Fahr hin und werd glücklich
Für Angela und Leonie
Vielen Dank für eure Geduld und die Unterstützung.
Liebe Leser,
tief im Süden gehört die Bodenseeregion zu den beliebtesten Urlaubszielen in Deutschland. Konstanz, Meersburg, Pfahlbauten – schnell hat man die üblichen Highlights der Region ausgemacht. Doch wo findet man dazu auch noch einen Glücksmoment? Das Glück am Bodensee findet sich oft im Detail, in einem Moment, oft auch abseits der Masse und den bekannten Orten.
Die Bodenseeregion – das ist nicht nur eine Landschaft. Sie ist vor allem geprägt von Geschichte, von lebendiger Geschichte und von Geschichten – den Menschen, die heute die Region ausmachen.
Ich empfinde es als persönliches Glück, hier geboren und aufgewachsen zu sein und hier leben zu dürfen. Wenn ich als Fotograf mit der Kamera unterwegs bin, ist es ein besonderes Glück, wenn ich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bin. Die Bodenseeregion ist eine ständige Entdeckung.
Die Auswahl für dieses Buch war nicht leicht. Bekannte Ziele wollte ich nicht ignorieren, aber auch nicht so einfach aufnehmen, wie sie in allen Reiseführern zu finden sind. Daher findet der Leser in diesem Buch individuelle Details der Orte, die das Besondere hervorheben und eben nicht so bekannt sind. Hinzu kommt die persönliche Begegnung mit den Menschen der Region. Das ist vielleicht das Wertvollste und das, was mich während des Schreibens immer wieder glücklich gemacht hat. Ja, die Menschen hier sind etwas wortkarg. Doch lässt der Besucher ihnen etwas Zeit, dann entwickeln sich doch ganz schöne Gespräche. Und das Besondere dabei: Diese sind dann von einer Tiefe und Nähe geprägt, wie man sie selten erlebt – so sind sie, die Alemannen und Schwaben. Glücklich kann der Besucher am Bodensee sicher auch sein, wenn er tagelang am Strand liegt und im Wasser plantscht oder von einem Segel- oder Motorboot aus die Zeit vorwiegend im See verbringt. Doch dabei würde er viel Interessantes und Entdeckenswertes verpassen. In diesem Sinne: Lassen Sie sich von mir mitnehmen auf eine Reise zu den Glücksorten – denn die Bodenseeregion hat noch sehr viel Platz für Entdecker …
Ihr Thomas Blasche
1Vogl – nicht Vogel …
Das Voglhaus in Konstanz
2Natur pur
Der Mindelsee in Radolfzell
3Ein persönlicher Glücksort
Der Landgarten in Überlingen
4Sommer, Sonne, Strand
Am Sandseele auf der Insel Reichenau
5Brautschau in der Nacht
Glühwürmchen auf dem Waldfriedhof Schaffhausen
6Mit Blick über den Bodensee
Kässpätzle beim Seibl-Wirt in Lochau
7Mehr als nur ein Bett
Das Mietwerk in Lindau
8Der Spätzle Highway
Der Hegaublick von der A81
9Kloster ohne Kirche
Der Campus Galli in Meßkirch
10Aus wenig viel machen
Glasart Roy Braunwarth in Konstanz
11Wenn die Sonne lacht
Im Strandbad Ludwigshafen
12Kultur trifft Genuss
Der Theaterstadl am Gehrenberg
13Ein Café, das man nie vergisst
Das Vergissmeinnicht auf der Insel Mainau
1415 Minuten Glück
Die Autofähre Konstanz-Meersburg
15Dresscode nicht nötig
Das Restaurant Schloss Seeburg in Kreuzlingen
16Glück braucht Geduld
Unterwegs am Rohrspitz
17Der, der die Fäden zieht
Die Marionettenoper in Lindau
18Edles vom Bodensee
Das Weingut Aufricht in Meersburg
19Lebendige Architektur
Die Naturata Überlingen
20Wenn es eng wird …
Schifffahrt Untersee und Rhein
21Einmal Cowboy sein
Kuhtrekking beim Bolderhof in Hemishofen
22Zwischen Eis und Büchern
Spaziergang an der Promenade Überlingen
23Flammkuchen auf Badisch
Die Wirtschaft zum Kranz in Liggeringen
24Mein Name ist Bond
Die Seebühne in Bregenz
25Das flüssige Brot
Die Ruppaner Brauerei in Konstanz
26Da fließt noch viel Wasser
Der Rheinfall bei Schaffhausen
27Zwei, die sich verstehen
Wissingers im Schlechterbräu und valentin in Lindau
28Vom Glück der Heimat
Maria im Stein
29Deutschlands beste(r) Bäcker
Die Bäckerei Neyer in Heiligenberg
30Wie Napoleon hierhin kam
Das Napoleonmuseum im Schloss Arenenberg
31Steine balancieren und baden
An der Malerecke in Langenargen
32Lass dein Haar herunter …
Der Mangturm am Lindauer Hafen
33Es glitzert und glänzt
Der Weihnachtsmarkt in Konstanz
34Wo einst der Galgen stand
Auf der Blattform bei Bohlingen
35Fischers Fritz …
Die Fischerei Lang in Iznang
36Unterwegs in Mostindien
Die Mosterei Möhl in Arbon
37Achtung Elch
Hinauf zum Höhengasthaus Haldenhof
38Eine Oase für die Kunst
Handwerk auf der Hochwart
39Bretter für die Welt
Das Theater Konstanz
40An Gaul buddza
Der schwäbisch-alemannische Mundartweg
41Hoch hinaus
Der Säntis
42Natur zum Anfassen
Die inatura Dornbirn
43Hopfen und Malz …
Das Hopfengut No 20 in Tettnang
44Auf den Gleisen strampeln
Eine Fahrt mit dem Schienenvelo bei Etzwilen
45Ein kleiner Italiener …
Die Bodensee-Schiffsbetriebe
46Mehr als 32 Zähne
Zum Witzweg bei Walzenhausen
47Wo die Liebe hinfällt
Ekkehard auf dem Hohentwiel
48Straubeze und Holundermus
Das Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck
49Die Kurtisane von Konstanz
Die Imperia
50Herbstblues adé
Beim Fesslerhof am Eichenberg
51Wilhelma am Bodensee
Das Wasserschloss Montfort in Langenargen
52Jahrhundertbauwerk
Das Rhein-Schauen Museum mit Bahn
53Das Auge liest mit
Die Stiftsbibliothek in St. Gallen
54Zur eigenen Mitte finden
Auf der Klosterinsel Werd
55Es piekst überhaupt nicht
Das Strohhotel in Frasnacht
56Veronika, der Lenz ist da…
Der Blütenweg bei Sipplingen
57An der Mole, letzter Baum
Sepp Bögle in Radolfzell
58Der liebe Augustin
Das Lesecafé Augustin in Lindau
59Einfach mal die Klappe halten
Das Kloster Salem
60Rien ne vas plus
Das Spielcasino in Konstanz
61Die Zeit steht still
Die Hofanlage Milz bei Kressbronn
62Film ab – Film läuft
Kammer, Tivoli und Cinegreth in Überlingen
63Wo Herzen höher schlagen
Das Wolford Outlet in Bregenz
64No e wili
Die Fassadenmalereien von Stein am Rhein
65Ein königliches Schiff
Der historische Raddampfer Hohentwiel
66Auf Sand gebaut
Das Sandskulpturenfestival in Rorschach
67Alte Kost neu entdeckt
Die Dietrich-Kostbarkeiten in Lauterach
68Glück auf den zweiten Blick
Das Naturfreundehaus Bodensee in Radolfzell
69Von Dagobert – nicht Duck
Die alte Burg Meersburg
70Der über das Wasser läuft
Stand-Up-Paddling
71Kraftort im Thurgau
Die Kartause Ittingen
72Und hinten noch ein Kringel
Unterwegs mit der Wutachtalbahn
73Neue Tracht für Lampen
Strolz Leuchten in Bregenz
74Wasserturm mit Kaffee
Im esszimmer in Konstanz
75Man soll nicht alles glauben
Das Kavalierhaus Langenargen
76Geist sticht Kapital
Das Dornier-Museum in Friedrichshafen
77Der Ball ist rund …
Verrücktes Golf im Seepark Linzgau
78Eine Perle der Renaissance
Das Schloss Heiligenberg
79Auf in den See
Die Badhütte in Rorschach
80Im siebten Himmel
Die Wallfahrtskirche Birnau
Es hat nichts mit dem alemannischen Dialekt zu tun, dass das Voglhaus ohne „e“ geschrieben wird. Der Name der Besitzerin ist eben Vogl und nicht Vogel – auch wenn das Voglhaus von den Konstanzern so ausgesprochen wird, als hätten sie das „e“ nur verschluckt (was im alemannischen Dialekt durchaus oft vorkommt).
Das ursprüngliche Voglhaus ist der kleine Laden in der Münzgasse. Mit einigen Tischen wurde hier eine Kombination aus einem Kaufhaus und Kaffee geschaffen. Erst später kam noch das Kaffee an der Ecke Münzgasse/Wessenbergstraße dazu. Wie so oft befindet man sich hier in einem echten historischen Gebäude der Konstanzer Altstadt. Nur mit dem Unterschied, dass hier noch das „echte“ alte Parkett auf dem Boden liegt. Es knarzt und knarrt, wenn man darüber geht – und genau das macht diesen Ort auch zu einem Original. Wer das Glück hat, begegnet auch einmal Frau Vogl, die dann in einem netten schwäbischen Dialekt für jedes Gespräch offen ist.
Der Ausflug ins Voglhaus ist eine Entdeckungsreise. Das beginnt bei den exotischen Kaffee- oder Teesorten und geht weiter über das Sortiment an Kleinigkeiten für das Bad, das Wohnzimmer oder außergewöhnlichen Kleidern. Es ist die Mischung aus der Provence und Indien, die diesen Ort ausmacht. Was auf den ersten Blick wie die Auslage einer guten Konditorei scheint, entpuppt sich als Badepralinen, angereichert mit Kräutern oder Blüten. Und dem Liebhaber süßer Leckereien sind unbedingt die dunkelbraunen Schoko-Cookies zu empfehlen. Mehr Schokolade im Gebäck geht nicht.
Ein kleiner Tipp – man (frau) sollte hier unbedingt auf die Toilette gehen. Eine schmale Steintreppe führt in den Keller und verbindet das alte Voglhaus mit dem neuen Voglhaus-Kaffee. Neben Vogelgezwitscher (hier richtigerweise mit „e“) gibt es einige Überraschungen mehr … Soviel sei schüchternen Frauen verraten: Nicht von der durchsichtigen Toilettentür irritieren lassen – sobald sie geschlossen ist, sind Sie vor indiskreten Blicken geschützt. Wie’s funktioniert? Zauberei …
Voglhaus, Wessenbergstraße 8, 78462 Konstanz
www.das-voglhaus.de
ÖPNV: Ab Bahnhof Konstanz ca. 5 Minuten Fußweg
Gibt es etwas schöneres, als bei großer Hitze die Kleider abzuwerfen und einfach ins Wasser zu springen? Oder in einer sommerlichen Vollmondnacht in einem kleinen See zu baden? Genau diese spontanen und besonderen Erlebnisse sind an den kleineren Seen möglich, die sich rund um den Bodensee finden. Oft sind es zugängliche Naturschutzgebiete, kein Privatgrundstück, kein abgezäuntes öffentliches Bad – einfach Natur pur.
Der Bodensee ist ein Relikt der Würm-Eiszeit, das Becken wurde durch den aus dem Rheintal austretenen Rheingletscher geformt. Auch die kleineren Becken rund um den großen See entstanden durch diese letzte Eiszeit. Besonders schön ist der Mindelsee, der zwischen Markelfingen und Möggingen liegt. Von der ursprünglichen Länge von 10 Kilometern sind noch gerade zwei übrig, bei einer Breite von fast 600 Metern. Die maximale Wassertiefe beträgt lediglich 8 Meter – daher wärmt sich der Mindelsee im Frühsommer auch recht schnell auf. Wem das Bodenseewasser noch zu frisch ist, wird hier schon angenehme Badetemperaturen finden.
Schon seit 1938 ist der Mindelsee als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Sowohl zum Erhalt des Sees als auch zum Schutz seltener Pflanzen und des Lebensraums für Wasservögel. Im Frühsommer freut sich der Pflanzenfreund über das Traunsteiner Knabenkraut oder das sehr seltene Sumpf-Glanzkraut. Auch Mittelspecht und Drosselrohrsänger geben sich hier ein Stelldichein. Am nordwestlichen Ende gibt es einen kleinen Badeplatz mit einem langen Holzsteg, der mitten ins kühle Nass führt. Wer mit dem Auto anfährt, parkt am besten kurz nach dem Ortsausgang von Möggingen auf dem Wanderparkplatz. Von dort geht es gut einen Kilometer zu Fuß zum Badeplatz.
Wer etwas mehr Zeit hat, der sollte unbedingt den Fußweg rund um den Mindelsee auf sich nehmen. Die 10 Kilometer schafft der Naturfreund in 2 bis 3 Stunden, da der Weg kaum Steigungen hat. Und zur persönlichen Belohnung gibt es ja das verdiente Bad im See.
Mindelsee, 78315 Radolfzell
„Head, Heart and Hands“ – alles muss in einer Balance sein. Hört man Sonja Frick sprechen, fällt zuerst ihr englischer Akzent auf. Geboren und aufgewachsen am Bodensee in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Gastronomie, flüchtete sie in jungen Jahren in die Welt. London wurde zum Mittelpunkt ihres Lebens. Hier studierte Sonja Frick Design und unterrichtete später an Universitäten.
Doch das Herz blieb am Bodensee. So stellte sie sich nach 30 Jahren die Frage: „Springe ich oder fliege ich?“ Sie entschied sich für das Fliegen und kam wieder zurück in die Heimat. In Überlingen übernahm sie dann gleich einen kleinen Garten. Ihre Liebe zu Gärten hatte sie in England gefunden. Die Engländer haben ein Talent für die gepflegte Wildnis. Keine klaren Abgrenzungen wie in Deutschland, sondern bunte Mischungen und das Anliegen, die Dinge auch mal so sein zu lassen, wie sie sind.
Sonja Frick ist die Initiatorin des Landgartens Überlingen. Angeregt von den Prinzipien der Permakultur hat sie angefangen, im Herbst 2014 eine Wiese an der Schreibersbildkapelle mit Hilfe der Bodenlebewesen in ein Biotop für Menschen, Tiere und Pflanzen umzuwandeln. Das gepflegte Ungepflegte bietet Nahrung für Körper, Geist und Seele. Inspiration fand sie auch in den Menzinger Gärten – Gärten, die schon im Mittelalter der Versorgung der Bevölkerung in Überlingen dienten.
Heute unterrichtet Sonja Frick noch an verschiedenen Universitäten der Bodenseeregion. Aber ihr persönlicher Glücksort ist ihr Landgarten – hier tankt sie Kraft für den Alltag. Wenn sie da ist, steht die Tür offen und jeder ist willkommen, um sich umzuschauen, sich zu unterhalten, zu lernen und zu genießen. In Zusammenarbeit mit Naturfreunden bietet Sonja verschiedene Workshops an, bei denen es dann zum Beispiel eine Gänseblümchensuppe oder Küchenkräuter zum Mitnehmen gibt. Das herzliche Zusammensein und der Austausch von Informationen stehen dabei im Vordergrund. Für jeden Besucher ist der Landgarten eine Oase des Glücks, die man nicht mehr verlassen möchte.
Der Landgarten, Wilhelm-Beck-Straße 35, 88662 Überlingen
www.derlandgarten.org
ÖPNV: Ab Bahnhof Überlingen Therme ca. 10 Minuten Fußweg
Die Insel Reichenau ist die größte Insel im Bodensee, vor allem bekannt als Gemüseinsel und wegen des Klosters. Als der heilige Pirmin im Jahr 724 die Insel betrat, sollen Schlangen, Kröten und Gewürm die Insel fluchtartig verlassen haben. Die bildliche Darstellung dieses Ereignisses ist im Münster Mittelzell zu sehen. Durch einen Damm ist die Insel mit dem Festland verbunden. Wenn einmal so richtig Hochwasser ist, wie z.B. 1993, dann kann es für die Reichenauer schon einmal einsam werden. Denn dann ist der Damm nicht mehr mit dem Auto befahrbar und die Versorgung erfolgt nur noch mit Booten und Schiffen. Vielleicht auch deshalb kennt man die Reichenauer als ein etwas eigenes, aber durchaus nettes Volk.