorgestellten texanischen Reiseprovinzen. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, woher der Name kommt. Die Kontur des Landzipfels ähnelt tatsächlich dem »Stiel«, der die »Riesenpfanne« des Lone Star State gut im Griff hat. Oder sind das weite flache Hochplateau, der endlose Pelz aus Grasland und die zerklüfteten Canyons doch nur eine Hinterwelt, in der es heftig windet und sich die Präriehunde gute Nacht sagen? Kaum, denn die südlichen Ausläufer der Great Plains besitzen durchaus ihre herben Reize. Einsam und endlos dehnen sich die Äcker und Weiden unter einem riesigen Cinemascope-Himmel. Berüchtigt sind die blue northers, heftige Stürme, die plötzlich lostoben, Temperaturstürze bescheren und ebenso rasch wieder abflauen. Kein Wunder, dass sich die ersten Siedler an die Baukunst der heimischen prairie dogs, der Erdhörnchen, hielten, die in Löchern siedeln. Die Neuankömmlinge machten es den drolligen Moppeln nach – in Form von Erd- und Grubenhäusern, den sogenannten dugouts, um sich in diesem windigen Westen zu schützen. Der Wassermangel war groß. Lange kannten nur die Indianer und Büffel die wenigen Quellen und wussten sich deshalb im unendlichen Grasmeer zu bewegen und zu behaupten. Zur Orientierung rammte man Stöcke in den Boden, daher der Name: Staked Plain oder Llano Estacado.
Unsere Exkursion beschränkt sich auf Amarillo und Umgebung, das vorzügliche Panhandle-Plains Historical Museum, den Palo Duro Canyon und die ulkige Cadillac Ranch, Sinnbild amerikanischer Autokultur, ausgerechnet an einer Straße, die dafür wie keine andere steht: die Route 66.
Trotz seiner Wundertüte voller touristischer Angebote ist Texas erst noch auf dem Weg, ein Reiseland zu werden, das sich Europäer gern einmal allein vornehmen und im Zusammenhang erschließen möchten.
Das hat vielerlei Gründe. Vom vermutlich wichtigsten war schon die Rede: Alte Klischees und Vorurteile von Texas haben sich zäh und die Neugier entsprechend gering gehalten. Anders als die pausenlos umworbenen Renner unter den US-Destinationen – Florida, Kalifornien, der Südwesten und, mit Einschränkungen, auch die Südstaaten – hat sich Texas auf den internationalen Reisemärkten noch nicht richtig durchsetzen können. Texas’ Küste liegt weder am Pazifik noch am Atlantik, sondern am Golf von Mexiko; texanische Indianerkulturen blühen eher am Rande und im Verborgenen. Metropolen wie Dallas, Austin, Fort Worth oder Houston ziehen, was ihr Image angeht, gegenüber New York, San Francisco, Washington, ja selbst Las Vegas den Kürzeren. San Antonio macht da eine gewisse Ausnahme, aber eine Stadt allein, von New York einmal abgesehen, motiviert noch zu keiner USA-Reise.
Nimmt man die simple Tatsache hinzu, dass der Lone Star State bereits durch seine physische Größe (1300 Kilometer Ost–West, 1500 Kilometer Nord–Süd) schlecht in die meist knapp bemessenen Urlaubszeiten passt, so wundert es nicht, dass Texas bisher allenfalls an seinen Rändern touristisch angeknabbert wurde, quasi als Zugabe auf jene Regionen, die, wie gesagt, traditionell in der Gunst der europäischen Reisenden liegen: von New Orleans und den Südstaaten aus in Richtung Houston und Golfküste, von Phoenix/Tucson/Albuquerque aus in Richtung El Paso und West-Texas und auf der Route 66 durch den Panhandle.
Die hier vorgeschlagenen Routen berücksichtigen zunächst das Terrain dieser Schnuppertouren, aber sie gehen weit darüber hinaus. Je nach individueller Präferenz und verfügbarer Zeit lassen sie sich so kombinieren, dass sie ein nahezu umfassendes Bild dieses Staates ergeben. Im Vergleich zu früheren Ausgaben enthält die Routenplanung nicht mehr die seinerzeit reizvollen Stippvisiten im benachbarten Mexiko, in den sogenannten twin towns Matamoros, Reynosa, Nuevo Laredo, Ciudad Acuña und Ciudad Juárez. Gutes mexikanisches Essen, Mariachi-Musik, folkloristische Souvenirs und Margaritas waren immer einen Ausflug nach Mexiko wert.
Heute gelten diese Abstecher in die mexikanischen Grenzstädte wegen des anhaltenden Drogenkriegs als gefährlich und das US State Department hat entsprechende Reisewarnungen ausgegeben. Auch wenn Touristen nicht das Ziel von Übergriffen sind, geraten sie doch immer wieder ungewollt in Auseinandersetzungen. Damit haben aus touristischer Sicht vor allem auch die südtexanischen Schwesterstädte Brownsville und Laredo deutlich an Anziehungskraft verloren und sind daher nicht mehr Teil der Routenplanung.
Zusammengenommen lassen sich die vorgeschlagenen Routen wohl in den seltensten Fällen als reine Autotour realisieren, sondern eher als eine Art Froschhüpfen nach Fly-Drive-Manier. Das ist gerade in Texas nichts Besonderes, denn die Texaner benutzen das Flugzeug in ihrem eigenen Staat so wie wir hierzulande Bahn oder Bus.
Für jedes Fly-Drive-Programm bietet Southwest Airlines (www.southwest.com) flexible Reisemöglichkeiten. Mehrfach täglich verbindet die Fluglinie die wichtigsten Städte: Amarillo, Austin, Corpus Christi, Dallas (Love Field), Houston (Hobby), Lubbock, Midland/Odessa, Rio Grande Valley (Harlingen) und San Antonio.
Nach der Ankunft am Airport Dallas/Fort Worth, dem wichtigsten Ankunftsflughafen von Transatlantikflügen, beginnt die Kernroute in Fort Worth, geht ans Ostende des Metroplex, nach Dallas, und quer durchs Zentrum von Texas in die musikalische Hauptstadt Austin, durch das in vieler Hinsicht überraschende Hill Country nach San Antonio, dann in den Osten nach Houston, von dort zum Golf nach Galveston und an der Küste entlang bis North Padre Island und Corpus Christi. Von hier bietet sich die Rückfahrt nach San Antonio an.
Alternativ kann man noch einen Tag für die King Ranch und South Padre Island einplanen und dann von dort über Dallas/Fort Worth wieder nach Hause fliegen. Vor allem wer in Austin und Mustang Island etwas länger bleiben möchte oder sich das reichhaltige Museumsangebot in Dallas, Fort Worth und Houston nicht entgehen lassen will, sollte ein paar Puffertage einplanen.
Ausgangspunkt ist Galveston, es folgen Beaumont, die Wälder von Big Thicket, das Reservat der Alabama-Coushatta-Indianer und der Lake Livingston. Übernachtungsstopps liegen in Beaumont und in The Woodlands weiter südlich.
Die Erkundung des flächenmäßig üppigen Westens beginnt in San Antonio, führt an den Rio Grande und folgt ihm durch die Trans-Pecos-Region und über Marathon in den Big Bend National Park. Hier sollte man mindestens zwei, besser mehr Tage einplanen, wenn man die vielen Outdoorangebote nutzen möchte. Über die River Road geht es nach Presidio und in die winzige Kunstmetropole Marfa. Reisende, die die West-Texas-Route abkürzen wollen, verbringen danach noch einen Tag rund um Alpine und fliegen von Midland via Dallas oder Houston zurück nach Hause. Wer mehr Zeit hat, setzt die Reise fort zu den gewaltigen Guadalupe Mountains und den kühlen Höhlen der Carlsbad Caverns. Schließlich geht es durch den Süden von New Mexico zum stillen Gips der Wüste von White Sands, und in El Paso endet die Route. Von dort kann man entweder nach Dallas/Fort Worth zurückfliegen oder nach Amarillo weiterreisen.
Am besten startet man den Abstecher in den »Pfannenstiel« vom Flughafen in El Paso. Selbstverständlich geht das auch von Dallas/Fort Worth. Richtige Route-66-Fans werden Lust verspüren, von Amarillo ein Stück auf dieser legendären Route zu fahren, z. B. nach Osten und nach Oklahoma City – ein typischer und schöner Streckenabschnitt, der zahlreiche Highlights bereithält: die No-Name-Nester Shamrock und McLean, ein vorzügliches Route-66-Museum in Clinton und Oklahoma City, eine freundliche Midwesten-Stadt, die mit der Cowboy Hall of Fame ein erstklassiges Cowboymuseum bietet. Von Amarillo erfolgt der Rückflug nach Dallas/Fort Worth.
Was hierzulande der Neandertaler, das war in Nordamerika die »Midland Minnie« – eine Urtexanerin sozusagen, von der man 1953 auf der Scharbauer Ranch bei Midland Kopf und Knochen fand. Man nimmt an, dass sie zu den Plainsbewohnern zählte, die ihrerseits den nomadischen Jägern zugerechnet werden. Lebensumstände und -formen dieser prähistorischen Texaner sind aber noch weitgehend unbekannt.
Mehr weiß man über die sogenannten West Texas Cave Dwellers. Diese Höhlenbewohner (ähnlich wie die Basket Makers in Arizona und New Mexico) hinterließen Felsbilder, Knochen und Gegenstände des täglichen Gebrauchs, die die Archäologen auf ihre Spur brachten. Sie führt in den State Historical Park von Seminole Canyon bei Comstock, wo es noch heute sehenswerte Zeichnungen dieser frühen Rock Art gibt.
Als die ersten Europäer in das Gebiet des heutigen Texas kamen, fanden sie im Wesentlichen vier Indianergruppen vor. Zunächst, in der Küstenregion des Golfs, die mit der See verbundenen Stämme der Attacapas und der Karankawas; südlich von San Antonio die der Coahuiltecans. Im Osten wohnten die friedlichen Caddo-Stämme in Dörfern aus Holzbauten und Tempelhügeln und bestellten ihr Land. Bei ihnen setzten die Franziskaner mit ihren ersten Bekehrungsversuchen an. Außerdem trafen sie auf nomadische Plains-Indianer, vertreten durch die Tonkawas in Zentral-Texas, die Apachen im Nordwesten und später, gegen 1700, die Comanchen und Kiowas. Schließlich begegneten sie den Umsiedlern der Pueblo-Stämme aus dem Norden, die weiter südlich am Rio Grande bei El Paso ihre Kultur etablierten, den Boden künstlich bewässerten und ihre Lehmbaukunst pflegten.
Heute leben in Texas nur noch wenige Mitglieder dreier Indianerstämme. Es sind die Tiguas südlich von El Paso und die Alabama- und Coushatta-Indianer in den Big Thicket-Wäldern von Ost-Texas.