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Delilah S. Dawson

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PHASMA

Deutsch von Andreas Kasprzak

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Die amerikanische Originalausgabe erschien 2017

unter dem Titel »Star Wars™: Phasma«

bei Del Rey, an imprint of Random House,

a division of Penguin Random House LLC, New York.

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1. Auflage

Copyright der Originalausgabe

Copyright © 2017 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2018 by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Rainer Michael Rahn

Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft, nach einer Originalvorlage

Copyright © 2017 by Lucasfilm Ltd. & ™

Jacket Art: Larry Rostant

JF · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-22272-7
V001

www.blanvalet.de

Für Craig, meinen wundervollen Ehemann.

Dass du mich 1997 im Star Wars-Online-Rollenspiel

mit diesen Noghri umgebracht hast, verzeihe ich dir.

Na ja, größtenteils zumindest.

Es war einmal vor langer Zeit

in einer weit, weit entfernten Galaxis …

1

IN DEN UNBEKANNTEN REGIONEN

Der Hyperraum hat etwas Tröstliches an sich. Er sieht immer gleich aus, egal, ob man vor Ärger davonläuft oder darauf zufliegt. Ruhig, schön, beruhigend – selbst für Spione mit hochsensiblen Informationen, für die viele Leute töten würden.

Während die Sterne vorbeiflitzen, lehnt Vi Moradi sich mit einem Seufzen auf ihrem Pilotensessel zurück und hebt eine Tasche vom Boden auf. Mehrere Wochen hat sie an diesem unförmigen Ding gearbeitet, wann immer sie gerade Zeit dafür fand: ein Pullover aus dicker, weicher Wolle. Er ist für ihren älteren Bruder, Baako, einen Würdenträger, der vor Kurzem ausgerechnet nach Pantora versetzt wurde. Sie ist nicht wirklich gut im Stricken, aber es entspannt sie, außerdem meinte Baako, dass sie nicht so viel herumflirten und ihre Zeit stattdessen auf produktivere Weise nützen sollte. Streng genommen hatte sie natürlich trotzdem mit ihren Kontaktpersonen »herumflirten« müssen, um diese begehrte, nicht »wirklich« illegale hippoglacierte Wolle in die Finger zu bekommen. Die Wärme und die strahlende azurblaue Farbe würden hoffentlich über all die fallen gelassenen Maschen hinwegtäuschen. Da sie ihre Zusammenarbeit mit dem Widerstand vor ihm verbergen muss, hält er sie noch immer für seine spitzbübische, unkonzentrierte, ungeschickte kleine Schwester.

Wenn er nur wüsste …

Ihr Komm blinkt, und als sie sieht, wer es ist, muss sie grinsen. Baako hat wirklich ein Talent dafür, sich genau dann zu melden, wenn sie nicht frei sprechen kann. Nicht nur weil sie gerade an den Ellbogen eines viel zu weiten Pullovers strickt, sondern auch, weil sie in offizieller »Flirt«-Mission unterwegs ist, von der er nichts halten würde und von der er nichts wissen darf. So sehr ihr ein ungezwungener Plausch auch das Herz erwärmen würde – vor allem nach dem kalten Schauder, den ihr der Auftrag über den Rücken gejagt hat –, der General erwartet ihre Meldung, und das geht vor.

»Tut mir leid, Bruderherz«, sagt sie und drückt den Knopf, um seinen Anruf an ihren Kommbeantworter umzuleiten. »Du kannst von deinem neuen Job erzählen und mir vorhalten, dass ich kein Ziel im Leben habe, wenn ich mit dieser Mission fertig bin und ich dir diesen Pullover schenke. Aber wehe, wir treffen uns nicht an einem zivilisierten, gemütlichen Ort. Ich habe genug von diesen unmöglichen Welten.«

Das Komm verstummt, und sie spürt einen Anflug von Schuldbewusstsein, weil sie ihn ignoriert. Die meisten Schiffe sind nicht mal in der Lage, Nachrichten über solche Distanzen zu empfangen oder zu senden, aber der Widerstand verfügt über einige beeindruckende Spielzeuge. Vi legt die Stiefel hoch und lehnt sich wieder auf ihrem Sitz zurück, dann konzentriert sie sich auf die unhandlichen, hölzernen Stricknadeln, die mehr an primitive Waffen erinnern als an elegante Werkzeuge.

»Es kommt ganz auf den Vorsatz an, Gege«, erklärt sie ihrem Astromech, U5-GG. »Besser ein grässlicher Pullover, der mit Liebe gestrickt wurde, als … ich weiß auch nicht. Was Leute ihrem einzigen lebenden Familienmitglied eben sonst schenken. Ein teures Chrono oder so. Ich werde das hier zu Ende bringen, auch wenn es nicht perfekt ist.« Sie schwenkt ihren Sessel herum und hält in die Höhe, was sie bislang zustande gebracht hat. »Was sagst du?«

Gege piept und summt zaghaft. Es klingt enttäuscht.

»Pass auf, sonst mach ich für dich auch einen. Einen Droiden-Pullover, der sich schön mit deiner Chassis-Farbe beißt.«

Die Einheit antwortet mit einem fröhlichen Zwitschern, dann dreht sie sich um, als wäre sie plötzlich vom Wirbeln des Hyperraums rings um sie fasziniert. Als der Widerstand ihr den Droiden zuwies, hatte Geges Chassis noch seine Standardlackierung – weiß und blau –, aber Vis hat ihren neuen Freund gelb und kupferfarben bemalt, damit er besser zu ihrem eigenen blassgelben Haar und ihrer sonnenverbrannten, braunen Haut passt.

Vi dreht sich wieder herum, strickt energisch weiter. Ihr Haar ist gegenwärtig kurzgeschoren; als sie das letzte Mal auf einer Fahndungsliste auftauchte, waren die langen, dunklen Locken viel zu auffällig, also hat sie sie sofort abgeschnitten und ins All geblasen. Der Rest ihres Körpers ist so drahtig und feingliedrig, dass der Widerstand Schwierigkeiten hatte, eine passende Uniform für sie zu finden. Was sie jetzt trägt, ist eine bunt zusammengewürfelte Mischung umgeänderter Kleidungsstücke, und zahlreiche Risse, aufgeraute Stellen und Flicken künden davon, wie abgetragen sie sind. Sogar die Sohlen ihrer Stiefel hängen in Fetzen. Vis aktueller Auftrag erforderte einiges an körperlicher Arbeit, und das an einem schrecklichen unangenehmen Ort, dementsprechend freut sie sich auf ein paar Tage Erholung auf D’Qar.

Der Hyperraum lullt sie ein, bis ihre Augen zufallen. Verstrickt in ein Netz aus dicker, weicher Wolle ist ihr ein kurzes Nickerchen vergönnt, bis Gege mit einem leisen Piepsen und Summen verkündet, dass sie ihr Ziel beinahe erreicht haben. Vi setzt sich auf und streckt sich, soweit das in dem Cockpit möglich ist. Sie wünschte, der Widerstand hätte ihr ein geräumigeres Schiff zur Verfügung gestellt, gleichzeitig weiß sie aber, dass man leichter unentdeckt bleibt, wenn man klein und unauffällig ist. Und das gilt nicht nur für Schiffe, wie sie aus eigener Erfahrung weiß. Sie fällt aus dem Hyperraum zurück und schwebt sanft mitten im Nirgendwo, genau wie geplant.

Mit einem tiefen Atemzug legt sie ihr Strickzeug beiseite, dann tippt sie einen langen Code in ihr Komm. Die Antwort kommt wie aus dem Blaster geschossen, und wie immer ist sie kryptisch. Klartext reden sie grundsätzlich erst, wenn Vi ihre Identität bestätigt hat.

»Verstanden.«

»Starling hier, mit einem Bericht für Generalin Organa.«

Eine vertraute Stimme meldet sich, warm, aber professionell. »Willkommen zurück, Starling. Was haben Sie für uns?«

»Ah, Generalin. Ich sehe, Sie haben sich nicht verändert. Das Geschäftliche zuerst.«

»Wenn die Galaxis auf dem Spiel steht, verzichte ich lieber auf die Formalitäten meiner Jugend. Ihren Bericht.« Vi kann Leias Schmunzeln hören, was sie ihr noch sympathischer macht. Kein Wunder, dass sie so gut miteinander auskommen.

»Ich habe endlich das fehlende Teil des Puzzles gefunden, auch wenn ich lange danach suchen musste. War kein angenehmer Ort.«

»Welcher Ort in den Unbekannten Regionen ist das schon? Sie haben also, was wir brauchen?«

Vi zuckt mit den Schultern. »Zu wissen, wie ein Monster ein Monster wurde, verrät einem nicht automatisch, wie man es vernichten kann.«

»Manchmal aber schon. Jede Waffe in unserem Arsenal hat einen Nutzen, Starling. Ich weiß, Ihr Urlaub ist längst überfällig, aber ich habe hier noch einen weiteren Satz Koordinaten, und Sie sind bereits im richtigen Winkel der Galaxis. Kann ich auf Sie zählen?«

Vi blickt auf die blaue Wolle hinab, die aus ihrer Tasche quillt. Sie hasst es, ihre gemeinsame Zeit mit Baako verschieben zu müssen. Sie sehen sich inzwischen nur noch schrecklich selten. »Natürlich, Generalin. Darum bin ich schließlich hier.«

»Ich übermittle Ihnen die Koordinaten.«

Auf ihrem Schirm berechnet Vi die beste Route zu diesem nächsten Zwischenstopp. Leia hat nicht gelogen – sie ist ziemlich nahe dran, und nur wenige Piloten haben die nötige Erfahrung und den nötigen Mumm, um diese düsteren Ecken mitten im Nirgendwo zu erforschen. Sie bestätigt die Route und überlässt Gege die Vorbereitungen für den Sprung.

»Ist ja gar nicht so übel. Ich sollte in null Komma nichts da sein.«

»Gut. Überprüfen Sie nur kurz das Gebiet. Wir haben Gerüchte über Schiffe der Ersten Ordnung in dieser Gegend gehört, und wir müssen herausfinden, ob da was dran ist. Falls sie irgendetwas entdecken, springen Sie sofort aus dem System. Wir haben bereits den Kontakt mit mehreren Piloten verloren.«

»Jede Wette, die waren nicht so schnell wie ich.«

Als Leia seufzt, kann man der Generalin ihr Alter anhören. »Es geht nicht notwendigerweise um Geschwindigkeit. Falls unsere Leute zurückkehren, können Sie sie ja zu einem Fünf-Säbel-Rennen herausfordern, falls Sie möchten. Ich stelle Ihnen sogar ein Schiff. Aber fürs Erste reicht ein kurzer Scan – und dann kommen Sie auf direktem Weg zurück. Ich brauche diese Berichte.«

»Aye-Aye, Generalin.« Vi salutiert. Schade, dass es keine visuelle Übertragung ist. »Ich springe gleich in den Hyperraum. Passen Sie auf sich auf, Generalin Organa.«

»Sie auch, Starling.«

Die Verbindung wird unterbrochen, und der Sternhüpfer beschleunigt auf Überlichtgeschwindigkeit. Es ist nur ein kurzer Flug, nicht lange genug, um sich zu entspannen, und Vi will auch nicht wieder das Strickzeug zur Hand nehmen. Dafür ist sie jetzt zu aufgekratzt. Wie lang hat sie schon nicht mehr geschlafen? Und schon fällt sie wieder aus dem Hyperraum zurück. Die langen Linien der Sterne ziehen sich wieder zu Stecknadelköpfen vor einem Meer aus Schwärze zusammen. Als Vis Augen sich an die Sichtverhältnisse gewöhnt haben, entfährt ihr ein Fluch. Hier draußen sollte es nichts geben, nur friedliche Dunkelheit und funkelnde Sterne. Doch leider ist da noch etwas anderes. Etwas großes anderes. Ein Sternzerstörer der Resurgent-Klasse. Leia hatte recht: Die Erste Ordnung ist hier, und zwar mit geballter Stärke. Noch ehe sie die Worte denken kann, tippen ihre Finger bereits die neuen Koordinaten ein.

»Komm schon, Gege«, murmelt sie. »Wie müssen von hier verschwinden. Ich hasse es, wenn die Generalin recht hat.«

So schnell sie auch reagiert, verwundert es Vi nicht, dass der Sternhüpfer plötzlich erbebt und sich in Bewegung setzt – nicht nach vorne, wie er es eigentlich sollte, sondern seitlich auf das Feindschiff zu. Welche neue Technologie diese Leute auch zusammengeschraubt haben, während sie sich hier versteckten, sie ist schnell, sie ist effektiv, und sie ist unerbittlich. Vi wendet jeden Trick an, der ihr einfällt, aber der Sternhüpfer bleibt in dem Traktorstrahl gefangen. Ihre Feuerkraft ist minimal, und sie weiß, der Sternzerstörer könnte sie mühelos in tausend Fetzen sprengen. Während Gege quiekt und hektisch loszwitschert, wägt Vi ihre Optionen ab.

»Ich weiß, ich weiß.« Sie codiert ihren Datenblock, deaktiviert ihn und wirf ihn dann über Bord; die Jacke mit dem Aufnäher des Widerstands wird ebenfalls in die Dunkelheit des Alls hinausgeblasen. Die Chance, dass sie zurückkehren und die Sachen wieder einsammeln kann, sind verschwindend gering, aber jedes kleine bisschen Hoffnung zählt. Schließlich greift sie in das kleine Staufach, zieht die alte schwarze Lederjacke hervor, die sie einem toten Kanjiklub-Mitglied abgenommen hat, und schlüpft hinein. Sie riecht nach Öl und Sand und Zuhause, und bei Vis letzter Mission hat sie ihr gute Dienste erwiesen. Während ihr Schiff weiter und weiter auf den Kreuzer zuschwebt, zückt sie einen kleinen Spiegel und nimmt die dunkelbraunen Kontaktlinsen aus ihren Augen, sodass darunter ihre echte bernsteinfarbene Regenbogenhaut zum Vorschein kommt. Das Haar, die Augen, die Kleider, die falschen Dokumente in ihrer Brusttasche … da sollte sie eigentlich niemand erkennen.

Als Gege alarmiert piepst, sinkt Vi wieder auf ihren Sessel und tippt sich an die Schläfe.

»Keine Sorge, Gege. Ich habe alles hier abgespeichert. Und sie werden mich nicht brechen.«

Der Droide gibt ihr mit einem Geräusch zu verstehen, dass die Chancen im Fall einer Enttarnung gegen sie stehen.

»Schon gut, Kleiner. Falls ich auffliege, wirst du es nicht mitbekommen.«

Vi dreht ihren Sessel herum, schiebt eine Codekarte in den Datenschlitz des Astromechs und löscht seinen Speicher.

Sie lümmelt nicht länger zurückgelehnt auf ihrem Sitz, sondern sitzt mit geradem Rücken da, die Hände auf den Armlehnen. Dies ist nicht das erste Mal, dass sie gefangen genommen wird, und sie muss sich mental vorbereiten. Jeder Muskel ist angespannt, ein Fuß tippt neben der Tasche mit dem nunmehr völlig vergessenen Strickzeug auf den Boden. Ihre Augen blitzen gefährlich, und ihre Lippen formen eine schmale Linie.

So oder so – Vi Moradi wird einen Weg finden zu überleben.

2

AN BORD DER ABSOLUTION

Der ramponierte Sternhüpfer gleitet in den Hangar der Absolution und setzt sanft auf dem Deck auf. Das Schiff ist klein, gerade groß genug für einen Piloten, einen Droiden, und einen Hyperantrieb, und im Bauch des Kriegsschiffes wirkt es so winzig wie ein Kinderspielzeug oder gar ein Insekt. Und genau so fühlt sich Vi – wie ein winziges, unbedeutendes Insekt, umgeben von viel größeren, viel gefährlicheren Raubtieren. Ihr wird kalt, und sie fragt sich, ob dieses sterile schwarz-weiße Deck das Letzte ist, was sie jemals sehen wird – ob sie sich in die Reihe der vermissten Piloten einreihen wird, die von der mysteriösen Ersten Ordnung verschlungen wurden.

Für den Fall, dass es ihr doch gelingt, den Widernissen zu trotzen und einen Ausweg aus dieser Situation zu finden, zählt sie alles, was sie sieht, und speichert es in Gedanken ab: Hunderte von TIE-Jägern, Truppentransporter, Speeder, sogar ein paar Läufer. Generalin Organa wird erfreut sein zu erfahren, mit welcher Feuerkraft sie es in diesem neuen Kampf zu tun bekommen wird. Man verrät Vi immer nur, was sie unbedingt wissen muss, um ihre Mission zu erfüllen, aber angesichts der Informationen, für die man sie bereits bezahlt hat, ist ziemlich offensichtlich, dass der Widerstand jedes bisschen Hilfe braucht, das er kriegen kann. Und wenn Vi an ihre hoffnungslosen Aussichten denkt, dann kann sie ebenfalls jedes bisschen Hilfe brauchen.

Sturmtruppen umzingeln ihren Sternhüpfer mit erhobenen Blastern, aber es ist ihr Anführer, der Vis Aufmerksamkeit auf sich zieht. Natürlich hat sie schon zuvor Truppler gesehen, aber nie so einen wie ihn. Seine grellrote Rüstung stellt eine seltsame Variation der normalen Sturmtruppen-Uniform dar, und im Gegensatz zu den anderen in ihrem klinischen Weiß verleiht die blutig-brutale Farbe ihm einen Hauch des Bedrohlichen. Ein Umhang aus blasterfestem Panzerstoff fällt von seiner Schulter, und neben ihm schwebt ein runder schwarzer Droide in der Luft. Aber selbst falls der Kerl genauso aussehen würde wie die anderen Soldaten – und selbst falls sie nicht wüsste, wer er ist –, würde sie sofort erkennen, dass sie jemand von Bedeutung vor sich hat. Ein normaler Frontsoldat könnte nie diese Art von Selbstbewusstsein und Konzentration ausstrahlen. Vi starrt ihn an, während einer seiner Männer die Luke des Schiffes öffnet und mit seinem Blaster auf ihre Brust zielt. Sie hat einen nervösen, aber trotzigen Gesichtsausdruck aufgesetzt, wie man ihn von einer Schmugglerin erwarten kann, die gerade von feindlichen Truppen aufgegriffen wurde.

»Aussteigen«, befiehlt der rote Sturmtruppler.

Sie zögert einen Moment, die Finger um die Armlehnen gekrallt, ehe sie schließlich aus dem Sternhüpfer klettert und auf das Deck des Sternzerstörers hinaustritt.

»Hände auf den Kopf.«

Sie kommt seiner Aufforderung nach … aber nur, um im Gegenzug ihn auf die Probe zu stellen.

»Was sollen Sie denn darstellen?«, fragt Vi. »Den großen, roten Knopf? Die Notfallbremse?«

Er ignoriert ihre spöttische Bemerkung und legt ihr Handschellen an. »Aus welchem Grund sind Sie in diesem Sektor?«

»Aus demselben Grund wie Sie. Ich genieße die Ruhe. Oder zumindest habe ich sie genossen. Hören Sie, ich bin eine freie Händlerin, meine Dokumente sind in Ordnung, ich habe mit niemandem Streit. Also, was sollen die Blaster?« Gege piepst alarmiert, und als Vi sich herumdreht, sieht sie zwei Sturmtruppler, die das Cockpit durchsuchen. »Und warum mischen diese Kerle meinen Droiden auf?« Einer der Truppler zerrt ihr Strickzeug aus der Tasche, und der halbe Pullover löst sich auf, als er mit seinen klobigen Handschuhen nach Waffen sucht. »He, Gefreiter Freundlich! Wissen Sie, wie lange ich dafür gebraucht habe? Sie können nicht einfach in jemandes persönlichem Besitz herumwühlen. Wer seid ihr Kerle überhaupt?«

»Ruhe«, sagt der Anführer.

»Ich habe Ihnen eine Frage gestellt. Wer seid ihr?«

Er macht einen Schritt nach vorne, und drückt Vi seinen Blaster in den Bauch. »Ich habe hier das Kommando. Und das bedeutet, dass ich hier die Fragen stelle.«

»Aber ist das Imperium nicht gefallen?«

Er lacht. »Wir sind nicht das Imperium – und das wissen Sie auch.«

»Sir«, ruft einer der Truppler aus dem Cockpit. »Wir haben die Logbücher. Sie hat zuletzt die Planeten Arkanis, Coruscant und Parnassos besucht.«

Erneut rammt sich der Blaster in ihren Bauch. Das gibt bestimmt einen blauen Fleck. Einer dieser drei Planeten muss ihn stutzig gemacht haben, aber welcher? Das dicht bevölkerte Coruscant kann es nicht gewesen sein. Bleiben noch Arkanis und Parnassos. Beide Welten bergen viele Geheimnisse der Ersten Ordnung, und beide haben sonst nicht viel zu bieten. Jetzt ist Vi sicher, dass man sie nicht gehen lassen wird. Zum Glück hat sie den Sternhüpfer erst zwei Sprünge nach D’Qar gekauft, also gibt es wenigstens einen Planeten, von dem diese Monster nicht erfahren werden. Aber so misstrauisch die Kerle jetzt auch sein mögen, Vi muss sich weiterhin normal verhalten, was in diesem Fall bedeutet: Sie muss streitlustig sein. Nur weil sie weiß, wer der rote Truppler ist, heißt das nicht, dass er auch weiß, wer sie ist.

»Was Sie hier tun, ist illegal«, ruft sie den Truppen zu, die den Sternhüpfer auseinandernehmen. »Das ist mein Schiff.«

»Jetzt nicht mehr. Sobald ihr das Schiff durchsucht habt, bringt den Droiden zur Demontage und kehrt dann auf eure Posten zurück«, befiehlt der Anführer seinen Soldaten. »Ich werde mich persönlich um das Verhör kümmern.«

»Persönlich, hm?«, kommentiert sie.

Er wirbelt sie herum und rammt ihr den Blaster in den Rücken – eine angenehme Abwechslung nach den Stößen in ihren Bauch. »Los. Ich weiß, dass Sie zum Widerstand gehören, Spionin Vi Moradi, und ich werde nicht zögern, Sie zu erschießen.«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich bin nur eine einfache Händlerin, und das hier wird meinem Chef ganz sicher nicht gefallen.«

»Sie meinen wohl, Ihrer Chefin.«

Ihr Herz schlägt schwerer. Er weiß Bescheid. Fast kann sie seinen Finger am Abzug spüren. Wie gerne er jetzt abdrücken würde. Schweiß rinnt an Vis Rücken hinab, während sie ihn über die Schulter anblickt. Sie hatte gehofft, dass das hier nur eine willkürliche Kontrolle wäre, eine Schikane, wie sie so typisch für die Erste Ordnung ist. Sie sehen ein Schiff, wo keins sein sollte, also ziehen sie es rein und drangsalieren die Besatzung. Aber falls er ihren Namen kennt, falls er weiß, für wen sie arbeitet – was könnte er dann noch wissen?

Der rote Truppler blickt zum Kontrollraum hoch, und fast wirkt er nervös dabei. Als er Vi mit dem Blaster anstößt, setzt sie sich in Bewegung.

»Vorgesetzte können in der Tat ein Problem sein«, sagt er. »Und jetzt los.«

Vi wurde ausgebildet, sich jedes Detail einzuprägen, wenn es darauf ankommt, aber in dem Labyrinth von Biegungen und Kreuzungen im Bauch des riesigen Sternzerstörers kann sie nicht mehr folgen. Lange Korridore enden und überschneiden sich, Turbolifte führen nach oben und unten – es ist unmöglich, sich ihre Route zu merken. Bilder eines solchen Schiffes zu sehen ist eine Sache, aber die Ausmaße wirklich zu begreifen, das ist etwas völlig anderes. Der Mann in Rot führt sie zu einem weiteren Aufzug und stellt sich so vor die Kontrolltafel, dass Vi nicht sehen kann, auf welche Ebene sie fahren.

»Zu mir oder zu Ihnen?«, fragt sie. Vielleicht kann sie ihn so weit provozieren, dass er zur Seite tritt.

Doch der rote Sturmtruppler bleibt stumm. Sein Gewehr ist unablässig in irgendeinen weichen Teil ihres Körpers gepresst, und der runde Droide schwebt noch immer an seiner Seite.

Ihre Lederjacke verfügt über eingenähte Schutzplatten, aber einen tödlichen Schuss aus nächster Nähe können auch sie nicht abhalten. Nur wird er sie nicht erschießen, da ist Vi sicher. Mitspielen muss sie aber trotzdem. Als sie langsam beginnt, die Arme zu senken, klickt er mit der Zunge.

»Tsk. Hände auf den Kopf, Abschaum. Sie wissen, wie das läuft.«

Der Blaster drückt gegen ihre Niere, und ihre Arme schießen wieder in die Höhe. »Hören Sie, ich bin kein Abschaum. Ich weiß nicht, wofür Sie mich halten, aber ich bin wirklich nur eine Händlerin. Na schön, vielleicht schmuggle ich ab und an ein paar Kisten, aber wer tut das nicht? Außerdem verstoße ich damit doch nur gegen die Gesetze der Neuen Republik. Oder bin ich etwa in der Zeit zurückgereist? Sollte ich nicht in einer Zelle sitzen, damit irgendein leichenblasser Bürokrat mit einem lustigen Hut mir die Leviten liest?«

Die Lifttüren gleiten auf, und er stößt sie in einen Korridor hinaus, der geradezu aus einem Kerker stammen könnte. Weiter oben sind sie niemandem begegnet, was vermutlich daran liegt, dass der Truppler in Rot die strengen Dienstpläne genau kennt und sein Droide ihm den Weg freigeräumt hat. Aber hier unten … nun, hier unten ist augenscheinlich niemand. Außer vielleicht Leute, die Dinge tun, bei denen sie keine Zeugen haben wollen.

Die gedämpfte Beleuchtung flackert, und irgendwo tropft etwas von der Decke; vielleicht Kondenswasser aus dem Lüftungssystem. Sie müssen sich tief in den Eingeweiden des Sternzerstörers befinden, in einem Bereich, in dem der Zutritt ohne spezielle Autorisierung verboten ist. Und für Vi ist das ein schlechtes Zeichen. Sogar die Erste Ordnung hat Regeln, und der Truppler in Rot bricht sie gerade. Falls er sie hier tötet, kann er sich den lästigen Datenkram sparen; dann wäre sie einfach weiterer Ballast, der durch einen Müllschacht in die Verbrennungsanlage hinabbefördert wird.

Großartig. Der Widerstand weiß nur wenig über seinen neuen Feind, und die Neue Republik betrachtet die Erste Ordnung nicht als Bedrohung. Folglich konnte Vi niemand erklären, welchem Protokoll diese Leute im Normalfall folgen. Sie hat keine Ahnung, was sie erwartet. Natürlich wurde sie ausgebildet, um Verhören standzuhalten, aber wer weiß, welche Spielzeuge diesem Kerl in Rot zur Verfügung stehen. Ein Schauer rinnt über ihren Rücken. Vielleicht hat sie sich doch übernommen.

»Ich sehe, man hat sie im besten Teil des Schiffes untergebracht, Notbremse?«, sagt sie, weil sie immer zu plappern anfängt, wenn sie nervös ist. »Wirklich exklusiv. Gibt es hier auch Zimmerservice?«

Der Blaster drückt weiter gegen ihre Wirbelsäule. Der Kerl gibt ihr Anweisungen – hier rechts, hier links –, reagiert aber nicht auf ihre Sticheleien. Schließlich tippt er einen langen Code in ein Bedienfeld an der Wand ein, und eine Tür gleitet auf, wenn auch längst nicht so perfekt, wie man es auf einem offensichtlich neuen Schiff erwarten würde. In dem Raum dahinter ist es kälter als auf dem Gang, und es riecht nach Feuchtigkeit, Metall und – kein Grund, es zu leugnen – nach Blut. Der runde Droide huscht als Erster nach drinnen und schaltet die Kameras ab, eine nach der anderen. Vi bleibt an der Schwelle stehen, aber diesmal berührt der Sturmtruppler sie persönlich: Er schubst sie grob mit seiner behandschuhten Linken nach vorne, und sie stürzt auf die Knie. Als sie sich mit den Händen abstützt, krümmen sich ihre Finger um ein rostiges Bodengitter.

»Aufstehen.«

»Sie wissen wirklich, wie man eine Frau behandelt.«

Er packt ihren Jackenkragen und zerrt sie auf die Füße hoch, dann wirbelt er sie herum, sodass sie nach hinten gegen die Wand taumelt. Den Rücken gegen das kalte Metall gepresst, blickt sie sich um. Der Raum ist klein, vielleicht drei mal vier Meter, und es ist offensichtlich, dass er nur einem einzigen Zweck dient: Verhören. Na schön, vielleicht erfüllt er noch einen zweiten Zweck, wenn man Folter mitzählt. Oh, und einen dritten, denn Vi ist sicher, dass sie hier drinnen sterben wird, falls sie nicht mit Informationen über den Widerstand herausrückt. Dominiert wird der Raum von einem Verhörstuhl; der Rest der Einrichtung beschränkt sich auf einen schmucklosen Tisch und zwei klapprige Metallstühle – die bösen Jungs brauchen schließlich einen Platz, wo sie sich hinsetzen und an einer Tasse Kaff nippen können, während ihr Opfer ausblutet.

»Ich hoffe, das Bett ist frisch gemacht.«

Er schüttelt den Kopf, als wäre er enttäuscht, dann greift er nach den Aufschlägen ihrer Jacke und zerrt sie zum Verhörstuhl hinüber. Man nennt es zwar einen Stuhl, aber eigentlich ist es eher eine aufrecht stehende Liege, mit Metallklammern für Kopf, Brust und Handgelenke sowie einer Platte, auf der man steht. Als Teil ihrer Ausbildung hat Vi Dutzende Bilder solcher Folterinstrumente studiert, von Modellen aus den Tagen der imperialen Inquisitoren bis hin zu moderneren Einheiten, wie sie auch heute noch für die Hutten und andere Kriminelle hergestellt werden, die zu viel Geld haben und an Informationen herankommen wollen, ohne sich die schleimigen Hände schmutzig zu machen. Diese Einheit verfügt sogar über lebenserhaltende Systeme und eine Hirnsonde, wie Vi unglücklich feststellt. Das bedeutet, ihr Folterknecht kann theoretisch auf eine Befragung verzichten und gleich ihr Bewusstsein anzapfen. Sie wurde ausgebildet, Fäusten und Waffen zu trotzen, aber wie man einem direkten Angriff auf das Nervensystem standhält, das hat noch niemand herausgefunden. Zum ersten Mal überhaupt wandern ihre Gedanken zu dem Giftzahn hinten links in ihrem Kiefer, und sie fährt mit der Zunge über das Implantat, während der Truppler die metallenen Klammern um ihre Arme und ihren Oberkörper schließt.

Noch will sie nicht draufbeißen. Noch gibt es vielleicht einen anderen Ausweg. Falls sie überlebt, würde ihr Wissen den Widerstand einen großen Schritt weiterbringen. Leia könnte sich ein besseres Bild davon machen, gegen wen sie eigentlich kämpfen, und nicht nur, was ihre Truppenstärke und Technologie angeht, sondern auch ihre Einstellung. Aber das bedeutet, dass sie einen Weg finden muss, dieses Verhör geistig und körperlich intakt zu überstehen. Und das wiederum bedeutet, dass sie aufhören muss, nur an ihre eigene Notlage zu denken. Zeit, sich auf ihren Feind zu konzentrieren und herauszufinden, wie er tickt.

Zum Glück weiß sie mehr über ihn als er über sie.

Nachdem er sie festgeschnallt hat, überprüft er den Monitor, der ihre Biowerte anzeigt. Sein Finger tippt auf den Bildschirm.

»Ihr Herzschlag ist erhöht«, stellt er fest.

»Nun, wenn man an einen Folterstuhl gefesselt wird und in jemandes getrocknetem Blut steht, scheint mir das eine ziemlich natürliche Reaktion.«

»Sie verbergen etwas.«

»Wer nicht?«

Sein roter Helm legt sich schräg, nur eine Winzigkeit – in diesem Punkt gibt er ihr wohl recht. Während sie ihn beobachtet, geht er am Rand des Raumes entlang und überprüft noch einmal die Kameras, die sein Droide deaktiviert hat, außerdem nimmt er in Augenschein, was Vi für das Kommsystem hält. Der Droide hängt unheilvoll über seiner Schulter, und er bewegt sich langsam, als wolle er ganz sichergehen.

Das hier ist nicht offiziell genehmigt.

Der Kerl handelt auf eigene Faust.

Und er will nicht, dass jemand dabei zusieht.

Es wird keine Unterbrechungen geben, keine Galgenfrist.

Das ist nicht die Art, wie die Erste Ordnung normalerweise verfährt.

»Dann ist das hier also etwas Persönliches«, stellt Vi fest.

»Wir werden sehen. Es liegt ganz bei Ihnen; wir können das hier auf die einfache Art machen, oder auf die harte.«

Vi windet sich, um ihre Fesseln zu testen. »Die einfachste Methode wäre, mich gehen zu lassen. Sie können mich durchsuchen, so gründlich sie wollen, ich habe nichts Wertvolles bei mir. Sollen ihre Leute mein Schiff ruhig auseinanderschrauben und meinen Droiden zerlegen und meinen Pullover auftrennen – sie werden nichts finden. Sie können auch den ganzen Tag in meinem Gehirn herumstochern. Ich weiß nicht, für wen Sie mich halten, aber Sie irren sich. Ich bin nur eine harmlose Händlerin, die hier zufällig vorbeigeflogen ist.«

Er steht jetzt vor ihr, die Beine gespreizt, die Arme vor der Brust verschränkt. Sein Blaster steckt im Holster an seiner Hüfte, rot und glänzend. Die Finger in dem roten Handschuh tippen gegen den Griff der Waffe – eine weitere Warnung. Hier drinnen gibt es nur sie beide und den Droiden. Da könnte alles Mögliche passieren.

»Sie sind Vi Moradi, Codename Starling, eine bekannte Spionin des Widerstands. Sie haben Informationen, die ich brauche.«

»Und Sie sind der große rote Knopf. Was passiert, falls ich ihnen gegen die Brust tippe? Geht dann irgendwo das Licht an? Oder explodiert etwas?«

»Sie leugnen es nicht?«

Wäre sie nicht gefesselt, würde sie mit den Schultern zucken. »Sie haben die Hand an der Foltermaschine. Sie bestimmen, was wahr ist und was nicht.«

»Sie waren auf Parnassos.«

Vi ist zu gut ausgebildet, um zu grinsen. »Na und? Was ist so besonders an Parnassos?«

Der Truppler mustert sie. »Nichts. Genau darum geht es. Jetzt sagen Sie mir, was Sie über Captain Phasma wissen.«

3

AN BORD DER ABSOLUTION

Vi Moradi beherrscht ihren Job, also legt sie nur den Kopf schräg und runzelt die Stirn.

»Wer?«

Ihr Folterknecht sagt nichts, was darauf hindeutet, dass er wütend ist; er tritt hinter sie und strafft ihre Fesseln. Anschließend schiebt er etwas über ihren Kopf, das ihre Ohren streift. Vi will gerade einen schnippischen Kommentar abgeben, da durchzuckt sie ein Stromschlag, und jedes Haar an ihrem Körper stellt sich auf. Anstatt nachzulassen, wandert der elektrische Stoß weiter ihre Wirbelsäule entlang; er brennt sich durch ihre Nerven, bis in ihre Finger- und Zehenspitzen. Vis Zähne pressen sich schmerzhaft zusammen, und es dauert einen langen Moment, ehe es ihr gelingt, ihre Kiefer voneinander zu lösen.

»Das ist nicht die stärkste Einstellung«, erklärt der Truppler, während er sich wieder vor sie stellt. »Eigentlich ist es noch eine der schwächeren. Lediglich ein Vorgeschmack, falls Sie so wollen.« Er hält eine Fernbedienung in der großen, behandschuhten Rechten. Vi kann die Kontrollen darauf nicht erkennen, aber eigentlich möchte sie das auch gar nicht. Schmerz ist leichter auszuhalten, wenn man nicht weiß, was als Nächstes kommt.

»Ja, es hat ein wenig gekitzelt.« Die Worte kommen undeutlich über ihre Lippen; ihr Kiefer ist noch immer verspannt.

Er erhöht die Spannung, und jeder Muskel in Vis Körper verkrampft. Es fühlt sich an, als würden ihre Knochen in Flammen stehen, und ihre Augen rollen in den Höhlen nach oben, wo sie ihre persönliche Galaxis aus explodierenden Sternen sieht, ganz anders als die gemütliche Sicherheit des Hyperraums.

Als der Stromstoß nachlässt, hebt Vi den Kopf, um den Truppler anzublicken. Dort, wo das Metallband auf ihrer Stirn aufliegt, fühlte ihre Haut sich verbrannt an. Ihr Kiefer zittert, so viel Anstrengung kostet es sie, die Zähne wieder auseinanderzubringen. Zunächst fühlt es sich seltsam an zu sprechen, und sie gewinnt nur allmählich die Kontrolle über ihre Zunge zurück.

»Ich weiß nichts. Über niemanden.«

Ihr Folterknecht sagt nichts. Er versetzt ihr nur einen weiteren Stromschlag, wobei er die Spannung noch ein wenig erhöht. Sie hat keine Ahnung, wie weit er den Strom aufdrehen kann oder wann ihr Körper bleibende Schäden davontragen wird. Die Elektrizität brennt sich durch ihren Körper, und alles, was sie tun kann, ist, es zu erdulden. Sterne, Hitze, Zittern, Schmerzen in ihrem Kiefer, Schmerzen hinter ihren Augen. Als sie wieder klar sehen kann, betrachtet sie den Truppler zwischen halb geschlossenen Wimpern hervor. Er wirkt ruhig, aber seinen Bewegungen haftet etwas Verzweifeltes an. Der Kerl scheint wenig Erfahrung mit dieser Art Folter zu haben; vielleicht hat er so etwas noch nie getan. Und sein Droide kann auch keine Verhöreinheit sein, andernfalls hätte er längst die Gehirnsonde eingesetzt.

Vi weiß, in den Tagen des Imperiums war das imperiale Sicherheitsbüro in der Lage, aus jedem Informationen herauskitzeln; man musste schon die Macht beherrschen, um ihren Methoden zu widerstehen. Aber dieser Kerl? Er hat keine Ahnung, was er eigentlich tut. Und das bedeutet, er könnte sie töten, ohne dass er es überhaupt merkt.

»Was wissen Sie über Captain Phasma?«, blafft er erneut. »Ich weiß, dass Sie auf Parnassos waren, und ich weiß, wer Sie geschickt hat. Ich weiß, dass Sie Informationen über Phasma sammeln sollten. Und jetzt werden Sie mir alles verraten, was Sie herausgefunden haben. Reden sie!«

Ja, als müsste er sie nur anbrüllen, um ihren Willen zu brechen. Aber zu einem Verhör gehören immer noch zwei.

Vi weiß jetzt, dass er sie durchschaut hat. Sie muss ihm etwas geben, andernfalls wird er sie brechen – und zwar schon sehr bald.

Er verpasst ihr zwei weitere Stromschläge, dann zieht er ihren herabhängenden Kopf an den Haaren nach oben. Sie spuckt Blut von ihrer aufgebissenen Zunge auf seine Stiefel, und starrt den Fleck auf dem makellosen Plastoid an. Die Stiefel entsprechen nicht wirklich dem Rotton des Blutes, auch wenn vermutlich Brendol Hux das gefallen hätte.

»Phasma«, grollt er. »Raus mit der Sprache, oder es wird noch viel schlimmer.«

Vi blickt durch einen roten Dunst zu ihm hoch. In ihrem Kopf ist alles durcheinandergewirbelt, es fühlt sich an, als wäre sie betrunken. Hat er die Gehirnsonde aktiviert, ohne dass sie es gemerkt hat? Oder ist gar keine moderne Technologie nötig? Sind es die intensiven Schmerzen, die sie plötzlich redselig machen

»Ich soll Ihnen von Phasma erzählen? Das können Sie haben. Wenn Sie wüssten, was ich für Geschichten über sie gehört habe!«

Ihr Folterknecht setzt sich auf einen der Stühle und verschränkt die Arme.

»Also gut, erzählen Sie mir eine dieser Geschichten, und dann sehen wir ja, wie es weitergeht.«

Vi lächelt schwach.

»Gerne. Eine Geschichte. Ich werde es Ihnen genau so erzählen, wie eine Frau namens Siv es mir erzählt hat. Mein Gehirn funktioniert im Moment vielleicht nicht richtig, aber ich habe ein gutes Gedächtnis. Deswegen bin ich auch so eine gute Spionin.«

Er legt die Fernbedienung auf den Tisch.

Und Vi beginnt zu erzählen.