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Standardsprache zwischen Norm und Praxis

Theoretische Betrachtungen, empirische Studien und sprachdidaktische Ausblicke

Winifred V. Davies / Annelies Häcki Buhöfer / Regula Schmidlin / Melanie Wagner / Eva Lia Wyss

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

Inhalt

Fußnoten

Regula Schmidlin, Eva L. Wyss & Winifred V. Davies: Plurizentrik revisited – aktuelle Perspektiven auf die Variation der deutschen Standardsprache

Für einen Überblick s. Schmidlin (2011: 71ff.).

Bereits in diesem Zusammenhang könnte man von „regionaler Plurizentrizität“ sprechen (vgl. Reiffenstein 2001: 88), wie dies auch Dürscheid, Elspaß & Ziegler (2015: 213) zwar erwähnen, die aber „dem neutraleren Terminus ‚pluriareales Deutsch‘ den Vorzug“ geben.

Zur diatopischen Variation in Wörterbüchern s. die soeben erschienene Monographie von Sutter 2017, die im vorliegenden Band leider nicht mehr berücksichtigt werden konnte.

Für einen Überblick über die historische Entwicklung nationaler Varietäten s. Kellermeier-Rehbein (2014: 137158). Auer (2013: 18f.) schätzt, dass die nationale Prägung des Begriffs der Plurizentrik erst auf die Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts zurückgeht, wohingegen der historische regionale Plurizentrikbegriff noch auf dialektal geprägte Standardvarietäten Bezug nimmt.

Martin Durrell: Die Rolle der deutschen Sprache in ideologischen Konstrukten der Nation

Frühere Fassungen dieses Beitrags wurden als Vorträge in Oxford, Leiden und Nottingham gehalten und ich muss hier den Gastgebern für ihre Einladungen danken sowie auch den Zuhörern, die sich bei diesen Anlässen freundlicherweise zu Wort gemeldet haben. Noch verbleibende Fehler fallen selbstverständlich dem Verfasser zu.

4. Zu einer Neuevaluierung der Bedeutung des „Alten Reichs“ im Standardisierungsprozess

Auf diesem Abbild wird die Grenze des Reichs im Jahre 1792 nach Wilson (2016: Karte 11) eingezeichnet, die Sprachgrenze im 19. Jahrhundert nach König et al. (2015: 230231).

4. Zur Einschätzung standardsprachlicher Variation

Während Schweizer Quellen durchschnittlich auf jeder Seite bis zu zwei Varianten enthalten, enthalten österreichische Quellen ungefähr eine Variante pro Seite und deutsche Quellen eine Variante auf jeder zweiten Seite (zur Berechnung s. Schmidlin 2011: 147, 152179).

5. Standardsprachliche Variation im Kräftefeld der Norminstanzen

In den genannten Studien wird allerdings teilweise deutlich, dass das negative Selbstbild in Bezug auf die Standardkompetenz von den Deutschschweizer Gewährspersonen nicht unbedingt auf sich selbst bezogen wird, wohl aber auf alle anderen Deutschschweizer Sprecherinnen und Sprecher, ganz im Sinne der Aussage: „Die Deutschschweizer haben Mühe mit dem Hochdeutschen – ich nicht.“

Wird jemand, den ich mit tschüss verabschiede, dadurch gleich geduzt? Wie wirkt es, wenn ein Österreicher in einem Berliner Café Schlagobers bestellt?

Vgl. das in Kap. 2 erwähnte Beispiel Obers vs. Sahne.

Einige Varianten nähern sich in ihrer Bedeutungsähnlichkeit nur an, z.B. Mutterschutz vs. Schwangerschaftsurlaub, s. Ammon et al. 2016.

Zum Spektrum von Erscheinungsweisen des Sprachbewusstseins als Wissen über die Sprache vgl. Häcki Buhofer 2002.

Hier wäre zusätzlich zu prüfen, welche Varianten mit der Markierung landsch. (für ‚landschaftlich‘) erfasst werden.

http://www.dwds.de/

http://www.owid.de/

http://www.ids-mannheim.de/cosmas2/

Der Berner Lehrplan formuliert die „Überwindung von Helvetismen“ als Lehrziel – mit etwas Wohlwollen kann man dahinter den Appell vermuten, Dialektinterferenzen in der Schriftsprache vermeiden zu lernen, was natürlich gerechtfertigt wäre, aber nichts daran ändert, dass der Begriff Helvetismus hier nicht im Sinne des linguistischen Fachbegriffs verwendet wird. Siehe auch Kap. 3.2. im Beitrag von Davies in diesem Band.

S. auch Fussnote 20 in Niehaus (in diesem Band).

Konstantin Niehaus: Die Begrenztheit plurizentrischer Grenzen: Grammatische Variation in der pluriarealen Sprache Deutsch

Ich danke Andreas Gellan (Salzburg) für die Überprüfung von Projektergebnissen im empirischen Teil sowie Stefan Kleiner (Mannheim) für hilfreiche Hinweise zum Aufsatz allgemein und speziell zur Diskussion der Ergebnisse in Kleiner (2011ff.)

1. Einführung

Vgl. Dürscheid et al. (2015). Das Projekt ist ab 2011 als D-A-CH-Projekt in Graz vom Austrian Science Fund (FWF) (Projektnummer I 716-G18, Projektleiter Prof. Dr. Arne Ziegler), in Augsburg/Salzburg von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) (Projektnummer EL 500/31, Projektleiter Prof. Dr. Stephan Elspaß) und in Zürich vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) (Projektnummer 100015L_134895, Prof. Dr. Christa Dürscheid) gefördert worden. Es wird seit 2015 unter selber Leitung als A-CH-Projekt bis 2018 weitergeführt, in Graz und Salzburg gefördert vom FWF (Projektnummer I 2067-G23) und in Zürich vom SNF (Projektnummer 100015L_156613//1).

Anders hat dies noch Peter von Polenz (1999:124) gesehen: „Nationalvarietäten sind ‚Soziolekte‘ […], die ebenfalls [d.h. wie andere Soziolekte, K.N.] fast nur aus lexikalischen und phraseologischen Elementen, kaum grammatikalischen oder phonologischen bestehen […].“

2. Plurizentrisch oder pluriareal?

Für eine detaillierte Darstellung des Forschungsdisputs vgl. Niehaus (2015).

Vgl. aber Dürscheid & Sutter (2014: 4344), die im pluriarealen Ansatz einen Primat großdialektaler Grenzziehungen auch im Standarddeutschen suggerieren.

3.1. Gebrauchsstandard als Untersuchungsgrundlage

Ähnlich am Fall der Schweiz beschrieben bei Löffler (1988: 163).

3.2. Korpusdesign und korpuslinguistische Methodik

Dabei wird prinzipiell unterschieden einerseits in übergeordnete Artikel, die Variablen (mit ihren einzelnen Varianten) zu grammatischen Einträgen bündeln, z.B. ‚Genus bei Anglizismen‘ (übergeordnete Beschreibung aller betroffenen Einzellexeme wie [E-]Mail, iPad, Laptop usw.), und andererseits in einzelne Lemmaeinträge, wie z.B. (E-)Mail (Genusvariation).

Obwohl sich bei einigen Phänomenen die Tendenz in absoluten Zahlen abzeichnet, innerhalb der Schweiz zwischen bspw. West und Ost zu unterscheiden, ließ sich diese statistisch nicht als signifikant bestätigen.

Vgl. hierzu Straßner (1999: 88) und Wilke (2009: 469470).

Ein herzlicher Dank an Julia Engel (Salzburg) für die Abbildung.

4.1. Variation der Pluralbildung: Balkon

Folgende Angaben sind gültig für diese Tabelle und alle folgenden Tabellen: Relative Zahlen beziehen sich auf die Anteile einer Variante an der Variable (pro Sektor), die Größe der Sektor-Subkopora liegt jeweils bei 50000008000000 Textwörtern (je ca. 200000 einzelne Zeitungsartikel). Prozentwerte sind auf Stellen vor dem Komma gerundet.

Alle in diesem Beitrag verwendeten Karten stellen insignifikante Ergebnisse als kontrastärmere Torten dar, dies kann jedoch eventuell bei einer s-w-Abbildung nicht immer zu erkennen sein. Insignifikanzen sind aber in jedem Fall aus den korrespondierenden Tabellen ablesbar.

http://www.duden.de/rechtschreibung/Balkon, 24.11.2015.

http://prowiki.ids-mannheim.de/bin/view/AADG/NasalierungOn, 24.11.2015. Die dortigen Erläuterungen zur Verteilung der Pluralformen beziehen sich wahrscheinlich nur auf die Aussprache. Andernfalls müsste dieser Beschreibung auf Basis unserer Ergebnisse widersprochen werden: Auch dort, wo man Balkone als Plural schreibt, existiert durchaus die – offenbar vom AADG nur im Singular abgefragte – Aussprache als [bal’kɔŋ] oder [bal’kɔ̃ː].

4.3. Variation bei der Adverbienbildung -Ø vs. -s: durchweg/durchwegs

Vgl. aber: http://www.duden.de/rechtschreibung/durchwegs. Hier wird durchwegs nur für Österreich und die Schweiz akzeptiert, „sonst umgangssprachlich“, eine Markierung, die nicht immer klar zu deuten ist. Obwohl die ‚Variantengrammatik‘ auf stilistische Wertungen verzichtet, sei zumindest an dieser Stelle angemerkt, dass sich eine Markierung als ‚umgangssprachlich‘ in vielen Kontexten von Belegen aus Deutschland nur schwer erkennen lässt, etwa in Bei der Scheinübergabe fielen die Beurteilungen der Fluglehrer durchwegs positiv aus. (Mittelbayerische Zeitung Online). Umgekehrt gibt es auch bei durchweg umgangssprachliche Kontexte, z.B.: Ein Ohrwurm, der durchweg in Verbindung mit Alkoholischem bei Partylaune gegrölt wird. (Neue Osnabrücker Zeitung Online).

4.4. Variation in der Trennbarkeit von Verben: widerspiegeln

Nochmals zur Klärung: Die Suchanfrage zielte dabei ausschließlich auf grammatisch eindeutige Fälle, wie sie in (1) und (2) gezeigt werden. Aufgrund der Möglichkeit, reguläre Ausdrücke einzusetzen und mehrere Taggings miteinander zu kombinieren, liegt die Fehlerquote der Treffer im konkreten Fall bei <0,5 % für trennbares widerspiegeln. Die Ergebnisse für untrennbares widerspiegeln habe ich per Hand durchgesehen.

Ausschließlich verwendet wird diese Variante nach den hier gezeigten Werten in Liechtenstein – bei einer Beleganzahl unter 10, also unter dem Schwellenwert für verlässliche Beschreibungen, wird dies in der Interpretation nicht berücksichtigt.

Vgl. Deutsches Wörterbuch, Lemmaeintrag anerkennen: http://woerterbuchnetz.de/DWB/?lemid=GA03598 (13.01.2016).

Vgl. zum Stil der DDR-Zeitungen auch Schmidt (2000: 2024, 2029).

5. Sprachdidaktische Bedeutung der Pluriarealität

Komplexer wird der Fall freilich, wenn man fragt: Soll dann umgekehrt auch eine Lehrkraft in Nordwestdeutschland dort absolut unübliche ‚österreichische‘ Varianten als korrekt akzeptieren bzw. wo sind in den Frequenzen der Minderheitsvariante die Grenzen der Akzeptanz zu ziehen? Darf ein österreichischer Schüler in Nordwestdeutschland korrigiert werden, wenn er ‚seine‘ Variante verwendet? Und falls nein, gilt das nur für ihn oder auch für seinen norddeutschen Klassenkameraden, der die Variante vielleicht übernimmt oder ein Faible für ‚charmante‘ österreichische Varianten entwickelt? Diese Fragen müssten m.E. dringend umfassender untersucht werden. Einen Versuch einer noch recht theoretischen Antwort darf ich hier kurz wagen: Eine Kompromisslösung wäre, in den gerade geschilderten fiktiv auf Nordwestdeutschland bezogenen Fällen die Schüler nicht zu korrigieren, aber darauf hinzuweisen, dass eine im regionalen Gebrauchsstandard unübliche Form verwendet wird (ohne dabei die österreichische Variante als ‚Nonstandard‘ o.Ä. abzuqualifizieren bzw. eine Diskriminierung nahezulegen – hier müssen Lehrkräfte entsprechend sprachsensibel ausgebildet werden, auch in ihren Formulierungen). Im Falle des im Fließtext genannten Beispiels liegt der Fall anders: Insofern als beide Varianten in der Region, bspw. Westösterreich, als Gebrauchsstandard üblich sind, ist weder eine Korrektur noch ein gesonderter Hinweis erforderlich.

1. Einleitung

Vgl. zum Problem der Zählung Darquennes (2013: 357) – die Deutschsprachige Gemeinschaft hat heute 76645 Einwohner (DGSTAT 2016), wenn der Anteil von 90 % Sprechern mit deutscher Muttersprache seit der Befragung von sinus+polis (2011: 13) gleich geblieben ist, wäre es also knapp 69000.

In der Befragung von sinus+polis (2011: 16f.) war eine Frage: „Wenn Sie jemand fragt, in welcher Gegend Sie zuhause sind, was würden Sie da sagen?“ (nur 1 Antwort möglich); die häufigsten Antworten waren Ostbelgien (29 %) und Deutschsprachige Gemeinschaft (22 %), gefolgt von Belgien (15 %) und den spezifizierenden Angaben Eifel/Süden der DG (15 %) und Eupener Land/Norden der DG (14 %). Die Befragung bestätigte auch, dass die Bindung der Ostbelgier an ihre Region stark ist: 51 % der Befragten gaben an, sie wollten an keinem anderen Ort leben, weitere 45 % könnten sich auch vorstellen, woanders zu leben, aber wohnen gerne in Ostbelgien (ebd.: 26).

2.1. Das deutschsprachige Gebiet

In der Studie Euromosaic der Europäischen Kommission (Euromosaic 1996) wurde das Deutsche in Neubelgien als „sehr lebendig“ eingestuft (Platz 1 von 48 untersuchten Gebieten mit deutscher Sprachminderheit), in Altbelgien dagegen schon als „stark bedroht“ (Platz 30), vgl. a. Nelde & Darquennes (2000), Darquennes (2013).

3. Die Position des Deutschen in Belgien heute

Art. 4 der Verfassung, s. http://www.senate.be/deutsch/const_de.html (25.8.2016).

Die vom Föderalstaat, von den Gemeinschaften und von den Regionen verabschiedeten Rechtsnormen sind gleichrangig (Thomas 2010: 63).

Die von den Namen der anderen Gemeinschaften abweichende Spezifikation –sprachig ist kein Zufall, vgl. Brüll (2010: 33).

S. Verfassung Artikel 2 und 3.

S. das Dekret über die Vermittlung und den Gebrauch der Sprachen im Unterrichtswesen, 19.4.2004 unter http://www.pdg.be/PortalData/4/Resources/downloads/koordek/2004-04-19–01.pdf. (14.9.2016).

4.1.2. Regionale Lexik

Diese Unterscheidung ist zwar nicht völlig trennscharf, da der Kontakt zum Französischen diesen Raum ja durchgehend geprägt hat und damit auch nicht ohne Einfluss auf die Dialekte geblieben ist, jedoch wurde das Französische immer vorwiegend in formellen Kontexten (bzw. in der geschriebenen Sprache) verwendet.

Von den 101 spezifisch ostbelgischen Varianten in der untersuchten Teilstrecke aus Heinen & Kremer ist dagegen über die Hälfte entlehnt.

Geprüft in: Duden, Rheinisches Mitmachwörterbuch, Rheinisches Wörterbuch. Bei den Wörtern, die nur im Rheinischen Wörterbuch gefunden wurden, wäre im Prinzip natürlich nicht auszuschließen, dass sich der Gebrauch in jüngerer Zeit auf das ostbelgische Gebiet zurückgezogen und/oder dort generalisiert hat. Die Mehrheit der Einträge findet sich jedoch auch in dem rezenten, noch in Erweiterung begriffenen Rheinischen Mitmachwörterbuch.

S. die Karte im Atlas zur deutschen Alltagssprache, Elspaß & Möller (2003ff.) (http://www.atlas-alltagssprache.de/nehmen) (14.9.2016).

4.1.3. Phonologische und grammatikalische Merkmale

http://prowiki.ids-mannheim.de/bin/view/AADG/IgAuslaut (18.9.2016).

Durchgeführt von Sandra Weber (2012/13), unpubl.

4.2. Der Kontakteinfluss aus dem Französischen

Riehl (ebd.) weist darauf hin, dass hierfür vorwiegend ökonomische und praktische Gründe genannt werden. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass diese Gründe nur im belgischen Kontext stichhaltig sind, das heißt, ihre Angabe impliziert schon, dass man sich als Belgier fühlt und in Belgien Erfolg haben will und nicht etwa im benachbarten Deutschland.

So gab es Anfang 2015 eine lebhafte Diskussion um neu aufgestellte Begrüßungsschilder der Region „Wallonie“ (mit deren Wappen) hinter dem deutsch-belgischen Grenzübergang auf der Autobahn, auf denen Unbekannte „Wallonie“ schwarz übermalt hatten. Auch Autobahnschilder mit zweisprachiger Angabe von Ortsnamen aus der DG (Amel/Amblève o.ä.) sind Gegenstand derartiger Aktionen.

Aufgrund der klaren Verteilung von Erst- und Zweitsprache ist im Deutschen in Ostbelgien nur mit dem Kontakttyp „Entlehnung“, nicht mit „unvollständigem Erwerb“ (bei Thomason & Kaufman 1988: 20 noch „substratum interference“) zu rechnen, d.h. vorrangig mit lexikalischen, nicht mit phonologischen Kontaktfolgen.

Gefragt wurde dabei nach dem Gebrauch im Dialekt, aufgrund des vergleichsweise geringen Alters der erhobenen Begriffe ist aber zumeist der angegebene dialektale Gebrauch mit dem nichtdialektalen (Regiolekt bis regionaler Gebrauchsstandard) identisch.

4.2.1. Okkasionelle Einflüsse und Übersetzungen

Vgl. a. die Beispiele für „Übersetzungssprache“ bei Nelde (1974: 240f.), vgl. a. Darquennes & Nelde (2002: 72): „Belgian firms with a more or less national monopoly still exist and foreign firms are still often represented by one central distributor or one central main importer […] these firms have not changed their translation policy“. Vgl. a. Riehl (2001: 4547) und Henkes (2012: 26).

Frz.: […] substitut du procureur du Roi spécialisé en application des peines […] http://www.ejustice.just.fgov.be/cgi_loi/change_lg.pl?language=fr&la=F&cn=1935061501&table_name=loi

(24.8.2016).

Frz.: Loi réglant la publication en langue allemande des lois et arrêtés royaux et ministériels d’origine fédérale […] http://www.etaamb.be/fr/loi-du-21-avril-2007_n2007000933.html (24.8.2016).

http://wergosum.com/press/grenz-echo/ (15.9.2016) – Kursivierung original.

Ich danke Ralf Knöbl vom Institut für deutsche Sprache, Mannheim, für eine Durchsicht „mit bundesdeutschem Blick“ – lediglich in einem Viertel der Sätze fiel ihm etwas Ungewöhnliches auf.

4.3. Terminologie in Administration, Recht und Bildungswesen

Dekret von 19.1.2009 über die Regelung der Rechtsterminologie, Art. 2 § 1 Nr. 1 und § 2 (http://www.rechtsterminologie.be/PortalData/30/Resources/dokumente/rechtliche_grundlagen/Dekret_Regelung_Rechtsterminologie_2009.01.19.pdf) (19.9.2016).

Datenbank Semamdy, derzeit 46010 Einträge (http://www.scta.be/Terminologiedatenbanken.aspx) (19.9.2016).

Mitteilung von Sandra Weber, Terminologin im Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft, per Mail.

5. Loyalität gegenüber den belgischen Varianten

Da schon aus geographischen Gründen evident ist, dass diese die Alternative darstellen und nicht österreichische oder Schweizer Varianten, ist die Perspektive hier in dieser Weise eingeengt; ob die in Deutschland übliche Variante außerdem auch in Österreich und/oder der Schweiz üblich ist, wird nicht berücksichtigt.

http://www.jugendinfo.be/leben/cannabis.php (14.9.2016).

http://www.ahs-dg.be/PortalData/13/Resources//Richtlinien_fuer_die_Praktika.pdf (14.9.2016).

http://www.st.vith.be/gemeindeschulen/neuigkeiten/stvith/detailansicht/artikel/schule-stvith-platz-den-kindern-2852015//datum/2015/06/02/ (14.9.2016).

http://www.grenzecho.net/region/eupener-land/eupen/kettenins-telefonzelle-fungiert-als-offener-buecherschrank (14.9.2016).

http://www.grenzecho.net/region/ein-buergersteig-fuer-die-poteauer-strasse (14.9.2016).

http://brf.be/regional/820973/ (14.9.2016).

http://brf.be/national/491585/ (14.9.2016).

http://brf.be/regional/320253/ (14.9.2016).

http://brf.be/regional/851104/ (14.9.2016).

http://www.ahs-dg.be/desktopdefault.aspx/tabid-4115/7302_read-41773/ (14.9.2016).

http://www.grenzecho.net/region/inland/studenten-die-durchgefallen-sind-haben-fortan-anrecht-auf-studienboerse (14.9.2016).

6.1. Einstellungen von Laien

Aussagen verschiedener Informanten aus Eupen und St. Vith, Material erhoben von Sandra Weber (2012/13), unpubl.

66 % der von polis-sinus (2011) Befragten fanden es „sehr wichtig“, „die Mehrsprachigkeit als Standortvorteil [zu] pflegen und aus[zu]bauen“, weitere 29 % fanden es „wichtig“ (polis-sinus 2011: 60). Beck (2010: 137) stellt fest, dass „die Mehrsprachigkeit der Bevölkerung auch innerhalb des Landes als konstitutiv für Ostbelgien betrachtet wird“.

6.2. Die Frage der Standardsprachlichkeit

Im Netz zugänglich unter http://www.kelmis.be/de/unsere-gemeinde/mehrsprachigkeit-in-den-schulen/image/image_view_fullscreen (15.9. 2016).

1. Das Projekt „Deutsch im gymnasialen Unterricht: Deutschland, Luxemburg und die deutschsprachige Schweiz im Vergleich“

Das Adjektiv „plurizentrisch“ wird fast immer als synonym mit „plurinational“ bzw. „pluristaatlich“ verstanden.

Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Kurzform: Kultusministerkonferenz oder KMK) ist ein Zusammenschluss der für Bildung und Erziehung, Hochschulen und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen MinisterInnen der Bundesländer. Sie ist verantwortlich für Belange, die von länderübergreifender Bedeutung sind, und versucht ein bestimmtes Maß an Gemeinsamkeit in Bildung, Wissenschaft und Kultur zu sichern. (www.kmk.org/wir-ueber-uns/aufgaben-der-kmk.html, Stand: 02.01.2016).

2. Lehrende als Sprachnormautoritäten und SprachnormvermittlerInnen

Auf jeden Fall, wenn es um „overt prestige“ geht (siehe Trudgill 1972 für eine Diskussion der Termini „covert prestige“ und „overt prestige“).

In seinem ursprünglichen Diglossie-Modell beschreibt Ferguson (1959) die Standardvarietät der deutschen Sprache in der Schweiz als „High Variety“, wobei ein Kriterium dafür sei, dass diese Varietät die prestigereichste sei. Inzwischen wurde aber die Adäquatheit dieses Diglossie-Modells für die deutschsprachige Schweiz mehrmals in Frage gestellt (vgl. zum Beispiel Berthele 2004).

PISA = OECD Programme for International Student Assessment, ein großes Bildungsforschungsprogramm zur Erfassung und zum internationalen Vergleich der Grundkompetenzen von 15-jährigen SchülerInnen. Die Erhebungen finden alle drei Jahre statt.

Vgl. z.B. www.stern.de/politik/deutschland/neue-pisa-studie-deutschland-braucht-bessere-lehrer-3873134.html, Stand: 30.5.2016.

Die Einstellungen scheinen den Gebrauch zu beeinflussen, vgl. folgende Informationen auf der Webseite von grammis 2.0, dem grammatischen Informationssystem des IDS: „Bevorzugt werden an dem/in dem und als zur Einleitung temporaler Attributsätze verwendet. Tendenziell scheinen als und wo näher an der Alltagssprache zu liegen“ (http://hypermedia.ids-mannheim.de/call/public/fragen.ansicht?v_typ=f&v_id=3209&v_wort=$wo, Stand: 01.01.2016). Vgl. auch: „Als temporaler Subjunktor kommt wo im heutigen Deutsch allenfalls im Substandard und gesprochensprachlich vor […]“ (Breindl et al. 2015: 311).

Wir sprechen von Lehrplänen in der Mehrzahl, weil die Zuständigkeit für das Bildungswesen und die Kultur in der Bundesrepublik Deutschland im Wesentlichen bei den einzelnen Bundesländern liegt.

Wie Ammon (1995b) zeigt, werden spezifisch deutsche Formen in den endonormativen Regelwerken des Dudenverlags nicht als solche markiert, obwohl diese Werke den Anspruch erheben, nicht nur für Deutschland zu gelten.

In vielen deutschsprachigen Werken zur Standardisierung (z.B. Ammon 1995a; Löffler 2005) wird die Existenz eines Kodex als eines der konstitutiven Merkmale einer Standardvarietät angeführt.

Zur Frage, welche Werke Teil des Kodex sind vgl. Klein (2014), der zwischen einem Kernkodex (z.B. der Duden-Grammatik) und einem Parakodex (z.B. Texten wie Bastian Sicks Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod) unterscheidet. Ein Aspekt unseres Projekts, der in einem anderen Aufsatz ausführlicher behandelt werden soll, war die Frage, welche normierenden Regelwerke von den Lehrenden verwendet werden (vgl. Hennigs (2010) Plädoyer für eine Grammatikbenutzungsforschung). Diese Forschungsfrage wird auch von Klein (2014: 29) angesprochen: „Die Erforschung von Standardsprachlichkeit besitzt demnach nicht nur eine usus-orientierte, objektsprachliche Dimension, sondern auch eine kodex-orientierte, metasprachliche Komponente.“

In Bezug auf den DaF-Unterricht hat Durrell öfter für einen registersensiblen Sprachunterricht mit einer wirklichkeitsnäheren Zielnorm plädiert, vgl. Durrell (2003; 2012).

3.2. Der plurizentrische Ansatz und der Muttersprachunterricht: Lehrpläne

www.fr.ch/s2/files/pdf17/deutsch_-_version_2006.pdf (Stand: 24.07.2012).

www.ksbg.ch/fileadmin/Lehrplaene/Lehrplan_Gymnasium.pdf (Stand: 24.07.2012).

www.erz.be.ch/erz/de/index/mittelschule/mittelschule/gymnasium/lehrplan_maturitaetsausbildung.assetref/content/dam/documents/ERZ/MBA/de/AMS/ams_klm_deutsch.pdf (Stand: 24.07.2012).

In der Sprachwissenschaft wird der Terminus „Helvetismus“ normalerweise für eine Sprachform verwendet, die typisch für die Schweiz ist und in der Schweiz auch als standardsprachlich angesehen wird (Ammon 1995a: 5460).

www.zebis.ch/Unterricht/schublade/9L6zXgh2WNmrv6JcpevBZy2TtMbWfM/docs/lp_deutsch_sek02_va.pdf (Stand: 24.07.2012).

4. Deutschland

Beispiele für „Teutonismen“ wären laut Ammon (1995a: 339) Abendbrot, Hähnchen, Pellkartoffeln. Andere Autoren, z.B. de Cillia (2006), bevorzugen die Bezeichnung „Deutschlandismen“. Siehe auch Ammon (1995b).

4.1. Nordrhein-Westfalen

Wir haben vor, in einer zweiten Phase, die Datensammlung auf andere Bundesländer auszuweiten.

http://www.migazin.de/2012/05/18/sprache-zu-hause-entscheidet-uber-bildungserfolg (Stand: 27.10.2014).

5. Methoden und Ergebnisse

Der Fragebogen findet sich im Anhang.

5.1.1. Die Verlaufsform mit am: Sie war am Bügeln, als ich das Zimmer betrat

http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-wie-die-sprache-am-rhein-am-verlaufen-ist-a-350958.html (Stand: 05.11.2014).

Für Luxemburg sind die Zahlen 22 % und auch für die Schweiz.

5.1.3. Der Entscheid oder die Entscheidung? Der Entscheid ist mir nicht leicht gefallen

Bei der schweizerischen Genusvariante das Kamin (Deutschland meist der Kamin, vgl. www.duden.de: „schweizerisch: meist das Kamin“) liegt der Akzeptanzgrad der deutschen Lehrenden ein wenig höher bei 86 % (siehe auch Wyss in diesem Band).

6. Fazit

Vgl. auch http://hypermedia.ids-mannheim.de/call/public/fragen.ansicht?v_kat=&v_id=4551 (Stand: 24.02.2017).

12 % der von mir in Nordrhein-Westfalen befragten Lehrenden gaben sogar an, kein Nachschlagewerk zu Rate zu ziehen, wenn sie einen Zweifelsfall lösen mussten (einer gab z.B. an, Unterlagen aus dem Studium zu benutzen). Der Duden wurde 41 Mal erwähnt, viele Befragte gaben aber nicht an, welches Dudenwerk gemeint war.

Clyne (1992) geht davon aus, dass es zwischen den Varietäten einer plurizentrischen Sprache oft eine gewisse Asymmetrie gibt, und er spricht von dominanten und anderen („dominant“ und „other“) Varietäten.

Zumindest von dem Inhalt von Werken, die von vielen SprachwissenschaftlerInnen als zum Kodex gehörend angesehen werden (Werken, die von Klein (2014) als Teil des Kern-Kodex angesehen werden, vgl. Fußnote 11).

1. Ein schielender Blick auf die eigene Sprache

Obschon der Terminus Helvetismus im Feld der Sprachwissenschaft für die Bezeichnung von Deutschschweizer Standardvarianten definiert wird, gibt es eine Abweichung durch die Tatsache, dass in Helvetismen-Wörterbüchern (wie z.B. bei Meyer 1989, 2006) Konstruktionen aufgeführt werden, die nicht zweifelsfrei als standardsprachlich anerkannt sind (vgl. Wicki 2012, Ehrsam-Neff 2006, 165, Baigger & Sutter 2006). In Kenntnis dieser Problematik schlägt Ammon (1995: 103109) eine komplexe Untergliederung der Standardvarianten in kodifizierte und nicht kodifizierte, nach der Geltung oder Bekanntheit (auch nach Teilregion oder Gesamtregion), nach Situationsabhängigkeit oder -unabhängigkeit, nach austauschbaren oder nicht austauschbaren bzw. zentrumsintern variablen oder invariablen, spezifischen oder unspezifischen nationalen Varianten vor. Schmidlin (2011a: 78) weist richtigerweise darauf hin, dass das Dialekt-Standard-Kontinuum und der Sprachwandel dazu führen, dass die Zuschreibung von Standardsprachlichkeit bei Helvetismen schwankt. Problematisch ist der Terminus des Helvetismus ausserdem, da er in nichtfachlichen Kreisen für die Bezeichnung von Dialektismen, d.h. nonstandardsprachlichen Konstruktionen, verwendet wird (vgl. Davies in diesem Band).

Die Unterscheidung zwischen eigener und fremder Sprache verwendet Böhler (1991) bei der Analyse des literarischen Selbstverständnisses Schweizer AutorInnen.

Die Forscherinnengruppe setzt sich zusammen aus Prof. Davies (Universität Aberystwyth), Dr. Wagner (Universität Luxemburg) und Prof. Wyss (Universität Koblenz-Landau, Standort Koblenz). Das Schweizer Teilprojekt war 20102012 am Lehrstuhl von Prof. Häcki Buhofer (Universität Basel) angesiedelt.

2.1. Komplexe Diglossie

Der volle Ausbau gilt für sämtliche Domänen, Themen und Situationen, in denen der Dialekt unmarkiert verwendbar ist oder wäre (wenn alle Beteiligten Dialekt verstehen würden). Der volle Ausbau gilt aber nicht für die Schrift, die in dialektologischen Diskursen und Fachbegriffen aus durchaus nachvollziehbaren Gründen ausgeschlossen wird.

Bemerkenswert ist dabei die Abwertung, die auch das Schweizerdeutsche, die Deutschschweizer Umgangssprache, betrifft, denn bei DeutschschweizerInnen gilt der Dialekt – wie Cuonz (2010) zeigt – anscheinend als hässliche Sprache.

Doyé (2005: 7) definiert Intercomprehension als eine „form of communication in which each person uses his or her own language and understands that of the other“. Dies gilt in sprachübergreifenden (institutionellen) Arbeitsgruppen.

Die Norm der Durchsetzung interkomprehensiver Kommunikationssituationen stellt eine Erweiterung sprachlicher Höflichkeitspraktiken dar, die den Anderen als Anderssprachigen nicht dazu drängen möchte, seine angestammte Sprache zu wechseln, obschon es üblicherweise ein Gebot der Anpassung an die Gesprächssprache des Gegenübers gibt. Diese Norm ist daher in der Deutschschweiz durch die Norm der Interkomprehensivität ausser Kraft gesetzt.

Kolde (1981) prägt den Begriff der medialen Diglossie. Fasold (1984) nennt die mediale Diglossie „leaking“, Ramseier (1988) überlappend, die nun nach Steiner (2008: 178) mehr und mehr in eine funktionale Diglossie übergehen soll. Christen (2001) weist zudem auf die noch weitgehend unerforschte Rezeptionsseite der Sprachverwendung hin.

Siebenhaar (1994) führt an, dass kontaktsprachliche Transfererscheinungen bei der Aussprache dazu führen, dass der Standard mit Akzent gesprochen wird. Bei der Lexik wird für die Helvetismen eine Prozentzahl zwischen 7 % und 10 % Types angegeben. Die Tokenzahl kommt jedoch weitaus höher zu liegen, so dass das Hochdeutsche im Gebrauchskontext durch Konstruktionsvarianten stark regional gefärbt ist. Sonderegger (2003) spricht hier von Lokalkolorit. Der Chefredaktor des Tages-Anzeiger (vgl. Strehle 2012) nennt in einer Glosse des Tages-Anzeigers drei Gründe, weswegen Bundesrätin Leuthard in ihren standardsprachlichen Verlautbarungen nicht von ihrem rustikalen Hochdeutsch abkommt: (1) Sie möchte damit explizit und deutlich ihre Schweizer Mittellandidentität bekräftigen; (2) Sie protestiere höflich und undeklariert gegen eine zahlenmässig zu grosse deutsche Einwanderung und das sich ausbreitende gepflegte Hochdeutsch im öffentlichen Raum; (3) Sie bemerkt es selbst nicht und wird als Bundesrätin auch nicht darauf hingewiesen.

Die Bezeichnung wird hier nicht im Sinne von Glahn (2002) verwendet, der damit den Einfluss des Englischen thematisiert, sondern im Sinne der gesprochenen Standardsprache, wie sie in bundesdeutschen Fernseh- und Werbeformaten verwendet wird.

Dies bedeutet, dass die Vokale in <Jagd> und <Vogel> kurz realisiert werden, in <Hochzeit> hingegen lang. Chemie wird mit /x/ ausgesprochen. Das <v> in Pulver als /f/, das <r> in Berg nicht vokalisiert. Glänzig wird als /ik/ oder /ig/ realisiert. Es gibt zudem eine Tendenz zu Erstsilbenbetonung und grundsätzlich eine eher buchstabengetreue Aussprache (vgl. Hove 2002).

Von Matt (2011) zeigt an einem Beispiel eines literarischen Textes von Hebel eine Rezeptionserfahrung, die er als ablehnende Irritation beschreibt. Der Text Das Gewitter setzt in der ersten Zeile ein mit: „Der Vogel schwankt so tief und still (…)“ um in der zweiten Zeile dann fortzufahren mit: „er weiß nit, woner ane will“, womit – wie von Matt dies interpretiert – auch der erste Teil als dialektal zu verstehen ist.

Hohl (2013) findet in 20minuten und in der Boulevardzeitung Blick mundartliche Eigennamen wie Züri-Fäscht, Schellen-Ursli oder Songtitel Süessi Tropfä (std. Süsse Tropfen), dialektale Interjektionen in der Überschrift ohalätz (std. oha falsch, äquivalent: Sapperlot, Interjektion i.S. von missmutigem Erstaunen) sowie einen Kolumnentitel fadegrad (std. fadengerade i.S.v. ohne Umschweife). Weiter finden sich in den Texten Moderationschärtli (std. Moderationskärtchen) oder Bschiss (std. Beschiss).

„Am Montagmorgen [sic!] ist in Bern der traditionelle Zibelemärit gestartet.“ Vgl. SRF-online (2012), „Fahrt nach Bern mit Besuch Zibelemäret.“

Dabei gibt es grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Blättern. So werden beispielsweise bei sämtlichen Presseerzeugnissen des TA-Media-Hauses bei gesprochensprachlichen Konstruktionen keine Anführungszeichen gesetzt (Wyss 2015: 406).

Vgl. Bern-Tourismus online (2016).

Dialekt wird als Eye-Catcher im Titel, als Lokalkolorit in direkter Rede oder im Text bzw. in Anführungszeichen als Code-Switching angeführt und im Fliesstext unmarkiert – als Zitat sozusagen – erwähnt.

Auch Sonderegger (2003: 2863) sieht in der mundartlichen Färbung ein stilistisches Problem, das einer Rechtfertigung bedarf: „Dadurch wird es verständlich, daß sich selbst bei Keller bisweilen eine mundartliche Färbung der Erzählsprache findet, die oft zur Trägerin des schweiz. Lokalkolorits wird.“

2.2. Standard und Dialekt im Mediensprachgebrauch

Das Medium der SMS lässt aber beide Sprachformen zu. Die Herausbildung von Praktiken sind kaum mehr nachbild- oder nachvollziehbare Entscheidungsprozesse von (situierten) KommunikationsteilnehmerInnen. So ist im Nachhinein nicht zu entscheiden, ob der geschriebene Dialekt in der SMS oder im Chat sich als die Sprachform des SMS-Gesprächs etabliert oder in der SMS sich gesprächshafte Kommunikationen führen lassen (Aschwanden 2001, Christen 2004, Siebenhaar 2005, Wyss 2015).

Kilian (2011) stellt dies auch für Deutschland fest.

Burger (1984) zählt die gemischtsprachigen Sendungen je hälftig zu Dialekt- bzw. Standardgebrauch.

2.3. Standard und Dialekt im gymnasialen Unterricht

„Die Jugendlichen lernen, dass Kommunikation immer in einem kulturellen Umfeld stattfindet und Gewohnheiten, Werte und ästhetische Kriterien vermittelt. Letzten Endes beruht Kommunikation auch auf kultureller Entdeckungsfreude. […] Ergänzende Kompetenzen: Kommunikation wird in erster Linie durch erweiterte Sprachkenntnisse möglich. Der Schwerpunkt des Sprachunterrichts liegt deshalb vorab beim korrekten Verstehen, später aber bei einer adäquaten, differenzierten und vor allem situations- und normengerechten Ausdrucksweise und Begrifflichkeit. Das Beherrschen all dieser Aspekte ist Teil eines vertieften Sprachstudiums. […] Die Schülerinnen und Schüler lernen verstehen, dass ihnen die Konfrontation mit anderen Sprachen und kulturellen Werten nicht nur die Tür zu fremden Kulturen öffnet, sondern sie auch ihr eigenes kulturelles Umfeld aus einem anderen Blickwinkel erkennen lässt.“ (EDK 1994: 17f.)

2.4. Deutsch in den Deutschschweizer Curricula für Lang- und Kurzgymnasien

Während in Langgymnasien eine 6-jährige gymnasiale Bildung angeboten wird, die an eine 6-jährige Primar- bzw. Grundschulzeit anschliesst, wechseln SchülerInnen nach absolvierter Primarschule sowie einem 2- bis 3-jährigen Besuch der Sekundarschule für eine 4-jährige Schulzeit (mit Profilwahl) in ein Kurzgymnasium.

Die Kantonsschulen sind institutionell für die Führung von gymnasialen Schultypen zuständig. Oft werden kantonsschulspezifische (beispielsweise bei Zürcher Kantonsschulen auf der Webseite publizierte) Leitlinien fomuliert, über die sich die DeutschlehrerInnen in ihrer schuleigenen Fachgruppe mehr oder weniger autonom über die Ziele ihres Deutschunterrichts verständigen.

Deutschsprachig sind die folgenden Kantone: Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Zug, Solothurn, Baselstadt, Baselland, Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden, Appenzell-Innerrhoden, St. Gallen, Aargau, Thurgau. Zwei- oder dreisprachig sind das Wallis (französisch und deutsch), der Kanton Bern (französisch und deutsch), Freiburg/Fribourg (französisch und deutsch) und Graubünden (rätoromanisch, italienisch und deutsch).

3. Ergebnisse der Befragung mit Fokus auf die Deutschschweiz

Zu stigmatisierten Formen legt Davies (2000) Ergebnisse zur Pfalz und zu Baden-Württemberg vor; Wagner folgt (2009) mit einer Untersuchung zur Gegend um Trier.

In NRW und LUX wurden die Fragebogen an verschiedene Schulen und interessierte Gate-Keeper/Verteiler verteilt, in der DCH wurde per E-Mail an sämtliche Gymnasien der Deutschschweiz eine Einladung mit Link zum online-Fragebogen verschickt.

3.1. Sprachkompetenz und Erstsprache

Da Latein im Gymnasium zwar als erste – allerdings passiv erworbene – Fremdsprache angeboten wird, führt eine GP den Zusatz passiv an, wodurch auf den Kompetenzunterschied zwischen Latein und anderen gesprochenen Fremdsprachen hingewiesen wird.

3.2. Didaktische Vermittlungsform aus der Sicht der Lehrpersonen

Zuweilen wird von einigen Autoren ohne hinreichenden empirischen Befund behauptet, die Mehrheit der Deutschschweizer empfinde Standarddeutsch als eine Fremdsprache (Koller 1999, Koller & Hänger 1992: 4151; Sieber & Sitta 1986: 33; Sieber 2001: 498f. und zuletzt Berthele 2004: 127) vgl. Scharloth (2005: 5).

Werlen (1998) und Berthele (2004) favorisieren für die Charakterisierung der Deutschschweizer Sprachsituation das Zweisprachigkeitskonzept. Werlen (1998) gibt zu bedenken, dass beide Varietäten zwar Unterschiede hinsichtlich Produktion und Rezeption, Literalität und Oralität, massenmedialer und persönlicher Gebrauchssituation, sowie ihrer Verwendung in In- und Outgroup-Kommunikation aufweisen, doch seien beide Varietäten voll ausgebaut (Kloss 1976: 311). Deshalb beschreibe asymmetrische Zweisprachigkeit die Situation adäquater. Berthele (2004) weist hingegen auf das psycholinguistische Argument hin, dass die Mehrheit der Deutschschweizer Hochdeutsch als Fremdsprache empfinde. Aus dieser Sprachbewusstseinslage und dem soziolinguistischen Befund, dass die Diglossie die Sprachsituation nur unzulänglich beschreiben würde, sei es sinnvoller und produktiver, die Deutschschweiz als bilingual zu konzeptualisieren.

3.3. Umgang mit Zweifelsfällen und Stellenwert der Kodizes

Frage i): Wenn Sie einen grammatischen Zweifelsfall vorliegen haben, wie gehen Sie damit um? 1. Ich schlage in einem Nachschlagewerk nach ( ); Wenn (1), welche Nachschlagewerke benutzen Sie (bitte geben Sie die Ausgabe bzw. das Jahr an)? …….2. Ich frage jemanden ( ); Wenn (2), wen fragen Sie? ……. 3. Ich mache etwas anderes ( ); Wenn (3), was tun Sie? …… Frage j): An welchen grammatischen Zweifelsfall haben Sie gedacht? ….

Bei der Nennung Schülerduden ist nicht klar, auf welche Version (Schülerduden oder Schweizer Schülerduden), welchen Typus des Schülerdudens (Rechtschreibung, Grammatik oder Rechtschreibung und Grammatik) oder auf welche Ausgabe verwiesen wird.

Auch die Bezeichnung Schülerduden Grammatik ist nicht exakt, da hier weder die Version und noch die Ausgabe bezeichnet werden.

Die Antwort (3) etwas anderes wurde nicht angekreuzt.

Diese Standardwerke und weitere, die in den Fragebögen ohne genaue Angaben genannt wurden, werden im Literaturverzeichnis in den Erstausgaben und in ihren Kurzbezeichnungen aufgeführt.

3.4.1. Stärkere Ablehnung von regional üblichen Standardkonstruktionen

Rimensberger (2013: 107) referiert Studien des Variantengrammatikprojekts und verweist ohne nähere Angaben auf eine „entsprechende Korpusabfrage“, die diese Annahme stützen würde und die darüber hinaus zeigen würde, „dass wie in der Schweiz auch in Liechtenstein und Südtirol die Relativpronomen welcher/welche/welches in vielen Fällen den Vorzug erhalten, wogegen in Deutschland und Österreich sehr viel häufiger auf die Relativpronomen der/die/das zurückgegriffen wird.“

Davies & Langer (2006) erwähnen, dass „ältere endozentrische Kodizes“ wie beispielsweise von Greyerz (1946: 261) […] im Beispiel Bogen/Bögen ebenfalls von Schwankungen im Sprachgebrauch und berechtigten Doppelformen ohne Bedeutungsunterschied [sprechen]. Doch sie präzisieren, dass die als stilistisch besser geltende Form in der Regel vorangestellt wird.

3.4.2. Stärkerer Zuspruch zu regional üblichen Standardkonstruktionen

Eine mehr oder weniger starke Ablehnung (die aber ebenso stark ausfällt wie in NRW und LUX) gibt es auch bei einigen Helvetismen (nach Meyer 2006): das Kamin, sich den Gästen annehmen.

Elspaß (2015: 409) erläutert: „Insgesamt scheint dies einen gemeinsamen Befund verschiedener Arbeiten der letzten 16 Jahre (Reimann 1998, Glück 2001, Van Pottelberge 2004, Gárgyán 2013 u.a.) zu stützen, so dass die am-Konstruktion „teilweise schon als standardsprachlich angesehen“ wird (so der Zweifelsfälle-Duden 2011: 66).“ Im Gegensatz dazu formuliert Hall (2010: 553): „In der deutschen Umgangssprache gewinnt eine am-Progressiv-Form an Boden: Wir sind am Überlegen. Diese Form gehört aber noch nicht zur Standardsprache.“ Wenn Sprachexperten in ihrem Urteil auseinanderdriften, gibt es weiteren Diskussionsbedarf zur Frage der Plausibilisierung von Sprachnormen.

Es fragt sich, wie es dazu kommt, dass, entgegen den Ausführungen von Ammon et al. (2004), der Entscheid als einen Helvetismus bezeichnet, der in der Schweiz gebräuchlicher sei als die Entscheidung, bloss 66 % der Deutschschweizer LehrerInnen die Variante nie korrigieren würden. Noch deutlicher zeigt sich eine Diskrepanz bei einem anderen Helvetismus (das Kamin), den nur 24 % der Lehrenden in der Deutschschweiz immer unkorrigiert stehen lassen würden (vgl. Davies, Wagner & Wyss 2014).

3.4.3. Ablehnung von regional unüblichen Standardkonstruktionen

Dabei wird nicht die Frage der reflexiven Verwendung fokussiert, sondern die Frage der Kasusbindung. Hier wird der Konstruktion mit Akkusativ vor dem Genetiv den Vorzug gegeben (Bsp.: Es lohnt die Mühe nicht./Es lohnt der Mühe nicht).

3.4.4. Bewertungsverhalten im Dilemma

Schmidlin (2011: 296) zeigt in ihrer Untersuchung, dass nicht die Standardsprachlichkeit allein, sondern die Einschätzung der Dialektalität von Konstruktionen im Süden höher ist und die GP dort tendenziell ihre eigenen Varianten als dialektaler und damit als standardferner einschätzen.

2. Deutsch als plurizentrische Sprache

Clyne zitiert Kloss (1978) als Quelle für den Begriff ‚plurizentrische Sprache‘.

Legilux : Loi du 24 février 1984 sur le régime des langues.

3. Das Beispiel Luxemburg

Statec: Le Luxembourg en Chiffres (2012).

„Die Nationalsprache der Luxemburger ist das Luxemburgische.“

5.1. Die Lehrpläne

www.men.lu

Ministère de l’éducation nationale et de la Formation professionnelle (Version 20112012) Enseignement secondaire. Division inférieure. ALLEM-Allemand.

Ministère de l’éducation nationale et de la Formation professionnelle (Version 20112012) Enseignement secondaire. Division inférieure. ALLET-Allemand langue étrangère.

Das Kürzel ALLET steht für allemand langue étrangère. Damit ist eine andere als die übliche Herangehensweise des Faches Deutsch gemeint. Sie wird in der division inférieure classique (das heißt von VIIe – Ve) SchülerInnen unterrichtet, die Defizite im Deutschen (und nur im Deutschen!) aufweisen. Es handelt sich nicht um einen vereinfachten Deutschunterricht oder gar um einen Förderunterricht (cours d’appui).

ALLET versteht sich als eine Vermittlung des Faches Deutsch in Form von „Deutsch als Fremdsprache“ (und nicht als Deutsch als Muttersprache) und richtet sich an lernwillige, wissbegierige Kinder, die gute Kenntnisse in Französisch und Mathematik mitbringen und sich durch Freude am Lesen auszeichnen. (Markierung im Original)

Deutsch ist in den ersten neun Schuljahren – also auch in den Klassen 7 (7e O), 8 (6e) und 9 (5e) des Gymnasiums – die grundlegende Unterrichtssprache