Goldschimmer im Nebel
Das Mühlrad
Unwillkommene Besucher
Gefahr für den Weidenfluss
Eisvögel in Not
Die Federschlau-Erfindung
Angriff!
Das Schnellwasser-Rennen
Tierpflegetipps von Lili und Jessi
Für Lily Grace’ Mutter
Mit besonderem Dank an Valerie Wilding
Goldschimmer im Nebel
Lili Hart kniete sich neben die Lorbeerhecke und stellte die Transportkiste vorsichtig ins Gras. „Hier ist ein guter Platz“, sagte sie. Sie strich sich eine dunkle Haarsträhne hinter das Ohr.
Ihre beste Freundin, Jessi Forester, kauerte neben ihr. Es war sehr früh und deswegen etwas neblig. Die feuchte Luft machte Jessis blondes Haar noch lockiger, als es sowieso schon war. „Das gefällt mir am Helfen in der Tierklinik fast am besten“, sagte sie. „Wenn wir die Tiere, denen es wieder besser geht, zurück in die freie Natur bringen dürfen.“
Lilis Eltern gehörte die Tierklinik Helfende Pfote, die in einer Scheune in Lilis Garten untergebracht war. Die beiden Freundinnen liebten Tiere und halfen in der Klinik, wann immer sie Zeit dafür fanden. Heute ließen die Freundinnen einen jungen Igel frei. Ein Mann aus dem Dorf hatte ihn beim Spaziergang mit seinem Hund gefunden. Der Igel hatte sich mit einem Beinchen in einem Efeugestrüpp verfangen und dabei verletzt. Der Mann hatte ihn in die Tierklinik gebracht. Das verletzte Bein war inzwischen geheilt und es wurde Zeit für den kleinen Igel, wieder zu seinem Zuhause zurückzukehren.
Lili war sich sicher, dass der Geruch nach frischem Gras und feuchter Erde dem Igel gut gefiel. Behutsam öffnete sie die seitliche Klappe und der Igel trippelte heraus. Er schnüffelte an den heruntergefallenen Blättern und Zweigen unter der Hecke.
Lili stand auf und klopfte sich die Hose sauber. „Oh, schau mal! Hinten am Bach. Hast du es auch gesehen?“, fragte sie plötzlich aufgeregt.
„Was denn?“, fragte Jessi.
Lili starrte in den Nebel. „Ich glaube, ich habe gerade etwas Goldenes gesehen“, sagte sie.
Jessi rieselte ein Freudenschauer über den Rücken. „Meinst du, es ist Goldi?“
Goldi war eine wunderschöne Katze mit grünen Augen und eine ganz besondere Freundin. Gemeinsam mit ihr hatten die Mädchen schon einige Abenteuer im Wald der Freundschaft erlebt. Einer magischen Welt, in der etwas ganz Erstaunliches möglich war – alle Tiere konnten sprechen!
„Ja, da ist sie!“, rief Lili.
Jetzt sah auch Jessi die Katze. Die Mädchen rannten zu dem Schilfgebüsch, das am Ufer des kleinen Flusses wuchs. Sie streichelten die Katze, die zufrieden schnurrte und sich an ihre Beine schmiegte.
„Ich wünschte, du könntest auch in unserer Welt sprechen, Goldi“, sagte Lili. „Braucht der Wald der Freundschaft wieder unsere Hilfe?“
Die böse Hexe Griselda versuchte, die Tiere aus dem Wald zu vertreiben, weil sie ihn ganz für sich allein haben wollte. Im Wald der Freundschaft wuchsen wunderschöne Bäume und Blumen und dazwischen standen die Häuschen der Tiere. Griselda wollte den Wald in einen dunklen, trostlosen Ort verwandeln, an dem sich nur eine Hexe wohlfühlen würde. Bisher war es Goldi und den Mädchen immer gelungen, ihre gemeinen Pläne zu verhindern. Aber Griselda hatte neue magische Helfer – Drachen!
Goldi wackelte mit ihrem Schwanz einmal kurz in der Luft herum und sprang über die Steine im Wasser an das andere Flussufer.
Lili und Jessi folgten ihr über die große Wiese zu der leblosen Eiche, die in der Mitte stand. Die Mädchen wussten, was gleich passieren würde. Im Laufen grinsten sie sich begeistert an.
Als Goldi unter dem Baum zum Stehen kam, wurde er plötzlich in helles warmes Sonnenlicht getaucht. Sattgrüne Blätter sprossen aus den Ästen und gelbe Blumen blühten auf der Wiese rund um den Stamm. Schmetterlinge und Bienen tauchten wie aus dem Nichts auf und überall ertönte Vogelgezwitscher.
„Es ist jedes Mal so beeindruckend, wenn der Baum zum Leben erwacht“, sagte Jessi.
Im Stamm waren auf einmal eingeritzte Wörter zu erkennen. Lili und sie wussten, dass der Zauber beginnen würde, sobald sie die Worte gleichzeitig laut aussprachen.
Sie reichten sich die Hände und sagten gemeinsam: „Wald der Freundschaft!“
Eine Tür mit einem blattförmigen Knauf erschien wie von Zauberhand im Baumstamm. Jessi öffnete sie und Goldi ging voran, hinein in das goldschimmernde Licht.
Die Mädchen zogen die Köpfe ein und folgten ihr durch die niedrige Tür. Sofort kribbelte es beide am ganzen Körper. Lili drückte aufgeregt Jessis Hand. Das Kribbeln bedeutete, dass die Freundinnen ein kleines bisschen schrumpften.
Das goldene Licht verschwand und die Mädchen fanden sich auf einer wunderschönen Lichtung wieder, die von großen Bäumen umgeben war. Kleine Häuser standen zwischen den Baumwurzeln. Die warme Luft war mit dem herrlichen Duft von Blumen erfüllt.
Sie waren wieder im Wald der Freundschaft! Und vor ihnen, auf zwei Beinen, mit einem goldenen Schal um den Hals, stand Goldi.
„Hallo, meine Lieben“, sagte sie.
„Endlich können wir wieder mit dir sprechen“, sagte Lili. Beide Mädchen umarmten ihre Freundin.
„Es ist so schön, hier zu sein“, sagte Jessi. „Aber warum hast du uns hergeholt? Macht die Hexe wieder Ärger?“
„Ich habe Griselda zum Glück schon länger nicht mehr gesehen“, erwiderte Goldi. „Im Wald ist alles in Ordnung. Ich habe euch abgeholt, damit ihr bei etwas ganz Besonderem zuschauen könnt.“
„Oh, bei was denn?“, fragten Lili und Jessi neugierig.