Bordflugzeug und Küstenaufklärer Arado Ar 196
Titelbild: Arado Ar 196 A-3 (7R+BK) auf Patrouille über der Ägäis.
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eISBN 978-3-86933-197-3
Print ISBN 978-3-86933-163-8
Vorwort
1. Vorgeschichte
1.1 Der Urahn: Heinkel He 60
1.2 Kurzes Intermezzo: See-Jagdeinsitzer Heinkel He 51 W
1.3 Früh zum Export freigegeben: die Arado Ar 95
1.4 Enttäuschung inklusive: das große Bordflugzeug Heinkel He 114
2. Flucht nach vorn: ein neues Bordflugzeug
2.1 Rasch ausgeschieden: Dornier
2.2 Chancenlos: Gothaer Waggonfabrik
2.3 Zu aufwendig: Focke Wulf Fw 62
2.4 Genau richtig: Arado 196
3. Technische Beschreibung 9
3.1 Einfach und gut: Rumpfkonstruktion
3.2 Platzsparend: das Tragwerk
3.3 Durchdacht: die Steuerflächen
3.4 Tausendfach bewährt: Triebwerk und Nebengeräte
3.5 Geschweißt und genietet: die Schwimmer
3.6 Bedienfreundlich: das Cockpit
3.7 Überlegen: die Bewaffnung
3.8 Wirkungsvoll: der Sichtschutz
4. Hochfliegende Pläne: Serienbau des Seekampfflugzeuges
4.1 Produktion in Großserie: Arado Ar 196 A 3
4.2 Produktion in Kleinstserie: Arado Ar 196 B
4.3 Geplante Produktion: Arado Ar 196 C
4.4 Nur auf dem Papier: Projekt E 380
5. Verbleib
5.1 Werknummernblöcke
5.2 Verlustlisten
5.3 Erhaltene Arado Ar 196
5.4 Hinweise für Modellbauer
6. Quellen
7. Bildnachweis
8. Danksagung
9. Anhang
An einem Sonntagnachmittag zu Beginn der 1970er Jahre lud meine Großmutter zum Kaffee nach Bad Godesberg. Während die Familie bei selbstgebackenem Kuchen im Wohnzimmer saß, baten wir Jungen unseren Vater um einen Gefallen. Auf dem Dachboden standen zwei Schiffsmodelle aus Karton, die er als junger Bursche gebaut hatte. Neben dem Kühlschiff „Angelburg“ hatte der Kreuzer „Admiral Hipper“ dort zwei Jahrzehnten getrotzt. Den wollten wir unbedingt sehen. Irgendwann stand mein alter Herr auf, kletterte auf den Dachboden, kam zurück, und stellte die „Hipper“ auf die Kaffeetafel. Und während er uns die Eigenheiten des Schiffes erklärte, fiel sie dann zum ersten Mal, diese magische Kombination aus einem fremden Wort und ein paar Zahlen: Arado 196.
Die Arado Ar 196 war das letzte zu diesem Zweck in Deutschland gebaute See-Kampfflugzeug. Die Konstruktion war zunächst als katapultfähiges Bordflugzeug gedacht, und insofern außerordentlich stabil. Ihre gutmütigen Flugeigenschaften und die überlegene Bewaffnung begünstigten den Einsatz als Küstenaufklärer, der einer erfahrenen Besatzung eine ebenso gute Beobachtungs- wie Waffenplattform bot.
Obwohl die Arado Ar 196 technologisch bereits kurz nach dem Ausbruch des 2. Weltkriegs als überholt angesehen werden musste, wurde sie in über 540 Exemplaren gefertigt. Die Produktionspläne sahen zur Kriegsmitte sogar noch über 750 Maschinen vor. Allein die Lizenzfertigung bei der französischen SNCASO sollte 272 Ar 196 A-3/A-5 hervorbringen – weniger als 10% wurden es letztlich.
Die vorliegende Studie beginnt in den Jahren 1928/29 mit den Überlegungen zu einem leichten einmotorigen Seeflugzeug, spannt den Bogen über die Entwicklungen Heinkels, Focke Wulfs und anderen bis hin zur Ar 196, beleuchtet die teilweise nicht über die Planung hinausgekommene Serienproduktion, nennt technische Merkmale und Besonderheiten. Anhand größtenteils unveröffentlichter privater Fotografien begleitet der Leser den Werdegang der Maschine über V-Muster bis zur Serie und von dort in Einsatz und Verlust. Ein Überblick über museal oder als Wrack erhaltene Maschinen, und Hinweise für Modellbauer schließen die Betrachtung ab. Wo diese Aufzählung unvollständig ist, freut sich der Autor über Berichtigungs- oder Ergänzungsvorschläge.
Köln, im Herbst 2016
Die Geschichte der Arado Ar 196 ist untrennbar mit ihrer indirekten Vorgängerin, der Heinkel He 60 verbunden. Die als Heinkel HD 60 (HD = Heinkel Doppeldecker) projektierte Maschine basierte auf einer 1928/29 erstellten internen Studie des Reichswehrministeriums, welches zusammen mit der Reichsmarine den im Aufbau begriffenen Seefliegerverbänden zwei leistungsstarke Einsatztypen zur Verfügung stellen wollte. Im Rahmen der Studie war man zu der Einsicht gelangt, dass parallel ein zweimotoriges Mehrzweckflugzeug und ein einmotoriges Bordflugzeug zu beschaffen seien. Aus der Einsatzkasuistik leitete man die grundsätzliche Auslegung als Schwimmerflugzeuge ab. Im Jahr 1930 gewann man mit den Ernst Heinkel Flugzeugwerken den am besten erscheinenden Konsortialpartner für den Entwurf der beiden Maschinen. Heinkel hatte sich in den 1920er Jahren einen hervorragenden Ruf in der Konstruktion leistungsfähiger Seeflugzeuge erworben. Zunächst arbeitete die Heinkel-Konstruktionsabtei-lung unter Reinhold Mewes 1930-1932 an dem zweimotorigen Mehrzweckflugzeug Heinkel HD (später He) 59. Obwohl sie mit diesem Projekt mehr als ausgelastet gewesen sein durfte, schuf man parallel die einmotorige Heinkel HD 60. Diese sollte ebenso als Küstenaufklärer wie auch als Bordflugzeug Verwendung finden. Die Forderung nach diesem Flugzeug fiel in eine Zeit, in der deutsche Kriegsschiffe noch gar keine Katapulte trugen, weil sich diese noch in der Entwicklung befanden. Schiffbaulich und planerisch war ihre Verwendung allerdings schon berücksichtigt worden. Die Reichsmarine hatte in ihrem Forderungskatalog für ein Bordflugzeug unter anderem die folgenden Eckwerte definiert:
a) Höchstgeschwindigkeit 235 km/h
b) Reichweite 1100 km
c) Erreichen von 3000 m Flughöhe in 10 Minuten
d) Seefähigkeit bis Seegang 5
e) Doppelsitzer (Flugzeugführer & Beobachter)
Bei der Konstruktion des Flugzeuges griff Mewes auf einige Stilelemente zurück, die bereits in die Konstruktion der Heinkel He 59 eingeflossen waren, und verkleinerte diese lediglich. Auch bei der Triebwerksfrage stand die He 59 Pate: Als Motor sollte ebenfalls der flüssigkeitsgekühlte Reihenzwölfzylinder BMW VI 6,0 ZU mit 660 PS (486 kW) 1 Startleistung Verwendung finden, der 1930 bereits über 1000-fach von BMW gefertigt worden war. Bei der Heinkel He 59 sollte sich später herausstellen, dass sie mit ihren beiden BMW VI über keine Leistungsreserven verfügte. Im Einmotorenflug ließ sich der schwere Doppeldecker nicht in der Luft halten. Bei der Heinkel HD 60 war der BMW VI 6,0 ZU ebenfalls schwach, was vor allem der Tatsache geschuldet war, dass man ihn auf 660 PS gedrosselt hatte. Laut den Bayerischen Motorenwerken lag die Leistungsausbeute des Triebwerks ab Werk bei 690 PS (507 kW). Zur Verminderung des Verschleißes wurde die Motorleistung allerdings auf ca. 650 – 660 PS (ca. 477-486 kW) beschränkt. Der Motor trieb eine Vierblatt-Luftschraube aus Holz an. Im August 1930 stellte Heinkel die HD 60 (D-2157), drei Monate später die HD 60 a (D-2176) fertig. Geringfügige Modifikationen unterschieden die beiden Muster. So waren bei der HD 60 a die Seilzüge zwischen den Querrudern durch Gestänge ersetzt worden. Außerdem sollte ein vergrößertes Seitenruder die Steuerdrücke minimieren helfen, während gleichzeitig der Hornausgleich verkleinert werden konnte. Nach der Überführung zur Erprobungsstelle See in Travemünde begann man umgehend mit den Versuchsflügen.
Bereits am 16.12.1931 stürzte Karl Wiborg bei einem Erprobungsflug mit der Heinkel HD 60 a tödlich ab; die Maschine wurde zum Totalverlust. Heinkel modifizierte daraufhin die zweite Maschine auf HD 60 a-Standard. Im Sommer 1932 brach bei einem Erprobungsflug das Getriebegehäuse des BMW VI-Motors, womit beide Prototypen innerhalb eines halben Jahres ausgefallen waren.
Die Motorisierung blieb ein Schwachpunkt der Konstruktion, die sich ansonsten als stabil und leicht zu handhaben herausgestellt hatte. Immerhin betrug das Abfluggewicht der Heinkel HD 60 rund 3400 kg – das Leistungsverhältnis bei Verwendung eines BMW VI 6,0 ZU lag unter 7 kg/kW. Damit bewegte sich die HD 60 an der Grenze zur Untermotorisierung. BMW erhöhte die Verdichtung des VI-Motors von 6,0 auf 7,3. Statt der 426,4 kW Dauerleistung des BMW VI 6,0 brachte es der BMW VI 7,3 auf 430 kW. Kein Quantensprung, und letzten Endes auch keine dauerhaft vertretbare Lösung. Ein Zweiblattpropeller ersetzte die hölzerne vierblättrige Luftschraube. Der angestrebte Abschluss der Mustererprobung durch die Erprobungsstelle See in Travemünde ließ sich im Sommer 1932 lediglich mit der Heinkel He 60 b (D-2325, später DIKAV) erreichen, die man der E-Stelle im September 1932 zur Verfügung stellen konnte. Abgesehen von der geringen Motorisierung war man bei der E-Stelle mit der Heinkel 60 sehr zufrieden, und empfahl die Serienproduktion.
Nach den Mustern Heinkel HD 60, HD 60 a und HD/He 60 B2 begann die Serienproduktion des einstieligen Doppeldeckers mit seinen gestaffelt angeordneten Tragflächen ungleicher Spannweite mit der Version Heinkel He 60 C. Als Grundgerüst verfügte die Maschine über ein komplett geschweißtes Stahlrohrskelett, auf dem hölzerne Former befestigt wurden. Sie bildeten die ovale Form der Zelle aus, nur die Triebwerksabdeckung war aus Metall gefertigt worden. Am Ende der hölzernen Rumpfkonstruktion wurde ein Seitenleitwerk eingestakt. Das durchgehende Höhenruder wurde mit N-Stielen nach unten abgefangen. Beim Leitwerk und den vier Querrudern wählte man ein seewasserbeständiges Hydronalium-Gerüst, welches man mit Stoff bespannte. Die unterschiedlich breiten und tiefen Tragflächen waren durch N-Stiele miteinander verbunden; zusätzlich stützten N-Stiele die obere Tragfläche zur Zelle hin ab. Bei der Konstruktion der Tragflächen orientierte sich Heinkel ebenfalls an Altbewährtem: Jede Tragfläche verfügte über zwei Holme, über Rippen und Torsionsnasen, und wurde aus Holz gefertigt. Anschließend bespannte man die Konstruktion mit Stoff.
Mit der Version Heinkel He 60 C war man zum BMW VI 6,0 ZU-Triebwerk zurückgekehrt. Der Motor trieb eine Schwarz-Zweiblattluftschraube3 mit 310 cm Durchmesser an. Unter dem Flugzeugführer wurden ein Kraftstofftank mit 672 l Fassungsvermögen und ein Öltank für den Reihenmotor angeordnet. Zwei starr über dem Motor lafettierte Maschinengewehre MG 17, die nach vorn durch den Propellerkreis schießen konnten, dienten dem Flugzeugführer neben bis zu zwölf 10-kg-Bomben als Offensivbewaffnung. Der Beobachter, der gleichzeitig Funker und Bordschütze war, sollte die Maschine nach hinten mit einem Maschinengewehr MG 15 in Drehringlafette sichern. Ein auf der rechten unteren Tragfläche angeordneter Windgenerator versorgte die Maschine im Flug mit dem nötigen Strom für die von Telefunken entwickelten Funkgeräte NAS-1.4 Dabei handelte es sich um die Sende- und Empfangsgeräte FuG Va und FuE Va.
Die Heinkel He 60 C „stand“ auf zwei gekielten Ganzmetall-Schwimmern. Diese verfügten über hochziehbare Wasserruder, und waren mit einem Strebengerüst zur Zelle hin abgefangen. In den Schwimmern fand neben der Seenotausrüstung auch ein Nebelgerät des Typs SN 40 Platz. Die als Vorserie gedachte Version He 60 C gelangte nur in zehn Exemplaren zur Ablieferung, bevor die Produktion auf die He 60 D und E umgestellt wurde. Bei diesen Versionen fertigte man das Rumpfgerüst zur Gewichtsersparnis aus Hydronalium. Da die Fertigungskapazitäten von Heinkel bereits im Sommer 1934 voll ausgelastet waren, suchte man geeignete Nachbaubetriebe.5 Für die Heinkel He 59 B-1 und die Heinkel He 60 D/E prädestinierte sich die ebenfalls in Rostock ansässige Firma Arado. Nach 47 gefertigten He 60 D/E stellte Heinkel die Produktion ein, während Arado weitere 238 Maschinen baute. Auch die Firma Weser-Flugzeugbau GmbH brachte 76 Heinkel He 60 D/E zur Ablieferung.6 Die Achillesferse der Heinkel He 60 war und blieb ihre Untermotorisierung. Nach dem Anlaufen der Großserienfertigung der Heinkel He 60 D/E bot es sich demnach an, verschiedene Muster als Versuchsträger zu modifizieren. Dabei stand neben der Erhöhung der militärischen Waffenzuladung vor allem die Erprobung verschiedener Triebwerke im Vordergrund. 1936 beispielsweise flog die Heinkel He 60 E V-8 (D-IPZI) mit einem Daimler-Benz DB 600. Befriedigend lösen ließ sich die gestellte Aufgabe indes nicht, was der Verwendung der Heinkel He 60 allerdings nicht entgegenstand. Im Kriegstagebuch7 der 1. Bordfliegerstaffel 196 aus Wilhelmshaven fand sich am 22.9.1939 der folgende Satz: ´He 60 wird aus der Front gezogen und durch Arado 196 ersetzt.´. Nutznießer dieser Maßnahmen waren allerdings nur die Bordflieger; bei den Küstenfliegern blieb die Maschine noch weit in den 2. Weltkrieg hinein unentbehrliches Arbeitspferd.
Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang die Focke Wulf W 7, die auf der gleichen Ausschreibung basierte, wie die Heinkel He 60. Parallel zu den Gesprächen mit Heinkel hatte das Reichswehrministerium auch mit Heinrich Focke Kontakt aufgenommen, um ein Wettbewerbsmuster zu bekommen. Heinrich Focke hatte allerdings kein allzu großes Interesse an dem Projekt. Er gestattete Hans Herrmann, der kurz vorher vom Udet Flugzeugbau zu Focke Wulf gewechselt war, auf der Grundlage des Forderungskataloges einen zweisitzigen Doppeldecker mit BMW VI 6,0 Triebwerk und Zwillingsschwimmern zu entwerfen. Aus der Konstruktionsabteilung in Bremen entsprang die Idee, die hinteren Schwimmerstreben der Focke Wulf W 7 gefedert auszuführen, um beim Flugbetrieb in rauem Wasser die auftretenden Kräfte besser ausgleichen zu können. Diese Lösung und Schwierigkeiten bei der Bedienung der Ruder mittels Seilzügen verzögerten das Projekt gegenüber der Entwicklung bei Heinkel, sodass die als D-2216 zugelassene W 7 erst 1932 ihren Erstflug absolvieren konnte. Der Probeflug offenbarte Bedarf für Nachbesserungen, und verzögerte die Überstellung des Musters an die Erprobungsstelle See. Im Spätsommer 1932 schloss die Erprobungsstelle in Travemünde die Erprobung der Heinkel He 60 b (D-2325) ab; die W 7 kam für diese Ausschreibung schlichtweg zu spät. Versuche eines Einsatzes als Landflugzeug mit Radfahrwerk zeigten keine Nachteile der W 7 auf, allerdings auch keine signifikanten Vorteile gegenüber anderen Entwürfen, sodass die W 7 ein Einzelstück blieb.
Die nach 1933 forcierte Aufrüstung des Deutschen Reiches setzte unter anderem auf die Jagdflugzeuge vom Typ Heinkel He 51, mit der viele in Aufstellung begriffene Geschwader ausgerüstet wurden. Auf der Grundlage dieses robusten Doppeldeckers entstanden 46 Exemplare mit Schwimmwerk, mit denen erstmals umfassende Erfahrungen im Bordeinsatz auf Kreuzern und Panzerschiffen erlangt werden konnten.
Als sie im November 1932 ihren Erstflug erfolgreich absolvierte, wirkte die Heinkel He 49 a wie ein sehr stromlinienförmiges Sportflugzeug. Ihre Aerodynamik war völlig kompromisslos an dem Ziel ausgerichtet worden, ein leistungsfähiges, hochmotorisiertes und möglichst schnelles Flugzeug zu entwickeln. Ein Waffeneinbau war bei dieser Maschine bewusst nicht vorgesehen, und so waren die Leistungen des Doppeldeckers bereits beim Erstflug vielversprechend. In ihrer Auslegung entsprach die Heinkel He 49 a (auch als He 49 L bezeichnet) weitgehend den 1932 formulierten Forderungen des Reichsverkehrsministeriums für ein Jagdflugzeug, welches mit Höchstleistungen aufwarten sollte: überragende Startbereitschaft, sehr hohe Steigleistung gepaart mit überdurchschnittlicher Geschwindigkeit und Wendigkeit. Um diesen Forderungskatalog erfüllen zu können, wurde der Luftwiderstand der Maschine so klein als möglich gehalten. Die He 49 a überzeugte als einstieliger Doppeldecker in Gemischtbauweise. Der Rumpf bestand aus einem Stahlrohr-Skelett mit hölzernen Ausformern und Stoffbespannung, während das Leitwerk aus Dural und das Tragwerk aus Holz gefertigt waren, die ebenfalls mit Stoff bespannt wurden. Lediglich im Bereich des Triebwerks gab es eine bescheidene Blechbeplankung. Die stark gestaffelten Tragflächen unterschiedlicher Spannweite (oben 11,00 m, unten 8,60 m) harmonierten mit einem aerodynamisch so optimierten Rumpf, dass dessen Querschnitt nur wenig breiter war, als der eingesetzte Reihen-Zwölfzylinder.
Ein weiteres Versuchsmuster, die He 49 b, flog erstmals im Februar 1933. Sie besaß einen um 40 cm verlängerten Rumpf und ein Paar Zwillingsschwimmer, die ihr auch die Bezeichnung He 49 W (W = Wasser) einbrachten, während das dritte Versuchsmuster He 49 c im Wesentlichen der He 49 a entsprach. Alle drei Muster überzeugten, sodass die He 49 L (L = Land) umgehend bestellt wurde. Bereits im Mai 1933 konnte mit der Auslieferung der ersten Vorserienmuster8 der jetzt als Heinkel He 51 bezeichneten Muster begonnen werden. Hatte die A-0 ausnahmsweise versetzt und verkürzt angebrachte Auspuffstutzen, so waren die übrigen Vorserienbaumuster bereits mit den später charakteristischen, nach unten hängenden „Auspufftüten“ ausgerüstet.
Die meisten der Maschinen wurden bei der „Reklamestaffel Mitteldeutschland“ für Schulungszwecke eingesetzt. Im Juli 1934 begann in großem Stil die Zuführung der 329 km/h schnellen 75 Serienmuster Heinkel He 51 A-1 zu den in Aufstellung begriffenen Einheiten. Strukturelle Verbesserungen leiteten die Weiterentwicklung der A-1 zum Baumuster Heinkel He 51 B-0 ein, von dem 12 Flugzeuge ab Januar 1936 für das Jagdgeschwader 134 „Horst Wessel“ gebaut wurden. Als erstes Serienmodell der Baureihe B entstanden dann zwölf Jagdeinsitzer Heinkel He 51 B-1 für die I. Gruppe des JG 132.
Auf der Grundlage der Erfahrungen, die man mit der Heinkel He 49 b und der He 51 B-1 gesammelt hatte, entstand ein Versuchsmuster eines SeeJagdeinsitzers. Durch Abbau des verspannten Fahrwerks und Ausrüstung mit zwei Hydronalium-Schwimmern wurden aus zwei Heinkel He 51 B-1 die unbewaffneten Prototypen He 51 W V-1 (D-2727) und He 51 W V-2 (D-IBYI).9 Beide bewährten sich als anspruchsvolle See-Jagdeinsitzer, deren Geschwindigkeit nur unmerklich gegenüber dem Ausgangsmuster zurückgegangen war.10 Als Baureihe Heinkel He 51 A-2 W mit austauschbarem Radfahrwerk/Doppelschwimmern wurden insgesamt acht dieser Flugzeuge als Vorserie an die Luftwaffe geliefert. Während den landgestützten Heinkel He 51 geradezu legendäre Flugeigenschaften nachgesagt wurden – so berichtete Erwin Leykauf, ehemaliger Flugzeugführer beim Jagdgeschwader JG 54, von der unerreichten Leichtigkeit der Steuerung und der Tatsache, dass ein geübter Flugzeugführer die He 51 quasi mit zwei Fingern fliegen konnte. – blieben die See-Jagdeinsitzer sehr anspruchsvoll. Dennoch wurde das Muster viel geflogen. Durch Umbau aus Heinkel He 51 B-1 entstanden acht weitere See-Jagdeinsitzer, die nun als Heinkel He 51 B-2/U-1 bezeichnet wurden. Bei diesem Umbau wurden erstmals Katapultbeschläge eingebaut, um den Bordeinsatz der Flugzeuge zu ermöglichen. Als aufnehmende Einheiten fungierten die in Kiel-Holtenau stationierte 1./KüFlGrp 136 und 2./KüFlGrp 136. Basierend auf den Erfahrungen aus dem Spanischen Bürgerkrieg, wo sich die He 51 in der Jägerrolle gegenüber den sowjetischen Polikarpow I-15 rasch als unterlegen erwies (und deshalb vermehrt als Bomber Verwendung fand), wurden Bombenschlösser vorgesehen. Diese und einige weitere Änderungen führten zur 30 Maschinen umfassenden Baureihe Heinkel He 51 B-2 W. Derart ausgerüstet verfügten die Maschinen nicht nur über die beiden durch die Triebwerknockenwellen gesteuerten, und durch den Propellerkreis schießenden MG 17 mit jeweils 500 Schuss 7,92 mm-Munition, sondern optional auch über sechs 10-kg-Bomben.11
Motorisiert war die Heinkel He 51 B-2 W mit einem Zwölfzylinder-Reihenmotor des Typs BMW VI 7,3 Z in stehender V-Ausführung mit Aethylen-Glycanol-Heißkühlung. Der Lamellenkühler der He 51 B-2 befand sich hinter dem Brandschott und konnte wahlweise ein- und ausgefahren werden. Der getriebelose Motor leistete bei 1730 U/min 750 PS (552 kW) Startleistung und trieb eine rechtsdrehende, zweiblättrige Holzluftschraube mit 3,10 m Durchmesser an. Die Höchstgeschwindigkeit gab Heinkel mit 318 km/h in Bodennähe und 297 km/h in 2000 m Höhe an. Die maximale Reichweite betrug rund 670 km, die Gipfelhöhe 7400 m. Neben den 200 Litern Kraftstoff im Rumpf der Maschine, konnten jeweils 55 Liter Kraftstoff in nachrüstbaren Behältern in den Schwimmern mitgeführt werden. Einschließlich Flugzeugführer, vollen Kraftstoff- und Schmierstofftanks und mit 1000 Schuss aufmunitioniert, hatte die Heinkel He 51 B-2 W eine Startmasse von rechnerischen 1.967 kg. Um diese Startmasse erfolgreich in die Luft zu bringen, wurden auf den Kreuzern und Panzerschiffen der Reichsmarine/Kriegsmarine 14-m-DWK-Katapulte mitgeführt. Dabei handelte es sich um drehbar gelagerte Pressluft-Schleudern mit einem durchschnittlichen Eigengewicht von etwas mehr als neun Tonnen, die nach dem Patent von Richter bei der Deutsche Werke Kiel AG (DWK) gefertigt wurden. Die Schleuderanlage besaß einen Flugzeugschlitten, der mittels Katapultbeschlägen mit dem zu startenden Flugzeug verbunden war. Beim Startvorgang wurde der Flugzeugschlitten mit Hilfe eines Pressluftzylinders auf seiner Gleitbahn auf ca. 125 km/h beschleunigt, sodass eine ausreichende Abhebegeschwindigkeit gewährleistet war. Das beweglich lafettierte Katapult selbst glitt beim Start ebenfalls nach vorne, bevor Schlitten und Katapult hydraulisch-mechanisch abgebremst wurden. Für den Bordeinsatz hatte Richter bereits eine Seitenwindkorrektur vorgesehen, die Seitenwind bis zu 15 m/sec berücksichtigte. Der Schleuderstart verkürzte die mit 180 m ohnehin kurze Rollstrecke beim Start ganz erheblich.
Während die „Nürnberg“ bei ihrer Indienststellung 1935 bereits mit einem Katapult ausgestattet war, musste dieses bei allen anderen leichten Kreuzern zwischen den Schornsteinen auf einem Unterbau nachgerüstet werden. So wurde auch 1935 auf der „Köln“ eine Katapultanlage eingebaut, die aber zwei Jahre später schon wieder abgerüstet werden musste. An Bord der Kreuzer „Köln“, und später der „Nürnberg“, wurden Heinkel He 51 B-2/U-1 und Heinkel He 51 B-2 W ausgiebig getestet. Den Versuchsreihen schlossen sich mehrere Katapultstarts an Bord des Panzerschiffes „Admiral Scheer“ an. Zwar gelangen die technisch anspruchsvollen Abschüsse, insgesamt überzeugte das Flugzeug die Kriegsmarine indes nicht. Benötigt wurde kein SeeJagdeinsitzer, sondern ein katapultstartfähiger Aufklärer mit großer Reichweite und Bewaffnung zum Eigenschutz. Dem Blick „hinter den Horizont“, am besten durch einen erfahrenen Marineoffizier als Beobachter an Bord des Flugzeugs, galt der Wunsch. Der über See operierende Hochleistungsjäger konnte letztlich diese an ihn gestellten Anforderungen nicht erfüllen, sodass die Bordeinsätze der Heinkel He 51 nur ein kurzes Gastspiel blieben. Die im Februar 1937 bei der E-Stelle See getestete Heinkel He 51 V-5 E (Werk Nr. 956) mit Jumo 210 blieb ein Versuchsträger.12
Parallel zur Großserienfertigung der Heinkel He 60 D/E ging man 1935 bei Heinkel und Arado daran, einen leistungsstärkeren Nachfolger für die Heinkel He 60 zu schaffen. Dieser Nachfolger orientierte sich an der ursprünglichen Ausschreibung des Reichsmarineamtes für einen katapultfähigen Borderkunder. Das Nachfolgemuster sollte zum einen größere Leistungsreserven, zum anderen aber ähnlich gutmütige Flugeigenschaften aufweisen wie die Heinkel He 60. Während man bei Heinkel am originären Forderungskatalog nahezu 1:1 festhielt, wählte Arado den Entwurf eines einmotorigen Mehrzweckflugzeuges. Mit diesem Entwurf wollte man nicht nur den bekannten Anforderungen an ein mögliches Bordflugzeug, sondern auch anderen Anforderungskatalogen genügen, und der Konstruktion insofern einen deutlich größeren Absatzmarkt erschließen.