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Touren, Tipps und Naturabenteuer in ganz Deutschland

Mit 36 farbigen Fotos und 40 Karten

ISBN 978-3-492-97993-1
© Piper Verlag GmbH, München 2018
Redaktion: Regina Carstensen, München
Covergestaltung: Petra Dorkenwald
Covermotiv: Thomas Linkel/laif
Fotos Bildteil: Manuel Andrack; außer Nr. 6, 8, 9, 11, 20, 22, 23: Maja Andrack
Karten: Manuel Andrack
Litho: Lorenz & Zeller, Inning am Ammersee
Datenkonvertierung: Uhl + Massopust, Aalen

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Inhalt

Übersichtskarte Deutschland

Teil I

Kinderwandern – kinderleicht?

»Meine Beine tun weh!« – Altersgerechte Wanderstrecken finden

Die Erfolgsformel: Wandern + Wasser = Kinderspaß

Jede Wanderung ein Abenteuer – auf der Suche nach den spannenden Wegen

Kinder lieben eine Einkehr – oder auch mehrere

Man nehme außerdem: Burgen, Mühlen & Co.

Schau mal, was da krabbelt! Kinder sind fasziniert von der Natur

Geschichten erzählen und singen – auch beim Wandern

Auf Bäumen balancieren

Die Wald-Baumeister (auch ohne Bob)

Wenn es mal langweilig wird – Wanderspiele für unterwegs

Wer hat Angst vorm Wandertag?

Teil II

26 Tourentipps für alle deutschen Bundesländer

Saarland

1 Die Oppig-Grät ist nicht geeignet für Kinder? So ein Unsinn!

2 Der erste Kinderpremiumweg der Welt an der Nahequelle

Sachsen

3 Eine teuflische Wanderung

4 Ein gigantischer Abenteuerspielplatz – das Labyrinth bei Langenhennersdorf

Niedersachsen/Bremen

5 Schockierende Erlebnisse auf dem Moorpfad von Gnarrenburg

6 Fliegen wie ein Vogel, frei laufende Wölfe und ein Wunderbaum im Nationalpark Harz

Rheinland-Pfalz

7 In schwindelnden Höhen auf der Geierlayschleife

8 Barfuß in Bad Sobernheim durch Fluss, Feld und Flur

Mecklenburg-Vorpommern

9 Acht anstrengende Kilometer auf den Kreidefelsen von Rügen

10 Wo sind denn die Zaubersteine? Wandern an der Mecklenburger Seenplatte

Hessen

11 Eine abenteuerliche Kinderwanderung im sagenhaften Schächerbachtal

12 Rund um den Waldspielpark am Goetheturm

Schleswig-Holstein/Hamburg

13 Spannende Wege, Schmetterlinge und alte Eisenbahnen vor den Toren von Hamburg

14 Rund um den Ukleisee – meine Nichte wandert im Regen

Bayern

15 Auch im Schnee kann man wandern – Winterspaß in Reit im Winkl

16 Eine unheimliche Höhlenwanderung in der Fränkischen Schweiz

Thüringen

17 Fiese Trolle und hübsche Elfen in den Feengrotten in Saalfeld

18 Von der Phantasie zur Hohen Sonne – durch die Drachenschlucht bei Eisenach

Nordrhein-Westfalen

19 Wenn Wasserspiele wichtiger als Wisente werden

20 Mit Maximilian und seiner Familie auf dem Eifgenbachweg

Brandenburg/Berlin

21 Kinderwandern in der Großstadt – durch den Grunewald zum Grunewaldturm

22 Drachen, Spechte, eine Ritterburg – auf dem Walderlebnispfad an der Burg Rabenstein

Baden-Württemberg

23 Abenteuer im schwäbischen Urwald – die Wasserfälle von Bad Urach

24 Mit zwei Familien durch die wilde Ravennaschlucht

Sachsen-Anhalt

25 Die geheimen Wege in den Gärten von Wörlitz

26 Spiel, Spaß, Spannung im Bodetal von Thale

Literatur

Bildteil

Teil I

Kinderwandern – kinderleicht?

Norwegische Kinder lernen schon in jungen Jahren: Wer sich viel an der frischen Luft aufhält, hat immer gute Laune. Ich finde, das gilt auch in Deutschland. Kinder sind nach einer Wanderung – und die Eltern ebenso – glücklicher und entspannter. Bei Kinderwanderungen kann man als Familie nicht nur jede Menge erleben, man kommt auch ganz anders ins Gespräch als im normalen Familienalltag. Bei einer Kinderwanderung kürzlich wollte meine sechsjährige Tochter ausdiskutieren, ob ich dereinst ihre Enkelkinder lieber haben würde als sie selbst. Ich musste erst einmal ausrechnen, ob ich überhaupt die theoretische Chance habe, die Enkelkinder von Nika noch live zu erleben.

Oft ist es allerdings so, dass Eltern und Großeltern durchaus wanderwillig sind, aber der Nachwuchs nicht so recht mitzieht. Oder man ist sich elternseitig nicht so recht sicher, welche Wege man gehen soll. Denn die Wegauswahl ist für die Wanderlust der Kinder entscheidend. Viele Eltern haben in ihrer eigenen Kindheit erfahren müssen, dass sie in jedem Sommerurlaub auf langweiligen Forstwegen stiefeln mussten, ein Wandertrauma ist die Folge. Daher möchte ich in diesem Buch konkrete, kindgerechte Touren in ganz Deutschland ausführlich vorstellen.

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah. Diese Binsenweisheit gilt auch für Kinderwanderungen. Denn man sollte sich und den Kindern lange Anfahrten zu den spannenden Outdoor-Erlebnissen ersparen. Keinesfalls sollte mehr Zeit für Hin- und Rückfahrt verwendet werden als für die eigentliche Wandertour. Daher habe ich pro Bundesland zwei Kinderwanderwege ausführlich porträtiert. Zwei Touren sind gerade bei den größeren Bundesländern allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Daher möchte ich euch, die Eltern, dabei unterstützen, die genialen Kinderwanderungen in eurer regionalen Umgebung selbst zu finden und zu erkennen.

Ganz klassisch kann man sich mit einer Wanderkarte orientieren. Wenn ihr euch für das Wandergebiet eurer Wahl entschieden habt, könnt ihr die Karte im Fachhandel kaufen oder im Internet bestellen. Mehr als zwei Drittel der Grundfläche Deutschlands ist von Mittelgebirgen bedeckt. Außer der Tiefebene im Norden und einem schmalen Streifen der Alpen im Süden – alles Mittelgebirge mit hervorragenden Kinderwandermöglichkeiten. Im Zweifelsfall wohnt ihr in der Nähe oder mittendrin im Mittelgebirge. Versucht, euch zunächst eine Wanderkarte eures Heimatorts zu besorgen. Das funktioniert übrigens selbst in Großstädten!

Beim Maßstab der Wanderkarte gilt: je kleiner, desto besser. Also besser 1:25000 oder 1:30000 als 1:50000. Größere Maßstäbe sind fürs Wandern untauglich. Und: Es sollte auch wirklich eine Wanderkarte sein und keine topografische Karte, weil bei der topografischen keine markierten Wanderwege eingezeichnet sind. Für die meisten Wandergebiete wie Eifel, Harz, Rhön, Erzgebirge, Schwarzwald, Schwäbische Alb und und und sind flächendeckend Wanderkarten 1:25000 oder 1:30000 erhältlich. Noch ein Extratipp für Kinderwanderer in Nordrhein-Westfalen: Vor etlichen Jahren gab es sehr schöne Wanderkarten für ganz NRW, die sogenannte Grüne Reihe. Die sind mittlerweile vergriffen, man kann sie aber noch antiquarisch bestellen.

Nun soll es ja Menschen geben, die keine Wanderkarte lesen können. Daher kurz einige Basics, wie man einen schönen Wanderweg, gerade für Kinder, entdeckt: Geschwungene Wanderwege sind interessanter als schnurgerade. Wenn der Wanderweg auf der Karte gestrichelt ist, handelt es sich um einen Pfad – sehr schön; wenn der Wanderweg auf der Karte aus einem durchgehenden Strich besteht – breiterer Waldweg; wenn der Wanderweg auf der Karte mit zwei Strichen gezeichnet ist, ist es schon ein breiter Wirtschaftsweg oder Feldweg, womöglich asphaltiert – nicht so ideal. Und dann gibt es noch unendlich viele Zeichen auf einer Wanderkarte, für Gaststätten, Schutzhütten, Spielplätze, Burgen und so weiter. Um diese äußerst empfehlenswerten Zutaten wird es in den nächsten Kapiteln gehen.

Eine der Gretchenfragen beim Wandern ist: Rundweg oder Strecke? Im Zweifelsfall ist ein Rundweg für eine Kinderwanderung immer besser. Dann hat man am Ziel nicht das Problem, wie die ganze Familie zum Auto zurückkommt. Aber viele tolle Kinderwanderungen – auch einige in diesem Buch – sind gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, vor allem die stadtnahen Touren in Frankfurt, Hamburg und Berlin. Die Tour in Berlin ist zum Beispiel eine Streckenwanderung. Anfahrt und auch Abfahrt mit Bahn und Bus sind kein Problem.

Sehr hilfreich ist es, wenn ihr eure Kinder bei der Planung mit einbezieht. Vorfreude ist die schönste Freude. Wenn eure Kinder schon vor der Wandertour Fotos von einer spektakulären Schlucht oder einer romantischen Burg sehen, gehen sie mit einem ganz anderen Elan an die Wanderung heran. Vor einem Jahr sah meine Tochter Nika die gigantische Hängeseilbrücke an der Geierlay in einem Flyer über diesen Wanderweg im Hunsrück und sagte: »Da will ich hin.« So kam die Motivation, diese Wanderung zu machen, von ihr. Besser geht’s nicht.

Wenn man Glück hat, kann man auf einige regionale Wanderführer zurückgreifen, um zum Beispiel in der Chiemsee-Region, im Allgäu oder im Rheinland unterwegs zu sein. Bei Tipps für das Wandern mit Kindern in den einzelnen Bundesländern wird das Angebot schon dünner.

Das Kinderwanderportal wanderzwerg.eu hat einen stark süddeutschen Schwerpunkt. Auf familienkultour.de kann man einige wunderbare Wege finden. Prinzipiell würde ich immer raten, Pfade mit hohem Erlebniswert zu wählen. Die zertifizierten Premium- und Qualitätswege in Deutschland garantieren diesen Erlebniswert. Unter wanderinstitut.de findet ihr Premiumwege, auf wanderbares-deutschland.de Qualitätswege in eurer Region. Bei vielen Wegen sollte man allerdings die Gesamtstrecke auf das erlebnisreichste, abenteuerlichste Filetstück der Wanderwege beschränken und eine kindgemäße und vor allem altersgerechte Streckenlänge finden.

»Meine Beine tun weh!« – Altersgerechte Wanderstrecken finden

Wie viele Kilometer können Kinder wandern? Das hängt stark vom Alter ab, aber auch von der individuellen Kondition. Sehr lachen musste ich über ein mittlerweile vergriffenes Buch, in dem fünfundzwanzig Kinderwanderungen in einem deutschen Mittelgebirge beschrieben wurden. Der Autor war alle Touren mit seiner Frau und seinen beiden Kindern gewandert. Die Armen. Tour fünf zum Beispiel war vierundzwanzig Kilometer lang mit dreihundert Höhenmetern, nach Meinung des Autors eine »unschwierige Rundwanderung«. Für alle, die selten das Wort »unschwierig« benutzen, war ganz am Anfang der Tourenbeschreibung noch der exakte Schwierigkeitsgrad der Tour vermerkt. Leicht. Nun mag es Zehn-, Zwölfjährige geben, die einen Vierundzwanzig-Kilometer-Marsch als »leicht« empfinden. Ich kenne diese Kinder nicht.

Eine ganz entscheidende Frage ist bei einer Kinderwanderung: Wie lang darf sie denn sein? Was kann ich meinen Kindern und meinen Nerven zumuten? Der Deutsche Wanderverband hat eine Faustformel entwickelt – man solle das Alter der Kinder mit dem Faktor 1,5 multiplizieren, dann hätte man die ideale Länge einer Kindertour. Hm. Abgesehen davon, dass es Eltern geben soll, die einen Taschenrechner brauchen, um das Lebensalter ihrer Kinder mal anderthalb zu multiplizieren, halte ich die so entstehenden Tourenlängen für zu ambitioniert. Dann sollen also Zehnjährige schon fünfzehn Kilometer gehen und Siebenjährige über zehn Kilometer? Es mag viele Kinder in diesem Alter geben, die das super finden – ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass es bei dem Gros der Sprösslinge nicht so ist. Und gerade wenn ich meine Kinder behutsam an den Wanderspaß heranführen will, sollte ich sehr vorsichtig mit der Tourenlänge sein. Denn Wandern mit Kindern bedeutet ja auch, dass sie ihre Kilometer nicht unbedingt auf dem Wanderweg machen, sondern vor- und zurückrennen, auch mal in den Wald hinein, sodass der aktive Nachwuchs schon bei einer sechs Kilometer langen Wanderung auf zehn Kilometer kommt.

Ich schlage daher eine einfache, neue Kinderwanderfaustformel vor. Ganz simpel: Lebensalter gleich Kilometerlänge. Fünf Jahre alt – fünf Kilometer, acht Jahre alt – acht Kilometer. Und es darf auch gerne etwas weniger sein. Nur wenn Kinder nach der Wanderung jammern: »Was, schon vorbei?«, kann man für die Zukunft eine ambitioniertere Tour planen.

Das Alter der Kinder spielt naturgemäß eine entscheidende Rolle für die Auswahl der Wege.

Kinder im Alter bis drei Jahre: Dieses Buch richtet sich eher nicht an Eltern von Babys und Kleinkindern. Kinderwagentaugliche Wege haben den ganz großen Nachteil, dass sie für ältere Kinder stinklangweilig sind. Kinderwagentauglich kann nur heißen, dass wir auf breiten, möglichst asphaltierten Wegen wandern. So zu wandern macht älteren Kindern auf Dauer keinen Spaß. Wenn ihr die Kleinen in die Kraxe nehmt oder ins Wickeltuch, braucht ihr im Grunde noch keine Kinderwanderempfehlungen, denn dann geht ihr einfach dort, wo es euch gefällt – nicht euren Kindern. Anders sieht es aus, wenn die Kinder sicher und gut selbst längere Strecken laufen können.

Kinder im Alter von vier bis acht Jahren: Eigentlich ist das ein sehr schönes Alter, wenn nicht das schönste Kinderwanderalter. Wenn ihr eure Kinder nicht überfordert (siehe die Faustformel »Alter = Kilometer«), ist das genau das Alter, in dem sich Kinder für das Wandern begeistern lassen. Es ist das Alter, in dem sie erfahren können, dass Wandern schön, spannend, abenteuerlich ist. Ein Alter, in dem die Vorfreude auf eine Wanderung noch unverfälscht gezeigt werden kann. Fast alle Tourenempfehlungen in diesem Buch sind für diese Altersgruppe geeignet, vielleicht die längeren Touren nicht für vier- und fünfjährige Kinder, aber da helfen, wie gesagt, die Faustformel und die individuelle Einschätzung, was eure Kinder wandermäßig schaffen können.

Kinder im Alter von neun bis dreizehn Jahren: Auch in diesem Alter sind eure Kinder noch sehr begeisterungsfähig für Familienwanderungen. Vor allem können sie fast alle Strecken mitwandern, die die Erwachsenen gerne gehen. Auch einmal eine Mehrtagestour mit Rucksack. Aber selbst kürzere Wanderungen, wie sie in diesem Buch vorkommen, machen dieser Altersgruppe immer noch großen Spaß. Dennoch sollte man auf die Erlebnisqualität der Wege achten und möglichst zertifizierte Prädikatswege, also Premiumwege oder Qualitätswege, wählen. Das Wanderglück ist auf ihnen quasi garantiert.

Vierzehn Jahre und älter, das Ich-entscheide-selber-Alter: Bekanntlich gibt es ja in der Pubertät eines Kindes das Bestreben, sich möglichst komplett von Tun, Leben und Handeln der Eltern abzusetzen. Logisch und wichtig für die persönliche Entwicklung. Sollten die Eltern also mit viel Spaß wandern, ist es aus pubertierender Sicht sinnvoll, nicht mehr wandern zu wollen. Auch ich bin ab diesem Alter nicht mehr mit meinen Eltern gewandert. Meine wanderpubertierende Phase hat sogar siebzehn Jahre angehalten. Ich war daher immer geneigt, dieses wanderproblematische Alter das Uiuiui-Alter zu nennen.

Es ist aber nicht ganz richtig, dass Pubertierende ganz aufs Wandern verzichten wollen. Nehmen wir zum Beispiel meine siebzehnjährige Tochter Nora. Die wandert ab und an, auch für dieses Buch, noch mit ihrer Familie. Auch mit unserem Hund macht sie ausgiebige Touren durch die Wälder unserer Region. Und letztes Jahr hat sie auf dem Moselsteig eine dreitägige Wandertour mit Freunden gemacht, mit Zelt und Schlafsack und allem Drum und Dran. Es wäre also falsch zu behaupten, sie wolle prinzipiell nicht wandern. Sie entscheidet nur selbst, wann, wie oft und vor allem mit wem sie wandert. Und das ist natürlich sehr okay.

Egal wie alt eure Kinder sind – es ist nicht egal, welche Wege man auswählt. Kinder wollen bei der Wanderung etwas erleben, also sollte man möglichst spannende, interessante und abenteuerliche Wege wandern …

Die Erfolgsformel: Wandern + Wasser = Kinderspaß

In der Regel wandern wir mit beiden Füßen auf festem Untergrund: auf Waldwegen, Graswegen, sandigen Wegen, matschigen Wegen. Manchmal, wenn es gar nicht anders geht, sogar auf asphaltierten Wegen. Aber eben auf festem Untergrund. Trotzdem lieben es alle Wanderer, ob jung, ob alt, am Wasser oder mit dem Blick auf Wasser zu wandern. Daher ist der Rheinsteig der beliebteste Wanderweg Deutschlands, deswegen macht es so viel Spaß, in Schluchten, an Seen, Teichen, Wasserfällen und natürlich am Meer zu wandern. Denn Wasser ist neben der Luft sozusagen das elementarste Element. Daher liegt es auch bei Kindern in den Genen, Wasser aufregend, schön, anregend zu finden.

Es muss aber nicht immer als Wanderkulisse der Rhein oder das Meer sein. Ein kleiner Bach, ein Tümpel reichen aus. Dort, wo es Bäche, einen Teich oder einen See gibt, wird die Natur zum Abenteuerspielplatz. Daher sollte man seinen Kindern die Zeit geben, die sie am Wasser brauchen. Wenn der Bach sehr schmal ist, liebt es Nika zum Beispiel, immer wieder zu testen, ob man über den Bach springen kann. Manchmal werden die Schuhe dabei nass. Egal. Natürlich haben alle vorausschauenden Wandereltern trockene Ersatzsocken und sogar Schuhe im Rucksack. Es sei denn, wir haben das mal wieder vergessen. Außerdem können die Kinder ja auch Socken und Strümpfe ausziehen und mit nackten Füßen am Bach oder am Teich spielen. Man muss sich allerdings nichts vormachen: Die meisten Bäche in deutschen Mittelgebirgen sind mindestens zehn Monate im Jahr saukalt. Aber an heißen Sommertagen ist ein erfrischendes Fußbad bei einer Kinderwanderung etwas Herrliches. Meine beiden älteren Töchter haben vor etlichen Jahren sogar einmal bei einer Wanderung in der Nähe von Cochem im Endertbach gebadet. Da sie keine Badeanzüge dabeihatten, musste es auch ohne gehen. Erst wollten sie nur ein wenig herumplanschen. Aber dann kamen andere Wanderer, und die beiden tauchten in das ziemlich kalte Wasser komplett ein.

Kinder können am Wasser aber auch Spaß haben, ohne sich nass zu machen. Sie können mit Zweigen und Ästen einen Staudamm bauen wie ein Biber. Oder Stöckchen ins Wasser werfen und schauen, wie weit sie, getragen von der Strömung, mitschwimmen, bevor sie an der Uferböschung hängen bleiben. Oder aber versuchen, Stöcke oder Steine über den Bach ans andere Ufer zu schmeißen. Oder die Kinder suchen in größeren Pfützen oder Teichen Kaulquappen. Apropos Pfützen. Ein schönes Spiel bei regnerischen Kinderwanderungen ist es, Pfützen leer zu hüpfen – also zu springen, bis das komplette Wasser weggespritzt ist. Ansonsten wette ich, dass euren Kindern noch jede Menge Unsinn einfällt, den man am, mit und im Wasser anstellen kann.

Man kann auch eine Wandertour mit einer kurzen Schiffsfahrt verbinden. Nach einer Kinderwanderung auf dem Rheinsteig mit dem Schiff zurück zum Auto oder zum Zug schippern. Mit der Fähre an der Saarschleife über die Saar fahren. Mit dem Schiff auf dem Biggesee, dem Baldeneysee oder dem Bodensee zum Wandern gleiten. Abgesehen davon, dass man die Wanderung zu Fuß auf dem Wasser fortsetzen kann. Auf der Lahn, auf der Werra oder an der Mecklenburgischen Seenplatte kann man problemlos ein Kanu selbst für kürzere Touren leihen und so noch ein wenig auf dem Wasser wandern.

Aber eines sollte man mit dem Wasser nicht machen: Man sollte es nicht trinken, auch nicht, wenn der Gebirgsbach noch so klar und erfrischend aussieht. Bei einer Wanderung an der Ehrbachklamm im Hunsrück vor einigen Jahren habe ich mit meinen älteren Töchtern durstig vom frischen Wasser des Bachs aus einem Seitental getrunken. Das Ergebnis: Flotter Otto. Wenig später habe ich gelesen, dass das nicht unbedingt an menschengemachter Umweltverschmutzung lag, sondern an den sehr lebhaften Bakterien in natürlichen Gewässern, die sich nicht unbedingt mit unserer Darmflora vertragen.

Beim Thema Wasser muss man aber nicht zwingend an natürliche Gewässer denken. Sehr oft bin ich schon an Freibädern – zum Beispiel auf dem Hermannsweg – vorbeigewandert und habe es bedauert, keine Badehose im Rucksack zu haben. Bei Kindertouren kann man das aber planen. Liegt am Weg ein Hallenbad oder Freibad, ist das ein äußerst motivierender Zwischenstopp. Vor allem Naturfreibäder sind sehr zu empfehlen. Im Freibad am Gemündener Maar in der Eifel nahe dem Lieserpfad, in den Strandbädern am Bodensee oder in diversen Ostseebädern von Kiel bis Usedom kann man eine Kinderwanderung mit Wasserspaß verbinden.

Am schönsten sind aber auf jeden Fall Wanderungen an Bächen. In diesem Buch erzähle ich von Wanderungen an der Oppig-Grät im Saarland, vom Wasserfallsteig in Bad Urach, vom Hochuferweg auf Rügen. Sehr unmittelbar mit dem Element Wasser haben zudem die Wisent-Wildnis am Rothaarsteig, die Wanderung in Plau am See und der Barfußwanderung in Bad Sobernheim zu tun. Fast alle meiner Tourenbeschreibungen in diesem Buch haben einen großen Bezug zum Element Wasser. Viel Spaß beim Kinderwasserwandern!

Jede Wanderung ein Abenteuer – auf der Suche nach den spannenden Wegen

Wenn ich früher mit meinen Eltern gewandert bin – ich galt in meiner Generation als verhaltensgestörtes Kind, das stets mit Freude gewandert ist –, habe ich natürlich spannende Wege gegenüber Wanderautobahnen bevorzugt. Spannend war pfadig, wurzelig, vor allem aber geschwungen, mäandernd, nicht schnurgerade. Interessanterweise nennt meine jüngste Tochter Nika ebenfalls diese geschwungenen Wege »spannend«. Man weiß eben nicht, was einen hinter der nächsten Wegbiegung erwartet. Es ist also immer sinnvoll, bei Wegbeschreibungen darauf zu achten, ob der »Spannende-Wege«-Anteil groß genug ist, denn nur dann ist ein Weg auch wirklich kindertauglich.

Spannende Wege sind natürlich auch immer Wege, bei denen man klettern kann. Ich denke da nicht unbedingt nur an Berggipfel. Die sind im deutschen Mittelgebirge meistens bewaldet und nicht sehr interessant. Und im alpinen Ambiente ist das Bergwandern nicht ungefährlich. Ich meine eher kindertaugliche Wege in Schluchten und Klammen. Wenn wir durch eine Klamm wandern, dann wird es so richtig spannend. Egal ob in der Ehrbachklamm bei Boppard oder der Ruppertsklamm bei Koblenz. Egal ob in den Teufelsschlüchten bei Stadt Wehlen oder in den Schwedenlöchern unweit der Sächsischen Bastei. Egal ob in der Oppig-Grät im Saarland oder dem Bodetal im Harz. In einer engen Schlucht zu wandern heißt, manchmal über Steine klettern zu müssen. Vielleicht muss man sogar ein im Fels befestigtes Seil zu Hilfe nehmen. Kinder lieben das. Oft ist es auch einfach toll für die Kleinen, an einem Ort wie der Drachenschlucht bei Eisenach den Hauptweg zu verlassen und am Hang zu gehen. Gerade Jungs lieben es, parallel zum eigentlichen Weg in der »Wildnis« herumzustromern.

Es gibt viele Premiumwege, die einem die Wahl lassen zwischen einer steilen, schwierigen Passage und einer einfacheren, flachen Alternative. Zum Beispiel am Gipfel des Litermonts im Saarland, auf dem Premiumweg Mehringer Schweiz an der Mosel oder auf dem Rheinburgenweg bei Oberwesel am Rhein. Ich gehe eine Wette ein: Sollten eure Kinder vor die Wahl gestellt werden, ob sie den leichten oder den schwierigen Weg nehmen, werden sie immer die anspruchsvolle Variante wählen. Die ist einfach aufregender.

Sehr spannend sind natürlich einige Klettersteige im deutschen Mittelgebirge. Teilweise kann man die sogar ohne Seil meistern wie den Klettersteig am Calmont/Mosel. Manchmal kann man sich auch einen Klettergurt wie am Mittelrhein-Klettersteig in Boppard leihen. Auf jeden Fall sind diese beiden Klettersteige hervorragend für Kinder ab sechs Jahren geeignet. Viele Felsen, Metallleitern, Seile im Felsen. Weil ich diese zwei Klettersteige gut kenne, habe ich im Internet nach weiteren kindgerechten Klettersteigen gesucht. Aber meistens ist bei den empfohlenen Touren die Grenze zur richtigen Kletterei fließend. Bei solchen Wegen verlassen wir den Kinderwanderbereich und erreichen in teilweise schon schwindelerregenden Höhen die Abteilung »Klettern für Kinder«. Ich las im Internet bei der Suche nach »kinderleichten« Klettersteigen folgende Formulierung: »mit ordentlich Luft unter den Sohlen«. Da wird mir als Papa schon beim Lesen blümerant.

Aber auch ohne Angst vor der Höhenangst kann man sehr viele spannende Kinderwege in Deutschland finden. Achtet einfach darauf, dass es genug Abwechslung gibt – und vielleicht auch geklettert werden kann. Denn abwechslungsreich heißt auch immer – spannend!

Kinder lieben eine Einkehr – oder auch mehrere

Viele Erwachsene sagen, das Schönste beim Wandern sei die Einkehr. Aber warum sollte es bei den Kindern anders sein? Man braucht nur in ihre seligen Gesichter zu schauen, wenn sie nach einem anstrengenden Anstieg eine Limonade, ein Eis oder eine Apfelschorle in einer Gaststätte bekommen. So wie in der Hohen Sonne am Ende der Drachenschlucht bei Eisenach.

Es gibt Wanderpuristen, die behaupten, eine Einkehr in einem Gasthaus sei eines Wanderers nicht würdig. Als »richtiger« Wanderer solle man doch bitte schön seine Verpflegung im Rucksack haben und in der Natur verzehren. Kann man so tun, ist für einen kleinen Zwischensnack auch eine wunderbare Sache. Denn dass etwas zu trinken und etwas Süßes als Muntermacher in den Rucksack gehören, ist nicht nur bei Kinderwanderungen eine Selbstverständlichkeit.