Aus dem Leben eines Taugenichts

Interpretationen und Vorbereitungen für den Deutschunterricht

Friedel Schardt


ISBN: 978-3-95764-227-1
1. Auflage 2018, Altenau (Deutschland)
© 2018 Hallenberger Media GmbH

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Umschlagabbildung: Unter Verwendung eines Bildes von Shutterstock.

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Inhalt

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie wollen sich mit Joseph von Eichendorffs Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ etwas intensiver beschäftigen. Wir möchten Sie dabei unterstützen und Ihnen behilflich sein, eine Annäherung an das kleine Kunstwerk, das unserer Zeit wohl doch etwas fernliegt, zu wagen. Wir werden Ihnen zunächst den Inhalt im Überblick anbieten, ehe wir uns den einzelnen Kapiteln zuwenden, deren Inhalt etwas ausführlicher behandeln und erste Deutungshinweise anbieten. Dann wollen wir uns der Hauptfigur zuwenden und sie unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. So wird für uns besonders ihre Haltung wichtig, ihr Lebenskonzept und ihr Agieren in der Welt. Aber auch ihr Fühlen und Empfinden wollen wir betrachten. Wir wollen den Taugenichts sozusagen als eine für die Romantik exemplarische Figur herausstellen und schauen, wie sich ein Romantiker ein „romantisches Leben“ vorstellt. Dabei wird uns natürlich interessieren, wie diese Figur mit dem Leben, mit der Welt und mit sich selbst fertig wird.

Natürlich werden wir auch einige andere Interpretationsgesichtpunkte berücksichtigen. So werden wir uns den zentralen Motiven zuwenden und auch hier immer wieder zu fragen haben nach dem spezifisch romantischen Zugriff.

Der Taugenichts, wie er als Icherzähler in der Novelle auftritt, steht einem Lebenskonzept, wie es die heutige Gesellschaft favorisiert, doch diametral entgegen. Es wird sich so wohl doch lohnen, sich mit diesem uns etwas fremden Konzept auseinanderzusetzen und zu fragen, ob man nicht doch den einen oder anderen Gesichtspunkt zumindest ins eigene Leben herüber nehmen könnte.

Im letzten Teil werden wir eine Aufgabenstellung vorführen und erläutern, wie sie etwa im Abitur auftreten könnte.

Die in Klammern gesetzten Ziffern verweisen auf die Ausgabe in der Reihe „Hamburger Lesehefte“.

 

Wir wünschen viel Spaß bei der Arbeit.

 

Friedel Schardt

Einleitung

 

Was geht uns heute, die Menschen im 21. Jahrhundert, eine Erzählung an, die doch irgendwie so abgedreht ist, dass man eigentlich nur noch den Kopf schütteln kann und sich abwenden möchte. Andererseits aber ist die Figur des Taugenichts, die als Icherzähler aus ihrem Leben einzelne Abschnitte wiedergibt, so attraktiv, dass man doch immer wieder hinschaut und über ihre Naivität schmunzelt, vielleicht auch mit etwas Neid die Lebensführung verfolgt und zusieht, wie dieser junge Mensch mit seinem Leben zurechtkommt, während er sich ganz gegen all die Empfehlungen und Forderungen wendet, die von seinem Vater und den ihm Nahestehenden an ihn herangetragen werden. Allerdings läge man nur falsch, wenn man im Taugenichts den Verweigerer sehen würde. Er stellt nicht einfach nur eine Verneinung dar, sondern lässt stets ein inhaltlich sehr wohl nachvollziehbares Gegenkonzept erkennen. Er verweigert sich zwar den genannten Anforderungen der Gruppe, die der Romantiker „Philister“ nennt, doch er will auch selbst aktiv werden, ein eigenes Leben führen, wie es ihm passt und wie er es für richtig hält.

Zielstrebige Leistung gehört nicht zu seinen Stärken. Im Gegenteil. Er lehnt solche Leistungen, die um ihrer selbst willen erbracht werden, geradezu ab, gleichzeitig aber ist er bereit, mit Widerständen fertig zu werden, wenn er sein Leben gestaltet.

Wir müssen allerdings hier schon betonen: Das Konzept des Taugenichts funktioniert nur, weil er, der Icherzähler, in grenzenlosem Gottvertrauen seinen Weg geht. Er scheint damit in seinem Leben immer wieder zurechtzukommen.

Besonders interessant wird die Figur des Taugenichts als Künstler. Dabei ist er keinesfalls als Jünger der „hohen Kunst“ zu sehen. Er repräsentiert vielmehr den Romantiker, der sein Leben poetisch gestaltet, in allem die Poesie sieht und so den „steten Sonntag im Gemüt“ trägt. Die Kunst ist ihm Ausdruck seines Lebensgefühls, er lehnt es ab, für sein Geigespielen eine Belohnung anzunehmen, er will mit seiner Kunst den Leuten eine Freude bereiten.

Schließlich sollte noch sein besonderes Verhältnis zur Natur Erwähnung finden. Der Taugenichts lebt in der Natur und sieht durch die Natur sein Lebensgefühl bestätigt.

Wir denken, gerade für uns heutige Menschen ist dieser Taugenichts mehr als nur ein Sonderling. Zwar werden wir kaum in die Lage versetzt, sein Lebenskonzept in die Tat umzusetzen, doch sind seine Ansichten geeignet, unserem Leben ein Modell anzubieten, das zwar nicht realisiert werden kann, das aber doch als Maßstab und Herausforderung angesehen werden kann, an dem sich unserer Handlungen und Konzepte messen lassen müssen.

Kapitel 1: Inhalt im Überblick

 

Am Beginn eines strahlenden Frühlingstages sitzt ein junger Mann auf der Schwelle seines Elternhauses, einer Mühle, in der sein Vater schon seit den frühen Morgen rumort, und sieht dem Schnee beim Tauen zu. Den Vater stört die Faulenzerei seines Sohnes, und er wirft ihn aus dem Haus mit dem Hinweis, er möge nun selbst für sein Fortkommen sorgen. Der junge Mann, vom Vater als Taugenichts bezeichnet, ergreift die ihm willkommene Gelegenheit und macht sich auf den Weg, nachdem er seine geliebte Geige eingepackt hat. Singend zieht er aus dem Dorf und winkt seinen früheren Gefährten, die fleißig weiter arbeiten, zum Abschied zu. Auf der Landstraße begegnet ihm eine Kutsche mit zwei Damen, die ihn zum Mitfahren einladen. Der Taugenichts nimmt die Einladung gerne an und gelangt nun auf ein Schloss bei Wien, wo er eine Anstellung als Gärtnerbursche findet. Die Tätigkeit ist ihm zwar willkommen, er braucht sich keine Gedanken um seinen Lebensunterhalt zu machen, aber die mit der Anstellung verbundene Arbeit stört ihn doch gewaltig.

Ohne eigenes Zutun avanciert er zum Einnehmer, hat ein eigenes Häuschen, eine sehr angenehme Beschäftigung und im übrigen sehr viel Freiheit und Freizeit. Er verliebt sich in eine der beiden Damen, die ihn nach Wien mitgenommen hatten, ist sich aber darüber im Klaren, dass Standesgrenzen ihn an einer engeren Bindung hindern werden. Dennoch verehrt er seine schöne Dame und deponiert im Schlossgarten täglich einen Blumenstrauß, der auch regelmäßig abgeholt wird. Eines Abends sieht er seine schöne Frau auf dem Balkon des Schlosses mit einem jungen Mann und glaubt, die beiden seien liiert. Das ist im Anlass, sich am nächsten Morgen auf den Weg zu machen und „nach Italien“ zu ziehen. Er kennt zwar weder den Weg noch die Richtung, doch marschiert er erst einmal einfach drauf los. Ein Bauer, den er um Rat fragen will, fährt ihn grob an, und der Taugenichts rennt ziemlich kopflos einfach weiter. Am Abend gelangt er in ein kleines Walddorf, wo er den Leuten zum abendlichen Tanz aufspielt und auch freundlich aufgenommen wird. In der Nacht zwingen ihn zwei angebliche Räuber, ihnen den Weg nach B. zu zeigen.

Der Taugenichts kennt den Weg zwar nicht, aber er führt einfach planlos in den Wald. Er kommt tatsächlich nach B. und es stellt sich heraus, dass die beiden Räuber zwei Maler sind, die den Taugenichts vom Schloss her als Einnehmer kennen. Die beiden Maler wollen nach Italien und engagieren den Taugenichts als Bediensteten. So gelangt er mit ihnen auf der Kutsche in das ersehnte Land und durchquert die Lombardei. Eines Abends machen sie an einer Gaststätte Station, wo ein eigenartiger Mann immer wieder versucht, den Taugenichts auszuhorchen, der aber kann ihm keine Auskunft geben.

Am nächsten Morgen sind die beiden Maler verschwunden, sie haben aber dem Taugenichts eine Menge Geld zurückgelassen, so dass er ohne Probleme weiter mit der Kutsche fahren kann. In einer rasanten Fahrt geht es durchs Gebirge, und man landet schließlich auf einem abgelegenen alten Schloss, wo der Taugenichts sehr gut bewirtet wird. Er bemerkt freilich nicht, dass man ihn für jemand anders hält, als er ist. Eines Tages erreicht ihn ein Brief seiner schönen Frau, die sich als Amelie zu erkennen gibt. Er glaubt, dieser Brief sei an ihn gerichtet und fordere ihn zur schnellen Rückkehr auf. Freudig will er die Heimkehr in Angriff nehmen, wird er auf seinem Zimmer eingeschlossen. Nachts gelingt ihm die Flucht, und auf verworrenen Wegen gelangt er im Mondschein in Rom an. In einem Garten hört er die Stimme seiner schönen Frau, kann sie aber nicht näher identifizieren.

Er begegnet einem deutschen Maler, der ihn zunächst in sein Atelier einlädt. Dort sieht er ein Gemälde seiner schönen Frau und schließt daraus, dass diese entweder noch in Rom ist oder aber auf jeden Fall in Rom war. Der Maler verspricht mit ihm am Abend zusammen eine Gruppe aufzusuchen, bei der man vielleicht Näheres über die fremde Gräfin erfahren kann. Beim abendlichen Gartenfest begegnet der Taugenichts der Kammerjungfer des Schlosses bei Wien, welche ihm einen Zettel zusteckt, auf dem er zu einem Rendezvous eingeladen wird. Freudig nimmt der Taugenichts diese Einladung an und findet sich an der beschriebenen Stelle ein, er findet dort aber nicht seine schöne Frau, sondern eine Fremde und ist entsprechend enttäuscht. In seiner Enttäuschung kehrt er Rom den Rücken und wendet sich wieder der Heimat zu. An der Grenze zu Österreich begegnet er drei Studenten, die ihre Ferien musizierend und herumvagierend verbringen. Mit ihnen zusammen fährt er auf einem Donauschiff donauabwärts bis zum Schloss vor Wien. Auf dem Schiff ist von einer geplanten Hochzeit die Rede und er bringt sich selbst damit in Zusammenhang.

Auf dem Schloss kommt es zum großen Finale: die beiden Maler entpuppen sich als der junge Graf und seine geliebte Flora. Die beiden werden heiraten und auch der Taugenichts findet seine schöne Frau, von der er nun erfährt, dass sie keineswegs adlig ist, sondern lediglich die Ziehtochter der Gräfin. Zu Ihrer geplanten Hochzeit will der Graf den beiden ein kleines Gut mit Weinbergen schenken, und so könnte eigentlich alles ein gutes Ende nehmen. Allerdings behält sich der Taugenichts vor, nach der Hochzeit wieder nach Italien zu reisen.