Sammelband 7 Texas Gunfighter Western November 2017

Alfred Bekker et al.

Published by Alfred Bekker präsentiert, 2017.

Inhaltsverzeichnis

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Sammelband 7 Texas Gunfighter Western November 2017 | von Alfred Bekker, Timothy Stahl,  Larry Lash, Thomas West & Pete Hackett

Dieses Buch enthält folgende  Romane:

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Scharfe Eisen | Wildwest-Roman von Larry Lash

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Das scharfe Girl aus den Bergen | Western von Pete Hackett

Das heiße Spiel von Dorothy | von Alfred Bekker | 1

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In Devil Town ist die Hölle los! | von Timothy Stahl | 1

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Die Indianerin | von Thomas West | 1

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Mit ihnen kamen Hass und Tod | von Pete Hackett | 1

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In den Händen des Satans | von Pete Hackett | 1

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Further Reading: 10 Marshal Western August 2016

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Sammelband 7 Texas Gunfighter Western November 2017

von Alfred Bekker, Timothy Stahl,  Larry Lash, Thomas West & Pete Hackett

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Männer im Kampf um Recht und Rache – Romane aus einer beispiellos harten Zeit!

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Dieses Buch enthält folgende  Romane:

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Larry Lash: Scharfe Eisen

Pete Hackett: Das scharfe Girl aus den Bergen

Alfred Bekker: Das heiße Spiel von Dorothy

Timothy Stahl: In Devil Town ist die Hölle los

Thomas West: Die Indianerin

Pete Hackett: Mit ihnen kamen Hass und Tod

Pete Hackett: In den Händen des Satans

Sie hassten sich schon, als sie sich zum ersten Mal begegneten. Beide waren jung, stolz, unduldsam. Beide liebten das gleiche Mädel. Aber nicht deshalb wurde aus dem ersten Kampf eine harte, rauchige Sache, nein ... vielleicht wären sie Freunde geworden, vielleicht ... Aber es kam anders und viel schneller, als man es erwartete ... es wurde eine rauchige Sache, eine dynamische Folge wild bewegter Kämpfe, eine Angelegenheit der „Scharfen Eisen“. Jed O'Conner sollte es entscheiden. Und Patrick McDonald musste bald erfahren, dass es aus seinem Irrtum keinen Ausweg mehr gab. Es war zu spät für ihn, ein anderes Leben zu beginnen ... zu spät ... By Jove ... das war bitter, denn sie trugen es aus, und die „Scharfen Eisen“ entschieden.

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Copyright

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author /Cover Klaus Dill

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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Scharfe Eisen

Wildwest-Roman von Larry Lash

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Der Umfang dieses Buchs entspricht 214 Taschenbuchseiten.

Sie hassten sich schon, als sie sich zum ersten Mal begegneten. Beide waren jung, stolz, unduldsam. Beide liebten das gleiche Mädel. Aber nicht deshalb wurde aus dem ersten Kampf eine harte, rauchige Sache, nein ... vielleicht wären sie Freunde geworden, vielleicht ... Aber es kam anders und viel schneller, als man es erwartete ... es wurde eine rauchige Sache, eine dynamische Folge wild bewegter Kämpfe, eine Angelegenheit der „Scharfen Eisen“. Jed O'Conner sollte es entscheiden. Und Patrick McDonald musste bald erfahren, dass es aus seinem Irrtum keinen Ausweg mehr gab. Es war zu spät für ihn, ein anderes Leben zu beginnen ... zu spät ... By Jove ... das war bitter, denn sie trugen es aus, und die „Scharfen Eisen“ entschieden.

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Copyright

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© Cover: Nach einem Motiv von C.M.Russell, 2017

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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1.

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Doan Hawkins blinzelte gegen die warme Aprilsonne, reckte sich ein wenig, schaute flüchtig nach Bitterboog, der kleinen Stadt, die hinter ihm lag.

Plötzlich gab er sich einen Ruck, hielt jäh seinen starkknochigen Pinto an, neigte sich vor, kniff die Augen zusammen, und spähte scharf nach der Staubwolke, die im Sonnenlicht flirrte.

„Die Postkutsche kommt“, murmelte er vor sich hin.

Die Ankunft der Postkutsche war in Bitterboog immer ein Ereignis. So war es schon, als man die armselige Stadt sozusagen aus dem Boden stampfte; und nichts hatte sich im Laufe der langen Jahre daran geändert.

Heute allerdings waren die Hoffnungen der Bürger höher geschraubt. Mit der Postkutsche sollte nämlich ein Neffe des mächtigsten Mannes der Gegend eintreffen, der das ganze Gebiet um Bitterboog beherrschte.

Das war schon eine Sensation. Der Rinderkönig des Distrikts, Trende McDonald, hatte sich Jahre hindurch nicht von seiner Ranch gerührt. Dass er sein Königreich verlassen hatte und zudem noch ohne eine Eskorte seiner Cowboys in Bitterboog eingetroffen war, brachte die Stadt in Aufruhr, trieb die Bürger aus den Häusern, und gab ihnen für lange Zeit Gesprächsstoff.

Rauchende, lachende Cowboys saßen auf den Veranden, ließen die Beine herabbaumeln, tuschelten, grinsten, hielten das Stationsgebäude im Auge.

„Doan Hawkins kommt“, schrillte eine Stimme. Die Männer warfen die Köpfe hoch, reckten sich, schauten zu dem Reiter, der seinen staubbedeckten Pinto über die Straße trieb, und dabei einige Schüsse in die Luft feuerte.

Schon seit Jahren kündigte der alte Büffeljäger auf diese Art die Ankunft der Postkutsche an. Noch nie, solange er denken konnte, hatte er bei dieser Gelegenheit so viele Menschen beisammen gesehen. Nicht nur die Stadtbevölkerung hatte sich eingefunden, nein, auch Männer der Weide befanden sich unter den Neugierigen. Alle Ranches hatten Vertreter geschickt. Es war allerdings seltsam, dass eine Abordnung der McDonald-Ranch fehlte.

Vielleicht wollte McDonald seinen aus den Südstaaten kommenden Neffen vorerst allein begrüßen, um dann später auf den unbekannten, armen Verwandten die Größe seiner Macht einstürmen zu lassen. Solche Scherze liebte der ungekrönte König. Der körperlich kleine Trende McDonald hatte überhaupt eine Art an sich, die selbst dem mutigsten, redegewandtesten Cowboy die Sprache verschlug.

Doan Hawkins schwang sich aus dem Sattel, band seinen Gaul fest, duckte sich unter dem Haltebalken, sprang sporenklirrend auf den Gehsteig der Postkutschenstation, riss die Tür der Station auf, brüllte in den rauchigen Raum hinein: „In einer Viertelstunde ist die Postkutsche hier!“

„Komm herein und nimm einen Drink“, das war die Aufforderung, um derentwillen Doan Hawkins immer wieder die Postkutsche anmeldete. Er murmelte etwas Unverständliches zwischen den Zähnen, kam zögernd näher, schielte den breit gebauten, massigen Mann mit den rot geflammten Augen und dem Stiernacken an, ließ seinen Blick schnell von Trende McDonald auf dessen Sohn gleiten.

Patrick McDonald war ein Gewaltmensch, ein ungeschlachter Riese, bestehend aus einem Fleischberg, Muskeln und Sehnen. Selbst den längsten Mann in Bitterboog überragte er noch um Haupteslänge. Sein grobes Gesicht zeigte eine fleischige Nase, vorspringende Augenbrauen über kleinen Augen, die in einem verwaschenen Blau schwammen. Im allgemeinen sind Riesen gutmütige, harmlose Menschen, langsam denkend und scheu.

Patrick war demnach betrachtet eine Ausnahme. In seinem Körper steckte eine Beweglichkeit, die oft verblüffte und ihn zum gefürchteten Gegner machte. In den Kneipen, in denen er erschien, ging man ihm stillschweigend aus dem Wege. Sobald er jedoch unter Alkohol stand, wurde er melancholisch, fast töricht und konnte Dinge tun, die ihrer Torheit wegen kein Mensch mehr verstand.

Jetzt schaute er verlangend auf den doppelstöckigen Whisky, den der Keeper Doan Hawkins reichte, fuhr sich mit der Zungenspitze über die riesigen Lippen und schnaufte vernehmlich.

„Du bekommst heute nichts, Patrick“, zischte Trende McDonald seinem Sohn zu. Der Kummer schwang in diesen Worten mit, war deutlich herauszuhören. Man konnte verstehen, dass McDonald oft Kummer dieses Sohnes wegen hatte. Der riesige Besitz würde einstmals in den Händen Patricks sein. Es war jedoch eine große Frage, ob Patrick der Mann war, dieses Königreich zu lenken, es zusammenzuhalten.

Patrick genoss die Achtung der Weidereiter. Es gab keinen, der es an Kräften mit ihm aufnehmen konnte, keinen, der beim Umtrunk den Brandy so maßlos trank, und es gab auch keinen Cowboy, der so schnell ziehen und schießen konnte wie er.

Aus dieser Perspektive betrachtet war Patrick schon ein ganzer Kerl, aber alle seine Fähigkeiten reichten wahrscheinlich nicht aus, um später einmal die McDonald-Ranch zu leiten.

Trende McDonald gab sich keinen Illusionen hin. Er wusste es wie kein anderer, dass seinem Sohn Patrick das gewisse Etwas fehlte, der überlegene Geist ... und den konnte keine Macht der Welt ihm beschaffen.

„Dad, ich möchte aber einen Drink nehmen“, sagte Patrick starrsinnig. „Der Anlass ist groß genug, um zu trinken!“

„Dein Vetter wird ein schönes Bild von dir bekommen, lass es lieber sein!“

„Wer ist er denn schon“, knurrte Patrick böse. „Ein Verwandter deiner zweiten Frau, der keine Heimat und keine Eltern mehr hat, dem wir in den Sattel helfen müssen. Pah ...“

„Du willst dich so geben, wie du bist?“

„Sicher. Und wenn ihm das nicht gefällt, soll er die nächste Postkutsche benutzen, um dorthin zurückzukehren, wo er hergekommen ist“, zischte Patrick bissig.

„Keeper, einen Old-Crow-Pur!“

Trende McDonald schaute seinen Sohn nachdenklich an. In seinem Gesicht zuckte es. Die scharfe Erwiderung, die auf seiner Zunge brannte, schluckte er mit einem Hochnehmen der Schulter hinunter.

Die Widerrede war ihm peinlich. Er bemühte sich, darüber hinwegzukommen und ein gleichgültiges Gesicht aufzusetzen. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er die wenigen Gäste im Stationsraum. Scheinbar kümmerte sich niemand um Vater und Sohn.

Gedämpft flüsterten sie miteinander. Von draußen klang das Raunen der Cowboys, schwoll an, gleich darauf hörte man dumpfes Räderrollen aus der Ferne.

„Sohn, du vergisst, dass es in diesem Land ungeschriebene Gesetze gibt“, raunte er leise, ohne die Lippen zu bewegen. „Ein Mann der reich genug ist, um seine Freigebigkeit zu zeigen, muss es tun. Man würde mit dem Finger auf uns deuten und vor uns ausspucken, wenn man erfahren würde, dass wir einen Verwandten in Not und Elend ließen. Außerdem ist Jed O'Conner noch jung ...“

Patrick winkte ab, ergriff das Glas, das der Keeper vor ihn hingestellt hatte, und trank, setzte das geleerte Glas mit einem Ruck ab.

„Du nimmst ihn auf, nicht ich“, entgegnete er schroff. „Du vergisst aber anscheinend ganz, was die O'Conners dir angetan haben, als du um deine zweite Frau angehalten hast. Deine Großzügigkeit ist hier ganz und gar nicht am Platze ...“

„Patrick“, zischte Trende McDonald, seinen Sohn scharf unterbrechend. „Was ich auch mit

O'Conner gehabt habe ... lass den Jungen aus dem Spiel, er war damals noch nicht einmal auf der Welt, als ich ...“

„Als du deine zweite Frau auf die Ranch brachtest“, grimmte Patrick. Es machte ihm nichts aus, dass sein Dad die Farbe wechselte, jählings erblasste, sich zurücklehnte und mit dem Taschentuch über seine schweißnasse Stirn strich.

Immer wieder brach es aus Patricks Tiefen hervor. Er war damals vier Jahre alt gewesen, als sein Dad die Mutter hinter den Cottonwoods zu Grabe trug, und wurde fünf, als die zweite Frau den Platz einnehmen wollte, der einer Verstorbenen gehörte.

„Well, ich sagte dir bereits, du nimmst ihn auf, nicht ich. Aber ich glaube, dass ich mich niemals daran gewöhnen werde, einen O'Conner auf unserer Ranch zu wissen. Sage dir, Dad, einen O'Conner kann man ebenso wenig umbränden, wie einen McDonald. Jetzt mag der Bursche noch jung sein, aber einmal wird er ein Mann, und dann hast du einen Tiger neben dir, der nicht zögern wird, seine Pranken und seine Reißer zu gebrauchen. Er wird nicht zögern, wenn es drauf ankommt, beides an dir auszuprobieren ...“

„Spar dir deinen Atem, Sohn“, presste Trende McDonald über die blutleeren Lippen. Seine Fäuste umklammerten die Tischkante. Die rot geflammten Augen sahen starr an Patrick vorbei, waren irgendwo im Raum auf einen Punkt gerichtet.

„Dad, ich werde den jungen Tiger zähmen ...“

„Wer sagt dir, dass er deinen Vorstellungen entspricht?“, zuckte es von den Lippen des Ranchers.

„Mein Gefühl, Dad ...“

„So? Das kann auch täuschen. Du wirst ihn auf jeden Fall in Ruhe lassen. Solange ich lebe, werde ich meine Hände über ihn halten, das habe ich versprochen. Er ist der Letzte der O'Conners, und ich werde meinen Verpflichtungen nachkommen!“

„Dass er der Letzte ist, ist wahrhaftig ein Glück“, erwiderte Patrick barsch, lachte etwas rau vor sich hin, schob mit einer widerwilligen Gebärde das leere Glas weit von sich, fügte bitter hinzu: „Soviel ich weiß, gab es drei O'Conners ...“

„Zum Teufel, yeah!“

„Alle drei waren höllisch scharfe Eisen.“

„Das habe ich nie abgestritten, Sohn.“

„Und alle drei sind durch Kugeln ums Leben gekommen!“

„Woher willst du das wissen?“

„Nun, es gibt genug Leute, die aus den Südstaaten kommen und einiges über die Verhältnisse am Rio Grande wissen. Der Ruf der O'Conners ist dort sehr zweifelhaft. Sie sollen sich ziemlich rau in Mexiko Land verschafft haben. Man munkelt von Bestechung und Ähnlichem, dann haben sie sich mit einer Meute wilder Peone und Vaqueros umgeben. Für die Pferde ihrer Hazienda gaben sie nicht einmal einen Cent aus ... und sie hatten auch nichts dagegen, wenn das Rudel durch Tiere vergrößert wurde, die durch den Rio schwimmen mussten. Höre Dad, die O'Conners sind allesamt Satteltramps gewesen, das wirst du genau so gut wissen wie ich, und jeder andere!“

„Schluss damit, ich will nichts mehr hören! Wahrhaftig, du hast allerlei zusammengetragen, Sohn. Aber das ändert nichts an der ganzen Sache; ich will, dass du dir das einprägst!“

Er warf seinem Sohn einen Blick zu, der kalt und eisig bis ins Mark drang, knöpfte seine Weste zu, stand langsam auf.

Patricks Lachen gefror in den Mundwinkeln. Er kannte seinen Dad genau, wusste, dass er jetzt gut daran tat, zu schweigen.

Er senkte den Blick, zuckte die Schultern und stieß pfeifend den Atem aus.

Draußen knallte eine Peitsche, Räder ächzten, rumorten, kamen quietschend zum Stillstand. Stimmenlärm wogte herein. Die Tür wurde aufgestoßen. In eine Staubwolke gehüllt stand die Postkutsche vor der Station. Schweißnass, mit hängenden Köpfen standen die zotteligen Broncos im Gespann, schlugen mit den Schweifen um sich, wedelten mit den Ohren. Zwei Männer, mit Postsäcken beladen, traten ein. An ihnen vorbei schritt Trende McDonald, hoch aufgerichtet, stolz. Er schaute kein einziges Mal zurück, kümmerte sich nicht darum, ob sein Sohn ihm folgte oder nicht.

Die flutende Helligkeit draußen ließ ihn blinzeln. Er spürte die erwartungsvollen Blicke vieler auf sich gerichtet. Das konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen. Auch nicht die Tatsache, dass der Sheriff von Bitterboog sich eingefunden hatte und neugierig herüber spähte.

Trende McDonald gönnte dem Mann mit dem Orden nicht einmal einen Blick, ihn interessierten in erster Linie die Fahrgäste der Postkutsche. Gerade stiegen die ersten aus. Es war ein älteres Ehepaar; der Mann schwarz gekleidet, ein wenig blass, zierlich. Die Spielerhände trugen zwei leichte Koffer. Seine bessere Ehehälfte schritt wuchtig hinter ihm her. Sie war einen Kopf größer als er und hatte einen Umfang, wie Bitterboog es noch nicht erlebt hatte. Dort wo sich die Cowboys versammelt hatten, erklang unterdrücktes Gelächter. Männeraugen weiteten sich. Irgend jemand stieß einen schrillen, flegelhaften Pfiff aus. Der blasse Spieler versuchte stehenzubleiben, doch seine resolute Partnerin gab ihm einen Schubs, dass er beinahe über seine eigenen, dürren Beine gestolpert wäre. Daraufhin gab er den Versuch, als Mann zu gelten, auf und ließ sich von dem gewaltigen Busen seiner Gattin in die Station schieben.

Der Vorfall ließ an Komik nichts zu wünschen übrig, fesselte die Aufmerksamkeit aller, und als Trende McDonald wieder zu der Kutsche hinschaute, hörte er die Stimme seines Sohnes hinter sich:

„Das wird er sein, Dad!“

Neben dem Schlag stand ein hochaufgeschossener, junger Mann. Tizianrotes Haar flammte unter der Stetsonkrempe hervor. Er schien keineswegs unsicher oder beklommen zu sein. In seinem schmalen, braunen Gesicht standen dunkel schwelende Augen, die in düsterem Ernst umherblickten.

Die lange Reise hatte Spuren in sein Gesicht gegraben. Er sah abgespannt, übernächtigt aus. Eigenartig waren die Kerben in seinen Mundwinkeln. Sie machten ihn älter, als er in Wirklichkeit war.

„Den Anzug wird er sich von einem Trödler gekauft haben“, brummte Patrick leise vor sich hin.

„Das macht nichts“, gab Trende McDonald schlagfertig zurück. „Er ist sauber ...“

„Dann wird er wohl als Cowboy anfangen, wie?“

„Jed O'Conner hat noch nie auf einer Weide geritten. Der Umgang mit Rindern und Pferden wird ihm fremd sein.‟

„Dann wird es Zeit, dass er es lernt, stelle ihn meiner Mannschaft bei ...“

„Du weißt genau, dass ich ihn davor bewahre!“

„Yeah, pack ihn in Watte, Dad ...‟

Aber Trende hörte schon nicht mehr, was sein Sohn sagte. Er steuerte auf den jungen Mann zu, blieb einen Yard vor ihm stehen.

„Jed O'Conner?“, fragte er gespannt und senkte seine Augen in den auflodernden Blick des Jüngeren.

„Sie haben sich nicht geirrt, Mister. Wenn ich recht sehe, dann ...‟

„Ja, ich bin dein Onkel, und dort kommt Patrick, mein Sohn. Sei willkommen, Jed, deine Reise ist zu Ende!“

Jed schlug in die dargebotene Hand ein. Ohne Scheu sah er seinen Onkel und dann Patrick an, wollte auch diesem die Hand reichen, doch Patrick übersah sie, tippte Jed dafür mit seiner Rechten auf die Schulter.

„Nun, Sonny, jetzt wird dir eine andere Luft um die Ohren wehen. Was hast du denn bisher gemacht?“

„Studiert, Patrick!“

„So, wohl nur hinter Büchern gesessen, wie?“

„Man kann es so nennen“, klang es leise.

„Bringt es was ein?“, forschte Patrick.

„Wenn ich mein Studium zu Ende geführt hätte, schon!“

„Was hielt dich davon ab, es zu tun?“

„Der Tod meines Vaters“, sagte Jed ruhig, würdevoll, stolz.

„Junge, wir werden sehen, was sich tun lässt“, erklärte Trende McDonald. Komm ... übrigens, wo hast du dein Gepäck?“

„Ich habe keins“, klang es leise.

„So? ... Nun, das macht nichts.“ Trende war nun doch etwas verwirrt. Betreten sah er sich in der Runde um. Mit Rücksicht auf das große Ansehen der McDonalds verbargen die Zuschauer sorgfältig ihre Heiterkeit und ihr Grinsen.

„Komm nur, Jed, unser Einspänner steht hinter der Station. Für uns beide wird wohl genügend Platz darin sein!“

„Und Patrick?“

„Sonny, ich werde schon nicht zu Fuß hinter dem Wagen herlaufen“, grinste Patrick. „Ich reite ... übrigens, verstehst du etwas von Pferden?“

Er beugte sich weit vor, als ob er begierig auf Antwort wartete.

„Nein ... wirklich nicht!“, sagte Jed. Seine unverblümte Offenheit ließ Patrick rau auflachen. „So ... dann wirst du das auch noch lernen müssen, und wenn du dir alle Knochen gebrochen hast, wirst du es vielleicht können. Du brauchst einen rauen Mann, der aus dir einen richtigen Cowboy macht...“

„Ich habe davon gehört“, entgegnete Jed nachdenklich.

„Wovon, Sonny?“

„Ach, nur so ... man erzählt sich, dass es sehr raue Männer geben soll!“

„Tut man das wirklich?“

„Ich denke doch!“

„Nun gut, vielleicht willst auch du ein rauer Mann werden, hm?“

Jed O'Conner warf etwas den Kopf hoch, dann schüttelte er ihn, sagte leise: „Ich denke, dass ich davon Abstand nehmen werde. Die O'Conners haben damit kein Glück gehabt.‟

„Unsinn, du wirst alles lernen, auch wie man mit einem Colt umgeht.“

„Ich habe noch nie eine Waffe besessen“, murmelte Jed, „und wenn ich ehrlich sein soll, ich habe sie auch niemals vermisst, ich kam immer ganz gut ohne sie aus!“

Patrick blieb jäh stehen, hieb sich mit beiden Händen auf die Chaps und sagte: „Dad, hat man so etwas schon gehört? Er will keine Waffe tragen! Teufel, du wirst schon bald danach verlangen, Jed O'Conner!“

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2.

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Graubraun wellte sich das Land. Am Horizont gingen die Linien ineinander über. Trostlos, verlassen und einsam war die Prärie. Dazu brannte die Sonne auf den offenen Einspänner herab. Die brütende Hitze trieb dem Tier dunkle Schweißstellen auf das Fell und Schaumflocken vor die Nüstern und Weichen.

Das Rinderland dehnte sich in die Unendlichkeit. Graugrün bis braun am Tage und schwarz in der Nacht. Hier blieb die Zeit stehen. Noch nie hatte Jed gegen ein so niederträchtiges Gefühl der Verlassenheit ankämpfen müssen wie hier. Er stemmte die Füße gegen die Vorhaltestange und lehnte sich weit in den Sitz zurück, betrachtete seinen Onkel, der etwas nach vorn geneigt mit den Zügeln hantierte.

„Junge, so einsam die Gegend hier herum auch aussehen mag, schon in einer Stunde ändert sich die Landschaft!“

Mit der Peitsche deutete er nach vorne, ließ das Leder dicht über den tanzenden Pferderücken aufknallen, lachte zwischen den Zähnen.

Er erwartete wohl keine Antwort, warf den Kopf herum, sah Jed minutenlang mit zusammengekniffenen, forschenden Augen an.

„Du bist ein echter O'Conner, Junge. Alle O'Conners hatten die gleichen Haare, fast dieselbe Figur. Dass sie Männer waren, brauche ich dir wohl nicht zu erzählen.“

Er unterbrach sich, schnaufte: „Schau hinter dich, Patrick jagt seinen Falben. Er ist wild, hart ... ja brutal, das wilde Land hat ihn zu dem gemacht, was er ist. Wenn du kannst, geh ihm aus dem Wege!“

„Ich werde es tun, Onkel“, antwortete Jed leise.

„Danke, ich habe es so erwartet. Du hast studiert, darf ich fragen, was?“

„Geologie!“

„So, so. Du wirst wahrscheinlich in der Lage sein, meine Bücher zu führen. Ich setze dich als Verwalter ein, ist es dir recht?“

„Ich habe nicht so viel Rücksicht erwartet“, sagte Jed. Trende McDonald lachte rasselnd, wischte sich den rinnenden Schweiß von der Stirn.

„Ich weiß nicht recht“, entgegnete er bedrückt, „ich sehe Schwierigkeiten, Junge!“

„Ich verstehe etwas von Konten, und werde das Hauptbuch führen, ohne dass eine Klage einläuft“, wehrte sich Jed.

„Sicher ...“, unterbrach Trende hastig, „das wirst du können, daran zweifle ich nicht.“ Er biss sich auf die Lippen, sprach nicht weiter. Im Augenblick war es ihm unmöglich, von seiner Besorgnis zu sprechen, die der eigene Sohn auslöste.

Wieder klang ein rasselndes Lachen zu Jed hin. Jed hörte auf, sein Gesicht spannte sich. Unwillkürlich drehte er sich um und schaute nach dem heranjagenden Reiter, der weit vorgeneigt, fast auf dem langgestreckten Hals seines Reittieres lag. Der prächtig gebaute, starkknochige Falbe wirkte nervös, ganz im Gegensatz zu seinem mächtigen Reiter, der die Ruhe selbst war. Der im Vorbeijagen sich in den Steigbügeln aufstellte und den Stetson schwenkte. Wenige Augenblicke später zeigte eine aufwirbelnde Staubwolke den Weg, den Patrick eingeschlagen hatte.

„Er reitet wie der Teufel“, murrte Trende McDonald. „Dazu meist, wenn er getrunken hat, es macht ihm dann auch nichts aus, ein Pferd zu Schanden zu reiten.“ Er seufzte, stierte in die Richtung, in der Patrick verschwunden war.

„Wenn ich euch Umstände mache, dann lass mich meinen Weg selbst gehen, Onkel!“, sagte Jed aus seinen Gedanken heraus.

Trende McDonald fuhr herum, seine Augen weiteten sich, seine Wangen zuckten.

„Himmel und Hölle, habe noch keinen O'Conner gekannt, der Schwierigkeiten aus dem Wege ging. Du willst doch nicht etwa kneifen? Außerdem könnte ich dich gar nicht ziehen lassen, man würde schlecht von den McDonalds sprechen!“

Was er sagte, hatte Hand und Fuß. Das Ansehen einer Ranch wuchs von der Vielzahl der Mäuler, die sie zu stopfen hatte.

Das größte Ansehen genoss die Ranch, die offene Türen und eine offene Hand hatte, und auf der stetige Gäste nicht fortzudenken waren.

Jed lächelte: „Ich kneife nicht, aber ich versuche, Schwierigkeiten bei Zeiten aus dem Wege zu gehen!“

Es folgte keine Antwort auf diese männliche Erklärung. McDonald versuchte auch nicht, das Gespräch wieder in Fluss zu bringen. Immer wieder fuhr seine Peitsche durch die Luft. Ab und zu stieß er einen kurzen Ruf, oder ein Zischen aus, rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her.

Der raumgreifende Trab des Gespannpferdes veränderte sich kaum. Seine Hufe rumorten im dumpfen Takt, wirbelten Staub und Dreck auf. Leise ächzten die Räder, summten, quietschten eintönig, schläferten Jed ein.

Ein scharfer Ruck machte ihn munter.

„Sonny, das braucht dich nicht zu stören. Jeder Cowboy kann zu jeder Tageszeit und in allen Lagen schlafen. Die Salbeiluft wird dich eingeschläfert haben.“

Jed schämte sich. Er war eingeschlafen wie ein Cowboy nach dem Round-up. Unsicher schaute er seinen Onkel an, doch der zeigte ein ausdrucksloses Gesicht, deutete mit dem wuchtigen, aus geflochtenem Leder angefertigten Peitschenstiel nach einem Pfahl.

„Dort, Junge, beginnt mein Reich. Alles Land, das du vor dir siehst, gehört zu der McDonald-Ranch. Das X auf dem Pfahl ist das Brandzeichen meiner Herden!‟

Der kleine, wuchtige Mann atmete heftig. Besitzerstolz leuchtete aus seinen Augen. Er breitete die Arme aus, dehnte: „Ich habe ein Reich geschaffen, um das mich mancher Mann beneidet, in einer Stunde erreichen wir das östliche Vorwerk, dort wird das Gespannpferd gewechselt, und wenn du willst, können wir dort etwas ausruhen und später zur Ranch weiterfahren.“

Wieder lachte Trende McDonald in sich hinein, ruckte an den Zügeln. „Hooo ssti ... grurr ...“

Das Gespanntier setzte sich wieder in Bewegung.

Jetzt gab es wenigstens etwas zu sehen. Das Land war hügelig, kleine Bauminseln und verfilzte Buschreihen lösten einander ab.

Jed bemühte sich, seine Müdigkeit zu unterdrücken. Er kämpfte mannhaft dagegen an, aber die langen Fahrten in den Postkutschen, die ungewohnte würzige Luft und das gleichmäßige, monotone Ächzen, Rollen und Stampfen bewirkten, dass er wiederum einschlief.

Als er wach wurde, sah er den purpurnen Glanz des Abendhimmels über sich ausgebreitet, spürte die schwere Rechte McDonalds auf seiner Schulter.

„Junge, du hast wie ein Murmeltier geschlafen, kein Cowboy hätte es besser gekonnt“, lachte der Rancher. „Du bist nicht einmal beim Vorwerk munter geworden, als das Pferd gewechselt wurde.“

In der Tat, vor dem Einspänner lief nun ein Rappe. Das Tier legte sich prächtig ins Geschirr, lief gleichmäßig, wie eine gut geölte Maschine.

„Ich bitte um Entschuldigung, Onkel, ich bin wohl kein guter Begleiter!“

„No, als Begleitfahrer einer Postkutsche wärst du wirklich ungeeignet“, lachte Trende. Gutmütiger Spott schwang in seiner Stimme. „Dafür hast du aber Qualitäten, die nur Cowboys eigen sind. Ich hätte dich weiterschlafen lassen können, aber das würde wohl den Boys auf der Ranch nicht sonderlich imponieren. Sie werden sowieso neugierig sein, und Patrick wird sie schon entsprechend vorbereitet haben. Dort, hinter dem Espenhain, liegt die Ranch. Reib dir den Schlaf aus den Augen, Junge ... die Crew wird dich ins Auge fassen!“

Jed tat, wie ihm geheißen.

Das Gefährt bog in den Espenhain ein. Goldene Lichter standen im Blattwerk der Bäume.

Jäh öffnete sich eine breite Gasse, gab den Blick auf die Ranch frei, die sich an einen sanft abfallenden Hang lehnte. Trotzig erhob sich das Haupthaus über ein Gewirr von Ställen, Schlafhäusern und Corrals. Kleine und größere Nebenbauten verstärkten den Eindruck, eine wehrhafte Festung vor sich zu haben.

„Mein Besitz“, krächzte McDonald. „Das hast du wohl nicht erwartet, wie?“

„Nein“, stieß Jed überrascht hervor, „das hatte ich wirklich nicht erwartet.“

„Im Rinderkrieg hatte ich mit ihr große Erfolge“, fuhr McDonald eifrig fort. „Sie ist so angelegt, dass sie im Verteidigungsfalle uneinnehmbar ist. Darin liegt ihre Stärke!“

„Ich habe noch nichts Ähnliches gesehen, Onkel“, murmelte Jed verwirrt. Die Machtfülle der McDonalds war deutlich spürbar, war für ihn niederdrückend, verwirrend. Jetzt brauchte ihn niemand zu ermahnen, munter zu werden. Der Anblick dieser Ranch trieb ihm den letzten Rest der Müdigkeit aus den Gliedern.

Trende McDonald beobachtete ihn aus schmalen Augen, lachte rau, ein wenig anmaßend.

„Wir sind gleich da, Sonny!“

Wieder beschäftigte er sich mit dem Gespanntier.

Jed nagte an der Unterlippe, ließ keinen Blick von der Ranch, die zusehends größer und wuchtiger wurde.

Bisher war ihm sein Onkel als ein gutmütiger, wohl etwas eigenartig verschrobener, dicklicher Herr erschienen. Jetzt allerdings sah er ihn schon mit anderen Augen an. Ein Mann, der fähig war, so eine Ranch zu gründen und zu halten, musste über besondere Qualitäten verfügen.

Eilig wandte er den Kopf, blickte seinen Begleiter an. Trende McDonald wirkte wie ein Fels in stürmischer Brandung. Er war nicht der Mann, den eine Woge umreißen, zu Fall bringen konnte. Mit allen Fasern seines Ichs war er auf diesem Boden verankert und mit dieser Ranch verwoben und verflochten. Ohne McDonald war diese Ranch ein Nichts, und ohne diese Ranch war Trende ein unbedeutender, grillenhafter Mann.

Beide gehörten zusammen, ergänzten sich auf wunderbare Art.

Mit starken Händen hielt er die Zügel. Seine wuchtige, hohe Stirn stemmte sich allen Gefahren entgegen. Irgendeine verborgene Kraft ging von ihm aus, die man nicht in Worte kleiden konnte. Jed bemerkte, dass man seinen Onkel mit der offenen Ruhe grüßte, die man Menschen entgegenbringt, die zweifelsohne anerkannt und weit über den Durchschnitt gestellt werden.

Vor dem langgestreckten, mächtigen Ranchgebäude hielt der Einspänner an. Zwei Cowboys eilten herbei. Einer von ihnen hielt das Pferd, der andere riss den Schlag auf.

„Willkommen auf der McDonald-Ranch, mein Junge ... möge sie dir zur Heimat werden“, sagte Trende herzlich, streckte die Hand aus. Benommen erwiderte der Jüngere den Händedruck, schluckte, konnte nichts entgegnen.

Deutlich spürte Jed die schnellen Blicke der Cowboys auf sich brennen.

Trende McDonald kletterte vom Wagensitz. Jed folgte, streckte und reckte sich in den Gelenken, atmete tief, saugte alles in sich hinein.

„Nun komm, Junge, deine Tante erwartet dich. Sie ist recht gespannt auf dein Aussehen. Du wirst sie nicht enttäuschen, denn du bist ein echter O'Conner!“

Er schritt voran. Jed folgte.

Eine Tür öffnete sich, schlug leise hinter ihnen zu. Fast saalartig war der große Raum und die Augen der Eintretenden mussten sich erst an das herrschende Halbdämmern gewöhnen. Bevor Jed die Indianerteppiche und alles andere bewundern konnte, wurde er vorgestellt.

„Mercy, hier ist nun dein Neffe. Es ist mir ein Vergnügen, ihn in deine mütterliche Obhut zu geben ...“

„Jed ... yeah, es ist Jed, er gleicht meinem jüngsten Bruder aufs Haar. Sei willkommen, Junge. Ich glaube nicht, dass du hier irgendwelchen Schutz brauchst, du siehst mir ganz danach aus, als ob du alleine fertig werden könntest!“

Mercy McDonald reichte ihm die Hand. Sie war selbst jetzt in ihrem Alter noch eine wunderschöne Frau, und das Alter hatte ihrer Schönheit keinen Abbruch getan, sondern sie eher noch vertieft. Frauen wie Mercy McDonald altern nie. Ihre Stärke und Schönheit drang von Innen nach Außen.

Jed verbeugte sich leicht, sagte: „Madam, ich weiß die Ehre zu schätzen und möchte Ihnen meinen Dank sagen ...“

„Hört, hört ... er ist in der Tat gut erzogen“, unterbrach Trende McDonald. „Jed wird Verwalter .. damit ihr es gleich wisst.“ Er lachte zu seinen Worten, als hätte er einen besonders guten Witz gerissen, dann packte er Jed an der Schulter.

„Junge ... das hier ist Käthe Greenwich. Ihr Vater war Vormann auf meiner Ranch, wurde bei den Rinderkriegen von Banditen aus dem Sattel geholt!“

Jed sah das junge Mädchen an.

Ihre Augen wirkten wie die lichte Sonne. Sie strahlten ihn an, standen von dunklen, langen Wimpern eingerahmt in einem schmalen, gemmenhaft geschnittenen Gesichtchen. Hellblondes, golden schimmerndes Haar schmückte sie wie eine Krone.

Sie gaben sich die Hand. Jed war nicht fähig, ein Wort herauszubringen. Der Anblick des Mädchens brachte seine Gedanken durcheinander.

„Ah, Patrick, komm her und bring Jed auf sein Zimmer!“ Unbemerkt von Jed war der riesige Patrick eingetreten. Jetzt kam er sporenklirrend heran, blieb dicht vor Jed stehen, so dass sein übler Fuselatem sein Gesicht streifte.

„Dad, das werde ich mit dem größten Vergnügen besorgen“, stieß er hervor. „Komm nur, Boy!“

Unverkennbar lag etwas Drohendes in seiner Stimme. Jeder hörte es heraus. Trende McDonald warf den Kopf auf wie ein Stier, der zum Angriff antritt, herrschte seinen Sohn an: „Ich will keinen Ärger, Patrick!“

„Dad, das kannst du dir ersparen“, dehnte Patrick. Er stand etwas steif, wankte leicht vor und zurück. „Er ist unser Gast!“

„Mehr als das ... ich wünsche, dass du das niemals vergisst!“, klang es schroff.

„Ich werde mich bemühen“, murmelte Patrick. Seine Augen schweiften über die Gruppe, blieben an dem liebreizenden Mädchen haften.

„Käthe, ich habe den Blauschimmel für dich gesattelt“, sagte er zu ihr.

„Ich mag jetzt nicht ausreiten, Patrick“, erklärte sie hastig und errötete heftig.

„Sooo?“ Er kaute auf diesem Wort herum, hieb mit der Hand durch die Luft. „Komm, Sonny!“

Was keiner bemerkte, war Jed sofort klar, die letzten Worte waren mehr als nur eine Aufforderung zu folgen, sie waren eine Kampfaufforderung.

Heftige Abneigung stieg in ihm empor. Unausgesprochene Worte brannten ihm auf der Zunge. Bevor er hinter Patrick den Raum verließ, sah er noch einmal das Mädchen an. Ihre Augen waren weit und groß, waren irgendwo auf einen Punkt in dem großen Raum gerichtet.

Ihr blasses, zuckendes Gesicht brannte sich in ihm ein, und er hatte es noch vor sich, als er von Patrick geführt, durch den Flur schritt. Viele Zimmer öffneten sich vor und schlossen sich hinter ihm.

Plötzlich blieb Patrick stehen, riss eine Kammertür auf.

„Hier, Sonny ...“

Jed trat ein. Aus dem geöffneten Fenster schlug ihm Blütengeruch entgegen. Er durchquerte den quadratischen Raum, blickte aus dem Fenster in die flirrende Pracht des blühenden Obstgartens hinein.

„Du denkst wohl an Käthe?“, klang es lauernd von der Tür her.

Der Riese hatte Jeds Gedanken gelesen, das Glitzern seiner Augen war unheilvoll. Wie eine große Raubkatze stand er in der Tür, hatte beide Hände auf die tiefhängenden Kolben seiner Colts gelegt. „Du brauchst nicht zu antworten, wenn du es vorziehst, dich hinter deinen Gedanken zu verstecken, Sonny. Aber das merke dir, sie ist mein Mädel, und wenn sie dir noch so schöne Augen macht!“

Jed krampfte die Fäuste um das Fensterbrett, drehte sich langsam dem Mann an der Tür zu. Sonnenstrahlen flammten auf seinem Haar, umsprühten es wie ein Feuerwerk.

„Und wenn ich das glatt überhört habe?“, sagte er seltsam leise, wie gepresst. Sein bleiches Gesicht wirkte wie aus Granit gehauen.

Patrick zuckte zusammen, kam langsam näher, wiegte sich elastisch bei jedem Schritt, blieb jäh stehen und zischte: „Sonny, es war nur ein Rat, den ich dir gab. Du kannst ihn annehmen, oder nicht. Solltest du es jedoch nicht tun, wirst du den Tag verfluchen, der dich hierher brachte!“

„Ich habe mich schon entschieden“, klang es schroff.

„Nun?“, fuhr Patrick auf.

„Ich werde mich ‚nen Dreck drum kümmern, ob sie dein Mädel ist!“

Es war, als ob eine mächtige Faust die Brust des Riesen getroffen hätte. Er taumelte etwas zurück, fing sich wieder.

„Himmel ... wer bist du denn schon“, keuchte er, „ein Hergelaufener, eine Null, ein ...“

„Ich bin ein O'Conner, das sollte dir genügen“, brach es eisig aus Jed heraus.

„Ein O'Conner ... Teufel auch, das habe ich glatt vergessen“, grinste der Riese. „Nun, Söhnchen, wie denkst du, das mit mir auszutragen, he? ... Schätze, dass du nicht mit einem Colt umgehen kannst.‟

„Mit einem Colt wohl nicht, aber mit den Fäusten“, unterbrach Jed.

„So, wann?“

„Jetzt, auf der Stelle!“, klang es ruhig zurück.

„Nun, damit ersparst du mir die Arbeit, dich langsam zurechtzusetzen“, murmelte Patrick nachdenklich. Er nahm die riesigen Fäuste von den Kolben, hob sich etwas empor und sah mit gerunzelten Brauen auf sie nieder.

„Well, du bist ein O'Conner, Boy, aber du hast nicht die Fertigkeiten eines solchen. Du bist lediglich eine Nachbildung!“

„Leg den Gurt ab, und mach keine Worte!“

„Es wird dir leid tun!“

„Kaum“, presste Jed heraus. Fast gleichgültig sah er seinen wuchtigen Gegner an. Er schien sich keine Gedanken darüber zu machen, dass er bei einer körperlichen Auseinandersetzung wohl kaum eine Chance hatte. Schon rein äußerlich betrachtet, war kein Zweifel über den Ausgang des Zweikampfes möglich.

Doch Jed glühte in einem unbegreiflichen Stolz. Der Stolz der O'Conner ließ es nicht zu, etwas hinzunehmen. Seine kalte Ruhe verfehlte nicht die Wirkung auf Patrick. Der Riese wich bis zur Tür zurück, blieb dort wie ein unheimlicher Schatten stehen. Die einfallende Dämmerung ließ ihn noch unbezwingbarer erscheinen.

Jed machte sich nicht einmal die Mühe, zu ihm hinzuschauen. In tiefen Zügen sog er die würzige Luft in die Lungen.

Ein polterndes Geräusch ließ ihn den Kopf hochreißen.

„Das waren meine Eisen und der Gurt, Sonny, ich möchte keinen Vorteil dir gegenüber haben. Wenn du willst, kannst du zurücktreten!“, erklärte er grimmig. „Es könnte sein, dass du mich anschließend bei meinem Dad in das richtige Licht stellst ...‟

„Hab keine Sorgen ... ich werde alles hinnehmen und kein Wort darüber verlieren ...“

„Vielleicht wirst du morgen oder übermorgen, wenn du dich von meiner Arbeit erholt hast, fortreiten?“

„Wünscht du es?“

„Ich schon“, knurrte Patrick ohne Überlegung. „Es könnte nur Dad außerordentlich stören. Er hat nun mal gewisse Vorstellungen ...“

„Ich werde bleiben“, murmelte Jed verbissen. „Du nimmst mir die Mühe ab, herauszufinden, wie wir beide miteinander stehen!“

„Yeah, das ist ein gewisser Vorteil für dich, Sonny. Ich liebe es nicht, mit zugedeckten Karten zu spielen!“

„Dann leg sie hin!“

„Sicher ... Punkt eins: Das Mädchen ist für dich nicht vorhanden. Punkt zwei: Stecke deine Nase nie in meine Angelegenheiten. Punkt drei: Bleibe der Weide fern!“

„Ist das alles?“

„Allright!“

„Nun höre, was ich dazu zu sagen habe!“

„Blas deinen Song heraus, Sonny.“

„Du sollst ihn hören, Buddy“, grimmte Jed.

„Dass du ein McDonald bist, ist wahrscheinlich ein Versehen. In Wirklichkeit bist du ein rot und blaugestreifter Coyote, genügt dir das?“

„Vollständig. Du hast mir jetzt wenigstens einen Grund gegeben, dir das Fell über die Ohren zu ziehen“, explodierte die krächzende Bassstimme. „Hier ... schluck es!“

Unverhofft sauste Patrick wie ein lebendes Geschoss durch den Raum. Sein muskelbepackter, sehniger Körper schoss mit der geschmeidigen Gewandtheit einer Katze aus dem Stand heraus. Im Flug riss er die schmiedeeisernen Fäuste hoch, wirbelte sie durch die Luft, schlug zu ... traf den Fenstersims, ließ das Brett im Garten aufkrachen, wirbelte mit einem unterdrückten Wutschrei herum. Jetzt gelang es Jed nicht mehr, wie ein Schemen unterzutauchen. Ein scharfer Haken trieb ihn um die eigene Achse. Er riss die Fäuste hoch, schlug wild um sich, traf auf Kopf, Brust und Magen, riss die Arme zur Deckung empor, spürte, wie sein Körper erbebte, unter den Hieben zu zerbrechen drohte. Verzweifelt duckte er sich, rammte vor, knallte gegen das Bettgestell. Ein fürchterlicher Schwinger hieb ihn über den Aufbau hinweg. Er überkugelte sich, krachte gegen die Wand, kam wieder auf die Beine und durch die wogenden feuerroten Nebelschleier vor seinen Augen, stieß eine dämonische Faust auf ihn zu. Er konnte noch frühzeitig wegschnellen, aber nicht verhindern, dass das Hemd auf seinem Körper zerriss. Wieder flog eine Faust auf ihn zu, streifte seinen Mund. Das eigene Blut schnitt ihm die Luft ab. Er spuckte es aus, traf in ein verzerrtes, grinsendes Gesicht, traf die rollenden Augen, die sich jäh schlossen.

Das war die Chance. Er nutzte sie, schlug in einem wilden Taumel auf seinen zurückweichenden Gegner ein, war über diesen unverhofften Erfolg wie von Sinnen.

Aber seinen Schlägen fehlte die erbarmungslose Härte. Sie fielen zu weich, waren zu nichtig, als dass sie einen Mann wie Patrick McDonald erschüttern konnten. Er steckte sie ein, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Er nahm sie hin, wie ein Elefant Mückenstiche hinnehmen muss. Er ließ sich bis zur Wand treiben, dort stand er und rieb sich die Augen, schöpfte Luft, schüttelte Jed mit der linken Pranke ab.

Der Schlag war so wuchtig, dass Jed von seinem Gegner quer durch den Raum in eine Ecke gefetzt wurde, dort still liegenblieb.

Jetzt konnte Patrick wieder sehen. Er tapste auf Jed zu, packte ihn im Nacken, zerrte ihn hoch.

„Sonny ...“, er brach ab, stierte Jed an, lachte rasselnd, denn Jed hing bewegungslos zwischen seinen Fäusten, war ohnmächtig geworden. „Das war die erste Wucht, Sonny ... du wirst dir weitere holen“, zischte Patrick wütend, schleppte sein Opfer zum Bett, warf es darauf nieder.

„Hast wohl genug, um drei Tage ausfällig zu sein ...“

Langsam schob er sich aus dem Raum. Doch kaum hatte er die Tür erreicht, als die schwache Stimme des Jungen ihn erreichte: „Bleib und kämpfe!“

„Nun, wie du willst“, grimmte Patrick, wirbelte herum, schoss auf Jed zu, der sich schwankend im Bett aufgerichtet hatte. Er erwartete den Angriff, wie ein Mann, der gerade zum Kampf antritt, riss die Fäuste hoch und fiel in Patricks Arme hinein, glitt ab, stürzte, lag wie ein Toter.

„Damned“, knirschte Patrick, „was ist mit dir los?“

Er brauchte auf keine Antwort zu warten, denn Jed konnte ihm die Frage wirklich nicht beantworten. Er war erneut bewusstlos geworden.

Patrick machte sich nun nicht mehr die Mühe, Jed aufs Bett zu legen. Er fauchte vor sich hin, schritt eilig aus dem Raum, flüsterte: „Teufel, jetzt hat er genug ...‟

„Noch nicht ... bleib, kämpfe“, tönte es schwach vom Fußboden her.

Das verschlang Patrick den Atem. Wie gebannt blieb er stehen, wandte sich schwerfällig um. Sein Atem stockte, denn dort, in den magischen Schatten der Dunkelheit eingehüllt, erhob sich der Junge wie ein Automat, wie ein Roboter vom Boden, stand breitbeinig auf den Füßen, schwankte wie ein Rohr im Winde.

„Du bist zäh wie eine Katze ... aber ich will dich nicht ganz zertrümmern. Nach und nach werde ich dich zerbrechen“, heulte Patrick auf. Er schlug die Tür hinter sich zu, und während er einige Schritte durch den dunklen Flur machte, hörte er hinter sich einen dumpfen Fall. Mit einem Satz fuhr er herum, konnte es kaum glauben. Der Junge hatte die Tür erreicht, seine Kräfte reichten aber nicht aus, standhaft zu bleiben. Er schlug auf dem Gang hin, war aber nicht ohnmächtig ... nein, er war nur schwach, zerschlagen und nicht fähig, sich ein drittes Mal aufzurichten.

Doch das war es nicht, was Patrick McDonald das Blut in den Adern gefrieren ließ.

„Nimm sie hoch“, klang es wie ein Eishauch zu ihm hin. Diese Worte durchrüttelten den Riesen. Er bebte vor Grimm und Wut, vor einer grenzenlosen Ohnmacht, denn dort, der Junge auf dem Gang, hatte sich seinen eigenen Waffengurt angeeignet, hatte einen Colt angelüftet und die pechschwarze Mündung des Eisens schwankte leise hin und her, war auf seine gewölbte, muskelstrotzende Brust gerichtet, vertrieb mit einem Schlag die letzten Alkoholdünste aus seinem Hirn.

„Und ... was hast du vor?“, krächzte Patrick heiser. Widerstrebend hob er die Hände. Das Grauen flog ihn an, denn er entsann sich der Tatsache, dass der Boy von sich behauptet hatte, nichts von Waffen zu verstehen. Eine ungewollte Regung konnte den Schuss lösen und damit sein Leben auslöschen. Patrick hatte keine Lust, so schnell schon aus den Stiefeln zu fahren.

„Will dir nur sagen, dass du ein rotgestreifter Coyote bist. Jetzt geh ... geh mir aus den Augen!“

Patrick zögerte, doch dann wandte er sich schnell ab. Seine Zähne knirschten aufeinander. Er hatte eine verfluchte Dummheit gemacht. Zum Teufel, warum hatte er nicht mehr an seinen Waffengurt gedacht, nun war es zu spät, ihn zu holen. Wer konnte aber auch ahnen, dass ausgerechnet dieser zusammengeschlagene Boy, dieses verdammte Greenhorn, seine Unachtsamkeit ausnutzen würde?

Goddam, dem Burschen war auch ein Schuss in den Rücken zuzutrauen. Patrick hatte es jetzt eilig fortzukommen. Mit jedem Schritt wuchsen seine Wut und sein Grimm ins Uferlose. Erst als eine Bohlentür hinter ihm zuklappte, wich der üble Druck von seinem Magen. Keuchend blieb er stehen, wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn.

„Ich sagte es doch gleich, Dad hat einen Tiger auf die Ranch gebracht ... Goddam, aber ich ... ich werde ihm die Krallen stutzen, werde ihm die Reißzähne ziehen!“

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3.

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Die Nacht zog herauf. Sie brachte Kälte und einen scharfen Nordwind mit.

Jed O'Conner wurde jählings wach. Eine raue Hand strich über sein schmerzendes Gesicht.

„Nur ruhig, Junge“, sagte eine krächzende Stimme aus der Dunkelheit, „ruhig, es ist alles in Ordnung!“

Der Himmel mochte wissen, was alles in Ordnung war. Jed war es nicht danach zumute. Er hatte ein Gefühl, als ob ihn Giganten durch eine Mühle gedreht, anschließend mit dem Stampfer zu Brei gestampft, und danach zum Trocknen ausgebreitet hätten. Er lauschte mit steigendem Entsetzen dem höllischen Gekicher, das den Worten folgte.

Plötzlich entsann er sich. In seinem Gedankenchaos wurde es allmählich wieder hell.

Er schlug die Augen auf.

Mondlicht geisterte durch den Raum. Rechts vom Fenster hocke die tintige Silhouette eines breit gebauten, bärtigen Mannes.

„Junge, Patrick hat dich arg zerschlagen. Ich habe dich wahrhaftig, so gut es eben ging, zurechtgeflickt und deinen Körper mit Whisky massiert.“

Der Mann brauchte das nicht zu betonen. Der Whiskygeruch hing wie ein Tuch im Zimmer. Selbst die ausgelassenste Gesellschaft hätte keinen übleren Geruch zurücklassen können.

„Du bist ein Mann, O'Conner, du hast nicht einmal gestöhnt, und dafür könnte ich vor dir den Hut abnehmen“, fuhr der Bärtige unbeirrt fort. „Bisher hat selbst Amb Soister bei meiner Radikalkur gestöhnt und gewimmert ...“

„Wer ist Amb, und wer sind Sie?“, fragte Jed leise.

„Sachte, Junge, eins nach dem andern. Amb ist der Broncobuster auf dieser verteufelten Ranch. Noch vor drei Wochen hat ihn ein Bocker derart getreten und zugerichtet, dass niemand auch nur einen Penny für sein Leben gegeben hätte. Meine Whiskymassage hat ihn wieder schön auf die Beine gebracht ... Na, und dich hatte Patrick in den Klauen. Wenn ich zu wählen hätte, würde ich mich lieber von einem Gaul treten lassen, als mit Patrick aneinanderzugeraten.“

Der Alte schien gut informiert zu sein. Seine weiteren Worte bewiesen es. „Junge ... damit du auch im Bilde bist, mit wem du es zu tun hast, mich nennt man den Wabble-Jack, oder Jack-Wabble. Es kommt nicht so genau darauf an, wie du dir meinen Namen merkst, meine Massage wirst du dir merken müssen, denn die habe ich dir auf die Haut geschrieben!“

Er wartete auf keinen Einwand, fuhr sachlich fort: „Ich bin sozusagen keiner Crew zugeteilt, denn meine Aufgabe besteht darin, das Raubzeug von den Weiden zu treiben. Leider kam ich zu spät, um dir den Wolf vom Leibe zu halten!“

„Patrick?“

„Genau den, mein Junge. Er ist ein verteufelter Bursche, und es machte mir Spaß, dem Kampf zuzuschauen ...“

„Mein Gott, wem wollen Sie das erzählen?“, brach Jed los.

„Dir ... ich saß da drüben im Apfelbaum, Sonny. Du hast dich wacker gehalten. Nur ... deine Schläge waren zu laff. Wenn sie einen Kerl von Patricks Format fällen sollten, dann hätte eine gehörige Portion Mumm dahinter stecken müssen. Aber du bist schon in Ordnung, und was dir fehlt, werde ich dir mit der Zeit beibringen!“

Der Bärtige erhob sich von seinem Platz, dehnte sich. Er war nicht sonderlich groß, denn seine Breite deckte sich fast mit seiner Höhe. Einen ähnlichen Mann an Figur hatte Jed noch nie zu sehen bekommen.

Ungeniert kam der Oldtimer heran, beugte sich über ihn.

Jed blickte furchtlos in die hellen, wissenden Augen, in das verrunzelte Pergamentgesicht, in dem eine Knollennase thronte. Mund und Kinn wurden von einem dichten Bart überwuchert.