Daniel Bloch
Creating PassionVom Sprung aus dem warmen Wasser
CreatingPassion
«Der Mensch ist das,woran er glaubt.»
Anton Tschechow, Schriftsteller
ISBN 978-3-906836-99-7
© W. by Editions Weblaw, Bern 2017
Alle Rechte sind dem Verlag Editions Weblaw vorbehalten, auch die des Nachdrucks von Auszügen oder einzelnen Beiträgen. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Dies gilt insb. für Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Design: Alice Blumer – Illustrationen: Benjamin Güdel Daumenkino: Eva Zurbriggen – Foto Biographie: Christian Scholz
«Daniel Blochs Erfolg beruht auf Ur-Werten.Fleiss, Verlässlichkeit, Demut und Detailpflege.Alles, was er unternimmt.Geschieht beseelt, begeistert, freudig.Bezeichnend – seine Treue zum Berner Jura.Es verbinden uns so viele Werte.»
Rudi Bindella, Unternehmer und Gastronom
«Ein Familienunternehmen zu führen, zwingt uns manch-mal dazu, unseren sicheren Hafen zu verlassen, in dem wir uns sonst automatisch bewegen. Wie in der Ballonfahrt muss man zuerst Ballast abwerfen, wenn man fliegen will, etwas, das Daniel Bloch im Laufe der Jahre gekonnt gemacht hat.»
Bertrand Piccard, Psychiater und Abenteurer
«Ein kleines, grosses Buch, packend und persönlich. Relevan-te Fragen zu Familienunternehmen werden kreativ beant-wortet. Der Spagat zwischen dem Erzählen einer Geschichte und Beobachtungen zum Erfolg gelingt Daniel Bloch wun-derbar. Das Buch gehört in jede Unternehmerbibliothek.»
Thomas Zellweger, Professor Universität St. Gallen
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .............................................................................15
Zur Sache, Schätzchen! .....................................................23
1. Teil – Was Macht Sinn? ................................................31
2. Teil – Share – das gemeinsame Projekt .........................57
3. Teil – Blond Rocks: Mut zur Einzigartigkeit .................75
4. Teil – Die Ambition «Authenti-Cité» ............................93
5. Teil – Die Vision macht den Unterschied ...................109
Schlusswort .....................................................................133
Dank ...............................................................................139
Biographie ......................................................................145
PourEsther
«Was nichtgeschriebenwurde, wurdeumsonst gedacht.»
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Vorwort
Im Juli 2016 traf ich mich auf dem Campus des INSEAD (Institut Européen d’Administration) im französischen Fon-tainebleau mit meiner ehemaligen Klasse, um das 20-jäh-rige Jubiläum unseres MBA-Abschlusses zu feiern. Dies schien mir ein guter Moment, um auf die Zeit von damals zurückzublicken. Was waren die Trends, die Theorien und die Träume, als wir noch am Anfang unserer hoffnungsvol-len Laufbahn standen? Welche von den grossen Begriffen und Methoden, die damals gelehrt wurden, haben sich im praktischen Leben bewahrheitet, was spielt für mich heute noch eine Rolle, was hat sich als unwichtig oder sogar falsch erwiesen?
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Ganz bewusst schreibe ich aus der Perspektive eines untypi-schen Abgängers einer solchen Kaderschmiede. Die meisten suchten nach dem Abschluss eine Position bei einem glo-balen Konzern, in einer angesehenen Beratungsfirma wie McKinsey oder im lukrativen und heissen Investmentban-king. Eine eigene Firma zu gründen, daran dachten Mitte der neunziger Jahre die wenigsten Absolventen. Noch wa-ren wir nicht richtig im digitalen Zeitalter angekommen, in dem Firmen praktisch aus dem Nichts entstehen und quasi über Nacht, ausschliesslich auf der Basis einer starken Visi-on, den Börsenwert von langjährigen Giganten übertreffen können. Nein, ich würde die neunziger Jahre schon eher als Zwischenzeit bezeichnen, in der die Gewässer wieder ruhiger geworden waren, nachdem die Computer unseren Alltag schon durchdrungen hatten, aber bevor die grossen Wellen der heutigen digitalen Revolution angerollt waren. In jenen Zeiten der Konsolidierungen erschien eine Karriere bei einem renommierten internationalen Arbeitgeber noch als das Mass aller Dinge.
Gar nicht hoch im Kurs standen damals kleinere, traditi-onelle, eher national ausgerichtete Familienunternehmen wie mein designierter Arbeitgeber Chocolats Camille Bloch. Für ambitionierte junge Menschen versprach ein solcher Player zu wenig Aufstiegsmöglichkeiten, zu wenig Status, zu wenig Lohn, und da ich mich als Enkel des Gründers Camille Bloch meinem Vater gegenüber verpflichtet hatte,
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nach meiner Ausbildung in eben dieses familieneigene Un-ternehmen einzusteigen, machte ich auch nicht mit beim sogenannten Recruiting, einem Prozess, bei dem es darum ging, die guten Jobs zu ergattern. Die grossen Firmen waren seit eh und je hungrig nach jungen Talenten und umwar-ben diese mit einer starken Präsenz auf dem Campus von Fontainebleau. Da wurden Interviews vereinbart, die an-schliessend an den Firmensitzen stattfanden. Ehrlich gesagt bedauerte ich damals, dass ich bei den aufregenden Anek-doten meiner Mitabsolventen über pompöse Headquarters, knifflige Interviewfragen und verlockende Jobangebote nicht mitreden konnte.
Heute bin ich froh, diesen etwas trügerischen Verlockun-gen nicht ausgesetzt gewesen zu sein. Am meisten bereue ich aus heutiger Sicht hingegen, dass ich mich damals nicht bewerben musste. In dieser Zeit hätte es mir gut getan, mich positionieren zu müssen, mir über meine Stärken und Schwächen Gedanken zu machen und diese durch profes-sionelle Interviewer beurteilen zu lassen. Später habe ich gelernt, mich selber zu beurteilen, mich zu hinterfragen und dabei auch zu entdecken, was in mir steckt. Das hilft mir bis heute, die Herausforderungen des Lebens besser zu bewältigen.
Später bekam ich zudem genügend Chancen, mich zu ex-ponieren. Zum Beispiel bei den zahlreichen Vorträgen, zu
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denen ich eingeladen wurde und die gerade dann besonders gut ankamen, wenn ich etwas von mir preisgab. Auch in der Öffentlichkeitsarbeit hielt ich es immer für wichtig, als Vertreter eines national bekannten Familienunternehmens klar Position zu beziehen. Ohne bewusst die Aufmerksam-keit des Publikums zu suchen, aber der Sache zuliebe, wil-ligte ich nach mehrfachen Anfragen schliesslich sogar ein, an Wettbewerben mitzumachen, an denen Unternehmen bzw. Unternehmer ausgezeichnet werden.
Eine wichtige Idee zu diesem Buch ist mir genau im Zu-sammenhang mit einem solchen Wettbewerb gekommen: Es ging um die Wahl des «Entrepreneur of the Year» 2015, ausgerichtet von Ernst & Young (E&Y), bei dem ich zwei Jurymitgliedern meine unternehmerischen Qualitäten prä-sentieren musste. Auch wenn ich das Finale letztlich nicht gewann, wurde mir bewusst, welche Eigenschaften und Ver-haltensweisen mir als Unternehmer geholfen hatten und vor allem, wie stark diese von den konventionellen Manage-mentmethoden abweichen. Hätte ich die Auszeichnung ge-wonnen, so hätte ich auf sämtliche Preise verzichtet und stattdessen E&Y gebeten, mich bei der Herausgabe dieser Publikation zu unterstützen. Nun ist es nicht dazu gekom-men, aber das hält mich nicht davon ab, meine Gedanken festzuhalten.
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In «Creating Passion» erzähle ich Geschichten aus meinem Unternehmen, aus einem etwas anderen, persönlichen Blickwinkel. Der englische Ausdruck passion liegt mir nä-her als das deutsche Wort «Leidenschaft». Vielleicht kommt diese Nähe auch vom französischen Wort passion. Denn die erste Sprache in meinem Leben war Französisch. Erst spä-ter, während meiner Schulzeit in Bern, wurde Deutsch zur Sprache, in der ich mich am präzisesten ausdrücken kann. Französisch ist jedoch meine «langue du coeur» geblieben.
Passion ist unbestreitbar eine Kraft und hat doch im Wirt-schaftsleben und vor allem in der Wirtschaftsliteratur kei-nen besonders guten Ruf. Denn sie entzieht sich der Ana-lyse, ist nicht messbar, nicht planbar und die Frage stellt sich, ob sie überhaupt beeinflussbar ist. Lassen sich die Be-dingungen, unter denen sich Menschen mit Leib und See-le einer Sache hingeben, wirklich steuern? Wahrscheinlich nicht direkt. Aber meine Erfahrung und meine Intuition ha-ben gezeigt, dass dafür in einem Unternehmen günstige Vo-raussetzungen geschaffen werden können. Um das geht es.
Meine Betrachtungen richten sich in erster Linie an junge, ambitionierte und talentierte Menschen, die wie ich nach einem Management-Abschluss in die Wirtschaft einsteigen. Ich möchte sie dazu ermuntern, nach der Ausbildung eine Laufbahn in einem Familienunternehmen in Betracht zu ziehen, denn viele dieser Unternehmen konnten über Ge-
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nerationen eine unternehmerische und lebendige Kultur bewahren, denken langfristig, lassen Fehler zu und finan-zieren mit dem Geld, das sie heute verdienen, Projekte für die Zukunft. Vor allem aber können mittelständische Un-ternehmen mehr als grosse Konzerne auf die Bedürfnisse einzelner Mitarbeiter Rücksicht nehmen und sie letztlich zum Teil einer gemeinsamen Geschichte machen. Zudem können jüngere Menschen, die noch nicht alle Hierarchie-stufen hochgeklettert sind, dafür aber gute Ideen haben, in kleineren Firmen eher etwas bewegen als in grösseren.
Ich habe nicht den Anspruch, ein Lehrbuch zu publizieren und daher verzichte ich ganz darauf, Begriffe wie passion zu definieren. Überhaupt soll dieses Buch eine lockere Lektüre sein, die dem Leser anhand von erlebten Geschichten aus meiner Firma einen Einblick gibt in die Spannungsverhält-nisse, die in einem lebendigen KMU vorherrschen. Denn letztlich ist passion immer eine magische Spannung, die aus dem Gegensatz zwischen Ordnung und Unordnung, Fanta-sie und Realismus, Kreation und Repetition, Gegenwart und Zukunft, zwischen Einzelbedürfnissen und dem grossen Ganzen entsteht.
«Die Wahrheitist Konkret.»
Bertolt Brecht, Schriftsteller
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ZurSache,Schätzchen!
Wo ein Problem auftaucht, muss es möglichst schnell gelöst werden. Gefragt sind ungeduldige Leute, die bereit sind und über das Temperament verfügen, Probleme zu sehen und möglichst schnell zu lösen. Je schneller sie aus dem Weg geräumt sind, desto besser. Es erstaunt daher nicht, dass diese Skills in den vielen Ausbildungs- und Weiterbildungs-programmen auch gefördert werden. Lange Jahre war ich Interviewer für die Aufnahme von INSEAD-Kandidatinnen und -Kandidaten am MBA-Programm. Ein wesentliches Kri-terium für die Evaluation des Potenzials eines Kandidaten war – und ist wahrscheinlich heute noch – seine Fähigkeit, jedes Problem zu lösen. Damit züchten wir Problemlöser, die manchmal sogar Lösungen zu nicht existierenden Pro-
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blemen finden. Dieses Phänomen erlebe ich auch bei den politischen Rahmenbedingungen, mit denen ich als Unter-nehmer konfrontiert bin. Wären wir nicht vom lieben Gott geschaffen worden, sondern vom Gesetzgeber, hätten wir sicher an jeder Hand mindestens fünfzig Finger und nicht fünf, um all die uns gestellten Herausforderungen im Alltag zu bewältigen.
Eine Frage im Raum stehen zu lassen, bis sich eine Antwort abzeichnet, vielleicht nicht nur diese eine Frage zu sehen, sondern gleich mehrere mit dieser Frage zusammenhän-gende Fragen, ohne dass man den Zusammenhang vorher zwischen den verschiedenen Fragen erkannt hätte, dies ent-spricht heute meiner Vorgehensweise. Darauf beruht auch dieses Buch. Wie die fünf Finger einer Hand, ist es in fünf Teile gegliedert. In jedem Teil beschreibe ich in chronologi-scher Reihenfolge eine Situation, die mich stark geprägt hat. Das Leben schreibt ja bekanntlich die besten Geschichten und diese erzähle ich: Wie sie mich gelehrt haben, auf ganz bestimmte Bedingungen besonders zu achten, um Lösun-gen zu finden, die grösser sind als das zu lösende Problem; die neue Optionen eröffnen, neue Perspektiven schaffen und dadurch auch ganz neue Energien mobilisieren kön-nen. Energien, die es einer Organisation plötzlich möglich machen, Sachzwänge aufzuheben, Kreativität freizusetzen, Ziele zu erreichen und in kurzer Zeit viel weiter voranzu-kommen, als in ganzen Jahrzehnten zuvor. Dabei kann eine
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Stimmung entstehen, wie sie in der Gründerzeit der Firma vorherrscht, wenn die Idee des Gründers noch frisch ist und allen Beteiligten das einmalige Gefühl verleiht, dabei zu sein in einem historischen Moment und gemeinsam etwas Grosses leisten zu können.
Mit meinen Geschichten will ich aufzeigen, dass es auch in späteren Phasen einer Firma nochmals möglich ist, diese emotionsgeladenen Momente, diesen Pioniergeist erlebbar zu machen. Gleichzeitig möchte ich dem Klischee entge-gentreten, dass sich die Kultur eines Familienunternehmens schicksalhaft mit jeder Generation und der zunehmenden Anzahl Cousins weiter vom unternehmerischen Esprit des Gründers und seiner Anfänge entfernen muss. Es wäre ein Missverständnis, wenn der Leser oder die Leserin den Ein-druck erhielte, ich wolle ein Erfolgsrezept beschreiben. Ich erzähle nur meine Geschichte. Jede Geschichte ist bekannt-lich einzigartig und lässt sich nur bedingt auf andere Ver-hältnisse übertragen. Jedoch hoffe ich, dass jede einzelne Geschichte inspirieren kann und dass sich daraus gewisse Erkenntnisse ableiten lassen.
Meine erste Geschichte beginnt in den Jahren 2003/2004. In dieser Zeit hatte sich mein Vater aus dem Geschäft, das er über fünfzig Jahre geleitet hatte, ganz zurückgezogen (of-fiziell im Jahre 2005) und erst nach seinem Rücktritt fühlte ich mich für die Geschicke der Firma richtig verantwortlich.
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