„Ein topografisches Kaleidoskop“
Frühstück im Dschungel, gegen Mittag eine Schneeballschlacht auf 5000 m, zum Sonnenuntergang ein Bad in der Pazifikbrandung. Wie das geht? Ein Mietwagen und einigermaßen festes Schuhwerk machen’s möglich. Das Äquatorland hat von allem etwas: Im Osten schlängeln sich terrakottabraune bis silbrig glänzende Amazonaszuflüsse durch jadegrüne Regenwälder, allen voran der Río Napo, der längste des Landes. Von seinen Ufern bis zur 2800 m hoch gelegenen Hauptstadt Quito sind es nur 4 Stunden Fahrt. Im Westen erstrecken sich 2000 km Küstenlinie mit langen Sandstränden, Mangrovensümpfen, Bananenplantagen und dem Delta des Río Guayas, dem größten Wassereinzugssystem der amerikanischen Pazifikküste. Mitten durch Ecuador, von Nord nach Süd, verläuft die 500 km lange und 20 km breite „Avenida der Vulkane“, das Hochtal zwischen den beiden parallel aufgefalteten Andenkordilleren - die Wirbelsäule des Landes. Vom Gipfel des 6310 m hohen Chimborazo, dem höchsten Berg Ecuadors, bis zur feucht-heißen Hafenmetropole Guayaquil sind es nur 80 km Luftlinie.
Ecuador ist ein topografisches Kaleidoskop aus Vulkankegeln, Urwäldern, Bergweiden, Wasserfällen, Schluchten, Lagunen, Páramo-Ödland, Halbwüsten, Erdbebengräben und Gletscherspalten. Und das alles auf gerade mal 258.000 km², einer Fläche etwa so groß wie die alte Bundesrepublik.
In Sachen Flora und Fauna ist Ecuador ein Land der Superlative: Über 25.000 Pflanzenarten sprießen hier, darunter etwa 20 % endemische und über 5000 Orchideenarten. Rekordverdächtig sind auch die ca. 1600 Vogel-, 1400 Fisch-, 440 Frosch-, 140 Feldermaus- und 4000 Schmetterlingsarten sowie die bis zu 2000 Insektenarten in einer einzigen Baumkrone. In den subtropischen Nebelwäldern leben auf jedem Hektar mehr Vogelarten als in ganz Kanada. Schon Alexander von Humboldt zeigte sich beeindruckt: „Diesseits des Meeres finde ich wohl nie so einen Ort wieder!“
Für Outdoor-Sportler ist Ecuador phänomenal, sowohl Halbtages-Hiker als auch Extremsportler finden hier ihr Glück: Man kann mit der Morgenröte auf dem höchsten aktiven Vulkankegel der Erde in die Kamera lächeln, auf einem Fahrrad von 4800 Höhenmetern in die Avenida der Vulkane hinunterbrettern, an Ziplines durch den Wald sausen, Kanu wandern im Cuyabeno-Wildlife-Reservat, Raften in den Stromschnellen bei Tena, unterm Gleitschirm am Strand landen, mit Seelöwen um die Wette schnorcheln oder hoch auf einem Pferd von Hacienda zu Hacienda ziehen.
Wer’s in der freien Natur lieber müßiger mag, der lauscht z. B. der allabendlichen Dschungelsymphonie, strahlt auf einem Nachtspaziergang exotische Tiere und Tierchen mit der Stirnlampe an oder schaukelt einfach schon viele Stunden vor Beginn der Happy Hour in einer extra breiten Hängematte. Am Horizont gleiten dazu Pelikane in v-förmigen Girlanden über den Wellen, während sich die gleißenden Strahlen der Nachmittagssonne in den Schuppen Fliegender Fische brechen.
Mit ihrer üppigen Verschmelzung von Gotik, Renaissance, Barock, Mudéjar und Neoklassik schaffte es Quitos Altstadt 1978 als erste Stadt überhaupt in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO. Die von indianischen Kunsthandwerkern, italienischen, flämischen, extremadurischen und auch einem Bamberger Bauherrn erschaffenen Kirchen, Klöster, Kapellen, Kuppeln und prunkigen Portale bestimmen seit Mitte des 16. Jh. das Stadtbild. Herausragendstes Beispiel sakraler iberoamerikanischer Architektur ist die innen mit Blattgold verkleidete, von toskanisch-salomonisch-korinthischen Säulen getragene Jesuitenkirche La Compañia de Jesús. Wuchtig wirkt dagegen die Franziskanerkirche, deren Wände und Fundamente aus dem Schutt des Inka-Palastes von Huayna Capac errichtet wurden. Und der andalusische Wandelhallen-Patio der Augustinerkirche gilt als einer der schönsten Lateinamerikas. Im Mittelpunkt der rechtwinkligen, teils steil angelegten Planquadrate der spanischen Konquistadoren steht die Plaza Grande mit dem Präsidentenpalast und der Kathedrale von 1566. Die charmantesten Häuserfassaden befinden sich in den Calles García Moreno, Junín und der Calle La Ronda, der ältesten Pflastersteingasse Ecuadors. Ein Tipp für Museumsfreunde ist das Casa de Alabado mit sensationellen Exponaten präkolumbischer Epochen.
Die fast 1000 km westlich vom ecuadorianischen Festland liegenden 8000 km² großen Galapagosinseln sind mit ihrer außergewöhnlich vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt UNESCO-Weltnaturerbe. Als Nationalpark werden weite Bereiche des Archipels streng geschützt, auf Kreuzfahrten kann man jedoch mit endemischer Flora und Fauna gespickte Besucherstandorte ansteuern. Ideal ist ein 8-Tage-Crucero, um entweder die östlichen oder die westlichen Inseln zu besuchen.
Auf einer klassischen Ostroute liegt die Insel Española, wo sich über den Blowhole-Klippen der Punta Suárez rot-grün gesprenkelte Meerechsen und Albatrosse ein Stelldichein geben und der leuchtend weiße Korallenstaubstrand in der Gardner Bay die Badegäste verzückt. Auf Genovesa brüten Zigtausende Rotfuß-, Blaufuß und Maskentölpel, Pracht- und Bindenfregattvögel, Lava- und Gabelschwanzmöwen, Wellenläufer und Sturmtaucher. Auf dem kleinen Inselchen Plazas Sur tummeln sich neben allerlei Seevögeln und Seelöwen auch die ersten Hybriden aus Landleguanen und Meerechsen. Bartolomé bietet hingegen wenig Tierleben, dafür eine außerirdisch anmutende Kraterlandschaft. Ein vorsintflutliches Kunstwerk ist auch der scheinbar auf dem Wasser schwimmende Chinese Hat. Bei Floreana kommen Schnorchler an den vorgelagerten Felsen Champion und Enderby auf ihre Kosten. Bei San Cristóbal ragt der Kicker Rock wie die Galapagos-Variante des Gibraltarfelsens aus dem Ozean hervor.
Zur Westroute gehört die Umfahrung der Insel Isabela. Dabei geht es durch den Bolívar-Kanal, eine unglaublich fischreiche Meerenge, die die Insel von ihrer Nachbarin Fernandina trennt. Die gewaltige Vulkankegellandschaft der beiden Inseln wirkt fast schon unwirklich. Delfine, Rochen, Hammer- und Walhaie durchtauchen den Kanal. Flugunfähige Kormorane und Pinguine bilden Kolonien an den Ufern. Hundertschaften von Blaufußtölpeln schießen wie Marschflugkörper auf die Wasseroberfläche zu, um sich aus der Luft angepeilte Fische zu schnappen - ein echtes Spektakel! An Fernandinas Punta Espinoza und Isabelas Punta Moreno sonnen sich auf frisch erkalteten Lavaströmen die größten und schwärzesten unter den Meerechsen des Archipels. Landschildkröten, die sich in ihren Schlammkuhlen suhlen, lassen sich im Chato-Reservat auf Santa Cruz beobachten.
Ecuador darf sich damit rühmen, das vielfältigste Land des amerikanischen Kontinents zu sein. Am offensichtlichsten wird dies in seiner unglaublich facettenreichen Landschaft.
Die topografischen Kontraste in dem kleinsten aller Andenstaaten stehen in direktem Zusammenhang mit der jeweiligen Höhenlage. Um in eine ganz andere Klimazone zu reisen, braucht man nicht wie in anderen südamerikanischen Ländern Hunderte von Straßenkilometern zurückzulegen. Spektakulär wechselnde Landstriche sind oftmals nur eine Frage von Stunden oder gar Minuten: spiegelnde Kraterlagunen auf dem Páramo, ein Schneesturm auf 5000 Höhenmetern, raschelnde Palmenhaine am Sandstrand, feuchtheißer Regenwald, dampfender Nebelwald, Kaktuswüste oder Kakaoplantage - alle diese Ziele können von Quito aus mit dem Auto oder einem Bus in Kürze erreicht werden. Ein humorvoller ecuadorianischer Präsident sprach im Zusammenhang mit Ecuadors Höhenprofil von einem „vertikalen Land“, während z. B. die Niederlande oder Brasilien wahrscheinlich eher den „horizontalen“ Ländern zuzuordnen wären.
Cotopaxi
Das im Nordwesten von Südamerika gelegene Äquatorland kann in vier geografische Hauptregionen eingeteilt werden: Küste (Costa), Andenhochland (Sierra), Amazonastiefland (Oriente) und die pazifischen, etwa 1000 km vom Festland entfernten Galapagosinseln. Aber auch innerhalb dieser vier Regionen existieren unterschiedliche, ineinander verschachtelte makro- und mikroklimatische Ökosysteme mit ihren jeweils voneinander abhängigen Vegetationsnischen. Hierbei spielen sowohl jahreszeitlich bedingte Wechselbeziehungen aus Niederschlägen, Winden und Meeresströmungen eine Rolle als auch lokale und regionale Bodenverhältnisse. Dies wusste bereits ein faszinierter Alexander von Humboldt vor über 200 Jahren zu bestätigen. Das einzig Regelmäßige an Ecuadors geografischen, meteorologischen und biologischen Gegebenheiten ist letztendlich ihre Unregelmäßigkeit. Auf der Top-Liste der 17 „megadiversen“ Länder steht Ecuador nicht zuletzt wegen seiner relativ geringen Größe mit an der Spitze. Bei insgesamt nur 10 % Landfläche besitzen diese 17 Länder zusammen 70 % der Biodiversität unseres Planeten.
Tierra Caliente oder Tierra Tropical ist der Oberbegriff für die von Meereshöhe bis auf etwa 1000 Höhenmeter reichende „heiße Erde“, die sich wiederum aus verschiedenen Klimazonen zusammensetzt: feucht-tropisches Klima (Amazonien, nördl. Esmeraldas-Küste), tropisches Monsunklima (südl. Esmeraldas-Küste, nördl. Manabí-Provinz, innere Provinz Guayas und Los Ríos), tropisches Savannenklima (Portoviejo, Guayaquil, Naranjal, Machala), tropisches Trockenklima (Manta, Puerto López, Montañita, Salinas, Playas).
Die warme Tierra Templada oder Tierra Montañosa reicht von ca. 1000 bis über 2000 m: subtropisch feuchtes Klima (Zamora, Mindo, Baeza, Río Verde, Río Negro, Macas), subtropisch halbfeuchtes Klima (Baños), subtropisches Trockenklima (Chota-Tal, Guayllabamba, Huigra, Vilcabamba, Macará, Zaruma).
Die gemäßigt kalte Tierra Fría oder Tierra Andina umfasst Höhenlagen von ca. 2000 bis über 3000 m: gemäßigt feuchtes Klima (Quito, Latacunga, Riobamba), gemäßigt halbfeuchtes Klima (Otavalo, Guaranda, Cuenca), gemäßigtes Trockenklima (Ibarra, Ambato).
Die nachtfrostige Tierra Helada beginnt bei über 3000 m (bis etwa 4800 m): feucht-kaltes Hochlandklima (Tulcán, El Angel, Laguna Cuicocha, Laguna Mojanda, Laguna Quilotoa, Cotopaxi-Nationalpark, El Cajas).
Über 4800 m liegt die Tierra Nevada, die „verschneite Erde“ mit ihrem winterlichen Klima (alle Schneegipfel der beiden Kordillerenstränge).
Zu Klima → auch hier.
Andengürtel: Die beiden parallelen, von Norden nach Süden verlaufenden Andenkordilleren bilden die geografische Wirbelsäule Ecuadors. Zwischen diesen Gebirgssträngen mit ihren bis zu 6268 m hohen Vulkangipfeln in der Cordillera Occidental und der Cordillera Oriental zieht sich das innerandine Hochlandbecken hin. Dieses fruchtbare, beide Hemisphären kreuzende Längstal, für das Alexander von Humboldt den Namen „Straße der Vulkane“ erfand, liegt im Durchschnitt auf 1800-3200 m Höhe, ist ungefähr 500 km lang, 20-30 km breit und wird durch geografische nudos (Knoten oder Querrücken) in mehrere hoyas oder cuencas (Becken, Talböden) unterteilt: von Norden nach Süden die hoyas Chota (nördlich von Ibarra), Guayllabamba (nördlich von Quito), Pastaza, Paute, Chimbo, Girón und Catamayo (westlich von Loja). Im Norden der Avenida de los Volcanes liegt das 2800 m hohe Quito, die höchste Landeshauptstadt der Welt (La Paz in Bolivien liegt zwar höher, ist aber nur Regierungssitz, die Hauptstadt ist Sucre).
Beide Kordillerenketten sind von schroffen Durchbruchstälern eingeschnitten. Hier sammeln sich die in den Anden entsprungenen Quellflüsse auf ihrem Weg zum Pazifischen oder Atlantischen Ozean. Über manche dieser Talschluchten windet sich eine Passstraße in endlosen Serpentinen vom Hochland in die Tropen hinunter, wobei die zur Küstenebene abfallenden Andenflanken meist noch steiler sind als die zum Amazonasbecken hin.
Küstenregion: Die Küstenregion nimmt mit 80.000 km2 über ein Viertel der Landesfläche ein und besteht zum größten Teil aus einer wasserreichen Schwemmlandebene, die etwa 500 km lang und bis zu 200 km breit ist. Weiter westlich zum Meer hin wird diese llanura (Tieflandebene) von einem bis zu 900 m hohen Gebirgszug, der Cordillera Costañera mit ihrer südlichen Verlängerung, der Cordillera Chongón Colonche, unterbrochen. Breite Flüsse durchziehen die Ebene und münden in den Ozean: im Norden Río Esmeraldas, Santiago-Cayapas und Mataje, in Manabí der salzige Meeresarm des Río Chone (entspringt in der Küstenkordillere), ganz im Süden der Río Jubones und im Innern, von Norden nach Süden verlaufend, das mächtige Delta des Río Guayas, Zusammenfluss des Río Babahoyo und Río Daule und größtes Wassereinzugsgebiet der amerikanischen Pazifikküste.
Amazonien/Oriente: Der Osten des Landes und damit der ecuadorianische Teil des Amazonasbeckens, nimmt mit über 100.000 km2 mehr als ein Drittel der Landesfläche ein. Die Amazonía Ecuatoriana ist weitläufig von immergrünen Regenwäldern überzogen, die jedoch durch Ölförderung, massive Rodung und unkontrollierte Kolonisierung stark bedroht sind. Der Osten lässt sich wiederum in zwei geografische Regionen einteilen: in die dicht bewaldeten Andenausläufer der Subkordilleren Napo-Galeras, Cutucú und Cóndor (bis zu 3700 m hohe Vulkankegel) sowie in das meist topfebene Tiefland im Einzugsbereich der mäandernden Amazonas-Zuflüsse Napo und Pastaza (400-300 Höhenmeter).
Zu den Galapagosinseln.
Nach Durchstoßen der Wolkendecke während des Anfluges auf Ecuador befinden sich zu Füßen des Betrachters die Gipfel einiger der aktivsten Vulkane der Erde.
Die ersten dokumentierten Beobachtungen an den Feuer speienden Kegeln wurden von Naturforschern während des 17. und 18. Jh. gemacht. Aber erst gegen Ende des 19. Jh. erhielten Geologen und Vulkanologen allmählich wissenschaftlich fundierte Kenntnisse über Ecuadors Berge. In dieser Zeit wurden mehr als dreißig aktive Vulkane im ganzen Land registriert, weltweit eine der höchsten Konzentrationen von Vulkanen in Aktivität.
Die hohe Konzentration ist dem Abtauchen der Nazca-Platte unter die viel leichtere südamerikanische Kontinentalplatte zuzuschreiben, ein Prozess, dessen Auswirkungen in ähnlicher Weise rings um den Pazifik zu beobachten sind. Deswegen werden die damit verbundenen Vulkangebiete der süd-, mittel- und nordamerikanischen Westküste von Chile bis Alaska, der Aleuten, von Kamtschatka, Japan und Ozeanien auch unter dem Begriff „Feuergürtel der Erde“ (cinturón de fuego de la tierra) zusammengefasst.
Die Bildung der beiden ecuadorianischen Gebirgskordilleren begann vor etwa 65 Mio. Jahren. Der Prozess des Abtauchens der ozeanischen Platte, auch Subduktion genannt, findet am westlichen Kontinentalrand Südamerikas jedoch schon seit dem Präkambrium statt, also seit mindestens 650 Mio. Jahren.
Die ozeanische, aus erkaltetem Magma enstandene Platte, steigt am mittelozeanischen Rücken kontinuierlich auf. Sie wird dabei unter die kontinentale Platte geschoben, ein Prozess, bei dem die beiden sehr starren Platten deformiert werden. Abhängig von Kollisionsrichtung und Abtauchwinkel kommt es zu Brüchen und Faltungen. Besonders die zwischen den beiden Platten, also in der Subduktionszone liegenden Sedimente werden heftig deformiert. Die plötzliche Entlastung der dabei auftretenden Spannungen kann zu Erdbeben führen (wie am 16. April 2016 in den Küstenprovinzen Manabí und Esmeraldas). Der bislang andauernde Subduktionsprozess führte zu einer Verdickung des Kontinents und der Heraushebung des andinen Hochlands. Die subduzierte ozeanische Platte wird in der Tiefe erwärmt, wobei sich aus dem Gemenge aus magmatischen Gesteinen, Sedimenten und vor allem Wasser in der Tiefe Schmelze bildet. Diese steigt an Brüchen in der Erdkruste langsam auf. Die Andenvulkane sind lokale Durchbrüche durch die Erdkruste und sitzen wie vereinzelte Pickel auf den Kordilleren.
In den Anden gibt es Anzeichen unterschiedlicher Eruptionstätigkeiten und je nach Art des Magmas unterschiedliche Typen von Ausbrüchen: Zum einen die sog. effusive, hawaiische Tätigkeit, wenn dünnflüssige Lava aus dem Vulkan herausströmt und seitlich als Lavastrom abfließt (z. B. Reventador im Oriente oder Sierra Negra auf den Galapagosinseln). Zum anderen gibt es die sog. explosiven Ausbruchsformen wie z. B. die strombolianische Tätigkeit, wenn Asche und Gase, von Explosionen begleitet, weit in die Luft geschleudert werden (z. B. Guagua Pichincha bei Quito), oder die plinianische Tätigkeit, bei der das vulkanische Material in einer Eruptionssäule auch in höhere Bereiche der Atmosphäre transportiert werden kann, einschließlich eines kollabierenden Kratergebäudes (z. B. Tungurahua bei Baños). Überall in Ecuador sind Zeugnisse dieser verschiedenen vulkanischen Prozesse zu finden.
Gipfel in der westlichen Kordillere: Chimborazo (6268 m), Carihuairazo (5020 m), Quilotoa (3914 m), Iliniza Sur (5263 m), Iliniza Norte (5126 m), Corazón (4788 m), Guagua Pichincha (4794 m), Rucu Pichincha (4690 m), Pululahua (3356 m), Cotacachi (4939 m), Chiles (4768 m).
Diese mit Ausnahme des Guagua Pichincha bereits zur Ruhe gekommenen Vulkane hatten alle explosiven Charakter. Sie förderten ein kieselsäurereiches Magma aus den subduzierten Sedimenten mit einem hohen Anteil an eingeschlossenen Gasen. Diese sehr zähen Magmen werden durch den hohen Gasanteil bei der Eruption zerrissen. Dabei werden große Mengen von Lockermaterial, gemischt mit heißen Gasen, produziert. Dies ist eine der gefährlichsten bekannten Eruptionsformen. Im schlimmsten Fall bläst es bei solch einer gewaltigen Entladung gleich den gesamten Gipfel mit in die Luft. Es kommt zu pyroklastischen Strömen und großräumigen Ascheregen. Oft entsteht durch die sich rasch entleerende Magmakammer ein steilwandiger Einbruchkessel (caldera), der sich manchmal mit Wasser füllt - wie z. B. die Cuicocha-Lagune in der Provinz Imbabura. Das unterhalb dieser Kraterlagune befindliche Städtchen Cotacachi liegt genau auf einem dieser Auswürfe und ist umgeben von losem Material und Bimsblöcken.
Bei dem bisher stärksten registrierten Ausbruch des Guagua Pichincha im Jahre 1660 verstreute der Vulkan Asche, Lapilli und Bims in einem Umkreis von 1000 km (!). Eine 40 cm dicke Ascheschicht brachte viele Ziegeldächer von Quito zum Einstürzen. Über weite Bereiche des nördlichen Hochlandes brach eine vier Tage lange Totalfinsternis herein.
Gipfel in der östlichen Kordillere: Sangay (5230 m), Altar (5319 m), Tungurahua (5016 m), Cotopaxi (5897 m), Quilindaña (4877 m), Sincholagua (4893 m), Antisana (5705 m), Las Puntas (4452 m), Cayambe (5790 m).
Diese formt zusammen mit der parallel verlaufenden westlichen Andenkordillere das innerandine Hochbecken, die Humboldtsche „Straße der Vulkane“. Wie die Vulkane der westlichen Kordillere, bestehen auch die der östlichen aus Andesit, einem meist feinkörnigen Gestein, dessen Namensgeber die Anden selbst waren. In der östlichen Kordillere gibt es im Vergleich zu ihrem westlichen Nachbarn mehr Lavaströme, die eine Länge von mehreren Kilometern erreichen können. Allerdings gibt es auch hier explosiven Vulkanismus. Die durch Gase und heiße Lava rasch dahinschmelzenden Schneekuppen haben immer wieder zu verheerenden Katastrophen geführt. Drei der jungen Vulkane sind nach wie vor aktiv: der Cotopaxi, der Tungurahua und der Sangay, der weltweit zu den wenigen Vulkanen gehört, die seit Jahrhunderten ständig aktiv sind. Im Falle des Cotopaxi, des höchsten aktiven frei stehenden Vulkankegels der Erde, kam es immer wieder zu katastrophalen Ausbrüchen, z. B. am 26. Juni 1877, als die geschmolzenen Eis- und Schneemassen auf ihrem Weg ins Tal pyroklastisches Material von unvorstellbarem Ausmaß mitrissen. Gewaltige Schlamm- und Geröllströme (Lahare) schossen innerhalb von 18 Stunden über die Flüsse Río Pita und Río Guayllabamba bis nach Esmeraldas in den Pazifischen Ozean. Andere Lahare erreichten über den Río Cutuchi in 30 Minuten die Stadt Latacunga, in drei Stunden Baños und wenig später das Amazonasbecken. Seit 2015 erlebt der „Cuello de Luna“, der „Sanfte Nacken des Mondes“, eine neue, wenn auch vergleichsweise schwache Ausbruchsphase, die zur zeitweisen Schließung des Nationalparks geführt hatte.
Innerandines Hochbecken: z. B. Rumiñahui (4722 m), Pasochoa (4199 m), Ilaló (3169 m), Fuya Fuya (4263 m), Cusín (3989 m), Imbabura (4621 m).
Die zwischen den beiden Kordillerensträngen gelegenen, meist in Grüppchen auftretenden Vulkane unterscheiden sich von ihren schneebedeckten Kollegen im Wesentlichen durch ihre Größe. Sie entstanden wahrscheinlich durch Verwerfungen, die sich diagonal zur Hauptrichtung der Kordilleren bildeten. Außer dem Imbabura, bei dem es zumindest Hinweise auf eine potentielle Aktivität gibt, sind alle diese Zwischenvulkane heute erloschen.
Amazonasgebiet: Sumaco (3732 m), Pan de Azúcar (3100 m), Reventador (3562 m).
Abseits der östlichen Andenkordillere befinden sich drei frei stehende Vulkane, die der Subkordillere Galeras-Napo angehören. Diese Vulkane scheinen einer viel größeren Faltungszone zu entsprechen, die nicht mehr im Subduktionsbereich der aufeinandertreffenden Erdplatten liegt. Das ausbrechende Magma ist in viel größerer Tiefe entstanden. Ein Ausbruch dieser Vulkane kann aufgrund der starken Regenfälle in dieser Region verheerende Laharströme nach sich ziehen. Aus dieser Gruppe sticht der ständig aktive Reventador hervor.
Galapagos-Archipel: Die Inseln entstanden nicht im Zusammenhang mit der südamerikanischen Subduktion. Vielmehr verdanken sie ihre Existenz einem sog. „Hot Spot“, an dem punktuell Magma aufsteigt. Die Nazca-Platte bewegt sich über diesen unbeweglichen Hot Spot hinweg und so kam es im Laufe von Millionen Jahren zur Bildung einer Inselkette. Bekanntestes Beispiel eines solchen Hot-Spot-Vulkanismus ist Hawaii.
Piste zum Cotopaxi
Es gibt in Ecuador fast 70 Vulkane, von denen heute 18 als aktiv oder zumindest potenziell aktiv angesehen werden, d. h. in den letzten 10.000 Jahren Anzeichen von Aktivität gezeigt haben. Seit 1999 sind fünf davon wiederholt ausgebrochen. Die Bestimmung, ob ein Vulkan in nächster Zeit ausbricht, hängt von der Menge und Bewertung der gesammelten Information aus zwei verschiedenen Quellen ab: zum einen aus dem Studium der geologischen Geschichte eines Vulkans, um zu sehen, ob es in der jüngeren Vergangenheit regelmäßige oder gar häufige Ausbrüche gegeben hat. Selbst wenn diese Art von Information nicht unbedingt zu genauen Voraussagen führt, kann durch ausreichende Datenanhäufung zumindest bestimmt werden, ob ein augenscheinlich erloschener Vulkan eine zukünftige Gefahr darstellen könnte. Zum anderen geschieht diese Bestimmung durch die sorgfältige Beobachtung vulkanischer Aktivität, z. B. durch Erdbebenstationen, Vermessungspunkte, Temperaturmessungen und Gasuntersuchungen. In Ecuador gibt es ein Netz von Überwachungsstationen. Fünf Vulkane werden besonders überwacht: der Reventador (ständig aktiv), der Cayambe (potentiell aktiv), der Guagua Pichincha (ständig), der Cotopaxi (seit 2015) und allen voran der Tungurahua (seit 1999). Jeder dieser Vulkane verfügt über ein eigenes Monitorsystem. Die Überwachungseinrichtungen sind direkt mit der Escuela Nacional Politécnica in Quito verbunden, wo Veränderungen täglich registriert und gemessen werden (www.igepn.edu.ec).
Vulkane sind vor allem für ihr zerstörerisches Verhalten bekannt. Dass ein Ausbruch auch einen wohltätigen Zweck für das Leben auf der Erde erfüllt, wird dabei von den wenigsten zur Kenntnis genommen. Vulkanisches Material ist sehr mineralreich und enthält die meisten von Pflanzen so dringend benötigten Elemente wie Phosphor, Kalzium, Magnesium und Schwefel. Selbst nach der Abkühlung gibt die zu Fels erstarrte, verwitternde Lava noch jahrtausendelang diese Nährstoffe an die Erde ab. Ascheregen hingegen zerstört zuerst die Ernten, hat aber in den darauffolgenden Jahren einen massiv düngenden Effekt. Ecuador verdankt dem Vulkanismus seine reichhaltige Landwirtschaft, und Eruptionsmaterial aller Art wird u. a. im Straßen- und Hausbau verwendet.
Andesit: feinkörniges Vulkangestein.
Asche: feinkörniges, bei einer Eruption zerkleinertes Material von weniger als 0,2 mm Korngröße. Bei Vulkanausbrüchen kommt es wegen der Asche häufig zu Atembeschwerden.
Bims: durch vulkanische Gase aufge-schäumtes Magma, das beim Erkalten zu einem leichten, glasigen Material erstarrt. Durch die Blasenhohlräume ist Bims ein Baumaterial mit guten Isoliereigenschaften. Stark aufgeschäumter Bims schwimmt auch auf Wasser.
Eruptionssäule: bei explosiven Eruptionen entsteht häufig eine steil in die Atmosphäre aufsteigende Wolke aus heißen Gasen und pyroklastischem Material. Unter günstigen Bedingungen wird zusätzlich Luft aus der Atmosphäre in diese Eruptionssäule gesaugt und das erhitzte Gas- bzw. Luftgemisch trägt das pyroklastische Material bis in die Stratosphäre.
Hot Spot: räumlich stabiler Aufstiegspunkt von Magma aus dem Erdinneren. Das Magma durchbricht die sich darüber hinwegbewegende Platte und eine Kette von Vulkanen bzw. Vulkaninseln entsteht auf ihr.
Lahar: primär durch den Kontakt von heißer Lava mit Schnee und Eis entstehender Schlamm- und Geröllstrom, in etwa mit einer Mure im Alpenraum vergleichbar, aber mit weit verheerenderer Zerstörungskraft. Sekundär können Lahare auch bei Starkregenereignissen durch an Vulkanen abgelagertes, losgespültes pyroklastisches Lockermaterial entstehen. Ist ein Lahar in Bewegung, zeichnet er sich durch extreme Mobilität aus. Er ähnelt flüssigem Beton, dessen Wucht Brücken und Häuser wegradieren kann.
Lapilli: Korngröße pyroklastischen Materials zwischen 0,2 und 2 mm.
Lava: magmatische Schmelze, die die Erdoberfläche erreicht hat. Bei einer Eruption hat Lava eine Temperatur von 900 bis 1100 Grad Celsius. Je nach Zähigkeit und Gasgehalt der Schmelze verläuft die Eruption entweder explosiv oder die Lava fließt langsam aus. Dünnflüssige, schnell fließende Lavaströme erstarren zu sog. Pahoehoe-Lava, die sich durch strickartige, glatte Oberflächen auszeichnet und deren innere Schicht langsamer als die äußere abkühlt. Zäh fließende Lava erstarrt zu sog. AA-Lava, die eine scharfkantige rauhe Oberfläche besitzt und in eine Vielzahl von Gesteinsschollen zerbricht. Beide Formen treten auch häufig nebeneinander auf.
Erkaltete Lava auf Santiago (Gal.)
Magma: Schmelze, die aus dem Erdinnern an Bruchstrukturen entlang einen Weg nach oben sucht. Sie ist zäh und gashaltig. Typisch für kieselsäure- und gasreiche andesitische Magmen, insbesonders der Westkordillere, sind stark aufgeschäumte Bimse, die bei der Eruption zerbrochen und über eine große Fläche verteilt werden.
Magmatisches Gestein: aus einer Schmelze erstarrtes Gestein (Magmatit), das in der Tiefe erstarrte Plutonite wie z. B. Granit und an der Erdoberfläche erstarrte Vulkanite umfasst.
Pyroklastisches Material: vulkanisches Lockermaterial, das durch Zerkleinerung von Lava oder eruptionsbeteiligtem Nebengestein entsteht.
Pyroklastischer Strom: Lawine aus pyroklastischem Material, meist durch eine Eruption ausgelöst, sehr heiß und mit Gasen gemischt.
Präkambrium: erdgeschichtliche Phase vor 4500-600 Mio. Jahren.
Subduktionszone: aktive Grabenzone aufeinandertreffender Plattenränder, bei der die schwerere (ozeanische) Platte unter die leichtere (kontinentale) Platte abtaucht. Die beim Aufeinanderreiben erzeugte Hitze lässt die Ränder der Krustenplatten zerschmelzen, setzt Magma frei und formt Vulkankegel.