Täter auf der Schulbank
Veröffentlichungen des Bayerischen Polizeimuseums
Band 2
Herausgegeben von Ansgar Reiß
Täter auf der Schulbank
Die Offiziersausbildung der
Ordnungspolizei und der Holocaust
Tectum Verlag
Sven Deppisch
Täter auf der Schulbank. Die Offiziersausbildung der Ordnungspolizei
und der Holocaust
Veröffentlichungen des Bayerischen Polizeimuseums; Bd. 2
© Tectum – ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2017
Zugl. Diss. Ludwig-Maximilians-Universität München 2016
ISBN: 978-3-8288-6872-4
Umschlagabbildungen:
Hörsaal der Landpolizeischule Fürstenfeldbruck
BayHStA München, 4 H 1904.
Stempel der Polizei-Offizier- und Schutzpolizeischule Fürstenfeldbruck
BayHStA München, Polizeischule FFB 123.
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www.tectum-verlag.de
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
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im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1.Einleitung
1.1Dunkle Vergangenheit im Schatten – Die verspätete Auseinandersetzung mit der Rolle der Polizei im Nationalsozialismus
1.2Forschungsstand und Fragestellung
1.3Quellenlage und Methode
2.Die Geschichte der deutschen Polizei von der Weimarer Republik bis in die Nachkriegszeit
2.1Schlachtfeld Demokratie – Die Polizei in der Weimarer Republik
2.2Von Ordnungshütern zu Massenmördern – Die Polizei im NS-Staat
2.3Das Erbe des „Dritten Reichs“ – Die Polizei in der Nachkriegszeit
3.Die Offiziersausbildung der Weimarer Polizei 1918 bis 1935
3.1Die Anfänge des polizeilichen Ausbildungswesens in Preußen und Bayern
3.2Die Ausbildung von preußischen und bayerischen Polizeioffizieren
3.3Die Dominanz der Polizeitaktik im Weimarer Ausbildungswesen
3.4Das Ende des Weimarer Ausbildungssystems und sein Übergang zum NS-Staat
4.Die Ausbildung von Polizeioffizieren 1936 bis 1945: System – Orte – Vorschriften
4.1Das Hauptamt Ordnungspolizei und seine Rolle im Ausbildungssystem
4.2Das System der weltanschaulichen Schulung innerhalb der Ordnungspolizei
4.3Ausbildungsvorschriften für den polizeilichen Offiziersersatz des NS-Staats
4.4Die Offiziersschulen der Ordnungspolizei
4.4.1Die Polizei-Offizierschule Berlin-Köpenick
4.4.2Die Polizei-Offizier- und Schutzpolizeischule Fürstenfeldbruck
4.5Die Offiziersanwärterlehrgänge: Organisation – Aufbau – Ablauf
5.Die Offiziersausbildung der Ordnungspolizei 1936 bis 1945: Fächer – Inhalte – Resultate
5.1Der Fächerkanon in den Offiziersanwärterlehrgängen und seine Themen
5.1.1Die militärischen Fächer
5.1.1.1Die Formale Zugführerausbildung
5.1.1.2Die Polizeiverwendung/Polizeitaktik
5.1.1.3Das Nachrichtenwesen
5.1.1.4Das Waffenwesen/Pionierwesen
5.1.1.5Die Körperschulung und die Reitausbildung
5.1.1.6Der Luftschutz
5.1.2Die rechtlichen Fächer
5.1.2.1Das Strafrecht und das Strafprozessrecht
5.1.2.2Das Allgemeine Polizeirecht
5.1.2.3Das Besondere Polizeirecht
5.1.2.4Das Bürgerliche Recht, Verwaltungsrecht, Beamtenrecht
5.1.2.5Die SS- und Polizeigerichtsbarkeit
5.1.2.6Das Verkehrsrecht
5.1.3Die polizeidienstlichen Fächer
5.1.3.1Die Revierkunde
5.1.3.2Die Kriminalistik
5.1.3.3Das Kraftfahrwesen
5.1.3.4Das Haushalts- und Wirtschaftswesen
5.1.4Die politisch-weltanschaulichen Fächer
5.1.4.1Die Kriegsgeschichte
5.1.4.2Die Lebenskunde/Pflichtenlehre
5.1.4.3Die Unterrichtslehre
5.1.4.4Die weltanschauliche Schulung/Nationalsozialistische Lehre
5.1.5Sonstige Unterrichtsinhalte
5.1.6Schwerpunkte in der Offiziersausbildung der Ordnungspolizei
5.2Wunsch und Wirklichkeit? – Die Lehrgänge im Spiegel der Erfahrungsberichte
5.3Das Weiterbildungsprogramm für Offiziere der Ordnungspolizei
6.Lebens- und Themenwelten an der Polizeischule Fürstenfeldbruck
6.1Das Schulgebäude und sonstige Liegenschaften
6.2Jährliche Feierlichkeiten als Bühne der Lehranstalt
6.3Die Polizeischule als Machtfaktor in Fürstenfeldbruck
6.4Der Umgang mit dem Tod
6.5Die Polizeischule Fürstenfeldbruck im „Totalen Krieg“
6.6Zwischen Lebensretter und Totschläger – Mustergültiges und undiszipliniertes Verhalten
7.Akteure des „Täterorts“ – Das Personal der Polizeischule Fürstenfeldbruck
7.1Nicht nur Statistik – Vier Offiziersanwärterlehrgänge in Zahlen
7.2Die Mörder von der ersten Bank – Polizeischüler aus anderen Lehrgängen
7.3Leiter der „Kaderschmiede“ – Die Kommandeure
7.4Von der Tafel an den Tatort – Die Lehrer
8.Facetten der Polizeiausbildung in der Nachkriegszeit – Der Schwerpunkt Bayern
8.1Die Reorganisation des polizeilichen Ausbildungswesens nach 1945
8.2Die Kursinhalte an der Polizeischule Fürstenfeldbruck
8.3Die Staatsbürgerkunde und die Altlasten der Vergangenheit
8.4Das militärische Erbe der Nachkriegspolizei und sein Wandel
9.Vom „Bandenkampf“ zum Völkermord – Die Relevanz der Ausbildung für die berufliche Sozialisation der Polizeioffiziere
10.Training für den Holocaust – Zusammenfassung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Archivalien
Zeitungen und Zeitschriften
Internetseiten
Veröffentlichte Quellen, Editionen und zeitgenössische Publikationen
Literatur
Personenverzeichnis
Ortsverzeichnis
Vorwort
Die vorliegende Studie ist eine überarbeitete und erweiterte Fassung meiner Dissertation, mit der ich im Frühjahr 2016 an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München promoviert wurde. Es ist mir nicht möglich, all jene aufzuzählen, die dieses Werk ermöglichten. Leider kann ich nicht sämtliche Menschen namentlich erwähnen, die mich während meiner Recherchen berieten und unterstützten. Doch können sie gewiss sein, dass ich ihnen allen für ihre Hilfe sehr dankbar bin. Dennoch möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Einzelnen meinen Dank auszusprechen:
In erster Linie danke ich meinem Doktorvater Professor Dr. Thomas Raithel vom Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München. Er lieferte mir wichtige Impulse und Anregungen für mein Forschungsprojekt. Auch dem Leiter des IfZ, Professor Dr. Andreas Wirsching, bin ich zu Dank dafür verpflichtet, dass er das Zweitgutachten für meine Dissertation erstellte. Außerdem bedanke ich mich bei PD Dr. Christian Schwaabe, der meiner Bitte nachkam und die Aufgabe übernahm, mich in der Politischen Wissenschaft zu prüfen.
Ohne die Hilfe der Polizei wäre das vorliegende Werk nicht in dieser Form entstanden. Daher möchte ich vor allem dem ehemaligen Leiter der Polizeifachhochschule Fürstenfeldbruck, Hermann Vogelgsang, deren amtierenden Leiter, Ingbert Hoffmann, und ihrem Team danken. Namentlich erwähnt seien hier insbesondere Dr. Holger Nitsch, Fabian Weth, Jürgen Roese, Sven Herbst und Günter Scherer. Auch dem Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei in Bamberg, vor allem Dr. Albin Muff und Helmut Wolf, danke ich für ihre Unterstützung und ihr ausgeprägtes Interesse an meiner Arbeit. Ebenfalls dankbar bin ich Wolfgang Wenger, dem ehemaligen Pressesprecher des Polizeipräsidiums München.
Ferner bedanke ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der von mir aufgesuchten Archive, Fachbibliotheken und weiteren Anlaufstellen. Zu nennen sind hier unter anderem Dr. Christoph Bachmann und Robert Bierschneider (Staatsarchiv München), Gerhard Fürmetz (Bayerisches Hauptstaatsarchiv München), Dr. Martina Haggenmüller (Bayerisches Hauptstaatsarchiv München – Kriegsarchiv), Ines Matschke (Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde), Dr. Peter Gohle (Bundesarchiv Ludwigsburg), Ute Schumacher (Institut für Stadtgeschichte Frankfurt), Doris Kock (Deutsche Hochschule der Polizei in Münster-Hiltrup), Hans Peter Wollny (Deutsche Dienststelle (WASt)), Michael Volpert (Archiv des Erzbistums München und Freising), Amy Schmidt, Paul Brown und Eric van Slander (National Archives and Records Administration) sowie Vincent Slatt, Ron Coleman und Megan Lewis (United States Holocaust Memorial Museum). Ein besonderer Dank gilt außerdem Dr. Gerhard Neumeier vom Stadtarchiv Fürstenfeldbruck.
Ich danke auch dem Deutschen Historischen Institut (DHI) in Washington D. C. für ein Forschungsstipendium, das mir die Gelegenheit gab, im Frühjahr 2013 in den hiesigen Archiven forschen zu können. Ebenso will ich mich beim Graduate Center der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) dafür herzlich bedanken, dass es mir meine Arbeit in ihrer Endphase durch ein Abschlussstipendium sehr erleichterte.
Nicht zuletzt danke ich meinen Eltern dafür, dass sie mich über all die Jahre hinweg in jeder Hinsicht darin unterstützten, ermutigten und bestärkten, mein Forschungsvorhaben in die Tat umzusetzen.
Sven Deppisch München, Juli 2017
1.Einleitung
1.1Dunkle Vergangenheit im Schatten – Die verspätete Auseinandersetzung mit der Rolle der Polizei im Nationalsozialismus
„In fließendem Deutsch antwortet auf unsere Fragen der Judenälteste im Getto von Sm., einer einstmals mittleren Großstadt vor Moskau. Die Stadt selbst ist nicht mehr; sie wurde heftig umkämpft und hat daher schwer gelitten. In einem der wenigen noch einigermaßen bewohnbaren Stadtteile sind die Juden nun unter sich – im Getto. Besagter Judenältester hat einstmals Deutschland mit seiner Anwesenheit beglückt und ist dann nach den Frühlingsstürmen des Jahres 1933 ausgerückt in das wirkliche, gelobte Paradies. Er ist ein echter Jude: seine Klagen gelten nicht etwa der neuen Lage und den Deutschen, sondern seinen eigenen Rassegenossen, die er beschimpft und denunziert in der leicht erkennbaren Absicht, sich hieraus Vorteile zu verschaffen. Geradezu widerlich ist seine Lobhudelei auf das ‚gutte Deitschland’, so daß wir ihm verbieten müssen, unser Vaterland überhaupt mit seinem dreckigen Munde zu nennen. Nun ist diese Judenpracht vorbei – vorbei Freizügigkeit und Herrendünkel, bevorzugte Stellungen und Schmarotzertum. Sie wissen sehr wohl, was ihnen blüht, diese nur durch Ausrottung zu vertreibende Pest!“1
Dieses Zitat stammt nicht aus der Feder eines Kriegsberichterstatters des „Dritten Reichs“. Weder ein Mitglied der Waffen-SS noch ein Aufseher eines Konzentrationslagers (KZ) brachten diese Zeilen zu Papier. Hier schrieb auch kein führender Propagandist oder Ideologe des NS-Staats. Den Mitte Dezember 1941 veröffentlichten Text hatte Polizeioberleutnant Erich Bürkner verfasst, der überraschend ehrlich und deutlich darauf hinwies, dass die Judenvernichtung in dieser Phase des Ostkriegs in vollem Gange war. Er war ein Offizier der Ordnungspolizei, der sich wie viele seiner Kollegen im „auswärtigen Einsatz“ befand, von dem zahlreiche „Gesetzeshüter“ als Massenmörder zurückkehrten. Tausende Polizisten beteiligten sich während des Zweiten Weltkriegs maßgeblich an den Verbrechen der NS-Diktatur. Es waren deutsche Ordnungskräfte, die in den besetzten Gebieten Osteuropas agierten, an den Erschießungsgruben abertausende jüdische Opfer töteten und so ihren schrecklichen Beitrag zur Verfolgung und Vernichtung des europäischen Judentums leisteten. Daneben bildeten sie eine zentrale Säule der deutschen Besatzungspolitik und bereiteten einer Entwicklung den Weg, der über Ghettos und Deportationszüge letztlich in die Vernichtungslager führte. Ohne die Polizei wäre der Holocaust nicht möglich gewesen.
Diese Tatsache und das obige Zitat passen so gar nicht in das Bild, das die Deutschen von ihrer Polizei haben. In der Populärkultur erscheint der Polizist meist als „Freund und Helfer“ oder als heldenhafter Ermittler, der mit kriminalistischem Spürsinn und rechtsstaatlichem Idealismus für Gerechtigkeit und gegen Verbrecher kämpft. Kriminalromane und Fernsehsendungen verpassen der Ordnungsmacht ein glorifizierendes Image, an dem die Exekutive in ihrer eigenen Öffentlichkeitsarbeit anzuknüpfen versucht. Trotzdem werden Staatsdiener bei Demonstrationen regelmäßig durch Randalierer gezielt angefeindet oder sogar tätlich angegriffen, weil sie in ihnen vielmehr Vertreter eines brutalen Polizeistaats zu erkennen glauben. Obwohl sie durch das Fehlverhalten einzelner Beamter immer wieder am medialen Pranger steht, vertrauen die Bundesbürger dennoch keiner Institution so sehr wie der deutschen Polizei.2 Schließlich geht die breite Öffentlichkeit davon aus, dass Gesetzeshüter eher Verbrechen verhindern oder zumindest aufklären, anstatt selbst welche zu begehen.
Umso erstaunlicher ist es, dass die dunkle Vergangenheit der deutschen Ordnungsmacht nach Ende des Zweiten Weltkriegs viele Jahrzehnte lang nicht nur der Gesellschaft allgemein, sondern auch speziell der Forschung verborgen blieb. Allenfalls erschien die Polizei als Komparse der deutschen Geschichte, wie etwa während der Studentenunruhen der späten sechziger Jahre, bei der gescheiterten Geiselbefreiung im Rahmen des Olympia-Attentats in München 1972 oder im Kampf gegen die Rote Armee Fraktion (RAF) und weitere linke Terrorgruppen.3 Aber von solchen Ausnahmen einmal abgesehen, blickten deutsche Historiker lange Zeit kaum in das „Auge des Gesetzes“. Vor allem dessen Rolle im „Dritten Reich“ war über einige Dekaden hinweg kaum Gegenstand wissenschaftlicher Studien. Stattdessen ließen sich Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit von der Legende der „sauberen“ Polizei allzu leicht blenden, obwohl die NS-Diktatur schon frühzeitig gerne als „Polizeistaat“ bezeichnet wurde.4 Erst wenige Jahre vor Ende des vergangenen Jahrtausends löste sich diese Paradoxie auf, als die Forschung ganz allgemein die nationalsozialistischen Täter für sich entdeckte. Das war aber großteils einem wachsenden Interesse an der Geschichte der deutschen Polizei zu verdanken. Nun offenbarte sich, dass sich die Polizeigeschichts- und die Täterforschung nicht nur ergänzten, sondern auch eine Entwicklung vollzogen hatten, die zuweilen parallel verlaufen war.5
In den ersten Nachkriegsjahren machte die deutsche Gesellschaft vor allem Adolf Hitler und seine Führungsriege, aber auch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) und die Schutzstaffel (SS) exklusiv für die Verbrechen des NS-Regimes verantwortlich. Im Nürnberger Prozess hatten die alliierten Richter nicht nur ranghohe Funktionäre des „Tausendjährigen Reiches“ zu langjährigen Haftstrafen oder gar zum Tode verurteilt, sondern auch beide Institutionen der Gewalt zu verbrecherischen Organisationen erklärt. Das bot den Deutschen eine willkommene Gelegenheit, ausschließlich die politische Elite des NS-Staats und ihre Handlanger für den Holocaust und andere Massenverbrechen verantwortlich zu machen. Nun verbreitete sich die Ansicht, die Deutschen seien von regelrecht übermenschlichen Dämonen verführt und ins Verderben gebracht worden, ohne dass sie etwas gegen die diabolischen Kräfte hätten ausrichten können.6 Hitler und seine Entourage wie auch Heinrich Himmlers Geheimpolizei und dessen Weltanschauungstruppe fungierten als Stellplätze der Schuld, auf denen die Deutschen ihren moralischen Ballast abladen konnten. Sie trösteten sich nur allzu bereitwillig mit der vermeintlichen Tatsache, dass das Zusammenspiel von diabolischer NS-Führung, SS und politischer Polizei jedwede Opposition absolut unmöglich gemacht habe. Während sich die breite Öffentlichkeit so der eigenen Verantwortung entzog, machten sich Einzelne an eine frühe Typologie der NS-Verbrecher. Als einer der ersten versuchte der Soziologe Eugen Kogon in seinem 1946 erschienenen Werk „Der SS-Staat“, die Täter der SS, aber auch der Gestapo zu analysieren, nachdem die Nationalsozialisten ihn mehrere Jahre lang im KZ Buchenwald terrorisiert hatten. Er beschrieb seine Peiniger als gescheiterte Existenzen, die geistig, kulturell und sozial deklassiert und gerade deswegen barbarisch sowie brutal gegenüber ihren Opfern gewesen seien.7 Indes arbeiteten ehemalige Staatsdiener des „Dritten Reichs“ daran, ihre Vergangenheit rein zu waschen und die Legende von der „sauberen“ Polizei in Umlauf zu bringen. Denn während Gestapo und SS aus dem Nürnberger Prozess als Inkarnation des Bösen hervorgegangen waren, hatten Kriminal- und Ordnungspolizei in Nürnberg noch nicht einmal auf der Anklagebank gesessen, obwohl die Alliierten sehr wohl über deren Verbrechen informiert gewesen waren.8
Stattdessen nutzten Funktionäre des nationalsozialistischen Polizeistaats das Gerichtsverfahren als Kulisse, um der Welt eine alternative Version der Wahrheit zu präsentieren. „Der Gedanke an eine Vernichtung bestimmter Bevoelkerungsteile ist uns Offizieren der Ordnungspolizei nie gekommen und nie gesagt worden“, wie der ehemalige SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei, Adolf von Bomhard, 1946 in einer eidesstattlichen Versicherung erklärte.9 Die uniformierten Staatsdiener seien lediglich mit dem Katastrophenschutz in der Heimat, militärischen Kampfeinsätzen an der Front oder der „Aufrechterhaltung der oeffentlichen Ordnung und Sicherheit“ in den besetzten Gebieten betraut gewesen.10 Allenfalls habe die Polizei ab und an „im Rahmen der Amtshilfe“ Deportationszüge begleitet.11 Auch die frühesten Werke zur Polizei des NS-Staats konstruierten ganz in diesem Stil eine eigenwillige Version der jüngsten Geschichte. Der frühere Generalleutnant der Ordnungspolizei Paul Riege meinte z. B. in seinem Machwerk „Kleine Polizei-Geschichte“ aus dem Jahre 1954, dass innerhalb der uniformierten Staatsmacht ein regelrechter Widerstand gegen Himmlers Politik geherrscht habe.12 Der „Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei“ (RFSSuChdDtPol) habe es, Riege zufolge, nicht verstanden, „die deutsche Ordnungspolizei zu einem willfährigen Instrument seiner Machtbestrebungen zu machen“.13 Ferner schrieb der ehemalige Generalleutnant und Befehlshaber der Ordnungspolizei im Reichskommissariat Niederlande, Dr. Heinrich Lankenau, im Jahre 1957, dass die zentrale Aufgabe der Polizei während des Zweiten Weltkriegs lediglich im Luftschutz gelegen habe.14
Selbst die ersten Versuche, die Vergangenheit der uniformierten Polizei wissenschaftlich seriös aufzuarbeiten, waren nicht immun gegen diese Geschichtsklitterung. So erwähnt etwa das 1957 erschienene Standardwerk des Bundesarchivs „Zur Geschichte der Ordnungspolizei“ von Hans-Joachim Neufeldt, Jürgen Huck und Georg Tessin die Untaten der Staatsdiener in grüner Uniform mit keiner Silbe. Dieses Defizit hatte nicht zuletzt darin seinen Ursprung, dass das Bundesarchiv etwa Adolf von Bomhard als fachkundigen Berater zum Thema zu Rate gezogen und seine „Expertise“ eingeholt hatte.15 Mit einer objektiven Suche nach dem tatsächlichen Wirken der Ordnungsmacht in den besetzten Gebieten hatte das herzlich wenig gemein. Andere Studien dieser Zeit erkannten zwar ebenfalls nicht, wie sehr die Polizei wirklich im Holocaust involviert war. Doch sie deuteten bereits in die richtige Richtung. So kam Ermenhild Neusüß-Hunkel in ihrer frühen Studie zur SS aus dem Jahre 1956 zu dem Schluss, dass das Personal der judenmordenden Einsatzgruppen zu einem hohen Anteil aus Ordnungspolizisten bestanden habe.16 Da aber weder sie noch andere Forscher diesen Ansatz weiter verfolgten und es versäumten, die Rolle der Polizei kritisch zu hinterfragen, blieb das Lügengebilde der polizeilichen Apologeten in den Folgejahren weiterhin intakt.
An der Langlebigkeit dieser Geschichtsmythen änderte sich kaum etwas, als Ende der fünfziger Jahre die Verbrechen einzelner Polizeieinheiten durch bundesdeutsche Strafprozesse in den Fokus der Öffentlichkeit rückten. Mit dem Ulmer Einsatzgruppenprozess des Jahres 1958 richtete sich die mediale Aufmerksamkeit erstmals auf die polizeilichen Täter, ohne deren Funktion und Tätigkeit im NS-Staat generell zu durchleuchten. Als im gleichen Jahr die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg ihre Arbeit aufnahm und seither auch gegen NS-Gewaltverbrecher aus den Reihen der Polizei ermittelte, fingen große Teile der Gesellschaft an, sich für das „Dritte Reich“ zu interessieren. Weitere Gerichtsverfahren in den sechziger Jahren, wie etwa der Prozess gegen Adolf Eichmann in Jerusalem 1961 oder der Frankfurter Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1966, verstärkten noch diese aufkeimende Wissbegierde.17 Dabei führten diese Rechtsfälle zu einem neuen Bild von den NS-Tätern, das die Öffentlichkeit allmählich von den angeblich diabolischen Monstern abbrachte.
Insbesondere die Philosophin Hannah Arendt war dafür verantwortlich, die in Eichmann den „neuen Typus des Verwaltungsmörders“ zu erkennen glaubte.18 Dieser pedantische Bürokrat entstammte nicht mehr einer teuflischen Parallelwelt, sondern war in der Realität deutscher Amtsstuben zu verorten. Ihn trieben weder Antisemitismus noch Rassenhass an, sondern vielmehr absoluter Gehorsam und egoistisches Karrierestreben. Rasch eroberten Arendts Diktum von der „Banalität des Bösen“ und der Topos des „Schreibtischtäters“ die mediale wie auch die wissenschaftliche Debatte.19 Mehr noch entstand daraus das Konstrukt einer „Vernichtungsmaschinerie“ als Deutungsmuster dafür, warum NS-Herrschaft und Judenmord eine so ungeheure Eigendynamik entfalten konnten.20 In einem solch technokratischen System hätten mediokre Akteure als kleine Zahnrädchen in einem gewaltigen Apparat fungiert, was unter der Führung einzelner Machthaber zwangsläufig zu einem bürokratisch geplanten und fabrikmäßig durchgeführten Massenmord geführt habe. Anstatt sich also mit den eigentlichen Tätern zu befassen, suchten Wissenschaftler die Schuld in einer pervertierten Moderne.21 Holocaustforscher der ersten Stunde wie Raul Hilberg oder Gerald Reitlinger wandelten auf diesem Pfad, wobei sie den einzelnen Menschen fast aus den Augen verloren. Obwohl sie in ihren Werken durchaus darstellten, dass sich auch die uniformierte Staatsgewalt an der Shoah beteiligt hatte, wirkten derlei Hinweise wie Randnotizen – so als hätte es sich bei den Verbrechen der Ordnungspolizei um einzelne Entgleisungen gehandelt.22
Weiterhin waren Wissenschaft und Öffentlichkeit in dieser Phase wenig daran interessiert, das gängige Bild zu hinterfragen, das seit 1945 von der Polizei des NS-Staats existierte. Sofern sich Historiker und Laienforscher überhaupt mit der Vergangenheit der deutschen Ordnungsmacht auseinandersetzten, konzentrierten sie sich hauptsächlich auf die Zeit vor der „Machtergreifung“ oder nach dem Zusammenbruch des „Tausendjährigen Reiches“. Die Geschichtswissenschaft überließ dieses Feld seinerzeit aber noch einem Autorenkreis, der sich vorwiegend aus aktiven oder ehemaligen Polizeibeamten zusammensetzte. Diese neigten in ihren eher populärwissenschaftlichen Arbeiten dazu, ein allzu romantisierendes Bild von der Polizeiarbeit und der staatlichen Institution selbst zu zeichnen.23 Je nachdem wie ihre Werke thematisch ausgerichtet waren, konnten sie die NS-Zeit aber nicht vollständig umschiffen. Während sich die polizeilichen Literaten weitestgehend darüber ausschwiegen, welche Rolle die deutsche Polizei beim Judenmord gespielt hatte, erwähnten sie jedoch wie selbstverständlich, dass sie während des Zweiten Weltkriegs zur „Partisanenbekämpfung“ eingesetzt gewesen war.24 Dadurch wahrten sie den Schein und konnten die Ordnungsmacht weiterhin als harmlosen „Freund und Helfer“ inszenieren. Daran änderte sich auch nichts, als politisch motivierte Publikationen aus der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an diesem Image zu kratzen versuchten. Zu ihnen zählte vor allem ein 1965 erschienenes „Braunbuch“, das hunderte belastete Personen aufführt, die in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) bedeutende Positionen bekleideten, obwohl sie durch ihre Tätigkeit im „Dritten Reich“ deutlich belastet waren.25 Der „Klassenfeind“ zeigte sich aber immun gegen diese Form der antifaschistischen Propaganda. Eine seriöse polizeigeschichtliche Täterforschung lag seinerzeit also noch immer in weiter Ferne.
Zu den ersten Impulsgebern, die das ändern wollten, gehörte das Institut für Zeitgeschichte (IfZ). In dessen Gutachten zum Frankfurter Auschwitzprozess aus dem Jahre 1964 machte insbesondere Hans Buchheim deutlich, dass die Ordnungsmacht im „Dritten Reich“ eng mit der SS verbunden gewesen war. Dabei konzentrierte er sich zwar im Wesentlichen auf die Gestapo, versuchte sich jedoch erstmals daran, die Struktur des NS-Polizeistaats und seiner Organe nachzuzeichnen.26 In den sechziger Jahren befassten sich weitere Mitarbeiter der Münchner Forschungsanstalt ebenfalls mit Himmlers Polizei und gingen dabei etwa der Frage nach, welche Rolle sie in den besetzten Gebieten gespielt hatte. Dass sie deutlich stärker als bisher angenommen aktiv am Judenmord in Polen beteiligt gewesen war, zeigte z. B. ein Gutachten von Martin Broszat und Werner Präg aus dem Jahre 1967.27
Solche Vorstöße inspirierten in den nächsten Jahren weitere Forscher, am gängigen Image der uniformierten „Saubermänner“ zu kratzen. Trotzdem fanden sich auch in den sechziger und siebziger Jahren nur wenige Abhandlungen zu diesem Themenkomplex. In dieser Phase konzentrierte sich die Geschichtswissenschaft abseits der großen Funktionäre insbesondere auf die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei (Sipo) und des Sicherheitsdienstes der SS (SD). Derlei Studien konnten sich jedoch nicht davon lösen, eine Analyse dieser Einheiten und Organisationen stets eng an die Führungsfiguren des NS-Regimes zu knüpfen und deren Machtspielräume in den Vordergrund zu stellen.28 Selbst im Standardwerk von Helmut Krausnick und Hans-Heinrich Wilhelm über „Die Truppe des Weltanschauungskrieges“ verkamen die ausführenden Organe überwiegend zu einem anonymen Kollektiv, ohne dass die Autoren dessen subalterne Angehörigen bis auf wenige kollektivbiographische Angaben eingehender analysierten.29
Obwohl sie durchaus medial rezipiert wurden, führten solche Studien noch nicht dazu, dass Wissenschaft und Öffentlichkeit umdachten und erkannten, welches Potential und welche Sprengkraft in diesem Thema steckten. Die Geschichtsforschung verhedderte sich stattdessen in einen Streit zwischen Intentionalisten und Funktionalisten. Erstere waren davon überzeugt, dass der Antisemit Hitler als mächtiger Diktator seit vielen Jahren einen Plan gehegt hatte, die europäischen Juden auszurotten, was er letztlich auch in die Tat hatte umsetzen lassen. Dagegen wendeten letztere ein, dass der Holocaust kein von langer Hand geplantes Vorhaben gewesen war. Bei ihm hatte es sich ihnen zufolge um das Ergebnis unzähliger Kompetenzstreitigkeiten gehandelt, in denen sich untergeordnete Funktionäre mit ihren antijüdischen Maßnahmen bis hin zum Völkermord gegenseitig zu übertreffen versucht hatten. Während seinerzeit beide Parteien nicht erkannten, dass sich ihre Positionen keineswegs ausschließen, sondern vielmehr ergänzen, konnte sich diese Erkenntnis in der heutigen Fachwelt längst durchsetzen.30
Seit der zweiten Hälfte der siebziger Jahre wuchs daneben das akademische Interesse an einer allgemeinen Geschichte der deutschen Polizei. Die Forschung hatte bis dahin die uniformierte Exekutivgewalt vergangener Jahrhunderte vorwiegend aus einer rechts- und verwaltungswissenschaftlichen Perspektive betrachtet oder sich auf ihre institutionelle Organisation konzentriert. Nun fingen Historiker an, sich jenseits dieser disziplinären Grenzen zu bewegen.31 Dennoch wagten sich seinerzeit nur wenige Wissenschaftler über das 19. Jahrhundert hinaus, wodurch die zeitgeschichtliche Rolle der Polizei weiterhin kaum thematisiert wurde.32 Einzelne Autoren wurden erst in den achtziger Jahren auf die Polizei des „Dritten Reichs“ aufmerksam – also in jenem Jahrzehnt, in dem die letzten Beamten in Pension gingen, die bereits im NS-Staat ihren Dienst verrichtet hatten. Dieser Generationswechsel war auch ein Grund dafür, dass innerhalb der bundesdeutschen Ordnungsmacht allmählich ein Umdenken einsetzte. Denn in dieser Phase veröffentlichten historisch interessierte Polizisten verschiedene Werke, in denen sie sich zumindest graduell der nationalsozialistischen Staatsgewalt und ihren Verbrechen annäherten.33 In erster Linie waren es jedoch Historiker, die dieses bisher vernachlässigte Thema aufgriffen und eingehender behandelten.
Ruth Bettina Birn etwa untersuchte in ihrer Studie aus dem Jahre 1986 „Die Höheren SS- und Polizeiführer“, die dem obersten Polizeichef Himmler direkt unterstellt waren und die Vernichtungsaktionen der Polizeieinheiten koordiniert hatten. Diese wichtigen Repräsentanten des NS-Polizeiapparats charakterisierte sie als linientreue und energische Ideologen, die sich bedingungslos loyal dem Willen des Reichsführers-SS unterwerfen mussten.34 Die meist älteren Offiziere der SS und Polizei seien großteils bereits im Ersten Weltkrieg an der Front gewesen und grundsätzlich stark militärisch sozialisiert worden. Eine Vielzahl von ihnen habe einen sozialen Abstieg erfahren, weil ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten und ihre Bildungschancen durch Krieg und Nachkriegszeit deutlich gelitten hätten. Dies habe sich laut Birn im SS-Staat jedoch geändert. Denn wer mit der Tugendlehre und der Ideologie Himmlers übereingestimmt, sich daneben durch Leistungswillen und tatkräftigen Einsatz für das NS-Regime verdient gemacht habe, habe im Imperium des Reichsführers-SS aufsteigen und eine enorme Machtfülle entfalten können. Wenngleich Birn in ihrer Kollektivbiographie versuchte, den Menschen hinter den Höheren SS- und Polizeiführern zum Vorschein zu bringen, blieben diese mächtigen Akteure in ihrer Schrift dennoch Marionetten Himmlers, die sich nur schwer seinem Einfluss entziehen konnten.35
Auch andere Autoren fingen an, das gängige Bild von den angeblich unbescholtenen Staatsbürgern in Uniform zu hinterfragen. Zu ihren Werken zählt etwa das Buch „Parteisoldaten“, in dem sich Helmut Fangmann, Udo Reifner und Norbert Steinborn mit der Hamburger Polizei im NS-Staat auseinandersetzten, wobei sie erstmals auch das Wirken der Polizeibataillone näher thematisierten.36 Diese hätten vor allem die besetzten Gebiete gesichert und seien im „Bandenkampf“ zum Einsatz gekommen, unter dessen Deckmantel es aber auch zu Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung gekommen sei.37 Hinsichtlich des Judenmords verwies das Autorentrio jedoch lediglich auf die Einsatzgruppen, in denen in erheblichem Umfang auch Ordnungspolizisten tätig gewesen seien, oder auf einzelne Fallbeispiele von Hamburger Polizeieinheiten.38 Aus dieser Studie wie auch aus weiteren seinerzeit veröffentlichten Werken konnte der Leser lediglich schließen, dass auch „Gesetzeshüter“ abscheuliche Verbrechen begangen hatten.39 Der eigentliche Anteil von Schutzpolizei und Gendarmerie am Holocaust blieb weiterhin im Dunkeln.
Diesen Aspekt erhellte hingegen Heiner Lichtenstein in seinem 1990 erschienenen Buch „Himmlers grüne Helfer“. Auf Grundlage einiger Gerichtsverfahren gegen Polizeieinheiten und ihre Angehörigen, denen er als Reporter beigewohnt hatte, veranschaulichte er, wie die Ordnungspolizei vor allem in den Ostgebieten gemordet hatte und wie die Täter nach Kriegsende problemlos wieder in den bundesdeutschen Beamtenapparat gelangt waren. Zwar verfolgte Lichtenstein nicht den Anspruch, die Motive der Mörder zu ergründen oder gar psychologische Profile zu erstellen. Aber indem er eine Reihe von Einzelfällen schilderte, brachte er stärker als bisher jene Legende ins Wanken, die der Polizei des totalitären Systems stets ihre „Sauberkeit“ attestiert hatte.40
Zu ihrem Sturz kam es jedoch erst zu Beginn der neunziger Jahre durch Impulse von „außen“. Denn in der Wendezeit entstand eine Reihe von Werken, die sich verstärkt den Tätern am Ende und in der Mitte der Karriereleiter zuwendeten und gezielter nach deren Motiven fragten. Arbeiten ausländischer Wissenschaftler stellten viele althergebrachte Paradigmen auf den Prüfstand, die daraufhin einer Revision bedurften. So rüttelte etwa der kanadische Historiker Robert Gellately am sogenannten Gestapo-Mythos. In seinen Studien zur Geheimen Staatspolizei konnte er nachweisen, dass sie keineswegs allgegenwärtig und allmächtig gewesen war, wie die deutsche Nachkriegsgesellschaft landläufig behauptet hatte. Stattdessen zeichnete er das Bild einer Politischen Polizei, die weder personell noch technisch dazu in der Lage gewesen war, die gesamte Bevölkerung des NS-Staats flächendeckend und umfassend zu überwachen. Vielmehr offenbarte sich, dass es der Gestapo erst durch die Mithilfe von willfährigen Denunzianten gelungen war, ihren Terror gegen unliebsame „Gemeinschaftsfremde“ und aufsässige „Volksgenossen“ zu entfalten.41
Weitere Studien wie etwa von Gisela Diewald-Kerkmann oder Eric A. Johnson bestätigten dies. Sie zeigten aber gleichzeitig, dass die Dimensionen des deutschen Denunziantentums auch nicht überschätzt werden dürfen.42 Dennoch führten solche Denkanstöße dazu, dass einerseits die Rolle der Gesellschaft im Nationalsozialismus stärker ins Blickfeld der Wissenschaftler geriet und andererseits ein regelrechter Boom der Gestapo-Forschung einsetzte. Obwohl auf diesem Wege die bislang mystifizierte Geheimpolizei wieder ins Zentrum gelangte, befreite der Forschungstrend sie allmählich von der Aura des omnipotent Bösen. Die in der Folgezeit entstandenen Studien stellten sie stattdessen als eine Exekutive dar, die aus menschlichen Wesen bestand, die zwar meist opportunistisch und bis zum äußersten auf den eigenen Vorteil bedacht waren und die Chancen zu nutzen wussten, die ihnen das Regime bot. Jedoch hätten sich ihre Beamten nicht wesentlich vom Rest der Bevölkerung unterschieden, was ihre Verbrechen noch schlimmer erscheinen ließ.43
Nicht nur die längst verrufenen Akteure standen nun stärker im Vordergrund, sondern auch jene, die sich bislang im toten Winkel der Forschung befunden hatten. Der deutsch-australische Historiker Konrad Kwiet untersuchte in seinem Aufsatz „Auftakt zum Holocaust“ im Jahre 1993 das Kriegstagebuch des Polizeibataillons 322 und stellte so exemplarisch das mörderische Treiben der Ordnungspolizei in Osteuropa nach. Dadurch befasste sich erstmals ein Wissenschaftler mit dieser Institution der Gewalt, von der die deutsche Historikerzunft bis dahin kaum Notiz genommen hatte. Darüber hinaus offenbarte er dem Leser, dass auch weitere Einheiten der uniformierten Polizei ähnlich tief in den Judenmord verstrickt gewesen waren, so dass nicht davon ausgegangen werden konnte, es handle sich bei dem untersuchten Polizeiverband um eine bedauernswerte Ausnahme.44
Zum Durchbruch der polizeigeschichtlichen Täterforschung verhalfen aber die Arbeiten zweier Amerikaner: Der Holocaustforscher Christopher R. Browning befasste sich in seinem 1993 erschienenen Buch „Ganz normale Männer“ eingehend mit dem Hamburger Reserve-Polizeibataillon 101, das während des Zweiten Weltkriegs insbesondere in Polen zehntausende Juden systematisch umgebracht hatte. Er kam zu dem Schluss, dass diese Ordnungspolizisten „gewöhnliche“ Männer gewesen seien, die aufgrund von situativen Faktoren ihre Verbrechen begangen hätten. Gruppen- und Anpassungsdruck sowie Sozialdynamik und Verrohung, die innerhalb des Verbandes geherrscht hätten, seien für die Polizisten wesentlich einflussreicher gewesen als Rassenhass und Antisemitismus. Ideologische Schulung und nationalsozialistische Verhetzung traten bei Browning in den Hintergrund, weil sie seiner Ansicht nach keine große Wirkung entfaltet hatten.45
In diesem Punkt stimmte der amerikanische Soziologe Daniel Jonah Goldhagen überein, der sich mit derselben Polizeieinheit beschäftigt hatte. In seinem 1996 erschienenen Werk „Hitlers willige Vollstrecker“ bezweifelte er ebenfalls, dass die NS-Ideologie und eine entsprechende Indoktrination besonders wirkungsmächtig gewesen seien. Allerdings schlussfolgerte er, dass die Reservepolizisten vielmehr „ganz gewöhnliche Deutsche“ gewesen seien, die ihre jüdischen Opfer nur deshalb umgebracht hatten, weil die Täter das einfach schon lange gewollt hätten. Goldhagen zufolge sei die gesamte deutsche Gesellschaft bereits lange vor Hitlers Machtübernahme von einem „eliminatorischen Antisemitismus“ durchdrungen gewesen, der auf nichts Geringeres als die Vernichtung des Judentums abgezielt habe.46 Diese spezielle Variante der These vom deutschen Sonderweg stieß bei deutschen Forschern auf herbe Kritik, weil Goldhagen in seiner Arbeit sehr selektiv argumentierte und seine Ergebnisse pauschal auf ein ganzes Volk übertrug. Sein Buch war hingegen bei einer großen Leserschaft enorm beliebt. Denn ihm kommt unzweifelhaft das Verdienst zu, den Giftschrank geöffnet und den Tätern endlich ein Gesicht gegeben zu haben.47 Mit Browning und Goldhagen verließ der Leser erstmals die behagliche Amtsstube des Schreibtischtäters und trat an die Erschießungsgruben heran. Damit verfolgte er nun die Tötungspraxis hautnah und ungeschönt, ohne sich hinter einer ominösen Mordmaschinerie verstecken zu können. Jene Männer, die unmittelbar für das Leid ihrer Opfer verantwortlich waren, erhielten einen Namen. Sie waren nicht mehr die pathologisch brutalen SS-Schergen vergangener Zeiten, sondern erschienen als Polizeibeamte viel wirklicher.
Was als Debatte zwischen zwei Forschern begonnen hatte, schlug in eine große wissenschaftliche Kontroverse um, die schnell eine breite Öffentlichkeit erreichte. Das begünstigte der Umstand, dass sich Mitte der neunziger Jahre das Interesse von Hitlers mächtigen Führungsfiguren auf die subalternen Täter verlagerte, die geradezu aus der Nachbarschaft oder gar der eigenen Familie stammen könnten. Auch die „Wehrmachtsausstellung“ konfrontierte die Deutschen in dieser Phase damit, dass die Massenverbrechen des NS-Regimes nicht nur von einer kleinen Gruppe von politischen Funktionären geplant, sondern auch von vielen Helfershelfern aus dem einfachen Volk begangen worden waren.48 Auf diesem Nährboden gedieh ein neuer Bereich der Geschichtswissenschaft, der jedoch nicht auf diese beschränkt blieb: Die „Neuere Täterforschung“ bezog wesentlich stärker als bisher die Erkenntnisse und Methoden aus anderen Disziplinen ein.49 Anleihen machte eine neue Generation von Forschern insbesondere bei der Soziologie oder der Sozialpsychologie. Dazu trug vor allem das Milgram-Experiment zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität oder auch das Stanford-Prison-Experiment von Philip Zimbardo bei, in dem der Psychologe 1971 die Sozialdynamik innerhalb eines Gefängnisses simuliert hatte.50 Die Diskussion um die „normalen“ Täter inspirierte auch Sozialwissenschaftler wie etwa Harald Welzer, Christoph Schneider und Rolf Pohl zu eigenen Untersuchungen. Sie befassten sich ebenfalls mit den Angehörigen von Polizeibataillonen, wichen aber großteils von Brownings und Goldhagens Interpretationen ab und stellten auch deren Normalitätsbegriff grundsätzlich infrage.51 So fruchtbar diese Impulse für die Täterforschung wahrhaftig waren, kam es bislang jedoch nur ansatzweise zu einer interdisziplinären Zusammenarbeit.52
Die eigentlichen Nutznießer dieser Entwicklungen waren aber andere: Von den jüngsten Debatten profitierten all jene Wissenschaftler, die zwar noch nicht offiziell vom Forschungsfeld der „Polizeigeschichte“ sprachen, aber mit ihren Studien den Grundstein dafür legten, dass sich diese Disziplin allmählich formieren konnte. Es waren vor allem jene Historiker, die in dieser Phase bereits an verwandten Themen arbeiteten oder diese seinerzeit für sich entdeckten. Während die Goldhagen-Debatte in vollem Gange war, veröffentlichte Ulrich Herbert im Jahre 1996 seine Biographie über Dr. Werner Best, der rechten Hand von SD-Chef Reinhard Heydrich. Den Gestapo-Theoretiker und Reichsbevollmächtigten von Dänemark charakterisierte er als Vertreter einer Akademikerkaste, die einer besonderen Generation angehört habe, die von völkisch-nationalistischen und antisemitischen Ideen angezogen worden sei und zu einer kühlen Sachlichkeit geneigt habe. Herbert argumentierte auf Ebene deren Sozialisation. Dabei hob er spezifisch generationelle Prägungen hervor, die juristisch versierte Rationalisten aus der Mitte der Gesellschaft zu idealen Vollstreckern von Diktatur und Völkermord hätten werden lassen.53
An seine Studie knüpften Jens Banach und Michael Wildt an, die mit ihren strukturgeschichtlichen Analysen zum Führungskader von Sicherheitspolizei und SD diesen Ansatz auf breiterer Basis vertieften und Herberts Ergebnisse weitgehend bestätigten. Sie zeigen deutlich, dass einige bürokratisch-intellektuelle Planer aus dem Vernichtungskrieg als brutale Mörder hervorgingen.54 In eine ähnliche Richtung weisen auch die Werke von Patrick Wagner über die Kriminalpolizei in der NS-Diktatur, die zwar ebenfalls Teil der Sicherheitspolizei, nicht jedoch Gegenstand bisheriger Forschungen war. Dadurch verloren auch die Kriminalisten des „Dritten Reichs“ ihren zuvor unangetasteten Nimbus.55 „Vom Fußvolk der ‚Endlösung’“ entfernte ihn hingegen Klaus-Michael Mallmann 1997 in seinem gleichnamigen Aufsatz, in dem er die Ordnungspolizei als gesamte Institution und nicht nur einzelne Einheiten ins Zentrum rückte. Darin widmete er sich dem „auswärtigen Einsatz“ der Polizeibataillone in Osteuropa, ihren Verbrechen wie auch ihren Angehörigen und deren Tatmotiven.56
Eine erste Überblicksdarstellung über „Die Polizei im NS-Staat“ legte Friedrich Wilhelm im gleichen Jahr vor.57 Darin konzentrierte er sich vor allem auf die Frage, wie sich die Organisation der Staatsmacht im Übergang von der Weimarer Republik zum „Dritten Reich“ und besonders nach Himmlers Aufstieg zum obersten Polizeichef strukturell und funktionell verändert hatte. Unter dem Eindruck der vorangegangenen Debatten um Brownings und Goldhagens Werke thematisierte er in seiner Studie auch, wie insbesondere Sicherheitspolizei und SD, aber auch die Ordnungspolizei an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligt gewesen waren. Der ehemalige „Truppenarzt an der Ost- und Westfront“58 hatte die Zeichen der Zeit erkannt. Er wies Himmlers Polizei nun als Institution aus, von der zahlreiche Gräueltaten ausgegangen waren. Schon zuvor hatte er sich mit den „Gesetzeshütern“ des NS-Staats befasst. In seiner Dissertation aus dem Jahre 1989 hatte Wilhelm bereits „Die württembergische Polizei im Dritten Reich“ analysiert. Dabei hatte er auch versucht, ihren Beamtenapparat prosopographisch zu fassen. Anstatt jedoch einzelne „Ordnungshüter“ und deren Verbrechen genauer zu durchleuchten, hatte er sich darauf beschränkt, die polizeiliche Personalpolitik der Nationalsozialisten allgemein zu skizzieren. So resümierte er seinerzeit, dass sich ein Großteil der württembergischen Verwaltungs- und Oberbeamten bemüht habe, „sich in seiner Amtsführung nach Möglichkeit nicht der für den totalitären Staat typischen Methoden bedienen zu müssen“.59 Eine solch eigenwillige Interpretation trat bereits vor der Jahrtausendwende immer mehr in den Hintergrund.
In den 2000er Jahren etablierte sich eine Sektion innerhalb der Geschichtswissenschaft, die sich wie ganz selbstverständlich auf die NS-Verbrecher in der Polizei konzentriert. Sie weist zunehmend auf den arbeitsteiligen Charakter der deutschen Besatzungsherrschaft hin, die auf einer Vielzahl unterschiedlicher Akteursgruppen fußte. Nicht nur Polizisten und SS-Männer, sondern auch Angehörige der Wehrmacht und der Zivilverwaltung sowie einheimische Kollaborateure kooperierten bei ihren Verbrechen miteinander. Gleichzeitig entwickelten sie dabei einen großen Eifer, um sich möglichst aus dem Ämter- und Kompetenzwirrwarr hervorzuheben.60 Dadurch konnten die Täter aus der Polizei einerseits überhaupt erst aktiv werden, sich dabei andererseits als kühle „Praktiker“ und „Vollstrecker“ inszenieren. Solche Befunde bereicherten die polizeiorientierte Historiographie, deren Erkenntnisse wiederum die allgemeine NS- und Holocaustforschung voranbrachten. Den Themenkomplex entdeckten auch bundesdeutsche Ordnungshüter für sich, die sich nun zunehmend für die dunkle Vergangenheit der eigenen Institution interessierten.61 Durch das konstruktive Miteinander zwischen Polizeibeamten und Wissenschaftlern entstand bis heute eine beachtliche Fülle von Aufsätzen, Sammelbänden und Monographien, die sich wie Mosaiksteine in das große Bild von den polizeilichen NS-Schergen und ihren Organisationen fügen. Mittlerweile liegen zahlreiche Forschungsbeiträge vor, die sich mit einzelnen Polizeibataillonen, deren Angehörigen und den von ihnen verübten Gräueltaten befassen.62 In den vergangenen Jahren erschien darüber hinaus sogar eine Reihe von populärwissenschaftlichen Werken, die aus der Feder von deutschen oder ausländischen Autoren stammen und sich ebenfalls mit der Polizei des „Dritten Reichs“ auseinandersetzen. Diese Titel wenden sich meist an militärhistorisch interessierte Leser und bemühen sich, mithilfe von Bildmaterial der Ordnungspolizei eine Gestalt zu verleihen, wenngleich ihr Mehrwert für die Forschung eher überschaubar ist.63 Allmählich wurde die Zeit reif, die einzelnen Teile des Puzzles zusammenzusetzen und sich so einen genaueren Überblick über die institutionellen Strukturen und die darin herrschenden Mentalitäten sowie die Dimensionen der Verbrechen und die sie auslösenden Motive zu verschaffen.
In diesem Sinne schufen Stefan Klemp und Wolfgang Curilla umfangreiche Nachschlagewerke, die insbesondere für die polizeigeschichtliche Holocaustforschung unverzichtbar geworden sind. Beide Autoren dokumentieren in ihren verdienstvollen Arbeiten, welche Verbrechen die Ordnungspolizei während des Zweiten Weltkriegs begangen hatte. Um die blutige Spur freizulegen, welche die Polizeieinheiten besonders in den besetzten Ostgebieten hinterlassen hatten, werteten sie zahlreiche Verfahrensakten aus. Dadurch offenbarten sie, wie sehr die vermeintlich „saubere“ Polizei an Hitlers Vernichtungskrieg beteiligt gewesen und wie skandalös die deutsche Nachkriegsjustiz mit den Kriegsverbrechern und Massenmördern umgegangen war.64 Aus dem Dickicht der Paragraphen und orientiert an den Forschungsergebnissen der jüngsten Vergangenheit brachten sie ein ganzes Bündel an Motiven zum Vorschein. Sie wiesen auf Täter hin, die freiwillig getötet hätten und nach Kriegsende anscheinend ohne Gewissensbisse an ihre Schreibtische zurückgekehrt seien. Neben linientreuen, gehorsamen, ideologisch gefestigten und fanatischen Offizieren hätten sich die Mannschaften der Polizeibataillone aus radikalen Schlägertypen und pathologischen Mördern, aber auch aus „Otto Normalverbrauchern“ zusammengesetzt, von denen sich viele an das massenhafte Töten gar nicht erst gewöhnen mussten. Vielmehr hätten sie ihre Opfer etwa deshalb umgebracht, weil sie sadistisch veranlagt gewesen seien, ihre Macht über Leben und Tod genossen hätten, sich aus eigenem Antrieb heraus hätten bereichern wollen oder schlicht weil es ihnen von ihren Vorgesetzten befohlen worden sei.65
Solche Interpretationen machten das Unansehnliche allmählich sichtbar. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass diese Form der Polizeigeschichte nicht bloß einen Trend darstellte. Stattdessen bildete sie einen eigenständigen Fachbereich heraus. Er ließ sogar ganze Zentren entstehen, die sich insbesondere in Nord- und Nordwestdeutschland anschickten, der jungen Disziplin ein Forum zu bieten. Als eine der ersten und bedeutendsten Stätten polizeihistorischer Forschung fungiert seit Mai 2001 der Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster, der jedoch nicht nur Fachleute und Polizisten, sondern auch die gesamte Gesellschaft erreichen möchte.66 Dieses Ziel verfolgte insbesondere die Dauerausstellung „Im Auftrag“, die das Wirken der Ordnungspolizei gerade für den Raum Westfalen illustrierte. Der gleichnamige Sammelband, bei dem Alfons Kenkmann und Christoph Spieker als Herausgeber fungieren, offenbart in seinen einzelnen Beiträgen, wie breit das Spektrum des Themenkomplexes ist.67 Das bestätigen auch weitere Sammelbände, die seither meist aus lokalen Initiativen entstanden und vorwiegend an ortsansässige Rezipienten adressiert waren.68 Zum ersten Mal machte jedoch die Ausstellung „Ordnung und Vernichtung“ einem breiten Publikum das Thema zugänglich. Diese Schau, die vor allem die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster-Hiltrup ausgearbeitet hatte, war im Jahre 2011 im Deutschen Historischen Museum (DHM) in Berlin zu sehen und gastierte seither an weiteren Standorten in der ganzen Bundesrepublik. Der gleichnamige Begleitband, den Florian Dierl, Mariana Hausleitner, Martin Hölzl und Andreas Mix herausgaben, öffnet dem Betrachter einen tiefer gehenden Zugang zur Vergangenheit des deutschen Exekutivorgans. Auf ähnliche Weise fungierten auch Medienberichte, TV-Dokumentationen und Konferenzen, die dieses wichtige Ereignis für die deutsche Polizeihistoriographie begleiteten.69 Seit der Jahrtausendwende belegen daneben weitere Ausstellungen und deren Begleitbände, wie die Polizei auf lokaler Ebene an der NS-Herrschaft partizipierte.70 All das zeigt also, dass die uniformierte Ordnungsmacht des „Dritten Reichs“ nicht nur in den Bücherregalen, sondern auch in der wissenschaftlichen Forschungslandschaft und Erinnerungskultur der Bundesrepublik angekommen ist.
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