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Isolde Kurz

Hermann Kurz

Ein Beitrag zu seiner Lebensgeschichte

Isolde Kurz

Hermann Kurz

Ein Beitrag zu seiner Lebensgeschichte

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
1. Auflage, ISBN 978-3-962812-27-0

null-papier.de/536

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Wid­mung

Vor­wort

Ein­lei­tung

Des Dich­ters Ju­gend­jah­re

Nach­le­se aus den Ge­dich­ten der Maul­bron­ner Zeit

Das blaue Ge­nie

Ers­te Schaf­fen­spe­ri­ode

Be­zie­hun­gen zu Mö­ri­ke

Der Dich­ter­kreis um Alex­an­der von Würt­tem­berg

Schwarz-rot-gold

Das Brun­now­sche Haus

Hei­rat

In der Fro­ne der Frei­heit

Neue Schaf­fen­spe­ri­ode

Un­se­re Kin­der­stu­be

Ober­ess­lin­gen

Der Fremd­ling

Treue

Letz­te Le­bens­jah­re.

Dan­ke

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Widmung

Paul Hey­se zu­ge­eig­net

Vorwort

Zwi­schen dem An­fang die­ses Bu­ches und sei­ner Vollen­dung lie­gen schwe­re per­sön­li­che Er­leb­nis­se, die die Aus­füh­rung über Ge­bühr ver­zö­gert ha­ben. Zwei Brü­der, auf de­ren Mit­wir­kung und Teil­nah­me an der Wie­de­r­er­we­ckung der ge­mein­sa­men Ver­gan­gen­heit ich vor al­lem ge­rech­net hat­te, wur­den rasch nach­ein­an­der gänz­lich un­er­war­tet vom Gip­fel des Le­bens weg­ge­ris­sen. Die da­durch ver­an­lass­ten äus­se­ren Ver­än­de­run­gen, mehr­ma­li­ger Orts­wech­sel und end­li­che Auf­ga­be ei­nes lang­jäh­ri­gen Wohn­sit­zes ha­ben die Ar­beit wie­der­holt aufs ein­schnei­dends­te un­ter­bro­chen. Bei die­sen jä­hen Um­wäl­zun­gen ging von den seit lan­ge ge­sam­mel­ten No­ti­zen man­ches Wert­vol­le ver­lo­ren, wäh­rend zu­gleich die Durch­sicht al­ter Tru­hen und ver­ges­se­ner Schub­fä­cher un­ver­mu­tet neu­es Ma­te­ri­al zu Tage brach­te, das die Um­ar­bei­tung der schon ge­schrie­be­nen Ka­pi­tel ge­bie­te­risch for­der­te. So wan­der­ten die­se Auf­zeich­nun­gen mit mir von Ort zu Ort, im­mer ver­folgt von den un­er­war­tets­ten äus­se­ren Hin­der­nis­sen, dass es fast schi­en, als ob der Uns­tern, der über mei­nes Va­ters Le­ben wal­te­te, noch ein­mal auf­ge­gan­gen sei um auch das Zu­stan­de­kom­men die­ser Erin­ne­run­gen an ihn zu hin­ter­trei­ben. Erst auf ei­nem ein­sa­men Strand­ge­biet des tyr­rhe­ni­schen Mee­res, ab­ge­schnit­ten von den li­te­ra­ri­schen Hilfs­mit­teln und fast ganz auf mein Ge­dächt­nis an­ge­wie­sen, ge­lang es mir schliess­lich, sie zu Ende zu füh­ren mit ei­ner Eile, die nur noch dar­auf be­dacht war, neu­en Stö­run­gen zu­vor­zu­kom­men. Dies möge die von mir sel­ber am stärks­ten emp­fun­de­ne Un­voll­stän­dig­keit des Bu­ches er­klä­ren. Auch auf eine letz­te Aus­run­dung muss­te ich ver­zich­ten, da die ers­te Hälf­te sich schon im Druck be­fand, wäh­rend die zwei­te ge­schrie­ben wur­de.

Man su­che auf die­sen Blät­tern kei­ne er­schöp­fen­de li­te­ra­ri­sche Bio­gra­fie; eine sol­che lag von vorn­her­ein nicht in mei­ner Ab­sicht, sie ist Auf­ga­be des Li­te­rar­his­to­ri­kers. Mir lag es vor al­lem ob, die mensch­li­che Er­schei­nung des Dich­ters fest­zu­hal­ten, wie sie durch Erin­ne­rung und Über­lie­fe­rung in mei­ner See­le haf­tet, und ich bin auch den kleins­ten Zü­gen nach­ge­gan­gen, ein­ge­denk der Wor­te des al­ten Plut­arch, dass oft eine An­ek­do­te, ein Wort, eine über­lie­fer­te Ges­te für das Bild ei­ner Per­sön­lich­keit be­zeich­nen­der ist, als eine Staats­ak­ti­on.

Auf­fal­len dürf­te es dem Le­ser, dass von dem Punk­te an, wo mei­ne ei­ge­ne Erin­ne­rung ein­setzt, die Ge­stalt mei­nes Va­ters nicht le­ben­di­ger her­vor­tritt, viel­mehr sich hin­ter der Fa­mi­li­en­grup­pe teil­wei­se fast ver­birgt. Dies ist zum ge­rings­ten Tei­le Schuld der Schrei­be­rin. Gera­de für die Zeit, die ich mit er­lebt habe, geht mir der greif­ba­re Stoff der Dar­stel­lung aus. Es war die Zeit nach sei­nem Rück­tritt aus der Öf­fent­lich­keit, wo sein We­sen sich auf den in­ners­ten Brenn­punkt zu­sam­men­zog. Ein lan­ger Mo­no­log, das war sein Le­ben, so lan­ge ich ihn kann­te, er un­ter­brach ihn auch nicht um zu uns zu re­den. Die schwei­gen­de Macht sei­ner fast un­per­sön­li­chen Ge­gen­wart aber konn­te ich nicht an­ders zeich­nen, als in der Um­ge­bung, auf die sie, wenn auch nur lei­se, wirk­te, vor al­lem in uns selbst, sei­nen Kin­dern. Aus die­sem stark vor­tre­ten­den Rah­men, in dem ich sein Bild ein­zig ge­kannt habe, konn­te und woll­te ich es nicht ab­lö­sen. Ein em­por­ra­gen­der Mensch steht ja nicht al­lein im Uni­ver­sum, auch sei­ne An­ge­hö­ri­gen sind ein Teil von ihm. Und wie man auf­wärts in der Ah­nen­rei­he ger­ne die Züge ver­folgt, die sein We­sen ge­bil­det ha­ben, ist es viel­leicht nicht ohne In­ter­es­se, ih­nen auch ein­mal in der ab­stei­gen­den Li­nie noch wei­ter nach­zu­ge­hen. An Her­mann Kurz ist das land­läu­fi­ge Axi­om, wo­nach ein be­deu­ten­der Va­ter un­be­deu­ten­de Söh­ne ha­ben muss, zu Schan­den ge­wor­den: den glän­zends­ten Ge­gen­be­weis hat mein Bru­der Ed­gar ge­lie­fert. Ihn vor al­lem, der so­viel be­geis­ter­te Lie­be hin­ter­las­sen hat, wird man, hof­fe ich, nicht un­gern in sei­ner Kna­ben­ge­stalt hier wie­der­fin­den; ich habe mich dar­um auch nicht ge­scheut zu er­zäh­len, wie sich der Most zu­wei­len ab­surd ge­bär­det hat, der her­nach einen so ed­len Wein er­ge­ben soll­te. Es war des Zu­sam­men­hangs we­gen un­ver­meid­lich, dass man­ches von mir an­ders­wo er­zähl­te hier wie­der­holt und er­wei­tert wur­de.

Den gröss­ten Dank für ge­leis­te­te Hil­fe schul­de ich der Güte des Herrn Prof. Her­mann Fi­scher in Tü­bin­gen, der mir ein rei­ches von ihm ge­sam­mel­tes Ma­te­ri­al an Brie­fen für mei­ne Zwe­cke zur Ver­fü­gung stell­te. Ohne die­se Pa­pie­re wäre mei­ne Kennt­nis vom Le­ben mei­nes Va­ters un­zu­sam­men­hän­gend ge­blie­ben. Ein­zel­ne cha­rak­te­ris­ti­sche Züge ha­ben mir Ju­gend­be­kann­te von ihm ge­lie­fert, de­nen ich nicht mehr dan­ken kann. Für die spä­te­ren Jah­re dienten mir dann und wann Auf­zeich­nun­gen, die mei­ne Mut­ter noch zu sei­nen Leb­zei­ten ge­macht hat. Von ihr, die in un­ge­trüb­ter Geis­tes­fri­sche bei mir lebt, konn­te ich kein hö­he­res Zeug­nis ab­le­gen, als, in­dem ich über­all die rei­ne his­to­ri­sche Wahr­heit er­zähl­te, auch wo ich in der Auf­fas­sung der Din­ge von ihr ab­wei­che.

Das Le­ben ei­nes Dich­ters zu schrei­ben ist kei­ne loh­nen­de Auf­ga­be. Denn den Stoff, aus dem der han­deln­de Mensch äus­se­res Le­ben auf­baut, ver­wen­det der Schaf­fen­de zu sei­nen geis­ti­gen Ge­bil­den. Was für den Bio­gra­fen üb­rig­bleibt, ist dann meist nur ein für die Dar­stel­lung we­nig dank­ba­rer Rest, der zu­dem we­ni­ger den Dich­ter selbst, als die Zeit, in der er ge­lebt hat, cha­rak­te­ri­siert. Dies gilt in be­son­ders ho­hem Grad von mei­nem Va­ter. Wen also der hier ge­schil­der­te Le­bens­gang nicht be­frie­digt, der grei­fe zu des Dich­ters Wer­ken. In ih­nen fin­det er sei­ne wah­re Welt, die Welt, für die er ge­bo­ren war, mit al­lem Glanz und al­ler Fül­le, um die das Le­ben ihn be­tro­gen hat.

For­te dei Mar­mi, im De­zem­ber 1905.

Einleitung

Am 10. Ok­to­ber 1873 hat der Dich­ter Her­mann Kurz die Au­gen ge­schlos­sen. Sei­ne Le­bens­ge­schich­te ist bis zur Stun­de noch nicht ge­schrie­ben. Die knapp um­ris­se­ne, aber meis­ter­li­che Por­trätskiz­ze die Paul Hey­se in sei­nem Vor­wort zu der ers­ten Ge­samt­aus­ga­be der Wer­ke von Her­mann Kurz ent­wor­fen hat, ist noch im­mer das ein­zig zu­ver­läs­si­ge Bild, das von dem Dich­ter exis­tiert. Was von an­de­rer Sei­te hin­zu­kam, war häu­fig eher dazu an­ge­tan, die Züge zu ver­wir­ren, als sie deut­li­cher her­aus­zu­for­men. Es gibt viel­leicht kein Dich­ter­los, das einen grös­se­ren Ge­gen­satz zwi­schen in­ne­rer An­la­ge und äus­se­rem Le­bens­gang auf­weist als das sei­ni­ge. Da er ein Freund astro­lo­gi­scher Stu­di­en, ver­steht sich zu poe­ti­schen Zwe­cken, war, so ver­stösst es nicht ge­gen sei­nen Geist, wenn ich von ihm sage, dass er nach der Kon­stel­la­ti­on sei­ner Ge­burts­stun­de zu den son­ni­gen Ju­pi­ters­kin­dern ge­hör­te, dass aber böse sa­tur­ni­sche Ein­flüs­se frü­he in sein äus­se­res Ge­schick ein­grif­fen und sein Da­sein mit Kampf und Not er­füll­ten. Da­her steht sein per­sön­li­ches Le­ben in tie­fem Schat­ten, wäh­rend über sei­nen Wer­ken der Son­nen­schein des sieg­rei­chen Hu­mors, der un­zer­stör­ba­ren Welt­freu­dig­keit lacht. Die­ses Ge­gen­sat­zes zwi­schen Na­tu­rell und Schick­sal sich im­mer be­wusst zu blei­ben, ist für den nach­ge­bo­re­nen Bio­gra­fen nicht leicht, der für des Dich­ters Per­sön­lich­keit ganz auf die schrift­li­chen Zeug­nis­se, vor al­lem auf sei­ne ei­ge­nen Brie­fe, an­ge­wie­sen ist. Hier fin­det er nur den oft herz­bre­chen­den Be­richt über sei­ne Kämp­fe mit der Aus­sen­welt, aber die Er­gän­zung fehlt, die die Brief­emp­fän­ger in Hän­den hat­ten: das Bild der ge­mein­sam durch­schwelg­ten ho­hen Stun­den und des elas­ti­schen Sie­ges­muts, mit dem der Dich­ter nach je­der Ent­täu­schung sich wie­der auf­rich­te­te; denn was sich von selbst ver­steht, das pflegt man in Brie­fen nicht aus­zu­spre­chen. Wer nun sei­ne Lauf­bahn Schritt für Schritt an der Hand die­ser Zeug­nis­se ver­folgt, um sie in den schrof­fen Aus­sen­li­ni­en wie­der­zu­ge­ben, wie sie sich etwa in dem Brief­wech­sel mit sei­nem Ju­gend­freun­de Ru­dolf Kaus­ler dar­stellt, der ist in Ge­fahr, sein Bild viel zu sehr grau in grau zu ma­len, wie es den meis­ten be­geg­net ist, die über ihn schrie­ben.

Da kann es auch beim wärms­ten Be­mü­hen nicht an Ver­zeich­nun­gen feh­len: der­sel­be Mann, von dem Hey­se aus sei­nen trübs­ten Le­bens­jah­ren be­rich­tet, dass, wer sein Schick­sal nicht kann­te, ihn nach dem Glan­ze sei­ner Au­gen, sei­ner frei­en Hal­tung, der Mil­de und freu­di­gen Kühn­heit sei­nes We­sens für einen der Lieb­lin­ge des Glückes hal­ten muss­te, er­scheint in den Dar­stel­lun­gen der Spä­te­ren nicht sel­ten als ein düs­te­rer, früh ver­bit­ter­ter, knor­ri­ger, men­schen­feind­li­cher Son­der­ling. Es ist ih­nen dar­aus kein Vor­wurf zu ma­chen, sie kann­ten ja nur die Nöte, die ihn be­dräng­ten, und die wach­sen­de Ver­ein­sa­mung sei­ner Man­nes­jah­re, aber nicht die fri­schen Hilfs­quel­len, die fort und fort in sei­nem In­nern spru­del­ten. Hey­se al­lein, der aus dem un­mit­tel­ba­ren Aus­tausch schöpf­te, be­sass noch die Mit­tel, die­ser Er­schei­nung die vol­le Le­bens­wahr­heit zu ge­ben. Aber sei­ne un­über­treff­lich schö­ne Schil­de­rung ist nur ein Um­riss und be­schränkt sich auf des Dich­ters letz­te Le­bens­jah­re. Den spä­te­ren Dar­stel­lern liegt es ob, die von Hey­se an­ge­leg­te Skiz­ze zum Ge­samt­bild zu er­wei­tern. Das ist kei­ne leich­te Auf­ga­be. Es braucht dazu aus­ser dem na­hen Ver­traut­sein mit dem Bo­den Alt-Würt­tem­bergs die ein­ge­hends­te Kennt­nis der li­te­ra­ri­schen und po­li­ti­schen Ver­hält­nis­se sei­ner Zeit. Bei­des steht mir nicht zu Ge­bo­te. Und lei­der bin ich nicht ein­mal im­stand, die­se Män­gel durch eine Fül­le le­ben­di­ger Erin­ne­run­gen auf­zu­wie­gen. Fiel doch mei­nes Va­ters bes­tes Le­ben lan­ge vor die Zeit mei­ner Ge­burt, und der Mann, dem als Jüng­ling von sei­ner dio­ny­si­schen Ta­fel­run­de (S. »Das Wirts­haus ge­gen­über«) das be­nei­dens­wer­tes­te Mund­stück zu­er­kannt wor­den war, re­de­te als Fa­mi­li­en­va­ter fast gar nicht mehr, am we­nigs­ten in den spä­te­ren Jah­ren, wo ich erst zu ei­nem Aus­tausch fä­hig wur­de. Ich kann also auch mei­ner­seits nicht den An­spruch er­he­ben, die Lücke be­frie­di­gend aus­zu­fül­len. Doch gibt mir der Be­sitz von in­ti­men Fa­mi­li­en­brie­fen und man­che er­hal­te­ne Über­lie­fe­rung we­nigs­tens einen Ein­blick in die Zeit sei­nes Wer­dens, und der Vor­teil des ge­mein­sa­men Blu­tes lässt mich hof­fen, man­che Züge sei­nes We­sens rich­ti­ger, als dem Frem­den mög­lich ist, zu deu­ten und so dem künf­ti­gen, bes­ser aus­ge­rüs­te­ten Bio­gra­fen die Ge­sichts­punk­te für die Auf­fas­sung des Men­schen und des Dich­ters Her­mann Kurz zu lie­fern.

Als ich mein geis­ti­ges Auge zu öff­nen be­gann, leb­te mein Va­ter schon wie ein le­ben­dig Ver­schol­le­ner. Ein Bann­kreis um­gab den schwei­gen­den Mann, der ihn gleich­sam von der Mit­welt ab­son­der­te. Es war, als wä­ren alle über­ein­ge­kom­men, von dem, was er der Welt ge­ge­ben hat­te, zu schwei­gen. Die mit ihm jung ge­we­sen, sei­ne Freun­de und Mit­stre­ben­den, hat­te das Schick­sal frü­he stumm ge­macht. Das nach­wach­sen­de Ge­schlecht be­sass in je­ner li­te­ra­risch mat­ten Zeit nicht so viel selbst­stän­di­gen künst­le­ri­schen In­stinkt, um sich ohne Hin­weis von aus­sen für eine ech­te Kunst­schöp­fung zu be­geis­tern. Die po­li­ti­sche Par­tei, der er sei­ne bes­ten Man­nes­jah­re ge­op­fert hat, stand sei­ner rei­nen ten­denz­lo­sen Kunst kühl ge­gen­über. In der Li­te­ra­tur wur­de er gar mit Hein­rich Kurz, dem Li­te­rar­his­to­ri­ker, ver­wech­selt. Die Ju­gend sang sei­ne Lie­der nach den Sil­cher­schen Me­lo­di­en und wuss­te nicht mehr, wer der Ver­fas­ser war. Wir fühl­ten uns wie Kö­nigs­kin­der im Exil, de­ren Va­ter sei­ne recht­mäs­si­ge Kro­ne nicht tra­gen darf.

»Ich bin zwi­schen die Zei­ten ge­fal­len«, sag­te der Dich­ter selbst, wenn er in spä­te­ren Jah­ren sich je ein­mal über sei­ne li­te­ra­ri­sche Lauf­bahn äus­ser­te. Ja, er war zu spät ge­kom­men für die Zeit, wo rein poe­ti­sche In­ter­es­sen im Vor­der­grund des deut­schen Geis­tes­le­bens stan­den. In den bald da­nach aus­bre­chen­den po­li­ti­schen Stür­men ver­stumm­te sei­ne par­tei­lo­se Muse, wäh­rend der Dich­ter selbst zum Kämp­fer wur­de und sei­ne gan­ze per­sön­li­che Exis­tenz für sei­ne Über­zeu­gung ein­setz­te. Nach­dem der Sturm sich ge­legt hat­te, gab es kein li­te­ra­ri­sches Würt­tem­berg mehr, und ein Deutsch­land, das dem Dich­ter hät­te ver­gü­ten und ver­gel­ten kön­nen, gab es über­haupt noch nicht. Un­ter die­ser bö­sen Kon­junk­tur ver­floss sein Le­ben. Als er dann nach sei­nem Tode in den Ge­sam­mel­ten Wer­ken zum ers­ten Mal in ge­schlos­se­ner Ge­stalt vor das Pub­li­kum trat, da wie­der­hol­te sich das »Zwi­schen die Zei­ten fal­len«. Nun gab es zwar ein Deutsch­land, aber die­ses Deutsch­land, das eben erst im gros­sen und gro­ben von dem ge­wal­tigs­ten Werk­meis­ter zu­recht­ge­zim­mert war, hat­te zu­nächst an­de­res zu tun, als äs­the­ti­schen In­ter­es­sen nach­zu­ge­hen, und als es sich end­lich auf die­se wie­der be­sann, da woll­te man in dem neu­en Rei­che al­les neu ha­ben, am neues­ten die Kunst; man leb­te von der Er­war­tung der Din­ge die da kom­men soll­ten und liess sich nur sehr un­ger­ne dar­an er­in­nern, dass es schon vor­dem eine deut­sche Dicht­kunst ge­ge­ben hat­te. Über­dies wur­de jetzt das mit der po­li­ti­schen Füh­rer­schaft ver­bun­de­ne Über­wie­gen des nord­deut­schen Geis­tes auch in der Li­te­ra­tur der Ver­brei­tung ei­nes so spe­zi­fisch süd­deut­schen Dich­ters, wie Her­mann Kurz, hin­der­lich. Und als schlimms­ter Geg­ner kam noch der rohe Na­tu­ra­lis­mus dazu, der wie­der für eine lan­ge Zeit die Wege der wah­ren Kunst ver­schüt­te­te. Wenn zu­vor Her­mann Kurz mit sei­nem küh­nen und trot­zi­gen Wahr­heits­sinn für eine mat­te, durch flaue Schön­fär­be­rei ver­zär­tel­te Pe­ri­ode zu männ­lich und stark ge­we­sen war, so wuss­te die­se, die die Fah­ne ei­nes falschen Rea­lis­mus schwang, wie­der­um nichts mit ihm an­zu­fan­gen, weil sei­ne Wahr­heits­lie­be auf die ty­pi­sche, im­mer wie­der­keh­ren­de Wahr­heit, nicht auf die zu­fäl­li­ge, ein­ma­li­ge ge­rich­tet ist. Aber auch die schlimms­te Kon­junk­tur nimmt ein­mal ein Ende. Zwar nur lang­sam, wie Glet­scher schie­ben, aber un­auf­halt­sam ver­schiebt sich ein Kul­tur­bild. So scheint nun end­lich der Tag für Her­mann Kurz an­zu­bre­chen. Schon in den letz­ten Jah­ren stell­ten sich Zei­chen ein, dass die Erin­ne­rung an ihn zu er­wa­chen be­gin­ne, die Re­clam­sche Uni­ver­sal­bi­blio­thek ver­brei­te­te sei­ne klei­nen fei­nen Er­zäh­lun­gen, dann mit Ablauf der li­te­ra­ri­schen Schutz­frist er­schie­nen als die ers­ten Schwal­ben die Neu­auf­la­gen der gros­sen Ro­ma­ne, de­nen jetzt fort und fort wei­te­re Aus­ga­ben fol­gen, und end­lich brach­te als dan­kens­wer­tes­tes Un­ter­neh­men der Ver­lag von Max Hes­se die neue, von Her­mann Fi­scher, dem Soh­ne des Dich­ters J. G. Fi­scher, be­sorg­te Aus­ga­be der Sämt­li­chen Wer­ke, die durch ei­ni­ge wert­vol­le, in der frü­he­ren Ge­samt­aus­ga­be feh­len­de Stücke er­gänzt und mit ge­die­ge­nen, von lie­be­vol­lem Ver­ständ­nis durch­drun­ge­nen Ein­lei­tun­gen zu je­dem Ban­de ver­se­hen ist. Wie ein Ver­schüt­te­ter aus tie­fem Schach­te steigt der Dich­ter heu­te her­auf, in vol­ler Fri­sche, un­be­rührt vom Fit­tich der Zeit, die so vie­le sei­ner ge­fei­er­te­ren Zeit­ge­nos­sen un­ter­des­sen in Staub und Asche ge­wan­delt hat. Kein Rün­zel­chen auf der blü­hen­den Wan­ge sei­ner Muse. Sei­ne Ge­stal­ten sind noch le­ben­dig und mensch­lich wahr bis in die kleins­te Ne­ben­fi­gur her­ab, Spra­che und Ge­dan­ken sind un­ver­al­tet, jede Zei­le neu und blank, als wäre sie heu­te ge­schrie­ben. So tritt der Dich­ter ei­nem neu­en Ge­schlecht ge­gen­über, auf das der alte Uns­tern nicht mehr wirkt: es gibt heu­te kei­ne li­te­ra­ri­schen Mo­den mehr, da in un­sern Ta­gen al­les und nichts Mode ist; der Zeit­geist wen­det sich wie­der den äs­the­ti­schen In­ter­es­sen, wenn auch noch mit un­ge­nü­gen­den Mit­teln zu, die geis­ti­gen Zoll­schran­ken in­ner­halb Deutsch­lands sind ge­fal­len, und wenn der Sü­den sich des Vor­rechts sei­ner äl­te­ren Kul­tur be­ge­ben hat, um auf das be­weg­te­re Geis­tes­le­ben sei­ner nord­deut­schen Brü­der ein­zu­ge­hen, wenn er so­gar zu die­sem Zweck das Fremd­ar­ti­ge der nie­der­deut­schen Sprech­wei­se über­win­det, so darf er jetzt vom Nor­den das glei­che Ent­ge­gen­kom­men für sei­ne füh­ren­den Geis­ter er­war­ten. Da­mit ist dem Dich­ter, der die Hei­mat­kunst pfleg­te, lan­ge be­vor die­ses neue Wort für eine alte Sa­che ge­prägt war, end­lich der Weg aus der en­ge­ren Hei­mat, die für sei­ne Maas­se zu klein war, in das gros­se Ge­samt­va­ter­land er­öff­net.

Um aber zu be­grei­fen, wie es zu­ging, dass ein Dich­ter von der Stär­ke und Be­deu­tung ei­nes Her­mann Kurz von sei­ner Zeit so un­ter Schutt be­gra­ben wer­den konn­te, muss man sich den Bo­den Alt-Würt­tem­bergs, dem er ent­spros­sen ist, und die Zeit sei­nes Wachs­tums vor Au­gen hal­ten.

Die Schwa­ben gel­ten ge­wiss mit Recht für einen reich be­gab­ten Volks­stamm. Aber auf en­gen Raum zu­sam­men­ge­drängt und von Na­tur mit har­ten Köp­fen be­gabt, ha­ben sie sich von je­her schlecht mit­ein­an­der ver­tra­gen. Das Be­stre­ben, ein­an­der zu ver­klei­nern, ja lie­ber einen ganz Frem­den, wäre er auch min­der ver­dienst­voll, an­zu­er­ken­nen, als einen der Ei­ge­nen, ist ein un­ver­wisch­ba­res Stam­mes­merk­mal. Die­se Sucht, sich ge­gen­sei­tig am Zeu­ge zu fli­cken, die durch das an­ge­bo­re­ne kaus­ti­sche Ele­ment ver­schärft wird, ist so all­ge­mein, dass der Schwa­be sich der­sel­ben kaum be­wusst ist und häu­fig gar kei­nen bö­sen Wil­len da­mit ver­bin­det. Selbst in die Klang­far­be des Dia­lekts hat sich die­se Streit­sucht ein­ge­schli­chen; denn wenn zwei Schwa­ben auf der Stras­se zu­sam­men re­den, scheint es dem un­ein­ge­weih­ten Ohre, als zank­ten sie sich. Erst im Aus­land kommt es ih­nen zum Be­wusst­sein, wie viel scho­nen­der an­de­re Stäm­me un­ter sich ver­keh­ren.

In die­sem Lan­de ge­deiht das Ta­lent nicht durch För­de­rung, son­dern durch Ge­gen­satz und Wi­der­stand: das dick­köp­fi­ge Phi­lis­te­ri­um ist dort der Nähr­bo­den des Ge­ni­us, der mit ihm zu kämp­fen hat. Das ist ein Krieg auf Tod und Le­ben, wo­bei meis­tens der Ge­ni­us auf die Dau­er sei­ner Er­den­ta­ge un­ter­liegt, um dann spä­ter in ver­klär­ter Ge­stalt auf­zu­er­ste­hen und den Kampf mit bes­se­ren Aus­sich­ten fort­zu­set­zen. Al­ler Ruhm Alt-Würt­tem­bergs geht von sei­nen Dis­si­den­ten aus. Die­se sind sämt­lich Ge­schwis­ter von Schil­ler ab, zwar un­gleich an Ta­lent und Tem­pe­ra­ment, aber gleich an wet­ter­fes­tem, not- und tod­ver­ach­ten­dem Idea­lis­mus. Ein Fa­mi­li­en­zug, der sie von wei­tem kennt­lich macht, ist ihre trot­zi­ge Ge­bär­de; sie wol­len stets mit dem Kopf durch die Wand. Sie sind eben kei­ne Olym­pier, sie sind Ti­ta­nen­kin­der. Eine Aus­nah­me bil­det Mö­ri­ke, der die um­ge­ben­de Welt sich an­passt, in­dem er sie mit sei­ner spie­len­den Fan­ta­sie, fast ohne es zu be­mer­ken, voll­kom­men um­ge­stal­tet. Die­ser leb­te denn auch un­an­ge­foch­ten da­hin, die Phi­lis­ter ta­ten ihm nichts zu­lei­de, er ver­kehr­te mit ih­nen auf du und du, und sie be­merk­ten gar nicht, dass er ein Ge­nie war, son­dern hiel­ten ihn für ih­res­glei­chen.

Al­lein nicht nur der Phi­lis­ter war in Würt­tem­berg dem auf­stre­ben­den Ge­ni­us hin­der­lich, auch sei­ne Geis­tes­ver­wand­ten ver­leg­ten ihm den Weg. Das klei­ne Land war ja viel zu reich an Ta­len­ten, um ih­nen al­len Raum zur Ent­fal­tung zu ge­ben; an den Gren­zen aber war die Welt mit Bret­tern ver­na­gelt. Wer dar­über hin­aus­stürm­te, der konn­te im Elend zu­grun­de ge­hen wie Waib­lin­ger, oder wie Höl­der­lin als ein Schiff­brü­chi­ger zu­rück­keh­ren. Da­rum ging es, wie es oft in be­gab­ten aber ar­men Fa­mi­li­en zu ge­hen pflegt, wo ein je­der sein Ta­lent und sei­ne In­di­vi­dua­li­tät zur Gel­tung zu brin­gen sucht und kei­ner den an­dern recht auf­kom­men lässt. An­der­wärts er­eig­net sich ge­ra­de das Um­ge­kehr­te: man bil­det Cli­quen zur ge­gen­sei­ti­gen An­prei­sung und För­de­rung, dass der Frem­de glau­ben könn­te, in eine gan­ze Pflanz­schu­le von Ge­nies ge­ra­ten zu sein. In Würt­tem­berg aber fehl­te es dem Ge­ni­us von vorn­her­ein an Ver­kün­di­gern. Soll­te ein ein­hei­mi­sches Er­zeug­nis dort Aner­ken­nung fin­den, so muss­te es zu­vor ex­por­tiert und mit ei­ner aus­wär­ti­gen Mar­ke wie­der ein­ge­führt wer­den. Ein preus­si­scher Haupt­mann war es, der die ers­te Aus­ga­be von Höl­der­lins Ge­dich­ten ver­an­lasst hat. In un­sern Ta­gen hat der Nor­den be­gon­nen, den Ruhm des halb­ver­schol­le­nen Mö­ri­ke zu ma­chen, wie er zu­vor den Uh­lands ge­macht hat­te. Von Schil­ler ganz zu schwei­gen. Nicht um­sonst singt Mö­ri­ke von die­sem:


der an Herz und Sit­te
Ein Sohn der Hei­mat war,
Stellt sich in uns­rer Mit­te
Ein ho­her Fremd­ling dar.

Das war es, was ihm schliess­lich sei­ne Gel­tung gab, dass er als Fremd­ling wie­der­kam. In echt schwä­bi­schem Sinn hat ein­mal Theo­bald Zieg­ler den Ur­sprung der Re­dens­art »er ist nicht weit her« un­ter­sucht. Dass er nicht weit her war, liess auch Her­mann Kurz nicht in sei­ner vol­len Be­deu­tung er­schei­nen, ge­ra­de sein star­kes Hei­mat­ge­fühl, das ihn hin­der­te, den Bo­den Würt­tem­bergs zu ver­las­sen, ist ihm in der Hei­mat schäd­lich ge­wor­den. Nicht als ob es den Schwa­ben an Sinn für ihre hei­mi­schen Pro­duk­te ge­brä­che, sie tun sich viel­mehr auf die gros­se Men­ge ih­rer schöp­fe­ri­schen Geis­ter recht viel zu­gu­te; aber sie ha­ben nun ein­mal die Nei­gung, die­sen bei Leb­zei­ten den Brot­korb so hoch wie mög­lich zu hän­gen. Das wun­der­li­che Stam­mes­selbst­be­wusst­sein, das sie so oft ge­trie­ben hat, ihre Gros­sen als quan­ti­té nég­li­ge­a­ble zu be­han­deln, fin­det sei­nen klas­si­schen Aus­druck in dem köst­li­chen Vers von Eduard Pau­lus:


Der Schel­ling und der He­gel,
Der Schil­ler und der Hauff,
Das ist bei uns die Re­gel,
Das fällt uns gar nicht auf.

Auf ei­nem so son­der­ba­ren Bo­den war die be­rühm­te alte »Schwa­ben­kul­tur« auf­ge­baut. Frei­lich, es war ihr auch an­zu­se­hen. Sie um­fass­te die gan­ze Welt des Ge­dan­kens und be­sass doch nicht das kleins­te Fleck­chen, auf dem sie sich sicht­bar nie­der­las­sen konn­te. Das macht: sie war aus­sch­liess­lich Män­ner­sa­che; die Schwä­bin­nen, we­nigs­tens die des Mit­tel­stan­des, ta­ten nicht mit, sie be­harr­ten mit Über­zeu­gung in der Un­kul­tur. Es gab kei­ne ge­sell­schaft­li­che und äs­the­ti­sche Er­zie­hung durch die Frau; bei der Hei­rat brach ent­we­der die Ent­wick­lung des Man­nes ab, oder es trat bei ihm eine völ­li­ge Tei­lung des in­ne­ren und des äus­se­ren Men­schen ein. Da­her blieb die­se Kul­tur eine rein li­te­ra­ri­sche, die aus dem Stu­dier­zim­mer der Poe­ten und Ge­lehr­ten nicht ein­mal bis in die nächs­te Um­ge­bung den Weg fand, so­dass, wäh­rend das Fa­mi­li­en­haupt zu den Ster­nen am geis­ti­gen Him­mel zähl­te, häu­fig die nächs­ten An­ge­hö­ri­gen in ei­ner fast bäu­ri­schen Un­wis­sen­heit und Form­lo­sig­keit da­hin leb­ten. Es hat et­was Schau­er­li­ches, sich die Welt­wei­te die­ser Geis­ter und dazu die er­drücken­de Enge ih­res leib­li­chen Da­seins vor­zu­stel­len. Dazu kommt, dass fast alle ta­lent­vol­len jun­gen Leu­te durch die Ar­mut zum un­ent­gelt­li­chen Stu­di­um der Theo­lo­gie ge­trie­ben wur­den und dass eine Land­pfar­rei das ge­wöhn­li­che ir­di­sche Ziel der Ti­ta­nensöh­ne war. Der Weg da­hin führ­te durch die Pfor­te des »Lan­dex­amens« in die klös­ter­li­che Zucht der nie­de­ren Se­mi­na­ri­en und von da in das be­kann­te »Tü­bin­ger Stift«. In die­sem Stift, der wah­ren Stief­mut­ter un­se­rer gros­sen Geis­ter, wur­den sie in den Ent­wick­lungs­jah­ren von al­lem äus­se­ren Le­ben fern­ge­hal­ten und sys­te­ma­tisch zu je­ner viel­be­ru­fe­nen stift­le­ri­schen Un­welt­läu­fig­keit er­zo­gen, die ih­nen spä­ter das Wei­ter­kom­men auf je­dem an­de­ren als dem von der An­stalt vor­ge­schrie­be­nen Wege so sehr er­schwe­ren muss­te.

Wenn es oh­ne­hin die Art der schöp­fe­ri­schen Na­tu­ren ist, sich un­ter dem Ein­druck ih­rer in­ne­ren Ge­sich­te schwe­rer in der Welt zu­recht­zu­fin­den als der ge­wöhn­li­che Men­schen­schlag, so hat Alt-Würt­tem­berg sei­nen ge­nia­len Män­nern noch ge­flis­sent­lich Ket­ten um Ket­ten an die Füs­se ge­legt.

Des Dichters Jugendjahre

Her­mann Kurz ist am 30. No­vem­ber 1813 zu Reut­lin­gen ge­bo­ren, der ehe­ma­li­gen frei­en Reichs­stadt, die ein De­zen­ni­um zu­vor würt­tem­ber­gisch ge­wor­den war. Die Ein­drücke, die er dort emp­fing, ha­ben all sei­nem spä­te­ren Dich­ten und Schaf­fen die Grund­far­be ge­ge­ben. Ich sel­ber ken­ne die al­ter­tüm­li­che, von den Geis­tern der Döf­fin­ger Schlacht um­schweb­te Ju­gend­stadt mei­nes Va­ters nur aus sei­nen Dich­tun­gen; das Reut­lin­gen, das ich spä­ter mit Au­gen sah, ist da­von so völ­lig ver­schie­den, dass es mir nie­mals mög­lich war, bei­de in ein Bild zu­sam­men­zu­fas­sen. Sei­ne El­tern wa­ren, als ich zur Welt kam, lan­ge tot. Über­haupt kann­te ich kei­nen von sei­nen frü­he­ren An­ge­hö­ri­gen, als sei­nen ein­zi­gen Bru­der, der ihn um we­ni­ge Jah­re über­leb­te. In mei­ner Kin­der­fan­ta­sie spiel­te die müt­ter­li­che Fa­mi­lie, das alte Frei­herrn­ge­schlecht von Brun­now, un­ter des­sen Re­li­qui­en wir her­an­wuch­sen, eine gros­se Rol­le, wäh­rend der vä­ter­li­chen Vor­fah­ren nie von uns ge­dacht wur­de. Das war sehr be­greif­lich: mein Va­ter sprach uns nicht von ih­nen, und mei­ne Mut­ter hat­te sie nicht ge­kannt. Sein Schwei­gen rühr­te je­den­falls zum Teil da­von her, dass er die­se Ge­stal­ten schon in Poe­sie ver­wan­delt hat­te und dass es ihm ge­gen die Na­tur ging, das dich­te­ri­sche Ge­we­be in sei­nem Geis­te wie­der auf­zu­lö­sen und den nack­ten his­to­ri­schen In­halt her­aus­zu­ho­len. Für ihn wa­ren sie nun­mehr völ­lig das, was sei­ne Fan­ta­sie aus ih­nen ge­macht hat­te. Ich hielt also, be­vor ich sei­ne »Fa­mi­li­en­ge­schich­ten« kann­te, nicht viel auf die­se ehr­sa­men Reut­lin­ger Glo­cken­gies­ser und Sprit­zen­meis­ter, und mit der Of­fen­her­zig­keit, die Kin­dern ei­gen ist, sag­te ich ei­nes Ta­ges zu mei­nem Va­ter: »Es ist ei­gent­lich doch recht scha­de, dass un­se­re Mama nicht lie­ber einen Stan­des­ge­nos­sen ge­hei­ra­tet hat, dann wäre ich jetzt auch eine Ge­bo­re­ne.« Er ant­wor­te­te lä­chelnd, aber doch mit ei­nem ge­wis­sen Nach­druck: »Du bist schief ge­wi­ckelt, lie­bes Kind, wenn du dir viel auf dei­ne müt­ter­li­chen Ah­nen ein­bil­dest, die als Raub­rit­ter auf ih­ren fes­ten Bur­gen sas­sen und harm­lo­se Wan­de­rer plün­der­ten. Da wa­ren dei­ne Ah­nen vä­ter­li­cher­seits ganz an­de­re Leu­te: re­gie­ren­de Bür­ger­meis­ter und Se­na­to­ren ei­ner klei­nen Re­pu­blik, die über Le­ben und Tod, über Krieg und Frie­den zu ent­schei­den hat­ten.« Die­se Wor­te im­po­nier­ten mir sehr, und von da an be­trach­te­te ich die Reut­lin­ger Vor­fah­ren mit ganz an­de­ren Au­gen, ob­gleich ich mich in ihre har­te und enge Welt doch nicht hin­ein­zu­den­ken ver­moch­te.

Sie rei­chen ur­kund­lich bis ins fünf­zehn­te Jahr­hun­dert zu­rück, wo sie als freie Bau­ern auf ih­rem ei­ge­nen Erb und Le­hen sas­sen. Um 1483 war ein Hanns Kurtz von Ös­ter­reich mit ei­nem Grund­stück bei Kir­chen­tel­lins­furt be­lehnt wor­den. Von da an ver­schwin­det der Name Kurtz nicht mehr aus den An­na­len der frei­en Reichs­stadt. Es wird sei­nen Trä­gern nach­ge­rühmt, sie hät­ten frü­he das Stre­ben ge­zeigt, zur geis­ti­gen Ari­sto­kra­tie des Lan­des auf­zu­rück­en. Je­den­falls er­schei­nen sie schon in den äl­tes­ten Ur­kun­den als ein frei­mü­ti­ges, un­ter­neh­men­des, wohl auch et­was hoch­fah­ren­des, da­bei aber kern­haf­tes und tüch­ti­ges Ge­schlecht, das als­bald mit per­sön­li­chen Zü­gen her­vor­tritt. Auch die Wan­der- und Aben­teu­rer­lust, die vie­le Glie­der spä­ter­hin weit über die Erde ver­streut hat, zeigt sich zei­tig: im 16. Jahr­hun­dert be­glei­tet ein Se­bas­ti­an Kurtz Kai­ser Karl V. als Fug­ger­scher Agent nach Ita­li­en und wird durch sei­ne Auf­zeich­nun­gen zur wich­ti­gen Ge­schichts­quel­le für den Schmal­kal­di­schen Krieg. Die Fa­mi­lie schrieb sich ab­wech­selnd Kurtz, Kurz und Cur­ti­us; un­ser Zweig hielt an dem äl­te­ren »tz« fest, bis im Jah­re Achtund­vier­zig mein Va­ter, sei­nem sonst so aus­ge­präg­ten his­to­ri­schen Sinn ent­ge­gen, das »t« aus dem Na­men strich, weil jetzt je­der Zopf fal­len müs­se. Die Nach­kom­men ha­ben aus Pie­tät die von ihm be­stimm­te Schreibart bei­be­hal­ten, ob­wohl sie stets das Auf­ge­ben der äl­te­ren Form be­dau­er­ten. Un­ser Fa­mi­li­en­wap­pen, ein gol­de­ner Löwe, der, auf grü­nem Drei­berg ste­hend, eine schwar­ze Haus­mar­ke in den Pran­ken hält, wur­de im An­fang des sieb­zehn­ten Jahr­hun­derts ver­lie­hen. Ein an­de­rer Zweig, der bald ausstarb, er­hielt für die in Kriegs­zei­ten dem Kai­ser ge­leis­te­ten Diens­te ein Wap­pen, wor­auf der rö­mi­sche Rit­ter Cur­ti­us dar­ge­stellt ist, wie er auf weis­sem Ross in gol­de­ner Rüs­tung in den von Flam­men um­zün­gel­ten Ab­grund sprengt. Un­sern Ast be­grün­de­te ein Mi­cha­el Kurtz, der zu Ende des sieb­zehn­ten Jahr­hun­derts an der Spit­ze ei­ner gros­sen Werk­statt für Glo­cken und Feu­er­sprit­zen stand und sei­ne Er­zeug­nis­se durch die Schweiz und einen gros­sen Teil Deutsch­lands ver­sand­te. Von ihm wird be­rich­tet, er sei ein­mal auf vier­zehn Tage in den Turm ge­setzt wor­den, weil er ge­gen die vie­len Steu­ern op­po­nier­te, und bei sei­ner Frei­las­sung habe er einen Schein aus­stel­len müs­sen, dass er nicht, wie er ge­droht, den einen oder an­dern Rats­herrn, wenn sie bei sei­nem Haus vor­über in die Kir­che gin­gen, nie­der­schies­sen wür­de. Man trau­te ihm zu, dass er der Mann wäre, sei­ne Dro­hung wahr zu ma­chen, denn man hat­te ein mit zwei Ku­geln ge­la­de­nes Feu­er­rohr bei ihm ge­fun­den. Auf die­sen Feu­er­kopf folg­te sein eben­so ener­gi­scher Sohn Jo­han­nes, je­ner viel­ge­wan­der­te Ur­u­r­ahn mit dem spa­ni­schen Leib­fluch und dem »bor­dier­ten Hüt­lein«, bei dem mei­nes Va­ters Fa­mi­li­en­ge­schich­ten be­gin­nen. Das »bor­dier­te Hüt­lein«, das der wa­cke­re Zunft­meis­ter und Rats­herr als Zei­chen sei­ner Wür­de trug, wur­de in der Ver­wandt­schaft sprich­wört­lich bis auf un­se­re Ge­ne­ra­ti­on; denn so oft ei­ner aus der Fa­mi­lie den Kopf et­was hoch trug, hiess es von ihm: »er hat das bor­dier­te Hüt­lein auf«. Die­ser Jo­han­nes, der sich im Aus­land in sei­ner Kunst sehr ver­voll­komm­net hat­te, brach­te das vä­ter­li­che Ge­wer­be erst recht in Flor. Nach sei­ner Rück­kehr hei­ra­te­te der statt­li­che jun­ge Meis­ter jene lieb­li­che, durch einen Vor­mund um ihr Ver­mö­gen ge­prell­te Schaf­hir­tin, de­ren Ge­schich­te in der »Reut­lin­ger Glo­cken­gies­ser­fa­mi­lie« er­zählt ist.

In Wirk­lich­keit hiess sie Ma­ga­re­te; der Dich­ter hat ihr die­sen Na­men ge­nom­men, schwer­lich aus Irr­tum, son­dern weil er ihn für die im »Wit­wen­stüb­lein« er­zähl­te Ge­schich­te sei­ner ei­ge­nen Va­ters­schwes­ter, der be­kann­ten »Frau Dote«, brauch­te, und hat ihn durch den gleich­falls poe­ti­schen Na­men ei­ner an­dern Va­ters­schwes­ter Do­ro­thea er­setzt. Herr Jo­han­nes war ein hef­ti­ger und ehr­süch­ti­ger Mann, der nicht die ge­rings­te ihm zu­ge­füg­te Un­bill er­tra­gen konn­te; aber als bei dem gros­sen Bran­de sei­ner Va­ter­stadt, dem er als Sprit­zen­meis­ter zu weh­ren hat­te, ein lang­jäh­ri­ger Freund sein gan­zes ihm an­ver­trau­tes Hab und Gut ver­un­treu­te, nahm er die­sen Schlag ge­dul­dig als gött­li­che Schi­ckung hin und be­gann ge­tros­ten Muts sein Hand­werk von neu­em. Was von ihm in der »Reichs­städ­ti­schen Glo­cken­gies­ser­fa­mi­lie« er­zählt wird, scheint durch­weg auf Tat­sa­chen zu be­ru­hen, wo­ge­gen bei der ro­man­ti­schen Lie­bes­ge­schich­te sei­nes Soh­nes Franz eben­so wie in der sei­nes En­kels »Wie der Gross­va­ter die Gross­mut­ter nahm« der his­to­ri­sche Zet­tel stark mit dich­te­ri­schem Ein­schlag ver­webt ist. Da­ge­gen sind die Per­sön­lich­kei­ten hier wie in den nach­fol­gen­den Ge­schich­ten ge­treu nach den Über­lie­fe­run­gen und zum Teil nach der Erin­ne­rung ge­zeich­net, be­son­ders je­ner letzt­ge­nann­te Gross­va­ter, der alte pa­tri­ar­cha­li­sche Se­na­tor Jo­han­nes, der »Herr Ehni« des Dich­ters, der als Sie­ben­un­dacht­zig­jäh­ri­ger we­ni­ge Tage vor sei­nem Tod in Ge­gen­wart sei­nes En­kels Her­mann beim Schei­ben­schies­sen den Meis­ter­schuss tat. Die­sem lie­bens­wür­di­gen Greis wird eine an den Jün­ger Jo­han­nes er­in­nern­de Sanft­mut nach­ge­rühmt, wel­che Ei­gen­schaft bis da­hin nicht zu den vor­wie­gen­den Stam­mes­merk­ma­len ge­hör­te. Züge von ihm fin­den wir spä­ter in der hei­me­li­gen Ge­stalt des al­ten glo­cken­gies­sen­den »Amts­bür­ger­meis­ters« der »Hei­mat­jah­re« wie­der, dem so­gar ein ver­steck­tes Kenn­zei­chen bei­ge­ge­ben ist: die Zinn­be­cher, aus de­nen der Wa­cke­re sei­ne Gäs­te labt, tra­gen das Kurtz­sche Fa­mi­li­en­wap­pen, den Lö­wen, der auf dem Drei­berg steht. Es liegt ein un­wi­der­steh­li­cher, aus dem Ge­mü­te flies­sen­der Zau­ber über der Schil­de­rung sei­nes Heim­we­sens – »eine Heim­stät­te, wo wir ewig ver­wei­len möch­ten«, nennt es der geist­vol­le Kürn­ber­ger in sei­nen »Li­te­ra­ri­schen Her­zens­sa­chen«.

Vom Ur­ur­gross­va­ter bis zur un­ver­ge­ss­li­chen »Frau Dote« hat der Dich­ter vier Ge­ne­ra­tio­nen sei­ner Fa­mi­lie in ih­ren Ei­gen­hei­ten und ih­rer Um­ge­bung ge­schil­dert; ih­nen schliesst sich noch das Bild vom al­ten Va­ter­hau­se sei­ner Mut­ter in Tü­bin­gen an, das im ers­ten Buch der »Denk- und Glaub­wür­dig­kei­ten« so le­ben­dig ge­zeich­net ist. Über die ei­ge­nen, früh ver­lo­re­nen El­tern aber geht der Dich­ter mit we­ni­gen ein­ge­streu­ten Wor­ten rasch hin­weg; wohl nicht, weil ihn sein Ge­dächt­nis auf die­sem Punkt im Sti­che liess, son­dern aus ei­ner Scheu des Ge­fühls­le­bens, die ihm ge­ra­de über die Nächs­ten und Teu­ers­ten den Mund ver­schloss. Es wa­ren auch kei­ne Erin­ne­run­gen so hel­ler und freu­di­ger Art, die ihn mit dem ei­ge­nen Va­ter­haus ver­knüpf­ten.

Sein Va­ter Gott­lieb Da­vid Kurtz, der schon im drei­und­vier­zigs­ten Jah­re an der Schwind­sucht starb, war ein Mann von vor­wie­gend geis­ti­gen In­ter­es­sen, ein hel­ler Kopf, da­bei glü­hen­der Ver­eh­rer Schil­lers, der glück­lich war, wenn sein be­gab­ter Äl­tes­ter schon als klei­ner Jun­ge Schil­le­ri­sche Bal­la­den und an­de­re Ge­dich­te re­zi­tier­te. Aber er hat­te den kauf­män­ni­schen Be­ruf ohne in­ne­re Nei­gung er­wählt, und die­ser brach­te ihm kein Glück; da er nun oben­drein selbst eine Fort­schritts- und Dis­si­den­ten­na­tur war, sich auch durch einen Auf­ent­halt in der Schweiz grös­se­re Ge­sichts­punk­te an­ge­eig­net hat­te, konn­te es ihm in der sto­cken­den Enge sei­ner hei­mi­schen Ver­hält­nis­se nicht all­zu­wohl sein. Er wur­de ein Par­tei­gän­ger sei­nes un­glück­li­chen Lands­manns, des »Welt­ver­bes­se­rers« List, und spann da­bei nach dem Zeug­nis sei­ner Gat­tin »kei­ne Sei­de«. Wie der gros­se Na­tio­nal­öko­nom um jene Zeit in sei­ner Hei­mat­stadt an­ge­schrie­ben war, be­weist des Dich­ters Be­richt, dass, wenn er in der Kna­ben­zeit sich ir­gend­wie nicht in den her­ge­brach­ten Schlen­dri­an fü­gen woll­te, er­schreck­te Ba­sen ihm zu dro­hen pfleg­ten: »Wart, dir wird es ge­hen wie dem List!« – Durch un­glück­li­che Un­ter­neh­mun­gen kam mein Gross­va­ter um den gröss­ten Teil sei­nes Ver­mö­gens. Der Kum­mer über die­ses Miss­ge­schick, zu dem sich das kör­per­li­che Lei­den ge­sell­te, ver­düs­ter­te sei­nen frü­hen Le­bens­abend und trüb­te den Hu­mor, der als Fa­mi­li­en­zug auch ihm nach­ge­rühmt wird. Dar­un­ter hat­te die Ju­gend des Soh­nes zu lei­den. Die bei­den wa­ren ganz ge­schaf­fen, sich zu ver­ste­hen, aber wie es häu­fig zwi­schen ei­nem reiz­ba­ren Va­ter und ei­nem leb­haf­ten Soh­ne zu ge­hen pflegt, sie fan­den den Weg nicht zu ein­an­der. Zwi­schen dem kränk­li­chen, ver­stimm­ten Mann und dem be­gab­ten, tem­pe­ra­ment­vol­len Kna­ben kam es häu­fig zu Miss­ver­ständ­nis­sen, die noch in der See­le des Soh­nes schmerz­lich nach­zit­ter­ten, als er sel­ber ein ge­reif­ter Mann war. Als düs­ters­ter Schat­ten aus sei­ner Ju­gend­zeit be­glei­te­te ihn die Erin­ne­rung an des Va­ters Ster­be­stun­de. Es war am 13. April 1826, dass den Lei­den­den in Ge­gen­wart der Sei­nen der Tod er­eil­te. Man glaub­te ihn schon ver­schie­den, und der zwölf­jäh­ri­ge Sohn Her­mann hielt ihm ein Licht an den Mund, um zu se­hen, ob er noch atme. Da öff­ne­te der Ster­ben­de noch ein­mal die Au­gen und liess einen gros­sen Blick über ihn hin­rol­len, in dem das er­schro­cke­ne Kind einen Vor­wurf über die­se letz­te Stö­rung zu le­sen glaub­te. – Des Va­ters un­be­frie­di­gen­des Schick­sal muss dem jun­gen Her­mann Kurz vor al­lem vor­ge­schwebt ha­ben, als er im Jahr 1841 ei­nem neu­ge­bo­re­nen Nef­fen die Ver­se schrieb:1


Du bist, o Kind, von ei­nem Stam­me,
Dem es noch sel­ten hier ge­lang,
Ein schö­ner Stern war sei­ne Amme,
Doch lei­der stets im Un­ter­gang.

Die einen sind im Sand ver­sun­ken,
Von dump­fem Miss­ge­schick be­drängt,
Die an­dern sind im Sch­lund er­trun­ken,
Vom jä­hen Mut da­hin­ge­sprengt.

Stets un­voll­en­de­te Ge­schi­cke,
Der An­fang gross, das Ende klein!
Wird das so blei­ben mit dem Glücke?
Das Hal­be nie ein Gan­zes sein?

Sei du es denn, in des­sen Le­ben
Vol­len­det ist der Vä­ter Haus,
Dein, dein sei un­ser erns­tes Stre­ben,
Und führ es du ans Ziel hin­aus.

Dir sei’s, mein Lieb­ling, zum Ge­win­ne,
Was edel war an uns und echt,
Du un­ser Erbe und be­gin­ne
Ein neu­es glück­li­ches Ge­schlecht.

Die­sel­ben Ge­dan­ken und Emp­fin­dun­gen hat­te er schon drei Jah­re frü­her in ei­nem Brief an Eduard Mö­ri­ke aus­ge­spro­chen:

»Die­ses Miss­lin­gen näm­lich, von dem ich sag­te, scheint den Mei­ni­gen – von der ge­gen­wär­ti­gen Ge­ne­ra­ti­on lässt sich noch nichts sa­gen – an­ge­bo­ren : mein Va­ter hat­te die gröss­ten An­sprü­che auf ein ge­lun­ge­nes Le­ben und ist bit­ter ge­täuscht wor­den; und eben­so ist es mit On­keln und Vet­tern ge­gan­gen: die einen taug­ten gar nicht in die Welt, die an­dern ha­ben mit dem bes­ten Wil­len und Ver­stand nichts Ge­schei­tes her­aus­ge­bracht (ich kann sa­gen just die, die den Fa­mi­li­en­cha­rak­ter ent­schie­den an sich tru­gen; an In­dif­fe­ren­ten hat’s nicht ge­fehlt, die vor­wärts ge­kom­men sind), so­dass sich ei­ner, der das in sei­nem Blu­te fühlt, oft fra­gen mag: wird die­ser Ty­pus so fort­dau­ern oder kommt zu­letzt ei­ner, dem For­tu­na das gibt, was sie sei­nen Vor­fah­ren so oft hin­hielt und wie­der zu­rück­zog?« – Je­ner Nef­fe, dem er die im sel­ben Brief er­wähn­te, sau­er zu ver­die­nen­de »Vollen­dung« zu­ge­dacht hat­te, soll­te ih­rer frei­lich nicht teil­haft wer­den, denn er starb im frü­hen Kin­desal­ter.

Ich ge­ste­he, dass ich den auch sonst in der Fa­mi­lie ver­brei­te­ten Aber­glau­ben, als ob ihre Glie­der zum Un­heil prä­des­ti­niert sei­en, mei­ner­seits nie be­grif­fen habe. Ich weiss frei­lich nicht, wer die »im Sch­lund Ver­sun­ke­nen« sind. Die von dem Dich­ter ge­schil­der­te Ah­nen­ga­le­rie zeigt lau­ter Cha­rak­ter­köp­fe, die sich mit ih­ren Ei­gen­hei­ten und ih­rem Wil­len durch­zu­set­zen wuss­ten. Um Her­mann Kurz’ dor­nen­vol­les Dich­ter­los zu er­klä­ren, be­darf es kei­nes be­son­de­ren Fa­mi­li­e­nuns­terns, die po­li­ti­schen und so­zia­len Kon­stel­la­tio­nen sei­ner Zeit und sei­nes klei­nen Va­ter­lan­des ge­nü­gen dazu vollauf. Und wenn Goe­the recht hat, dass das höchs­te Glück der Er­den­kin­der die Per­sön­lich­keit ist, so darf sich die­ses Ge­schlecht so­gar ein be­güns­tig­tes nen­nen, denn es hat zu al­len Zei­ten star­ke Per­sön­lich­kei­ten her­vor­ge­bracht. Ich will von der spä­te­ren Ge­ne­ra­ti­on, ne­ben dem Dich­ter selbst, nur sei­nen Lieb­lings­vet­ter, den eid­ge­nös­si­schen Obers­ten und Prä­si­den­ten des Ber­ner Gross­rats, Al­bert Kurtz nen­nen, von dem er uns Kin­dern gern das küh­ne Stück er­zähl­te, dass die­ser, als einst in Bern ein Eng­län­der sich in an­ge­trun­ke­nem Zu­stand in den städ­ti­schen Bä­renzwin­ger hin­ab­ge­las­sen hat­te, den Un­se­li­gen mit ei­ge­ner höchs­ter Le­bens­ge­fahr der fürch­ter­li­chen Ge­sell­schaft ent­riss, frei­lich schon zer­fleischt und als Lei­che.

War die Stel­lung zum Va­ter eine schwie­ri­ge, so stand der Kna­be sei­ner Mut­ter um so in­ni­ger nahe. Sie war eine Toch­ter des aus west­fä­li­scher Fa­mi­lie stam­men­den aka­de­mi­schen Buch­drucker­herrn Schramm aus Tü­bin­gen, eine zar­te, stil­le, sin­ni­ge Na­tur, von der nach den Auf­zeich­nun­gen des jün­ge­ren Soh­nes der Dich­ter die fei­ne Auf­fas­sung mensch­li­chen We­sens und Trei­bens und die Mil­de des Cha­rak­ters ge­erbt hat, wäh­rend der poe­ti­sche Sinn vom Va­ter stam­men soll. Ob sich das letz­te­re so ohne wei­te­res be­haup­ten lässt, möch­te ich je­doch be­zwei­feln. Dass mein Gross­va­ter dem fan­ta­sie­vol­len Kna­ben die Ro­ma­ne, die die­ser wirr durch­ein­an­der las, aus den Hän­den nahm oder viel­mehr riss und ihm da­für Rei­se­be­schrei­bun­gen und der­glei­chen un­ter­schob, zeugt zwar von päd­ago­gi­scher Weis­heit und von gu­tem Ge­schmack, und dass er den Aber­glau­ben in je­der Ge­stalt ver­folg­te, macht sei­nem Ver­stand Ehre; dass er aber den Ra­tio­na­lis­mus so weit trieb, auch mit den al­ten »Volks­bü­chern« in Feh­de zu lie­gen, spricht ge­ra­de nicht für poe­ti­schen Sinn. Dass das ei­gent­lich Poe­ti­sche den­noch von Sei­ten der Schwert­ma­gen stammt, glau­be ich aber ger­ne, denn die Pfar­re­rin Kenn­gott, be­kannt un­ter dem Na­men der »Frau Dote«, des Kauf­manns Da­vid Kurtz äl­tes­te Schwes­ter, die die zwei­te Er­zie­he­rin des Dich­ters wur­de, war selbst ein le­ben­di­ges His­to­ri­en­buch und be­sass da­ne­ben eine so gros­se Fan­ta­sie, dass die­ser ihr im »Wit­wen­stüb­chen« sa­gen konn­te: »Ich weiss, wie schnell du ein Mär­chen zu­sam­men­bringst, wenn man eins von dir ha­ben will.« Von die­ser köst­lich fri­schen, tem­pe­ra­ment­vol­len Frau mit der un­ver­sieg­ba­ren Lau­ne und dem dras­ti­schen Mut­ter­witz, de­ren We­sen, frei­lich in viel en­ge­rem Rah­men und un­ter viel be­schei­de­neren For­men, man­nig­fach an die be­rühm­te »Frau Rat« er­in­nert, ist au­gen­schein­lich die Lust am Fa­bu­lie­ren in die Fa­mi­lie ge­kom­men und der Hu­mor, der die Welt über­win­det. Da­ge­gen ist der si­che­re psy­cho­lo­gi­sche In­stinkt, der sich oft in den Brie­fen der Mut­ter Kurtz aus­spricht, dem Ro­man­dich­ter als schätz­ba­res Kun­kel­le­hen zu­ge­fal­len. Hin­ter der kraft­vol­len Sil­hou­et­te der Frau Dote tritt frei­lich die Mut­ter des Dich­ters mit ih­ren zar­ten, fast hin­ge­hauch­ten Li­ni­en et­was zu­rück, aber eine un­be­deu­ten­de Frau ist sie dar­um kei­nes­wegs ge­we­sen. Bei al­ler Zart­heit zei­gen ihre Brie­fe eine gros­se Selbst­stän­dig­keit des Den­kens, so be­son­ders, wenn sie ih­ren Her­mann wie­der­holt er­mahnt, sich auch der neue­ren Spra­chen zu be­fleis­si­gen, da er sie ein­mal nö­tig ha­ben kön­ne, und vor al­lem den Wi­der­wil­len ge­gen das Fran­zö­si­sche zu über­win­den, das nun ein­mal Welt­spra­che sei. So weit dach­te nie­mand in ih­rer Um­ge­bung. Auch ein emp­find­li­ches äs­the­ti­sches Ge­fühl ist ihr ei­gen: ein­mal pras­selt sie in hel­le Ent­rüs­tung auf, als der eben­so fein ge­ar­te­te Sohn sich vor­über­ge­hend in ei­ner ro­he­ren Aus­drucks­wei­se ge­fällt, wo­mit die Ka­me­ra­den ihn an­ge­steckt ha­ben, und vom Kla­ri­nett­bla­sen rät sie ihm ab aus dem­sel­ben Grun­de, wes­halb einst Al­ki­bia­des die Flö­te ver­warf.

Bei­de Söh­ne ha­ben die Früh­ver­stor­be­ne als ein stil­les, rüh­ren­des Hei­li­gen­bild ver­ehrt; von ihr wur­de in der Fa­mi­lie auch der ari­sto­kra­ti­sche Zug in der Na­tur des Dich­ters ab­ge­lei­tet. Sie hat­te eine für ihre Zeit und ih­ren Stand durch­aus nicht ge­wöhn­li­che Bil­dung und schrieb mit flies­sen­der gleich­mäs­si­ger Hand – im Ge­gen­satz zu den selt­sa­men Kratz­füs­sen und dem fos­si­len »Go­tisch« der Frau Dote – ein mo­der­nes, fast rei­nes Deutsch. Auch ihre jün­ge­re Schwes­ter, die im Jah­re 1863 ver­stor­be­ne Pfar­re­rin Mohr, von der noch eine Erin­ne­rung wie ein blas­ser Schein in mei­ne ei­ge­nen Kin­der­jah­re fällt, hob sich durch ein fei­ne­res und vor­neh­me­res We­sen von ih­rer Um­ge­bung ab, soll je­doch der Schwes­ter nicht gleich­ge­kom­men sein. Von die­sen Ju­gend­ein­drücken schreibt sich je­den­falls des Dich­ters Vor­lie­be für zar­te weib­li­che Na­tu­ren her, die in ge­drück­ten Ver­hält­nis­sen ih­ren an­ge­bo­re­nen Adel be­wah­ren. Sol­che spür­te er im Le­ben ger­ne auf und hat ih­ren Ty­pus auch im »Weih­nachts­fund« in der sanf­ten und fast se­he­risch tief bli­cken­den Ge­stalt der Schus­te­rin ge­zeich­net, die zwi­schen den der­ben Fi­gu­ren der Um­ge­bung her­vor­schim­mert wie eine in gro­bes Ge­stein ein­ge­spreng­te Golda­der. Trotz der ge­rin­gen Sorg­falt, die da­mals auf die Mäd­chen­er­zie­hung ver­wen­det wur­de, hat­te der ci­vis aca­de­mi­cus Schramm er­klärt, dass jede sei­ner sechs Töch­ter et­was ler­nen dür­fe, ent­we­der Ma­len oder Mu­sik; mei­ne Gross­mut­ter mit zwei an­dern Schwes­tern hat­te das Ma­len ge­wählt, was ihr denn als Wit­we, frei­lich in be­schei­dens­ter Form, zu­gu­te kom­men soll­te, da sie durch An­ma­len von Bil­der­bo­gen (zu zwei Kreu­zern pro Stück!) einen klei­nen Zu­schuss er­warb, wo­bei ihr der jün­ge­re Sohn Ernst, wenn er die Schul­auf­ga­ben fer­tig hat­te, des Abends noch ein paar Stun­den be­hilf­lich war. Es gibt ein rüh­ren­des, alt­vä­te­risches Fa­mi­li­en­bild, sich die bei­den, Mut­ter und Sohn, bei der Öl­lam­pe oder dem Talg­licht über ih­ren Bil­der­bo­gen zu den­ken, wie sie müh­sam ein paar Kreu­zer zu­sam­men­ver­die­nen, das Ta­schen­geld für den be­gab­ten Äl­tes­ten, der da­mals schon als Zög­ling in der Maul­bron­ner Klos­ter­schu­le sich auf das theo­lo­gi­sche Stu­di­um vor­be­rei­te­te.

Der Dich­ter cha­rak­te­ri­siert das We­sen sei­ner Mut­ter in we­nig Wor­ten, in­dem er sagt, dass sie alle Ei­gen­schaf­ten zur Füh­re­rin des her­an­wach­sen­den Jüng­lings ge­habt hät­te, dass es ihr aber bei ih­rer Mil­de und Sanft­mut gänz­lich an der Schnei­de ge­brach, die ei­nem Kna­ben ge­gen­über er­for­der­lich ist. Des­halb rief die Wit­we in schwie­ri­gen Fäl­len, wo die müt­ter­li­che Au­to­ri­tät nicht aus­reich­te, die im Nach­bar­hau­se woh­nen­de Schwä­ge­rin Kenn­gott zu­hil­fe, die das Re­gie­ren von Grund aus ver­stand. Mit welch an­mu­ti­ger Über­le­gen­heit die alte Frau da­bei zu­we­ge ging, ist im »Wit­wen­stüb­lein« zier­lich dar­ge­stellt. Des Au­tors aus­führ­li­che Schil­de­rung sei­ner Schul­nö­te und wie schalk­haft klug die Frau Dote als stri­cken­de Muse sei­nen la­tei­ni­schen Pe­ga­sus zum Wett­lauf an­feu­er­te, hat­te Hey­se in sei­ner Aus­ga­be der Ge­sam­mel­ten Wer­ke aus künst­le­ri­schen Grün­den ge­op­fert, und es hät­te viel­leicht da­bei sein Be­wen­den ha­ben dür­fen, weil die Haupt­ge­schich­te, von die­sem Ge­strüp­pe be­freit, sich wirk­sa­mer ab­hebt. Fi­scher hat die ge­stri­che­nen Stel­len und da­mit die et­was be­schnit­te­ne Ge­stalt der Frau Dote wie­der er­gänzt; was die Kunst da­bei ver­liert, hat die Au­to­bio­gra­fie ge­won­nen. Vi­el­leicht ist die­ses Ka­pi­tel auch kul­tur­ge­schicht­lich nicht ganz un­wich­tig; es zeigt, wie sau­er un­sern Vä­tern der Weg zur Schu­le ge­macht wur­de und was die gute alte Zeit, aus der Nähe ge­se­hen, für ein kno­chen­har­tes Ge­sicht hat. Mit Grau­sen er­in­ne­re ich mich ge­wis­ser Mas­senexe­ku­tio­nen in der Schu­le, von de­nen mein Va­ter in der Erin­ne­rung selbst noch grau­send er­zähl­te.

In dem halb klös­ter­lich, halb mi­li­tä­risch ein­ge­rich­te­ten Se­mi­nar dau­er­te die stren­ge Zucht, wenn auch na­tür­lich ohne kör­per­li­che Stra­fen, fort; wie ihr der Ju­gen­d­über­mut an al­len Ecken und En­den Schnipp­chen schlug, ist in den »Ju­gen­derin­ne­run­gen« er­götz­lich zu le­sen. Noch aus­führ­li­cher hat der Dich­ter das Maul­bron­ner Trei­ben in dem frü­he­ren Schluss der »bei­den Tu­bus« dar­ge­stellt. Man­che der dort ein­ge­floch­te­nen An­ek­do­ten habe ich ihn als selbs­t­er­leb­te er­zäh­len hö­ren, wie über­haupt in al­len sei­nen Schrif­ten, den ein­zi­gen »Son­nen­wirt« viel­leicht aus­ge­nom­men, ein gut Stück Au­to­bio­gra­fie ver­wo­ben ist.

Ein fri­scher, geis­tig an­ge­reg­ter Zug ging durch die gan­ze Pro­mo­ti­on,2 der Her­mann Kurz an­ge­hör­te, und die welt­ab­ge­schie­de­ne Lage des al­ten schö­nen Klos­ters in­mit­ten tief­dunk­ler Wäl­der, sei­ne herr­li­chen, da­mals et­was ver­fal­le­nen Bau­for­men, reg­ten den Hang zur Poe­sie und Ro­man­tik mäch­tig auf. Nicht nur zu sol­chen nächt­li­chen Aben­teu­ern wie den Klet­ter­par­ti­en über die Dä­cher und der Ent­de­ckung des be­rüch­tig­ten Blut­flecks an der Mau­er in Dr. Faus­ti Ge­mach (zu wel­chem Fund je­doch Mut­ter Kurtz ket­ze­risch be­merk­te: »Ich glaub’s ge­wiss nicht, dass den Faust der Teu­fel ge­holt hat«) ta­ten sich die Ka­me­ra­den heim­lich zu­sam­men; man pfleg­te auch ganz in der Stil­le idea­le In­ter­es­sen, die im Se­mi­nar als Al­lo­tria ver­pönt wa­ren, und man­cher, der spä­ter ein zah­mer Phi­lis­ter wer­den soll­te, hat da­mals mun­ter sei­nen Pe­ga­sus mit­ge­tum­melt. Da wur­de ein »Maul­bron­ner Mu­senal­ma­nach« ge­führt, zu dem die mehr oder min­der be­gab­ten Mit­ar­bei­ter ihr Bes­tes an Poe­sie oder Witz bei­ge­steu­ert ha­ben. Von den dar­in ver­ewig­ten Na­men ist nur der des »Pri­mus« Eduard Zel­ler, des nach­ma­li­gen Ber­li­ner Phi­lo­so­phie­pro­fes­sors, der Öf­fent­lich­keit be­kannt ge­wor­den. An den­sel­ben Zel­ler ist ein lau­ni­ges Ge­dicht mei­nes Va­ters ge­rich­tet, worin sich die Stro­phe fin­det:


»Zel­ler, lie­ber Zel­ler, sage,
Was ich in dem Her­zen tra­ge,
Denn die Phi­lo­so­phen kön­nen
Al­les was es gibt be­nen­nen.«

Be­weis, dass je­der von den bei­den Sieb­zehn­jäh­ri­gen sei­nen künf­ti­gen Be­ruf vor­aus­ge­nom­men hat­te. Der Al­ma­nach ist zwar von mei­nes Va­ters Hand ge­schrie­ben, aber die Kin­der sei­ner ei­ge­nen Muse ent­hält er nicht; die­se, die ne­ben den di­let­tan­ti­schen Ver­su­chen der an­dern schon die Lö­wen­kral­le zei­gen, ste­hen in ei­nem be­son­de­ren Heft; dar­un­ter so­gar ei­ni­ge sei­ner bes­ten ly­ri­schen Sa­chen ne­ben andrem ganz un­rei­fem, wie es dem Al­ter des Ver­fas­sers ent­sprach. Aus sei­nem spä­te­ren rück­bli­cken­den Ge­dich­te »Maul­bronn« sieht man, wel­cher Vor­früh­ling die­se zei­ti­gen Blü­ten her­aus­ge­lockt hat.