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1. Auflage 2018
© 2018 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
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© 2013 der Originalausgabe by The Estate of George J. Thompson III and Jerry B. Jenkins. Foreword and final chapter copyright © 2013 by the Estate of George J. Thompson III and Jerry B. Jenkins. VERBAL JUDO. Copyright © 1993, 2004 by George J. Thompson, Ph.D. and Jerry B. Jenkins. All rights reserved. Published by the arrangement with William Morrow Paperbacks, an imprint of HarperCollins Publishers, LLC.
Die englische Originalausgabe erschien 2013 bei William Morrow unter dem Titel Verbal Judo.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Marion Zerbst, Stuttgart
Redaktion: Petra Holzmann, München
Umschlaggestaltung: Laura Osswald, München
Umschlagabbildung: Shutterstock/BlueRingMedia; Shutterstock/Dante1969; Shutterstock/Magi Bagi
ePub by Konvertus
ISBN Print 978-3-86882-925-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-208-8
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-209-5
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Für alle, die das Leben ihrer Mitmenschen verbessern möchten.
Mit einem herzlichen Gruß an die amerikanischen Streifenpolizisten, die mir ihre Kommunikationsstrategien und -taktiken verraten haben.
Und mit einem Dankeschön an meine Familie, die sich vielleicht manchmal gewünscht hat, ich hätte diese Strategien und Taktiken schneller gelernt …
Vorwort
Zehn Jahre nach der Erstauflage
EinführungKommunikation: Ein Sport ohne Körperkontakt
Kapitel 1Die Geburt eines Kommunikations-Samurais
Kapitel 2Wie motiviert man schwierige Menschen?
Kapitel 3Meine Feuertaufe
Kapitel 4Wie geht man souverän mit verbalen Attacken um?
Kapitel 5Die Netten, die Schwierigen und die Schlappschwänze
Kapitel 6Elf Sätze, die Sie niemals sagen sollten (und wie Sie am besten darauf reagieren, wenn irgendein Idiot einen davon zu Ihnen sagt)
Kapitel 7Die Feuerprobe des Polizeialltags
Kapitel 8Die wichtigste Charaktereigenschaft der Welt
Kapitel 9Äußerungen, die man hinterher garantiert bereut
Kapitel 10Wie unterbricht man seine Mitmenschen, ohne dafür gehasst zu werden?
Kapitel 11Verbales Judo versus verbales Karate
Kapitel 12Das Fünf-Schritte-Modell
Kapitel 13Die erste große Kommunikationskunst: Repräsentation
Kapitel 14Die zweite große Kommunikationskunst: Umsetzung
Kapitel 15Die dritte große Kommunikationskunst: Vermittlung
Kapitel 16Warum ist das eigentlich so schwierig?
Kapitel 17Grundzüge der Rhetorik
Kapitel 18Wie schätzt man eine Gesprächssituation richtig ein?
Kapitel 19Wie beruhigt man einen aufgeregten Menschen?
Kapitel 20Die Kunst des fairen Streitens
Kapitel 21So kommen Sie mit Siebenmeilenstiefeln voran: Die ZEFPZ-Strategie
Kapitel 22Wie man die ZEFPZ-Strategie in Alltagssituationen anwendet
Kapitel 23Menschen zu überzeugen, macht Spaß – und lohnt sich
Kapitel 24Der missverstandene Motivator
Kapitel 25Wie man Menschen bestraft, ohne sich Feinde zu machen
Kapitel 26Schwierige Situationen mit spielender Leichtigkeit meistern
Kapitel 27So wird Ihnen das verbale Judo zur zweiten Natur
Letztes KapitelFünf Wahrheiten, die für alle Lebenssituationen gelten
In den letzten dreißig Jahren seines abwechslungreichen Lebens ist George J. Thompson III alias Doc Rhino kreuz und quer durch Amerika mit einer Botschaft gereist, die die Welt dringend braucht: einer Botschaft der Toleranz gegenüber unseren Mitmenschen. Toleranz setzt Einfühlungsvermögen voraus – und das ist die Basis von Georges verbalem Judo-Programm. In dem erst in dieser Ausgabe neu hinzugefügten letzten Kapitel erklärt George Thompson seine fünf universalen Wahrheiten, an die man sich bei allen zwischenmenschlichen Kontakten halten sollte:
Dieses Plädoyer für Respekt, Verständnis und Vergebung kann Menschen weltweit miteinander verbinden. Aber für dieses wechselseitige Verständnis braucht man ein Medium. Worte, die wir für einen klar definierten Zweck einsetzen, können dieses Medium sein und uns einen großen Schritt vorwärtsbringen.
Verbales Judo kann Ihnen in jedem Beruf weiterhelfen und auch Ihr persönliches Leben bereichern. Genau wie die alten Griechen glaubte George Thompson daran, dass unser Handeln unserer Lebensphilosophie entspricht und von unseren Überzeugungen diktiert wird. Je mehr wir uns von anderen Menschen unterscheiden, umso „taktischer“ müssen wir bei der Kommunikation mit ihnen vorgehen, damit sie mit uns kooperieren oder tun, was wir von ihnen erwarten. Mit dieser „taktischen Höflichkeit“ sichern wir uns die Unterstützung unserer Mitmenschen und überwinden ihren Widerstand gegen neue Ideen oder Veränderungen. Wenn wir fest an diese Philosophie des Respekts gegenüber anderen Menschen glauben, können wir uns selbst in konfliktträchtigen Situationen taktisch klug verhalten und unserem Gesprächspartner damit die Möglichkeit geben, anderer Meinung zu sein als wir und trotzdem sein Gesicht zu wahren.
Die Strategien und Taktiken des verbalen Judo können Ihnen auf vielerlei Weise helfen, ungünstigen Situationen eine positive Wendung zu geben. Im Geschichtsunterricht haben wir vieles über Kriege gelernt, die aufgrund von Streitigkeiten um Land und Ressourcen ausbrachen; doch oft lag die Ursache dieser Kriege in Wirklichkeit nur darin, dass die Gegner einander respektlos behandelten. In unserer heutigen Zeit, in der Zorn zu einer neuen Gefahr wird, brauchen wir diese Fähigkeit, auf ruhige, überzeugende Art miteinander zu kommunizieren, dringender denn je. Das digitale Zeitalter hat unsere beruflichen und persönlichen Interaktionen von Grund auf verändert. Unsere Äußerungen im Internet werden von Tausenden von Menschen gelesen, und wenn wir etwas schreiben, was wir hinterher bereuen, weil es falsch ist oder auf einem Fehlurteil beruht, ist es zu spät, denn das Internet vergisst nichts.
Wer sich die Philosophie des verbalen Judo zu eigen macht, kann durch einfühlsame, überzeugende Kommunikation wichtige berufliche Ziele erreichen. Mit dieser Art von Kommunikation bauen wir Brücken, die es uns erleichtern, würde- und respektvoll miteinander umzugehen. Wir müssen uns darüber klar werden, wie wichtig es ist, unsere Mitmenschen zu respektieren und sie ihre Würde wahren zu lassen, und zwar bei allen privaten und beruflichen Interaktionen: als Polizist gegenüber einem Gesetzesbrecher, als Elternteil gegenüber einem Kind, als Schüler gegenüber einem Lehrer, als Arzt gegenüber einem Patienten und umgekehrt. Es war nie George Thompsons Ziel, dass die Menschen Empathie mit Sympathie verwechseln; wir können den seelischen Schmerz eines Menschen auch nachempfinden, indem wir uns einfach fragen, wie wir uns selbst in seiner Situation fühlen würden. Und verbales Judo bedeutet auch nicht, jemandem, der uns schlägt, noch die andere Wange hinzuhalten, uns einer übertrieben gefühlsbetonten Sprache zu bedienen oder unbedingt immer politisch korrekt sein zu müssen: Wir müssen unserem Gegenüber unsere Ziele und Absichten vermitteln, brauchen dabei aber kein unrechtmäßiges Verhalten zu respektieren.
In seinen Kursen für Polizeibeamte stellte Thompson immer zuallererst klar, dass man von Menschen, deren Beruf darin besteht, in einer chaotischen Welt Ordnung zu schaffen, nicht erwarten kann, dass sie Respekt vor dem Umgang abgebrühter Verbrecher mit ihren unglücklichen Opfern haben. Trotzdem müssen wir die individuellen oder kollektiven Grundrechte solcher Menschen respektieren und dafür sorgen, dass ihre Verbrechen in einem ordnungsgemäßen Gerichtsverfahren verhandelt werden. Wir dürfen ihre Verurteilung nicht durch unprofessionelles Handeln gefährden. Oder um einen Polizeibeamten aus North Dakota zu zitieren: „Wir behandeln diese Leute wie Damen und Herren – nicht, weil sie es sind, sondern weil wir es sind.“ Wenn wir unserem Gegner mit unseren Worten oder unserem Verhalten nicht die Möglichkeit geben, sich gegen uns zur Wehr zu setzen, handeln wir nicht professionell, sondern dilettantisch.
George Thompson begann seine berufliche Karriere als Geisteswissenschaftler, wurde dann Polizist und schließlich Polizeiausbilder. Dann entwickelte er die Philosophie des verbalen Judo und gründete im Jahr 1984 das Verbal Judo Institute, Inc., das er über dreißig Jahre lang leitete. 1985 bildete Doc seinen ersten Partner aus, dem viele weitere folgten – und alle lehrten seine Prinzipien mit demselben Enthusiasmus und Engagement dafür, Menschen zu einer neuen Sichtweise von Konflikten und deren Lösung zu inspirieren. Bald ließen nicht mehr nur Polizeidienststellen, sondern auch Geschäfte und Unternehmen aller Art ihre Mitarbeiter an diesem Institut ausbilden: Zu seinen Klienten gehörten Mitarbeiter von Fluggesellschaften und Kreuzfahrtschiffen, Ärzte und Pflegepersonal, Lehrer und Professoren. Doch auch bei Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes erfreut sich das verbale Judo inzwischen wachsender Beliebtheit. Bald wurden Filialen außerhalb Nordamerikas – in Australien, Afrika und Skandinavien – gegründet, und George Thompsons Bücher über verbales Judo wurden in verschiedene Sprachen übersetzt, sodass das Wissen darüber mittlerweile weltweit verbreitet ist. Seit 1984 haben über eine Million Menschen an verbalen Judo-Kursen teilgenommen, und Hunderttausende haben die Bücher, Videos und Audiokassetten darüber gelesen bzw. gehört.
Durch das verbale Judo und das Verbal Judo Institute, Inc. begann das Lebenswerk von George Thompson eine Eigendynamik zu entwickeln. Dieses Programm, in dem Thompsons Geist bis zum heutigen Tag fortdauert, wird sich weiter auf der Welt ausbreiten und immer mehr Menschen, Berufsklassen und Nationen überzeugen – so lange, bis sich seine Vision erfüllt hat. Außerdem wird das Institut weitere Schriften, Video- und Audiomaterialien zu diesem Thema veröffentlichen und neue Programme entwickeln, um den Anforderungen einer Welt gerecht zu werden, von der man manchmal den Eindruck gewinnt, sie sei außer Rand und Band geraten.
Wir vom Verbal Judo Institute, Inc. und unsere verbale Judo-Familie möchten allen Klienten danken, die uns in den letzten Jahrzehnten unterstützt haben. Wir werden immer für Sie da sein und die Botschaft, die George in die Zukunft tragen wollte, weiterverbreiten.
Wir danken Ihnen allen für Ihre kontinuierliche Unterstützung der Philosophie des verbalen Judo und unseres Instituts, das jetzt von Pam Thompson geleitet wird, und freuen uns darüber, dass Sie uns bei der Bewahrung von Dr. Thompsons Vermächtnis helfen. Das traurige Hinscheiden von George J. Thompson III 2011 hat eine Lücke in unseren Herzen hinterlassen; doch sein Programm und seine Ideale werden für immer weiterleben.
Das versprechen wir Ihnen. Wir, das sind: Lee Fjelstad, Pam Thompson und der Rest unserer Familie: Mike Manley, Doug Haig und Steve Wopershall in den USA, William King in Australien, Darcy Pennock in Kanada, Bo Munthe in Schweden und Don Gold in Afrika.
Bitte besuchen Sie auch unsere Webseite: verbaljudo.com/
Als das Buch mit dem Titel Verbales Judo: Die sanfte Kunst der Überzeugung im Jahr 1993 erstmals auf dem Buchmarkt erschien, musste es um sein Überleben kämpfen. Doch nach und nach begann seine hoffnungsfrohe Botschaft, dass wir durch Einfühlungsvermögen bessere zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen und besser miteinander kommunizieren können, die Herzen der Leser zu gewinnen. Unsere Seminare und Schulungen fanden immer mehr begeisterte Teilnehmer, und mit der Zeit sprach es sich herum, dass diese Sache mit dem verbalen Judo tatsächlich funktioniert!
Aus Hunderten von Briefen und E-Mails, die wir in den letzten zehn Jahren erhalten haben, wissen wir, was für einen enormen Eindruck dieses Buch hinterlassen hat. Testimonials unserer Seminarteilnehmer, von denen viele den verbalen Judo-Kurs mehrmals besucht haben, beweisen, wie überzeugend diese Botschaft ist. Einer unserer Kursteilnehmer erklärte uns das folgendermaßen: „Wissen Sie, Doc, das verbale Judo hat mein Leben von Grund auf verändert – aber ich muss diese Botschaft unbedingt alle zwei Jahre wieder hören.“ Ein anderer schrieb mir kurz nach seiner Teilnahme an einer Schulung: „Danke, dass Sie meine Beziehung zu meinem Sohn gerettet haben. Als ich heimkam, habe ich mich hingesetzt und zum ersten Mal seit Jahren richtig mit meinem Jungen geredet, der gerade im schwierigen Teenageralter steckt. Das verbale Judo hat einen neuen Menschen aus mir gemacht. Danke dafür!“ Und dann war da auch noch der Polizeibeamte, der an meinem fünftägigen Ausbilderkurs teilnahm. Am ersten Tag (einem Montag) informierte er mich darüber, dass er sich nächste Woche von seiner Frau scheiden lassen werde. Doch schon am Dienstagabend rief er mich in meinem Hotel an und sagte: „Dieser Kurs hat mir wirklich zu denken gegeben, Doc. Gerade habe ich meine Frau angerufen und ihr gesagt, dass wir die Scheidung doch lieber noch einmal verschieben und es mit einer Eheberatung versuchen sollten. Das hat meine Frau von Anfang an gewollt, aber ich war dagegen. Inzwischen ist mir klar geworden, dass ich das Problem in unserer Ehe bin. Und da meine Frau und meine Kinder mir sehr wichtig sind, bin ich fest entschlossen, mich zu ändern.“ Ein Jahr später bekam ich eine Weihnachtskarte von ihm und seiner Frau – wieder glücklich vereint!
Solche Reaktionen bestärken mich immer wieder neu in meinem Engagement, die wirksamen Strategien des verbalen Judo zu verbreiten, damit möglichst viele Menschen davon profitieren können. In den letzten zehn Jahren habe ich persönlich Tausende von Polizeibeamten aus Hunderten von Präsidien darin ausgebildet; zu meinen Klienten gehörten unter anderem das Polizeipräsidium von Los Angeles, New York City und Miami Dade County und viele andere Polizeidienststellen von San Diego bis Chicago. Inzwischen ist das verbale Judo in den meisten Bundesstaaten zu einem obligatorischen Bestandteil der Polizeiausbildung geworden, und die Polizisten, die diese Strategien nutzen, handeln professioneller und geraten nicht so leicht in Gefahr.
Aber verbales Judo ist nicht nur ein gutes Training für Polizisten und anderes „Notfallpersonal“; alle Menschen können davon profitieren. Vor einigen Jahren habe ich dieses Programm für Geschäftsleute und Mitarbeiter von Unternehmen modifiziert. Inzwischen bilden wir regelmäßig Kundendienstmitarbeiter, Stewardessen, Beamte, Immobilienmakler und alle möglichen Menschen aus, die im öffentlichen Dienst, Vertrieb oder Geschäftsleben tätig sind – alles Bereiche, in denen die Kommunikation nicht immer einfach ist. Auch Lehrer, Verwaltungsbeamte, Ärzte und anderes medizinisches Fachpersonal können von diesem Training sehr profitieren. Selbst unsere Kinder brauchen es; deshalb entwickle ich gerade einen Kurs für diese Zielgruppe.
Als weiteres Beispiel dafür, wie dringend wir die Kunst des verbales Judo benötigen, möchte ich Ihnen von einem persönlichen Erlebnis erzählen. Vor Kurzem musste ich mich wegen einer Krebserkrankung einem chirurgischen Eingriff am Hals unterziehen. Dadurch verlor ich mein linkes Stimmband und damit auch meine Fähigkeit, Reden und Vorträge zu halten; doch dafür bin ich jetzt krebsfrei. Geschwächt und angegriffen von der Operation musste ich 15 Tage im Krankenhaus bleiben und wurde von etwa 20 Pflegekräften, Ärzten und Medizinstudenten überwacht. Ich konnte weder schlafen noch essen und mich kaum noch bewegen. Die Qualität meiner medizinischen Versorgung war sehr unterschiedlich – von katastrophal bis akzeptabel. Nur ein einziger Krankenhausmitarbeiter, der mich betreute, hat seine Sache wirklich hervorragend gemacht. Nirgends war deutlicher zu erkennen, wie dringend die Menschen eine Schulung in verbalem Judo brauchen. Kaum jemand schien Mitgefühl mit den Patienten zu haben, die verletzt waren und Angst hatten – für das Klinikpersonal waren wir einfach nur „Fälle“. Meist wurden wir kalt und unpersönlich behandelt; und dabei hätte schon ein bisschen zwischenmenschlicher Kontakt oder ein liebes Wort uns das Leben im Krankenhaus so viel leichter gemacht. Und genau darum geht es in diesem Buch.
Die Basis des verbalen Judo besteht darin, Menschen – vor allem Familienangehörige und enge Freunde – mit Würde und Respekt zu behandeln. Überlegen Sie sich genau, wie Sie mit Ihren Mitmenschen sprechen, denn Worte können tiefere Wunden schlagen als ein Schwert, und diese Wunden heilen eine ewige Zeit nicht ab. Paradoxerweise geben wir uns bei den Menschen, die uns am nächsten stehen, am wenigsten Mühe, sie gut zu behandeln. Daran sollten Sie etwas ändern! Durch meinen Krankenhausaufenthalt ist mir wieder klar geworden, was ich meinen Mitmenschen schon immer beibringen wollte: Das Wichtigste, was wir im Leben haben, ist unsere Beziehung zu anderen Menschen. Durch verbales Judo können Sie diese Beziehungen pflegen und Ihre Lebensqualität und die Ihrer Mitmenschen verbessern. Diese Philosophie hat schon Menschenleben, Ehen und Karrieren gerettet – auch Sie können davon profitieren. Also nutzen Sie sie!
Dieses Buch soll nicht nur eine Sammlung unterhaltsamer Geschichten aus dem Polizeialltag sein. Natürlich erzählt Dr. George J. Thompson darin auch von Schlägereien in finsteren Gassen, die plötzlich durch verblüffende Kompromissangebote beendet wurden, von Selbstmordversuchen, die durch eine Mischung aus List und Offenherzigkeit vereitelt wurden, und von häuslichen Auseinandersetzungen, die mit klugen verbalen Strategien gewaltfrei beigelegt werden konnten. Doch Verbales Judo: Die sanfte Kunst der Überzeugung ist viel mehr als das.
George Thompson war früher Professor für englische Literatur und besitzt einen schwarzen Gürtel in Judo und Taekwondo – eine Kombination, die ihn zu einem außergewöhnlichen Polizeibeamten machte, als er im Alter von 35 Jahren in diesem Beruf zu arbeiten begann.
Heute trainiert das Verbal Judo Institute Polizisten hauptsächlich darin, wie man anstelle von Schlagstöcken und Gewehren seine Zunge richtig einsetzt. Auch bei Lehrern, Klinikverwaltungspersonal, Managern und Verkäufern sind diese Kurse sehr gefragt. George Thompson hat schon Mitarbeiter verschiedenster Behörden und Unternehmen geschult: von IBM bis zum FBI, vom amerikanischen Forstamt bis hin zur Versicherungsgesellschaft Metropolitan Life. Doch gerade bei den Streifenpolizisten, die auf unseren Straßen für Ruhe und Ordnung sorgen, hängt das Leben an einem seidenen Faden, wenn sie nicht richtig kommunizieren können.
George Thompson hat bereits 6500 Mitglieder der Polizeidienststelle von Los Angeles fortgebildet. Auch die vier Polizeibeamten, die 1991 den Afroamerikaner Rodney King misshandelten und dabei gefilmt wurden, sollten eine Woche später an seinem verbalen Judo-Kurs teilnehmen. Thompson war überzeugt davon, dass es nicht zu dieser brutalen Misshandlung gekommen wäre, wenn er diese Polizisten einen Tag lang in seinem Kurs gehabt hätte.
Im Rahmen der Ausbildung Zehntausender Polizeibeamter in den ganzen USA hat George Thompson hochmoderne Kommunikationstechniken entwickelt, die leicht zu erlernen sind und bei jedem Menschen funktionieren. Er glaubt, dass die Prinzipien des verbalen Judo nicht nur Polizisten, sondern auch normale Bürger vor unnötigen Konflikten, Reibereien und Gewalttaten bewahren können. Dieses Buch wendet sich an alle Menschen, die ihren Stress durch die wirksamsten, erfolgreichsten Kommunikationsstrategien reduzieren möchten, die es gibt. Es ist für Leute gedacht, die ihre Ziele mit verantwortungsvollen Methoden erreichen wollen – ob es nun darum geht, einem Auftragnehmer klarzumachen, dass er zu viel berechnet hat, oder einen Chef von sexuellen Belästigungen abzubringen. Eltern können aus diesem Buch lernen, wie man seine Kinder zu besseren schulischen Leistungen anspornt – oder wie man sich schützt, wenn man auf der Straße angegriffen wird.
Aber dieses Buch ist auch für Menschen bestimmt, die sich eine ehrlichere, befriedigendere Beziehung zu Familie und Freunden, Kollegen und Mitarbeitern wünschen. Denn diese verbalen Judo-Techniken führen zu mehr Harmonie und einem besseren wechselseitigen Verständnis zwischen Menschen. Viele Teilnehmer von George Thompsons Kursen sagten anschließend: „Wenn ich das früher gewusst hätte, wären mir zwei Scheidungen erspart geblieben!“
Kurzum: Verbales Judo: Die sanfte Kunst der Überzeugung ist ein Leitfaden für alle Menschen, die lernen möchten, besser zu kommunizieren, um ihr Leben zu verbessern.
Was dieses Buch von anderen Kommunikationsratgebern unterscheidet, ist die Tatsache, dass es Lösungen anbietet, die sich auch in Konfliktsituationen umsetzen lassen. Die darin beschriebenen Techniken wurden in Situationen erprobt, in denen es um Leben und Tod ging.
Wenn Sie die Kunst des verbalen Judo erlernen, werden Sie sich Denk- und Verhaltensweisen zu eigen machen, die George Thompson während seiner langjährigen Beschäftigung mit dem Kampfsport entwickelt hat. Verbales Judo verbindet die besten fernöstlichen Weisheiten (vor allem die Idee, die Energie negativer Situationen für positive Zwecke zu nutzen) mit westlichen Philosophien wie der Goldenen Regel und sogar mit der aristotelischen Rhetorik, mit der sich Dr. Thompson als Postdoktorand an der Princeton University beschäftigte.
Dieses Buch zeigt Ihnen, wie man in kritischen Situationen richtig reagiert, und zwar mit der wirksamsten Waffe, die es gibt: Ihrer Sprache. Sie werden lernen, sich flexibel an jede Situation anzupassen wie ein Judo-Kämpfer. Und Sie werden erfahren, wie man die negative Energie anderer Menschen in positive Resultate umlenkt.
Um die Kunst des verbalen Judo zu erlernen, brauchen Sie keine komplizierten Philosophien zu verstehen. George Thompson erklärt diese Prinzipien an ganz einfachen Beispielen, die aus seiner praktischen Erfahrung stammen. In seinem Buch schildert er, wie er und andere gewiefte Polizisten durch kluge Kommunikation gefährliche Situationen entschärften. Aber er erzählt auch lustige Geschichten aus seinem Alltag als Vater, in denen er versucht, drei mit allen Wassern gewaschene Kinder auszutricksen.
In Verbales Judo: Die sanfte Kunst der Überzeugung werden Sie lernen, mit Menschen zu reden, ohne Konflikte zu verursachen oder zum Eskalieren zu bringen. Sie werden lernen, Ihre Mitmenschen zu loben, ohne dass dies als Manipulation empfunden wird. Und Sie werden auch erfahren, wie man auf konstruktive, einfühlsame Weise Kritik übt, ohne den Stolz und die Gefühle seines Gesprächspartners zu verletzen. So kann man Menschen am ehesten zu einer Veränderung motivieren, weil sie sich dann trotzdem immer noch als wertvolle Mitglieder ihres Teams fühlen. Außerdem bietet das Buch Empfehlungen zum Umgang mit Menschen, die unter dem Einfluss von Alkohol, Drogen, Angst, Wut – oder vielleicht auch nur reiner Dummheit – stehen.
Doch aus George Thompsons Strategien zur Harmonie zwischen Denken und Sprechen können Sie viel mehr lernen, als mit klugen Worten in einer heimtückischen Welt besser zu überleben. Sie eignen sich eine ganz neue Denkweise an und lernen, wie man heikle Situationen auf sanfte, einfühlsame Weise in den Griff bekommt – ohne Stress, Frustration und Konflikt.
In Kapitel 17 erklärt George Thompson, wie er zu diesem Wissen gekommen ist: „Nirgends sind mir diese Prinzipien klarer geworden als während meiner polizeilichen Tätigkeit. Ich verwende in diesem Buch viele Beispiele aus der Welt der Polizei, weil ich glaube, dass sie sich leicht auf Alltagssituationen normaler Bürger übertragen lassen. Ich hoffe, meinen Lesern anhand dieser Polizeigeschichten besonders gut verdeutlichen zu können, worum es beim verbalen Judo geht. Mit anderen Worten: Eine Strategie, die im rauen Polizeialltag nicht funktioniert, mit der kann man zu Hause oder im Büro auch nichts anfangen. Aber wenn sie in schwierigen Situationen erfolgreich ist, lohnt es sich auf jeden Fall, sie auszuprobieren.“
Das war wirklich die verrückteste Methode, einen Streit zu schlichten, die ich je erlebt hatte. Ich war damals erst seit zehn Tagen bei der Polizei – also noch ein blutiger Anfänger –, als mein Partner einen Anruf bekam. Wir sollten um zwei Uhr morgens eine unschöne häusliche Auseinandersetzung in einer Mietskaserne im Osten von Emporia (Kansas) schlichten – in einem Viertel, in dem Drogenhandel und Gewalttaten an der Tagesordnung waren.
Wir hörten die Gemeinheiten, die sich das Ehepaar an den Kopf warf, schon auf der Straße. Mein Ausbilder und Partner Sergeant Bruce Fair und ich traten näher und warfen einen Blick durch die halb offene Tür. Dann ging Bruce einfach hinein, ohne anzuklopfen. Ich sah, wie er an dem streitenden Paar vorbeimarschierte, seine Polizeimütze abnahm und sich seufzend aufs Sofa warf. Er ignorierte den Streit zwischen den beiden völlig, nahm eine Zeitung in die Hand und blätterte die Kleinanzeigen durch.
Die Hand am Griff meiner Winchester .357, lehnte ich im Türrahmen und verstand die Welt nicht mehr. Bruce schien gegen sämtliche polizeilichen Verhaltensregeln zu verstoßen. Ich hatte noch nie erlebt, dass er ein Haus betrat, ohne sich auszuweisen, um Erlaubnis zu fragen oder wenigstens den Grund seines Kommens zu erklären. Und jetzt behandelte er ein wütendes Ehepaar in einer Mietskaserne so wie einen Onkel, der zu Besuch kommt!
Bruce las weiter Zeitung, während sich die beiden weiter stritten und dabei hin und wieder einen Blick auf den Polizisten warfen, der auf ihrer Wohnzimmercouch saß. Mich hatten sie noch gar nicht bemerkt. Als der Mann seine Frau mit Schimpfwörtern zu traktieren begann, raschelte Bruce mit der Zeitung. „He, Leute. Schaut mal her!“
Der Ehemann sah nun genauer zu ihm hin. „Was machen Sie denn hier?“
„Habt ihr ein Telefon?“, fragte Bruce. „Schaut mal. Ein Dodge aus dem Jahr 1950! Hervorragender Zustand – wie neu! Darf ich mal telefonieren? Ich weiß, es ist schon spät, aber dieses Schnäppchen kann ich mir nicht entgehen lassen. Wo ist euer Telefon? Ich muss sofort da anrufen!“
Fassungslos deutete der Ehemann auf das Telefon. Bruce stand auf, wählte eine Nummer und nuschelte etwas in den Hörer. Dann knallte er ihn auf die Gabel. „Die wollen nicht mit mir reden, bloß weil es schon zwei Uhr morgens ist. Unglaublich!“
Inzwischen war die streitlustige Stimmung der beiden Eheleute verflogen, und sie standen genauso sprachlos da wie ich. „Übrigens“, setzte Bruce freundlich hinzu, als sei ihm das gerade erst eingefallen, „stimmt hier irgendwas nicht? Können mein Partner und ich etwas für Sie tun?“
Die beiden blickten zu Boden und schüttelten den Kopf. „Nein. Eigentlich nicht.“ Wir plauderten noch ein paar Minuten mit ihnen und erinnerten sie daran, dass es schon spät war und ihre Nachbarn wahrscheinlich gern ein bisschen Ruhe hätten. Bald waren wir wieder auf dem Weg zurück zum Streifenwagen.
Ich konnte mir keinen Reim auf das Vorgehen meines Partners machen. Noch kurz vorher hatten wir einen ähnlichen Disput in typischer Polizeimanier beigelegt: Wir hatten die Situation mit höflicher Autorität unter Kontrolle gebracht, indem wir die Streithähne voneinander trennten, beruhigten und dann wieder zusammenführten. So hatte man es mir auf der Polizeischule beigebracht. Warum hatte mein Partner sich diesmal so völlig anders verhalten?
Als früherer Englischprofessor, der seinen Studenten zehn Jahre lang die Werke von Milton und Shakespeare nahegebracht hat, wusste ich natürlich, dass eine Geschichte manchmal ganz plötzlich eine überraschende Wendung nehmen kann. Aber ein Polizeibeamter, der zwei wie wütende Tiere aufeinander losgehende Menschen beruhigt, indem er als unhöflicher, aber freundlicher Gast in ihre Wohnung eindringt? Bruce hatte die beiden einfach dazu gezwungen, die Gastgeber für ihn zu spielen, ob sie wollten oder nicht.
„Was war denn das?“, fragte ich ihn, als wir wieder im Streifenwagen saßen. „Warum haben wir die vorigen Streithähne voneinander getrennt und beruhigt und bei diesem Ehepaar die verrückte Nummer mit der Zeitung und dem Telefon abgezogen?“
Er zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Ich bin schon seit über zehn Jahren bei der Polizei. Da lernt man so was einfach.“
„Ich weiß, ich bin noch neu in diesem Beruf“, sagte ich. „Aber ich bin auch kein Grünschnabel mehr. [Damals war ich 35 Jahre alt.] Ich habe noch keine zehnjährige Erfahrung auf dem Buckel, so wie du. Wenn ich es mit diesem Trick versuchen würde, könnte es sein, dass man mich abknallt. Wir müssen darüber reden. Erklär’ mir, woher du wusstest, dass du damit durchkommen würdest.“
Obwohl ich es damals noch nicht wusste: Das war die Geburtsstunde des verbalen Judo – die erste Lektion in meiner Karriere als Kommunikations-Samurai. Ich beschäftigte mich schon seit meinem sechsten Lebensjahr mit Kampfsport, wobei ich mit indischem Ringen begonnen hatte, und am Ende einen schwarzen Gürtel in Judo und Taekwondo besaß; aber ich hatte noch nie erlebt, dass jemand diese Prinzipien so erfolgreich in einer brenzligen Situation anwandte. Bisher hatte ich meinen Kampfsport in einem Dojo in einer Ladenstraße praktiziert, mit ehrbaren Gegnern, die sich höflich voreinander verneigten und etwas voneinander lernen wollten. Beim Judo hatte ich die sanfte Kunst gelernt, die Energie meines Gegners in andere Bahnen zu lenken, sodass sie meinen eigenen Zielen diente: Wenn er geradewegs auf mich zukam, trat ich einen Schritt beiseite und machte eine Bewegung, die seinen Schwung noch verstärkte, sodass er an mir vorbeistürzte und ich ihn leicht unschädlich machen konnte. Bruce Fair hatte mehr oder weniger das Gleiche getan – aber ohne Ausübung von physischer Gewalt. Nur mithilfe seines Mundes, einer Zeitung und eines Telefons hatte er zwei streitlustige Hitzköpfe beruhigt – er hatte ihre Energie mithilfe einer Technik, die aus seiner langjährigen Erfahrung als Polizist erwachsen war, in neue Bahnen gelenkt.
Das faszinierte mich. Während meiner restlichen Amtszeit als Polizist (in der ich alle möglichen Situationen meisterte, von Hundepatrouillen bis hin zu Verhandlungen mit Entführern) beobachtete ich Männer wie Bruce ganz genau. Ich begann, die Kommunikationstechniken erfahrener Polizisten systematisch zu studieren und nahm zu Polizeieinsätzen immer ein Aufnahmegerät mit. Aber ich achtete nicht nur darauf, was gesagt wurde, sondern auch, wie es gesagt wurde. Immer wieder erlebte ich, wie erfahrene, mit allen Wassern gewaschene Polizeibeamte Menschen geschickt manipulierten und auf diese Weise gefährliche Situationen entschärften.
Bald war ich überzeugt davon, dass gute Polizeibeamte die größten Kommunikationsgenies sind, die es gibt. Niemand muss so oft feindseligen Menschen Befehle erteilen und sie zum Gehorsam bewegen wie ein Polizist – zum Beispiel, wenn es darum geht, ein Drogengeschäft zu vereiteln, und die Dealer ihre Kalaschnikows ziehen. Zwar war ich während meines Literaturstudiums von den begabtesten Rhetorikern aller Zeiten unterrichtet worden; trotzdem begriff ich, dass meine eigentliche Forschungsarbeit nicht an der Princeton University stattgefunden hatte, sondern dass ich immer noch mitten drinsteckte – und zwar hier auf den Straßen von Emporia.
Im Laufe dieser Jahre habe ich so ziemlich alle Kommunikationsfehler begangen, die es gibt. Ich bin also kein Guru, der alles weiß und kann, sondern einfach nur jemand, der aus seinen Fehlern gelernt hat; und wenn es mir gelingt, Ihnen die Scherereien zu ersparen, die ich selbst durchgemacht habe, ist das für mich schon ein großer Erfolg.
Ich verfolge mit diesem Buch drei wichtige Ziele:
Erstens liegt mir Ihre persönliche Sicherheit am Herzen. Harmonie zwischen Denken und Sprechen zu entwickeln, ist die wichtigste Fähigkeit, die es gibt, denn wenn man dabei etwas falsch macht, kann man ernsthaft in Gefahr geraten. Man kann seine Ehe zerstören, seine Karriere ruinieren, gewalttätige Auseinandersetzungen verursachen, Menschen vor den Kopf stoßen, seine Glaubwürdigkeit und seine Freunde verlieren. Keiner weiß das besser als ich, denn mir ist das alles schon passiert.
Egal, ob Sie Topmanager oder Hausfrau sind – das verbale Judo dient zunächst einmal dazu, Sie am Leben zu erhalten. Polizisten (die bisher den Hauptanteil meiner Kursteilnehmer ausgemacht haben) laufen zugegebenermaßen eher Gefahr, Opfer von Gewalttaten zu werden, als andere Menschen. In den letzten zehn Jahren wurden in den Vereinigten Staaten 855 Polizeibeamte in Ausübung ihrer Tätigkeit umgebracht, und mehr als 700-mal so viele sind in der Notaufnahme gelandet. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen wissen wir, dass am Anfang dieser Unglücksfälle fast immer eine Disharmonie zwischen Denken und Sprechen stand. Deshalb schärfe ich den Polizisten in meinen Kursen immer wieder ein, dass ihre gefährlichste Waffe nicht etwa ihre Glock, ihre Winchester .357 oder ihre Repetierflinte ist, sondern ihre Zunge. (Auf dieses Thema werde ich später noch näher eingehen.)
Mein zweites Ziel besteht darin, dafür zu sorgen, dass Sie sich professioneller verhalten. Ob Sie nun im Groß- oder Einzelhandel, bei der Polizei, in einem Unternehmen oder zu Hause arbeiten – Sie üben auf jeden Fall einen Beruf aus, und das, was ich Ihnen in diesem Buch vermitteln werde, kann Ihre beruflichen Leistungen deutlich verbessern, sodass andere Menschen weniger Grund zu Beschwerden und Sie weniger Stress haben.
Wenn Sie lernen, Ihre Worte so zu wählen, dass Sie damit keinen Streit oder Konflikt verursachen, werden Sie mit weniger Klagen von Kunden oder Mitarbeitern und mit weniger Auseinandersetzungen mit Freunden und Familienangehörigen durchs Leben kommen. Dadurch werden Sie sehr viel weniger Stress haben; denn Stress entsteht normalerweise durch die Art, wie man mit anderen Menschen umgeht. Wenn Sie Ihr Konfliktpotenzial reduzieren, sinkt dadurch also automatisch auch Ihr Stressniveau.
Mein drittes Ziel besteht darin, Ihre Effizienz zu erhöhen und Ihre beruflichen Leistungen zu verbessern. Dadurch steigt gleichzeitig auch Ihr Selbstwertgefühl – das Bild, das Sie von sich haben. Außerdem werden Sie dann in der Lage sein, sich gleich beim ersten Mal richtig auszudrücken, statt – wie so viele Menschen – Äußerungen umformulieren, sich entschuldigen und erklären zu müssen, warum Sie im Eifer des Gefechts etwas Unkluges gesagt haben.
Wenn es etwas gibt, was mir an meinen Kollegen an der Universität nicht gefiel, war es die Tatsache, dass zu wenige von ihnen ihr Wissen auch im praktischen Leben anwenden konnten. Was die wohl von mir gedacht haben? Von diesem komischen Kerl, der außer seiner Tätigkeit als Professor auch noch Judo und Taekwondo praktizierte und gerne Polizisten auf Streife begleitete?
Vielleicht hätte ich mich sowohl an der Uni als auch bei der Polizei fehl am Platz gefühlt, wenn ich nicht auf die Idee gekommen wäre, mein Kommunikationssystem zu entwickeln, das beide Welten miteinander verbindet.
Damit Sie sehen, dass ich mit diesem Kommunikationsratgeber nur Ihre Interessen im Auge habe, will ich Ihnen kurz erklären, was ich im Lauf der Jahre über die Tätigkeit des Unterrichtens gelernt habe. Ein Lehrer bringt Menschen etwas bei, was sie noch nicht wissen. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass man einen motivierten Schüler am besten anhand von Gleichnissen oder Metaphern belehren kann, denn dadurch macht man ihm den Lernstoff verständlich.
Ein trockener, langweiliger Lehrer spricht über das, was er weiß, als ob sein Schüler bereits eine Ahnung davon haben müsste. Der Schüler bleibt dabei völlig passiv. Er hört den Lehrer über etwas reden, womit dieser sich vielleicht auskennt; doch wenn der Lehrer diesen Wissensstoff nicht mit etwas vergleicht, was im Erfahrungsbereich des Schülers liegt, wird dieser nicht viel daraus lernen.
Das andere – ebenso inakzeptable – Extrem repräsentiert der Lehrer, der seinen Schülern nichts Neues beibringt, sondern sie lediglich zu anderen ihnen bereits bekannten Wissensgebieten hinführt.
Man hatte mir stets beigebracht, dass sich ein Lehrer seinen Stoff aneignet und dann ins Klassenzimmer geht, um ihn seinen Schülern zu präsentieren. Der Lehrer trägt etwas vor, und der Schüler nimmt dieses Wissen auf. Wenn er es nicht versteht, fällt er durch. Aber in der realen Welt läuft das ganz anders ab: Dort muss ein Lehrer seine Zuhörer kennen und sie da abholen, wo sie stehen.
Auch Sie haben ein Publikum, wenn Sie die Strategien des verbalen Judo einsetzen – nämlich die Menschen, an denen Sie diese Kommunikationsstrategien praktizieren. Vielleicht ist das keine Schulklasse, sondern eine Gruppe von Mitarbeitern in einem Büro. Vielleicht besteht Ihr Publikum auch nur aus einer einzigen Person: zum Beispiel Ihrem Chef oder Ihrer Ehefrau. Oder vielleicht handelt es sich dabei um ein schwieriges Kind, einen unangenehmen Vermieter oder Nachbarn, der Ihnen Probleme bereitet. Unabhängig davon müssen Sie – genauso wie der Polizist – Ihre Gesprächspartner durchschauen, Ihre Prinzipien (die Werkzeuge, mit denen Sie Ihr Ziel erreichen wollen) kennen und dann entscheiden, mit welcher dieser vielen Methoden Sie am ehesten zum gewünschten Ergebnis kommen. Oft kann man seine „Zielgruppe“ am leichtesten durchschauen, indem man die betreffende Person mit den gleichen Augen sieht wie sie. Das ist die wahre Kunst des Einfühlungsvermögens!
Sobald Sie Ihre Zuhörer durchschaut haben, können Sie ihnen das Unbekannte vertraut machen, indem Sie in ihrer Sprache mit ihnen sprechen. Diese Kunst hat Albert Einstein hervorragend beherrscht: Er saß auf dem Princeton Square und erklärte seinem Publikum anhand von Ballons und Orangen die kompliziertesten Ideen. Carl Sagan machte es genauso. Große, tiefgründige Denker müssen ihre Ideen in einfachen Worten kommunizieren. Sie selbst verstehen die komplexen Zusammenhänge, über die sie sprechen, natürlich; aber sie müssen sie so vereinfachen, dass jeder sie versteht.
In diesem Buch werde ich Ihnen Fallberichte nahebringen, wie beispielsweise den, als ein Polizist versucht, einen verängstigten, möglicherweise gewalttätigen Unruhestifter zu beruhigen. Die typische Macho-Vorgehensweise wäre, den Übeltäter in die Schranken zu weisen: „Legen Sie das Messer weg, sonst schieße ich! Sie haben keine Chance. Ich jage Ihnen eine Kugel in den Kopf“ – oder so ähnlich. Doch damit zwingen Sie Ihren Gesprächspartner mehr oder weniger zum Angriff; schließlich muss er ja seine Männlichkeit verteidigen, sein Gesicht wahren.
Viel klüger wäre es, sich in diesen Mann hineinzuversetzen und zu sagen: „Hallo, mein Freund, wie wäre es, wenn wir uns gegenseitig einen Gefallen tun? Sie wollen doch sicher nicht die Nacht auf der Polizeiwache zubringen, sich mit dem Essen begnügen, das wir Ihnen auftischen, und ohne Ihre Freundin auf einer unbequemen Pritsche schlafen. Und ich will nicht stundenlang am Computer sitzen, um diesen Fall zu dokumentieren. Wenn wir uns friedlich einigen, können Sie in aller Ruhe zu Hause mit Ihrer Freundin zu Abend essen und morgen früh im eigenen Bett aufwachen. Und ich kann mich wieder um meine Arbeit kümmern.“
Sie werden sehen, wie gut das funktioniert – wie der Störenfried dadurch plötzlich zum Verbündeten des Polizeibeamten wird, weil beide davon profitieren. Doch was ist da passiert? Der Polizist hat einen schwierigen Menschen zu freiwilliger Kooperation motiviert – und das ist das eigentliche Ziel des verbalen Judo. Wenn Sie einsehen, wie sich Ihre Beziehungen und Ihr Leben verbessern könnten, wenn Sie diese Fähigkeit erlernen, dann sind Sie ein motivierter Schüler, der das richtige Buch in die Hand genommen hat.
Ich habe eine ziemlich eigenartige Mischung aus physischen und mentalen Fähigkeiten erlernt. Ich bin ein Sportfanatiker in mittleren Jahren, der keine ganz leichte Vergangenheit hinter sich hat und Sie mühelos niederbrüllen und zu Boden ringen, die Situation aber ebenso gut mit einem Lächeln und ein paar gut gewählten Worten entschärfen könnte – also kein ganz typischer Doktor der englischen Literatur, nicht wahr?
Im Grunde bin ich auch nicht viel anders als Sie. Wenn ein Autofahrer mich schneidet, besteht mein erster Impuls darin, mich an ihm zu rächen. Wenn jemand mich anschreit, möchte ich ihm am liebsten den Kopf abreißen. Doch wie die meisten vernünftigen Menschen würde ich das hinterher wahrscheinlich bereuen. Ich habe einige Zeit gebraucht, um zu begreifen, dass man vielleicht nur dann zum Experten in der Kunst des verbalen Judo wird, wenn man es wirklich nötig hat. Und ich habe es nötig. Ich muss lachen, wenn ich daran denke, wie schnell ich auf dem Weg zum Flughafen (um einen meiner Kurse über richtige Reaktionen auf negative Situationen abzuhalten) einem anderen Verkehrsteilnehmer mit der Faust drohe oder den Mittelfinger zeige.
Nach wie vor bin ich der Meinung, dass ich gerade deshalb der richtige Mann für diese Aufgabe bin. Dank des Erfolgs meines Verbal Judo Institute kann ich mit Dankbarkeit – und nicht mit Reue – auf eine Jugend zurückblicken, die aus einem anderen Kind wahrscheinlich einen verbitterten Menschen gemacht hätte.
Ich kam als Kind eines Soldaten und seiner Frau zur Welt, deren Ehe bereits vor meinem dritten Geburtstag in die Brüche ging. Meine Mutter drückte einem Schlafwagenschaffner ein paar Dollar in die Hand, damit er während der Fahrt von Kalifornien zu meinen Großeltern in Ithaca (New York) auf mich aufpasste.
Ich weiß noch, dass ich als Kind ein ziemlicher Einzelgänger war und gern in Bergen und Schluchten herumkraxelte. Eines der prägendsten Erlebnisse meiner Kindheit bestand darin, dass ich mich einem alten Cherokee anschloss, der mir beibrachte, Spuren zu lesen. I.D. Swiftwater hatte das Gefühl, meinem Großvater etwas schuldig zu sein, weil dieser (ein Juraprofessor an der Cornell University) ihn als Student einmal kostenlos beraten und dadurch vor dem Verlust seines Grundstücks bewahrt hatte. Also nahm Swiftwater mich unter seine Fittiche, und ich hatte das seltene Privileg, bei einem Indianer in die Lehre zu gehen.
Obwohl ich im Haushalt eines Dozenten aufwuchs, der an einer Elitehochschule unterrichtete, und dementsprechend belesen war und auch lernte, richtig zu sprechen, war ich als Kind ziemlich verbittert. Damals war mir gar nicht bewusst, dass ich eine ganz besonders ausgewogene Ausbildung erhielt, da ich in der vornehmen Welt der gebildeten Oberschicht aufwuchs, meine Großeltern großen Wert auf meine schulische Ausbildung legten und ich mich gleichzeitig sehr für Sport interessierte. Ich fühlte mich von meiner Mutter abgelehnt und glaubte, meinen Großeltern nur eine Last zu sein. Schon vom Kindergarten an spiegelte sich in den Zeugnissen, die meine Lehrer und Erzieher mir ausstellten, der wahre George Thompson wider: ein Junge mit hitzigem Temperament, dem schnell die Sicherungen durchbrannten, der Probleme hatte, mit anderen zurechtzukommen, usw. usw. usw.
Zwei verschiedene Lebensphilosophien lagen in meinem Inneren im Widerstreit: „Lass dir von niemandem etwas gefallen“ und „Kümmere dich nur um deine eigenen Interessen“.
Ich hasste die Schule. Ich war immer ein schwieriger Schüler, fragte stets nach dem Warum und befolgte nie eine Anweisung, wenn man mir nicht den Grund dafür erklärte. Ich wollte aus jedem Streit, jeder Schlägerei, jedem Spiel als Sieger hervorgehen. In meinen Schulzeugnissen wimmelte es nur so von düsteren Prophezeiungen. Auf dem Gymnasium war ich ein Spitzensportler und All-American-Schwimmer; aber meine Schulbücher ließ ich meistens links liegen.
Im Herbst 1959, als ich in die Oberstufe kam, nahm meine Beratungslehrerin – eine ältere Dame, die schon alles Mögliche versucht hatte, um zu mir durchzudringen – mich beiseite. „Du magst ja ein As im Schwimmen sein“, sagte sie, „aber im Leben wirst du es nicht weit bringen. Kein College nimmt einen Studenten mit deinen Zensuren auf. Aus dir wird nie etwas.“
Mürrisch saß ich da und wartete auf ihren Vortrag, das Allheilmittel, den typischen Satz: „Du solltest lieber anfangen, dir ein bisschen Mühe zu geben, junger Mann!“ Aber der Satz kam nicht. Das war’s – mehr hatte meine Beratungslehrerin mir nicht zu sagen. Sie hatte ihr Urteil über mich gefällt. Meine Lehrer hatten alles versucht, um mich zur Vernunft zu bringen – ohne Erfolg. Ich war wertlos, aus mir würde nie etwas werden – also tschüss und viel Glück!
Diese Lehrerin ist inzwischen wahrscheinlich schon längst tot, also werde ich es nie erfahren; doch bis zum heutigen Tag frage ich mich, ob sie vielleicht tatsächlich so clever war zu wissen, dass meine einzige Chance darin bestand, mich auf diese Art und Weise herauszufordern. Wütend stürmte ich aus dem Klassenzimmer und war fest entschlossen, es ihr zu zeigen.
Und das habe ich dann auch getan.
Über Nacht wurde ich zum Einserschüler und bekam Zusagen von mehreren renommierten Colleges. Ich entschied mich für Colgate, wo ich Englisch als Hauptfach studierte. Zwar war ich immer noch ziemlich eigenwillig, lernte aber allmählich, meinen Zorn und meine Aggressivität in sozialverträglichere Bahnen zu lenken. Es machte mir Freude, zu lesen und zu lernen, nachzudenken, zu analysieren und zu diskutieren. Nach dem Examen wollte ich Lehrer werden. Als eine Stellung an der High School in Princeton (New Jersey) frei wurde, bewarb ich mich darum, ohne zu ahnen, worauf ich mich da einließ und wie diese Arbeit mein späteres Leben prägen würde.
Ich sollte Englisch und Lesen unterrichten. Unter anderem wurde mir auch eine Förderklasse zugewiesen. Niemand klärte mich darüber auf, dass die Schüler meinen Vorgänger zusammengeschlagen und blutend im Auto liegen gelassen hatten. Und ich erfuhr auch erst später, dass sie im Vorjahr eine Lehrerin an den Fußknöcheln aus einem Fenster im zweiten Stock herausgehängt hatten. Diese Klasse machte Hackfleisch aus ihren Lehrern.
Es waren Oberstufenschüler, von denen keiner den Ehrgeiz hatte, aufs College zu gehen. Ich dachte, dass diese Jungs sich vielleicht für Action-Geschichten aus dem wirklichen Leben interessieren würden; also drückte ich jedem von ihnen ein Exemplar des Buches God Is My Co-Pilot von Robert Lee Scott in die Hand, in dem es um Krieg und richtige Männer ging. Damals war es fünf nach acht Uhr morgens, und ich war noch nicht einmal 21 Jahre alt.
Eine Minute später stand ein bulliger farbiger Junge namens Pete auf und riss das Taschenbuch demonstrativ in der Mitte entzwei. „So’n Scheiß les’ ich nich’“, sagte er und ließ die Seiten zu Boden flattern. Die anderen Schüler folgten seinem Beispiel.
Was nun? Schließlich konnte ich nicht dreißig Schüler verprügeln, auch wenn ich es gern getan hätte. Und wenn ich sie zum Direktor schickte, würde ich mich von vornherein als Schlappschwanz und Denunziant disqualifizieren. Dieses Gerede über Motivation ist doch Quatsch, dachte ich. Ich hatte keine Ausbildung im Umgang mit Schülern, keine Ahnung, wie ich mich verhalten sollte. Trotzig starrten meine Schüler mich an, als wollten sie fragen: Na, was tust du jetzt?
In meiner Verzweiflung zeigte ich auf Pete, nannte ihn aber Jack. „Was machst du denn beruflich, Jack?“, fragte ich ihn.
Er starrte mich aus zusammengekniffenen Augen an. „Häh?“
„Womit verdienst du deinen Lebensunterhalt, dass du meinst, gut genug zu sein, um jemandes Buch zu zerreißen?“
„Mechaniker“, sagte er.
„Automechaniker?“, hakte ich nach.
Er nickte. „Der beste, den’s inner Stadt gibt.“
„Wirklich? Und wenn ich jetzt sagen würde, dass ich dir kein Wort glaube?“
„Was glauben Se nich’? Ich bin Mechaniker.“
„Ich meinte, ich glaube nicht, dass du der beste Mechaniker der Stadt bist.“