Über das Buch
Wer hat nicht schon mal mit dem Gedanken gespielt, seinen Job hinzuschmeißen? Doch zwischen Frust und Handlung steht oft eine große Mauer aus Angst, Zweifeln und offenen Fragen. Viele Menschen ergeben sich lieber ihrem Schicksal und lassen die Dinge weiterlaufen. Bis sie eines Morgens aufwachen und ihnen im Spiegel ein fahles Gesicht mit Falten und grauen Haaren entgegenschaut.
Was kann man tun? Wie die Mauer überwinden? Wie endlich den Job finden, der hundertprozentig zu einem passt?
Wer von sich aus den Job wechselt und dies nach einem Plan macht – wie es die beiden Autoren getan haben –, hat das Gefühl von Selbstbestimmung, erlebt einen Motivationsschub, verbessert seine Performance und ist am Ende erfüllt und glücklich.
Das Buch richtet sich nicht an Menschen, die aussteigen wollen, sondern an diejenigen, die umsteigen, die sich einbringen und in ihren Jobs wachsen wollen. Es ist von zwei Praktikern geschrieben, die viel Erfahrung im Jobwechseln mitbringen, die wissen, wie man sich in Unternehmen, auch in großen, bewegt. Es beinhaltet praktikable Lösungen, ist persönlich, steckt voller Beispiele und verliert den Bezug zu unserem Arbeitssystem nicht aus den Augen.
Der Inhalt folgt einer ganz klaren Struktur: Ich habe ein Bauchgefühl, entwickle ein Ziel und einen Plan, wage den Absprung und lande genau da, wo ich hinwill – in dem Job, der genau zu mir passt. Der Schlüssel zum beruflichen Glück ist also nicht die Flucht vor einem Job, sondern das Finden des richtigen Jobs.
Über die Autoren
Emilio Galli Zugaro berichtete 6 Jahre als Wirtschaftskorrespondent aus der ganzen Welt, bevor er bei der Allianz in München anfing und dort 23 Jahre lang die Unternehmenskommunikation leitete. 2015 verließ er den Versicherungskonzern auf dem Höhepunkt seiner Karriere, um beruflich nochmals neu durchzustarten. Er verfügt über ein Portfolio von Tätigkeiten, die so vielfältig sind wie er selbst: Aufsichtsrat und Beirat, Berater und Coach, Mentor und Dozent.
Jannike Stöhr hatte mit Mitte zwanzig alles, was man sich in dem Alter wünschen kann: eine gute Ausbildung, einen sicheren Job in der Personalabteilung von Volkswagen, ein ordentliches Gehalt. Doch sie wusste: Das kann’s nicht gewesen sein. So probierte sie 30 Jobs in einem Jahr aus, hat darüber ein Buch geschrieben und unzählige Vorträge gehalten. Sie berät Menschen, die ihr berufliches Dasein verbessern wollen, und beschäftigt sich mit der Arbeitswelt von morgen.
EMILIO GALLI ZUGARO
JANNIKE STÖHR
ICH BIN SO FREI
RAUS AUS DEM HAMSTERRAD – REIN IN DEN RICHTIGEN JOB
UNTER MITARBEIT VON
CLAUDIA STRASSER
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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
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© 2018 Ariston Verlag
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München.
Alle Rechte vorbehalten
Redaktion: Evelyn Boos-Körner
Umschlaggestaltung: Walter Schönauer, Berlin
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN: 978-3-641-22578-0
V003
Inhalt
Kapitel 1 Wie alles begann (Emilio)
Kapitel 2 Das Bauchgefühl – wenn man spürt, dass sich etwas ändern muss (Jannike)
Kapitel 3 Die Bestandsaufnahme – die eigenen Stärken erkennen und Flow erleben (Emilio)
Arbeit, Karriere oder Bestimmung?
Holz für meine Bücher
Bestimmung
Was ist Motivation?
Wie finde ich meine Stärken?
Wie setzt man die Stärken ein?
Auf Stärken setzen erhöht Ihre Leistung
Flow – der Turbo für Ihre Performance
Adieu, mein lieber Märtyrer
Kapitel 4 Auf dem Weg in die Zukunft – die Träume, die Fähigkeiten (Reality), der Plan (Emilio)
Beruf: ein Traum oder ein Wunsch?
Der Realitätscheck
Die Vision: zuerst provisorisch, bitte!
Die Elemente Ihres Planentwurfes
Der Ort Ihrer Zukunft
Das Berufsfeld für Ihre Zukunft
Die Art der Tätigkeit
Der vorläufige Plan oder die Arbeitshypothese
Kapitel 5 Das Umfeld – allein geht es auch, aber mit Freunden und Familie geht es leichter (Emilio)
Wenn der Partner nicht mitspielt
Umsteigen könnte mehr Nähe bringen
Gemeinsames Umsteigen?
Leben versus Arbeit?
»Agility« leben – wenn die eigene Firma mitdenkt
Die Personal- und Führungskultur in Ihrer Firma
Etwas alt und etwas neu – über die Vorzüge der Teilzeitarbeit
Wenn der Chef das Problem ist
Kapitel 6 Die ersten Schritte – ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren (Jannike)
Denken Sie um: Falls Sie keinen Job als Profifußballer finden, werden Sie Trainer oder Kommentator
Zeit: Gut Ding will Weile haben
Formen des Ausprobierens
Design Thinking – ein Ansatz zum Test von Geschäftsideen
Während des Ausprobierens
Kapitel 7 Das Netzwerk – wie Beziehungen helfen können (Jannike)
Netzwerken, igitt
Angst vor Zurückweisung
Wer helfen kann
Interview mit Osvaldo Danzi, Headhunter
Interview mit Patrick Baumann, Billardsalonbetreiber und digitaler Nomade
Kapitel 8 Die letzten Vorbereitungen – wann ein Quereinstieg funktionieren kann und wann es sich lohnt, noch einmal die Schulbank zu drücken (Emilio)
Kapitel 9 Der Absprung – wie man sich traut und mit dem neuen Leben loslegt (Jannike)
Interview mit Sabine Kluge, ehemalige Siemens-Mitarbeiterin
Die Kündigung
Das Kündigungsgespräch
Die formale Kündigung
Die letzten Wochen vor dem Abschied
In Kontakt bleiben
Interview mit Susanne Ransweiler, Expertin für Alumni-Netzwerke
Die unfreiwillige Kündigung
Interview mit Dr. Peter Rölz, Arbeitsrechtler, zur besten juristischen Vorbereitung auf das Umsteigen
Kapitel 10 Nach dem Umsteigen ist vor dem Umsteigen – welche Fehler man vermeiden sollte und wie man seine berufliche Zufriedenheit nachhaltig sichert (Jannike)
Geschichten vom gescheiterten Umsteigen
Auch wichtig zu wissen
Wahres Glück
Interview mit Tal Ben-Shahar, Harvard-Professor für Glücksforschung
Schlusswort
Danksagung
Anmerkungen
Kapitel 1
Wie alles begann
(Emilio)
Ein milder Morgen im September in München. Ich bringe meinen Fünfjährigen in den Kindergarten und treffe Martin, den Vater vom kleinen Moritz, den er lässig auf den Schultern trägt und der noch nicht richtig wach ist. Martin ist vorgestern aus dem Urlaub in Südfrankreich zurückgekommen und schwärmt vom Essen und der Sonne. Und fügt, ganz unvermittelt, hinzu: »Wir sind erst zwei Tage aus dem Urlaub zurück, und ich bin schon wieder im Hamsterrad. Das geht so nicht weiter.« Martin ist Banker, Vorstand einer angesehenen Lokalbank. Seine Frau ist eine erfolgreiche Wirtschaftsprüferin, der kleine Moritz hat aus dem Genpool eine Menge Grips mitbekommen. Und ein cooles Kinderzimmer in einer wunderschönen Münchener Wohnung. Seine Eltern haben zwei Autos, deren Marken (BMW und Audi) Moritz natürlich kennt. Er ist auch das Fliegen gewohnt, denn seit seiner Geburt fliegt er mit seinen Eltern in nahe und ferne Urlaubsländer. Diesen Bilderbuchvater, der aus dem Werbespot eines Vermögensverwalters entsprungen scheint, treiben Ausstiegsgedanken um? »Hast du denn deine Schäfchen schon im Trockenen?«, frage ich, wissend, dass auch die wohlhabenderen Münchener sich über beide Ohren verschulden, um sich eine Wohnung zu kaufen. Die Immobilienpreise in der bayerischen Landeshauptstadt haben immerhin ein Niveau, das mit dem in New York oder London vergleichbar ist. Kann er sich einen Ausstieg leisten? »Egal«, sagt er. »Ich kann mich zwar nicht zur Ruhe setzen, aber ich muss etwas anderes machen. Geld ist nicht alles.« Sagt ein Banker!
Sein Thema ist also das Umsteigen, nicht das Aussteigen.
Als ich nach Hause komme, frage ich meine Frau, ob irgendetwas auf meine Stirn tätowiert sei. Sie schaut mich perplex an. Es ist nämlich so, dass ich seit knapp zwei Jahren immer wieder solche Szenen erlebe. Ob es der alte Schulfreund in Mailand ist, ein erfolgreicher Headhunter. Oder unsere Haushaltshilfe in Umbrien. Oder meine Freunde und Bekannten in London, Frankfurt und Berlin. Nicht zu schweigen von meinen Coaching-Kunden. Ich muss etwas auf meiner Stirn tätowiert haben, denn warum sonst würden mich die Leute andauernd auf dieses Thema ansprechen? So etwas wie: »Bist du im Job unglücklich? Sprich mich an!« Oder liegt es vielleicht daran, dass ich vor zwei Jahren selbst umgestiegen bin und alle diese Menschen mir ansehen, wie gut es mir damit geht? Das ist wohl eher der Fall.
Bei einem der schönen Treffen mit Jannike Stöhr, deren Erfolg als Autorin des Buches »Das Traumjobexperiment – 30 Jobs in einem Jahr« ich verfolgt hatte, erzählte sie von ähnlichen Erlebnissen.
Aha, also nicht nur Babyboomer und Europäer der »Generation Golf«, so wie ich sie aus meinem beruflichen und privaten Umfeld kenne, stellen sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit des eigenen beruflichen Alltags. Auch Millennials aus China oder Brüssel oder wie Jannike aus Berlin stellen sie sich. Nicht mit dem – immer schon existenten – eskapistischen Wunschtraum, im Lotto zu gewinnen und nach Südspanien zu ziehen, sondern mit der Ernsthaftigkeit, Veränderung anzugehen. Hier und jetzt, in der Wirklichkeit, nicht in den Mittagsträumen im Schatten der Eiche in den Sommerferien.
Oder vielmehr: Immer mehr Leute nehmen diese Träume ernst. Na ja, sie wollen sie ernst nehmen. Aber es ist so schwer. Das Darlehen ist abzubezahlen. Ich habe jahrelang in Studium und Ausbildung investiert, soll das alles für die Katz gewesen sein? Was wird meine Familie sagen? Und, ungebeichtet und verborgen, aber immer präsent: die Angst. Angst vor dem Scheitern eines Berufswechsels. Angst vor dem Ungewissen. Angst vor der Selbstständigkeit. Angst vor Veränderung.
Die Angst ist allgegenwärtig. Beim DAX-30-Chef, der seine Schäfchen schon lange im kuscheligen Stall weiß, genauso wie beim Oberarzt oder bei Martin, dem Banker in der Münchener Privatbank. Alles Menschen, die keine wirtschaftlichen Katastrophen zu befürchten haben, wenn sie bereit sind, sich ein bisschen einzuschränken.
Aber Angst hat auch die Referatsleiterin im großen Elektrokonzern, die sich intern bewerben möchte. Wie wird der Chef reagieren? Ist die neue Chefin besser? Werde ich es packen? Wie wird sich mein Leben verändern, wenn ich wechsle?
Jeder hat Angst. Ich, zum Beispiel, habe Höhenangst. Sonst habe ich keine großen Probleme mit Belastbarkeit. Stecken Sie mich in die Kombüse eines Segelbootes bei Windstärke sechs und lassen Sie mich eine Pastasauce kochen, während die Klos ihren Unrat ausspucken. Ich kann einfach nicht seekrank werden, mir wird nicht übel. Aber stellen Sie mich auf einen Stuhl, und ich traue mich kaum hinunterzuschauen. Ich habe eine Höllenangst vor der Höhe. Doch wie oft bin ich von Stühlen oder niedrigen Mauern trotz meiner Höhenangst gesprungen, ohne mich zu verletzen? Jedes Mal. Das habe ich spät begriffen. Erst als ich es ausprobiert habe. Immer wieder habe ich es gemacht. Wohl fühle ich mich immer noch nicht, die Höhenangst ist noch da. Aber ich weiß: Es geht.
Irgendwann im letzten Jahrtausend habe ich einen Vortrag über Vertrauen gehalten. Aus meiner früheren, manchmal barocken Verliebtheit in die Sprache habe ich die Rede mit folgenden zwei Sätzen begonnen: »Vertrauen ist wichtig. Aber sich trauen auch.« Ist immer noch im Internet zu finden. Ehrlich gesagt: Ich habe vor allem das Spiel mit den Worten »Vertrauen« und »sich trauen« gemocht, den Sinn der Aussage hatte ich weniger im Fokus. Mit den Jahren habe ich mir diese Aussage allerdings zu eigen gemacht. Ich habe Dutzende Male gesehen, dass es sich lohnt, sich zu trauen. Dass 80 Zentimeter auch mit Höhenangst nicht zu gigantischen zehn Metern anwachsen.
Man kann wagen. Man sollte wagen. Denn – hier kommt eine »Binse« – wir haben nur ein Leben. Und so wie die Höhe eines Stuhles kein Drama ist, so kann eine Binsenweisheit auch wertvoll und richtig sein. Welche Bilder ziehen vor meinem inneren Auge an mir vorbei, wenn ich auf der Intensivstation von meinem Leben Abschied nehme? Habe ich etwas erreicht? Habe ich geliebt? Wurde ich geliebt? Hatte ich ein glückliches Leben? Habe ich etwas geschaffen, hinterlasse ich etwas? Ja, hat mein Leben einen Sinn ergeben?
Mindestens eine dieser Antworten können wir auf jeden Fall selbst beeinflussen: unser Arbeitsleben. Der Beitrag eines glücklichen und sinnhaften Berufslebens für das Fazit am Ende unserer Reise kann enorm sein. Vor allem, wenn es nicht vom Rest des Lebens isoliert ist, von der Familie, der Liebe, der Freundschaft, der Erkenntnis. Der richtige Job ist immer Ausdruck des Menschen, der wir sind. Im richtigen Job verstellt man sich nicht, man arbeitet, wie man ist, man ist, wie man arbeitet.
»Blablabla. Scharlatan. Heilpraktiker. Schon wieder so ein unnützer Ratgeber für den beruflichen Erfolg von einem Guru für Arme, der mir einreden will, dass ich als Schadensachbearbeiter für die Buchstaben »R« bis »Sch« tatsächlich eine Chance hätte, als Schauspieler in Hollywood zu reüssieren. Der mir dann mit dem üblichen Zeugs daherkommt: Fleiß, Disziplin, Lernen, gute Ausbildung und dir steht die Welt offen. Aha, und was ist mit der Zicke aus der Personalabteilung, deren Onkel im Aufsichtsrat sitzt und die jetzt wieder befördert wurde, obwohl sie von Führung so viel versteht wie vom Dechiffrieren etruskischer Grabinschriften? Und warum werde ich nicht befördert?« So könnte mancher Leser jetzt denken.
Das ist kein Buch, das beschreibt, wie man die eigene »Karriere« optimiert oder wie man, mit oder ohne Vitamin B, befördert wird. Das ist ein Buch, das zeigt, wie man ein glücklicheres Erwerbsleben führt. Ob in der gleichen Firma oder durch einen Berufswechsel. Ob durch den Gang in die Selbstständigkeit oder den Aufbau eines Portfolios an unterschiedlichen Tätigkeiten, die am Ende des Monats nicht nur ein Einkommen, sondern viel Genugtuung, Vielfalt und Spaß bringen.
Heute sind die Chancen dafür großartig. Wir wissen viel mehr darüber, was Menschen motiviert, ja sogar, was sie glücklich macht. Wir können heute viel besser und genauer erfahren, welche Stärken wir haben. Wir wissen, wie man effektiv lernt. Die Arbeitswelt verändert sich, fordert unentwegt mehr Flexibilität, und diese Transformation sollte keine Angst machen, man sollte vielmehr die Chancen darin sehen.
Die neue Welt der Arbeit ist ein ideales Gewässer, um auf der Welle der eigenen Stärken zu reiten, anstatt sich stundenlang in der Muckibude einen starken Oberkörper anzutrainieren, um gegen den Strom der Veränderung anzuschwimmen.
Wir, die beiden Autoren, haben diese Erfahrung gemacht, sogar mehrmals. Es geht, wenn man Mitte 50 ist und in den Augen der Allgemeinheit schon auf dem Abstellgleis steht, um Platz für die jungen Kräfte zu machen. Es geht, wenn man Mitte zwanzig ist und sich nicht ins gemachte Bett legt, sondern als Frau in die Welt zieht, um Neues auszuprobieren.
Wie das geht, erzählen wir in diesem Buch.
Wir schaffen den Wandel zum glücklicheren Berufsleben, indem wir bei uns selbst, bei unseren Stärken anfangen. Indem wir Dinge ausprobieren, sie mit den richtigen Leuten besprechen und uns aus- und weiterbilden. Indem wir auf vorhandenes Wissen aus unterschiedlichen Disziplinen zurückgreifen, aus der Neurowissenschaft, der Psychologie, dem Management und der Personalführung. Indem wir unser Leben selbst in die Hand nehmen und gestalten. Das hilft uns sogar, auf Unvorhergesehenes angemessen zu reagieren und eine Chance von einer Fata Morgana zu unterscheiden. Indem wir den gesunden Menschenverstand wiederentdecken. Indem wir aus all dem einen Plan schmieden. Keinen Businessplan. Eine Schatzsuche, ein ernstes und fröhliches, ludisches und professionelles Suchen und Finden. Und zwar nicht ein für alle Mal, sondern so, dass wir uns immer wieder auf eine neue Schatzsuche begeben können. Die Kiste mit unseren Talenten entdecken, die uns, einmal geborgen, zu besserer Leistungskraft bringen, Energie geben und Erfüllung bei der Arbeit. Die Juwelen in der Truhe sind die individuelle Übersetzung der drei Pfeiler der Motivation: Exzellenz, Selbstständigkeit und Sinnhaftigkeit. Worin bin ich so gut, dass ich exzellente Arbeit leisten kann? Wie viel Selbstständigkeit brauche ich, um zu reüssieren? Was ist der Sinn dieses Arbeitens? Wenn ich auf alle drei Fragen Antworten finde, habe ich meinen Schatz geborgen.
Letztendlich ist dies nicht nur eine Suche nach einem erfüllteren Arbeitsleben, es ist auch eine Suche nach sich selbst. In diesem Buch beschränken wir uns allerdings nur auf das Berufliche, weil wir uns damit auskennen.
Wer sind wir, die Autoren, eigentlich? Welche Erfahrungen mit dem Umsteigen haben wir? Warum schreiben wir dieses Buch?
Jannike Stöhr arbeitet als Coach rund um Fragen des Berufs und der Karriere, als Unternehmerin, als Bloggerin. 1986 in Emden geboren, hat sie schon den Einstieg und den Umstieg geprobt und erfolgreich gemeistert. Als Referentin bei Volkswagen hat sie in Deutschland und China das Personalhandwerk von der Pike auf gelernt und war schon auf der Aufstiegsrampe im Unternehmen, als sie sich die Frage nach dem Sinn ihres so geschmeidig verlaufenden Berufslebens stellte. Um sich herauszufordern, hat sie in einem Jahr 30 Jobs ausprobiert und darüber ein Buch geschrieben. Die Notwendigkeit, neue Dinge auszuprobieren, um Veränderung erfolgreich zu gestalten, ist eine der wichtigsten Erkenntnisse ihrer Arbeit. Diese Erfahrung überzeugt auch ihre Kunden, die zu ihr kommen, um zu lernen, wie man sich beruflich verändern kann. Viele Fragestellungen sind ähnlich: Wo fange ich an? Woher weiß ich eigentlich, was ich will und was ich kann? Wie stelle ich es konkret an, mich zu verändern? Muss sich mein Chef kümmern oder ist es meine Aufgabe, an meine berufliche Entwicklung zu denken? Die Antworten hat sie jetzt schon – sie ist erst seit 2016 selbstständig – unzählige Male gegeben. Mit diesem Buch will Jannike die von ihr in den letzten Jahren gefundenen Antworten ordnen und sie einem breiten Publikum zugänglich machen, denn leider kann nicht jeder eine ihrer Sitzungen besuchen, in denen sie persönlichen und maßgeschneiderten Rat gibt. Und der Tag hat ja nur 24 Stunden, der gute Tag widmet davon ein gutes Drittel dem Schlaf, und der Rest ist weise in Muße und Geschäftigkeit zu teilen, wie bei den alten Römern, bei denen das Geschäft (Neg-otium) definiert war als Negation der Muße (Otium).
Müßige Gründe führen indes den alten Römer Emilio Galli Zugaro, der 1960 in Neapel geboren wurde, zu diesem Buchprojekt. Sein Mathelehrer attestierte ihm schon früh eine ausgeprägte Begabung zur »produktiven Faulheit«. Warum mehr investieren, wenn man auch mit geringem Einsatz ein ausreichendes Ergebnis erzielen kann? Und Faulheit ist Emilios Motiv: Der Großteil der Menschen, die seinen Rat in beruflichen Fragen suchen, sind unzufrieden mit ihrem Job. Und immer wieder muss er dieselben Fragen an seine zahlenden (nur zwei bis drei im Jahr) und nicht zahlenden (Dutzende von) Ratsuchenden stellen. Um Zeit für ein Nickerchen zu erübrigen oder um einen Spaziergang mit dem im Kinderwagen schlummernden Jüngsten im wunderschönen, wohnungsnahen Münchener Südfriedhof zu machen, kann er den Ratsuchenden nun dieses Buch empfehlen. Erstaunt ist er darüber, wie wenig auch hochqualifizierte, begabte, erfolgreiche und intelligente Menschen über die eigenen Grenzen und Talente und das, was sie damit anfangen können, wissen. Beim Blick auf sein eigenes Berufsleben hätte ihm schon vorher ein Licht aufgehen können. Obwohl nur mittelmäßig begabt, ist er viel herumgekommen und hat dabei seine kargen Talente voll ausgeschöpft. In der Politik, als Journalist, als Kommunikationsmanager, als Dozent an der Uni und heute als Executive Coach, Aufsichtsrat und Berater tätig, ist er beruflich schon mehrmals umgestiegen. Und diese Routine kann vielen Menschen zugutekommen. Vor allem, weil sie Freude bringt.
Damit wird bereits klar, dass dies kein Buch für Personalexperten ist. Es ist auch kein Buch für finanziell versorgte Topmanager, die aus dem Hamsterrad aussteigen wollen, um jeden Abend einen Pastis im Sénéquier in Saint-Tropez trinken zu können.
Wer braucht dieses Buch nicht? Wenn Sie die nächsten vier Fragen mit »Ja« beantworten, brauchen Sie dieses Buch nicht:
Haben Sie vier Mal mit »Ja« geantwortet?
Gratulation! Sie brauchen dieses Buch nicht, es sei denn, Sie lesen gerne gute Bücher, auch wenn Sie den Inhalt nicht »nutzen« wollen. Jannike und Emilio brauchen es auch nicht. Sie schreiben einfach gerne und haben Freude daran, mit ihren Ideen und Ratschlägen die Zahl derer zu steigern, die kein solches Buch brauchen. Sollten Sie jedoch eine oder mehrere Fragen mit »Nein« beantwortet haben, finden Sie in diesem Buch vielleicht einen Weg, aus Ihrer persönlichen Zwickmühle auszubrechen. Wir schlagen keine Allheilmittel vor, sondern geben Stimuli zum Nachdenken, Anregungen, Beispiele aus dem wahren Leben. Doch aus diesen Impulsen können nur Sie selbst Ihre eigenen Rückschlüsse ziehen. »It takes two to tango.« Es bedarf nicht nur der Inspiration, sie muss auch in Ihre Realität eingeflochten werden. Sie müssen sie anpassen an Ihr Leben.
Nicht nur, weil ein einfaches Buch nie die Lösung für alle Probleme bieten könnte. Es gibt noch einen viel gewichtigeren Grund, dieses Buch nur als Stimulus zu sehen: Je mehr Sie dieses neue Leben gestalten, es sich zu eigen machen, je mehr Sie unsere Tipps in die für Sie hilfreiche Praxis übersetzen, desto mehr gehört Ihnen Ihr neues Leben.
Natürlich freuen wir uns, mit diesem Buch den ein oder anderen Anstoß zu geben. Schöner ist es jedoch, wenn unsere Hinweise und Fingerzeige übersetzt und in Ihr eigenes Zukunftsrezept verwandelt werden. Denn das ist für Ihre Erfüllung mindestens genauso wichtig wie das tatsächliche Ausüben einer neuen Tätigkeit. Es wird zu Ihrem neuen Leben.
Ein erfüllteres Berufsleben zu führen ist im Interesse eines jeden, der arbeiten muss. Und jeder kann es schaffen.
Bevor wir gleich richtig einsteigen, will ich abschließend noch von einem meiner wohl schwersten Personalgespräche berichten. Es ging um die äußerst dürftige Performance von Teresa, unserer Haushaltshilfe in unserem Haus in Umbrien. Die schlechteste ihrer Branche in unserem Sonnensystem und wahrscheinlich auch über die Milchstraße hinaus. Wenn wir uns von unserem Haus nach einem sonnigen Sommer in Umbrien Richtung Deutschland und Oktoberfest verabschieden, hinterlassen wir unser Haus stets sauber und ordentlich. Wenn wir im Spätherbst wiederkommen, ist Teresa vier oder fünf Mal zum Putzen und Aufräumen da gewesen. Bezeichnenderweise befand sich das Haus jedoch jedes Mal in einem schlechteren Zustand als bei unserer Abreise. An einem warmen umbrischen Vormittag musste ich ihr eröffnen, dass es so nicht weiterginge. Mehrmals hatte ich sie darauf aufmerksam gemacht, auf die italienische Art, gesichtswahrend und feinfühlig, doch jetzt war eine Grenze erreicht worden. Es ging nicht um das Geld, das umsonst investiert worden war, es ging um meine Faulheit. Ich hatte keine Lust, nach acht Stunden Autofahrt als Erstes den Staubsauger rauszuholen und das Geschirr neu zu spülen. Die Zeit des Adieu, des Addio, war gekommen. Nach meiner Eröffnung fing Teresa an zu weinen. Ich hätte ja keine Ahnung, wie schwer es sei, drei Kinder und einen arbeitslosen Mann zu ernähren, wenn man keine Ausbildung hat. Dann kann man nichts anderes tun als putzen, auch wenn man es nicht kann. Und übrigens auch nicht mag. Ihre Arbeit sei ihr ein Graus, aber die Provvidenza, die göttliche Vorsehung hätte ihr eben diese schwere Prüfung auferlegt. Und so weiter im neapolitanischen Pathos, das mir trotz meiner Geburt in der Stadt am Vesuv so fremd ist. Die vielen Tränen, die ihr schluchzend über das zum Boden gerichtete Gesicht strömten, ließen mich natürlich nicht kalt. Faulheit und Barmherzigkeit lieferten sich in meiner Brust einen Zweikampf, bis sich mit einem Mal der Zorn einmischte und die Oberhand gewann.
Es klopfte an der Küchentür, und vor mir standen meine australischen Freunde, die ich zum Mittagessen eingeladen hatte. Vor lauter Heulen und Trösten hatten Teresa und ich die Zeit vergessen, und mein sorgsam ausgetüfteltes Menü war nichts als eine Ansammlung von Zutaten im Kühlschrank und in der Vorratskammer. Ich hatte weder den Tisch gedeckt noch irgendetwas gekocht. Es gab also kein Mittagessen, geschweige denn ein ausgetüfteltes Menü. Ich zischte Teresa zu, dass ich das nun davon hätte, ihrem stundenlangen Geheule zugehört zu haben: Zwei mir sehr wichtige Gäste im Haus und nichts auf dem Tisch!
Da raunte Teresa mir zu: »Setz dich draußen auf die Veranda und mach Small Talk. In 20 Minuten kriegt ihr was zu essen.« Und ohne mir eine Frage nach meinen kulinarischen Plänen zu stellen, scheuchte sie mich aus der Küche. In null Komma nichts zauberte sie ein wunderbares Essen, das viel besser war, als ich es je hätte kochen können. Neapolitaner können einfach himmlisch kochen und Teresa besonders. Hausmannskost würde man das in Deutschland nennen: Pasta mit frischen Tomaten, Büffelmozzarella und Peperoncino. Kalbs-Scaloppine mit Zitrone.
Die Geschichte ist fast zu Ende. Teresa bietet heute wohlhabenden Haushalten ihre Kochkünste an, und Gastgeber, die sie engagieren, lassen bei Einladungen – ganz nebenbei – die Information fallen, dass Teresa kochen wird. Eine Einladung, bei der sie kocht, schlägt nur ein Idiot aus, na ja, vielleicht auch ein Asket, der kein Idiot ist. Und Teresas Geschäfte laufen heute auf Hochtouren.
Alle sind glücklich über die Fügung des Schicksals, denn wie sich herausstellte, ist die Cousine von Teresa eine bombastische Haushaltshilfe. So kommen wir zu einem sauberen Haus und der Clan von Teresa zu zwei Einkommensquellen, die von Teresa und die von Carmela, der Cousine aus Salerno. Die Gastgeber und ihre Gäste kommen in den Genuss von Teresas Kochkünsten und machen sich bei ihren Gästen beliebt, denn schließlich kommt dem Essen in meiner Heimat eine besondere Stellung zu: Gastfreundschaft und Kalorienkonsum gehen fast immer Hand in Hand.
Wäre das eine Fallstudie von McKinsey, könnte man von einer klassischen Win-win-win-Situation sprechen.
Teresas Fall zeigt uns: Jeder kann es schaffen.