Dr. Martin Hirte
Impfen – kurz & praktisch
Orientierungshilfe für Eltern bei der Impfentscheidung
Knaur e-books
Dr. Martin Hirte, Jahrgang 1954, ist Facharzt für Kinderheilkunde und hat seit 1990 eine klassisch homöopathisch ausgerichtete Kinderarztpraxis mit Schwerpunkt Allergologie in München. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Dr. Martin Hirte ist Mitherausgeber des Buches »Homöopathie in der Kinder- und Jugendmedizin«.
Originalausgabe April 2018
© 2018 Knaur Verlag
© 2018 der eBook-Ausgabe Knaur eBook
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit
Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Redaktion: Stefanie Egner
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: Gettyimages/Plume Creativ
ISBN 978-3-426-43843-5
Spätestens mit dem dritten Lebensmonat Ihres Kindes werden Sie als Eltern mit der Impffrage konfrontiert. Die Gesundheitsbehörden sehen ab diesem Alter ein umfangreiches Impfprogramm vor. Impfungen werden als wichtigste und wirkungsvollste Präventionsmaßnahme zur Verhütung von Infektionskrankheiten dargestellt.
Impfungen sind jedoch nur ein Aspekt von Krankheitsvorsorge und nicht immer der kostengünstigste, wirksamste und schonendste. Es werden immer mehr Impfstoffe entwickelt und zugelassen, bei denen der individuelle und gesellschaftliche Nutzen unklar ist. Angesichts der übereilten Zulassungen vieler Impfstoffe und der im Jahrestakt erweiterten Impfempfehlungen muss man sich fragen, ob die zuständigen Behörden hier die nötige Sorgfalt walten lassen.
Eine wichtige offene Frage ist vor allem die Sicherheit. Impfstoffe werden in diesem Aspekt schlechter untersucht als alle anderen Medikamente, denn sie werden in der Regel nicht gegen Placebo getestet. Da es sich beim Impfen jedoch um einen Eingriff an gesunden Menschen handelt, müssten Nutzen und Risiko genau untersucht und gegeneinander abgewogen werden.
In diesem Impf-Ratgeber gehe ich in Kurzform auf verschiedene Aspekte des Impfens und auf die in Deutschland, Österreich und der Schweiz empfohlenen Impfungen für Kinder ein. Ausführlichere Informationen und Literaturhinweise finden Sie in meinem 2012 erschienenen Buch »Impfen – Pro und Contra«, das stets aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht wird.
Als Mitglied des Vereins »Ärzte für individuelle Impfentscheidung« spreche ich mich entschieden gegen die Einführung einer Impfpflicht aus, wie sie mit populistischen und postfaktischen Argumenten immer wieder gefordert wird. Weder gibt es in Deutschland eine »zunehmende Impfmüdigkeit«, noch drohen Infektionskrankheiten mit hoher Sterblichkeit und epidemischer Ausbreitung.
Mit der Forderung nach einer Impfpflicht sollen Eltern diszipliniert werden, die sich zu Präventionsmaßnahmen eigene Gedanken machen. Wenn ein demokratischer Staat solche Maßnahmen als sinnvoll ansieht, muss er auf Aufklärung setzen. Die UNESCO hat 2005 einstimmig formuliert: »Jede präventive, diagnostische und therapeutische medizinische Intervention hat nur mit vorheriger, freier und nach Aufklärung erteilter Einwilligung der betroffenen Person auf der Grundlage angemessener Informationen zu erfolgen.«
Eine Masern-Impfpflicht könnte ein Türöffner sein für weitere verpflichtende Impfungen und medizinische Maßnahmen, die das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Elternrecht auf Pflege und Erziehung und das Recht auf Religionsfreiheit aushebeln. Gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte muss solchen Initiativen Einhalt geboten werden.
Die öffentlichen Impfempfehlungen werden von den zuständigen Kommissionen ständig überarbeitet und ausgeweitet. Jeder neu entwickelte Impfstoff hält über kurz oder lang Einzug in die Impfempfehlungen, ohne dass Verträglichkeit, Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz genügend geklärt sind. Die ursprüngliche Absicht von Impfprogrammen, lebensbedrohliche Seuchen zu verhindern, ist längst verlassen: Die Verantwortlichen gehen grundsätzlich davon aus, dass jede Impfung mehr nützt als schadet. Das kommt nicht von ungefähr: Zahlreiche Mitglieder der nationalen Impfkommissionen haben enge Verbindungen zu den Impfstoffherstellern.
So bleiben viele Fragen offen: Ist es sinnvoll, diese oder jene Krankheit zu verhindern oder auszurotten? Was sind die Langzeitfolgen einer Impfung, und führt sie tatsächlich zu mehr Gesundheit? Welche Kosten kommen auf das Gesundheitswesen zu, und welchen Effekt könnte man mit diesen Geldern in anderen Bereichen der gesundheitlichen Vorsorge erzielen?
Eine verlässliche Risiko-Nutzen-Abwägung ist weder für den Impfling noch für den Arzt möglich. Daher sind die Impfempfehlungen verfassungsrechtlich zweifelhaft: Der Staat verstößt hier gegen seine grundrechtlichen Schutzpflichten. Dessen ungeachtet werden Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen zunehmend dazu verpflichtet, durch die Organisation von Impfheftkontrollen und künftig wohl auch durch Denunziationen den Vollzug von Impfungen zu forcieren.
Die Impfpläne in Deutschland, Österreich und der Schweiz ähneln sich weitgehend. Die Schweizer Behörden priorisieren, das heißt, sie unterscheiden zwischen wichtigen Basisimpfungen und weniger wichtigen Ergänzungsimpfungen. In Deutschland und der Schweiz werden alle öffentlich empfohlenen Impfungen von den Krankenkassen bezahlt. In Österreich ist die Kostenübernahme auf bestimmte Impfungen und Impfstoffe beschränkt.
Die nationalen Impfempfehlungen sind im Internet leicht zu finden, wenn Sie im Browser eingeben:
für Deutschland: »Empfehlungen STIKO«
für Österreich: »Impfplan Österreich«
für die Schweiz: »Schweizerischer Impfplan«
Die öffentlichen Impfempfehlungen gelten als medizinischer Standard. Jeder Arzt muss sie kommunizieren und die entsprechenden Impfungen anbieten. Bei Abweichung begibt er sich in eine juristische Gefahrenzone: Er kann für Krankheiten haftbar gemacht werden, die wegen unterlassener Impfungen auftreten. In Deutschland haben Ärzte auch deutliche wirtschaftliche Vorteile, wenn sie maximal impfen, denn Impfleistungen belasten nicht das gedeckelte Budget. Die meisten Ärzte bieten aufgrund dieser Situation keine Alternativen zum offiziellen Impfplan an.
Ärztliche Kunst besteht jedoch nicht aus blinder Befolgung von Leitlinien, juristischer Absicherung und Ausloten der Gebührenordnung. Sie gründet auf der Verantwortung für die Gesundheit jedes einzelnen Patienten, und dabei spielen neben dem medizinischen Wissen auch Erfahrung und Intuition eine große Rolle. Oberste Maxime sollte es sein, dem Patienten nicht zu schaden und jede ärztliche Maßnahme gründlich abzuwägen.
Patientenorientierte Ärzte bieten daher ein individuelles Vorgehen beim Impfen an. Wenn Sie nicht alle Impfungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchführen lassen wollen, dann suchen Sie einen Arzt auf, der keinen Druck ausübt, der Ihnen verschiedene Wege beim Impfen aufzeigt und der auf Ihr gut informiertes Einverständnis Wert legt. Das kann auch bei Kindern einmal ein Hausarzt oder Erwachsenenmediziner sein.
Wünschen Sie ein Abweichen von den öffentlichen Impfempfehlungen, wird Ihr Arzt das dokumentieren und es sich schriftlich von Ihnen bestätigen lassen. Zu seiner juristischen Entlastung reicht etwa folgender Wortlaut aus: »Ich bin über die öffentlichen Impfempfehlungen aufgeklärt worden, möchte aber nicht, dass mein Kind (danach) geimpft wird.«
Seit Jahren sind Impfstoffe die Arzneimittelgruppe mit der größten Umsatzsteigerung. Die öffentlichen Empfehlungen machen sie zu profitablen Selbstläufern, denn Marketing wird dadurch weitgehend überflüssig. Zudem befinden sich die Impfstoffhersteller in einem geschützten Bereich: Bei Schäden durch empfohlene Impfungen übernimmt die öffentliche Hand die Haftung – vorausgesetzt, der Geschädigte kann überzeugend darlegen, dass die Impfung die wahrscheinliche Ursache ist.
Die Forschung im Impfbereich wird nahezu ausschließlich von den Impfstoffherstellern finanziert und strebt den Wirksamkeitsnachweis von Impfstoffen in möglichst kurzer Zeit an, ohne die Sicherheit und vor allem langfristige Nebenwirkungen ausreichend zu prüfen. Dieses Vorgehen wird den Herstellern leicht gemacht, denn die Zulassungsbehörden sparen wichtige Sicherheitsaspekte bei der Prüfung aus. Sie legen die Hürden niedrig, weil sie sich vorrangig über die Zulassungsgebühren finanzieren.
Es gibt auch keine systematische Beobachtung eventueller Probleme nach der Einführung und massenhaften Anwendung neuer Impfstoffe. Die Hersteller werden hierzu nicht verpflichtet, und freiwillige Meldesysteme für Impfnebenwirkungen sind eine Farce. Es werden schätzungsweise nur fünf bis zehn Prozent aller Impfkomplikationen gemeldet.