Nelson Mandela – einer der größten Freiheitskämpfer der Welt, ein Mythos schon zu Lebzeiten, gefeiert wie ein Popstar! In seinem Kampf um Freiheit für alle Menschen, ungeachtet ihrer Hautfarbe, ließ er nie nach. Für seine Überzeugung, dass alle Menschen friedlich und gleichberechtigt zusammenleben sollen, verbrachte er Jahrzehnte im Gefängnis. Aber wäre er auch stolz auf »sein« Südafrika heute?
Bestseller-Autor Christian Nürnberger und Südafrika-Experte Stephan Kaußen zeichnen ein eindrucksvolles Bild von Mandelas Leben, seinem politischen Erbe und der aktuellen Situation Südafrikas.
Christian Nürnberger (Jahrgang 1951) ist ein hochkarätiger und bekannter Autor. Der Journalist studierte Theologie, arbeitete als Reporter bei der Frankfurter Rundschau, als Redakteur bei Capital, und als Textchef bei Hightech. Er veröffentlicht regelmäßig in der Süddeutschen Zeitung, im SZ-Magazin und der ZEIT und arbeitet seit 1990 als freier Autor. Für »Mutige Menschen – Widerstand im Dritten Reich« wurde er mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2010 ausgezeichnet.
Dr. Stephan Kaußen beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten mit Südafrika. Aus seinen vielen Recherchereisen entstanden zahlreiche Beiträge und Monographien. „20 Jahre Freiheit. Mandelas Südafrika. Vision oder Wirklichkeit“ verfasste der Freie Journalist unmittelbar nach „Madibas“ Tod im Dezember 2013. Es knüpft an seine Dissertation zu Südafrikas politischem und gesellschaftlichen Transformationsprozess aus 2004 an. Seit Abschluss der Fußball-WM 2010 hat Kaußen eine Professur für Journalistik in Köln inne. Er arbeitet zudem als Reporter und Experte für ARD, Phoenix, ntv etc.
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Viel Spaß beim Lesen!
NELSON MANDELA
Mit der Freiheit verhält es sich ähnlich wie mit dem Humor. Jeder behauptet, er habe ihn, nur wenige haben ihn wirklich. Jeder behauptet, er sei für Freiheit, sogar die Unterdrücker behaupten es. Aber nur wenige sind wirklich frei. Und nur wenige haben ein so großes Verlangen nach Freiheit, dass sie dafür unter Einsatz ihres Lebens kämpfen, ihre Gesundheit gefährden, gefürchteten Autoritäten widersprechen, Zivilcourage zeigen oder Nachteile – bei der Karriere, der Versorgung mit Gütern, dem Zugang zur Bildung – in Kauf nehmen.
Freiheit hat etwas mit Würde zu tun, mit Charakter, mit aufrechtem Gang. Wer schon von Kindheit an zur gebeugten Haltung erzogen wurde, zum Gehorsam, Duckmäusertum und zur Angst vor jeglicher Macht und Autorität, wem von Kindheit an von Eltern, Lehrern, Funktionären, Geistlichen und den Medien eingebläut, ja eingeprügelt wurde, die Teilung der Menschen in Herren und Knechte sei gut, vernünftig, gottgewollt und unveränderlich, der wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in sein Schicksal fügen und sein Leben als Knecht führen und beenden. Warum sollte er aufbegehren? Was sollte einer, der die Freiheit nie gelernt und nie geschmeckt hat, mit der Freiheit anfangen?
Und doch gibt es unter hundert Knechten, manchmal auch nur unter tausend oder zehntausend, zuverlässig den einen, der irgendwann anfängt zu fragen, ob die Herr-Knecht-Ordnung so natürlich oder gar gottgewollt sei, wie sie sich darstellt. Zuerst fragt er sich das meist nur im Geheimen, in seinen Gedanken, dann spricht er die Frage im Kreis von Freunden oder der Familie aus und macht die Erfahrung: Er ist mit seinen Gedanken nicht allein. Andere zweifeln ebenfalls. Meistens bleibt es dabei.
Manchmal aber entwickelt sich daraus Rebellion. Und manchmal entsteht daraus eine Revolution, welche die alte Ordnung umstürzt und eine neue, gerechtere Ordnung etabliert. Dann erklimmt die Gesellschaft, in der das passiert, eine höhere Stufe der Zivilisation.
Wann aber und unter welchen Bedingungen kommt es dazu, dass aus freien Gedanken freie Worte und daraus Taten werden, die in gemeinsame und organisierte Handlungen münden? Und die dann den Umsturz herbeiführen? Das herauszufinden wäre ein interessantes Forschungsprojekt, denn es gibt darauf noch keine allgemeingültige Antwort. Vielleicht wird es sie auch nie geben, denn die Entfaltung freier Gedanken in einem geknechteten Hirn ist etwas sehr Individuelles, wahrscheinlich oft von äußeren Zufällen Gesteuertes, sodass ein Freiheitskämpfer rückblickend beispielsweise sagt:
»Ich kann nicht genau angeben, wann ich politisiert wurde, wann ich wusste, dass ich mein Leben völlig dem Freiheitskampf verschreiben würde (…) Ich hatte keine Erleuchtung, keine einzigartige Offenbarung, keinen Augenblick der Wahrheit; es war eine ständige Anhäufung von tausend verschiedenen Dingen, tausend Kränkungen, tausend unerinnerten Momenten, die Wut in mir erzeugten, rebellische Haltung, das Verlangen, das System zu bekämpfen, das mein Volk einkerkerte. Da war kein bestimmter Tag, an dem ich mir sagte, von nun an will ich mich der Befreiung meines Volkes widmen, sondern statt dessen tat ich es einfach, weil ich nicht anders konnte.«
Der Mann, der das sagte, war einer der größten Freiheitskämpfer der Welt, ein Popstar, ein Mythos schon zu Lebzeiten, beliebt, verehrt und berühmt wie sonst vielleicht nur noch der Papst und der Dalai Lama: Nelson Mandela, der Befreier Südafrikas. Siebenundzwanzig Jahre hat er in Gefängnissen verbracht. Siebenundzwanzig Jahre hat er dort seinen Traum von der Befreiung der Schwarzen von weißer Vorherrschaft geträumt. Siebenundzwanzig Jahre hat er vom Gefängnis aus, scheinbar untätig, wesentlich zur Befreiung Südafrikas beigetragen. Und dann ist sein Traum in Erfüllung gegangen.
Wann er ihn zum ersten Mal geträumt hat? Eben das konnte er später nicht mehr sagen. Und doch lässt sich aus seiner Biografie ein Ereignis benennen, in dem erstmals aufscheint, dass Nelson Mandela ein Mensch war, dessen Drang nach Freiheit, Würde und Selbstbestimmung größer war als seine Bereitschaft, sich mit der Wirklichkeit, wie sie nun mal war, abzufinden.
Es ist ein Ereignis, ein Schicksal, das vor ihm schon Millionen, ja Milliarden anderen jungen Männern und Frauen widerfahren ist und heute noch immer widerfährt, ein Schicksal, dem die meisten sich gefügt haben und immer noch fügen. Für die wenigen, die dagegen rebellierten und rebellieren, war, ist und kann es oft der Ausgangspunkt einer Lebenswende mit weitreichenden Folgen sein: An einem Morgen des Jahres 1940 – Nelson Mandela ist 22 Jahre alt und studiert in einem Missions-College in Fort-Hare in der östlichen Kapprovinz – wird er zu seinem Vormund gerufen. Der hatte gemäß der in seinem Volk herrschenden Tradition eine Braut für ihn ausgesucht.
Mandela hatte im Alter von neun Jahren seinen Vater verloren. Seine Mutter konnte nicht mehr angemessen für ihn sorgen, daher gab sie ihn zu Jongintaba, dem Regenten der Xhosa, der zur Annahme der Vormundschaft politisch verpflichtet war.
Im Haus des Regenten wächst er mit dessen leiblichem Sohn Justice heran. Es geht ihm gut dort, beide Söhne werden gleich behandelt und es entwickelt sich ein brüderliches Verhältnis unter ihnen. Gemeinsam studieren sie in Fort-Hare und gemeinsam trifft sie nun das für sie bestimmte Schicksal: die Zwangsverheiratung. Der Brautpreis war schon bezahlt, die Sache festgezurrt und nicht mehr rückgängig zu machen.
Und da passiert es. Sie riskieren um ihrer Freiheit willen den Bruch mit ihrer Tradition, ihrer Familie, ihrer Herkunft und mit all den Menschen, die ihnen lieb und teuer sind. Sie verlassen den für sie vorgezeichneten Weg, brechen aus, hauen ab, denken nicht lange darüber nach. Sie verhandeln auch nicht mit dem Regenten, weil sie wissen, dass es zwecklos ist. Es ist ihnen klar, dass dieser Bruch mit der Tradition auch den Bruch mit dem Regenten bedeutet und damit verbunden auch dessen Einstellung der Zahlungen, den Verlust aller Sicherheit. Jetzt müssen sie selber für sich sorgen. Das nehmen sie in Kauf. Das ist der Preis für ihre Selbstbestimmung. Kein geringer Preis, denn es wird nicht einfach für die beiden.
Sie wollen nach Johannesburg. Heimlich verkaufen sie zwei Ochsen des Regenten, um zu Geld zu kommen. Dann müssen sie sich noch einige Lügen und Tricks einfallen lassen, denn ein schwarzer Afrikaner darf seinen Bezirk nicht ohne Genehmigung des Arbeitgebers oder des Vormunds verlassen. In Johannesburg suchen sie voller Optimismus ihre Zukunft. Dort wollen sie ihr Glück machen.
Zunächst scheint das ganz leicht zu gehen. In den Crown Mines, der größten Goldmine der Welt, suchen sie sich einen Job. Dort arbeitet Piliso, ein Bekannter von ihnen, als Aufseher. Von ihrer Flucht vor der Zwangsheirat erzählen sie ihm nichts. Stattdessen tischen sie ihm Lügengeschichten auf, die er ihnen glaubt. Er verschafft Justice einen guten, sauberen Bürojob, und Nelson wird Minenpolizist, was ihm gut gefällt. Mit Stiefeln und Helm, Trillerpfeife und Schlagstock ausgerüstet, steht er gut gelaunt vor dem Eingang zum Minengelände und kontrolliert die Ausweise all jener, die kommen oder gehen. Neben ihm ein Schild: Achtung! Hier Zutritt für Eingeborene!
Piliso lädt die jungen Männer freundlich ein, bei ihm zu wohnen. Dadurch bleibt es ihnen erspart, mit ein paar Hundert anderen in einer der deprimierenden Baracken für Wanderarbeiter zu schlafen. Sie verdienen nicht viel, aber haben nun doch mehr Geld als jemals zuvor. Und es ist eigenes, selbst verdientes Geld. Sie kommen sich großartig vor. Den Regenten haben sie schon vergessen.
Aber er nicht sie. Er hat herausgefunden, wo sie stecken, und an Piliso telegrafiert: »Die Jungen sofort nach Hause schicken!« Wutschnaubend hält Piliso ihnen das Telegramm unter die Nase. Sie haben ihn belogen, seine Gastlichkeit und sein Vertrauen missbraucht. Er schmeißt sie raus.
Nun erst wird es schwierig mit der Freiheit. Was tun ohne Job und ohne Geld? Worauf man sich in Afrika immer verlassen kann, ist die Verwandtschaft, der Clan, der Stamm. Der hält zusammen. Nelson treibt einen Vetter auf, Garlick Mbekeni. Bei dem kann er erst mal wohnen. Mbekeni verschafft ihm auch einen Job bei einem Immobilienhändler, dem Nelson erzählt, er wolle sein unterbrochenes Jurastudium fortsetzen und Rechtsanwalt werden. Der Immobilienhändler hilft ihm und verschafft ihm ein Praktikum bei Witkin, Sidelsky und Eidelmann, einer jüdischen Anwaltskanzlei.
Wieder hat Nelson Glück, denn dass eine weiße Kanzlei einen Schwarzen im Büro beschäftigt, ist in Südafrika eine große Ausnahme. Und Nelson wird gut behandelt in dieser Kanzlei. Er verdient zwar nur zwei Pfund im Monat, aber er muss froh sein, dass er davon kein Lehrgeld zahlen muss, das man ihm eigentlich abverlangen könnte. Und einer der Anwälte, Sidelsky, nimmt sich viel Zeit, um Mandela alle Aufgaben genau zu erklären, leiht ihm Geld für die Universitätsgebühren und schenkt ihm einen alten Anzug, den Nelson jahrelang tragen wird.
Vielleicht liegt es an seinem relativen Glück, dass sich in Nelson noch immer kein Geist der Auflehnung regt, denn eigentlich sind die Gründe für eine Rebellion nicht zu übersehen. Die Weißen wohnen in den guten Wohngebieten in komfortablen Häusern mit großen Gärten inmitten gepflegter Anlagen. Die Schwarzen wohnen nahe bei den Minen und Kläranlagen in kleinen Häusern ohne Sanitäranlagen und ohne Strom.
Weiße haben die verantwortungsvollen gut bezahlten Jobs, Schwarze kehren die Bürgersteige, chauffieren ihre Chefs, erledigen die Handlanger- und Botendienste oder dienen in den Häusern der Weißen als Putzfrau, Nanny, Koch, Gärtner oder Butler. Weiße sind gut gekleidet, Schwarze ärmlich. Und überall in der City hängen vor den Cafés, Restaurants, Hotels und Ämtern Schilder mit der Aufschrift »Nur für Weiße«.
Es ist alles tatsächlich so in Südafrika, wie es Nelson Jahre zuvor schon einmal gehört hat, aber nicht hören wollte. Es war auf dem Fest, bei dem er und die anderen Jungen seines Alters beschnitten wurden. Er war gerade sechzehn und wollte ausgelassen feiern, als ein alter Häuptling eine Rede hielt und damit die Stimmung killte: »Dort sitzen unsere Söhne, jung, gesund und stattlich, die Blüte des Xhosa-Stammes, der Stolz unserer Nation. Wir haben sie gerade beschnitten in einem Ritual, das Mannbarkeit verheißt, aber ich bin hier, um euch zu sagen, daß das eine leere, illusorische Verheißung ist (…) Denn wir Xhosas und alle schwarzen Südafrikaner sind (…) Sklaven in unserem eigenen Land, Pächter auf unserer eigenen Erde. Wir haben keine Kraft, keine Macht, keine Kontrolle über unser eigenes Geschick im Land unserer Geburt. Für den Rest ihres Lebens werden sich diese jungen Männer die Lunge raushusten tief in den Eingeweiden der Minen des weißen Mannes, ihre Gesundheit zerstörend, niemals die Sonne sehend, damit der weiße Mann ein Leben in einzigartigem Wohlstand führen kann. Sie werden in große Städte ziehen, wo sie in Verschlägen hausen und billigen Alkohol trinken werden, und all dies, weil wir kein Land haben, das wir ihnen geben könnten, damit sie darauf gedeihen und sich vermehren.«
Später, viel später wird sich Nelson erinnern, dass er diese Anklagen nicht hören wollte, und gedacht hatte: Haben die Weißen nicht auch viele gute Dinge ins Land gebracht? Sind sie nicht Wohltäter, die Schulen einrichten und große Fabriken bauen, in denen die Menschen Arbeit finden?
Diesen Wesenszug, den weißen Unterdrücker nicht zu hassen, ihm trotz seiner unleugbaren Fehler immer gerecht werden zu wollen, wird Nelson beibehalten und ihn auch später nicht ablegen, als er aktiv für die Freiheit der Schwarzen kämpft. Dieser Wesenszug wird es sein, der ihn später geradezu vorbestimmt, das befreite Südafrika zu regieren und zu einem Land zu machen, in dem die Menschen aller Hautfarben friedlich zusammenleben, auch mit den Weißen, den ehemaligen Unterdrückern.
Andere seiner Generation sind wesentlich ungeduldiger mit den Verhältnissen und gegenüber den Weißen zumindest in Gedanken wesentlich aggressiver. In der Anwaltskanzlei von Sidelsky hat Nelson einen Kollegen, der seinen Chef eines Tages anfährt: »Hören Sie, Sie sitzen da wie ein Lord, während mein Häuptling Botengänge für Sie erledigt. Die Situation sollte genau umgekehrt sein, und eines Tages wird sie das auch, und wir werden euch alle ins Meer werfen.« Nelson ist dieser Zwischenfall unangenehm. Wie lange noch?
Nelsons Bewusstsein beginnt sich zu ändern, als es 1946 zu einem der größten Streiks in der südafrikanischen Geschichte kommt. Zu jener Zeit schuften 400 000 Afrikaner für zwei Shilling pro Tag in den Minen. Die Gewerkschaft kämpft für einen Mindestlohn von zehn Shilling pro Tag, für Familienunterkünfte, einen zweiwöchigen bezahlten Urlaub und bessere Verpflegung. Doch die Minengesellschaften kommen ihnen keinen Fingerbreit entgegen. Daraufhin legen 70 000 Arbeiter für eine Woche die Arbeit nieder. Vergeblich. Jetzt greift der Staat ein. Polizisten drängen die Arbeiter mit Bajonetten in die Schächte zurück und töten dabei neun von ihnen. Die Polizei umstellt die Unterkünfte der Arbeiter und durchsucht die Büros der Gewerkschaft. Alle Streikführer landen im Gefängnis, der Streik bricht zusammen und die Regierung zerschlägt auch noch die Gewerkschaft.
Jetzt ist Nelson empört, bestürzt und tief bewegt. Er besucht die Streikenden in den Minen und führt Gespräche mit Gewerkschaftern.
Dann wird er auf die Inder in Südafrika aufmerksam. Auch sie begehren auf. Seit 1869 kamen indische Wanderarbeiter ins Land, um in den Zuckerrohrplantagen in Natal zu arbeiten. Die Inder mussten sich damals für drei Jahre verpflichten. Danach konnten sie entscheiden, ob sie in ihre Heimat zurückkehren wollten oder nicht. Viele von ihnen blieben, machten sich als Kleinbauern oder Händler selbstständig, erhielten in Natal sogar Bürgerrechte. Außerhalb Natals jedoch galten sie als Nicht-Weiße und waren daher genauso rechtlos wie die Schwarzen.
Im Jahr 1946, dem Jahr des Streiks der Minenarbeiter, erließ die Regierung ein Gesetz, das die eingeschränkten Rechte der Inder noch weiter beschnitt. Sie durften jetzt nur noch in bestimmten, ihnen zugewiesenen Gebieten leben und Handel treiben, und der Erwerb von Grundbesitz wurde erschwert.
Das ließen die Inder sich nicht gefallen. Für Nelson interessant war, wie sie sich widersetzten, nämlich nach den Plänen eines jungen Rechtsanwalts namens Mahatma Gandhi. »Gewaltfreier Widerstand« lautete dessen Parole in Indien wie in Südafrika.
In Südafrika sah dieser gewaltfreie Widerstand so aus, dass die Inder zwei Jahre lang das Land besetzten, das ihnen die Regierung genommen hatte. Sie hielten verbotene Versammlungen ab, und wenn die Polizei kam, ließen sie sich einsperren, massenhaft. Die Anführer wurden mit monatelanger Zwangsarbeit bestraft. Wenn sie wieder zurückkamen aus ihren Arbeitslagern, machten sie genau dort weiter, wo sie vor ihrer Bestrafung hatten aufhören müssen.
Nelson Mandela war tief davon beeindruckt, wie indische Hausfrauen, Anwälte, Studenten, Ärzte, Priester, Händler und Arbeiter aus Protest ins Gefängnis gingen, denn es »erinnerte uns daran, daß der Freiheitskampf nicht nur darin bestehen konnte, auf Versammlungen Reden zu halten, Resolutionen zu verabschieden und Abordnungen zu entsenden. Entscheidend waren vielmehr präzise Organisation, militante Massenaktion und vor allem die Bereitschaft, Leiden und Opfer auf sich zu nehmen.«