Sofka Zinovieff
Mad Boy, Lord Berners, meine Großmutter und ich
Aus dem britischen Englisch von Gregor Runge
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
Sofka Zinovieff, 1961 in London geboren, studierte Anthropologie in Cambridge. Sie arbeitet als Bildhauerin, Malerin, freie Journalistin und Autorin. 2008 erschien ›Die rote Prinzessin. Ein revolutionäres Leben‹, 2015 ›Mad Boy, Lord Berners, meine Großmutter und ich‹ – beide Bücher beschäftigen sich mit Mitgliedern ihrer Familie. Ihr erster Roman, ›Athen, Paradiesstraße‹, erschien 2013. Sofka Zinovieff hat viele Jahre in Griechenland gelebt und sich vor einiger Zeit in Faringdon (in der Nähe von Oxford) niedergelassen.
Gregor Runge, geboren 1981 in Neubrandenburg, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und anschließend an der Hochschule für Film und Fernsehen München. Zu den von ihm übersetzten Autoren zählen Angharad Price, E. M. Forster, F. Scott Fitzgerald und Christopher Isherwood. Gregor Runge lebt in Berlin.
Evelyn Waugh, Gertrude Stein und H. G. Wells, der Fotograf Cecil Beaton, die Modeschöpferin Elsa Schiaparelli, Salvador Dalí sowie die skandalträchtigen Mitford-Schwestern – wer kennt sie nicht? Für viele ein Unbekannter ist jedoch Lord Gerald Berners, auf dessen Anwesen Faringdon House die englische Upperclass zusammenkam, um sich auszutauschen und rauschende Feste zu feiern.
Lord Berners war eine schillernde Persönlichkeit: Der feinsinnige Ästhet lebte viele Jahre mit dem gut drei Jahrzehnte jüngeren, temperamentvollen Robert Heber-Percy zusammen, damals weithin bekannt als Mad Boy. Die beiden galten als unwiderstehlich exzentrisch und gestalteten Faringdon House zu einem Paradies für die Sinne: Tauben mit gefärbtem Gefieder stiegen in die Lüfte, die Einrichtung des Hauses bezauberte durch ihre Originalität, der Champagner floss in Strömen. Als Sofka Zinovieffs spätere Großmutter 1942 den Mad Boy heiratete und nach Faringdon zog, war der Skandal perfekt: Eine solche Ménage-à-trois in der High Society?
Bis dahin undenkbar.
In ihrem beschwingt erzählten und glänzend recherchierten Memoir geht Sofka Zinovieff Familiengeheimnissen auf den Grund und verbindet einen Jahrmarkt der Eitelkeiten mit englischer Zeit- und Gesellschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts zu einem mondänen Pageturner.
Deutsche Erstausgabe 2017
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
Copyright © 2014 by Sofka Zinovieff
Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel ›The Mad Boy, Lord Berners, My Grandmother and Me‹ bei Jonathan Cape, London.
© der deutschsprachigen Ausgabe: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
dtv nach einem Entwurf von James Jones unter Verwendung eines Fotos von Cecil Beaton (Lord Berners mit Mr und Mrs Heber-Percy, September 1943). Mit freundlicher Genehmigung des Cecil Beaton Studio Archive, Sotheby’s
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
eBook-Herstellung im Verlag (01)
eBook ISBN 978-3-423-43411-9 (epub)
ISBN der gedruckten Ausgabe 978-3-423-28136-2
Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Bücher finden Sie auf unserer Website www.dtv.de/ebooks
ISBN (epub) 9783423434119
folly (dt. Unsinn, Torheit, Narretei) lautet die englische Bezeichnung für mehr oder weniger nutzlose Zier- bzw. Prunkbauten. (Anm. d.Ü.)
Das Weiße Pferd von Uffington in Oxfordshire gilt als ältestes Scharrbild Englands; die genaue Entstehungszeit bleibt umstritten, wird aber meist auf die frühe Eisen- oder späte Bronzezeit datiert. (Anm. d.Ü.)
Junge Bohemiens und Aristokraten, die sich im London der Zwanzigerjahre nach allen Regeln des Hedonismus vergnügten, ausgiebiger Alkohol- und Drogenkonsum eingeschlossen. Die Bezeichnung geht auf die zeitgenössische Regenbogenpresse zurück. (Anm. d.Ü.)
Stadtteil im Nordwesten Londons. (Anm. d.Ü.)
Im Englischen neben lapwing und peewit auch tyrwhit genannt. (Anm. d.Ü.)
Etwa: »das einen Heidenlärm macht«. (Anm. d.Ü.)
Max Beerbohm (1872–1956), englischer Theaterkritiker, Humorist, Karikaturist und Parodist. (Anm. d.Ü.)
Bevor Sir Raymond Robert Tyrwhitt-Wilson (1855–1918), Geralds Onkel, den Titel »Baron Berners« erbte, hatte er bereits die sogenannte Baronetswürde inne. Ein Baronet ist anders als ein Baron kein Angehöriger des britischen Hochadels (peerage), sondern des niederen Adels (gentry) und hat damit kein Anrecht auf einen Sitz im House of Lords, dem britischen Oberhaus. (Anm. d.Ü.)
Aubrey Beardsley (1872–1898) war ein englischer Illustrator, der wesentlich an der Gestaltung der ästhetizistisch inspirierten Literatur- und Kunstzeitschrift The Yellow Book (1894–1897) beteiligt war; der Name der Zeitschrift geht auf das sogenannte »gelbe Buch« in Oscar Wildes Roman »Das Bildnis des Dorian Gray« zurück. In diesem gelben Buch, heißt es bei Wilde, zögen die Sünden der Welt an einem vorüber. (Anm. d.Ü.)
Am 5. November, dem Guy Fawkes Day, wird an das Scheitern des sogenannten »gun powder plot« von 1605 erinnert, als britische Katholiken versuchten, das versammelte Ober- und Unterhaus mitsamt dem König und der Königsfamilie in die Luft zu sprengen. Guy Fawkes war einer der Rädelsführer. (Anm. d.Ü.)
Gemeint ist hier offenbar »Das Lied von Hiawatha« des britischen Dichters Henry Wadsworth Longfellow (1807–1882), ein Versepos über das Leben von Hiawatha, den mythischen Mitbegründer des Irokesenbundes. (Anm. d.Ü.)
Dt. in etwa: »die Liebe, die nicht wagt, sich zu bekennen«. Es handelt sich um den Abschlussvers des Gedichts »Two Loves« von Alfred Douglas, dem Freund und Liebhaber Oscar Wildes; das Gedicht wurde im Prozess gegen Wilde als Beweismittel herangezogen. (Anm. d.Ü.)
Die aus Schilf oder Bambus geschnitzten Taubenpfeifen, auch Taubenflöten genannt, wurden zuerst im alten China angefertigt. Sie erzeugen während des Flugs einen pfeifenden Ton und waren ursprünglich dazu gedacht, die Tiere vor Raubvogelangriffen zu schützen. Heute kommen sie noch bei Schauflügen zum Einsatz. (Anm. d.Ü.)
Der Hund war nach der gemeinsamen Freundin und Schriftstellerin Lady Pansy Lamb benannt, der Ehefrau des Malers Henry Lamb.
Wie die italienischen Faschisten trugen auch die britischen Faschisten schwarze Hemden. (Anm. d.Ü.)
Der nämliche »Blick« aus dem Fenster erscheint bereits im Original auf Deutsch; Magda ist Magda Goebbels; »Kit« lautet der Spitzname von Oswald Mosley. (Anm. d.Ü.)
Thomas von Kempen (1379/80–1470), Mystiker und Autor des Erbauungsbuchs »De imitatione Christi«, nach der Bibel eines der am weitesten verbreiteten Bücher im ausgehenden Mittelalter. (Anm. d.Ü.)
John Heygate (1903–1976), Redakteur bei BBC News, später Romanautor
Otto Weininger (1880–1903), österreichischer Philosoph und Autor der Studie »Geschlecht und Charakter« (1903), die sich vor allem durch ihre Misogynie auszeichnet. (Anm. d.Ü.)
Gerald Berners nimmt hier Bezug auf Oxfords Beinamen, »the city of the dreaming spires«, die Stadt der träumenden Turmspitzen. (Anm. d.Ü.)
Der Kröterich Mr. Toad ist eine Figur aus Kenneth Grahames Kinderbuch »Der Wind in den Weiden«, die unter anderem eine Vorliebe für schnelle Autos auszeichnet; Wanda Landowska war eine polnische Cembalistin. (Anm. d.Ü.)
Und verwandelt den Planeten, der nach dem griechischen Gott des Krieges benannt ist, damit kurzerhand in den gleichnamigen Schokoriegel, der 1932 auf den Markt gekommen war. (Anm. d.Ü.)
Schottisches Gericht, für das ein Schafsmagen mit verschiedenen Innereien vom Schaf gefüllt wird. (Anm. d.Ü.)
David Herbert (1908–1995), Person des öffentlichen Lebens, Memoirenautor und Innenarchitekt. (Anm. d. Ü.)
Hollinghurst, Allan: »Pink Doves« (Kurzgeschichte), Festival Internazionale di Roma, 2006
Quennell, S. 138
Charles Duff im Gespräch
Dickinson, S. 78
Acton: More Memoirs of an Aesthete, S. 34
Hart-Davis, S. 120
Berners: »First Childhood«, in: Collected Tales, S. 5
Ebd.
Berners: unveröffentlichte Aufzeichnungen
Berners: »Far from the Madding War«, in: Collected Tales, S. 383
Carpenter, S. 102
Fielding: The Face on the Sphinx, S. 2
Sitwell, S. 180
Berners: »First Childhood«, in: Collected Tales, S. 82
Rowse, S. 48
Amory: Lord Berners, S. 73
Mary Gifford: »Lord Berners: Aspects of a Biography«, S. 30–31
Brief an Clarissa Churchill, 1941
Dickinson, S. 7
Berners: »First Childhood«, in: Collected Tales, S. 53
Berners, A Distant Prospect, S. 45
Berners: »First Childhood«, in: Collected Tales, S. 65
Ebd., S. 107
Berners: A Distant Prospect, S. 65
Berners: »First Childhood«, in: Collected Tales, S. 194
Ebd.
Berners: A Distant Prospect, S. 61
Berners: Dresden, S. 84
Ebd., S. 91
Ebd., S. 84
Brinnin, S. 354
Desmond Guinness: »At Home with a Musical Eccentric«, Irish Times, 23. Mai 1975
Stravinsky: Selected Correspondences, S. 153
Berners: »First Childhood«, in: Collected Tales, S. 46
Berners: The Château de Résenlieu, S. 1
Ebd., S. 18
Ebd., S. 41
Ebd., S. 62
Nancy Mitford: »Faringdon House«, House & Garden, August – September 1950
Harold Nicolson, S. 132
Berners: »Far from the Madding War«, in: Collected Tales, S. 392
Alan Wykes: »Lord Berners«, Music and Musicians, September 1982
Berners: »Percy Wallingford«, in: Collected Tales, S. 29
Gavin Bryars im Gespräch
Lane: »Lord Berners« (unveröffentlichte Abschlussarbeit)
Stravinsky: Selected Correspondences, S. 140
Constant Lambert: »The Musical Peer«, Einführung zu Osbert Lancasters »Uncommon People«, Strand Magazine, April 1947
Constant Lambert: »Tribute to Lord Berners«, BBC Radio 3, 16. Februar 1951
Stravinsky: Memories and Commentaries, S. 83
Dickinson: Lord Berners, S. 24
Grigoriev, S. 226
Gifford: »Lord Berners and the Triumph of Neptune«, S. 11
Ebd., S. 13
Gramophone, Dezember 1926
Fielding: The Face on the Sphinx, S. 2–3
Mary Gifford: »The Eccentric Lord Berners«, Vortrag im Rahmen des Wantage Festival, 2013
Wellesley: Far Have I Travelled, S. 134
William Crack im Gespräch mit Gavin Bryars
Ebd.
Ebd.
Amory: Lord Berners, S. 113
Kahan, S. 240
Glendinning: Vita Sackville-West, S. 350
Kahan, S. 252
Brett: »Musicality, Essentialism, and the Closet«, in: Brett, Wood und Thomas, S. 16–17
Christopher Wood in einem Brief an seine Mutter, in: Ingleby, S. 105 u. 162
Rose, S. 129
Alan Hollinghurst: »The Dandy in the Desert: Ronald Firbank After the War«, Graham Storey Lecture, 2012
Berners, in: Kyrle Fletcher, S. 145
Hobson, S. 146
Berners, in: Kyrle Fletcher, S. 149–150
Aberconway, S. 124–125
Acton: More Memoirs of an Aesthete, S. 42
Sitwell, S. 181
Amory: Lord Berners, S. 66
Heber-Percy, S. 21–22
Ebd., S. 32
Ebd., S. 18
Ebd., S. 20
Ebd., S. 30
Ebd., S. 18
Deirdre Curteis im Gespräch
Mitford, Ross et al. (Hg.), S. 22
Wheen, S. 27
Ebd.
Niven, S. 34
Heber-Percy, S. 118
Green, Martin, S. 27
Heber-Percy, S. 117
Carpenter, S. 172
Fielding: The Duchess of Jermyn Street, S. 124
Luke, S. 27
Jonathan Burnham im Gespräch
Houlbrook, S. 51
Tamagne, S. 46
Ackerley, S. 175
Meyrick, S. 22
Gardiner, S. 628
Luke, S. 31
Susanna Johnston im Gespräch
Diana Mosley: Loved Ones, S. 104
Berners: The Girls of Radcliff Hall, S. 39
Diana Mosley: Loved Ones, S. 104
Kopie eines Briefs von Gerald Berners an Cecil Beaton, Berners Archive, British Library
Diana Mosley: A Life of Contrasts, S. 105 sowie Edward James im Gespräch mit Gavin Bryars
Rose, S. 376
Dickinson, S. 78
Michael Duff, S. 94
Jonathan Burnham im Gespräch mit Mark Amory: Lord Berners, S. 127 und Anmerkung
Brief von Lord Berners an Cecil Beaton vom 15. Oktober 1933, Berners Archive, British Library
Henry James, S. 204
Dickinson, S. 74
Bridget Dickinson im Gespräch
Wheen, S. 76
Ebd., S. 54
Edward James im Gespräch mit Gavin Bryars
Mark Girouard: »Faringdon House, Berkshire: The Home of Mr Robert Heber-Percy«, Country Life, 12.–19. Mai 1966
Nancy Mitford: Englische Liebschaften, S. 66
Rose, S. 376
Nancy Mitford: »Faringdon House«, House & Garden, August – September 1950
Alan Wykes: »Lord Berners«, Music and Musicians, September 1981
Owen, S. 70
Berners: »The Romance of a Nose«, in: Collected Tales, S. 304
Rowse, S. 62,
Nancy Mitford, a.a.O.
Berners: unveröffentlichte Aufzeichnungen
Stravinsky: Memories and Commentaries, S. 84
Rose, S. 376
Berners: »First Childhood«, in: Collected Tales, S. 29
Interview mit Berners, in: Liliput, Jg. 24, Nr. 1, Januar 1949
Derek Jackson im Gespräch mit Gavin Bryars
Wilson, S. 109
Kavanagh, S. 211
Cyril Connolly: Enemies of Promise, S. 34
Interview mit Diana Mosley, in: Dickinson, S. 91
John Betjeman: »Lord Berners: 1883–1950« (Nachruf), Listener, 11. Mai 1950
Harris, S. 291
Diana Mosley: A Life of Contrasts, S. 191
Dickinson, S. 105
Carpenter, S. 263
Wilson, S. 104
Berners: unveröffentlichte Aufzeichnungen
Gavin Bryars: »The Versatile Peer«, Guardian, 22. Februar 2003
Gespräch mit Harold Acton, in: Dickinson, S. 56
Ch. Mosley: The Mitfords, S. 86
Ebd., S. 75
Mulvagh, S. 47
Byrne, S. 131
Ebd.
Ebd., S. 147
Ebd., S. 176
Ebd., S. 185
Mulvagh, S. 41
Luke, S. 91
John Betjeman: »Lord Berners: 1883–1950« (Nachruf), Listener, 11. Mai 1950
Glendinning: Edith Sitwell, S. 104
Vickers: Cecil Beaton, S. 74
Evelyn Waugh: »Footlights and Chandeliers«, Spectator, 21. Juli 1961
Deirdre Curteis im Gespräch
Vickers: Cecil Beaton, S. 183
Alan Pryce-Jones: Adam International Review, Nrn. 385–390, 1. Januar 1974
Fielding: The Duchess of Jermyn Street, S. 170
Ebd., S. 174
Ebd.
Dickinson, S. 185
Fielding: The Duchess of Jermyn Street, S. 170
Vickers: Cecil Beaton, S. 161
Hugo Vickers: unveröffentlichtes Tagebuch
Vickers: Cecil Beaton, S. 162
Ebd.
Vickers, a.a.O.
Thomson, S. 75
Ebd.
Daphne Fielding: »Spirit of Ecstasy«, Harpers & Queens, 1989
Thomson, S. 159
Amory: Lord Berners, S. 148
John Byrne: Vorbemerkung in Berners, The Girls of Radcliff Hall, S. vii
Devonshire, S. 41
Ben Macintyre: »Those Utterly Maddening Mitford Girls«, The Times, 12. Oktober 2007
Diana Mosley: A Life of Contrasts, S. 267
Ebd.
Gardiner, S. 433
Green, S. 322
Devonshire, S. 41
Deirdre Curteis im Gespräch
Gardiner, S. 439
Luke, S. 91
Robert Heber-Percy im Gespräch, in: Dickinson, S. 79
Berners: unveröffentlichte Aufzeichnungen
Acton: More Memoirs of an Aesthete, S. 31
Woolf, Virginia: Orlando, S. 9
Lees-Milne: Prophesying Peace, S. 24
Sitwell, S. 181
Diana Mosley: A Life of Contrasts, S. 97
Harold Nicolson: »Marginal Comment«, Spectator, Jg. 185, 12. Oktober 1950
Nichols: The Sweet and Twenties, S. 158
Woolf: »Bin ich ein Snob?«, in: Augenblicke des Daseins. Autobiographische Skizzen, S. 115
Richardson, S. 47
Amory: Lord Berners, S. 161
Dickinson, S. 95
Ebd., S. 94
Constant Lambert: Einführung in ein Konzert mit Kompositionen von Lord Berners, BBC Radio 3, 16. Februar 1951
Berners: »First Childhood«, in: Collected Tales, S. 66
Noel Annan: »The Camel at the Door«, New York Review of Books, 7. Oktober 1999
Glendinning: Vita, S. 311
Berners: »Far from the Madding War«, in: Collected Tales, S. 385
Gibson, S. 72
Richardson, S. 291
Robert Heber-Percy im Gespräch, in: Dickinson, S. 107
Ebd.
Cohen, S. 138
Gibson, S. 191
Edward James, S. 2
Gibson, S. 241
Edward James im Gespräch mit Gavin Bryars
Amory: Lord Berners, S. 160
Richardson, S. 296
Dickinson, S. 33
Stein, S. 348
Nichols: Are They the Same at Home?, S. 50
Kavanagh, S. 211
Berners: unveröffentlichte Aufzeichnungen
Sitwell, S. 178
Glendinning: Edith Sitwell, S. 26–28
Sitwell, a.a.O.
Motion, S. 187
Salter, S. 78
Buckle, S. 42
Rose, S. 358
Cyril Connolly: Previous Convictions, S. 282
Rose, S. 184
Malcolm, S. 159
Stein, S. 348ff.
Malcolm, S. 64
Jack Fox im Gespräch
Toklas, S. 285 bzw. 283
Sturgis, S. 601
Christopher Hussey: »Oare House, Wiltshire, The Property of Mr Geoffrey Fry«, Country Life, Jg. LXIII, Nr. 1625, 10. März 1928
Byrne, S. 110
Taylor, S. 61
Davie, S. 300
Brief an Harold Acton, in: Amory, The Letters of Evelyn Waugh, S. 38
Janette Parlade im Gespräch
Cressida Connolly im Gespräch
Francis Wyndham im Gespräch
Amory (Hrsg.): The Letters of Evelyn Waugh, S. 51
Ebd.
Martin Green, S. 241
Francis Wyndham im Gespräch
Hastings, S. 73
Taylor, S. 203
Francis Wyndham im Gespräch
Cressida Connolly: Nachruf auf Jennifer Ross, Independent, 19. Dezember 2003
Cressida Connolly im Gespräch
Lewis, S. 200
Jack Fox im Gespräch
Jack Fox im Gespräch
Haste, S. 28
Amory: Lord Berners, S. 177
Kavanagh, S. 245
Lees-Milne: Diaries, 1942–1954, S. 10
de Gaury, S. 18
Ebd., S. 174
Isaiah Berlin, zitiert nach Lloyd-Jones, S. 18
Haste, S. 38
Lewis, S. 107
Carpenter, S. 97
Berners: unveröffentlichte Aufzeichnungen
Diana Mosley: A Life of Contrasts, S. 155
Olson, S. 186
Haste, S. 54
Brief von Ann O’Neill (später Fleming) an Gerald Berners, in: Berners Archive, British Library
Billa Harrod im Gespräch mit Gavin Bryars
Ebd.
Rowse, S. 51
Berners: »Far from the Madding War«, in: Collected Tales, S. 417
de Gaury, S. 44
Ebd., S. 174
Ebd., S. 21
Andrew Crowden in seiner Trauerrede auf Robert Heber-Percy
Francis Wyndham im Gespräch
Feigel, S. 4
Olson, S. 194
Ross, S. 142
Larkin, S. 11
Berners: »Far from the Madding War«, in: Collected Tales, S. 406
Haste, S. 53
Kavanagh, S. 206
Francis Wyndham im Gespräch
Charlotte Mosley: The Mitfords, S. 183
Wilson, S. 145
Skelton, S. 218
Sheldon, S. 80
De-la-Noy, S. 137
Billa Harrod im Gespräch mit Gavin Bryars
Haste, S. 33
Ebd., S. 34
Ebd., S. 42
Clarissa Eden im Gespräch
Haste, a.a.O.
Lord Berners: »Private Opinion Poll«, Lilliput, Jg. 24, Nr. 1, Januar 1949
Clarissa Eden im Gespräch
Rowse, S. 61
David Cecil im Gespräch mit Gavin Bryars
Sir Thomas Armstrong in einem Interview, BBC Radio 3, 11. Dezember 1992
Haste, a.a.O.
Acton: Memoirs of an Aesthete, S. 139
Rowse, S. 290
Amory: Lord Berners, S. 36
Prieto: Paintings and Drawings
Heber-Percy, S. 119
Clarissa Eden im Gespräch
Rowse, S. 72
Clarissa Eden im Gespräch
Diana Mosley: A Life of Contrasts, S. 173
Kahan, S. 364
Sweet, S. 115ff.
Haste, S. 60
Vickers: Cecil Beaton, S. 248
Ebd. S. 217
Leonard Mosley, S. 183
Cannadine, S. 635
Hastings, S. 158
Nancy Mitford: »Faringdon House«, House & Garden, August – September 1950
Fielding: Mercury Presides, S. 210
Amory: Lord Berners, S. 194
Gardiner, S. 552
Crisp, S. 160
Nachruf auf Michael Luke, Independent, 19. April 2005
Luke, S. 174
Sheldon, S. 63
Lewis, S. 398
Brief von Elizabeth Bowen an Charles Ritchie, in: Glendinning (Hg.): Loves’s Civil War, S. 51
Muggeridge, S. 104
Rowse, S. 72
Oxford Magazine, 4. Juni 1942
Joy Skinner im Gespräch
Dickinson, S. 17
Jack Fox im Gespräch
Francis Wyndham im Gespräch
Artemis Cooper: A Durable Fire, S. 310
Clarissa Eden im Gespräch
Niven, S. 230
Ebd., S. 44
Victoria Zinovieff im Gespräch
Billa Harrod im Gespräch mit Gavin Bryars
Charles Duff im Gespräch
Hill, S. 173
Hastings, S. 141
Diana Mosley: A Life of Contrasts, S. 178
Ebd., S. 181
Ebd.
Sheldon, S. 115
Lees-Milne: Prophesying Peace, S. 53
Ebd., S. 54
Brief an Roy Harrod aus Billa Harrods privaten Unterlagen, undatiert
Amory: Lord Berners, S. 218
Nachruf auf Michael Luke, Daily Telegraph, 11. April 2005
Luke, S. 172
Nachruf auf Michael Luke, a.a.O.
Francis Wyndham im Gespräch
Clarissa Eden im Gespräch
Francis Wyndham im Gespräch
Amory: Lord Berners, S. 220, nimmt Bezug auf Glendinning: Portrait of a Writer
Cyril Connolly: Horizon, Jg. 15–16, August 1947
Glendinning (Hrsg.): Love’s Civil War, S. 100
Constant Lambert: »The Musical Peer«, Vorbemerkung zu Osbert Lancasters »Uncommon People«, Strand, April 1947, S. 62
Billa Harrod im Gespräch mit Gavin Bryars
Nancy Mitford: Englische Liebschaften, S. 85
Diana Mosley: Loved Ones, S. 102
Amory: Lord Berners, S. 232
Vickers: Cecil Beaton, S. 462
Billa Harrod im Gespräch mit Gavin Bryars
Lewis, S. 413
Quennell, S. 137
Diana Mosley: A Life of Contrasts, S. 200
Amory: Lord Berners, S. 224
Ebd.
Diana Mosley im Gespräch mit Gavin Bryars
Niven, S. 247
Cyril Connolly: London Magazine, Februar – März, 1975
Treglown, S. 53
Feigel, S. 44
Ebd., S. 92
Charlotte Mosley: The Letters of Nancy Mitford, S. 254
Terry Southern: »Henry Green, The Art of Fiction No. 22«, Paris Review, Sommer 1958
Ross, S. 196
Lewis, S. 248
Diana Mosley: Loved Ones, S. 128
Berners in einem Brief an William Plomer
Charlotte Mosley: The Mitfords, S. 260
Diana Mosley in einem Brief an Lady Redesdale, zitiert nach Amory: Lord Berners, S. 235
Elizabeth Bowen in einem Brief an Charles Ritchie, zitiert nach Glendinning, a.a.O., S. 126
Beaton: The Happy Years, S. 130
Diana Mosley: Loved Ones, S. 130
Clarissa Eden im Gespräch
Diana Mosley in einem Brief an Lady Redesdale, zitiert nach Amory, a.a.O., S. 235
Robert Heber-Percy, Briefentwurf an unbekannten Adressaten, persönliche Unterlagen
Diana Mosley in einem Brief an Lady Redesdale, zitiert nach Amory, a.a.O.
Diana Mosley: Loved Ones, S. 131
John Betjeman: Nachruf auf Lord Berners, Listener, 11. Mai 1950
Nachruf auf Lady Dorothy Heber-Percy, Daily Telegraph, 17. November 2001
Daily Express, 30. November 1950
Skelton, S. 97
Ebd., S. 98
Betty (Garths Witwe) im Gespräch
Charles Duff im Gespräch
Susan Hazel im Gespräch
Candida Lycett Green im Gespräch
Deirdre Curteis im Gespräch
Robert Brain im Gespräch
Francis Wyndham im Gespräch
Vickers: The Unexpurgated Beaton Diaries, S. 371
Cressida Connolly im Gespräch
Jennifer Ross: unveröffentlichte Aufzeichnungen
Thynne, S. 21
Zinovieff, S. 304 f.
Maureen Cleave: »The Performance at the Bottom of Mr Zinovieff’s Garden«, Evening Standard, 11. Januar 1968
Barbara Gilmore im Gespräch
Desmond Ball im Gespräch
Susanna Johnston im Gespräch
Ebd.
Judith Webb im Gespräch
Jack Fox im Gespräch
James Skinner im Gespräch
Jack Fox im Gespräch
Candida Lycett Green im Gespräch
Jonathan Burnham im Gespräch
Taylor, S. 110
Motion, S. 336
Ebd., S. 351
Candida Lycett Green, »The Way Home«, Blog: www.candidalycettgreen.co.uk, Zugriff: April 2010
Nachruf auf Lady Dorothy Heber-Percy, Daily Telegraph, 17. November 2001
Amory: Lord Berners, S. 141
Mark Amory im Gespräch
Interview mit Robert Heber-Percy, in: Dickinson, S. 86
Beaton: The Happy Years, S. 130
Hugo Vickers im Gespräch
Vickers: The Unexpurgated Beaton Diaries, S. 361
Martin Webb im Gespräch
Vickers, a.a.O., S. 374
Ebd.
Hugo Vickers im Gespräch
Byrne, S. 163
Jennifer Ross: unveröffentlichte Aufzeichnungen
Cressida Connolly im Gespräch
Jonathan Gathorne-Hardy im Gespräch
Jennifer Ross, a.a.O.
Jonathan Burnham im Gespräch
Susanna Johnston im Gespräch
Ebd.
Joy Skinner im Gespräch
Victoria Zinovieff im Gespräch
Candida Lycett Green im Gespräch
Deirdre Curteis im Gespräch
Nancy Mitford: »Faringdon House«, House & Garden, August – September 1950
Joy Skinner im Gespräch
Mario Testino im Gespräch
Rose, S. 376
Victoria Zinovieff im Gespräch
Devonshire, S. 132
Victoria Zinovieff im Gespräch
Devonshire, S. 155
Victoria Zinovieff im Gespräch
Lady Joanna Mersey im Gespräch
Francis Wyndham im Gespräch
Robert Brain im Gespräch
Janetta Parlade im Gespräch
Sarah Gibb im Gespräch
Für Vassilis
☜Der Salon von Faringdon: Porträt von Robert Heber-Percy in jungen Jahren; Porträt von Lord Berners mit einem Hummer, von Gregorio PrietoPrieto, Gregorio; Jennifers Handtasche auf dem Sessel und eine der pinkfarbenen Tauben
CH WAR SIEBZEHN, als meine Mutter mich zum ersten Mal mit zu ihrem Vater nahm. Ich wusste, dass sie nicht viel für ihn übrig hatte, dass er homosexuell war und ein beeindruckendes Haus besaß. Von London aus waren es mit dem Auto weniger als zwei Stunden Fahrt bis in die Grafschaft von Oxfordshire. Als wir die Kleinstadt Faringdon erreichten, war ich voller Vorfreude. Wir näherten uns der Kirche und fuhren durch ein altes Steintor auf einen fast unheimlich anmutenden dunklen, heckengesäumten Zufahrtsweg. Das Städtchen lag hinter uns. Zwischen den Bäumen öffnete sich unerwartet ein spektakulärer Blick auf die weitläufige Landschaft. Nach einer schwungvollen Rechtskurve hielten wir unversehens vor dem Haus, einem quadratischen grauen Gebäude, herrschaftlich, ohne einschüchternd zu wirken, mit dem verspielten Charme eines gregorianischen Puppenhauses.
Der Schotter knirschte mondän, und voller Staunen sah ich, als handle es sich um eine Sinnestäuschung, einen Schwarm regenbogenfarbener Vögel auffliegen: blaue, grüne, orange, pinke und violette Tauben zogen ein paar majestätische Runden über dem Haus, bevor sie unweit von uns landeten und sich prosaisch daranmachten, tote Insekten aus dem Profil der Reifen unseres Wagens zu picken. Meiner Mutter zufolge hatte Lord Berners die Tradition der gefärbten Tauben schon vor Jahrzehnten eingeführt. Ich hatte einiges über ihn herausgefunden, allem voran, dass mein Großvater Robert sein Lebensgefährte und er selbst Komponist, Maler, Schriftsteller und ein Exzentriker gewesen war. Robert hatte Faringdon House von ihm geerbt. Die Glanzzeit der beiden lag in den Dreißigerjahren, als der Ästhet Gerald Berners aus Faringdon House ein Paradies für die Sinne machte. Hier wurden den Geistesgrößen, Schönheitsgöttinnen und Konversationsgenies ihrer Zeit die erlesensten Speisen kredenzt. Zu den Gästen zählten die MitfordsMitford-Schwestern, die SitwellsSitwell-Familie, aber auch Igor StrawinskyStrawinsky, Igor, Gertrude SteinStein, Gertrude (1874–1946), Salvador DalíDalí, Salvador (1904–1989), H.G. WellsWells, H.G., Frederick AshtonAshton, Frederick (1904–1988) und Evelyn WaughWaugh, Evelyn (1903–1966). Meine Mutter konnte sich für den Glamour und die berühmten alten Freunde nicht begeistern. Faringdon – das war für sie Snobismus, schlechtes, affektiertes Benehmen, mangelnde Liebe und Zuneigung. Sie hatte diese Welt so weit wie möglich hinter sich lassen und ihre Kinder vor ihr schützen wollen.
Robert ging auf die siebzig zu. Er stand unter dem kleinen Säulenvordach mit dem Kristallleuchter, in einem gut sitzenden Anzug, Drink und Zigarette in der Hand, zu seinen Füßen ein massiger Boxer. Stahlgraues Haar fiel ihm in die Stirn, die struppigen Augenbrauen standen in einem verwegenen Winkel über der Nasenwurzel. Ich gab ihm zur Begrüßung einen Kuss, auch wenn wir uns noch nie begegnet waren. Schließlich waren wir miteinander verwandt. Damals wusste ich noch nicht, dass man ihn seit vielen Jahren »Mad Boy« nannte. In seiner Miene lag tatsächlich etwas Boshaftes, und sein Lachen klang wie heiseres Gebell. Er hat sich insgeheim bestimmt amüsiert, als wir ihm unsere Begleiter vorstellten. Meine Mutter war damals fünfunddreißig und ihr Freund um einiges jünger, bei mir war es umgekehrt; man schrieb das Jahr 1979. Für Robert gaben wir bestimmt eine gute Anekdote ab, mit der er bei den nächsten Wochenendgästen punkten konnte.
Wir betraten das Vestibül mit den vielen Gemälden und Pflanzen, gingen unter der Doppeltreppe hindurch, die über unseren Köpfen zu einer ungewöhnlichen brückenartigen Konstruktion zusammenlief, und gelangten schließlich in den Salon. Er lag nach hinten hinaus und erstreckte sich über die gesamte Länge des Hauses. Die eine Hälfte des Raumes war in lichten Farben gehalten, die andere in Dunkelgrün, es war hier so hell, als befänden wir uns in großer Höhe, und durch fünf große Fenster blickten wir über die Themse-Niederung bis hinüber zu den Cotswolds, die am Horizont im Dunst verschwammen. Zur einen Seite hin führte eine baumbestandene Senke zu einem See mit einer steinernen Brücke, zur anderen weideten Kühe im hohen Gras jenseits des Ha-Has.
Robert servierte Champagner in Zinnkrügen, während wir den Raum auf uns wirken ließen. Er war voller Gegenstände, die aus Lord Berners’ Tagen stammten: Spiegel in verschnörkelten Goldrahmen, Gobelins aus Aubusson, eine bemalte Chaiselongue, ein Flügel, antike Globen, ausgestopfte Vögel unter Glasstürzen und eine Sammlung alter mechanischer Aufziehspielzeuge. Bouquets aus langstieligen Gartenblumen schmückten den Raum, und an den Wänden hingen dicht an dicht Gemälde, darunter mehrere CorotsCorot, Jean-Baptiste Camille und eine Reihe von Landschaftsmalereien ähnlich zurückgenommenen Stils, die Gerald gemalt hatte.
Auf einem vergoldeten Rokoko-Sessel lag eine Handtasche aus Korbgeflecht in Form eines Fisches, der Griff war aus Bambus. »Die hat deiner Großmutter Jennifer gehört«, sagte Robert zu mir und lächelte. »Sie hat sie vergessen, als sie Faringdon verließ, und seitdem liegt sie dort.« Wie so oft in Faringdon blieb unklar, ob es sich um einen Scherz handelte. Ein Holzschild an der Haustür verlangte: »HÜTE MÜSSEN OHNE AUSNAHME ABGESETZT WERDEN«, Schilder im Garten warnten: »AGAPANTHUS BETRETEN VERBOTEN!« oder: »WER DIESES SCHILD MIT STEINEN BEWIRFT, WIRD STRAFRECHTLICH BELANGT«. Robert deutete auf ein ungerahmtes Porträt von Jennifer, das an der Wand lehnte und ebenfalls von Gerald stammte: eine junge Frau mit vollen roten Lippen, rosigen Wangen und schwungvoll frisiertem brünettem Haar.
Jennifer, porträtiert von Gerald
Aus dunkel schimmernden Augen blickt sie fragend zur Seite. Gerald hat nicht mit Liebreiz gegeizt, Jennifer sieht umwerfend aus, aber nicht glücklich. Vielleicht hatte sie Faringdon tatsächlich so überstürzt verlassen, dass sie ihre Handtasche vergaß?
Die viktorianische Spieluhr im Vestibül rief zum Lunch, und Robert wies uns mit einer gewissen Förmlichkeit unsere Plätze an dem runden Tisch im Esszimmer zu. Hier begegnete ich RosaProll, Rosa (gest. 2010) zum ersten Mal. Die österreichische Hausangestellte lebte schon seit vielen Jahren in Faringdon, und es hieß, dass sie alljährlich HitlersHitler, Adolf Geburtstag feierte. Ihr dunkles Haar mit den grauen Strähnen trug sie in einem strengen Dutt, und ihre Wangen waren gerötet. Obwohl sie einen etwas verwirrten Eindruck auf mich machte, begriff ich rasch, dass sie die Geschicke des Hauses fast so sehr bestimmte wie Robert.
Die ledige und äußerst arbeitsame RosaProll, Rosa (gest. 2010) schloss abends, wenn sich die Gäste zurückgezogen hatten, die hölzernen Fensterläden im Salon, bevor sie als Letzte ins Bett ging, und morgens stand sie als Erste wieder auf, machte Feuer (sogar im Sommer, sobald ein auch nur andeutungsweise frisches Lüftchen ging) und bereitete das reichhaltige Frühstück vor. Ihre Hände waren rot und geschwollen, aber zu herrlichen Dingen imstande – Rosa hatte ein exquisites Mahl für uns zubereitet.
Wenn ich an jenen warmen Julitag zurückdenke, kommen mir kalte pochierte Seezungenfilets an sahniger Meerrettich-Sauce und winziges Gartengemüse in den Sinn. Die wachteleigroßen, in Butter geschwenkten Frühkartoffeln und die Karotten mit ihren grünen Strünkchen hätten auch auf einen Puppenteller gepasst. Als Dessert gab es Summer Pudding, dessen Beerenfüllung die Sahne auf unseren Tellern blutrot färbte. Robert als Zeremonienmeister forderte den jeweils nächsten Gang an, indem er eine unter dem Tisch angebrachte elektrische Klingel betätigte, und bat die Damen, sich in absteigender Altersfolge von der Anrichte zu bedienen. Sobald wir wieder auf unseren Plätzen saßen, waren die Herren an der Reihe. Wir tranken lieblichen Weißwein, zwischen den Gängen rauchte Robert und füllte nach und nach den gläsernen Aschenbecher mit dem geätzten Rennpferdmotiv, der in gleicher Ausführung vor jedem Gedeck stand. Der Humor meines Großvaters war gewagt, ständig machte er provokante Bemerkungen, vergaß dabei aber nie die Etikette. Ich nahm an, dass es schon immer so gewesen war, jedenfalls schienen sich seine Umgangsformen über einen langen Zeitraum bewährt zu haben.
Am Nachmittag spazierten wir durch den Park. In der Orangerie aus dem 18. Jahrhundert hingen zahllose Spiegel und großformatige Ölgemälde. »Geralds Vorfahren«, erläuterte Robert und fügte hinzu, dass Lord Berners nicht zu viele hochmütige Ahnen um sich haben wollte, weswegen er den ein oder anderen erst in die Stallungen und dann in die Orangerie verbannt habe. Zwar kroch Schimmel an der Krinoline einer der ausgestoßenen Damen hinauf, aber der Gesamteindruck war so bezaubernd, als müsste das so sein. Betörender Engelstrompetenduft schwängerte die Luft. Einst hatte man aus der giftigen Pflanze halluzinogene Liebes- und Hexentrünke gebraut. Vor der Orangerie befand sich ein Lilienteich, aus dessen Mitte ein backenbärtiger Gentleman ragte – »als wäre er der Kapitän eines […] gesunkenen Schiffs, der nun allein an Deck steht, auf ewig in Habachtstellung, das Wasser bis zum Kinn«.[1]»General HavelockHavelock, General«, erklärte Robert und deutete auf den degradierten Militär. Eines zeichnete sich jetzt schon ab: Faringdon war über Wichtigtuerei und ironiefreie Prunksucht erhaben und wartete mit immer neuen Überraschungen auf.
An diesem Nachmittag fuhr Robert uns in seinem Range Rover zu Geralds Folly[1]. Er war ein unglaublich lausiger Fahrer, andere Autos schienen für ihn nicht zu existieren. Er bog von der Straße auf einen unbefestigten Weg, bretterte unbekümmert über die Bodenwellen, rauchte und redete. Gerade noch rechtzeitig kam er vor ein paar überraschten Spaziergängern, die mit ihren Hunden unterwegs waren, zum Stehen. Robert deutete auf einen hohen Backsteinturm hinter den Kiefern. »Den hat Gerald zu meinem einundzwanzigsten Geburtstag erbauen lassen«, sagte er. »Ich sagte ihm, ich hätte lieber ein Pferd gehabt.« Er kramte einen Schlüssel hervor, und schon stiegen wir die knarrende Holztreppe bis zu einem kleinen Raum hinauf. Von hier aus gelangte man über eine Falltür auf die zinnenbewehrte Aussichtsplattform. Über die Wipfel der Bäume bot sich nach allen Seiten eine herrliche Aussicht. Man übersah mehrere Grafschaften, von den Cotswolds im Norden bis zu den Berkshire Downs im Süden, wo die kreideweiße Silhouette einer riesigen prähistorischen Gestalt über die grünen Hügel galoppierte: das Weiße Pferd von Uffington[2].
Am frühen Abend zogen wir uns zurück, um uns für das Dinner umzuziehen. Als unverheirateten Paaren wurden uns getrennte Gemächer zugeteilt, ich bekam das Kristallzimmer mit seinem mit Kristallsteinen und cremefarbenem Chiffon verzierten Himmelbett samt gläsernen Eckpfosten. Ich legte mich auf die samtene Tagesdecke und ließ die kuriose Tatsache auf mich wirken, dass ich in einem Bett lag, in dem einst Gäste wie Igor StrawinskyStrawinsky, Igor und Nancy MitfordMitford, Nancy (1904–1973) geschlafen hatten. Nancy Mitford hatte viel für Lord Berners und Faringdon übriggehabt. In ihrem Roman »Englische Liebschaften« lässt sie Gerald in Gestalt eines gewissen Lord Merlin auftreten, über dessen Haus Merlinford es heißt: »Es war ein Haus zum Wohnen, kein Unterschlupf, aus dem man tagein, tagaus Feinden oder Tieren auflauerte. Für einen Junggesellen oder ein Ehepaar mit einem, allenfalls zwei schönen, klugen, zarten Kindern war es gerade richtig.«
Mein Zimmer lag nach vorne hinaus, wo eine weite Rasenfläche in makellosen grünen Streifen auf die Kirche zuführte. In den schütteren Kiefern krächzten die Saatkrähen, es dämmerte allmählich. Ich hatte ein eigenes Badezimmer, dessen Wandmalereien mich an Henri Rousseau erinnerten. Badewanne und Waschbecken waren rosa. Im duftenden Schaumbad fühlte ich mich wie in einer Bambushütte: Tropische Blumen und Vögel belebten die Dschungel-Fantasie, und während sich eine Expeditionsreisende aus dem 19. Jahrhundert ihren Weg durch das Unterholz bahnte, schaute ein freundliches schwarzes Gesicht zu mir herein.
An jenem ersten Wochenende fiel mir ein großes Fotoalbum in die Hände, das einigermaßen willkürlich mit unbeschrifteten Bildern aus den Dreißiger- und Vierzigerjahren bestückt war. Ich erkannte kaum jemanden, auch wenn offensichtlich viele Schönheiten und Berühmtheiten abgelichtet worden waren – im Badeanzug am Strand in Italien, im Abendkleid in Faringdon, zumeist in skurrilen Posen, an Leitern lehnend, halb verborgen hinter üppigen Pflanzen. Sie mussten sich prächtig amüsiert haben.
Eine Schwarz-Weiß-Fotografie stach mir sofort ins Auge. Der Fotograf Cecil BeatonBeaton, Cecil (1904–1980), ein regelmäßiger Gast des Hauses, hatte das Familienporträt im grünen Teil des Salons aufgenommen.
Cecil BeatonsBeaton, Cecil (1904–1980) Gruppenporträt von Gerald, Robert, Jennifer und VictoriaZinovieff, Victoria Gala Heber-Percy (geb. 1943) im Salon, 1943
Elegant und kapriziös wirkt Jennifer in ihrem figurbetonten Sommerkleid, mit ihrer perfekten Frisur und den geschminkten Lippen erinnert sie an Ava Gardner. Robert blickt an dem Fotografen vorbei. Er ist leger gekleidet, mit Pullover und in Gummistiefeln, als komme er gerade aus den Stallungen. In seinen Armen hält er einen Säugling in weißer Spitze, man erkennt den Trauring an seiner Hand. Links im Bild, im Halbschatten, sieht man eine rundliche, großväterliche Figur mit zwergenhaftem Profil. Der Mann sitzt auf dem Sofa, im Anzug, mit Slippern und einer Kappe, und liest. Alles erinnert an typische Porträts privilegierter Familien: Schnittblumen, ein Porträt von Henry VIIIHenry VIII., goldgerahmte Spiegel an dunklen Wänden, und ein gekonnt im Vordergrund platzierter Hahn, Symbol für Extravaganz, Überheblichkeit oder auch Untreue.
Es ist zwar ein Allgemeinplatz, dass Bilder lügen, aber wie sehr diese Fotografie den Betrachter zu täuschen vermag, ist erstaunlich. 1943 war Krieg, und die US-Army hatte sich in Faringdon einquartiert. Der vermeintliche Großvater ist Lord Berners, und der Vater des Kindes Mad Boy – seit über zehn Jahren sein Geliebter.
Die beiden Männer hätten unterschiedlicher kaum sein können: Gerald war ein untersetzter, sensibler und nicht mehr ganz junger Intellektueller, der noch im Viktorianischen Zeitalter zur Welt gekommen war und Monokel und Gamaschen trug. Ihm ist anzusehen, dass er sich auf Botschafts- und Salonempfängen genauso wohlfühlte wie in der Welt des Balletts und Theaters. Robert dagegen war körperbetont und alles andere als ein Akademiker, ein junger Hitzkopf, der Nachtclubs und Cocktails geistigen Aktivitäten vorzog und gern im Adamskostüm über die Wiesen galoppierte. Wenn beide zu einer Zeit, als Homosexualität noch unter Strafe stand, ein ungewöhnliches Paar abgaben, so war die Tatsache, dass mit Jennifer Fry 1942 eine schwangere Frau in Faringdon einzog, noch erstaunlicher. Sie war eine jener Königinnen der Nacht, die man im Gargoyle Club in Soho antraf, bekannt für ihren Stil und ihren Charme. Der Schauspieler David NivenNiven, David (1910–1983) erklärte, es habe in ganz Hollywood kein schöneres Paar Beine gegeben. Einmal soll Jennifer beim Verlassen des Ritz an heikler Stelle ein Gummibündchen gerissen sein, worauf sie nonchalant aus ihrem Höschen stieg und das seidene Etwas einfach auf dem Gehweg liegen ließ. Sie war nicht weniger impulsiv und begierig auf erotische Abenteuer als Robert. Was mochte sie dazu bewogen haben, einen Mann zu heiraten, der engen Beziehungen mit Argwohn begegnete und Männern ganz offensichtlich den Vorzug gab? Wie ist es wohl für sie gewesen, mit Robert und Gerald in einer Ménage-à-trois zu leben? In späteren Jahren hielt sich Jennifer im Hinblick auf ihre kurze Ehe und ihre Zeit in Faringdon bedeckt, allerdings sagte sie, Gerald sei stets »sehr freundlich« gewesen.
Ich erinnere mich gut daran, wie sehr es mich beeindruckte, in die sonderbare und schillernde Welt meines Großvaters einzutauchen, den ich erst so spät kennengelernt habe. Was er wohl von mir hielt? Ein Blick auf mein Secondhand-Outfit, meine Turnschuhe, mein hüftlanges Haar, und ihm muss klar gewesen sein, dass ich aus einer völlig anderen Welt kam als er. Meine Eltern hatten sich scheiden lassen, als ich elf war, inzwischen lebte ich bei meinem Vater, der in unserem Haus in Putney, London, das erste Tonstudio für elektronische Musik in Großbritannien betrieb. Wenn ich in den Siebzigerjahren von der Schule nach Hause kam, saßen nicht selten irgendwelche Popmusiker oder Avantgardekomponisten in unserer Küche und aßen zu Mittag, bevor sie sich im Kellerstudio wieder an die Arbeit machten. Die kleinwagengroßen Computer und die Vorläufer moderner Synthesizer mit ihren Hunderten von Knöpfen und Kabeln jaulten und heulten, was das Zeug hielt. In meiner Kindheit verbrachten wir jeden Urlaub, sommers wie winters, auf einer abgelegenen Hebriden-Insel, in einem Haus ohne Strom und Telefon. Wir lasen viel, machten lange Spaziergänge, gingen auf Fossiliensuche – mein Vater war in seinem früheren Leben Geologe gewesen – und campten an menschenleeren Stränden. Ich war ein komisches Zwischenwesen. Einerseits war ich eins der »ungezogenen« Mädchen, die in der Schule Ärger machten, bei den Fahrradunterständen rauchten und Sicherheitsnadeln im Ohr trugen, andererseits spielte ich Schubert, las Dostojewski und konnte diverse Kuchen aus dem Kochbuch meiner russischen GroßmutterSkipwith, Sofka backen – und zwar mit links.
Was das Landhausleben, die Jagd und den Reitsport anging, Dinge, die in Roberts Leben eine große Rolle spielten, war ich völlig unbeleckt. Dass mein Großvater wohlhabend und privilegiert war, ein sogenannter Lord of the Manor, ausgestattet mit all den undurchschaubaren Rechten und Pflichten, die mit diesem Titel einhergingen, beeindruckte mich herzlich wenig. Und doch war ich hin und weg: In dem Moment, als wir durch das Tor des Anwesens fuhren, trat ich in eine mir fremde, aber ungeheuer verlockende Welt. Das Tor war dem Wandschrank voller Pelzmäntel, durch den man nach Narnia gelangt, nicht unähnlich. Auch in Faringdon gab es seltsame Wesen und die kuriosesten Dinge. Am Ende meines ersten Besuchs trug ich mich in das Gästebuch ein. Ich hatte keinen Schimmer, ob ich je wiederkommen würde. Wie hätte ich auch ahnen können, dass Robert acht Jahre später sterben und ich sein Anwesen erben würde?
ACH ROBERTS TOD waren die Geister der Vergangenheit in Faringdon geradezu übermächtig. Gerald war zweifellos der Genius Loci, aber mich beschäftigte die Frage, welch rätselhaftes Geschick Robert und Jennifer unter seinem Dach zusammengebracht haben mochte. Und ob es mir nun gefällt oder nicht: Auch ich wurde Teil ihrer Geschichte. Fünfundzwanzig Jahre mussten vergehen, bis ich endlich spürte, dass ich diese Geschichte erzählen und der Fisch-Handtasche und den alten Fotografien auf den Grund gehen wollte.
In gewisser Weise waren Gerald, Robert und Jennifer allesamt Rebellen, es drängte sie, die althergebrachten Regeln zu brechen und die Erwartungen ihrer Eltern zu durchkreuzen. Keiner von ihnen hatte studiert, und doch waren sie intelligent – auf ihre je eigene und bisweilen überraschende Art und Weise. Dennoch besteht die Gefahr, dass man es sich mit ihnen zu leicht macht. Wegen ihres ausschweifenden Lebensstils, der heute so nicht mehr denkbar wäre, und aus dem modernen, egalitären Blickwinkel heraus liegt es nahe, die Faringdoner Clique abzuwerten: wie die Bright Young Things[3] wären sie verdientermaßen in den Orkus der Geschichte eingegangen.
Lord Berners lässt sich nur allzu leicht auf den reichen Amateur reduzieren, den Exzentriker mit den vielen Masken, den launigen Gastgeber, der sich mit Blendwerk und berühmten Freunden umgibt. Tatsächlich war der ehemalige Diplomat ein introvertierter und unermüdlich arbeitender Künstler, der zu Depressionen neigte und sich zu einer Zeit, als Homosexualität noch illegal war, einen halb so alten Mann zum Lebensgefährten auserkor, der nicht nur unverschämt sexy, sondern auch schrecklich unsolide war.
Noch größeres Witzfigurenpotenzial hat Robert: Auf den ersten Blick scheint er nichts erreicht zu haben. Er kommt nicht einmal aus dem Künstlermilieu, in dem Gerald sich bewegte. Sieht man aber genauer hin, zeigt sich, dass er sich Faringdon gegenüber stets verpflichtet fühlte und Gerald Berners’ Vermächtnis mit großer Hingabe bewahrte und pflegte.
Auch Jennifer könnte man mit Leichtigkeit abtun – als glamouröses Partygirl auf »Zwischenstopp« in Faringdon. Tatsächlich aber war sie eine kluge und einnehmende Frau. Sie brachte eine feminine und familiäre Note in eine männerdominierte Welt, und indem sie eine Tochter bekam, die ihr schließlich eine Enkelin schenkte, sorgte sie in dieser Hinsicht für Kontinuität.
Die irrwitzige und dekadente Welt von Faringdon House Mitte des vergangenen Jahrhunderts mag wie eine absurde Komödie anmuten, sogar wie eine Farce. Aber es hat einmal jemand gesagt, gemeinhin liege Komödien etwas Tragisches zugrunde, nur mit Distanz – und das Dreieck, das meine Großeltern und Lord Berners formten, kann aus beiden Blickwinkeln betrachtet werden. Wie dem auch sei, wenn ich heute durch das Tor von Faringdon fahre, ist es noch immer so, als würde ich durch einen Spiegel das Wunderland betreten – wo Schönheit und das Unvorhersehbare gleichermaßen von Bedeutung sind.
ERALD BERNERS UND ROBERT Heber-Percy lernten sich auf einer Party kennen, 1931 oder 1932, ganz genau scheint es niemand zu wissen. Gerald war mit seinen achtundvierzig Jahren bereits ein arrivierter Ästhet und in gehobenen Kreisen bekannt für seinen Charme, seine Intelligenz und seine Kompositionen. Er war klein und kräftig gebaut, hatte nur noch wenige Haare und trug einen akkurat gestutzten Oberlippenbart. Außerdem gehörten zu seinem Erscheinungsbild ein Monokel, eine gehobene Augenbraue und, in seinen Worten, »sanfte Augen«. Sein ruhiger, aufmerksamer Blick stand in einem merkwürdigen Kontrast zu dem nervösen Zittern der Hände, das einen seiner Freunde an Lewis Carrolls weißes Kaninchen erinnerte.[2]
Robert war zwanzig und eigentlich nur für sein schlechtes Benehmen bekannt. Er war schlank, mittelgroß und wirkte mit seiner geschmeidig-athletischen Figur wie ein sportlicher Hasardeur. Er war attraktiv, hatte ein markantes Kinn, dunkle Haare und Augen und einen unbändigen Charme – gepaart mit einem Upperclass-Akzent. Bei Robert wusste man nie, was als Nächstes geschehen würde. Damals waren extravagante Haustiere in Mode – Löwen und Lemuren zum Beispiel, die zwar beißen oder Gardinen zerfetzen konnten, aber auch für viel Heiterkeit sorgten. Robert war so verführerisch und gefährlich wie ein junger Leopard. Gerald liebte es, sich zu amüsieren, und dieser verrückte Junge war einfach unwiderstehlich.
Die beiden grundverschiedenen Männer lernten sich in Nordwales bei Sir Michael DuffDuff, Sir Michael (1907–1980) kennen. Ihr Gastgeber war vierundzwanzig, kannte Robert von Kindesbeinen an und sollte, so wie dieser, gleich zweimal heiraten, obwohl man allgemein annahm, dass er Beziehungen zu Männern bevorzugte. Dem eigenwilligen, schlaksigen, stotternden Michael gehörte das weitläufige Anwesen Vaynol, das trotz seiner abgeschiedenen Lage für ausschweifende Partys und den luxuriösen Lebensstil seiner Bewohner bekannt war. Überall im Park wuchs Rhododendron, und um den See herum versammelte DuffDuff, Sir Michael (1907–1980) seine Menagerie exotischer Tiere, darunter eine Giraffe und ein Nashorn, denen das feuchte walisische Klima überhaupt nicht gut bekam. Das Haus war von der angesagten Innenarchitektin Syrie MaughamMaugham, Syrie[3]DuffDuff, Lady JulietBeatonBeaton, Cecil (1904–1980)WatsonWatson, Peter »Pierre«Queen MaryMary, Queen