Sinn-volle

Geschichten

3

99 Weisheiten, Erzählungen und Zitate,
die berühren und inspirieren.

2. überarbeitete Auflage

Gisela Rieger

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Warum dir manche Menschen mit einem Lächeln begegnen

Der wahre Wert des Rings

Es kommt häufig vor …

Ethik oder die 101. Kuh

Siegen, ohne zu kämpfen

Reichtum namens „Zufriedenheit“

Am Leben erfreuen

Der trennende Fluss

Das Band der Eintracht

Fünfzig Jahre Höflichkeit

Der Schnitzer

Wissen ist ein Schatz, den dir keiner nehmen kann …

Keine Chance?

Unmögliches erreichen

Was ist die Alternative?

Wertschätzung?!

Wert der Dinge

Das besondere Senfkorn

Zum Jahresausklang

Auf den Punkt gebracht …

Die Kirche ist tot

Der Glöckner

Der Maisbauer

Der Dorftrottel

Perspektiven

Die leere Tasse

Die perfekte Frau

Das Leiden der Stachelschweine

Liebe heißt

Der Schulrat kommt

Das Wasser des Lebens?

Arme Leute …?

Das Geheimnis der Zufriedenheit

Die Wette der Brüder

Alte Weisheit

Zum Kampf gefordert

Gespräch unter Kollegen

Den Augenblick leben

Unser Glaube kann Berge versetzen

Der gute Ruf

Das Märchen vom kleinen Senfkorn

Viel zu anstrengend?

Der höchste Lohn …

Nutzen der Sehnsucht

Der vorausschauende Frosch

Vom Sinn des Lebens

Das Geheimnis des Gelassenen

Ein gesunder Menschenverstand

Wer Engel sucht

Manchmal kann weniger auch mehr sein

Die Suche

Liebe bewahrt

Die Aufrichtigkeit begegnet der Lüge

Erhaltet eure Aufrichtigkeit …

Das Geheimnis des Glücks

Ein besonderer Anlass

Welpen zu verkaufen

Der kranke Löwe

Ein Bild vom Frieden

Wenn Du es eilig hast, gehe langsam

Hab keine Angst

Eine Lehrstunde der besonderen Art

Über den Gesamtplan des Lebens

Drei Brüder auf dem Berg

Die Eiche und das Schilfrohr

Nach jedem Regen kommt die Sonne

Engel auf Erden

Die Oase

Unsere Gedanken bestimmen …

Schlüssel zum Glück

Erlebnis eines New Yorker Taxifahrers

Von der Last des Lebens

Was können wir tun?

Chancen

Die Geschichte von den Glückspelzchen

Die Geschichte von den Fröschen

Drillinge unterhalten sich …

Das weise Urteil

Die üble Nachrede

Sich dem Schicksal anvertrauen

Der Adler und das Huhn

Der Löwe und die Maus

Woran man Meisterschaft erkennt

Die Freiheit des Menschen

Gott erkennen

Nicht aufgeben

Ein mütterlicher Ratschlag

Wovon der Weltfrieden abhängt

Die Nachtigall und der Adler

Wem gehört es?

Das Glück der Tochter

Ein „geistreicher“ Hauskauf

Dem Glück vertrauen

Die Wahrheit

Es liegt in deiner Hand

Falls du glaubst …

Die Geschichte von den ungleichen Zwillingen

Der Optimist

Versammlung der Tiere

Stichwortverzeichnis

Autorin

VORWORT

Kleinen Kindern erzählt man Geschichten zum Einschlafen.

Erwachsene lesen Geschichten zum „Aufwachen“.

Geschichten berühren unsere Seele,
sie verzaubern, motivieren und inspirieren uns
.

Seit Urzeiten ist das Geschichtenerzählen ein Mittel zur Weitergabe uralter Weisheiten. Schon die Schamanen wussten um die Wirkung dieses Rituals und noch immer pflegen wir die schöne Tradition, Kindern eine Gutenachtgeschichte vorzulesen. Doch wir Erwachsene kommen kaum mehr in diesen Genuss.

Das Geheimnis des Lebens ist nur schwer zu lichten,

Du aber horche auf die Worte der Geschichten.

In Märchen und Sagen aus vergangenen Tagen

lässt sich Geheimstes besser sagen!

Nach Rumi

Ganz lieben Dank möchte ich all den Leserinnen und Lesern aussprechen, von denen ich viele wundervolle und berührende Rückmeldungen bekommen habe.

Feedback von Lesern sowie Geschichten finden Sie auf meiner Homepage:

www.gisela-rieger.de

„Warum dir manche Menschen mit einem Lächeln begegnen“ So lautet der Titel der ersten Geschichte. Kennen Sie das auch?

Sie schenken jemandem ein Lächeln und bekommen umgehend ein Lächeln zurück!

„Ein Lächeln ist der Schlüssel zum Herzen!

Kein Mensch ist so reich, dass er auf ein Lächeln verzichten könnte.

Kein Mensch ist so arm, dass er sich ein Lächeln nicht leisten könnte.“

Lassen Sie sich von so mancher Geschichte berühren und inspirieren.

Lassen Sie Ihre Seele baumeln und tragen Sie Ihr Lächeln in die Welt.

Nun wünsche ich viele wunderbare Momente beim Lesen.

Herzlichst

Gisela Rieger

WARUM DIR MANCHE MENSCHEN MIT EINEM LÄCHELN BEGEGNEN

Ein alter Mann saß vor den Toren einer Stadt. Alle Menschen, die in die Stadt gingen, kamen an ihm vorbei.

Ein Fremder blieb stehen und fragte den alten Mann:

„Du kannst mir sicher sagen, wie die Menschen in dieser Stadt sind?“

Der Alte sah ihn freundlich an: „Wie waren sie dort, wo du zuletzt warst?“

„Freundlich, hilfsbereit und großzügig. Sehr angenehme Menschen“, antwortete der Fremde.

„Genau so sind sie in dieser Stadt!“ Das freute den Fremden und mit einem Lächeln ging er durch das Tor.

Später kam ein anderer Fremder zum alten Mann.

„Sag mir Alter, wie sind die Menschen in dieser Stadt?“

Der Alte fragte auch ihn: „Wie waren sie dort, wo du zuletzt warst?“

„Furchtbar! Unfreundlich und arrogant.“

Der alte Mann antwortete: „Ich fürchte, so sind sie auch in dieser Stadt!“

Oft spiegeln dir die Mitmenschen dein eigenes Verhalten wider.

Wem bist du heute schon mit einem Lächeln begegnet?

Neufassung von Christina Maria Seltner, Coach für positive Realitätsgestaltung, *1978

Stichwörter: Freundlichkeit, Lächeln, Sichtweisen

DER WAHRE WERT DES RINGS

Ein verzweifelter junger Mann ersuchte einen Weisen um Hilfe.

„Meister, ich bin gekommen, weil ich mir keinen Rat mehr weiß. Ich fühle mich so wertlos! Die Leute sagen, ich sei ein Taugenichts, ein Tölpel und dumm noch dazu. Selbst wenn ich mich noch so sehr bemühe, kann ich es nie jedem Recht machen. Was kann ich tun, um ein besserer Mensch zu werden? Was kann ich tun, damit die Leute eine höhere Meinung von mir bekommen?“

Der Meister überlegte kurz und zog einen Ring von seinem Finger, gab diesen dem Jungen und sagte: „Reite in die Stadt und verkaufe diesen Ring auf dem Markt. Du musst unbedingt den bestmöglichen Preis dafür erzielen und darfst ihn auf gar keinen Fall für weniger als ein Goldstück verkaufen!“

Der Junge steckte den Ring in seine Tasche und machte sich sogleich auf den Weg. Kaum am Markt angekommen, pries er ihn den Händlern an. Stets wurde der Ring solange mit großem Interesse begutachtet, bis der Junge den verlangten Preis nannte.

Sobald er das Goldstück erwähnte, lachten ihn einige aus, andere kehrten ihm den Rücken. Nur ein einziger alter Mann versuchte ihm zu erklären, dass ein Goldstück viel zu wertvoll sei, um es gegen einen Ring einzutauschen.

Nachdem er das Schmuckstück vergeblich jedem Marktbesucher angeboten hatte, stieg er betrübt auf sein Pferd und kehrte von seinem Misserfolg völlig niedergeschlagen zum Meister zurück.

Er reichte ihm den Ring und sagte: „Ich habe mehr als hundert Marktbesuchern den Ring zum Kauf angeboten. Doch worum Ihr mich gebeten habt, konnte ich unmöglich erfüllen. Mehr als ein paar Silberlinge hätte ich nicht dafür bekommen. Es ist mir nicht gelungen, jemanden über den wahren Wert des Rings hinwegzutäuschen.“

„Das was du sagst, ist sehr wichtiger Aspekt, mein junger Freund“, antwortete der Meister mit einem Lächeln. „Zuerst müssen wir den wahren Wert des Rings in Erfahrung bringen! Steig sofort wieder auf dein Pferd und reite zum Schmuckhändler. Wer könnte dessen Wert besser einschätzen als er? Zeige ihm den Ring und frag ihn, wie viel er dir dafür geben würde. Du darfst ihn jedoch unter keinen Umständen verkaufen, was auch immer er dir dafür bietet!“

Nochmals machte sich der Junge auf den Weg in die Stadt. Der Schmuckhändler betrachtete den Ring. Erst wog er ihn ab, dann besah er ihn unter dem Licht einer Öllampe genauestens durch seine Lupe.

Daraufhin sagte er: „Junger Mann, richte deinem Meister aus, dass wenn er gleich verkaufen will, ich ihm nicht mehr als fünfundfünfzig Goldstücke für seinen Ring geben kann.“

„Fünfundfünfzig Goldstücke?“, rief der Junge aus.

„Jedoch“, ergänzte der Schmuckhändler, „kann man mit etwas Geduld sicherlich an die siebzig Goldstücke dafür bekommen.“

Fassungslos ritt der Junge zum Haus des Meisters zurück und berichtete ihm von dem Geschehenen. „Setz dich und komm zur Ruhe“, sagte der Meister, nachdem er ihn angehört hatte.

„Du selbst bist wie dieser Ring. Ebenso wertvoll, kostbar und einzigartig wie ein Schmuckstück. Und genau wie bei diesem Ring kann deinen wahren Wert nur ein Fachmann erkennen. Weshalb zweifelst du an dir selbst und erwartest im Gegenzug, dass Jedermann um deinen Wert weiß?“

Während er zu dem jungen Mann sprach, lächelte er und streifte sich den wertvollen Ring über seinen Finger.

Verkürzt und abgeändert nach Jorge Bucay, aus „Komm, ich erzähl dir eine Geschichte“

Stichwörter: Anerkennung, Selbstbild, Weisheit

ES KOMMT HÄUFIG VOR …

Es kommt häufig vor,

dass man uns achtet nach dem Maße,

wie wir uns selbst schätzen.

Luc de Clapiers, Marquis de Vauvenargues, französischer Philosoph und Schriftsteller, 1715–1747

Stichwörter: Anerkennung, Bestätigung, Selbstbild

ETHIK ODER DIE 101. KUH

Vor Jahren habe ich zur Eröffnung eines Symposiums zum Thema „Wirtschaftsethik“, für das ich verantwortlich war, zwei Persönlichkeiten eingeladen: einen Mann und eine Frau. Er: einer der Wirtschaftsführer weltweit – erfolgreich, etabliert, eloquent.

Sie: eine Frau, die es zu hohen akademischen Würden gebracht hatte – erfolgreich und etabliert, ja, aber nicht unbedingt eloquent.

Der Wirtschaftsführer kam zuerst; er sprach und stand frei und wusste um die Wirkung seines Aussehens und seiner Worte.

Ganz anders die Wissenschaftlerin: Körperhaltung, die leise Stimme und eine gewisse Unbeholfenheit signalisierten, dass sie „eigentlich“ gar nicht am Rednerpult stehen wollte (sondern dahinter eher Zuflucht suchte) und 300 ZuhörerInnen „eigentlich“ gar nichts zu sagen hatte, sich aber verantwortungsbewusst ihrer Aufgabe entledigen wollte. Schwierig für sie, nach ihrem Vorredner aufzutreten, dessen geschliffenes Wirtschaftsvokabular und souveräne Vortragsweise alle beeindruckt hatten.

Nachdem man sich an ihre eher leise Stimme und ihre sparsame Sprache gewöhnt hatte, begann man sich auch für den Inhalt ihrer Ausführungen zu interessieren.

Aber plötzlich hörten ihr alle gebannt zu, denn sie zog ihr Publikum in eine Geschichte hinein – eine einfache, kurze Geschichte, mit der sie in ein paar Worten erklärte, was Ethik ist:

In einem Dorf gibt es 100 Bauern, die vereinbart haben, dass jeder täglich eine Kuh auf die Allmend schicken darf. Das funktioniert sehr gut über einen längeren Zeitraum. Eines Tages jedoch sieht ein Bauer, wie sein Nachbar nicht nur eine Kuh, sondern zwei Kühe in die vorbeiziehende Herde schiebt.

Er traut seinen Augen nicht und möchte ganz sicher gehen. Also steht er am nächsten Morgen um dieselbe Zeit wieder am Fenster, und siehe da:

Wiederum sind es zwei Kühe, die der Nachbar aus dem Stall lässt.

Der Bauer ist empört, aber nicht allzulange. Sehr bald nämlich kommt ihm eine Idee: „Wenn das mit den zwei Kühen bei meinem Nachbarn bisher gut gegangen ist, dann wird es sicher nichts ausmachen, wenn auch ich täglich eine zweite Kuh auf die Allmend schicke.“ Gedacht, getan – und so sind es nun 102 Kühe, die dort grasen.

Natürlich bleibt das nicht lange unbemerkt, und jede Woche gibt es mehr Kühe auf der Weide, die für 100 von ihnen reichlich Nahrung spendete, für 120, 130 oder gar 150 jedoch nicht ausreichend ist. Und so bricht nach einer gewissen Zeit ein System zusammen, dessen Basis Anständigkeit, Ehrlichkeit und Vertrauen waren.

„Ethik, meine Damen und Herren“, kam die Rednerin zum Schluss ihrer Ausführungen, „ist also ganz einfach: Es ist nicht die Menge der Kühe, die die Allmend ruiniert, sondern es ist die 101. Kuh. Ein Einzelner, der das System unterwandert, genügt, um es zusammenbrechen zu lassen.“

Der Applaus war lang und herzlich, aber das schönste Kompliment hat die Rednerin, die „eigentlich“ keine sein wollte, gar nicht mitbekommen:

Während der drei Symposiumstage sind nicht ein Mal die geschliffenen

Worte des Wirtschaftsführer zitiert worden, aber alle haben immer wieder von der 101. Kuh gesprochen.

Dr. Monique R. Siegel – www.mrsthink.com

Stichwörter: Egoismus, Ehrlichkeit, Ethik

SIEGEN, OHNE ZU KÄMPFEN

Ein Zen-Mönch wird von seinem Roshi in ein benachbartes Kloster geschickt, um dem dortigen Roshi eine Schriftrolle zu überreichen. Der junge Mönch macht sich auf den Weg und gelangt an eine Brücke, die über einen reißenden Bach führt. Ein Schwertkämpfer verstellt ihm den Weg.

Es handelt sich um einen berühmten Krieger, der 100 Männer zum Schwertkampf herausfordern will, um sich zu beweisen, dass er der größte Krieger von allen ist. 99 Männer hat er schon getötet. Er reicht dem Mönch ein Schwert und fordert ihn zum Kampf heraus.

Der Mönch – sich seines Todes gewiss – sagt, dass er erst noch eine Schriftrolle in ein Kloster bringen müsse, danach aber zurückkehren wolle, um sich zu stellen, wenn ihn der Schwertkämpfer ziehen ließe.

Der Krieger weiß, dass Zen-Mönche Ehrenleute sind und dass sie ihr Wort halten.

Also lässt er ihn gehen. Der Mönch erreicht das Kloster, übergibt die Rolle und erzählt dem dortigen Roshi von seiner Begegnung.

„Nun – Du hast Dein Wort gegeben – also musst Du zurückkehren und Dich stellen.“ „Ich werde aber sterben, denn ich kann kein Schwert führen“, sagt der Mönch. „Dann wirst Du eben sterben“, antwortet der Roshi, „ich gebe Dir jedoch einen Rat: Stelle Dich dem Kämpfer mit dem Schwert in der Hand, schließe die Augen und konzentriere Dich auf die Schädelmitte, wo Dich der eisige Stahl in zwei Hälften spalten wird.“

Der Mönch dankt dem Meister für den Rat und geht zurück zur Brücke. Der Krieger wartet schon auf ihn. Der Mönch nimmt das gebotene Schwert in die Hand, begibt sich in die Ausgangsposition eines Kriegers, schließt die Augen und konzentriert sich auf das Schädeldach. Die Konzentration ist so stark, dass darüber alle Angst vergeht und er ganz ruhig wird und einen tiefen inneren Frieden erlebt.

Der Krieger steht ihm gegenüber und wartet auf einen Angriff. Es passiert nichts. Er bekommt zunehmend Angst und verliert auch den Mut, als erster das Schwert zu erheben. Nach geraumer Zeit legt der Krieger dem Mönch sein Schwert zu Füßen, unterwirft sich und sagt: „Nur ein wahrer Meister der Schwertkunst kann es wagen, einem erfahrenen Krieger mit geschlossenen Augen gegenüberzutreten. Wahrlich – Du musst einer der größten Schwertkämpfer unseres Kaiserreiches sein.“

Nach einer Zen-Geschichte, umgeschrieben von Bernd Holzfuss, NLP-Ausbildungen, *1963

Stichwörter: Ehre, Kämpfen, Sieg