Aus dem Rumänischen von Eva Ruth Wemme
Mit Nachworten von
Eva Ruth Wemme und Dana Grigorcea
HUMBUG UND VARIATIONEN
WIE WIR CARAGIALE KENNENLERNTEN
BRIEF ÜBER LITERATUR
DER VERDREHTE MENSCH CANUSCHKE
WARUM
EIN KÜNSTLER
AUTORITÄT
ION …
EIN VORTRAG
OSTERNACHT. NOVELLE
DIE ZAUBERPOMADE
EINE GROSSE ERFINDUNG
DEM POETEN DAS SEINE
EIN DICHTER-FRISEUR UND EINE DAME, DIE SICH AM KOPF KRATZEN MUSS …
BRUDER VLAHUȚĂ
GRAND HOTEL »VICTORIA ROMÂNA«
MONOPOL
JUSTIZ
DIE SITUATION
SUCHE WOHNUNG …
HUMBUG (VOLKSMYTHOLOGISCHE STUDIE)
DER RUMÄNISCHE HUMBUG
DER ERFOLG DES RUMÄNISCHEN HUMBUG
HUMBÜRGER
NACH PELEŞ
GROSSE HITZE
DER MANN HAT GLÜCK!
GESCHENK …
HIGHLIFE
EINE WOCHE
GESCHICHTE EINER ÜBERSCHRIFT
THOMASSONNTAG
POLITIK
NEUESTE NACHRICHTEN
ELEONORA DUSE – MOUNET-SULLY
EIN WEIHNACHTSARTIKEL
FREUNDE
FREUND X
LETZTE AUSGABE …
MITICA
1. APRIL. MONOLOG
HERRSCHAFTLICHER BEFEHL
DER RUMÄNISCHE PÄCHTER
MANKO …
IDENTITÄT
DAS WOLK
DER KRIEG
LANGHER … SEHR LANGHER
KLUGES BAJONETT
ANTHOLOGIE
TELEGRAMME
POLIZEIPROTOKOLL
THEMA UND VARIATIONEN
TZAL! …
MARKT (INHALTSVERZEICHNIS)
WIE DIE BAUERN SICH VERSTEHEN
ZWEI LOSE
PARADOX
LAKE UND MAKE. NOVELLE
FRÖSCHE … GIBT‘S GENUG. PESSIMISTISCHE NOVELLE
SENTIMENTALER ARTIKEL
FANTASTISCHER ARTIKEL
OFFENER BRIEF
LETZTE GEDANKEN
ANHANG
CARAGIALE ÜBERSETZEN, VERSETZEN, ÜBERZAPFEN NACHWORT VON EVA RUTH WEMME
ES GILT ZU ENTDECKEN: ION LUCA CARAGIALE NACHWORT VON DANA GRIGORCEA
NACHWEISE DER TEXTE
BIOGRAFIEN
An jenem Abend hinderte der Regen, welcher sich in Schwallen über die Stadt ergoss, die Mitglieder des Zirkels, sich zur gewohnten Stunde zusammenzufinden. Daher traf ich nur ein einziges Mitglied an, als ich in Salonlaune ins Büro kam, er verlor sich in Amfitrions Ledersessel.
Draußen schlug der Regen mit aller Macht an die großen Scheiben; aber die »Bohemiens« hatten der Sintflut getrotzt, und einer nach dem anderen trafen sie nass und schlotternd ein.
Was vermag ein Bohemien nicht alles zu ertragen, wenn er weiß, hier bekommt er den verehrten Kritiker zu sehen und wunderbaren Tee mit Rum und Vanilleplätzchen!
Sie kamen der Reihe nach aus den entferntesten Winkeln der Hauptstadt, wie angezogen von einem großen Magneten, sie alle, mit ihren langen Haaren, enormen Halsschleifen, im Lauf der Zeit vergilbten Kleidern, und dabei trugen sie in ihren unergründlich tiefen Jackentaschen ehrfürchtig die Früchte ihrer Inspiration umher, unbekannte Meisterwerke, die kommende Generationen in Staunen versetzen würden!
Hitzige und stumpfsinnige Diskussionen entbrannten, hochgestochene Worte, begleitet von großen und falschen Gesten, ein wahres Babel der Gedanken … und jeder löste mit endgültigen Maximen die wichtigsten Fragen der Kunst und Philosophie, denn jeder war hier mindestens ein Genie.
Hin und wieder wurde es still, und eine empörte Stimme rief aus:
»Er kommt nicht mehr. Es ist skandalös!«
Ein anderer mit mehr Geduld öffnete die Tür, und da, wie aus unendlichen Weiten, drang der fröhliche Lärm von Gläserklirren zu uns herüber und das tönende, sattbürgerliche Lachen des Hausherrn … Ein feiner Kohlgeruch setzte sich in Wogen fort bis in den Salon, weitete die Nasenlöcher, ließ die Augen leuchten, versetzte die Mägen der Wartenden in Unruhe.
Endlich, die Tür ging auf, und es erschien das fette, rot angelaufene und fröhliche Gesicht des Amfitrion:
»Bitte verzeiht mir. Ich habe Caragiale zu Gast. Ich bringe ihn zu euch. Seid auf der Höhe!« Und verschwand.
Wäre eine Bombe in der Mitte des Zimmers explodiert, so hätte sie keinen größeren Schrecken verbreiten können als die Nachricht vom Kommen Caragiales.
Nach einigen Augenblicken drückenden Schweigens rief einer, groß und langhaarig, gelangweilt aus: »Wer zum Teufel hat den hier angeschleppt, grade wo ich mein Poem vorlesen wollte!«
Aber die Tür öffnete sich erneut und Caragiale erschien.
Gekrümmter Körper, ein zerknautschtes Gesicht, in dem nur die Augen lebten.
Ach, Caragiales Augen! Nichts könnte das Blitzen, die Lebendigkeit, den Scharfblick und vor allem die Tiefe seiner Augen wiedergeben!
»Jungs, sagt mal schön: Hoch lebe der Herr Direktor.«
Caragiale hatte gesprochen! Seine belegte, bebende und angenehme Stimme schien uns in der Seele zu singen. Man spürte, dieser Abend würde einer der schönsten unseres Lebens!
Hinter Caragiale trug die Bedienstete auf einem Tablett eine Karaffe Wein und ein Glas herein.
»Ich mit meinen Altmännergelüsten, Mensch Jungs. Ihr … wie steht’s bei euch mit der Liebe?«
Und der Amfitrion, der das Schweigen und die Befangenheit der Jungs brechen wollte, sagte: »Ah, das sind junge Männer mit Talent. Hast du die Zeitschrift nicht gelesen? Ich habe sie dir nach Berlin geschickt.« Und an die Jungs gerichtet: »He, wer von euch liest heute? Los, nur Mut!«
Ein bleicher Jüngling trat unter das starke Licht des Kandelabers und zog mit linkischen Bewegungen ein riesiges Manuskript aus seiner Jacke.
Caragiale unterdrückte ein feines Lächeln und zündete sich eine Zigarette an.
Der junge Mann begann: »Im trikoloren Halbmond …« Und der erste Satz entwickelte sich schwerfällig, banal und lang, er wollte gar nicht enden.
Mit einer Geste ließ Caragiale ihn innehalten. Er nahm das Manuskript, strich aus, rückte zurecht – und gleich reihten sich die ohne Sinn und Zweck ausgestreuten Wörter in neuer Form wie Perlen auf eine Schnur und funkelten wie ein Diamantcollier.
»Das Wort, meine Lieben«, begann der Maestro, »kann nur einen einzigen Platz innerhalb eines Satzes einnehmen. Und wenn du es nicht hast dort hinsetzen können, dann stürzt der ganze Satz ein wie ein Gebäude, in dem ein Stein falsch eingesetzt wurde …
Damit man weiß, wie man es einsetzt, muss man sein Handwerk verstehen, muss man es erlernen, wie in allen Berufen muss man als Lehrling beginnen und darf nicht gleich versuchen, schon Meister zu sein …
In unserer heutigen Literatur wird dieses Prinzip grundlegend übergangen, und deshalb stehen wir so schlecht da. Bei uns reicht es aus, dass jemand das Alphabet kann, um zu glauben, er sei etwas Besonderes, er bräuchte nichts mehr zu lernen und könnte beginnen, Literatur zu machen …«
Oh! warum war ich keine Grammophonplatte, um aufzunehmen und all das wiederzugeben, was Caragiale an jenem Abend sagte. Sein Denken warf wie ein elektrischer Projektor ein starkes und immer neues Licht auf alle Fragen.
»Die Poesie«, sagte er, »muss wie ein sinnlicher Genuss sein. Sowie du ihren ersten Schauder spürst, muss sie dich mit ihren mächtigen Fängen packen, dich wie eine Woge ergreifen, dich in schwindelnde Höhen heben, dass du wünschst, dieser Augenblick der Erhebung dauerte ewig …«
Und ergriffen wandte er sich an den Amfitrion: »Hast du Coșbuc da?«
Mit zitternder Hand blätterte er in dem Buch und hub an zu lesen:
Fern dem gebeugten Uferbogen
nahm eil’ge Fahrt der Schoner auf,
es sangen die zerschnitt’nen Wogen,
und sangen die Matrosen darauf.
Er ließ das Buch auf den Tisch sinken, nahm den Kopf zwischen die Hände, und in diesem Moment blitzten die Augen noch stärker, mit Tränen gefüllt.
»So oft ich dieses Gedicht von Coșbuc lese, ich weiß nicht, was mich da packt, ich muss weinen … Fühlt ihr, Mensch, wie viel Kunst, wie viel Empfindung in diesen Versen liegt?«
In diesem Augenblick steckte das Gefühl, das Caragiale übermannt hatte, alle anderen an und belebte sie, als wäre in ein Kaffeehaus voller Rauch und schwerer Dünste plötzlich ein Hauch Frühlingsluft gedrungen.
Und so redete er ein paar Stunden immer weiter, hielt manchmal inne, um sich ein Glas einzuschenken, und je tiefer der Wein in der Flasche sank, umso reicher entflammte seine Fantasie, und Theorien auf Theorien wurden meisterliches Wort, lebten den Augenblick ihres strahlenden Daseins, um sich dann in jenem Nichts zu verlieren, aus dem nur er seine Gedanken schöpfte.
»Welch wunderlicher Anblick«, sagte er, »ist das ewige Gehetze nach Besonderheit. Dutzende von Werken erscheinen jeden Tag. Aber wie verschieden ist ihr Schicksal!
Man zündet Dutzende von Feuerwerkskörpern zugleich, manche brennen und verlöschen, ohne sich zu erheben; andere erheben sich auf Mannshöhe und fallen wieder zur Erde. Zweien, dreien gelingt es, in die Höhe zu fliegen; aber auch hier, Unterschiede. Manche knallen und verlöschen, andere zerplatzen in tausenden vielfarbige Kugeln, hängen einen Augenblick wie fantastische Kandelaber in der Luft, erhellen den dunklen Himmelsbogen der Nacht …«
Mitgerissen von der Kraft und dem Reichtum seiner nicht versiegen wollenden Ideen – wie fühlten wir uns da klein vor diesem Mann, der – da er immer ungeheurere Ausmaße annahm – sich zu unerreichten Höhen emporschwang …!
Doch der Zauber wurde gebrochen.
Ein Tumult von Stühlerücken und Gläserklirren ließ uns aufschrecken wie aus einem Traum.
Man brachte den Tee!
Und nun genoss jeder die Labsal des köstlichen Getränks und die Luft, in der eine Minute zuvor noch die verzauberten Worte des Maestro gezittert hatten, füllte sich nun mit dem zarten Duft nach Rum und Vanillegebäck!
Mircea Rădulescu und Ernest Ene
Lieber Freund,*
Du hast mir die Ehre erwiesen, auch meine Wenigkeit um einen literarischen Beitrag für die Zeitung des Dorfbewohners zu bitten. Dein Wunsch schmeichelt mir, und ich will ihm gerne entsprechen. Ich glaube mich schuldig, dir bei deiner wertvollen Unternehmung zur Seite zu stehen.
Du bist einer unserer seltenen Publizisten, die für lauterere Zwecke als die eigenen arbeiten, die ihre eigenen Interessen und ihre eigene Person vergessen zugunsten der Publikation; jene seltenen Publizisten, die keine andere Sorge haben und pflegen als die Sorge um ihr Werk.
In welch schwierige Lage sich solcherlei Publizisten bringen, das weißt du nur zu gut: All die Jahre unermüdlicher Arbeit, an Opfern, aufrechter Haltung und Inhalten, ohne Lohn, Jahre, in denen du mit so viel Hingabe die Zeitung des Dorfbewohners leitetest, sie werden dich gelehrt haben – so wie wohl andere Umstände es mich selbst lehrten – dass du als Vater außerordentlich merkwürdig sein müsstest, wenn du auch nur einem, dem schlimmsten deiner Kinder, eine Karriere als ehrlicher Publizist wünschen würdest.
Und hätte ich vierundzwanzig Kinder – das verhüte Gott! – ich würde aus allen Politiker machen, also Anwälte; und wenn einer nicht imstande wäre, wenigstens das zu erlernen, dann würde ich ihm beibringen, Hunde mit der Schlinge zu fangen. Abdecker, ja! aber Literat nein! Besser, er macht sich über die Literaten lustig, wenn er alle Jahre mal auf einen trifft, als dass die Abdecker sich über ihn allenthalben lustig machen.
Das kennst du alles genauso gut wie ich; und doch gab es bei dir keine Momente des Zweifels oder Ekels – wie ich sie habe und ausreichend hatte. Wäre ich bei der Zeitung des Dorfbewohners an deiner Stelle gewesen, hätte als ihr Leiter mit so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, wäre mit einer so guten Tat auf so wenig Anerkennung gestoßen, und was noch schlimmer und unmenschlicher ist, auf so viel Verachtung, ich hätte schon längst ein Kreuz darauf gepflanzt, versehen mit der Inschrift: »Was nicht leben kann, da es schon nicht das Glück hatte, nicht geboren zu sein … das hat immerhin noch ein Glück – zu sterben!« Viele solcher Kreuze habe ich in meinem Leben errichtet. Aber sollen wir am Ende denn für alle guten Taten hienieden eine Belohnung im Jenseits erwarten? Ich danke schön. Zwanzig Jahrhunderte nach jenem unangenehmen Abenteuer würde wohl, denke ich, auch der Herr Jesus Christus eher mit den Schultern zucken bei so einem Satz.
Doch du denkst nicht wie ich, und da tust du gut dran. Die Zeitung des Dorfbewohners lebt, und dank deiner Energie wird sie weiterleben.
Ich liebe den Federhalter nicht, glaube mir; ganz im Gegenteil. Er ist ein Werkzeug, mit dem ich nie etwas Ordentliches für die Welt getan habe, aber mit dem ich selbst mir immer großen Ärger und viel Schaden eingehandelt habe. Sowie ich könnte, würde ich ihn freudig gegen ein ehrenwerteres Werkzeug eintauschen, eins das anderen nützlicher ist, und mir auch. Mögen alle meine Feinde nur diesen Wunsch von mir empfangen: Sollen ihre Kindeskinder, wenigstens eins von dreien, rumänische Literaten werden, und nichts anderes als rumänische Literaten!
Wahrscheinlich auf wer weiß welche guten Wünsche und Wohltaten meiner Großeltern hin habe ich kein anderes Werkzeug auf der Welt als »meinen geliebten Federhalter, meinen teuren Federhalter, meine Ehre, mein Stolz« (ich schwöre dir, das habe ich von einem Mann bei vollem Verstande gehört). Weil ich aber nun nichts anderes mehr sein kann als rumänischer Literat, will ich doch wenigstens die Freude haben, mir gelegentlich mit meinem »edlen« Werkzeug (das habe ich ebenfalls und nicht einmal von demselben Mann gehört, sondern von einem anderen Schrumpel) eine moralische Befriedigung zu erschreiben.
Mit einer Zeitung wie der deinen zusammenzuarbeiten, die bemüht ist, das Licht der Kultur ins Volk zu tragen, das ist ganz sicher eine moralische Befriedigung. Also zähle mich bitte von heute an zu deinen Mitarbeitern und gib mir, wenn es schon in der Feiertagsnummer möglich ist, für die beiliegende, folgende Geschichte einen kleinen Platz in der hochgeschätzten Zeitung des Dorfbewohners.
In aller Liebe, dein Freund Caragiale
*An Herrn C.C.Datculescu, den Direktor der Gazeta sateanului (Zeitung des Dorfbewohners)
(Anlage)
Es war einmal ein Mensch, der sich sein ganzes Leben nicht mit der Welt vertragen konnte – ein verdrehter Mensch.
Seine Mutter kam es an, ihn grade über den Aschermittwochstag vor dem großen Fasten zu gebären, als ein furchtbarer Schneeregen losging. Ostern fiel in diesem Jahr vollends in den Winter. Sein Vater fuhr schnell mit dem Pferdewagen zur Hebamme ganz am anderen Ende des Dorfes. Die Hebamme schlief; sie war grade erst vom Pächterhof gekommen, da hatte es ein Fest gegeben. Es brauchte einige Zeit, bis sie aufwachte, sich anzog, in den Wagen stieg. Das Kind wartete, so lange es konnte, und bevor seine Mutter, die schrecklich jammerte, die Geduld verlor, verlor es seine und kam so, ohne langes Nachdenken, heraus in die Welt, grade als das Glöckchen am Wagen seines Vaters an der Eingangstreppe zu hören war.
Nach ungefähr vier Wochen war es Zeit, ihn zu taufen: Radu, Raducanu, oder eben Canuschke – ohne Schutzheiligen im Kalender. Nachdem der Pate sich für ihn dreimal vom Satan abgewendet hatte, nahm der Dorfpope das Kind in die Hände und tunkte es ins Taufbecken: »… im Namen des Vaters! …«, das Kind hielt es aus; dann nochmal: »… und des Sohnes …«, das Kind begann zu brüllen vom kalten Wasser, als hätte man es ins Feuer gesteckt: als man es zum dritten Mal eintunkte: »… und des heiligen Geistes! …«, da wand sich das Kind aus den Fingern des Popen wie ein Aal und schnippte auf den Grund des Taufbeckens. Der Pope hob seine nackten Hände aus dem Wasser, und die Patin fing an zu schreien:
»Er ertrinkt, Vater, das Kind! … Was machst du denn!«
Der Pope krempelte fix die Ärmel hoch und holte ihn so schnell er konnte heraus an die Luft. Der Kleine war blau wie die Leber eines alten Büffels; nicht mal Miau sagte er mehr; er blinzelte nur mit seinen verhangenen Äuglein wie ein verreckender Frosch.
Sie packten ihn an den Beinen, drehten ihn um, schüttelten ihn, rieben ihn, bis sich seine Seele wieder in ihm eingefunden hatte.
»Meensch!«, sagt der Pope, »viele Kinder hab ich getauft, seit ich Pope bin … lang soll er leben! aber so ein verdrehtes Kind habe ich noch nie gesehen!«
Canuschke war bereits elternlos, als er gerade erst ein Schulkind geworden war … Einerseits besser für sie: Viel Freude hätten sie nicht an ihm gehabt.
Die Großmutter väterlicherseits nahm ihn an Kindes statt zu sich in die Vorstadt und gab ihn in die Schule. Canuschke lernte, wie er konnte, bis er mit Hängen und Würgen in die vierte Klasse kam. Eines Tages kam der Lehrer, ein strenger Mann, ganz verärgert zur Schule. Als er vor die Klasse trat, setzte er sich mit gerunzelter Stirn aufs Pult, ratterte die Liste der Schüler herunter und dann:
»Canuschke!«
»Anwesend!«
»Wie viele Herrscher hatte die Walachei?«
»Viele, Herr Lehrer!«
»Viele, viele! aber wie viele jetzt? … Volltrottel!«
»… wie viele denn, Herr Lehrer?«
»Also, fragst du mich jetzt? oder ich dich, Dorfdepp!«
»Dann zählen wir sie doch, Herr Lehrer …«
»Was hast du denn bis jetzt gemacht, du Trampel!«
»Ich hab Ar’thmetik gelernt, Herr Lehrer.«
»Zurück auf deinen Platz, Schwachkopf. Nächstes Mal zählst du.«
Canuschke ging zurück auf seinen Platz und fing an zu zählen und wieder zu zählen.
Am nächsten Tag kam der Lehrer noch schlechter gelaunt zur Schule:
»Canuschke!«
»Hier.«
»Wie viele komplexe Zahlen haben wir?«
»Viele, Herr Lehrer.«
»Wie viele, Hornochse?«
»Wie viele denn, Herr Lehrer?«
»Antworte du, du Rindvieh!«
»Zählen wir sie doch, Herr Lehrer!«
»Jetzt willst du zählen? Was hast du denn bis jetzt gezählt, du Esel?«
»Ich habe die Herrscher gezählt, Herr Lehrer!«
»Setzen, du blöder Esel! Nächstes Mal zählst du sie!«
Wieder ging er zurück auf seinen Platz und fing an zu zählen, wie viele Arten komplexer Zahlen wir hätten.
Am dritten Tag kam der Lehrer ganz wütend herein:
»Canuschke!«
»Anwesend! … die komplexen Zahlen …«
»Ich frag dich nicht nach den komplexen Zahlen …«
»… die Herrscher der Walachei …«
»Warte, bis ich dich frage, Nichtsnutz … Wie viele Flüsse hat Europa?«
»Ich gehe zählen, Herr Lehrer …«
Und Canuschke ging. Er ging zu seiner Großmutter nach Hause und sagte, er würde nicht mehr zur Schule wollen, sie sollte ihn eher schlachten. Die Großmutter rannte zum Lehrer und der Lehrer sagte:
»Alte, gib ihn zum Handwerk. Vielleicht gibt ihm das Handwerk einen Sinn, er ist nichts für die Schule, ein verdrehtes Kind, du fragst ihn was, und er antwortet was anderes.«
Die Alte grämte sich, aber sie dachte: Wer weiß? nicht jeder ist dafür geschaffen, in der Schule was zu werden … ich geb ihn zu einem Herrn; vielleicht findet er da sein Glück.
Sie gab Canuschke zu einem Händler. Der Junge diente, soweit er konnte, mal besser, mal schlechter. Eines Abends belud der Händler einen großen Korb mit allerlei Fleischwaren und ungefähr zwanzig Flaschen Wein, um ihn zu einem Käufer zu schicken. Draußen war schlimmes Glatteis. Canuschke bückte sich und konnte das Gewicht schon drinnen im Laden kaum heben.
»Wirst du nicht damit ausrutschen, du?«, fragte der Herr.
»Tja, Herr, weiß ich’s?«
»Kannst du den tragen?«
»Er ist schwer …«
»Los!«, blaffte der Herr. »Aber schlafen und essen kannst du, du fauler Hund!«
Canuschke versuchte, den Korb anzuheben, aber er konnte nicht. Um ihn aufzumuntern, verpasste ihm der Herr einen Faustschlag in den Nacken; dann hoben der Herr und ein anderer Junge die Last an und setzten sie Canuschke auf den Rücken. Hölzern machte der Junge ein paar Schritte bis zur Straßenecke, bis wohin die Händler Asche vor ihre Läden gestreut hatten; aber als er in eine weniger begangene Gasse einbog, um den Weg abzukürzen, kam dort gerade eine Kutsche mit Pferden, die aus Furcht davor, auszurutschen, ganz breitbeinig gingen. Der Junge rettete sich schnell auf die Seite und plötzlich, Klapperklapper! Kling! … Canuschke auf die eine Seite und die Last auf dem Rücken zur anderen. Der Junge stieß sich den Ellenbogen, dass ihm ganz anders wurde; doch er stand hastig wieder auf, um nachzusehen, was mit dem Korb geschehen war. Er packte ihn kraftvoll am Henkel, riss eifrig daran. Komische Sache! Der Korb war jetzt leichter. Als er ihn von der Erde aufhob, fing es an, aus dem Korbboden zu fließen wie aus einer löchrigen Gießkanne: Die Flaschen waren zerbrochen, und jetzt rieselte der Rest Wein heraus. Was sollte er tun? Zu dem Kunden konnte er mit den Flaschenscherben nicht mehr gehen. Weglaufen? Wohin sollte er? … Zurück in den Laden! … Man würde ihn wohl schon nicht umbringen.
Umgebracht hat sein Herr ihn auch nicht, weil der Herr kein gar so schlechter Mensch war …
Aber …
»Wo bist du hingefallen, du Lump?«
»An der Ecke, in der Gasse.«
»Warum bist du in die Gasse gegangen, du Halunke? Konntest du nicht auf dem Mogoşoaia-Steg gehen, wo gefegt ist und mit Asche gestreut? He?«
»Damit ich keinen Umweg mache, Herr!«
»Keinen Umweg machen? … Du bist zu faul zum Laufen, du Holzkopf! … Vierzig Franken! … Ist deine Haut so viel wert, wie du mir an Schaden gebracht hast?«
Und schlägt und schlägt ihn … Er schlug ihn so sehr, dass der arme Canuschke, nachdem der Laden schloss, nicht einmal mehr aß. Er legte sich angezogen auf seine Strohmatte und schlief wie erschlagen bis zum nächsten Tag, als hätte er ein Fest gefeiert.
Drei Abende später schickt man ihn noch einmal mit Ware zu einem anderen Kunden. Jetzt war der Korb sehr leicht.
»Duuu, und komm mir ja schnell wieder!«
»Ich komme, Herr«.
»Pass bloß auf du, wenn noch mal was zerbricht!« …
Nach ein paar Minuten kommt eine Dame in den Laden und kauft alle möglichen Dinge für zu Hause ein.
»Gib mir einen deiner Jungen, dass er mir das gleich mitnimmt, und die Rechnung dazu, dann bezahle ich ihn zu Hause.«
»Welcher von den Jungs ist hier?«, fragt der Herr.
»Keiner!«, antwortet der an der Theke. »Sind alle weg«.
»Und Canuschke?«
»Ist noch nicht zurück.«
»Wenn ich seinen Namen schon höre …«
Die Dame verliert ihre Geduld; sie sieht auf die Uhr:
»Dann …«, sagt sie, »nehme ich einen Wagen, man erwartet mich zu Tisch; ich habe Gäste; und schick du mir den Jungen morgen oder übermorgen mit der Rechnung.«
Der Herr, ein alter Händler, der wusste, wie lang sich das Übermorgen dieser Dame hinziehen konnte, sagt süßlich:
»Aber … wissen Sie … da ist noch eine kleine Rechnung …«
»Was für eine kleine Rechnung?«, sagt die Dame. »Wie auch immer, mein Mann zahlt, wenn er vorbeikommt«.
»Sie ist schon ziemlich alt«, sagt der Herr mit noch zuckrigerem Ton. »Tja! in diesen Zeiten geht es auch bei uns Händlern nicht so gut … Ich denke, Madam, wir warten besser auf den Jungen … wirklich! besser, wir warten auf den Jungen.«
»Das soll jetzt wohl heißen, ich habe nicht ausreichend Kredit bei Ihnen?«
»Entschuldigen Sie, küss die Hand«, antwortet der Herr mit lakritzerner Stimme und reibt sich die Hände.
Dann ändert er plötzlich den Ton, sagt hart zu dem an der Theke, während mehrere Kunden hereinkommen:
»Junge! sieh zu, was die Herren möchten!«
»Mersi«, sagt die Dame sehr spitz und geht türschlagend hinaus.
Auf jeden Fall ist es für einen Händler nicht gut, einen Kunden, eine Dame, so verärgert gehen zu lassen … Gerade als der Herr mit Bedauern darüber nachdenkt, da kommt Canuschke, weiß wie ein Schneeball.
»Wo warst du denn bis jetzt, du Trottel?«, schreit der Herr.
»Ich war bei Herrn Popescu«.
»Bei Herrn Popescu? … eine Stunde für nicht mal einen Katzensprung?«
»Ich bin über den Mogoşoaia-Steg gegangen, Herr; auf der Gasse rutscht man aus«.
»Über den Mogoşoaia-Steg? … Schaufenster glotzen?«
Und patsch! klapp! ein paar heiße Ohrfeigen über die gefrorenen Ohren.
Wohl nur wegen seines verdrehten Wesens erschienen Canuschke diese beiden Ohrfeigen viel schmerzhafter als die Schläge zuvor. Damals hatte er sich nach so viel Haue und ohne über seinen Rücken zu klagen hingelegt und wie ein Holzklotz geschlafen; jetzt konnte er nicht einschlafen, weil ihm die Ohren so brannten. Schluchzend weinte er auf seiner Strohmatte die ganze Nacht bis zum nächsten Tag.
Nun wurden augenblicklich wohl dreizehn Erdrunden um die Sonne voll, seit der junge Canuschke sich beeilt hatte, heraus zu kommen, um sich an den Strahlen ebenjener zu erfreuen. Eine unerträgliche Unruhe hob den Jungen von der Strohmatte. Canuschke seufzte tief, als hätte er zum ersten Mal Atem geholt, er wischte seine Augen ab, als würde er zum ersten Mal die Welt sehen. An der Wand brannte eine rußige Lampe. Alle anderen Jungen schliefen tief. Er nahm seine Sachen in ein Tuch und ging hinaus.
Der Tag graute, als er, erschlagen vor Müdigkeit an Körper und Seele, erfroren von so viel Umherlaufen in der Kälte, tief hinten im Vorstadtviertel am Rande der Stadt ans Hüttenfenster seiner Großmutter klopfte. Die Alte stand auf, zündete die Kerze unter der Ikone an und verbeugte sich dabei.
»Wer ist da?«
»Ich, Großmutter.«
Sie öffnete ihm.
»He! was suchst du hier vor Tageslicht?«
»Ich bin vom Herrn weggelaufen.«
»Wieso?«, fragte die Großmutter und runzelte die Stirn von wer weiß wie hässlichen Gedanken, die ihr durchs alte Hirn schossen.
»… Weil … ich möchte nicht mehr da sein.«
»Gibt er dir nichts zu essen?«
»Doch.«
»Arbeitest du zu viel?«
»Viel … aber … nicht viel.«
»Schlägt er dich?«
Der Junge nickte und fing an zu weinen. Die Großmutter wollte ihn ausschimpfen, ihn zur Unterwerfung zwingen – entweder, dass Herren eben so schlagen, um den Jungen etwas beizubringen; oder, dass ein Kind Geduld haben muss, wenn es beim Herrn ist; und wenn er nicht hatte lernen wollen und nicht bei einem Herrn sein will, was er dann werden möcht’? dass er Vagabund würde oder Dieb oder dass er unterwegs sterben würde; denn ja! er wär jetzt ein großer Junge, dreizehn Jahre alt … dreizehn Jahre! … Und die Alte erinnerte sich daran, dass er jetzt dreizehn Jahre alt war, dass das Kind ihres Kindes so alt war, und an seinem Geburtstag schon unglücklich genug und geschlagen, während andere Kinder wer weiß was für gute Dinge und Streicheleien zu ihrem Geburtstag bekamen; was sollte sie ihn da noch ausschimpfen? … und wie sie ihn so ansah, weinend wie ein Dummkopf, dort auf der Bankkante mit dem Bündel in der Hand, und wie er sich mit der Mütze die Augen wischte, da fing auch die Alte an zu weinen wie eine dumme Gans …
Als die Sonne über einem glasklaren Himmel aufging, schlief Canuschke im warmen Bett seiner Großmutter. Wirklich ein verdrehtes Wesen! wenn der Mensch ohne Sorge schläft, so schläft er auf einem Ohr, nicht auf Bauch und Flossen; doch weder auf dem einen noch auf dem anderen Ohr wollte er schlafen, denn sie waren von gestern Abend noch zu empfindlich.
Immer ging es weiter so, wegen Nichtigkeiten wechselte Canuschke viele Herren.
Seine Geschichte ist der Geschichte eines Glases vergleichbar, das darauf wartet, aus einem Krug gefüllt zu werden, und sich über den Tropfen ärgert und ihn ausspuckt. Aber die Welt sieht immerhin, was mit dem Glas geschieht; doch konnte die Welt begreifen, was in Canuschkes Seele vor sich ging? Das Glas steht vor dir; Canuschkes Seele ist verborgen, und anscheinend war sie auch zu klein, zu krumm – sie kam schnell ins Spucken.
Viel und alles mögliche hat er in seinem Leben versucht, um sich von heute auf morgen über die Runden zu bringen. Er machte, weil er auch Rumäne war, Politik: Er verließ die Opposition jedes Mal wegen ihrer grenzenlosen und ungerechten Brutalität kurz bevor sie an die Macht kam, und er hielt sich an die Regierung immer ein paar Tage, bevor sie in die Opposition ging, und die am Ende nicht gar so schuldig war. Und dann wieder umgekehrt und immer so weiter.
Während er ein schweres Leben führte, schlug auch ihm die Stunde, und er heiratete wie jedermann. Am Anfang betuppte ihn seine Schwiegermutter, sie gab ihm nicht die versprochene Mitgift – er sagte was und sagte dann doch nichts. Seine Frau betrog ihn einmal – er sagte viel zu wenig. Beim zweiten Mal – sagte er nichts. Aber einmal in dem Orte Blagoviştenii tat er, was er tun musste, und in seinem ganzen Elend kaufte er sich einen großen dicken Karpfen, sehr selten: vier Kilo und voll mit Rogen. Er brachte ihn nach Hause und bat seine Frau und seine Schwiegermutter, ihn im Ofen mit Rosinen- und Pinienkernfüllung zuzubereiten. Die Frauen, mal hier mal da, mal im Reden, mal beim Arbeiten, vergaßen, den Fisch rechtzeitig aus dem Ofen zu nehmen. Als sie ihn auf den Tisch brachten – eine Trockenpflaume. Canuschke fuhr aus der Haut. Ohne ein Wort verließ er seine Frau und reichte mit Beispielgeschichten aus der Vergangenheit die Scheidung ein; er wäre sofort davongegangen, aber das ging nicht, es war Feiertag, Fischessen, die Richter tagten nicht.
Die Frau war schwanger … Sie fing an zu weinen, wollte sagen, Was solle sie tun ohne Canuschke. Er wollte sie nicht anhören. Vor Ärger, vor Traurigkeit sagte die Frau es ihrer Mutter weiter, und fast wäre sie vor Krankheit und Elend verreckt. Seine Schwiegermutter rannte zu ihm:
»Canuschke, habe doch Mitleid, Mensch! sie ist deine Frau, verzeih ihr! das Mädchen kommt um, sie stirbt! um Gottes Willen! Canuschke, Mensch, wegen einem Karpfen!«
»Ach!«, Canuschke, ein rechter Mann, hielt immer dagegen:
»Karpfen hin oder her, es geht nicht, Alte! ich hab die Papiere abgeschickt, jetzt ist es soweit.«
Am Ende ging’s mit der Frau nach langem Leiden wieder bergauf.
Eines Morgens, als er seinen Händeln nachging, traf Canuschke auf seine Frau, mager, eine Schleife unter den Backen: rannte wie eine Wahnsinnige auf dem Theaterplatz auf und ab. Ein oberer Backenzahn tat ihr schrecklich weh. Zum Zahnarzt war sie gelaufen, der schlief aber noch. Sie wartete, bis er aufwachte; aber sie konnte nicht ruhig sitzen bleiben; sie ging hinaus, spazieren; im Wartesaal hatte sie Angst, vor Schmerzen verrückt zu werden.
Als die beiden redeten – denn sie waren wohl nicht böse miteinander –, da kommt der Zahnarztjunge angelaufen und sagt ihr, sie solle reinkommen. Die Frau geht entschlossen los; aber nach einem Schritt bleibt sie stehen und, indem sie sich zu ihrem Mann umdreht:
»Komm doch mit, Canuschke; ich hab Angst.«
Der Mann geht ihr hinterher. Sie kommen in den Wartesaal. Die Frau fällt zermartert in einen Lehnsessel, wiegt immerzu den vor Leid ganz schiefen und verwirrten Kopf.
»Kommen Sie«, sagt der Doktor und öffnet die Tür.
Die Frau erhebt sich und nimmt, klappernd vor Schüttelfrost, Canuschke an der Hand; beide treten hinter dem Arzt ein. Sie ist weiß wie Papier und setzt sich auf den Operationsstuhl. Er tut so, als pfiffe er vor sich hin, hält die Hände auf dem Rücken und betrachtet einen Bilderrahmen an der Wand. Er hat keine Geduld, er will zurück … Dann ein Schrei … Fertig!
»Hahaa!«, sagt der Doktor, »gut, dass du gekommen bist! du hattest einen Abszess, der sich bis zu den Augen hätte auswachsen können und dann …«
»Ach Herr Doktor!«, sagt die Frau im sanften Ton des entschlossensten Lebensekels, nachdem sie sich den Mund gut ausgespült hat … »so viel Ärger, wie ich hab, da wundere ich mich, dass mir mein Herz noch nicht angefangen hat zu köcheln!«
Canuschke pfiff nicht mehr. Er zahlte den Arztbesuch. Er ging mit seiner Frau hinaus. Er verpflegte sie mit Milchkaffee von Fialkowsky, denn die Frau hatte seit drei Tagen nichts mehr zwischen die Zähne bekommen. Dann stiegen beide in eine Kutsche; fuhren nach Hause, vertrugen sich und lebten noch lange Zeit zusammen.
Sie würden auch immer noch miteinander leben, wäre es Canuschke nicht unterlaufen zu sterben. Eines Tages, ohne Grund, wieder mal nur aus Humbug – er wollte sich eine kleine Summe von einem Freund borgen, dem er vor sehr langer Zeit schon einmal etwas geschuldet hatte, und der hatte ihn abgewiesen – da war er so frappiert nach diesem Streit, dass er eine Art Erstickungsanfall bekam … Schlimm … schlimm … bis zum Abend war er tot. Sie begruben ihn am nächsten Tag wie alle Toten.
Nach sieben Jahren hielten sie ihm nach altem Brauch die Totenfeier, wollten seine Knochen ausgraben und sie waschen. Seine Frau und ein paar Verwandte waren beim Gottesdienst dabei. Als die Totengräber auf seinen Sarg stießen und den morschen Deckel hochhoben, was sah man da? Statt dass Canuschkes Knochen längs und mit dem Gesicht nach oben lagen, lag der Schädel mit dem Nacken nach oben und die Schienbeine waren bis ans Gatter der Rippen geschoben.
»Der war wohl gar nicht richtig tot, als sie ihn begraben haben«, sagte der Pope.
»Ach!«, antwortete die Frau. »Das hätte mich auch gewundert, Gott hab ihn selig, wenn er da ordentlich liegen würde … Seine Hochwürden hat den verstorbenen Canuschke nicht gekannt … ein verdrehter Mensch!«
Warum, wenn ein Gewitter
zur Erde niederging
mit Wut und Blitzgezitter …
ich sing?
Warum, wenn Mondeslicht
fällt in die Büsche ein,
und sich dort heilig bricht …
ich wein?
Warum, wenn sie vermessen
ohne ein Grußwort ging,
und hat mich schon vergessen …
ich sing?
Warum, wenn Arme halten
mich an des Herzens Schrein,
in Schoßes Seidenfalten …
ich wein?
Warum? Mit derlei Scherzen
ich’s bis zum Grabe bring!
Wohlsein – ich wein … Schmerzen –
ich sing.
Mehr als jede andere erscheint mir die Zunft der Barbiere als sehr liebenswert …
Das Rasiermesser ist verwandt mit Meißel, Pinsel, Kothurn, Geigenbogen, Federhalter – weiß ich, was noch! Daher also die für alle Frisöre bezeichnende, unwiderstehliche Neigung zu den schönen Künsten. Eine ziemliche Menge von ihnen wurde, getrieben von Theaterleidenschaft, zu Bühnenkünstlern; viele andere schreiben Gedichte, gewöhnlicher Weise im lyrischen Stil, oft auch galant; beinah alle müssen ein Instrument spielen können, mithilfe dessen sie in saumseligen Momenten jene Last an Gefühlen, die diese Welt mit all ihren Lichtern, Formen, Regungen und ihrem Lärm in uns, einigen von uns, hervorruft … in eine Melodie übertragen, ja, so wie ein Kind sich zur gegebenen Zeit aus der Mutter losreißt, so versucht diese Überfülle an Gefühlen sich aus unserer Seele loszureißen: Sie muss ja zu dem zurück, der sie uns geschenkt hat. Ist sie in uns verborgen, so quält sie uns, lässt uns nicht eher Ruhe, als bis wir sie als Geschenk an die Welt zurück geben, die es nicht anerkennt und nicht nimmt, höchstens gewickelt in Tücher, die wir uns aus der Seele gewunden haben – Siegel der Aufrichtigkeit unseres Geschenks.
Aber gibt es wohl ein kraftvolleres Mittel, das ganze chaotische Anstürmen der Welt auf unsere arme Seele von uns abzuwenden, als die erhabene Musik? – unfasslich und weit wie die Welt, undurchdringlich wie diese und ohne einen anderen Sinn als ihre eine große Bedeutung – Harmonie … Deshalb lieben Frisöre wie alle Künstler die Singvögel so sehr. Unter dem Flaum des Gefieders pulst warmes Blut! Diese kleinen Seelen können der Welt so gut das wieder hinwerfen, was sie von ihr bekommen haben! Die Julinacht, den Wald mit seinem belebenden Duft, mit so viel Laubesschatten, mit so vielen Lichtern, von oben die kühlen Strahlen des Mondes, von unten die der unbändigen Glühwürmchen und das leise Wimmeln der Insekten im Unterholz und der Atem der Frau, die sich träge auf dem taufeuchten Wege spazieren führen lässt … alles das liegt in der mystischen Romanze der Nachtigall … und der triumphale Psalm der Lärche ist der erhabene Sonnenaufgang in dem hügellosen Gefilde des Bărăgans!
Aber lassen wir das und kommen wir zu meinem Künstler – dem Frisör, der mir erst einmal den Bart rasierte und ihn mir auch jetzt immer noch rasiert … zuerst ließ ich ihn rasieren, weil er nicht …, heute lasse ich ihn rasieren, weil er … weiß ist … Mein Frisör war in seiner Jugend Chorist am Theater. Er kann Gitarre spielen, Flöte und Tzimbal – das hat er ohne Lehrer gelernt. Er hat zwei sehr gut erzogene Katzen: Die eine leiert an einer Mazurka spielenden Drehorgel, die andere tänzelt. Jede Wand seines Ladens ist mit einer Menge Käfigen behängt, in denen allerlei Vögelchen zwitschern. Unter den Käfigen sind überall Bilderrahmen aufgehängt: der Stadtplan von Sewastopol und die Einnahme des Malakoff-Turms, die Hinrichtung Maximilians, die Kapitulation von Sedan, das Porträt des verblichenen Abdul-Medgid und anderes. In dieser kleinen Galerie befindet sich auch ein Originalwerk meines Künstlers. Es ist nicht mit dem Pinsel gemalt sondern aus Haarfäden aller Farbschattierungen gewebt: Es zeigt einen weit entfernten Berg im Hintergrund, auf seinem Gipfel steht ein Reisender, und an seinem Fuße fließt ein großer Fluss; diesseits des Flusses ist ein Hirte, der die Herde einer ziemlich problematischen Schafrasse weidet; nun ja, der Reisende vom Gipfel des Berges zündet sich eine Zigarette an der Pfeife des Hirten im Tal an … Oh Perspektive! So oft er mich rasiert, bewundere ich sie, denn er setzt mich absichtlich mit dem Gesicht in Richtung seines Opus – er weiß, wie sehr es mir gefällt.
Mein Künstler hatte einmal zwei Hähne, denen er das Trinken nahegelegt hatte, also das Alkoholtrinken, denn er gab ihnen in Rum getränkte Körner und Kerne. An einem Sommernachmittag sah ich diese beiden Irren vor dem Laden, völlig blau, sie schimpften und defilierten soldatisch wie zwei randvolle Moskauer vor einem weißen, lockigen Hündchen, das in Färberrot für Ostereier eingeweicht worden war. Samuraichen stand bereit, mit einem Papierhut behelmt, mit einem enormen Säbel bewehrt, und selbstverständlich hatte er die in dieser Situation notwendige ernste Haltung … Mein Künstler saß mit überschlagenen Beinen auf seiner Bank und kommandierte, indem er ihnen auf der Gitarre den Marsch von 1848 vorspielte … Es war so viel Verve in seinem Rhythmus, so viel martialischer Geist in der Ausführung der alten Volksweise, dass ich mich neben den Kommandanten auf die Bank setzte und begann, mit den Fingern auf dem Hutboden eine Begleitung zu trommeln – denn ohne geht es nicht: die Trommel abwechselnd mit den unbetonten Tönen im Takt, darin liegt der Pfeffer des Marsches; – und die Kinderhorde der Vorstadtsiedlung, die sich versammelt hatte, um die Hähne zu bewundern, fing auf einmal an, sich schnurgerade aufzustellen, die mitreißende Bewegung der Klänge hatte sie gepackt, und sie defilierten hinter den Hähnen her von da nach da und zurück und wieder los, trampelten kühn mit ihren nackten Füßchen über den von der Sommersonne erhitzten Boden – Und um die Parade zu vervollkommnen, ließ ein Abendhauch – welch ein Segen nach einem glühend heißen Tag – über all den Tapferen stolz das saubere weiße Handtuch flattern, das an der Tür des Friseurladens hing.
Bis spät ging die Parade vor einem zahlreichen Publikum. Als es schon ziemlich dunkel war, gab man das Kommando zur Auflösung der Reihen, und mein Künstler erhob sich auf die Füße, nahm die Gitarre vom Hals und gab bekannt:
»Morgen Abend noch schöner!«
Noch schöner … ging es gar nicht.
Er ist aber nicht nur Künstler, er ist auch ein Mensch von Geist. Während des Krieges von 1878 hatte er eine Amsel, die Kasachisch pfiff, und einen diplomatischen Eichelhäher, der Russisch sprach. Sobald einer der Alliierten in den Laden kam, begrüßte ihn der Eichelhäher mit:
»Zdraste! Zdarov?«*
Nachdem mein Freund ihm die Klinge an die Kehle gesetzt und dem Klienten später erlaubt hatte aufzustehen, schrie der Eichelhäher mit veränderter Stimme:
»No harascho! Dawai paruski!«**
Und bis er hinter der Weggabelung verschwand, begleitete der Amselmann den von jener herzlichen Begrüßung entzückten Kasachen und pfiff ihm das brennende Lied der fernen Heimat.
*russ.: Sei gegrüßt! Alles gut?
**russ.: Das ist nicht gut! Sprich Russisch!
Im letzten Herbst machte ich eine sehr interessante Bekanntschaft – mit einem jungen Dichter und Literaten, der kostbaren Frucht eines Provinzgymnasiums: Mein junger Freund hatte darauf verzichtet, das Schuljahr zu beenden, es war ihm seit September unmöglich gewesen, die Wiederholungsprüfung zu bestehen. Die kostbare Frucht fühlte sich also nach drei Jahren Gymnasium ausreichend reif und löste sich, empört ob dumpfer Stundendisziplin, von ihrem Zweig, um ihr Aroma auf dem großen Markt der Hauptstadt anzupreisen.
Er ist ein junger Mann von wohl achtundzwanzig Jahren, Kind einer Witwe; der Vater, ein ehemaliger Kreisangestellter in seiner Stadt, starb vor langer Zeit; die Mutter, ganz heruntergekommen, überlebt wie es gerade geht mit Nähen, Waschen, Bügeln, gelegentlichem Bedienen; er hat noch zwei kleinere Geschwister: Sie besuchen dasselbe Gymnasium. Mein Dichter sagt mir mit einem mitleidigen Ton, sie würden, mittelmäßig, wie sie wären, das Jahr beenden, und der eine versuche, ins Seminar einzutreten, der andere als staatlicher Stipendiat ins Lyzeum zu kommen; er habe sich nie so weit herabgelassen, Stipendiat zu werden; er sei zu unabhängig für so etwas, und darüber hinaus fühle er sich ausschließlich zur Literatur berufen.
Das stoffliche Aussehen dieser Gestalt ist nicht unangenehm. Obwohl er sehr ärmlich gekleidet ist, fast ein wenig abgerissen, und obwohl er sehr ungekämmt ist mit seinen langen Haaren und sehr ungewaschen mit seinen ungefeilten Fingernägeln, obwohl er sehr stark raucht, so dass er an den Fingerspitzen und um den Mund herum geräuchert ist – so erweckt er von Anfang an eine gewisse Sympathie. Seine Manieren sind sehr primitiv: Von dem sogenannten l’usage du monde* keine Rede: Auf dem Stundenplan jener drei Gymnasiumsjahre, die er mit ausreichendem Mangel an Erfolg absolvierte, da die Lehrer dumm waren, gab es eben keinen Unterricht in Manieren – das wäre Antidemokratie.
Er befand sich nun seit ein paar Tagen in Bukarest. Hier kannte er niemanden außer einem Jungen in einer großen Kneipe, einem ehemaligen Klassenkameraden aus der Grundschule. Dieser hatte nur die ersten beiden Schuljahre hinter sich, vor sieben Jahren war er mit seinem Vater hergekommen und in Dienst bei seinem Herrn getreten, wo er sich auch jetzt noch befand. Jener, der mich wiederum kannte, hatte mir den jungen Dichter empfohlen.
Lange Rede kurzer Sinn: Der Dichter gestand mir, er wäre nach Bukarest gekommen, um eine Beschäftigung zu finden, so schlecht bezahlt sie auch sein möge, irgendwas; er seu bescheiden, er begnüge sich mit wenig. Nachdem der Eindruck, den er mir machte, ziemlich gut war, und da ich auf der anderen Seite merkte, sein Bedürfnis nach Halt wäre ziemlich dringlich, dachte ich gleich darüber nach, wie ich ihn in eine grundfeste Lage bringen könnte. Seine Dichterwut würde er schon mit der Zeit ablegen. Ich ging also zu einem befreundeten Händler, einem Großhändler, und hatte das Glück zu erfahren, er hätte eine geeignete Stelle: 300 Lei im Jahr, Kost, Logis und zwei Garnituren Kleidung von oben bis unten. Das schien mir wirklich gut, und mit großer Freude ging ich am nächsten Tag zu unserem Treffen, um dem jungen Mann die frohe Nachricht zu überbringen.
Er war dieses Mal sehr blass, sehr müde; eine ganz schwache Stimme; er zitterte und schluckte immerzu trocken. Ich empfahl ihm, nicht so viel auf leeren Magen zu rauchen, denn ich schrieb seinen ausgesprochen kränklichen Zustand dem Tabakmissbrauch zu. Er antwortete, er hätte heute überhaupt nicht geraucht. Dann vielleicht krank? Nein. Ich ging ganz langsam und teilte ihm unterwegs die gute Nachricht und ihre Konditionen mit. Er schien ganz und gar nicht zufrieden mit dem Glück, das ich für ihn gefunden hatte; fast schien es mir, als sähe ich auf seinen violetten und verrauchten Lippen ein flüchtiges Lächeln der Missbilligung aufflattern … Aber – möglicherweise schien mir das nur so. Da wir so gingen, blieb er plötzlich auf der Stelle stehen, wurde sehr gelb, wankte etwas, und hätte ich ihn nicht in die Arme genommen, wäre er hingefallen – er war zweifelsohne krank. Ich fragte ihn, da es Mittag war, ob er gefrühstückt hätte: Er sagte ja. Ich nahm ihn fest am Arm und spürte unter seinen Ärmeln, dass seine Haut genau so weit auf den Knochen saß wie seine Lederärmel. Sehr schlecht gelebt.
Wir kamen zu dem Lokal, in dem ich frühstückte, und ich bat ihn, etwas zu sich zu nehmen. Er fiel mehr als dass er sich setzte, saß nun sehr müde auf dem Stuhl. Jetzt hatte ich ihn vor mir und konnte ihn besser betrachten. Nichts Außergewöhnliches an seiner Erscheinung: eine sehr enge Stirn, sehr wenig ausdrucksvolle Augen, die Linie der Lippen und die Struktur der Nase ohne jeden markanten Zug, raue Haare und dessen Pflanzung nur unentschlossen ausgeführt, letztendlich eine Weder-Noch-Kreatur – ein Dutzendexemplar aus der umfangreichen Fabrikation, ein Exemplar, das schwer als Einzelnes auszumachen war im Komplettpaket.
Bei all dem gab ihm seine Blässe einen interessanten Anstrich: die Besonderheit des Leids. Obwohl er mir gesagt hatte, er hätte wenige Minuten vorher auf dem Weg gefrühstückt, lud ich ihn ein, etwas mit mir zusammen zu schnabulieren, und er lehnte nicht ab. Er aß: Spiegeleier, Kohlfleisch, Grillbraten, Sahnequark, Äpfel, vorher einen Pflaumenschnaps, eine Flasche Wein während der Mahlzeit und einen Kaffee danach, jedenfalls une bonne fourchette*; dann gab ich ihm Zigaretten – er weiß nicht, dass er danke sagen muss, wenn er etwas bekommt – er ist eben jung.
Mit großer Befriedigung sah ich die Blässe meines jungen Freundes – Nicu Ionescu hieß er – langsam und in dem Maße verschwinden, in dem die Mahlzeit voranschritt, und mit Erleichterung überzeugte ich mich davon, dass Herr Nicu ein Lügner war – er hatte überhaupt nicht gefrühstückt, im Gegenteil, mir schien, seine Blässe und sein Vorhaben, auf offener Straße ohnmächtig zu werden … naja, er hatte es nun überstanden. Jetzt war er sehr lebendig, war in Plauderstimmung … An der Wärme des großherzigen Weines hatte sich eine Reihe von Bekenntnissen entzündet. Ich stellte aufgrund der Rede des Herrn Ionescu fest, dass er sowohl moralisch als auch physisch kein besonders herausragender Mensch war: Es schien, da er seine Blässe verloren hatte, er hätte nun auch seine einzige Tugend verloren, die mich zu interessieren vermochte; nun wurde mir deutlich, dass mein junger Freund sehr ignorant war, dass er nicht schreiben konnte und nicht ausreichend lesen, dass er nicht mehr wusste als ein mittelmäßiger Schüler der Grundschule und, darüber hinaus, keine besondere Denkweise hatte, schon gar nicht eine eventuell verdrehte.
Er wollte Gedichte schreiben, er wollte Literatur machen, er wollte Journalist werden; deshalb lehnte er den Platz, den ich ihm bei meinem Großhändler besorgt hatte, würdevoll ab. Vergeblich gab ich ihm den Hinweis, besser ein Schlachtfeld des Lebens zu fliehen, auf dem selbst mit angemessener Bewaffnung kein bedeutender Sieg zu holen wäre, vergeblich versuchte ich ihm verständlich zu machen, dass er sich selbst ins Unglück trieb. Herr Ionescu lächelte wieder sein charakteristisches Lächeln und sagte mir, wobei er mir sehr viel Rauch in die Nase blies, eine unwiderstehliche Macht zöge ihn zu dieser höheren Laufbahn.
Wir trennten uns, wobei er mich bat, ihm einen Platz in irgendeiner Zeitung zu besorgen – deshalb hatte er meine Bekanntschaft gesucht –, und ich versprach ihm mit innerlicher Reserviertheit wie jeder Loyola, mir alle Mühe zu geben um ihm seinen Wunsch zu erfüllen … Ich dachte gar nicht daran! Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Herr Nicu Ionescu jemals in der Presse aufgenommen und verwendet werden könnte, so wenig wie er auf eine dermaßen ernsthafte Karriere vorbereitet war! Und folglich konnte ich es nicht wagen, einem Kollegen Herrn Ionescus Angebot seiner intellektuellen Dienste zu empfehlen.
Später fragte ich den Jungen aus dem Lokal, ob er wüsste, was sein junger Freund weiter getan habe. Er antwortete, er habe ihn schon lange nicht mehr gesehen; aber als jener beim letzten Mal in den Laden gekommen wäre, habe er sich in großer Bedrängnis befunden. Von da an verlor ich die Spur des Dichters.
Ich gestehe, ich lese kaum Zeitung, nicht nur weil ich nicht ausreichend Verständnis und Interesse für politische Händel habe, sondern weil meine Unternehmungen mir nicht die gewünschte Zeit lassen, um meine Meinungen zu erhellen. Bei all dem war ich plötzlich gezwungen, regelmäßig erst eine und dann mehrere zu lesen, und was war der Grund …
Hamlet