Wie Sie mit der richtigen Ernährung Ihr Kind vor ernährungsbedingten Krankheiten schützen
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Die französische Originalausgabe erschien 2017 bei Archipel unter dem Titel Les six moins qui peuvent changer le monde et le futur de mon enfant.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Christa Trautner-Suder, Weilheim
Redaktion: Silke Panten, Berlin
Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer, München
Umschlagabbildung: Shutterstock/tachyglossus
Satz: Carsten Klein, Torgau
Druck: CPI books GmbH, Leck
ISBN Print 978-3-86882-898-6
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-155-5
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-156-2
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.mvg-verlag.de
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Inhalt
Einleitung
Kapitel 1: Darum geht es in diesem Buch
Wie alles begann
Die Revolution der Epigenetik
Kapitel 2: Der Feind: Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes – Risiken, Gefahren und Bedrohungen
Fettleibigkeit ist eine neue Erkrankung
Komplikationen durch Übergewicht und Fettleibigkeit
Der Schmetterlingseffekt
Kapitel 3: Das Wie und Warum der Zivilisationskrankheiten
Gründe für Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes
Ein moderner Kampf zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft
Die Rolle des Einzelnen
Die Aufgabe der Gesellschaft
Wie natürliche Bedürfnisse abtrainiert werden
Die zehn Grundbedürfnisse
Die zehn Säulen des Glücks
Kapitel 4: Zucker und seine Lobbys
Kapitel 5: Insulin und die Bauchspeicheldrüse
Was tatsächlich geschieht
Zucker, Insulin, Langzeitwirkungen
Künstliche Lebensmittel: Was es für ein Lebensmittel bedeutet, raffiniert und industriell verarbeitet zu werden
Schlussbetrachtung
Kapitel 6: Die Genetik der menschlichen Ernährung
Afrika: Die Wiege der Menschheit
Die Jäger und Sammler
Kapitel 7: Die Epigenetik
Genetik und Epigenetik
Die Epigenetik verstehen
Die genetische Prägung durch die Eltern
Schlussbetrachtung
Meine Botschaft an werdende Mütter
Kapitel 8: Die wissenschaftliche Grundlage
Die ersten epigenetischen Studien
Überernährung und Mangelernährung
Die Epigenetik und aktuelle Ereignisse
Forschung und Studien über die Epigenetik und Diabetes Typ 2
Die 1000 Tage der WHO
Wie der Plan funktioniert
Das Hauptziel dieses Ernährungsplans
Die glykämische Last von Nahrungsmitteln
Wann ist die kindliche Bauchspeicheldrüse im Mutterleib besonders anfällig?
Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Kapitel 9: Ihre tägliche Ernährung
Die Ernährung während der Schwangerschaft
Die Fünf Grundschritte
Ihr Essensplan während dieser zwei Monate
Liste 1: Stark kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel, die Sie während dieser zwei Monate komplett weglassen sollten
Liste 2: Stark kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel, die Sie während dieser zwei Monate meiden sollten
Liste 3: Nahrungsmittel, die in Maßen vertragen werden
Liste 4: Kohlenhydrate, die Sie nach Belieben essen können
Liste 5: Empfohlene Kohlenhydrate
Wie Sie mit anderen, stark kohlenhydrathaltigen Nahrungsmitteln verfahren
Literaturangaben
Einleitung
Ich habe in meinem Leben an sehr vielen Projekten gearbeitet, aber das Projekt, das ich Ihnen in diesem Buch vorstelle, ist zweifellos das mitreißendste, gewichtigste und folgenreichste, sowohl für mich als auch für meine Leser. Es ist meine größte Hoffnung, dass der Ernährungsplan in diesem Buch dazu beitragen wird, eine Epidemie aufzuhalten, die bereits jetzt so viel Leid mit sich bringt. Diese Hoffnung ist die Motivation für jede Seite und jedes Wort.
Die Welt verändern. Ein kühnes Ziel, das für Aufsehen sorgen soll. Damit möchte ich die Aufmerksamkeit auf eine Tatsache lenken, die viel zu oft verschleiert oder übersehen wird. Die heutige Menschheit – wir und auch die Generationen, die nach uns kommen – sehen sich einer ernsten Bedrohung gegenüber. Statistiken aus aller Welt zeigen, dass wir mit dieser Gefahr inzwischen seit bereits zwei Generationen leben. In den Nachkriegsjahren gab es ein paar Hundert Millionen Übergewichtige, seither ist die Zahl auf zwei Milliarden hochgeschnellt und das Problem ist präsenter denn je.
Lange hat man die Krise von Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes als triviales Problem behandelt. Ob das nun Kurzsichtigkeit oder Mitwisserschaft war, sei dahingestellt. Heute wissen wir jedenfalls, dass es sich um eine echte Geißel handelt, die das Leben und das Wohlbefinden jedes zweiten Erwachsenen in der westlichen Welt belastet, beeinträchtigt und verdirbt und direkt oder indirekt für den Tod von 75 Millionen Menschen verantwortlich ist1.
Das Ziel ist es, die Welt zu verändern, denn bisher ist es noch keinem Land gelungen, den Kampf gegen Übergewicht und Diabetes zu gewinnen. Wenn ich von sechs Monaten spreche, bedeutet das nicht, dass die Welt nur sechs Monate nach der Veröffentlichung dieses Plans weitgehend anders sein wird. Nein. Es bedeutet Folgendes: Wenn jede Schwangere versteht, dass ihre Ernährung während der Schwangerschaft das Leben ihres Kindes von Grund auf verändern kann, wenn sie versteht und einsieht, dass viele heutige Lebensmittel, die sie konsumiert, zwar für sie selbst, jedoch nicht unbedingt für ihr ungeborenes Kind verträglich sind, und wenn der Ernährungsplan, den ich in diesem Buch vorschlage, ihren geschärften mütterlichen Instinkt anspricht, dann bin ich davon überzeugt, dass die kommende Generation die Geißel aus Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes endlich ablegen kann. Wenn ich von sechs Monaten spreche, meine ich die letzten beiden Trimester einer Schwangerschaft: Besonders der vierte und fünfte Monat sind 60 entscheidende Tage, in denen sich die Bauchspeicheldrüse des Babys entwickelt und anfängt, Insulin zu produzieren.
Es ist genau die Zeit, in der sich jede Schwangere vor Augen führen sollte, dass es früher Folgendes nicht gab:
•Bäckereien,
•raffinierten Zucker,
•Weißmehl,
•Erfrischungsgetränke,
•industriell und massengefertigtes Brot,
•Cornflakes,
•weitere industriell hergestellte Lebensmittel.
Es gab auch nicht diese ungeheure Palette an Knabberzeug – weder vor Millionen von Jahren noch zu der Zeit, als unsere Großmütter mit unseren Müttern schwanger waren. Eine Schwangerschaft ist eine Zeit, in der sich eine Mutter darauf vorbereitet, Leben zu schenken. Es ist eine Zeit, in der sie sich unter dem Einfluss mütterlicher Hormone und mit dem instinktiven Wissen, was ihr Baby gefährden könnte, dafür entscheiden kann, ihre eigene Ernährung nicht mehr aus der Sicht einer »Konsumentin« zu betrachten, sondern aus der einer »Mutter«.
Zu Beginn ihrer Schwangerschaft machte eine meiner Patientinnen, der ich geraten hatte, diesen Ernährungsplan zu befolgen, eine Bemerkung, die meine Gedanken wunderbar auf den Punkt bringen. Sie sagte: »Eigentlich verlangen Sie von mir, mich während dieser 60 Tage so zu ernähren, wie man es zu Zeiten meiner Großmutter getan hat.«
KAPITEL 1
Darum geht es in diesem Buch
Das Projekt, das Gegenstand dieses Buches ist, hat sich langsam entwickelt und später Gestalt angenommen, als ich mir das gewünscht hätte. Der tägliche Kampf meiner Patienten mit Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes geht auch an mir nicht spurlos vorbei. Schon bald habe ich mich davon entfernt, ausschließlich auf die Zahl der Kalorien zu schauen. Nach Abschluss meines zehnjährigen Medizinstudiums war ich äußerst frustriert, als ich entdeckte, dass sich das, was man mich gelehrt hatte, als sehr unwirksam erwies. In der Praxis zog ich schnell meine eigenen Schlüsse und formte einen für mich damals legendären Verdacht: Die Theorie mit den Kalorien basiert auf einer unbegründeten Annahme. Es sind gar nicht alle Kalorien gleichwertig; was wirklich zähle, ist die Art einer Kalorie oder der Nährwert, den sie enthält.
In den Gesprächen mit meinen Patienten stellte ich fest, dass die große Mehrheit zunahm, weil sie zu viele schlechte, sogenannte »invasive Kohlenhydrate« aß, das heißt Kohlenhydrate, die sehr schnell verdaut werden und in großer Menge gleichzeitig ins Blut übergehen. Im Lauf der Zeit entwickelte ich Schritt für Schritt eine Methode, bei der diese »Zucker« während einer relativ kurzen Phase der Gewichtsreduktion weggelassen werden. Die Ergebnisse bestätigten mir, dass Übergewicht etwas ist, das von den Betroffenen selbst gemeistert werden kann, wenn sie ausreichend motiviert sind, für eine gewisse Zeit auf diese Zucker zu verzichten. Ich begann, Bücher über diese Methode zu schreiben, die in der breiten Öffentlichkeit auf sehr großes Interesse stießen und meine Methode in aller Welt bekannt machten. So wurden Millionen von Lesern erreicht, nur ist ein Leser eben kein Patient. Besitzt der Leser allerdings etwas, das ich als WWA bezeichne, nämlich den »Willen, wirklich abzunehmen«, dann wird es ihm mit diesem Buch gelingen abzunehmen und das erzielte Gewicht zu halten. Allerdings gibt es auch viele Betroffene, deren Motivation nicht groß genug ist, die in keiner Beziehung zu einem Arzt stehen und die sich möglicherweise auch jede Menge Falschinformationen angeeignet haben. Für diese Menschen ist es umso schwerer, den Kampf gegen ihr Übergewicht zu gewinnen.
Warum ist es so schwer für sie? Hauptsächlich aus zwei Gründen: Zum einen verabscheuen viele Betroffene zwar ihre Extrakilos, zum anderen können sie aber dennoch nicht auf die Nahrungsmittel verzichten, die dick machen. Das liegt teilweise daran, dass die Lobby der Zucker- und Weißmehlindustrie und der daraus produzierten Lebensmittel – zusammen mit den Pharmaunternehmen – sich heftig gegen alles wehrt, was auch nur im Entferntesten ihre Umsätze bedrohen könnte. Von Geburt an bis zum Alter von etwa 50 Jahren werden wir manipuliert, industriell verarbeitete Lebensmittel zu essen, wodurch wir zunehmen, teilweise bis hin zum Übergewicht. Ab dem Alter von 50 Jahren schließlich versuchen wir, mit kostspieligen Medikamenten die Krankheiten zu behandeln, die im Zusammenhang mit dem Übergewicht stehen. Für viele ist es schwierig einzuschätzen, welche enorme Macht die großen Lebensmittelproduzenten haben oder welches Ausmaß ihre Verbindungen zur Ärzteschaft und den Medien hat.
Sind also alle, die unter Übergewicht leiden, hoffnungslose Fälle? Nein, absolut nicht. Ich weiß aus meiner langen Erfahrung, dass es möglich ist, Übergewicht, Fettleibigkeit und sogar Diabetes zu behandeln und zu besiegen. Der Erfolg hängt jedoch davon ab, dass der Patient akzeptiert, dass die einzige wirksame Behandlung die richtige Ernährung ist. Alle anderen Behandlungsmöglichkeiten, die sich nicht auf eine richtige Ernährung stützen und stattdessen über »Nährstoffbalance« dozieren oder empfehlen, man solle einfach nur »auf seine Gefühle hören«, sind Wunschträume, die nirgendwohin führen. Um Betroffene nicht länger machtlos zu lassen, habe ich versucht, einen anderen Weg zu gehen. Dabei habe ich – Schritt für Schritt – einen kompletten Ernährungsplan erstellt, und zwar den, den Sie in diesem Buch finden.
Wie alles begann
Ich bin etwa in der Zeit geboren worden, als die Krise des Übergewichts begann. Während ich mein Medizinstudium aufnahm, waren Gesundheitsinstitutionen und Ärzte geschockt, weil die Zahl übergewichtiger Personen überall schier ins Unermessliche stieg. Nach meinem Studium arbeitete ich im Bereich der Ernährung und meine Patienten zeigten mir tagtäglich, dass sie relativ leicht abnehmen konnten. Gleichzeitig beobachtete ich, wie aus der Übergewichtskrise eine Epidemie wurde. Die Zahl der Betroffenen stieg mit schwindelerregendem Tempo weiter an. Der WHO zufolge waren 2016 weltweit 41 Millionen Kinder unter fünf Jahren und mehr als 340 Millionen Kinder zwischen fünf und 19 Jahren übergewichtig oder fettleibig. Waren also 1975 nur 4 Prozent der Kinder übergewichtig oder fettleibig, stieg die Zahl bis 2016 auf dramatische 18 Prozent.1 Als ich mir die Entwicklung genau anschaute, war ich von einigen Punkten überrascht und betroffen, verstand sie zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht.
Also fing ich an zu recherchieren. Als Erstes stieß ich auf die Zahlen das durchschnittliche Geburtsgewicht der Babys in der westlichen Welt betreffend, das innerhalb von 30 Jahren, zwischen 1970 und 2000, stark gestiegen war. Während es 1970 bei etwa 3000 g lag, war es 30 Jahre später auf über 3500 g gestiegen und näherte sich damit der Grenze zum Übergewicht. Heute sind 3500 g jedoch die Norm und man spricht erst bei einem Neugeborenen ab 4000 g von einem »großen« Baby.
Wie erklärt sich diese neuere und bedeutende Zunahme des Geburtsgewichts? Wir wissen, dass der Fötus völlig passiv lebt, er ist einzig und allein abhängig von der Ernährung seiner Mutter. Die einzige wissenschaftliche und logische Schlussfolgerung ist daher, dass sich die mütterliche Ernährung signifikant verändert hat. Schwangere essen heute tatsächlich weniger als früher, aber sie essen anders. Genau wie die übrige, nicht schwangere Bevölkerung hatten auch werdende Mütter plötzlich Zugang zu völlig neuen Nahrungsmitteln. Die Rede ist von Lebensmitteln, die verwandelt, industriell verarbeitet, konzentriert und raffiniert wurden, wodurch sie zu dem geworden sind, was wir in diesem Buch als »invasive Kohlenhydrate« bezeichnen. Dieser Begriff soll die blitzartige Geschwindigkeit hervorheben, in der diese Kohlenhydrate verdaut werden.
Der zweite Punkt, der meine Aufmerksamkeit erregte, waren das unbegreifliche Tempo und das Ausmaß, in dem das Übergewicht explodierte. Nachdem das Problem in den 1950er-Jahren langsam begonnen hatte, legte es in den 1970er-Jahren drastisch an Tempo zu und betraf innerhalb von nur 40 Jahren bereits ein Viertel der Weltbevölkerung. Meiner Meinung nach kann ein solcher Anstieg unmöglich allein durch übermäßiges Essen, eine sitzende Lebensweise, eine zu hohe Kalorienzufuhr und zu wenig Kalorienverbrauch erklärt werden.
Der dritte Punkt, auf den ich bei meinen Recherchen stieß, war das Auftreten von Diabetes Typ 2 bei Kindern und Jugendlichen. Die Erkrankung war bis zu diesem Zeitpunkt nur bei Erwachsenen vorgekommen. Diese von der früheren Norm abweichende Entwicklung betrifft vor allem Schwellenländer, in denen sich die Ernährungskultur grundlegend verändert hat. Chinesische Kinder beispielsweise haben laut Berichten der Internationalen Vereinigung zur Untersuchung der Adipositas (IASO) eine Diabetesquote, die vier Mal höher ist als bei amerikanischen Kindern2. Außerdem wird dieser kindliche Diabetes von einem starken Anstieg der Fettleibigkeit begleitet. Hiervon sind immer jüngere Kinder betroffen. Wie ist es zu erklären, dass jedes sechste Kind mit fünf Jahren fettleibig ist? Und wie kommt es, dass Anzeichen dieser Fettleibigkeit bereits im Alter von zwei oder drei Jahren nachweisbar sind? Es wäre absurd, einem so kleinen Kind vorzuwerfen, es nasche zu viel oder habe zu wenig Bewegung.
Der vierte Punkt, der meine Aufmerksamkeit erregte, ist die zunehmende Häufigkeit von Schwangerschaftsdiabetes. Dabei handelt es sich um einen Diabetes, der erstmals während einer Schwangerschaft auftritt, in der Regel im letzten Schwangerschaftsdrittel. Man weiß, dass die von der Plazenta produzierten Hormone dem Insulin etwas von seiner Wirksamkeit nehmen – dies bezeichnet man als Insulinresistenz. So wird die Bauchspeicheldrüse gezwungen, zum Schutz mehr Insulin zu produzieren. Diese Überanstrengung kann zu einer Erschöpfung der Bauchspeicheldrüse führen und einen vorübergehenden Diabetes hervorrufen. Evolutionär betrachtet stellte dieses Phänomen im Zusammenhang mit der Fettspeicherung wahrscheinlich einen Vorteil dar, da es die Schwangerschaft in Zeiten von Nahrungsknappheit schützte. Aber die Flut an invasiven und stark verarbeiteten Zuckern in der modernen Ernährung – und damit auch in der Nahrung, die Schwangere zu sich nehmen – übersteigt die Fähigkeiten der Bauchspeicheldrüse, den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren.
So kommt es, dass die Anzahl Frauen, die von Schwangerschaftsdiabetes betroffen sind, je nach Land und Kultur variiert. Während die Häufigkeit in Europa heute beispielsweise bei 6 bis 10 Prozent liegt, kann sie in den USA, wo bekanntlich mehr Zucker konsumiert wird, auf 18 Prozent steigen. Ein Schwangerschaftsdiabetes birgt verschiedene Risiken für das Kind: So ist es möglich, dass es bei der Geburt überdurchschnittlich schwer ist, dass es zu Beginn des Erwachsenenalters leichter fettleibig wird und dass es eine Glukoseintoleranz entwickelt, aus der Diabetes entstehen kann.
Seit einigen Jahren hat sich zudem ein neuer Begriff durchgesetzt: »Diabesity«, eine Kombination aus Diabetes und Adipositas (englisch: obesity). Diese beiden Erkrankungen wurden lange als unterschiedliche Krankheitsbilder betrachtet, bis schließlich eine gemeinsame Ursache entdeckt wurde: übermäßig viel Insulin, das von der Bauchspeicheldrüse produziert wird, um die Unmengen an invasiven Zuckern zu verkraften.
Diese fünf Punkte, auf die ich bei meinen Nachforschungen stieß, schienen zwar miteinander verbunden zu sein, aber die Beziehung zwischen ihnen war mir ein Rätsel, das mich lange beschäftigte. Ich nahm mir vor, die Verbindung zwischen ihnen zu finden. Einen Hinweis erhielt ich bei der Digitalisierung meiner Patientendaten. Ich konnte nun die Gewohnheiten und Symptome meiner Patienten miteinander vergleichen und die Prüfung dieser Daten zeigte, dass es einen Zusammenhang zwischen der Wahl der Nahrungsmittel meiner Patientinnen während ihrer Schwangerschaft und dem Geburtsgewicht ihrer Kinder gab. Bei Patientinnen, die ich über einen sehr langen Zeitraum betreute, konnte ich sogar die Gewichtsdaten ihrer Kinder bis hin zum frühen Erwachsenenalter überprüfen. Die Ergebnisse waren weder wirklich fundiert noch signifikant, aber sie waren ausreichend, um meine Aufmerksamkeit auf die Schwangerschaft zu lenken.
Durch meine Neugier und den Wunsch getrieben, die Ergebnisse zu verstehen, entdeckte ich die Epigenetik, ein Wissenschaftsfeld, das die Grundlagen der Genetik revolutionierte. Die Epigenetik schließlich konnte meine Fragen beantworten und verschaffte mir so Klarheit.
Die Revolution der Epigenetik
Der genetische Code ist grundsätzlich unveränderlich. Entgegen der bisherigen Annahme kann die Genexpression jedoch verändert werden, wenn sie unter neuen Druck aus der Umwelt gerät. Das bedeutet, dass bestimmte Gene gefördert oder behindert, ein- oder ausgeschaltet, hinzugefügt oder weggelassen werden. Unser genetischer Code hat ohne Unterbrechung etwa 8000 aufeinanderfolgende Generationen von Menschen hervorgebracht, die wie alle Säugetiere im Mutterleib ausgetragen wurden. Während der 7998 ersten Generationen, die bis in die Jahre 1965 bis 1970 geboren wurden, konnte die Ernährung der Mutter je nachdem, wann genau und wo sie lebte, variieren, aber niemals enthielt sie, was wir heute als stark verarbeitete Kohlenhydrate oder raffinierte Zucker bezeichnen. Diese Lebensmittel, die seit den 1950er-Jahren in den USA konsumiert werden, erlebten ab den Jahren 1965 bis 1970 einen explosionsartigen Anstieg in Produktion und Konsum. Dieser Anstieg setzt sich seither ununterbrochen fort.
Gestützt auf die Entdeckungen der Epigenetik gründet sich meine Hypothese auf der Tatsache, dass diese neue Ernährung in unserem genetischen Code nicht vorgesehen ist und ihn somit durcheinandergebracht hat. Diese Störung in der Ernährung beeinträchtigt die Bauchspeicheldrüse und das von ihr produzierte Insulin. Kurz- oder mittelfristig kann die Mutter mit einer solchen Ernährung zwar zurechtkommen, allerdings werden dadurch die 56 Teilungen des genetischen Programms erheblich beeinflusst, die innerhalb von neun Monaten aus einem Ei ein Neugeborenes entstehen lassen. Der genetische Code, der Zucker »nicht kennt«, kollidiert förmlich mit einer Umwelt, die ihm Zucker im Übermaß füttert. Das wirkt sich auf die Bauchspeicheldrüse des ungeborenen Kindes aus und kann deren Entwicklung stören.
Hier kommt nun die Epigenetik ins Spiel, die noch vor 20 Jahren völlig außen vor gelassen wurde. Die Epigenetik verändert den genetischen Code der Bauchspeicheldrüse, um deren Zellwachstum zu beschleunigen, die Anzahl an Zellen also zu erhöhen. So entwickelt sich eine Bauchspeicheldrüse, die mehr Insulin produziert. Dieses Übermaß an Insulin verwandelt mehr Glukose in Fett und sorgt für eine Gewichtszunahme des Ungeborenen, so dass das Baby schließlich schwerer als eigentlich vorgesehen geboren wird. Vor allem ist dieses Kind nicht nur bei der Geburt schwerer, sondern seine Bauchspeicheldrüse ist geschwächt und wird immer anfällig bleiben.
Die Bauchspeicheldrüse hat die Aufgabe, den Glukosegehalt im Blut zu überwachen und unter Kontrolle zu halten, der durch kohlenhydrathaltige Lebensmittel steigt. Übersteigt dieser Gehalt 1,40 Gramm je Liter (g/l) Blut, wird er für die Augen, das Herz, die Nieren, das Gehirn und die Arterien der unteren Extremitäten gefährlich. Die Bauchspeicheldrüse reagiert darauf, indem sie Insulin ausschüttet, was den Glukosespiegel wieder auf etwa 1 g/l Blut senkt, einen Wert, der sehr gut vertragen wird. Diese Aufgabe erfüllt die Bauchspeicheldrüse mit dem Insulin lebenslang.
Unter natürlichen Lebensbedingungen und bis in die 1960er-Jahre gab es praktisch keine verarbeiteten Kohlenhydrate. Schwangere verzehrten nur sehr wenig davon und die Babys kamen mit einem Geburtsgewicht von etwa drei Kilogramm und einer normalen Bauchspeicheldrüse zur Welt. Heute, wenn sich eine werde Mutter – ebenso wie die Gesamtbevölkerung – mit zu vielen dieser neuen Lebensmittel ernährt, wird die Bauchspeicheldrüse des ungeborenen Babys viel zu früh mit dem Übermaß an Glukose in ihrem gemeinsamen Blut konfrontiert. Daraus resultiert eine Anfälligkeit für folgende Risiken:
•ein überdurchschnittlich hohes Geburtsgewicht,
•eine anhaltende Neigung zu Übergewicht (sofort, in der Kindheit, Jugend oder später),
•eine früh auftretende, allmähliche Verminderung der Insulinempfindlichkeit, was als Insulinresistenz bezeichnet wird.
Daraus können sich Fettleibigkeit (Adipositas), das metabolische Syndrom und Diabetes entwickeln. Ich habe den Ernährungsplan entwickelt, den ich Ihnen im vorliegenden Buch vorstelle, um Sie vor diesem ebenso gefährlichen wie vermeidbaren Szenario zu bewahren. Sie werden überrascht sein, wie einfach die Maßnahmen dieses Plans sind, und Sie werden sich wundern, dass Entbehrungen oder Frust völlig ausbleiben. Das Plus obendrauf: Ihr mütterlicher Instinkt kann sich entfalten, denn Sie bekommen die Möglichkeit, Ihrem Kind das schönste Geschenk zu machen, das man sich vorstellen kann – eine Zukunft. Dazu muss ich Sie jedoch zuerst einmal überzeugen.
Ich habe dieses Buch geschrieben, um meine Überzeugungen zu diesem Thema mit Ihnen zu teilen. Jedes Kapitel ist wie eine Stufe auf einer Leiter, gemeinsam ergeben sie einen vollständigen Plan. Dieser Plan entspringt einem gewaltigen Fundus wissenschaftlicher Arbeiten. Hunderttausende wissenschaftliche Studien, Erhebungen, Forschungsprojekte und Beobachtungen aus der ganzen Welt wurden direkt oder indirekt berücksichtigt, um die Stichhaltigkeit dieses Plans zu gewährleisten.
In den Kapiteln 2, 3 und 4 steht der Feind im Fokus: Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes und der unnötige Zucker, den wir essen. Entscheidend ist, den Ernst des Problems zu erkennen. Diese Kapitel schaffen die Voraussetzungen für den Rest des Buches, das Ihnen die Mittel an die Hand gibt, während der Schwangerschaft diese Risiken für Ihr ungeborenes Kind zu vermeiden. Viel zu oft sprechen wir über Gewichtsprobleme, ohne jedoch die Gründe dafür zu diskutieren. Daher konzentrieren sich diese Kapitel auf die tiefen und verborgenen Ursachen dieser Situation: die physischen, mentalen und sozialen Komponenten.
»Ich esse, weil es mir schlecht geht – je schlechter es mir geht, desto mehr Zucker esse ich.«
»Es geht mir schlecht, weil mein Leben außer Kontrolle zu sein scheint. Es passiert so viel in der Welt, man wird mit Informationen überhäuft, aber ich fühle mich wie in einer Falle und die Belohnungszentren in meinem Gehirn werden nicht befriedigt.«
Kapitel 5 widmet sich dem Protagonisten dieses Ernährungsplans: der Bauchspeicheldrüse – Ihrer eigenen erwachsenen Bauchspeicheldrüse, aber wichtiger noch, der Ihres ungeborenen Kindes, die sich mit jedem weiteren Tag entwickelt. Ich habe bereits angedeutet, dass die explosionsartig entstandene Krise nicht allein durch übermäßiges Essen und einen sitzenden Lebensstil erklärbar ist. Diese beiden Ursachen allein könnten niemals zu einer Epidemie dieses Ausmaßes führen. Meiner Meinung nach hängt die Größenordnung dieser Krise mit einer Generation von Neugeborenen zusammen, deren Bauchspeicheldrüse anfällig geblieben ist. Das führte zu einem exponentiellen Anstieg Betroffener. Um meinen Ernährungsplan nachvollziehen und befolgen zu können, müssen Sie verstehen, wie dieses einmalige Organ funktioniert und sich entwickelt.
Kapitel 6 fokussiert sich auf unsere Spezies und unseren genetischen Code. Jede bekannte Spezies besitzt einen genetischen Code, der Anweisungen enthält, die sich auf die Ernährung, die Physiologie und das Verhalten auswirken. Welche Nahrungsmittel sind für alle Menschen allgemeingültig? Welche Nahrungsmittel gehörten immer zu unserem Leben und welche sind seltener? Und, was am wichtigsten ist, welche Nahrungsmittel gehörten früher nie zu unserem Leben und können die Gefahr mit sich bringen, unsere Biologie zu stören?
Die Kapitel 7 und 8 setzen auf das Kernstück meiner Forschungen, die Epigenetik. Diese Wissenschaft hat durch ihre Kühnheit und ihr erstaunliches erklärendes Potenzial die internationale Gemeinschaft der Wissenschaftler begeistert, mich eingeschlossen. Ich werde versuchen, sie Ihnen etwas weniger wissenschaftlich zu erklären. Was können Sie tun? Vertrauen Sie auf Ihren mütterlichen Instinkt und Ihren gesunden Menschenverstand. Wenn Sie die einfache und schlüssige Botschaft in diesen Kapiteln akzeptieren, wird das direkte Vorteile sowohl für Ihr ungeborenes Kind als auch langfristig für Sie selbst haben.
Ich will die Offenheit und Klarsicht nutzen, die Sie als Schwangere besitzen, und möchte Ihnen eine wichtige Information weitergeben: Invasiver, industriell verarbeiteter Zucker ist kein natürlicher Bestandteil der menschlichen Nahrung und es gibt einen Zucker, der sogar noch schlimmer ist als weißer Zucker, der noch invasiver ist, noch schneller das Verdauungssystem passiert und noch mehr Insulin braucht: industriell verarbeitetes Weißmehl. Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Weißmehl unserer Tage und dem Mehl, das vor 50 Jahren verwendet wurde – zwischen Weißmehl und Vollkornmehl. Wichtig ist zu bedenken, dass Weizenvollkornmehl meist nur angereichert ist: Es ist Weißmehl, dem Weizenkleie zugesetzt wurde. Sobald es den Magen erreicht, trennt sich die Mischung wieder. Das Weißmehl wird sehr viel schneller vom Verdauungstrakt verarbeitet als der Weizen, es gelangt schneller und in größerer Menge ins Blut. Mit anderen Worten verhält sich Brot aus Weizenvollkornmehl letztlich ähnlich wie Weißbrot. Es ist quasi ähnlich wie der Unterschied zwischen Fruchtsaft und ganzen Früchten.
Im letzten Kapitel leite ich Sie dazu an, den Ernährungsplan praktisch umzusetzen. Sie werden überrascht sein, wie einfach das ist. Im Handumdrehen befinden Sie sich auf der Zielgeraden.
Zum Abschluss meiner Einführung in dieses Buch möchte ich Ihnen Folgendes versprechen und nachdrücklich versichern: Keine einzige Ernährungsmaßnahme dieses Plans ist für Sie von Nachteil oder mit irgendeinem Risiko verbunden – weder für Sie noch für Ihr ungeborenes Kind. Jeder Schritt wird für die Gesundheit von Ihnen beiden ausschließlich von Vorteil sein.
KAPITEL 2
Der Feind: Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes – Risiken, Gefahren und Bedrohungen
Was Sie wissen sollten, um das Kind zu schützen, das Sie zur Welt bringen werden.
Die Krise des Übergewichts hat sich enorm schnell ausgebreitet und hat unbeschreiblichen Schaden angerichtet. Wir können uns nicht mehr damit herausreden, Übergewicht sei einfach ein Symptom der Lebensfreude, das Ergebnis eines glücklichen und sorgenfreien Lebensstils. Übergewicht ist zu einem schrecklich effizienten Killer geworden – es ist heute tatsächlich das Gesundheitsrisiko, das uns am meisten bedroht.
Fettleibigkeit ist eine neue Erkrankung
Probleme mit Übergewicht gab es bereits vor 1944, davon war aber nur ein kleiner Teil der Bevölkerung betroffen. Dick oder auch fettleibig zu sein, galt als Zeichen von Wohlstand und Macht. Es bedeutete im wahrsten Sinn des Wortes, eine gewisse Gewichtigkeit zu besitzen.
In der Nachkriegszeit und vor allem in den vergangenen 50 Jahren wurden die Menschen immer dicker und dicker. Übergewicht und Fettleibigkeit breiteten sich förmlich explosionsartig aus. Wie ist dieses Phänomen zu erklären? Welchen Zusammenhang gibt es mit dem Moment in der Geschichte, als die Übergewichtskrise ihren Lauf nahm und sich entwickelte? Die übliche Erklärung für Übergewicht ist einfach: Es wird durch eine Kalorienzufuhr verursacht, die höher ist als der Kalorienverbrauch. Leider trägt diese Antwort nichts zu einem besseren Verständnis bei. Sie liefert uns das Wie der Krise, aber nicht das Warum. Daher wollen wir jetzt nach dem Warum fragen.
Ziel dieses Buches ist, wissenschaftlich nachweisbar zu zeigen, dass Sie, wenn Sie ein ungeborenes Kind in sich ernähren, entscheidend zum künftigen Gewicht Ihres Kindes beitragen können. Und würden alle Mütter dieser Welt dieses Verständnis teilen und sich der einfachen Maßnahmen bewusst sein, die sie ergreifen können, wäre es möglich, das weitere Fortschreiten der Gewichtskrise zu stoppen – und sogar umzukehren. Diese Behauptung mag kühn – ja sogar utopisch erscheinen. Wie kann man überhaupt nur auf die Idee kommen, ein solches Übel so einfach zu stoppen, das weltweit bereits für mehrere zehn Millionen Todesfälle verantwortlich ist? Kein Land dieser Welt war dazu in der Lage.
Die Einwände sind verständlich. Ich habe drei ganze Jahre an diesem Projekt gearbeitet und war dabei nicht allein. Ich habe mit Dutzenden engagierten Wissenschaftlern gesprochen, die auf dieses Gebiet spezialisiert sind, und habe Tausende von Studien zu dem Thema analysiert. Einigkeit herrscht darüber, dass seit Anbeginn der Menschheit vor rund 200 000 Jahren eine werdende Mutter ihr ungeborenes Kind in Bezug auf die Ernährung in einem relativ stabilen Umfeld ausgetragen hat, unabhängig von kulturellen und geografischen Unterschieden. Seit der Mitte des letzten Jahrhunderts jedoch ist diese Ernährung zusammengebrochen, und zwar zur gleichen Zeit, als die Übergewichtskrise ihren Lauf nahm. Die heute bestehende Unausgewogenheit in Bezug auf die Ernährung ist auf die Industrialisierung der Lebensmittelherstellung zurückzuführen. Essen ist zu einer Ware geworden. Als solche unterliegt sie den üblichen Anforderungen nach Kostensenkung und Produktivität. Der Profit steht an erster Stelle, ernährungsbedingte Folgen werden ignoriert. Die Industriezweige, die sich auf eine intensive Produktion von Zucker, Mehl und deren Folgeprodukte stützen, machen ihr Vermögen damit, dass sie uns von der Geburt bis ins mittlere Lebensalter hinein dick machen. Dann, wenn wir älter sind, profitiert die Pharmaindustrie davon, die uns Medikamente gegen die Gesundheitsprobleme verkauft, die wir aufgrund des Übergewichts bekommen haben.
Unsere Gesellschaften werden von der Wirtschaft regiert. Die Lobbyverbände dieser Industriezweige haben daher förmlich ein Schutzschild aus Falschinformationen erschaffen, um die eigenen Interessen zu schützen. Im Grunde wollen Regierungen und Gesundheitswesen den Kampf gegen das Übergewicht vielleicht gar nicht gewinnen, da zu viele private und öffentliche Interessen auf dem Spiel stehen. Daher hören wir Doppeldeutigkeiten und Ausreden von den Entscheidungsträgern, die einerseits die Epidemie verurteilen, aber keine Lösungen anbieten – oder, noch schlimmer, schlechte Lösungen anbieten, die zum Scheitern verurteilt sind.
Müssen wir also resignieren? Nein. Ich habe den Ernährungsplan in diesem Buch entwickelt, um diese gewaltigen Hindernisse anzupacken. Ich will einen neuen Weg anbieten. Die Konsumkultur, die Ursache der Gewichtsprobleme, untergräbt alle Versuche einer Heilung, egal wie viel Leid diese Probleme mit sich bringen. Das Übergewicht muss also anders angepackt werden, und zwar an der Wurzel. Wir müssen in erster Linie verhindern, dass es sich überhaupt entwickelt. Aus diesem Grund wende ich mich mit diesem Buch direkt an Sie, denn Sie als werdende Mutter haben die Macht, diese tödliche Epidemie aufzuhalten. Während eines Teils der Schwangerschaft wird Ihr Leben durch die mütterlichen Hormone beeinflusst. Es sind dieselben Hormone, die eine Frau seit Urzeiten für einige Monate in ein neues Wesen verwandeln, nämlich in eine zukünftige Mutter – und, was im heutigen Kontext ganz wichtig ist, eher in eine Mutter als in eine Konsumentin. Ich wende mich an Sie, weil ich glaube, Ihr Instinkt, für das Kind in Ihrer Gebärmutter zu sorgen, ist größer als der Drang nach Konsum. Dieses Buch gibt Ihnen schlüssige Informationen und einen konkreten Leitfaden an die Hand, wie Sie Ihr ungeborenes Kind während seiner grundlegenden Entwicklung aktiv schützen und wie Sie verhindern können, dass es eine Anfälligkeit entwickelt, die es für den Rest seines Lebens begleitet.
Wenn Sie schwanger sind, werden Sie wahrscheinlich bereits wissen, dass sich die Ernährung eines Erwachsenen von der eines Kindes und noch stärker von der eines Neugeborenen unterscheidet. Noch mehr unterscheidet sie sich allerdings im Vergleich zu einem Fötus, der sich im Mutterleib intensiv entwickelt. Während Ihrer Schwangerschaft sollten Sie insbesondere Werbebotschaften kritisch unter die Lupe nehmen. Die Werbung bewertet Wahrheitsgehalt und eventuelle Risiken von Werbebotschaften über Lebensmittel nur im Hinblick darauf, dass die beworbenen Produkte von Erwachsenen konsumiert werden. Werbung bedenkt nicht, welche Auswirkungen sie auf ein ungeborenes Kind haben könnte.
Ein besonderes Anliegen dieses Buches ist es, Ihnen zu zeigen, dass die Hauptursache für Fettleibigkeit und Diabetes bei Erwachsenen – beides heute die Haupttodesursachen – Zucker und daraus schließend das Insulin ist, das den Blutzuckerspiegel kontrolliert.