„Die Handlung verläuft so rasant und spannend, dass man sich nicht eine Sekunde langweilt, was auch nicht zuletzt an Sören Preschers flüssigem und packendem Schreibstil liegt. Ein actiongeladener Mysteryroman mit tollen Protagonisten, ganz viel Spannung und einer sehr unvorhersehbaren Handlung.“ (Wordworld-Blog)
„Dieser Roman hat mich von Beginn an gefesselt. Gleich die ersten Seiten fangen den Leser ein, und das Buch lässt einen bis zum Schluß nicht mehr los. Intrigen, Spannung und Action, zugleich gibt es viel Rätselhaftes und Unheimliches.“ (Kittys Bücherblog)
US-Journalist Marty Beckett gelingt der ganz große Wurf: Er filmt ein illegales Waffengeschäft zwischen Regierungsvertretern und der Mafia. Doch die Freude währt nur kurz. Statt des erhofften Pulitzerpreises gerät er in Lebensgefahr und muss untertauchen. Nicht nur die Mafia, auch korrupte FBI-Agenten sind hinter ihm her, um ihn zum Schweigen zu bringen. Sie wenden dabei die schmutzigsten Mittel und Intrigen an. Beckett erkennt, dass er niemandem trauen kann und die Sache selbst in die Hand nehmen muss, um die gesamte Enthüllunggeschichte mit den Schuldigen an die Öffentlichkeit zu bringen.
Eine Jagd quer durch die USA beginnt …
Sören Prescher ist Jahrgang 1978, verheiratet und wohnt mit seiner Familie in Nürnberg. Er veröffentlicht regelmäßig in verschiedenen Genres – Thriller, Regiokrimis, Steampunk, Sherlock Holmes und viele mehr.
© 2. Auflage 2018 by Fabylon Verlag
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www.fabylon.de
eMail: team@fabylon-verlag.de
Originalausgabe. Alle Rechte vorbehalten.
eISBN: 978-3-946773-02-3
Für Fabian
Danke für dein wachsames Auge
und die vielen guten Ratschläge über die Jahre.
„We gotta get out while we’re young
‘Cause tramps like us, baby we’re born to run“
„Together we could break this trap
We’ll run till we drop, baby, we’ll never go back“
(Bruce Springsteen: „Born to run“)
ERSTER TEIL: DAS KOMPLOTT
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
ZWEITER TEIL: DAS INSTITUT
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
DRITTER TEIL: KATE UND ERIC
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
VIERTER TEIL: IM EINKAUFSZENTRUM
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
FÜNFTER TEIL: DAS GEISTERHAUS
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
SECHSTER TEIL: GATESVILLE
Kapitel 1
Kapitel 2
SIEBTER TEIL: DAD
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
ACHTER TEIL: ÄRZTE OHNE GRENZEN
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
NEUNTER TEIL: SÉANCE
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
ZEHNTER TEIL: SHOWDOWN
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Marty Beckett begann nicht viele Tage mit einem Beatles-Medley unter der Dusche. Aber am Abend stand die nächste Verabredung mit Carol an und wenn das kein Grund zum Singen war, gab es keinen.
Es war absolut kein Zustand, dass er mit seinen achtundzwanzig Jahren ohne feste Freundin dastand. Nahezu jeder in seinem Bekanntenkreis war vergeben, bei ihm hingegen hielt kaum eine Beziehung länger als sechs Monate. Meist waren es Kleinigkeiten und der Alltag, die einen von beiden irgendwann die Koffer packen ließen. Aber diesmal würde es anders werden. Da war Marty sicher. Heute ging das Daten in die dritte Runde. Bisher hatte es bloß zweideutige Gespräche und zaghafte Küsse gegeben. Die Zeit war reif für mehr.
Während er in der Küche an seinem Latte macchiato nippte, betrachtete er das gerahmte Kinoplakat von Extrablatt an der gegenüberliegenden Wand. Seit seiner Kindheit liebte er die Satire mit Walter Matthau und Jack Lemmon. Der Film hatte ihn auf die Idee gebracht, Journalist zu werden. Inzwischen genoss er das alltägliche Chaos und blühte unter dem Termindruck erst richtig auf.
Als er in seinen Toast beißen wollte, spielte sein Handy A hard day’s night. Marty stöhnte und überlegte, es einfach klingeln zu lassen. Dann sah er, dass Peter dran war. „Guten Morgen, mein Freund. Wie geht es dir?“
„Morgen, Marty, am liebsten gut. Wir müssen uns heute unbedingt sehen.“
Sofort setzte sich Marty aufrecht hin und spitzte die Ohren. Wenn Peter so begann, winkte wahrscheinlich eine interessante Geschichte. Vielleicht wieder so etwas wie die Autoschieber-Affäre, bei der sie sich vor fünf Jahren kennengelernt hatten. Das war eine Hammerstory gewesen. „Worum geht’s?“
„Nicht am Telefon. Ich erzähle dir alles bei unserem Treffen. Gleicher Ort, gleiche Zeit wie immer?“
„Klar, von mir aus gern. Gib mir wenigstens einen Tipp.“
„Marty, ich muss los. Wir sehen uns.“ Das Freizeichen erklang.
Hatte Peter wirklich einfach aufgelegt? Fassungslos schüttelte er den Kopf. Vielleicht glaubte sein Freund ja wieder an abgehörte Telefonleitungen. Paranoide Phasen überkamen den Burschen gelegentlich. Vor anderthalb Jahren war er überzeugt gewesen, ein ausländischer Geheimdienst mache Jagd auf ihn. Es hatte lang gedauert, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Trotzdem hatte Marty nie Peters Zuverlässigkeit in Frage gestellt. Heute Mittag würde er mehr wissen.
Das Redaktionsgebäude des Daily View lag tief im Stadtzentrum Philadelphias, wo Parkplätze begehrt wie Goldbarren waren. Heute fand Marty auf Anhieb einen unweit des Gebäudes. Trevor McCullum kam ihm auf dem Flur entgegen. Er war im selben Alter und von ähnlicher Statur: dünn, aber nicht hager, mittelgroß und mit einem recht jugendlichen Aussehen. Nach Feierabend tranken sie öfters ein Bier zusammen. Im Moment allerdings war Trevor in Eile. „Die Sitzung geht gleich los“, rief er, bevor er im Zimmer der IT-Abteilung weiter vorn auf dem Gang verschwand.
Marty betrat das Büro, das er sich mit Trevor und fünf weiteren Schreibknechten teilte. Neben den Aktenschränken entdeckte er Vincent, einen Mittvierziger mit buschigem Schnauzbart, der üblicherweise mit schlechten Witzen nervte, heute aber nur ungeduldig um den Laserdrucker tanzte.
Die drei Einzeltische am Fenster waren verwaist, aber am hinteren der zwei Doppelschreibtische saß Grace und klopfte mit ihrer Maus wütend auf der Schreibunterlage herum. Sie war Anfang dreißig, asiatischer Herkunft, besaß glatte schwarze Haare und die spitzeste Nase, die er je gesehen hatte. Trotz ihrer etwas unterwürfigen Art dem Chefredakteur gegenüber fand Marty sie unglaublich scharf. Hundert Mal hatte er sie bereits gefragt, ob sie nicht mal zusammen ausgehen wollten. Jedes Mal hatte er auf Granit gebissen. Laut Trevor lag es daran, dass er weder asiatisch noch weiblich war. Marty vermutete, dass es eher ein Hierarchieproblem war.
„Du bist spät dran“, begrüßte sie ihn.
Es steht eben nicht gleich jeder um halb acht auf der Matte, nur um beim Chef zu punkten, lag es ihm auf der Zunge. Er warf einen Blick auf die Uhr. Bis zum Beginn ihrer allmorgendlichen Redaktionssitzung blieben fünf Minuten. Während er sich aus seiner Jacke schälte, überflog er die Faxmeldungen und E-Mail-Ausdrucke auf seinem Platz. Nichts Dringendes darunter.
Er freute sich auf die Sitzung, wenngleich sie sich im Grunde genommen kaum von allen vorherigen Meetings unterschied. Chefredakteur Adam Brubaker würde seine Mitarbeiter fragen, was für Artikel auf dem Plan standen und machte sich Gedanken über den ersten Ausgabenentwurf.
Auf dem Weg dorthin überlegte Marty, von seinem Treffen mit Peter zu erzählen. Adam mochte es, wenn die Journalisten ihre eigenen Ideen und Vorschläge einbrachten, aber was könnte Marty groß berichten? Momentan ließ sich nicht mal abschätzen, wie viel Recherche hinter der ganzen Angelegenheit steckte.
Normalerweise stand für heute außerdem ein Wohltätigkeitsbankett des Bürgermeisters auf dem Plan. Wenn Peter ihm wirklich eine Hammer-Story lieferte, konnte er auf die Schnarchveranstaltung getrost verzichten.
„Könnte Grace eventuell über das Bankett schreiben? Mir ist ein wichtiger Termin dazwischengekommen“, fragte er deshalb. Wie erwartet sagte die Asiatin sofort zu, dankte es Marty aber mit einem vernichtenden Blick.
Um zwanzig vor elf verließ Marty das Redaktionsgebäude. Für gewöhnlich brauchte er zum Fairmount Park mindestens fünfzehn Minuten. Heute schaffte er es in elf.
Von Peter war in der Gasse gegenüber dem Parkeingang noch nichts zu sehen. Stattdessen erwarteten Marty marode Pflastersteine und Zugänge zu etlichen Hinterhöfen. Fenster gab es kaum, dafür umso mehr Hauswände mit Plakaten und Graffiti. Marty war sicher, dass sein Freund gleich auftauchen würde.
Erste Zweifel kamen ihm nach zwanzig Minuten und er versuchte, ihn auf dem Handy anzurufen. Vergeblich. Um die Zeit totzuschlagen, überprüfte er die neusten Meldungen auf dem Presseticker. Nix Spektakuläres dabei.
Nach einer Stunde gab er auf. Die vergeudete Zeit ärgerte ihn und die gute Laune war verflogen. Während der Rückfahrt zur Redaktion wurde ihm ein weiteres Problem bewusst: Er hatte auf Peters Informationen gesetzt und seinetwegen den Artikel über das Bankett sausen lassen. Nun stand er mit leeren Händen da. Wenn er Grace danach fragte, konnte er froh sein, wenn sie nur die Kaffeetasse nach ihm warf.
Also führte ihn sein erster Weg ins Büro der Sekretärin, um sich mit den neusten Meldungen zu versorgen. Die Ausbeute war mager, aber immerhin genug, um doch noch ein paar Zeilen zur morgigen Ausgabe beizusteuern.
Am späten Nachmittag waren sämtliche Kollegen bis auf Marty und Trevor ausgeflogen, um Recherchen nachzugehen oder Interviews zu führen. Neidisch auf Grace war Marty nicht mehr. Es ging nicht gleich die Welt unter, wenn er an einem Tag mal nicht mit einem Artikel, sondern nur mit belanglosen Pressemeldungen im Daily View vertreten war. Außerdem bestanden gute Chancen, dass der Abend den nicht ganz so grandios verlaufenen Tag wieder wettmachen würde.
Bei dem Gedanken an Carol verspürte er ein wohliges Kribbeln im Bauch. Ihre braunen Augen funkelten immer so hungrig, dass Marty sich zusammenreißen musste, nicht bereits jetzt selig zu grinsen. Zufrieden überprüfte er den Schreibtisch. Alle Pressemeldungen waren abgetippt und auf den Redaktionsserver kopiert. Die Artikel für die Webseite hatte er online gestellt. Seine Arbeit für heute war getan.
„Ich mach dann mal Feierabend.“
Trevor schaute auf. „So früh? Triffst du dich wieder mit Carol?“
„Jepp, im L’artiste.“
„Nobel, nobel. Dir muss ja echt viel an ihr liegen. Oder hoffst du, damit endlich zu punkten?“
Marty seufzte. „Sie ist in der Hinsicht eben etwas altmodisch.“
„Verklemmt, trifft es vermutlich besser. Pass auf, dass du dir von ihr nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Nach drei Monaten Flaute würdest du wahrscheinlich die Niagarafälle raufschwimmen, wenn sie darum bittet.“
„Unsinn. Wir verstehen uns super und kommen uns bei jedem Date ein bisschen näher. Ist der ideale Weg, wenn’s was Ernstes werden soll. Es kann nicht jeder gleich in die Vollen gehen.“
„Ich stehe zu meinen Gelüsten. Das solltest du auch. Glaub mir, das befreit dich kolossal. Außerdem weißt du so gleich, woran du bist.“
„Hast du noch mehr von diesen tollen Ratschlägen parat?“
„Säckeweise“, sage Trevor zwinkernd. „Ruf mich an, wenn du Hilfe brauchst.“
Marty ersparte sich weitere Worte und griff nach Handy und Jacke.
An der Wohnungstür empfing ihn Carol mit strahlendem Lächeln und einem sehr, sehr angenehmen Wangenkuss. Martys Pulsschlag stieg und zauberte ihm ein ähnliches Lächeln wie seiner Angebeteten ins Gesicht. Verstärkt wurde es durch ihr atemberaubendes und für Anfang Juni viel zu luftiges Kleid. Der Ausschnitt ließ eindeutige Fantasien zu und Marty sah sich in Gedanken die Träger abstreifen. Das machte es nicht gerade einfach, Carol weiterhin ins Gesicht zu schauen. Ihre vollen Lippen und die winzige Nase zogen ihn aber ebenfalls in ihren Bann. Das, zusammen mit den schulterlangen dunklen Haaren, gab eine nahezu verboten schöne Mischung ab. Marty spürte, wie er ihr von Sekunde zu Sekunde mehr verfiel. Vergnügt gingen sie zu seinem Wagen.
„Wohin führst du mich denn heute aus?“, fragte sie während der Fahrt.
„Ins L’artiste.“ Die Worte klangen wie pures Gold und verfehlten ihre Wirkung nicht.
„Alle Achtung. Muss man die Tische dort nicht Monate im Voraus buchen?“
Betont lässig zuckte er mit den Schultern. „Wenn man die richtigen Leute kennt, ist das kein Problem.“ Was der Wahrheit recht nahe kam. Dank einiger ziemlich wohlmeinender Artikel über das Restaurant hatte ein kurzer Anruf beim Besitzer genügt, um für heute Abend im Reservierungsbuch zu stehen.
So angesehen das L’artiste war, so horrend waren die Preise. Aus Rücksicht auf sein nicht üppiges Reportergehalt entschied sich Marty für das vergleichsweise günstige Putenfilet, während Carol ohne zu zögern eine exquisite Gänseleberpastete nach Art des Hauses bestellte. Bereitwillig nahm der Ober die Bestellung entgegen und kehrte mit einer Flasche teuren französischen Rotweins zurück. Wenigstens schmeckte er gut.
Es dauerte nicht lang und die Weinflasche war bis zur Hälfte geleert. Was größtenteils Carols Verdienst war. Marty hatte nichts dagegen, denn mit jedem Glas entspannte sie sich mehr. Dazu passend wurde ihr Blick immer auffordernder. Allerdings nicht wegen der Pastete, die sie bisher kaum angerührt hatte.
Ich will dich, schienen ihre Augen zu sagen. Hier auf der Stelle.
In Martys Innerem brodelte es. Warum zum Kuckuck aß Carol nicht schneller, damit sie bezahlen und gehen konnten? Gleichzeitig ermahnte er sich selbst, sich nicht wie Barney Stinson zu verhalten. Hier ging es nicht bloß um eine schnelle Nummer, sondern um etwas Richtiges, etwas Längeres, etwas Festes. Nichtsdestotrotz sah Carol unglaublich heiß aus.
Sie fing an, ausgiebig über ihre Kindheit und den Ärger mit ihren älteren Brüdern zu reden. Marty lauschte aufmerksam und bedauerte es, als Einzelkind aufgewachsen zu sein.
„Glaube mir, manchmal ist das sehr viel besser“, sagte Carol. „Keine ständigen Revierkämpfe. Keiner, der einem ständig was wegnimmt oder kaputt macht.“
„War bestimmt nicht nur so. Später haben sie dich sicher vor zu aufdringlichen Verehrern geschützt.“
Carol lachte auf und hielt kurz inne, um sich ein winziges Stück Pastete abzuschneiden. Wieso um alles in der Welt aß sie nur solche Miniportionen? Genoss sie einfach jeden Bissen oder besaß sie eine Essstörung? Oft genug aufs Klo verschwand sie jedenfalls. Ein Punkt, der Marty seit ihrem ersten Date beschäftigte. Er war mit seinem Putenfilet fast fertig und selbst der Beilagensalat war nur noch in Ansätzen vorhanden. Außerdem verglich sie ständig seinen und ihren Teller miteinander. Sollte er ein schlechtes Gewissen bekommen, dass er schneller und mit mehr Appetit aß?
„Ich kann mich bloß an ein einziges Mal erinnern, bei dem meine Brüder dazwischen gegangen sind. Das haben sie allerdings auch nur gemacht, weil sie direkt daneben standen und ihnen der Junge auf die Nerven ging. Ansonsten haben sie sich größtenteils für Sport und Mädchen interessiert. Da blieb nicht viel Zeit für die kleine Schwester.“
„Unglaublich. An ihrer Stelle hätte ich dich wahrscheinlich keine Sekunde aus den Augen gelassen. Es laufen eine Menge Freaks da draußen herum.“
„Das ist lieb.“ Sie schaute ihm tief in die Augen. In Martys Bauch köpften die Endorphine die ersten Sektflaschen. Gleich würde sie ihn fragen, ob sie gehen wollten. Doch Carol senkte den Blick und widmete sich ihrem Essen. „Was ist eigentlich zurzeit los in der Stadt?“ Sie schnitt sich ein weiteres Minipastetenstück ab. „Du als Reporter musst doch wissen, was gerade am Köcheln ist.“
„Nichts. Im Augenblick ist es so ruhig wie am Samstagabend in der Kirche. Bloß die üblichen Sachen. Ein paar Unstimmigkeiten beim Verkehrsamt und irgendwelche Leute, die sich ungerecht behandelt vorkommen. Keine brisante Schlagzeile oder Topstory.“
Und das in einer der Städte mit der höchsten Mordrate in den ganzen USA, fügte er in Gedanken hinzu.
„Das klingt aus deinem Mund wie ein Vorwurf. Was ist denn für dich eine brisante Schlagzeile? Geheime Waffengeschäfte? Amoklaufende Psychopathen? Mörder auf der Flucht?“
„So was in der Art. Ich verrate dir mal ein Geheimnis: Wir Medienvertreter müssen immer berichten, ganz gleich, ob was Interessantes passiert oder nicht. Zeitungen wollen gefüllt werden. Deshalb gibt es manchmal völlig absurde Schlagzeilen und jede Menge Promi-Mist. Nur so bekommt man täglich seine Seiten voll. Ich glaube nicht, dass es einen Zeitungsleser sonderlich interessiert, wenn sich oben, im vierundzwanzigsten Distrikt, Straßengangs einen harmlosen Streit liefern. Erst wenn es blutig wird, wird es für die Leser interessant.“
„Das ist traurig.“
„Das ist das Leben.“ Er hoffte, das Thema damit abgehandelt zu haben. Prinzipiell sprach er gern über seine Arbeit. Ebenso über die Verbrechensstatistiken und jene Gebiete im Norden Philadelphias, von denen man sich lieber fernhielt. Aber nicht heute Abend. Bandenkriege und Drogenopfer vertrugen sich nicht mit romantischen Dates.
Marty setzte seinen Hundeblick auf und hoffte, jenen wundervollen Moment von vorhin zurückholen zu können. Seine volle Blase störte ihn dabei. Sie zu ignorieren, half nichts. „Entschuldige mich bitte für einen Augenblick“, sagte er leise und stand auf.
Beim Öffnen der Tür stieg ihm der Duft eines milden Reinigers in die Nase. Unangenehm war der keinesfalls. Marty steuerte zielsicher zum Pissoir. Der gesamte Raum war in einem weichen Grünton gehalten und strahlte ökologische Ruhe aus. Fehlten nur noch Wasserplätschern und Vogelgezwitscher.
Mit einem leisen Seufzer erledigte er sein Geschäft und überlegte, wie der Abend wohl weitergehen würde. Wollte er Carol zu einem romantischen Spaziergang einladen oder gleich die berühmte „Zu dir oder zu mir“-Frage stellen? Aus dem Augenwinkel heraus nahm er eine Bewegung wahr und schaute auf. Neben ihm stand eine drahtige Gestalt, Ende dreißig, mit ausgewaschenen Jeans und zerknittertem Hemd. Marty traute seinen Augen kaum. „Peter?! Was zur Hölle machst du hier?“
Bevor er antwortete, warf Peter einen vorsichtigen Blick in Richtung Eingangstür. „Ich bin dir gefolgt.“ Kurz schaute er zu Marty und sah sich dann weiter im Raum um.
„Ach, nein, wirklich? Warum hast mich nicht einfach angerufen? Oder besser: Warum bist du nicht einfach zu unserem Treffen erschienen? Immerhin waren wir verabredet.“
„Genau deswegen bin ich hier.“ Peter überprüfte die Toilettenkabinen. Erst als er - wirklich überzeugt zu sein schien, dass sie beide allein waren, schenkte er Marty seine volle Aufmerksamkeit. „Heute Mittag konnte ich nicht kommen, weil ich sicher war, beobachtet zu werden. Aber dann war es doch bloß der Typ aus dem Nachbarhaus. Er glaubt, ich habe ihm den Briefkasten demoliert. Ist eine ganz witzige Geschichte …“
„… die du mir bei Gelegenheit gern erzählen kannst. Jetzt verrate mir lieber, was so brisant ist, dass du nicht am Telefon darüber reden wolltest.“
„Da ist was verdammt Großes im Gange. Nicht irgendwelche kleinen Fische, sondern ein ausgewachsener Coup. Gestern habe ich ein Telefonat belauscht, in dem es um ein geheimes Treffen ging, bei dem alles über die Bühne gehen soll.“
„Was soll über die Bühne gehen?“
„Kann ich nicht genau sagen. Aber es sind wichtige Leute darin verstrickt.“
„Was für Leute?“
„Kein Kommentar. Namen nenne ich keine. Außerdem kennst du sie eh nicht.“
„Mann, deine Geheimniskrämerei nervt. Weshalb erwähnst du es überhaupt, wenn du dann doch nichts erzählst?“
„Reine Vorsichtsmaßnahme. Aber glaub mir, es lohnt sich. Es ist genau die Sache, die du brauchst, um bei deinem Chef endlich als Nummer eins dazustehen.“
Marty seufzte. „Wann findet denn das ominöse Treffen statt? Und vor allem: wo?“
„Unten im Hafen, in Lagerhalle 32. Um zwei in der Nacht. Nachmittags ist dort viel zu viel los.“
„Von wem hast du diese Information?“
„Unwichtig. Es ist ohnehin Zufall, dass ich es aufgeschnappt habe. Und wenn mich jemand fragt, streite ich alles ab. Ich habe dir das auch bloß gesagt, weil du mir oft aus der Patsche geholfen hast. Nicht auszudenken, wenn rauskommt, dass ich dir was gesteckt habe.“
Genau genommen hast du mir fast gar nichts gesteckt, überlegte Marty.
„Denk darüber nach und überleg dir, was du tun willst“, sagte Peter. „Ich sage nur, dass es sich für dich lohnen würde. Die Sache könnte aber auch verdammt heikel werden.“
Noch während er sprach, drehte er sich zum Ausgang um. Seine Schuhe quietschten auf den Fliesen. Mit der Hand auf dem Knauf verharrte er. „Vergiss nicht: Von mir weißt du kein Sterbenswort. Das ist besser für uns alle.“
Bevor Marty was erwidern konnte, verschwand der Informant durch die Tür. Verdutzt schaute er ihm hinterher und leckte sich die Lippen. Obwohl er noch immer im Dunkeln tappte, hatte Peter es geschafft, ihn neugierig zu machen. Vor allem mit der Versicherung, dass es eine Sache wäre, mit der er bei Adam glänzen könnte. Vielleicht hatte er Carol nicht die Wahrheit gesagt und in der Stadt braute sich doch etwas zusammen. Eine Topstory, wie er es vorhin genannt hatte.
Nachdenklich trat er ans Waschbecken und beugte sich hinab, um sich auch das Gesicht zu waschen. Peters Neuigkeiten hatten ihn ins Schwitzen gebracht. Beim Aufrichten schaute er in den Spiegel und erstarrte. Statt seines Spiegelbildes erblickte er eine junge Frau mit dunkelblonden Haaren und ernster Miene. Erschrocken wich Marty zurück. Sein Atem stockte.
Eine Sekunde darauf war das Frauengesicht verschwunden und der Spiegel zeigte nur einen blassen jungen Mann mit dunklen Haaren. Im ersten Moment verstärkte dies seine Verwirrung. Dann setzte sein rationales Denken ein und ihm dämmerte, dass er das Gesicht der Frau kannte. Mehr noch, er wusste von ihrem urplötzlichen Auftauchen und Verschwinden.
Dies hier war bei weitem nicht ihr erster Besuch. In den letzten Jahren hatte sie sich immer wieder mal gezeigt, meist in Momenten, in denen er es am wenigsten gebraucht hatte. Wie das möglich war oder weshalb die Frau ihn heimsuchte, verstand er nicht. Vielleicht war sie ein Hirngespinst, ein imaginärer Freund, wie ihn Kinder manchmal besaßen.
Er wusste nicht einmal mehr, wie oft er sie oder wann er sie das erste Mal getroffen hatte, nur, dass es nicht besonders häufig gewesen war. Trotzdem hatte ihm die Erscheinung eine Zeitlang wirklich Angst gemacht und er war deswegen zu einem Neurologen gegangen. Doch der hatte weder Anzeichen für ein Hirntumor noch ein Schädeltrauma gefunden. Zwei Sitzungen lang hatte er einen Psychiater sein Glück probieren lassen und es ergebnislos abgebrochen. Die ganze Angelegenheit blieb rätselhaft.
Vorsichtig trat Marty wieder ans Waschbecken und stellte den Wasserhahn ab. Was zur Hölle bedeutete dieser kurze Besuch? Weshalb zeigte sich die Frau ausgerechnet jetzt? Grübelnd kehrte er zu seinem Tisch zurück und hoffte, dass Carol nichts von seinem Schrecken bemerkte. Doch ihr ernster Blick ließ kaum Zweifel übrig. „Alles okay mit dir?“
„Keine Sorge, ich bin in Ordnung.“
Zum Glück hakte Carol nicht weiter nach. Marty lächelte dankbar.
Sie blieben noch eine reichliche halbe Stunde und Carol erzählte auf höchst amüsante Weise, wie sie gestern im Supermarkt den Wagen verwechselt hatte und sich danach zehn Minuten lang die Standpauke einer älteren Dame hatte anhören müssen. Während sie sprach, konnte Carol ihr eigenes Lachen kaum zurückhalten. Die Fröhlichkeit färbte auf Marty ab und er stimmte in das Lachen mit ein. Bereits nach wenigen Minuten hatte er Peter und die geheimnisvolle Frau vergessen.
Während der Fahrt zu Carols Apartment in Chestnut Hill galt Martys gesamte Aufmerksamkeit seiner hübschen Beifahrerin, die auf dem Sitz die Knie übereinander geschlagen hatte, sodass ihr Rock verrutscht war und mehr Bein präsentierte, als seiner Besitzerin bewusst sein dürfte. Die Temperatur im Auto stieg im Minutentakt. Es fiel Marty schwer, überhaupt auf die Straße zu achten.
Trotzdem gelang ihm das Kunststück, den Taurus heil in Carols Straße zu lenken. Sie parkten direkt vor der Haustür. Einen Moment lang schauten sich die beiden stumm an, dann kamen sich ihre Gesichter näher. Genüsslich schloss er die Augen.
Carols Lippen waren weich und schienen mit seinem Mund zu verschmelzen. Marty bekam gar nicht genug von ihr. Als seine Zunge über ihre Lippen strich, hielt Carol plötzlich inne. Sofort befürchtete Marty, etwas Falsches getan zu haben, doch ihre Augen sprachen eine andere Sprache.
„Möchtest du mit rauf in meine Wohnung kommen?“, fragte sie ihn mit einem Unschuldsblick, der als unfair gelten musste. „Wir könnten noch einen Kaffee trinken, oder so.“
Marty lächelte. Oder so. Die Glücksgefühle tanzten Samba in seinem Inneren.
„Liebend gern“, antwortete er und sah sich in Gedanken den Reißverschluss ihres Kleides öffnen. Darunter trug sie weiße Spitzenunterwäsche, wie er vorhin gesehen hatte. Er gierte danach, die makellos glatte Haut ihrer Schulter zu küssen und ihr dabei den BH-Träger herabzuschieben.
Doch mit einem Male gefror sein Lächeln. Das Treffen im Hafen. Heute Nacht. Was war ihm wichtiger? Das unbekannte Riesending, vom dem Peter erzählt hatte, oder die großartigen Dinge, die Carol mit ihm anstellen würde?
„… aber ich kann nicht“, vollendete Marty den Satz. Er wusste in derselben Sekunde, dass es ein fataler Fehler war. Wenn er jetzt ablehnte, bekam er vielleicht nie wieder eine Chance. Oder aber Carol ließ ihn diese Abfuhr ewig spüren.
Sie starrte ihn an, als hätte er ihre Mutter geschlagen. Bestimmt lag es sehr lange zurück, dass sie eine Abfuhr bekommen hatte. Möglicherweise war das noch nie geschehen.
„Ich kann nicht“, wiederholte Marty. „Ich muss heute Abend noch was erledigen. Es tut mir leid.“
Ein weiterer Fehler, den er sofort bereute. Man sagte seinem Date nicht, dass man etwas zu erledigen hatte. Es durfte nichts Wichtigeres geben. Zumindest nicht in den Augen der Frauen. Als ihm das dämmerte, wollte er schnell eine Erklärung über unerledigte Arbeit in der Redaktion hinterherschieben. Aber verdammt, hatte er ihr vorhin nicht gesagt, dass derzeit nicht viel los war? Außerdem hätte er wie ein karrieregeiles Arschloch dagestanden.
„Schon okay.“ Carol tat so, als wäre es tatsächlich nicht so schlimm. Ihre Miene bewies das komplette Gegenteil.
„Ein anderes Mal säße ich längst auf deinem Sofa. Nur eben heute geht es nicht. Da ist diese Sache …“
Sie stieg aus und er folgte ihr. Auf dem Weg zum Hauseingang suchte er nach Worten, fand aber nichts, was seine Entscheidung erklärte oder entschuldigte. Er hoffte, das Problem mit einem Kuss zu beheben, doch Carol wich ein deutliches Stück zurück. Gleichzeitig zog sie den Schlüsselbund aus ihrer Tasche. Sie drückte ihm einen flüchtigen Abschiedskuss auf die Wange und verschwand im Treppenhaus.
„Ich ruf dich an“, rief Marty, doch da fiel die Tür bereits ins Schloss. Eine Sekunde hoffte er, Carol würde umkehren, doch nichts dergleichen geschah.
„Autsch“, flüsterte er, während er auf die verschlossene Haustür starrte. Das Schlimmste war, dass er Carol die Reaktion nicht einmal verübeln konnte. Drei Verabredungen hatten sie gebraucht, um an einen Punkt wie heute Abend zu gelangen. Dann hatte Marty das ganze Kartenhaus innerhalb eines Moments zusammenstürzen lassen. Mit einem Blumenstrauß allein würde er das nicht ungeschehen machen können.
Auf dem Rückweg zu seiner Wohnung ließ sich Marty viel Zeit. Das brisante Treffen fand erst um zwei Uhr statt und im Moment war es kurz nach elf. Außerdem ließ ihm Carols letzter Gesichtsausdruck keine Ruhe. Sie hatte ihm mit einem einzigen Blick so viel Verachtung geschenkt, wie ihn ein männlicher Teenager während seiner gesamten Highschool-Zeit zu spüren bekam. Wie konnte es sein, dass er sich wegen eines einzigen Blicks einer obgleich wunderschönen Frau wie ein kompletter Idiot fühlte?
Aber vielleicht war er das. Drei Stunden waren es noch bis zum Termin im Hafen. Selbst wenn sie beide vorher eine ganze Kanne Kaffee getrunken hätten, wäre ausreichend Zeit für ein ausgiebiges Schäferstündchen gewesen. Inklusive Vorspiel und hinterher Kuscheln. Vielleicht sogar für eine zweite Runde. Aber nein, Marty Superschlau hatte das Angebot einfach ausgeschlagen.
„Gnade dir Gott, wenn es nicht wirklich wichtig ist, Peter.“
Mit schweren Schritten stapfte er die Treppen zu seiner Wohnung hinauf. Beim Anblick des unerledigten Abwaschs im Spülbecken rümpfte er die Nase. Hätte Carol vorgeschlagen, zu ihm zu fahren, wäre sie deswegen wahrscheinlich abgedampft. Das hieß, sofern sie in seiner Wohnung überhaupt in die Küche gekommen wäre. Aber es brachte nichts, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen.
Er vermutete seine Spiegelreflexkamera auf dem Küchentisch, doch er fand sie im Wohnzimmer in einem kleinen Regal neben dem Plasmafernseher. Das Nikon-Logo schien ihn frech anzugrinsen. Im Schein seiner Neonbeleuchtung überprüfte er, wie voll die Speicherkarte war. Noch Platz genug für 1281 Fotos. Das sollte genügen.
Was war mit einer Taschenlampe? Um gegen zwei Uhr morgens in einer alten Lagerhalle herumzuschnüffeln, wäre sie bestimmt nützlich. Er kramte im Flur eine alte Lampe hervor, die aussah, als hätte sie Martys Großvater im zweiten Weltkrieg im Kampf gegen die Japaner bei sich geführt. Aber sie funktionierte tadellos und die Batterien besaßen genug Saft, das halbe Zimmer auszuleuchten.
Auf dem Weg zur Tür bekam er einen weiteren Geistesblitz. Mit großer Wahrscheinlichkeit wollte er sich im Lagerhaus Notizen machen. Ein Zettelblock und ein Kugelschreiber waren zwar nützlich, in der Finsternis aber vollkommen fehl am Platze. Ein Diktiergerät allerdings nicht. Marty lobte sich selbst für diese großartige Idee und kramte den digitalen Rekorder aus dem Flurschrank hervor.
Normalerweise war er kein Freund dieser Geräte, weil ihn das mühsame Abtippen nervte. Aber wenn heute tatsächlich ein ausgewachsener Coup stattfand, wollte er darauf lieber nicht verzichten. Nachdem er auch diese Batterien überprüft hatte, verließ er die Wohnung.
Marty genoss es, den Ford durch die hell erleuchtete Großstadt zu lenken und dabei leiser Musik aus dem Autoradio zu lauschen. Das drängte das Carol-Debakel in den Hintergrund und nach einer Weile kam er sich nicht mehr wie ein Volltrottel vor. Ob seine Entscheidung richtig gewesen war, würde sich allerdings erst nach dem ominösen Treffen herausstellen. Marty betete inständig dafür.
Je weiter er sich in Richtung Delaware River wagte, desto weniger wurden die Hochhäuser und beleuchteten Schaufenster. In Hafennähe waren sie sich nichts anderes mehr als eine eindrucksvolle Hintergrundkulisse. Die beiden Liberty-Türme mit den gewaltigen Turmspitzen und das Comcast Center in der Innenstadt stachen heraus. Ihr Anblick wirkte wie ein Postkartenmotiv.
In einiger Entfernung ratterten die Hochbahn und vereinzelte Kranmaschinen, die trotz der späten Stunde noch Schiffe beluden. Bis auf wenige Ausnahmen waren sämtliche Gebäude verdunkelt, nur an den Umpackstationen und am Ladehafen brannte Licht. Je weiter er sich ins Hafengebiet hineinwagte, desto verlassener wurde die Gegend. Der Maschinenlärm nahm ab, ebenso die Zahl der Straßenlaternen. Es dauerte nicht lang, dann fand sich Marty in einem völlig verwaisten Bereich des Hafens wieder. Links von ihm türmten sich klobige und zum Teil rostige Containerwände, rechts befanden sich Baracken, die im Lichtkegel der Autoscheinwerfer ziemlich heruntergekommen aussahen. Nach kurzem Umschauen parkte er den Wagen in einer Gasse zwischen zwei Containertürmen.
Nun begann der schwierige Teil: Wie um alles in Welt sollte er Lagerhalle 32 finden? Sämtliche Gebäude sahen gleich aus, noch dazu lagen sie verteilt über ein schier endloses Gebiet. Ohne seine Taschenlampe wäre er vollkommen aufgeschmissen.
Marty erinnerte sich, vor einem Dreivierteljahr das letzte Mal im Hafen gewesen zu sein. Anlass war eine Gewerkschaftsveranstaltung gewesen, die schnell in eine hitzige Diskussion ausgeartet war. Allerdings waren sowohl das Gebäude als auch der Weg dorthin gut beleuchtet und leicht zu finden gewesen. Bereits auf der Delaware Avenue, der Hauptverkehrsstraße, hatte es Hinweisschilder gegeben.
Heute stellte er sich mehrfach die berechtigte Frage, ob hier hinten überhaupt noch gearbeitet wurde. Nicht nur am Abend, sondern generell. Trotz der Dunkelheit wirkte alles ziemlich verwahrlost.
Mit der Taschenlampe strahlte er die Vorderseite der Gebäude an und fand dort beginnend mit der Zahl 17 die Lagerhallennummern. Nach gut zehn Minuten stand er vor Lagerhaus 32. Ein riesiger Berg aus Paletten, verbeulten Fässern und Folienresten verdeckte das rostige Rolltor und die daneben befindliche Tür fast komplett.
Beim Öffnen quietschte die Tür laut wie ein Martinshorn. Marty erstarrte. Er war überzeugt, das halbe Hafenpersonal oder zumindest die Sicherheitsleute auf sich aufmerksam gemacht zu haben. Endlos lange Sekunden wagte er sich nicht einmal zu bewegen. Als nichts geschah, ging er langsam weiter.
In Filmen erwartete einen beim Betreten solcher Lagerhallen meist ein bissiger Dobermann, der es auf ganz bestimmte Teile der männlichen Anatomie abgesehen hatte. Doch abgesehen von hastig flüchtenden Ratten schien es hier keine Lebewesen zu geben. Von wertvollen Gütern ganz zu schweigen.
Der Lichtkegel huschte über unzählige Palettenstapel und einen uralten Gabelstapler, den vermutlich nicht mal ein blinder Dieb mehr gestohlen hätte. Das Licht seiner Taschenlampe fuchtelte nervös durch die Finsternis, verhinderte aber, dass Marty Unfälle passierten oder er unbeabsichtigt Lärm erzeugte.
So hoffte er zumindest.
Doch als er nur wenige Sekunden lang das Licht auf ein waghalsiges Palettenturmkonstrukt richtete, übersah er am Boden ein längliches Rohrstück. Wer zum Geier ließ so was dort auch liegen?
Das Rohr rollte vorwärts und Marty ruderte einen Moment lang hilflos mit den Armen durch die Luft. Er versuchte, sich an den Paletten festzuhalten. Vergeblich. Unbeholfen stolperte er nach vorn.
Das Rohr rollte weiter, sein rechtes Knie knallte mit voller Wucht gegen die Kante einer Holzkiste. Auuuh … Tat das weh. Es fühlte sich an, als wäre die Kniescheibe gespalten. Tränen schossen ihm in die Augen und er keuchte vor Schmerz. Um ein Haar hätte er die Taschenlampe fallen gelassen.
Zwei Meter lang humpelte er auf beiden Beinen, anschließend hielt er sich das schmerzpochende Knie und tänzelte durch die Dunkelheit wie ein Indianer während des Regentanzes.
Leise wimmernd erreichte er die gegenüberliegende Wand. Er ließ das Bein sinken, bis die Qualen halbwegs im erträglichen Bereich ankamen. Zitternd richtete er den Lichtkegel auf das Knie. Der befürchtete tiefrote Fleck auf dem Hosenbein blieb aus. Lediglich eine Staubschicht klebte am Jeansstoff. Behutsam fuhr er mit den Fingern darüber. Keine gute Idee. Eine weitere Schmerzenswelle überkam ihn. Marty heulte auf und biss die Zähne zusammen. Wider Erwarten fühlte sich die Kniescheibe unversehrt an.
Nachdem das Pochen nachgelassen hatte, wagte er erste Gehversuche. Sofort schien die Kniescheibe wieder unter einer emsig ratternden Nähmaschine zu liegen. Marty entschied spontan, dass nichts dagegensprach, an dieser Stelle auf die restlichen Besucher zu warten. Von hier aus behielt er sowohl die Eingangstür als auch das große Tor gut im Auge.
Mehrfach war er davon überzeugt, dass es so weit wäre. Doch jedes Mal war es bloß der raue Nachtwind, der draußen mit dem Geröll spielte. Um 1:45 Uhr hörte er wieder Geräusche. Als sich gleich darauf laut quietschend die Tür öffnete, wusste Marty, dass er diesmal nicht daneben lag.
Vorsichtig stand er auf und war dankbar dafür, dass wenigstens die Knieschmerzen verschwunden waren. Leise pirschte er sich nach vorn und versuchte auszumachen, um wen es sich bei dem nächtlichen Besucher handelte. Doch er erkannte lediglich schemenhafte Gestalten. Aus der Art, wie sie sich bewegten, schloss er, dass es ausschließlich Männer waren. Wenig später betätigte jemand den Lichtschalter und tauchte die Halle in mattes Blau.
Blieb die Frage, wohin die nächtlichen Besucher gehen würden. Wenn es ihnen allerdings einzig und allein um einen ungestörten Treffpunkt ging, bot die Hallenmitte ideale Möglichkeiten. Platz gab es dort reichlich, dazu jede Menge Holzkisten, auf denen man Lagepläne, Steckbriefe oder was auch immer ablegen konnte.
Den Geräuschen nach zu urteilen, waren die Männer dorthin unterwegs. Viel Zeit blieb Marty nicht. Er lief los, nutzte die Kisten und Paletten als Deckung. Nach wenigen Sekunden erreichte er sein Ziel und ging hinter zwei Palettenstapeln in Deckung. Hier sah er alles und es gab genug Platz, um gegebenenfalls weiter nach links oder rechts auszuweichen.
Die lauter werdenden Stimmen der Fremden brachten ihn auf eine Idee. Vielleicht war sie waghalsig, möglicherweise verrückt. Mit dem Puls eines Biathleten hastete er zur Hallenmitte. Jeden Moment konnten die Männer hier sein.
Noch unterwegs stellte er mit zitternden Fingern die Lautstärkeregelung des Diktiergeräts auf Maximum. Vor einem niedrigen Palettenstapel blieb er stehen und schob das Aufnahmegerät in eine kleine Nische dazwischen. Wenn niemand direkt hinsah, würde es hoffentlich keinem auffallen. Marty schlich zu seinem Versteck zurück und wartete gespannt darauf, dass die Besucher ihr Ziel erreichten.
Zuerst waren zwei stämmige Burschen mit breiten Schultern und Türsteherqualitäten zu sehen. Ihre ebenso grimmigen wie angespannten Blicke glitten über sämtliche Kisten und Palettenstapel. Marty fand, dass sie wie Bodyguards aus einem Raymond-Chandler-Roman aussahen. Dass die beiden für die Sicherheit zuständig waren, stand außer Frage.
Ein Mann im grauen Alltagsanzug, mit penibel gekämmtem Mittelscheitel und emotionslosem Gesicht, lief hinter ihnen. Er wirkte wie die Karikatur eines Regierungsbeamten. Als gleich darauf die nächste Person zu sehen war, wusste Marty, dass er sich mit dieser Vermutung nicht geirrt hatte. Vor Verblüffung blieb ihm der Mund offen stehen.
Das konnte nicht sein.
Er kannte den grauhaarigen Mann im Anzug, der jetzt in Sichtweite kam. Er kannte das breite und faltige Gesicht mit den durchdringenden Augen und der kantigen Nase und auch den Namen, der zu der Person gehörte: Quentin Hallbrook. Ein guter Freund von Martys Vater Richard.
Mit vielem hatte er gerechnet, aber gewiss nicht damit. Schon gar nicht, weil es sich bei Quentin Hallbrook um einen renommierten FBI-Agenten handelte. Was zur Hölle suchte der hier? Möglicherweise war dies ja eine verdeckte Ermittlung. Allerdings trug Hallbrook fast dieselbe Kleidung wie der andere Regierungsbeamte. Sprach das eher für oder gegen ihn?
Als nächstes kamen wieder zwei Muskelmänner mit Stiernacken und breitem Kreuz. Marty dachte an einen Hinterhalt, aber irgendetwas stimmte an dieser Überlegung nicht. Einen Augenblick später kam er darauf: Zwar besaßen die Bodyguards allesamt den Charme von Kampfhunden auf dem Kinderspielplatz, aber ihre Blicke waren abschätzend und distanziert. Keinesfalls mordlüstern. Außerdem trug Hallbrook einen schwer aussehenden Alukoffer, den er nicht eine Sekunde lang aus den Augen ließ.
In diesem Augenblick quietschte und rasselte etwas so laut, dass Marty erschrocken zusammenzuckte. Gleich darauf wurde auf der Westseite ein riesiges Tor geöffnet. Irritiert hob Marty den Kopf. Dieses Tor war ihm bei seinem Rundgang gar nicht aufgefallen. Wurde ihm diese Unachtsamkeit jetzt zum Verhängnis? In Gedanken folgte er dem Weg zum Tor und fand, dass er in seinem Versteck vor den anderen Besuchern sicher sein dürfte.
Drei weitere Männer betraten die Halle. Zwei von ihnen besaßen hinsichtlich Kleidung und Statur erstaunliche Ähnlichkeit mit den vier Gorillas. Der Unterschied machte die dritte Person, die genau wie Hallbrook einen Aktenkoffer bei sich trug. Das Licht der Deckenbeleuchtung spiegelte sich einen Moment darauf. Es war ein dunkelhaariger Mann von schätzungsweise vierzig Jahren in einem Anzug, der aussah, als hätte er eine ordentliche Stange Geld gekostet.
Ein Muskelprotz verschloss das Tor, dann steuerten die drei auf die andere Personengruppe zu. Der Anzugträger in der Mitte bewegte sich mit einer inneren Ruhe, die nur jemand haben konnte, der ganz genau wusste, was wann, wie und warum geschah. Der Gutgekleidete rief seinen Begleitern etwas auf Spanisch zu, das Marty nicht verstand. Aber im Moment war er eh damit beschäftigt, seine Kamera von Fotos auf Videoaufnahmen zu stellen. Zwar waren die Lichtverhältnisse nicht optimal, dennoch könnte dieses Treffen zu interessant werden, um es bloß auf Fotos festzuhalten. Bildabzüge für die Zeitung konnte er vom Film später immer noch machen.
„Schön, Sie wieder zu sehen, Gentlemen“, sagte der gut gekleidete Mann in einem Englisch, das seine südamerikanische Herkunft nicht verleugnen konnte. Hallbrook und Partner nickten.
„Haben Sie das Geld dabei?“, fragte der FBI-Agent im grauen Anzug. Bei diesen Worten kribbelte es Marty nervös in seinem Magen. Da ist etwas verdammt Großes im Gange. Nicht irgendwelche kleinen Fische, sondern ein ausgewachsener Coup.Peter hatte Recht behalten.
„Kommt darauf an, was Sie in Ihrem Gepäck haben“, erwiderte der Südamerikaner. Diesmal war sein Akzent noch deutlicher herauszuhören.
Hallbrook nickte erneut und bewegte sich in Martys Richtung. Unmittelbar neben dem versteckten Diktiergerät blieb er stehen und legte den Koffer auf eine Holzkiste.
Scheiße.
Einen Moment lang befürchtete Marty, er könnte das Aufnahmegerät entdecken, doch der Agent schaute nicht eine Sekunde zu den Paletten.
Der Südamerikaner und zwei Begleiter kamen zur gegenüberliegenden Kistenseite. Hallbrook beugte sich über seinen Koffer und öffnete ihn. Marty schlich einige Meter nach rechts, um einen besseren Winkel für seinen Film zu bekommen. Als Hallbrook den zweiten Kofferverschluss aufschnappen ließ, war das Kameraauge wieder auf sein Ziel gerichtet. Mit Hilfe des Objektivs versuchte er herauszufinden, was sich im Koffer befand. Leider stimmte der Blickwinkel noch immer nicht und er sah lediglich den Kofferrand und Hallbrooks Hand. Der Südamerikaner setzte ein zufriedenes Lächeln auf.
Das beruhigte auch die FBI-Agenten und sie wirkten gleich um einiges lockerer. Hallbrook zeigte mit der linken Hand auf den Koffer und sprach davon, dass die Ware vollautomatisch und selbstverständlich voll funktionsfähig wäre. Vermutlich ging es nicht um Kinderspielzeug.
„Lieferung erfolgt wie immer“, sagte der andere FBI-Agent. Der Südamerikaner nickte und legte seinen Koffer neben den von Hallbrook.
Als er die Verschlüsse aufschnappen ließ, zoomte Marty abermals heran. Diesmal erkannte er den Inhalt problemlos. Jede Menge Banknoten. Bestimmt mehrere zehntausend Dollar, vielleicht mehr.
„Die Hälfte der vereinbarten Summe. Den Rest bekommen Sie nach Auslieferung.“
Beide Agenten nickten zufrieden. „So wie immer.“ Hallbrook streckte die Hände gierig nach dem Geldkoffer aus.
„So wie immer, meine Herren“, stimmte der gut gekleidete Mann zu. Ein wohlmeinendes Raunen ging durch die Reihen der Leibwächter. Einmal mehr fühlte sich Marty wie in einem Raymond-Chandler-Krimi.
„Es freut mich immer wieder, mit dem FBI Geschäfte zu machen“, sagte der Südamerikaner.
Martys Mund wurde trocken. Das hier war eindeutig keine verdeckte Ermittlung.
„Ich schlage vor, dass wir nun gemeinsam die Ware begutachten.“
„Keine Einwände.“ Hallbrooks Partner machte Platz, damit der gut gekleidete Mann mit seinen Bodyguards an ihm vorbeikam. Marty ließ die Kamera sinken und lauschte geduldig, wie sich die Männer entfernten. Erst als er überzeugt war, dass ihn niemand mehr sah, huschte er zum Diktiergerät. Im selben Moment, wie er es berührte, schaltete jemand das Licht in der Lagerhalle aus.
Die Show war vorüber und Marty verstaute die Kamera. Mit der Taschenlampe in der Hand schlich er zum Ausgang. Konnte er sich bereits hinauswagen? Was, wenn die anderen direkt vor der Lagerhalle standen? Unschlüssig presste er das Ohr gegen das verbeulte Tor, hörte auf der anderen Seite aber bloß das Pfeifen des Windes. Genügte dies, um völlig sicher zu gehen? Am liebsten hätte er einige Minuten abgewartet, doch die Übergabe der Ware gab mit Sicherheit weitere gelungene Motive ab. Wer den Pulitzer-Preis anstrebte, musste dafür etwas riskieren.
Nur Mitleid bekommt man geschenkt, lautete die hierzu gut passende Lebensweisheit seines Freundes Trevor.
Trotz aller Vorsicht quietschte die Tür auch diesmal, aber als Marty hinaussah, wusste er, dass es keiner gehört hatte. Weit und breit war keine einzige Person zu sehen. Er lief an zwei modrigen Palettenstapeln vorbei und lugte um die nächste Lagerhallenwand. Auch hier war niemand in Sicht.
Vergiss es, sagte er sich und schaltete die Kamera aus. Heute Abend würde er keine brisanten Aufnahmen mehr bekommen. Eine Sekunde lang war er enttäuscht. Dann dachte er an den Filmclip und seine Laune besserte sich schlagartig. Lautlos schlich er zum Auto zurück.
Einen Großteil der Nacht starrte er putzmunter an die Zimmerdecke und zermarterte sich das Hirn über das Treffen am Hafen. Was um alles in der Welt hatte Quentin Hallbrook dort zu suchen gehabt? Marty hatte ihn von jeher als Dreckskerl eingeschätzt, aber das hier schien weit, sehr weit darüber hinauszugehen. Und wenn das, was Marty in der Lagerhalle beobachtet hatte, tatsächlich so stimmte, hatte er einen wirklich dicken Fisch am Haken. Möglicherweise war der Gedanke an den Pulitzer-Preis gar nicht so weit hergeholt.
Nach zwei Stunden unruhigen Schlummerns riss ihn das Weckerklingeln um kurz nach sieben aus den Träumen. Am liebsten hätte er kalt geduscht, um halbwegs wach zu werden. Während des Frühstücks flößte er sich teerartigen Espresso ein und kopierte die Aufnahmen des Diktiergeräts und der Kamera-SD-Karte auf einen USB-Stick. Davon, dass der Audiomitschnitt in verhältnismäßig guter Qualität war, hatte er sich noch gestern Abend überzeugt. Sämtliche Dialoge und Geräusche waren glasklar zu verstehen. Da hielt selbst die HD-Videoaufnahme nicht mit, die zwar über gestochen scharfes Bild verfügte, deren Ton allerdings etwas dumpf klang, weil sich das Mikrofon eben nicht in unmittelbarer Nähe befunden hatte.
Unangenehm wurde es bei der allmorgendlichen Redaktionssitzung. Nach Martys gestrigen Andeutungen war Adam Brubaker entsprechend neugierig und bohrte ständig nach.
„Ich bin noch dabei, die Daten auszuwerten“, versuchte Marty ihn abzuspeisen, aber genauso gut hätte er versuchen können, einen Hund von seinem Kauknochen fernzuhalten. Verdenken konnte Marty es ihm nicht. Seit zwei Tagen sprach er von einer großen Sache, ohne wirklich etwas Handfestes vorgelegt zu haben. Und der Boss war Marty noch nie durch übermäßige Geduld aufgefallen. Trevor und Grace grinsten frech, so als würden sie es für eine angemessene Strafe halten.
Nach der Sitzung eilte er zu seinem Schreibtisch, um mit der Abschrift der Diktiergerätaufnahme zu beginnen. Um sicherzustellen, dass kein Kollege Wind davon bekam, setzte er sich Kopfhörer auf und scrollte den Text stets so weit hinab, dass lediglich die letzten drei Zeilen zu lesen waren. Immer wieder schielte er skeptisch über die Schulter, aber Grace und die anderen Kollegen im Raum waren längst in ihre eigenen Artikel vertieft. Trevor war aufgebrochen, um sich mit dem Leiter einer Spezialeinheit über die Erfolge im Kampf gegen den Drogenhandel zu unterhalten. Artikel dieser Art kamen bei den Lesern immer gut an. In ihren Briefen wurde oft genug ein stärkeres Durchgreifen gefordert.
Als er sich nach der erledigten Abschrift streckte, war er überrascht, dass er bis auf einen Praktikanten weiter vorn am Fenster allein im Zimmer war. Die perfekte Gelegenheit, sich das Video noch einmal komplett anzuschauen. Für alle Fälle lauschte er aber auch dieser Aufnahme mit Kopfhörern. Der Anblick von Quentin Hallbrook und seinem Partner erhöhte seinen Herzschlag, der Blick auf den Geldkoffer zauberte ihm ein stetig wachsendes Grinsen ins Gesicht. Diese Story war mehr als Gold wert.