Annika Dick
Lovely Skye
Die komplette Trilogie
R o m a n c e
Nachdruck oder Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Verlags gestattet. Verwendung oder Verbreitung durch unautorisierte Dritte in allen gedruckten, audiovisuellen und akustischen Medien ist untersagt. Die Textrechte verbleiben beim Autor, dessen Einverständnis zur Veröffentlichung hier vorliegt. Für Satz- und Druckfehler keine Haftung.
Annika Dick
Lovely Skye
Die komplette Trilogie
KopfKino-Sammelband 4
Ein Sommer in Balnodren
Ein Herbst in Balnodren
Ein Frühling in Balnodren
Deutsche Erstveröffentlichung
1. Auflage 2016
Alle Rechte vorbehalten
2015 - 2016 Annika Dick
Lektorat & Satz: KopfKino-Verlag
Covergestaltung: coverandbooks / Rica Aitzetmüller
Umschlagmotiv:
ktsdesign @123rf.com & AnnastasiaNess / Shutterstock
KopfKino-Verlag
Thomas Dellenbusch
Gluckstr. 10
D-40724 Hilden
www.MeinKopfKino.de
KopfKino, das sind berührende, nachdenkliche oder auch spannende Geschichten in Spielfilmlänge. Ihre ungefähre Lesezeit liegt zwischen 60 und 180 Minuten.
Sie eignen sich daher wunderbar für all die vielen kleinen zeitlichen Zwischenräume, die das Leben hat: für die Reisezeit in Bahn, Bus, Auto oder Flugzeug, für die Stunden im Wartezimmer, beim Friseur, im Café, während der Dialyse, für den Nachmittag im Freibad oder am Strand, vor dem Schlafengehen oder einfach so für zwischendurch, um ein, zwei oder drei Stunden unterhaltsam zu füllen.
Da ihre Lesezeit ungefähr der Länge eines Spielfilms entspricht, eignen sie sich auch hervorragend, um sie sich gegenseitig vorzulesen und den Fernseher einmal ausgeschaltet zu lassen. Lassen Sie sich von Fernseher und Leinwand nicht das ganze Vergnügen abnehmen.
Genießen Sie Ihren eigenen Film auf der größten Kinoleinwand der Welt: Ihrer Fantasie!
Jede Erzählung ist als eBook und als Hörbuch erhältlich, die meisten auch als Taschenbuch.
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Der KopfKino-Verlag ist noch recht jung. Da ist es eher ungewöhnlich, bekanntere und bereits erfolgreiche Autorinnen wie Annika Dick zu gewinnen. Doch manchmal hilft eine Kette glücklicher Zufälle, die dann den weiteren Weg weisen. Dass es solche Zufälle überhaupt gab, liegt an der Spezialisierung des Verlages auf Kurzromane in Spielfilmlänge in Verbindung mit Hörbuchproduktionen. Zugegeben, das relativiert ein wenig den Zufallscharakter der Ereignisse, aber dennoch ...
Es begann mit der Lektüre der im Oldigor-Verlag erschienenen Novelle Distant Shore der Autorin Tanja Bern. Ihre in Irland angesiedelte Liebesgeschichte hat mich begeistert. Ich nahm Kontakt auf, und Tanja Bern zeigte sich fasziniert von der soeben erwähnten Spezialisierung meines Verlages. Sie erzählte ihrer Agentin Alisha Bionda (Agentur Ashera) davon, welche eine leidenschaftliche Leserin guter Novellen beziehungsweise Kurzromanen ist. Nach einer äußerst kooperativen Konferenz gab der Oldigor-Verlag die Rechte an Distant Shore zurück. So öffnete sich der Weg zu MeinKopfKino. Das Verlagskonzept hatte die Agentur, die über 50 Autorinnen und Autoren betreut, überzeugt.
Kurze Zeit später offerierte mir Ashera eine Kurzroman-Trilogie einer bekannten Autorin, Trägerin eines bedeutenden Literaturpreises. Zur völligen Überraschung der Agentur lehnte ich ab, obwohl die Geschichte sehr gut war und die Autorin einen großen Imagegewinn für einen jungen Verlag versprach. Es handelte sich allerdings um eine Horror-Erzählung, aber Horror eignet sich meiner Meinung nach nicht zur Vorlesegeschichte. Das führte in der Agentur zu einer intensiveren Beschäftigung mit der Idee hinter MeinKopfKino.
Bald darauf erhielt ich das Angebot für eine Romance-Trilogie Annika Dicks, die auf der schottischen Isle of Skye angesiedelt sein sollte. Das Konzept aller drei Teile begeisterte mich sofort. Ich sah förmlich die beeindruckende Naturkulisse vor meinem Auge. Ich war hingerissen von der Idee, dass drei verschiedene Liebespaare nacheinander eine Hauptrolle spielen würden, dann aber die anderen Geschichten weiterhin in Nebenrollen bereichern.
Mir war auf der Stelle bewusst: Das passt perfekt!
Und um das Verleger-Glück vollkommen zu machen, auch Annika Dick ist eine sehr beliebte Autorin, die schon bei großen Verlagen unter Vertrag steht. Ich teilte Alisha Bionda also meine Begeisterung für diese Trilogie mit und bekam postwendend zur Antwort, das sei ja auch kein Wunder, denn sie hätten diese Isle-of-Skye-Trilogie gezielt für meinen Verlag entworfen. Ich war sprachlos!
Umgehauen hat mich außerdem später, wie Annika Dick die Idee umsetzte. Die Besprechungen im Internet überschlagen sich vor Lob. Annika Dick entführt ihre Leser regelrecht auf die Nebelinsel, wie die Isle of Skye von den Wikingern genannt wurde. Genießen Sie jetzt eine einzigartige und artenreiche Natur, vor deren Kulisse sich drei romantische Geschichten ereignen, wie sie wohl nur das Leben schreibt. In diesem Fall aber Annika Dick.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen.
Thomas Dellenbusch
Hilden, im November 2016
Annika Dick
Lovely Skye
Die komplette Trilogie
R o m a n c e
Lovely Skye
Ein Sommer in Balnodren
Für einen ausgemachten Stadtmenschen wie Innes Graeme war der Blick aus den Busfenstern zu beiden Seiten gleichermaßen trostlos. Rechts das weite blaue Meer, links die weiten grünen Wiesen. Eines stand für Innes fest: Die Isle of Skye und sie würden in diesem Leben keine Freunde werden.
Sie fuhr sich mit der Hand durch das lange rote Haar und warf einen Blick auf ihre Uhr. Vor über zehn Stunden war sie in Edinburgh aufgebrochen. Als sie in Portree, der Hauptstadt der Insel, in den Bus Richtung Norden umgestiegen war, hatte sie einen gut gefüllten Fernreisebus gegen einen fast leeren Bus getauscht und es schien, dass die Zahl der Menschen auch außerhalb ihres Transportmittels stetig abnahm. Die Straße war nicht einmal mehr breit genug, um ein zweites Fahrzeug passieren zu lassen. Innes erinnerte sich selbst daran, dass zu Hause nichts auf sie wartete und sie nach Skye gekommen war, um dem trostlosen Anblick der sich stapelnden Absagen auf ihrem Schreibtisch zu entfliehen. Das war eine andere Art von Eintönigkeit.
Seit zwei Monaten saß sie arbeitslos zu Hause und suchte einen neuen Job. Zwar hatte die Übernahme des Sportartikelherstellers, für den sie in der Marketingabteilung tätig gewesen war, für eine stattliche Abfindung mit der Kündigung gesorgt, aber sie war einfach nicht der Typ, der einen unfreiwilligen Urlaub genießen konnte. Sie brauchte die Sicherheit, beim Einschlafen zu wissen, dass am nächsten Morgen ein Job auf sie wartete.
Innes spürte, wie sich beim bloßen Gedanken an ihre unsichere Situation ihr Magen zusammenzog. Sie presste die Hände auf ihren Bauch und atmete erleichtert auf, als sie an einem kleinen Schild vorbeifuhren, das ihre Ankunft in Balnodren signalisierte. Hatte Innes Portree schon für eine kleine Stadt gehalten, wurden ihr nun endgültig die Augen geöffnet. Der Bus hielt keine drei Straßen vom Ortseingang entfernt, und das schien bereits die Stadtmitte zu sein. Dennoch war Innes mehr als froh darüber, endlich aus dem Bus aussteigen zu können und drei Monate Zeit zu haben, ehe sie wieder den halben Tag eingepfercht in einem solchen würde verbringen müssen.
»Innes, willkommen in Balnodren!«
Eine dunkelblonde Frau kam mit ausgestreckten Armen auf sie zu, sobald sie ausgestiegen war. Innes lächelte sie müde an und breitete ebenfalls die Arme aus.
»Fen, schön dich zu sehen«, grüßte sie ihre Freundin und ließ sich von ihr in die Arme schließen.
»War die Fahrt sehr schlimm?«, fragte Fenella und strich sich das dunkelblonde Haar hinter die Ohren. Innes schüttelte den Kopf und hob ihre Reisetasche auf, die sie neben sich abgestellt hatte.
»Es ging«, antwortete sie und ließ zu, dass Fenella einen Griff der Reisetasche nahm. »Wir müssen noch ein wenig laufen. Aber du siehst die Pension schon.« Fenella deutete mit ihrer freien Hand auf ein großes Haus, welches auf einer Anhöhe stand.
Wilkinson Manor.
Innes erinnerte sich daran, dass Fens Eltern das alte Familienanwesen bereits vor Fens Geburt zu einer Pension umgebaut hatten.
Gemeinsam gingen die beiden Freundinnen die Straßen Balnodrens entlang. Fenella fragte Innes nach ihrer Anreise aus, und Innes bemühte sich, nicht allzu verdrossen über die lange Busfahrt zu klingen. Oder über die Einsamkeit, die die Insel bereits jetzt auf sie ausstrahlte.
»Es wird dir hier gefallen«, versprach Fen.
Als sie sich Wilkinson Manor näherten, erkannte Innes, dass das Haus von Weitem einen deutlich besseren Eindruck gemacht hatte. Aus der Nähe sah sie, dass der Putz an einigen Stellen abbröckelte und das Haus dringend einen neuen Anstrich benötigte.
»Da sind wir«, erklärte Fenella und öffnete die Haustür. Ehe sie eintrat, warf Innes noch einen Blick zurück. Wilkinson Manor war das höchstgelegene Haus in Balnodren. Von hier aus konnte sie bis hinunter in die Bucht schauen, in der einige Fischerboote lagen. Worauf hatte sie sich nur eingelassen, hier drei Monate zu verbringen, fragte sie sich, während sie Fenella ins Haus folgte.
Die Eingangshalle ließ noch erahnen, welcher Wohlstand hier einmal geherrscht hatte. Die dunklen Holzdielen und die ebenso dunkle Vertäfelung an den Wänden setzten sich in der großen Treppe fort, die in die oberen Stockwerke führte. Selbst der Empfangstresen war aus dem gleichen Holz. Altmodische Wandleuchter und ein Kronleuchter erhellten den Raum. Deren Metallkomponenten hatten dringend eine Politur nötig, doch nach einer solchen könnte Innes sich gut vorstellen, wie die Lords und Ladys von Downtown Abbey oder ähnlichen TV-Serien sich hier aufhielten.
Am Empfang wartete ein Mädchen mit einem dunklen Pferdeschwanz, das sich die Zeit Kaugummi kauend mit einer Zeitschrift vertrieb.
»Innes, diese überaus zuvorkommende junge Dame ist meine Cousine Amy. Sie hilft mir in den Semesterferien hier aus.«
Amy ließ eine Kaugummiblase platzen und sah kurz von ihrem Magazin auf.
»Hi«, grüßte sie Innes und senkte sofort den Blick wieder, um weiterzulesen. Fenella seufzte und rollte mit den Augen. Sie umrundete den Empfang und nahm selbst einen Schlüssel von der Wand hinter Amy ab. Innes bemerkte, dass kein einziger fehlte. Sie konnte doch unmöglich der einzige Gast hier sein.
»Komm, ich zeig dir erst hier unten alles.«
Innes folgte Fenella in das Esszimmer, einen geräumigen Aufenthaltsraum, durch den man hinaus in den Garten gelangte. Alles, was sie bisher gesehen hatte, wirkte wie aus einer anderen Zeit. Wäre die kaugummikauende Amy nicht gewesen, Innes hätte fast geglaubt, sie habe eine Zeitreise hinter sich gebracht.
Selbst der Garten wirkte wie ein Überbleibsel aus einer lange zurückliegenden Epoche. Der akkurat geschnittene Rasen war von hochgewachsenen Rosensträuchern und Hecken umgeben, die die Gäste vor neugierigen Blicken von außen schützten. Fenella führte sie an einem Teich vorbei, in dem ein Entenpaar seine Bahnen zog.
Postkartenidylle, schoss es Innes durch den Kopf. Von diesem Platz aus, zwischen zwei Apfelbäumen hindurch, den Teich im Vordergrund und die Pension mit den Efeuranken an den Außenmauern, hatte man den perfekten Blick auf ihre Herberge für die nächsten Monate. Das Licht der langsam sinkenden Sonne tat sein Übriges, um Wilkinson Manor einen verklärt romantischen Anstrich zu verleihen. Es war das ideale Bild, um für die Pension zu werben. Innes schüttelte den Kopf. Sie konnte tatsächlich nicht aus ihrer Haut.
»Innes?«
Sie drehte sich zu Fenella um, die an der Tür eines kleinen Hauses stand, von dem Innes zunächst nicht gedacht hatte, dass es noch zum Anwesen des Manors gehörte. Vor dem Haus wuchsen Wildblumen und ein mit Steinen gepflasterter schmaler Weg führte zur Eingangstür.
»Mein Zuhause«, erklärte Fenella und breitete die Arme aus.
»Du selbst wohnst nicht in der Pension?«, fragte Innes überrascht. Fenella schüttelte den Kopf.
»Nein, Wilkinson Manor ist komplett für die Gäste umgebaut worden. Meine Eltern haben damals den Stall abgerissen und an seiner Stelle dieses Haus hier errichtet. Jetzt komm rein, Lucy freut sich schon darauf, dich kennenzulernen.«
Innes folgte ihr und hörte schon beim Betreten des Hauses ein helles Kinderlachen.
»Lucy?«, rief Fenella nach ihrer Tochter und schloss die Tür hinter Innes.
»Wir sind hier, Mum«, schallte die Antwort aus einem Nebenzimmer.
»Wir?«, fragte Fenella noch, als sie mit Innes das Wohnzimmer betrat. »Oh, hallo Jack.«
Innes blieb in der Tür stehen. Das Wohnzimmer schien ihr bereits jetzt überfüllt mit Fen und ihrer Tochter Lucy, die auf dem Boden saß und ein Tier im Schoß hielt. Innes wusste nicht so recht, was es sein sollte, weil es nur aus Haaren zu bestehen schien. Ein Mann, dieser Jack, kniete vor diesem Fellbündel auf dem Boden.
»Hey Fen«, grüßte er über seine Schulter, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Lucy hat mich angerufen, weil Oscar sich mit einer Biene angelegt hat.«
»Geht es ihm gut?«, fragte Fenella besorgt und kniete sich ebenfalls neben den Hund auf den Boden.
»Ja, keine Sorge, sein Bein ist etwas geschwollen, und er wird die nächsten Tage wohl ruhiger sein, aber er wird wieder.«
»Wir sind doch stark!« Lucy schenkte ihrer Mutter ein breites Grinsen, bei dem Innes direkt lächeln musste. Fenella hatte ihr viel über ihre Tochter erzählt, vor allem darüber, mit welcher Stärke und Gelassenheit die Siebenjährige mit ihrer schweren Asthmakrankheit umging. Diese erforderte nicht nur ständige Inhalationen, sondern auch stetige Einnahme anderer Medikamente. Während sie Lucy nun zum ersten Mal sah, dachte sie, dass das Mädchen tatsächlich nicht so aussah, als wolle es sich von irgendeiner Krankheit die Lust am Leben nehmen lassen.
»So, das war es«, erklärte Jack und stand zusammen mit Fenella wieder auf. »Ich komme übermorgen noch einmal vorbei, um nach ihm zu sehen.«
»Danke, Jack.« Als die beiden sich zur Tür wandten und Jack bei Innes‘ Anblick stutzte, fiel Fenella ein, dass sie ihre Freundin ganz vergessen hatte.
»Entschuldige, Innes«, bat sie und nahm Lucy das Fellknäuel ab, damit auch ihre Tochter sich erheben konnte.
»Darf ich vorstellen? Meine Tochter Lucy und unser Oscar.«
»Der beste Hund auf der ganzen Welt«, ergänzte Lucy und kam zielstrebig auf Innes zu.
»Ja, das ist er«, bestätigte Fenella und schmunzelte.
»Und das ist Jack, der wohl beste Tierarzt der ganzen Welt.«
»Hi«, grüßte Innes in die Runde und winkte kurz. Am liebsten wäre sie sofort zurück in die Pension gegangen. Sie wollte auf keinen Fall stören.
»So, Sie sind also die berühmte Großstadtfreundin, die uns den Sommer über in Balnodren besucht?«
Jack streckte Innes seine Hand entgegen.
»Äh …« Innes sah fragend zwischen Fenella und Jack hin und her, ehe sie seine Hand ergriff. Sein Händedruck war fest und angenehm, und Innes ertappte sich dabei, wie sie ihre Hand ein wenig länger als unbedingt nötig in der seinen liegen ließ.
»Er zieht dich nur auf«, versicherte Fen, doch Innes sah, wie eine leichte Röte ihre Wangen überzog.
»Natürlich«, bestätigte Jack, und Innes sah ein Funkeln in seinen graublauen Augen, während seine Mundwinkel verräterisch zuckten. Diese Versicherung hätte sie dazu bringen sollen, sich zu entspannen. Stattdessen breitete sich ein nervöses Flattern in ihrem Magen aus.
»Also, ich bin dann weg«, wandte Jack sich wieder an Fenella und fuhr Lucy sanft über den Kopf, als er an ihr und Innes vorbeiging.
»Sie redet seit Wochen von nichts anderem als von Ihrem Besuch, und es würde mich wundern, wenn es eine Menschenseele in Balnodren gäbe, die nicht auf Anhieb wüsste, wer Sie sind«, raunte er Innes noch zu, ehe er das Haus verließ.
»Er übertreibt!«, beharrte Fen, der seine Worte nicht entgangen waren. Innes räusperte sich und suchte nach ihrer Stimme, die ihr abhanden gekommen zu sein schien.
»Ich wette, du hast niemandem so viel von mir erzählt, wie du mir von Lucy erzählt hast.«
Mit einem Lächeln wandte sie sich dem Mädchen zu und hielt ihr die Hand entgegen.
»Es freut mich, dich endlich kennenzulernen.«
Lucy strahlte sie an und schüttelte ihre Hand.
»Mir hat sie ganz viel von dir erzählt.«
Lucy hielt grinsend ihre Hand fest, während sie sie zu Fenella und dem Hund führte, den diese noch immer im Arm hielt.
»Das ist Oscar«, stellte Lucy ihren Hund noch einmal vor. Tatsächlich konnte Innes aus der Nähe nun auch den Hund unter dem ganzen Fell erkennen.
Zumindest sah sie seine Schnauze und die rosa Zunge, die hechelnd aus dem kleinen Maul heraushing. Seine Ohren, außer der Schnauze das einzig Schwarze an dem ansonsten weißen Fell, standen aufrecht. Seine Augen konnte sie nicht ausmachen. Sie fragte sich, ob er sich wirklich mit einer Biene angelegt, oder ob er diese einfach nicht gesehen hatte. Innes hielt dem Hund ihre Hand entgegen und ließ ihn an sich schnuppern. Seine kleinen Beinchen strampelten wild in der Luft, bis Fenella ihn auf den Boden ließ. Dann humpelte Oscar zu einem Stoffkörbchen, das vor dem bodentiefen Fenster in Richtung Garten stand.
»Ich hätte dich ja hier bei uns einquartiert, aber wir haben nur unsere beiden Schlafzimmer«, entschuldigte sich Fenella, doch Innes winkte ab: »Solange ich deinen Gästen kein Zimmer wegnehme...«
Ein Schatten legte sich über Fens Gesicht, doch so schnell dieser gekommen war, so schnell war er auch schon wieder verschwunden.
»Ich bereite dann schon mal das Abendessen vor. Du musst am Verhungern sein, Innes. Kommt ihr mit in die Küche? Dann reden wir, und ihr beide könnt euch kennenlernen.«
Zu dritt gingen sie in die Küche, und Innes ließ es sich nicht nehmen, Fenella bei der Zubereitung des Abendessens zu helfen.
»Von diesem Jack hast du mir aber nichts erzählt«, raunte sie Fenella zu, während Lucy den Tisch deckte. Fenella sah ihre Freundin erstaunt an.
»Ich wusste nicht, dass ich dir über die Einwohner der Stadt so viel erzählen sollte? Ich dachte mir, du lernst sie ohnehin kennen, wenn du hier bist.«
»Wie? Er ist nur irgendein Einwohner der Stadt?«
Fen verstand nicht recht, worauf Innes hinauswollte.
»Na ja, er ist der Tierarzt hier.«
»Das ist alles?«
»Was soll er denn noch sein?«
»Dein Freund?«, hakte Innes schließlich nach.
Fenella sah sie entgeistert an.
»Jack?«
»Ja, wieso nicht? Ich meine, er scheint nett zu sein, scheint Lucy zu mögen, Tiere sowieso. Und er sieht gut aus…« Innes konnte nicht verhindern, dass ihr das Bild seiner funkelnden graublauen Augen oder dieses neckische Grinsen wieder in den Sinn kamen. Er sah wirklich gut aus, dachte sie. Dunkles, kurzes Haar. Dreitagebart. Groß, mit breiten Schultern, ohne die Muskeln eines regelmäßigen Fitnessstudiobesuchers mit sich herumzuschleppen. Ein Naturbursche, ohne Frage. Nichts, was man in Edinburgh oft zu Gesicht bekam. Niemand, der in die Großstadt gepasst hätte. Aber hier auf Skye und auch zu Fenella hätte er doch wirklich gut gepasst.
»Es ist Jack!«, erwiderte Fenella und schüttelte lachend den Kopf. »Nein, glaub mir, da ist rein gar nichts und wird auch nie etwas sein.« Sie warf Innes einen kurzen Seitenblick zu. »Also, wenn du an ihm interessiert bist … seine Nummer liegt beim Telefon.«
»Rede keinen Unsinn«, unterbrach Innes sie. »Ich bin nicht hier, um einen Mann kennenzulernen. Ich habe schon genug Probleme damit, einen Job zu finden, das reicht mir im Moment ganz und gar.«
»Ist das Essen fertig?«, fragte Lucy und unterbrach damit jegliche weitere Diskussion über Männer im Allgemeinen und einen gutaussehenden Tierarzt im Besonderen.
Am nächsten Morgen traf Innes Lucy und Fenella im Esszimmer des Wilkinson Manor zum Frühstück. Amy gesellte sich zu ihnen, als sie gegen zehn Uhr in die Pension kam, um ihren täglichen Dienst zu leisten.
»Wann fallen denn die Touristenhorden hier ein?«, fragte Innes nach ihrem zweiten Kaffee, der sie von einem einsilbigen, grummelnden Morgenmuffel langsam in einen Menschen verwandelte. Sie bemerkte erneut, wie sich Fens Miene bei diesem Thema verdüsterte, und ihre Freundin versuchte hastig, auf etwas anderes zu sprechen zu kommen.
»Wie wäre es, wenn wir heute die Stadt erkunden? Es gibt zwar nicht so viel zu sehen, aber ich kann dir alles zeigen, und wir könnten zur Bucht runtergehen.«
Innes, die ihre Freundin nicht drängen wollte, stimmte zu. »Ich muss nur vorher noch mal kurz an meinen Laptop«, erklärte sie, während alle vom Tisch aufstanden. Als Innes beim Abräumen helfen wollte, hielt Fenella sie zurück.
»Amy verdient sich hier etwas dazu, also lass sie auch arbeiten«, erklärte sie. Innes gab sich geschlagen.
Eine Viertelstunde später kam sie aus ihrem Zimmer zurück. Ihr Mailfach hatte sie mit gähnender Leere begrüßt. Ein Teil von ihr sagte sich, dass das besser war, als noch eine weitere Absage zu kassieren. Keine Antwort bedeutete schließlich, dass eine Zusage noch ausstehen konnte. Der größte Teil von ihr weigerte sich aber, sich falschen Hoffnungen hinzugeben.
»Ich bin soweit«, rief Innes Fenella entgegen, die mit zerknirschtem Gesichtsausdruck in die Empfangshalle kam.
»Tut mir schrecklich leid, mir ist ein wichtiger Termin in Portree dazwischen gekommen, da muss ich unbedingt hin. Können wir den Stadtrundgang verschieben?«
»Ich kann sie rumführen«, bot sich Amy an. Nach einem kurzen Zögern stimmte Fenella zu. Kaum, dass sich Fenella und Lucy auf den Weg nach Portree gemacht hatten, verließen auch Innes und Amy die Pension.
»Willst du nicht abschließen?«, fragte Innes, doch Amy winkte nur ab: »Hier bricht keiner ein.«
Amy führte Innes die Straße, die sie am Vortag mit Fenella erklommen hatte, wieder hinab.
»Die Bushaltestelle kennst du ja schon. Dort drüben ist ein Supermarkt, nichts Großes, aber es reicht, um das Nötigste einzukaufen. An der Bucht unten sind zwei Restaurants, dann gibt es noch dort in der Straße einen Zahnarzt, und am Ende von Balnodren liegt Jacks Tierarztpraxis. Er ist aber meistens unterwegs.«
Amy ratterte die Informationen nur so herunter und deutete gelangweilt in die jeweilige Richtung, in der die von ihr genannten Gebäude lagen.
»Du scheinst es hier nicht sonderlich zu mögen«, stellte Innes fest, als sie sich der Bucht näherten.
Amy schnaubte.
»Seien wir ehrlich. Balnodren ist toll für kleine Kinder und alte Leute. Alles, was zwischen zwölf und zweiundsiebzig ist, sollte sich hier nicht wohlfühlen.«
»Trotzdem verbringst du deine Semesterferien hier?«
»Ich brauche Geld«, erklärte Amy und zuckte mit den Schultern. Als sie an dem kleinen Hafen der Stadt ankamen, winkte Amy einem jungen Mann zu, der sich am Strand um ein Fischernetz kümmerte.
»Das ist Luke«, erklärte sie Innes. »Wir sind die einzigen beiden aus unserem Jahrgang in Balnodren. Im Gegensatz zu mir ist er aber freiwillig in den Semesterferien hier.« Sie schüttelte sich, um deutlich zu machen, dass sie diesen Gedanken gar nicht nachvollziehen konnte.
»Sag mal, die Pension läuft nicht besonders gut, oder?«, wagte Innes bei Amy nachzufragen. Amy schwieg. Als Innes zu ihr hinüberblickte, sah sie, wie Amy auf ihrer Unterlippe kaute und auf das Meer hinaussah.
»Es läuft schon seit ein paar Jahren nicht besonders gut«, antwortete Amy schließlich leise. Sie schoss einen Stein vor sich her und schob die Hände in die Taschen ihrer Jeans. »Aber Fen hält an der Pension fest, will sie partout nicht aufgeben.«
Die beiden blieben stehen, und Innes sah auf das Meer hinaus. Ihr Blick glitt über die Fischerboote, die im Hafen lagen, und über den schmalen Streifen Strand, an dem außer Luke noch ein paar weitere Männer damit beschäftigt waren, Netze zu flicken oder Boote zu reparieren. Sie dachte zurück an die weiten grünen Wiesen, an denen sie vorbeigefahren war, und an die Bilder, die sie zuvor schon von Skye gesehen hatte. Im Fernsehen oder im Internet.
»Ich dachte, Skye wäre ein begehrtes Reiseziel?«
Amy zuckte mit den Schultern. »Ist es ja auch, nur hier kriegt man nichts davon mit. Wir sind wohl selbst für Skye zu abgelegen.«
»Ich habe gerade mal nur etwas über eine Stunde von Portree hierher gebraucht. Mit dem Bus!«
Innes runzelte die Stirn. Sie erinnerte sich an den Anblick zwischen den Apfelbäumen hindurch.
Das perfekte Foto, um für die Pension zu werben.
Während Amy sie über eine andere Straße zurück zur Pension führte, formte sich in Innes‘ Kopf langsam ein Plan. Sie hatte drei Monate Zeit auf Skye, nichts zu tun, außer den Bildschirm ihres Laptops oder wahlweise den ihres Handys anzustarren, immer in der Hoffnung, dass neue Nachrichten eingehen mögen, die nicht mit »Wir bedauern sehr...« begannen.
Sie könnte Fenella helfen.
»Ich brauche nur eine gute Kamera«, murmelte sie.
»Was?«
Erst als Amy sie aus ihren Gedanken riss, fiel Innes auf, dass sie mitten auf der Straße stehen geblieben war und Amy schon einige Schritte vor ihr lief.
»Weißt du zufällig, ob Fen einen Fotoapparat hat? Ich meine, einen guten Fotoapparat?« Bestimmt hielt Fenella Lucys Kindheit in Bildern fest. Amy dachte kurz nach. »Sie hat so eine ältere Digitalkamera, die hat aber schon zehn Jahre auf dem Buckel. Wofür brauchst du sie denn?«
»Für einen guten Werbeauftritt des Wilkinson Manor brauchen wir gute Bilder von der Pension, Balnodren und der Umgebung«, erklärte Innes, woraufhin Amy sie noch verwirrter ansah als zuvor.
»Fen hat keinen Werbeauftritt des Manors.«
»Eben! Und das will ich ändern.«
Innes grinste Amy an und schloss die Lücke zwischen ihnen mit großen Schritten. »Ich fürchte nur, ich bräuchte eine bessere Kamera als das, was Fen hat.«
Nach kurzem Zögern strahlte Amy über das ganze Gesicht. »Die Idee ist super! Ich kann Luke fragen, ob er dir seine Kamera leiht. Spiegelreflex-Digitalkamera ist in Ordnung, oder?«
***
Als Innes ihre Idee beim Abendessen unterbreitete, schien Fenella gar nicht begeistert.
»Ich weiß nicht, Innes. Das ist so viel Aufwand und Arbeit und so viel drumherum. Ich kann mir das auch gar nicht leisten …«
»Ich nehme doch dafür kein Geld von dir!«, empörte sich Innes. »Lass mich dir doch helfen, Fen.«
»Ich brauche keine Hilfe«, sagte Fenella trotzig und presste die Lippen aufeinander.
»Gut, dann hilf du halt mir. Ich gebe die Pension als meinen Kunden an und nutze die Homepage und den Katalog für mein Portfolio.« Innes sah, wie Fenella mit sich rang. Sie warf Lucy einen flehenden Blick zu, und das Mädchen ging sofort darauf ein.
»Au ja, Mum, das klingt toll! Ich kann auch helfen.«
»Nein!«
Innes sah, wie die Sorge um ihre Tochter auf Fenellas Gesicht sichtbar wurde.
»Du kannst nicht mit ihr durch die Gegend ziehen und Fotos machen, auf gar keinen Fall.«
»Aber sie kann mir dabei helfen, die besten Fotos auszusuchen und den Katalog und die Homepage zu gestalten«, schlug Innes vor.
»Hättest du dazu Lust, Lucy?«
Lucy nickte begeistert und sah ihre Mutter nun genauso hoffnungsvoll an, wie Innes es tat.
»Na gut«, gab diese sich schließlich geschlagen.
***
Amy hatte es tatsächlich geschafft, Luke zu überreden, Innes seine Kamera zu leihen. Bereits am nächsten Morgen brachte sie den Schatz, wie sie die Kamera nannte, mit in die Pension und überreichte sie Innes feierlich. Diese machte sich nach dem Frühstück sofort auf den Weg. Die ersten Fotos schoss sie bereits beim Verlassen der Pension von der Haustür aus. Der Blick über Balnodren hinab und über die Kilmaluag Bay. Fischerboote waren auf dem Meer zu sehen. Der Wind wehte ihr ins Gesicht, und Innes raffte ihre Haare in einem Pferdeschwanz zusammen, damit sie ihr nicht ins Gesicht flogen. Im Hafen machte Innes noch ein paar weitere Aufnahmen von der Bucht, ehe es sie ganz aus der kleinen Stadt hinaus zog.
Sie ließ sich Zeit, holte immer wieder ihre Kamera hervor, um die Wiesen, das Meer und die entfernten Berge zu fotografieren. Auch einige einsame Cottages hatten sich für Fotos angeboten. Besonders stolz war sie jedoch über das Bild eines vorwitzigen Hochlandkalbes, das zu ihr an den Weidezaun gekommen war und sich ihrer Linse geradezu entgegen gereckt hatte. Sie würde das Foto wohl eher nicht für die Homepage oder den Katalog verwenden können, aber vielleicht machte sie Lucy damit eine Freude.
Vielversprechender sah da die Schafweide aus, an der sie gerade vorbeikam. Die Wiese stieg leicht an, im Hintergrund waren einige spannende Felsformationen zu erkennen. Ohne lange zu überlegen, kletterte Innes über den Zaun und ging einige Schritte über die Weide. Im Gras sank sie auf die Knie und suchte nach dem besten Winkel, aus dem heraus sie Wiese, Schafe und Berge zusammen auf einem Bild unterbringen konnte.
Schließlich legte sie sich auf den Bauch und erhielt das von ihr gewünschte Ergebnis. Das waren die Art von Motiven, nach denen sie gesucht hatte. Bilder, die die Ruhe und Idylle der Umgebung einfingen und den zukünftigen Gästen zeigten, in was für einem Paradies sie Urlaub machen konnten.
»Solange man im Paradies nicht mehr als eine Handvoll Menschen, keinen Coffeeshop oder irgendeine Möglichkeit zum Ausgehen haben will«, murmelte sie. Sie konnte es Amy nicht verdenken, dass sie von hier weg wollte. Himmel, sie fragte sich, wie sie auf den Gedanken gekommen war, eine Auszeit hier würde ihr gut tun? Sie war gerade den dritten Tag auf Skye und hatte sich schon Arbeit gesucht.
Während sie Fotos schoss, überlegte sie, mit welchen Texten sie diese in Szene setzen konnte. Die Wikinger hatten Skye Nebel- oder auch Wolkeninsel genannt, fiel ihr ein. Nebel war weit und breit keiner zu sehen.
»Und Wolken …« Innes drehte sich auf den Rücken und betrachtete den Himmel durch den Sucher der Kamera hindurch. Ein paar einzelne Schäfchenwolken zogen über den Himmel. Nichts Besonderes, dennoch drückte Innes ein paar Mal auf den Auslöser, bis sich auf einmal etwas vor das Objektiv legte, das alles andere als eine Wolke war.
Innes schrie erschrocken auf und setzte sich. Sie war bereit, auf allen Vieren davon zu krabbeln, wenn es sein musste. Mit Herzklopfen sah sie zu Jack hoch, der sie lachend musterte.
»Müssen Sie mich so erschrecken?«, fragte sie ihn und versuchte, ihren Herzschlag wieder unter Kontrolle zu bekommen, nun, da sie nicht mehr fürchten musste, von einem Riesenschaf angegriffen zu werden.
»Sollten die Fotomodels nicht die Damen dort hinten sein?«, erwiderte Jack mit einem Schmunzeln und deutete auf die Schafe, die ungerührt auf dem Hügel grasten.
»Von denen habe ich schon mindestens zwanzig Fotos«, erklärte Innes. Jack hielt ihr eine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. Innes ergriff sie und ließ sich von ihm hochziehen.
»Was genau hast du denn dann gerade fotografiert?«
»Die Wolken«, erwiderte Innes kleinlaut und vermied es, ihn dabei anzusehen. Wenn sie es laut aussprach, klang es ziemlich albern.
»Wie war das?«, hakte Jack nach.
Innes war plötzlich sehr damit beschäftigt, ihren Pferdeschwanz neu zu richten.
»Ich wollte die Wolken fotografieren«, gab sie schließlich etwas lauter zu und spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen schoss. Jack zog die Brauen hoch. Innes hob hilflos die Arme und ließ sie wieder fallen.
»Es heißt doch Nebel- oder Wolkeninsel«, erklärte sie. »Ich hatte gehofft, es käme ein gutes Bild dabei heraus. Was sich leider als Irrtum erwiesen hat.«
Jack hob das Gesicht gen Himmel, und Innes überlegte einen Moment, ob sie diesen Augenblick nutzen und die Flucht ergreifen sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. Sie hatte sich schon genug blamiert.
»Ich fürchte, das wird heute nichts«, stellte Jack schließlich fest.
»Sagen Sie, Sie haben nicht zufällig eine Idee, wo ich mich auf die Suche nach guten Motiven machen kann?«, versuchte Innes von ihrem Wolkendebakel abzulenken. »Ich will …«
»Eine Homepage für das Wilkinson Manor gestalten«, vollendete Jack ihren Satz.
Innes sah ihn verdutzt an.
»Ich komme gerade vom Manor. Ich habe nochmal nach Oscar geschaut, und Lucy hat mir begeistert davon erzählt, dass sie bei dieser Aktion helfen darf.«
»Ich hoffe, sie steckt auch Fen noch mit ihrer Begeisterung an.«
»Fenella Wilkinson ist niemand, der sich gern helfen lässt.« Wie recht er damit hatte. Innes vermutete auch, dass Amys Anstellung in der Pension nur als Ausrede diente, ihrer Cousine Geld geben zu können. Gäste gab es ja leider keine, die Amy hätte betreuen müssen.
»Wenn du etwas Zeit hast, ich glaube mein nächster Termin dürfte sich für ein paar gute Fotos eignen«, schlug Jack vor. Innes sah ihn erwartungsvoll an, doch er lachte nur kopfschüttelnd.
»Nein, ich verrate nicht, worum es geht. Also?«
Innes folgte ihm zu seinem Auto, das direkt neben dem Zaun auf dem Weg geparkt war.
»Darf ich nicht mal erfahren, wo es hingeht?«, fragte Innes, als sie den Sicherheitsgurt anlegte.