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Michael Oefner

In 20 Schritten zum Redeprofi

Rhetorik für die Praxis

In 20 Schritten zum Redeprofi

von Michael Oefner

Illustrationen von Daniela Hauser

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Michael Oefner (Text); Daniela Hauser (Illustrationen)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar

978-3-7451-0137-9 (Paperback)

Business Insights by Haufe

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

All denjenigen gewidmet, die ihrem Publikum nicht grauen Einheitsbrei auftischen, sondern ihre Zuhörerinnen und Zuhörer mit rhetorischen Delikatessen verwöhnen wollen.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Drei Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Auftritte

1 Freude

2 Unterhaltung

3 Übung

10 Schritte zur optimalen Vorbereitung

1 Ziel exakt festlegen

2 Publikumsausrichtung

3 Entscheidende Fragen

4 Informationen sammeln und sortieren

5 Anti-Langeweile-Würze

6 Optimaler Start

7 Knackiger Schluss

8 Mehr Power dank PowerPoint

9 Manuskriptgestaltung

10 Üben, üben, üben

10 Schritte zum guten Gelingen des Aufritts

1 Guter Auftakt

2 Überzeugende Körpersprache

3 Anregender Blickkontakt

4 Passende Gestik

5 Ansprechende Stimme

6 Wirkungsvolle Pausen

7 Fragen aus dem Publikum

8 Pleiten, Pech und Pannen

9 Nervosität und Lampenfieber

10 Äussere Erscheinung

Musterrede: Mit Vollgas zum Redeprofi

Checklisten

Zitaten-Schatzkiste

Stichwortverzeichnis

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Vorwort

Schluss mit dem Schweizer Rhetorik-Komplex!

Schweizerinnen und Schweizer glauben seit jeher, sie seien total unbegabt, was das Reden vor Publikum anbelangt. Wahrscheinlich war man schon beim Rütlischwur nur zu dritt, weil die eidgenössischen Gründungsväter befürchteten, vor grösserem Publikum könnte der Schwur «in die Hosen gehen». Und auch tapferen Eidgenossen der folgenden Generationen wurden die Denkmäler bekanntlich nicht für rhetorische Heldentaten errichtet.

Ganz offensichtlich wird der Glaube, dass sich Rhetorikkompetenz und der Schweizer Pass gegenseitig abstossen, seit 1291 bis heute als scheinbar ewig währendes Naturgesetz von Generation zu Generation weitergereicht.

Und so überrascht es nicht, dass sich das rhetorische Niveau in der Schweiz konstant auf beklagenswert tiefem Niveau bewegt. Vom CEO über den Uniprofessor bis hin zum Spitzenpolitiker werden an sich spannende und wertvolle Gedanken in Form von «rhetorischen Schlaftabletten» verabreicht.

Währenddessen blickt man neidisch auf versierte Redner (vor allem auf solche aus dem nördlichen Nachbarland), die das Kunststück beherrschen, ihr Publikum scheinbar mit Leichtigkeit zu begeistern und zu faszinieren. Mit einem entschuldigenden Schulterzucken weist man dann darauf hin, dass einem als Schweizer der Schluck aus dem «Heiligen Gral der Rhetorikkompetenz» halt leider verwehrt bleibe.

Dabei übersieht man geflissentlich, dass rhetorische Könner wohl kaum schon im Kinderwagen den «Nuggi» ausspuckten und, von sicherer Gestik unterstützt, spannende Referate hielten. Nein, hervorragende Redner haben vielmehr irgendwann einmal gelernt, ihr Publikum optimal zu bedienen. Und tatsächlich: Wer kreative Reden und interessante Präsentationen halten will, kann die dazu nötigen Fähigkeiten erlernen – auch als Schweizerin und als Schweizer!

Vielleicht hatte Cicero – einer der ganz grossen Rhetoriker der Antike – speziell die Helvetier im Sinn, als er sagte: «Dichter werden geboren, Redner werden gemacht

Darum: Steht auf, Schweizerinnen und Schweizer, und lernt, gut vor Publikum zu sprechen, denn auch wir wollen sein ein einzig Volk von starken Rednerinnen und Rednern!

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Einleitung

Eine gute Rede ist wie ein Bikini:
knapp genug, um spannend zu sein,
aber alle wesentlichen Stellen abdeckend.

John F. Kennedy (1917 – 1963), US-Präsident

Dieses knackige Zitat bringt es perfekt auf den Punkt: Reden, Vorträge und Präsentationen müssen informativ und zugleich spannend sein. Wir bewegen uns in einer ausgeprägten Unterhaltungsgesellschaft. Um bei Auftritten vor Publikum seine Zuhörerinnen und Zuhörer zu erreichen, sollten Informationen unbedingt auf unterhaltsame Art und Weise weitergegeben werden. Wertvolle Gedanken allein nützen noch nicht viel – sie müssen attraktiv verpackt werden, damit sie beim Publikum auch tatsächlich ankommen und die erwünschte Wirkung erzielen.

Dabei geht es keinesfalls um plumpe unterhaltende Elemente, die willkürlich und lieblos eingestreut werden. Nein, es gilt, die Botschaft durch clevere Details und reizvolle Finessen derart aufzupeppen, dass man nicht zuhören muss, sondern gerne zuhören will.

Beim Fernsehen zappt man weg, sobald es nicht mehr interessant ist. Im Internet surft man weg, sobald es nicht mehr unterhaltsam ist. Und bei Referaten hört man weg, sobald es nicht mehr spannend ist.

Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, wie Sie Ihr Publikum auf sympathische und kreative Weise für sich und Ihre Worte gewinnen können. Sehr ausführliche und daher teilweise leider auch etwas übergewichtige Ratgeber zu diesem Thema wurden schon viele geschrieben. Dieser Leitfaden hingegen wurde nach dem gleichen Prinzip verfasst, das auch für Auftritte vor Publikum gilt: Kurz und bündig, lehrreich und unterhaltsam soll es sein. Viel Spass damit!

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Drei Grundvoraussetzungen
für erfolgreiche Auftritte

Man könnte so viele Zutaten aufzählen, die zu gelungener Rhetorik beitragen. Schon der Denker Augustinus von Hippo sagte vor über 1 500 Jahren treffend: «Die Redekunst ist die allerumfassendste Kunst.» Doch im Prinzip ist es ganz simpel. Wenn Sie bereit sind, die in der Folge beschriebenen drei Grundvoraussetzungen zu erfüllen, ergibt sich alles Weitere praktisch von selbst. Ohne diese Zutaten jedoch wäre es, als wollten Sie ein leckeres Raclette ohne Käse zubereiten. Oder eine knusprige Rösti ohne Kartoffeln. – Ganz zu schweigen von der Kirschtorte ohne Kirsch …

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1Freude

Haben Sie den Mut, sich ganz unschweizerisch auf Ihre Auftritte vor Publikum zu freuen! Freuen Sie sich auf Ihre Rede beim Fachkongress, auf Ihre Präsentation vor der Geschäftsleitung, auf Ihre Leitung der internen Teamsitzung, auf Ihr Kurzreferat im Rahmen einer Weiterbildung oder auf Ihre Begrüssung des Publikums beim lokalen Theaterabend.

Wie auch immer Ihre Engagements vor Publikum aussehen mögen: Sie haben so viele Gründe, sich auf Ihre Auftritte zu freuen! Freuen Sie sich, dass Sie etwas zu sagen haben. Freuen Sie sich, weil genau Sie als Redner1 ausgesucht wurden. Freuen Sie sich über die Chance, Ihr Publikum von Ihren Ideen und Ihren Plänen überzeugen zu können. Freuen Sie sich auf hellwache Zuhörerinnen und Zuhörer, die interessiert Ihren spannenden Ausführungen folgen. Freuen Sie sich auf den Schlussapplaus und auf befruchtende Gespräche nach Ihrem Auftritt. Freuen Sie sich schon im Voraus auf das gute Gefühl, einen Auftritt erfolgreich über die Runden gebracht zu haben.

Freuen Sie sich unbedingt, denn wer sich freut, in dem brennt ein kräftiges Feuer der Begeisterung, das rasch auf das Publikum übergreift. Entzünden Sie mit Ihrer ehrlichen Freude einen rhetorischen Flächenbrand, der beim Publikum sämtliche Müdigkeit und jedes Desinteresse wegbrennt!

Rufen Sie also beim Gedanken an Ihren nächsten Auftritt vor Publikum laut und deutlich das geflügelte Wort eines bodenständigen Schweizer Rhetorikers: «Freude herrscht!»2

1Der Einfachheit halber wird in diesem Leitfaden meist die männliche Form gebraucht. Die Tipps können Damen und Herren aber auf alle Fälle gleichermassen umsetzen.

2Ausspruch des damaligen Bundesrats Adolf Ogi zum Schweizer Astronauten Claude Nicollier in einer Übertragung zwischen dem Verkehrshaus Luzern und dem Space Shuttle Atlantis am 7. August 1992.

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2Unterhaltung

«Ich musste halt eine trockene Materie behandeln.» Das ist die beliebteste Ausrede von Rednern, die sich schulterzuckend für ihre langweiligen Ausführungen entschuldigen.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Dies ist und bleibt eine faule Ausrede! Denn in Tat und Wahrheit haben sich diese Redner einfach zu wenig Gedanken darüber gemacht, wie sie ihre Ausführungen wirkungsvoll würzen können.

Wer informiert, muss auch in einem gewissen Mass unterhalten. Überlegen Sie sich daher unbedingt, wie Sie das, was Sie sagen wollen und müssen, ansprechend und packend präsentieren können. Der moderne, hektische Alltag bringt es mit sich, dass sich die Leute im Allgemeinen nicht mehr so gut konzentrieren können – schon gar nicht auf langweilige Vorträge und Präsentationen.

Wer jedoch neben wertvollen Inhalten auch spannende Details, interessante Zitate, skurrile Fakten, witzige Bilder oder Ähnliches präsentiert, darf sich nach wie vor über aufmerksame Zuhörer freuen. Und gehen Sie davon aus, dass sich jedes Thema mit irgendwelchen reizvollen Gedanken aufpeppen lässt.

Denken Sie daran: Ein Essen gewinnt durch das richtige Mass an Salz und Pfeffer nicht an Nährwert. Doch durch das Würzen wird ein liebevoll zubereitetes Mahl erst so richtig lecker. Vergessen Sie also niemals, Ihre Reden und Präsentationen mit einer tüchtigen Prise Unterhaltung zu würzen!

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3Übung

Haben Sie einen Hund? Ideal, denn er ist der perfekte Übungspartner. Ob Labrador oder Berner Sennenhund: Ein Hund hört immer und immer wieder bereitwillig zu, während sein Herrchen oder Frauchen eine Rede hält oder eine Präsentation vorstellt.

Neben treuen Bernhardinern, Border Collies und Beagles bilden natürlich auch Partnerinnen und Partner, Freundinnen und Freunde, Kinder, Büro-, Jass- und Joggingkollegen ein wertvolles Publikum für Ihre Übungsläufe.

Und selbst wenn Sie kein Testpublikum anheuern können: Üben Sie! Trainieren Sie! Vor jedem Auftritt. Immer. Und immer wieder. Durch das konsequente Trainieren verfeinern Sie kontinuierlich Ihre Redefähigkeit.

Rhetorik ist eine anspruchsvolle «Sportart», die durch viel Engagement erlernt und durch ständiges Üben trainiert werden muss. Eines ist klar: Selbst erfolgreiche Spitzensportler trainieren fleissig, denn ohne Schweiss kein Preis! Nur durch beständiges Training kommen Sporttalente ganz nach vorne. Und um ihre Fähigkeiten zu bewahren, müssen Sportler weiter hart an sich arbeiten.

Dasselbe gilt für Sie als Redner: Durch konsequentes Üben vor jedem Auftritt veredeln Sie Ihr rhetorisches Rüstzeug. Das gibt Routine und die nötige Ruhe für Ihre Auftritte. Tatsächlich ist Training, gepaart mit Geduld und Fleiss, der ideale Nährboden für tolle Erfolge vor Publikum.

Und denken Sie daran: Selbst Spitzensportler gewinnen nicht immer. Lassen Sie sich niemals durch Rück- und Fehlschläge verunsichern. Rechnen Sie damit, dass vor Publikum nicht immer alles ganz nach Wunsch und Plan läuft. Nehmen Sie den einen oder anderen Patzer in Kauf und lernen Sie daraus.

Und noch etwas: Je öfter Sie vor Publikum sprechen, desto geschickter werden Sie darin, Ihre Zuhörer in Ihren Bann zu ziehen. Weichen Sie daher Situationen nicht aus, in denen sich Ihnen die Chance bietet, vor Publikum zu sprechen – auch wenn es vielleicht nur um eine kurze Wortmeldung bei einem Meeting geht. Nehmen Sie mutig jede Gelegenheit wahr, Ihre Redefähigkeit zu trainieren, und freuen Sie sich über die Fortschritte, die Sie dadurch erzielen.

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10 Schritte zur optimalen Vorbereitung

Der eigentliche Auftritt vor Publikum ist in der Regel nur die Spitze des Eisbergs, was den Aufwand anbelangt, den eine Rede oder Präsentation in Anspruch nimmt. Die Zeit, die ein Redner in die solide Vorbereitung investiert, beträgt normalerweise ein Vielfaches der effektiven Redezeit. Doch der Aufwand lohnt sich: Je besser Sie sich auf Ihren Auftritt vorbereiten, desto besser wird er Ihnen gelingen. Und lassen Sie sich nicht täuschen: Auch Redner, die ihr Publikum scheinbar locker begeistern und faszinieren, bereiten sich meist gewissenhaft auf ihre Auftritte vor. Denn wer etwas aus dem Ärmel schütteln will, muss immer zuerst etwas hineinstecken!

1Ziel exakt festlegen

Wenn Sie zu einer Bergwanderung aufbrechen, müssen Sie Ihr Ziel genau kennen. Sonst wissen Sie weder, welche Richtung Sie einschlagen sollen, noch welche Ausrüstung Sie für den Weg benötigen.

Ohne genaue Zieldefinition keine Vorbereitung

Genauso wie es die unterschiedlichsten Wanderziele und -routen gibt, so gibt es auch die unterschiedlichsten Reden und Präsentationen. Darum muss ein Redner immer ganz genau wissen, welches Ziel er anstrebt. Denn erst mit dem konkreten Ziel vor Augen lassen sich die richtigen Vorbereitungsschritte unternehmen.

Kernbotschaft = Zusammenfassung der Rede in einem Satz

Konzentrieren Sie sich daher zunächst darauf, Ihre Kernbotschaft – Ihr Ziel – zu definieren. Die Kernaussage Ihrer Rede ist das, was Sie Ihren Zuhörerinnen und Zuhörern vermitteln wollen – das Destillat Ihres Auftritts, zusammengefasst in einem knackigen Satz.

Stellen Sie sich vor, in einem Zeitungsartikel würde über Ihre Rede berichtet. Welche Headline wünschen Sie sich dafür? Das ist Ihre Botschaft – Ihr Ziel!

Sorgfältige Zieldefinition verhindert Mehraufwand

Gehen Sie bei der Festlegung der Kernbotschaft sorgfältig vor. Die exakte Zielbestimmung hilft, beim Ausarbeiten des Auftritts zügig und eben zielstrebig voranzukommen. Sie verhindern, dass Sie zunächst in die falsche Richtung losmarschieren und sich dann mühsam wieder auf den richtigen Pfad zurückkämpfen müssen.

Ist das Ziel einmal klar definiert, können Sie sich frohen Mutes auf den direkten Weg hin zu einer gelungenen Rede begeben.

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Frage: Was bedeutet Zielfokussierung, wenn das Thema vorgegeben ist?

Das heisst auf alle Fälle: Nichts überstürzen! Gerade wenn das Thema nicht von Ihnen selbst gewählt wird, ist es wichtig, dass Sie ganz genau verstehen, was man von Ihrem Auftritt erwartet. Und im Zweifelsfall? Unbedingt beim Auftraggeber oder Veranstalter nachfragen! Es wäre schade, erst vor Publikum zu bemerken, dass man bei der Vorbereitung in die falsche Richtung losgelaufen ist …

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Stolperstein: Zeit sparen bei der Zielfokussierung